L 9 AL 125/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 AL 305/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 125/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 09. März 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung zu Unrecht zur Beklagten entrichteter Beiträge streitig.

I.

Der 1947 geborene verheiratete Kläger, auf dessen Lohnsteuerkarte die Steuerklasse III ohne berücksichtigungsfähige Kinder eingetragen war, stellte am 04.09.1997 Antrag auf die Rückerstattung der seit 11.01.1979 zur Beklagten entrichteten Beiträge. Er gab an, seit Gründung der K. Bau GmbH (Familien-GmbH) Gesellschafter-Geschäftsführer derselben und mit seinem Bruder M. zu je 49 v.H. an den Geschäftsanteilen beteiligt gewesen zu ein.

Durch bestandskräftigen Bescheid vom 10.04.1997/Widerspruchsbescheid vom 18.07.1997 war ihm Arbeitslosengeld (Alg) verwehrt worden. In gleicher Weise ist sein Bemühen um Konkursausfallgeld (Kaug) erfolglos geblieben (Bescheid vom 18.03.1997/Widerspruchsbescheid vom 27.08.1997). Während in der Arbeitsbescheinigung ohne Datum angegeben wurde, der Kläger sei zum Geschäftsführer bestellt, bzw. mit 49 v.H. am Unternehmen beteiligt gewesen, gab er selbst im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH etc. an, vom Stammkapital in Höhe von DM 50.000,00 DM 20.000,00 gehalten zu haben, der Schwager M. W. (technischer Zeichner) weitere DM 20.000,00, die Tochter S. (Tierarzthelferin) DM 5.000,00 und die Nichte N. (kaufmännische Angestellte) ebenfalls DM 5.000,00. In der Vergangenheit habe eine andere Aufteilung der Geschäftsanteile nicht bestanden. Alleinvertretungsberechtigt habe er die GmbH vertreten und den Geschäftsbereich Baustellen verwaltet. Im Übrigen habe ihm neben einem Fixum von DM 8.000,00 eine Tantieme zugestanden, auf die er allerdings seit 1988 verzichtet habe. Aus den vorgelegten Abrechnungen ist ersichtlich, dass der Kläger keiner gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung angehört (hat), es wurde ihm vielmehr ein Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung gewährt.

Nachdem die Beklagte darauf hingewiesen hatte, dass ein Teil der Beiträge außerhalb des vierjährigen Verjährungszeitraumes liege, wandte der Kläger ein, Verjährung sei nicht eingetreten, die K. Bau GmbH habe seit ihrer Gründung der Betriebsprüfung unterlegen und sei bisher ohne Beanstandung geblieben. Er sei zu keinen Zeitpunkt auf das etwaige Nichtvorliegen der Versicherungspflicht hingewiesen worden. Die durchgehende Betriebsprüfung sei durch die entsprechenden Vermerke auf den Lohnkonten und den im Einzelnen datierten Schreiben dokumentiert.

Auf Grund dieser Einwendungen holte die Beklagte bei der Einzugsstelle (IKK Schwaben) eine Auskunft ein, derzufolge bei der Gründung der Firma W. GmbH die Rechtslage so beurteilt worden sei, dass Gesellschafter mit einem Anteil von weniger als 50 v.H. generell der Versicherungspflicht unterlagen, eine Änderung bzw. andere Beurteilung bei Familiengesellschaften durch das Arbeitsamt sei erst ab 1986 erfolgt. Bei den vorausgegangenen Prüfungen im Zweijahresturnus sei die Versicherungspflicht des Klägers nicht beanstandet worden. Es sei bekannt gewesen, dass sein Bruder die Geschäfte der GmbH geführt habe. Diese Ansicht habe auch der Prüfer der LVA vertreten, der am 27.02.1996 die Beitragsüberwachung vorgenommen habe. Tatsächlich seien die Verhältnisse in der Firma anders gewesen, als sie sich in den Akten dargestellt hätten. Ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln habe nach Auffassung der IKK nicht vorgelegen.

Durch Bescheid vom 24.03.1998 wurden die im Zeitraum 01.12.1992 mit 31.12.1996 entrichteten Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur Beklagten in Höhe von DM 12.148,20 erstattet. Hinsichtlich des übrigen Zeitraums (01.01.1979 mit 30.11.1992) wurde die Einrede der Verjährung erhoben, welche in Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens nur im Falle einer besonderen Härte nicht geltend gemacht werde. Von letzterer werde in der Regel lediglich dann ausgegangen, wenn die Beitragszahlung auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Einzugsstelle oder der BA beruhe. Derartiges liege nicht vor. Unkenntnis über die tatsächliche Beitragsfreiheit sei vielmehr ein typischer Fall der regelmäßig eintretenden Verjährung. Auch stelle die Entgegennahme von Beiträgen durch die Einzugsstelle kein Verwaltungshandeln dar. Grundlage sei vielmehr die Anmeldung durch den Arbeitgeber sowie die laufende Beitragszahlung. Eine Prüfung der Richtigkeit der Beitragszahlung finde regelmäßig nur bei Betriebsprüfungen statt, die auf Stichproben beschränkt werden könnten. Insoweit seien konkret keine Auffälligkeiten festgestellt worden. Der hiergegen eingelegte Rechtsbehelf, mit dem unter anderem eingewandt wurde, die Einrede sei ermessensfehlerhaft erhoben worden, denn auf den vorliegenden Lohnkontenauszügen sei ein Stempel der Betriebsprüfung deutlich erkennbar, auch hätte die von der IKK durchgeführte regelmäßige Prüfung die Richtigkeit der laufenden Beitragszahlungen prüfen müssen, so dass bei einem Hinweis auf eine etwa nicht bestehende Beitragspflicht die Zahlung hätte eingestellt werden können, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30.04.1998).

II.

Mit der zum Sozialgericht (SG) Augsburg erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter.

Die 2. Kammer wies die Klage durch Urteil vom 09.03.1999 mit der Begründung ab, über einen Antrag auf Beitragserstattung nach § 26 Abs.2 SGB IV sei im Rahmen des Ermessens zu entscheiden, wenn ein im Ermessenswege auszuübendes Leistungsverweigerungsrecht entgegengesetzt werde. Nur bei einem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung dürfe die Beklagte sich nicht auf die Verjährung berufen. Ein derartiges fehlerhaftes Verhalten sei jedoch nicht belegt. Seit 01.01.1989 erstrecke sich die Betriebsprüfung nach § 28 p Abs.1 SGB IV im Übrigen primär auf die Richtigkeit der Einzahlungen und der Meldungen. Auf die Beitragsüberwachungsverordnung vom 22.05.1989 wurde hingewiesen.

III.

Im Berufungsverfahren vor dem Bayer. Landessozialgericht (LSG) wurde neu vorgetragen, der zuständige Prüfer der IKK (Herr T. - T. -) hätte zumindest Zweifel haben müssen, wenn er nicht sogar positiv gewusst habe, dass der Kläger Geschäftsführer der K. Bau GmbH gewesen sei. Denn er und der Kläger seien gut bekannt gewesen, so dass der Prüfer die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse gekannt habe.

Außerdem seien bei Prüfungen der Gesellschaftsvertrag und die Arbeitsverträge sehr wohl vorgelegt worden, so dass das Nichtbestehen der Beitragspflicht leicht hätte festgestellt werden können. Weiter habe es die IKK versäumt, den Kläger über das Nichtbestehen der Versicherungspflicht aufzuklären. Im Übrigen hätten seinerzeit mehrere Firmen der Familie W. existiert, u.a. eine Hausbau W. GmbH & Co.KG und eine W. GmbH. Der Prüfer habe hier wahrscheinlich überhaupt keine Differenzierungen vorgenommen, obwohl bei den einzelnen Firmen die Gesellschafts- und Geschäftsführungsverhältnisse unterschiedlich gestaltet gewesen seien. Nach einem Hinweis des Senats auf die neueste Rechtsprechung des 12.Senats des BSG vom 29.07.2003 wurde seitens der Klagepartei ausgeführt, dass im Falle der K. Bau GmbH nicht etwa stichprobenhafte, sondern regelmäßige Prüfungen im Zweijahresturnus stattgefunden hätten. Dem Prüfer T. sei zum einen aufgrund persönlicher Beziehungen zum Kläger, zum anderen durch die konkreten Nachfragen bei dessen Ehefrau positiv bekannt gewesen, dass der Kläger Gesellschafter-Geschäftsführer der Familien-GmbH und damit nicht beitragspflichtig gewesen sei. Auf Grund dieser positiven Kenntnis habe er eine konkrete Aufklärungspflicht gehabt. Da die Beklagte weder den konkreten Sachverhalt gekannt noch sich Kenntnisse darüber verschafft habe, sei weiter belegt, dass sie überhaupt keine Ermessenserwägungen getroffen habe, sondern im Gegenteil von ihrem Ermessen keinen Gebrauch gemacht habe. Soweit sei der vorliegende Fall nicht mit den vom BSG entschiedenen Revisionen vergleichbar.

Die Beklagte beruft sich demgegenüber darauf, dass ein fehlerhaftes Verhalten der Einzugsstelle nicht gegeben sei. Zu einer Prüfung der Beitragspflicht dem Grunde nach habe keine Veranlassung bestanden, wie die Stellungnahme der Beigeladenen ausweise, darüber hinaus keine gesetzliche Vorgabe, § 28 p SGB IV in der Fassung vor 1996. Der Rechtsirrtum des Klägers bedinge die Verjährung. Etwaige private Kenntnisse des T. stellten keine offiziellen Kenntnisse der Einzugsstelle dar.

Durch Beschluss vom 20.10.2003 wurde die IKK Bayern beigeladen.

Der Senat hat neben der Leistungsakte der Beklagten die Streitakte des ersten Rechtszuges, die Akten der IKK und der AOK München beigezogen und die Zeugen I. W. sowie E. T. uneidlich gehört, auf deren Bekundungen im Einzelnen verwiesen wird.

Der Kläger stellt den Antrag, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 09.03.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24.03.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.1998 zu verurteilen, ihm die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung auch für den Zeitraum 01.01.1979 mit 30.11.1992 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 09.03.1999 zurückzuweisen.

Die Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakten beider Rechtszüge sowie die Leistungsakte der Beklagten und die Akten der AOK München sowie der IKK Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift der Senatssitzung vom 13.11.2003.

Entscheidungsgründe:

Die mangels einer Beschränkung gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung des Klägers, §§ 143 ff. SGG, erweist sich als in der Sache nicht begründet.

Zutreffend hat das SG die gegen die streitgegenständlichen Bescheide gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage abgewiesen. Denn die Beklagte hat die Erstattung der für den Zeitraum 01.01.1979 mit 30.11.1992 entrichteten Arbeitnehmerbeiträge zu Recht verweigert. Die von ihr getroffene Entscheidung, insoweit die Einrede der Verjährung zu erheben, ist zur Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge ist § 26 Abs.2 Satz 1, Abs.3 Satz 1 SGB IV, denn aufgrund des am 24.03.1998 erstmals verbeschiedenen Erstattungsantrages des Klägers ist das SGB III i.V.m. SGB IV in der am 01.01.1998 in Kraft getretenen Fassung des Arbeitsförderungsreformgesetzes - AFRG - vom 24.03.1997, BGBl.I 594, anwendbar, vgl. Art.83 Abs.1 AFRG. Danach kann derjenige, der die Beiträge getragen hat, grundsätzlich die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge verlangen. Für die Erstattung ist gemäß § 351 Abs.2 Nr.1 SGB III das Arbeitsamt zuständig, in dessen Bezirk die Stelle ihren Sitz hat, an welche die Beiträge entrichtet worden sind. Demgegenüber kommt die Zuständigkeit der Einzugsstelle nicht in Betracht, vgl. BSG vom 29.07.2003, B 12 AL 3/03 R m.w.N.

Zwar sind die für den Kläger gezahlten Beiträge zur BA im Sinne von § 26 Abs.2 Satz 1 SGB IV zu Unrecht entrichtet worden, denn er war seit 01. Januar 1979 als geschäftsführender Gesellschafter der K. Bau GmbH nicht abhängig beschäftigt und damit nicht beitragspflichtig (jetzt versicherungspflichtig). Der Kläger ist angesichts der im Lohnabzugsverfahren (im Gegensatz zur Beitragsentrichtung nach § 171 AFG) entrichteten Beiträge grundsätzlich auch zur Geltendmachung der Erstattung berechtigt. Die Beklagte beruft sich jedoch zutreffend auf die Einrede der Verjährung und darf daher die Erstattung der vor dem 01.12.1992 entrichteten Beiträge verweigern. Nach § 185 a Abs.1 Satz 1 AFG i.V.m. § 27 Abs.2 Satz 1 SGB IV verjährt der Erstattungsanspruch grundsätzlich in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. § 27 Abs.2 Satz 2 SGB IV, der die Verjährung erst mit Ablauf des Kalenderjahres der Beitragsbeanstandung beginnen läßt, findet in der Arbeitslosenversicherung keine Anwendung, vgl. für die neue Rechtslage § 351 Abs.1 Satz 2 SGB III. Der Erstattungsanspruch der strittigen Beiträge war mithin Ende 1996 verjährt.

Wie der für Beitragsangelegenheiten zuständige 12. Senat des BSG zuletzt in seinen Entscheidungen vom 29.07.2003, B 12 AL 1/02 R, B 12 AL 3/03 R und B 12 KR 27/03 R in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, bedürfen die Verjährungsvorschriften für den besonderen Zusammenhang des Beitragsrechts im AFG keiner Modifikation. Ihr Zweck ist es im allgemeinen, dem Schuldner die Abwehr unbegründeter Ansprüche zu erleichtern, zumal die Aufklärung der tatsächlichen Umstände im Laufe der Zeit erfahrungsgemäß immer schwieriger wird. Die Verjährung konkretisiert Maximen von Treu und Glauben in Gestalt der allgemeinen Rücksichtnahmepflichten und erspart zugleich Beweiserhebungen. Darüber hinaus dient sie der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Diese Erwägungen treffen auch für die Beitragserstattungsansprüche Beschäftigter zu. Diese setzen voraus, dass die tatsächlichen Umstände einer Beschäftigung gegen Entgelt für den gesamten Erstattungsstreitraum ermittelt werden. Derartige Umstände lassen sich für die Vergangenheit jedoch erfahrungsgemäß nur unter erheblichen Schwierigkeiten nachweisen.

Auch dort, wo wie vorliegend über die tatsächlichen Verhältnisse keine Zweifel bestehen und die Verjährung begründete Ansprüche betrifft, ist das Rechtsinstitut der Verjährung durch die Gedanken des Schuldnerschutzes und des Rechtsfriedens gerechtfertigt, hier der Freiheit der Versichertengemeinschaft vor unvorhergesehenen Belastungen. Tatsächliche Umstände, die lange Zeit unangefochten bestanden haben, sollen im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit als bestehend anerkannt werden. Die Kenntnis des Berechtigten von seinem Anspruch und damit die Möglichkeit, diesen rechtzeitig geltend zu machen, ist auch im Bereich der Beitragserstattung ohne Bedeutung, vgl. BSG, a.a.O. Die im neuen Schuldrecht für nach dem 31. Dezember 2001 begründete Schuldverhältnisse nunmehr eingeführten Erfordernisse (Gläubiger muss von den den Anspruch begründenen Umständen und von der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen können) sind mit dem BSG auf die Beitragserstattungsansprüche nicht übertragbar. Der Verjährungseinrede kann schließlich auch nicht entgegengehalten werden, Beiträge müssten entweder insgesamt erstattet oder aber leistungsrechtlich so behandelt werden, als wären sie zu Recht entrichtet worden. Letzteres liefe im Ergebnis auf eine Formalversicherung hinaus, die der Arbeitslosenversicherung seit 1929 fremd ist, vgl. BSG, a.a.O. Im Übrigen haben vor der Rahmenfrist liegende Beitragsleistungen vom System der Arbeitslosenversicherung her grundsätzlich ihren Wert verloren. Wird bei der Prüfung eines Anspruchs auf Alg das Bestehen der Versicherungs-/Beitragspflicht verneint, besteht für den Zeitraum der Rahmenfrist in aller Regel ein noch nicht verjährter Erstattungsanspruch nach § 185 a AFG, § 345 SGB III. Soweit Zeiten beitragspflichtiger Beschäftigungen für den Leistungserwerb beachtlich sind, besteht damit auch ein durchsetzbarer Erstattungsanspruch. Lediglich für Zeiten, die leistungsrechtlich außerhalb der Rahmenfrist liegen und damit für den Leistungserwerb unbeachtlich sind, vgl. BSG, a.a.O., kann der Erstattungsanspruch verjährt sein.

Die Einrede der Verjährung wurde zur Überzeugung des Senats auch rechtsfehlerfrei erhoben. Entgegenstehende Anhaltspunkte etwa unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dem in den Leistungsakten vor dem Erlass des Bescheides abgehefteten Vermerk über die Einrede der Verjährung einerseits sowie die Nachforschungen bei der Einzugsstelle andererseits ist eindeutig zu entnehmen, dass die Beklagte den ihr eingeräumten Ermessensspielraum erkannt hat und dass sie das Ermessen pflichtgemäß ausüben wollte. Hierbei hat sie sich an ihre Verwaltungsanweisungen zu § 27 SGB IV gehalten, welche vorsehen, in Fällen einer "unbilligen Härte" von der Verjährungseinrede abzusehen. Ein solcher Fall der unbilligen Härte ist nach den Umständen nicht gegeben. Sonstige ermessensrelevante Gesichtspunkte im Sinne einer groben Unbilligkeit oder besonderen Härte, die ausnahmsweise hätten Anlaß geben können, das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Freiheit von unvorhergesehenen Belastungen hintanzustellen, vermag der Senat nicht festzustellen.

Gemäß § 28 p Abs.1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung (bis 31. Dezember 1995 die Einzugsstelle) bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV ordnungsgemäß erfüllen, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen. Sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen.

Durch die Entscheidungen vom 29.07.2003 hat der 12. Senat auch klargestellt, dass Arbeitgeberprüfungen nach § 28 p SGB IV kein der Beklagten zurechenbares fehlerhaftes Verwaltungshandeln im Sinne der Ermessensrichtlinien nach § 27 SGB IV darstellen. Betriebsprüfungen im vorgenannten Sinn haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt ihnen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa Entlastungen zu erteilen. Auch den Prüfberichten kommt keine andere Bedeutung zu. Deren Adressat ist nicht der Arbeitgeber. Sie halten das Ergebnis der Prüfung vielmehr nur für den zuständigen, die Betriebsprüfung durchführenden Träger fest und haben nicht etwa die Funktion eines Entlastungsnachweises mit Außenwirkung. Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben jedoch das Recht, in Zweifelsfällen gemäß § 28 a Abs.2 Satz 1 SGB IV rechtzeitig eine Entscheidung der Einzugsstelle über die Versicherungspflicht in Form eines Verwaltungsaktes herbeizuführen. Hieran sind die Versicherungsträger nach Maßgabe der §§ 44 ff. SGB X gebunden. Auch soweit Beschäftigte aus den Ergebnissen früherer Prüfungen Rechte herleiten wollen, kann sich eine materielle Bindungswirkung nur dann und insoweit ergeben, als die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe durch gesonderten Verwaltungsakt personenbezogen für bestimmte Zeiträume festgestellt worden sind. Eine gesteigerte Prüfungspflicht der Einzugsstelle ist insoweit nicht ersichtlich. Im Gebührenverfahren vorgelegte Mitteilungen der Einzugsstelle an die GmbH enthalten offenkundig keine Feststellung einer personenbezogenen Versicherungspflicht und Beitragshöhe für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt. Der bloße Umstand, dass eine durchgeführte Arbeitgeberprüfung ohne Beanstandung geblieben ist, später aber die Beitragsfreiheit des Klägers festgestellt worden ist, ist insgesamt nicht als fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Prüfbehörde zu werten. Das gilt mit dem BSG, a.a.O., auch für kleinere Betriebe.

Insgesamt weicht der vom Senat zu beurteilende Sachverhalt, der aufgrund der durchgeführten Beweiserhebung hinreichend aufgeklärt ist, nicht von denjenigen der vom BSG, a.a.O., entschiedenen Fallgestaltungen ab, so dass dem Rechtsmittel des Klägers ein Erfolg nicht beschieden sein kann.

Die Kostenfolge ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang konnte die Beklagte, welche für das Berufungsverfahren keine Veranlassung gegeben hat, nicht zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen verpflichtet werden, die dem Kläger zu dessen Rechtsverfolgung entstanden sind.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche höchstrichterlich bisher ungeklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
Rechtskraft
Aus
Saved