L 12 KA 115/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 32 KA 8642/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 115/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 39/04 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. März 2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger haben der Beklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger sind als Frauenärzte in M. zur vertragsärztli- chen Versorgung zugelassen. Sie betreiben eine Gemeinschafts- praxis, deren Spezialität die In vitro Fertilisation (IVF - Nrn.1180 bis 1192 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes - EBM -) ist.

Aus ihrer Quartalsabrechnung 4/98 strich die Beklagte im großen Umfang insbesondere Leistungen nach EBM-Nrn.1, 17, 850, 3489, 3733, 3950, 4211, 4212, 4214, 4215, 4218, 4432, 4543, 4554, 4582, 4585 und 4625 mit der Begründung, diese Leistungen gehörten nicht zum Umfang des Fachgebietes. Es handelte sich dabei jeweils um Leistungen, die an Männern erbracht worden waren.

Die Kläger haben dagegen Widerspruch eingelegt und zur Begrün- dung ausgeführt, die Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bay- erns (WBO) vom 1. Oktober 1993 sehe erstmals eine fakultative Weiterbildung "gynäkologische Endokrinologie und Reproduktions- medizin" vor. Darin würden unter "Inhalt und Ziel der Weiter- bildung" unter anderem gefordert: Vermittlung, Erwerb, Nachweis spezieller Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten, die über die im Gebiet (der Gynäkologie) aufgeführten Inhalte hinausgin- gen, ... über die zur Sterilitätsbehandlung erforderliche An- drologie ... Weiter heiße es, "hierzu gehörten in der gynäkolo- gischen Endokrinologie und Reproduktionsmedizin spezielle Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in ... den Grundlagen andrologisch bedingter Fertilitätsstörungen". Daraus folge, dass die Andrologie nicht nur Bestandteil der Ausbildung von Dermatologen und Urologen sei, sondern auch Bestandteil der gy- näkologischen Ausbildung, sofern die fakultative Weiterbildung "gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin" absol- viert wurde. Der Kläger zu 4) verfüge über die entsprechende Weiterbildung und besitze sogar die volle Weiterbildungsbefug- nis der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK). Die inhaltlichen Anforderungen in dieser fakultativen Weiterbildung seien um- fangreicher als z.B. in der Urologie und Andrologie (z.B. 100 eingeforderte Ejakulatanalysen hier gegenüber 50 angeforderten Ejakulatanalysen dort). Nach den Weiterbildungsrichtlinien sei für die fakultative Weiterbildung in gynäkologischer Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin unter anderem die selbständige Durchführung und Befundung von 50 andrologischen Basisuntersuchungen gefordert. Die Gemeinschaftspraxis der Kläger besitze seit vielen Jahren die Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen. Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung sei der Nachweis einer andrologischen Qualifikation durch mindestens ein Mitglied der Arbeitsgruppe gewesen. Diese andrologische Kompetenz besitze der Kläger zu 4). Daraus folge, dass die Grundlagen der Diagnostik und Therapie von andrologischen Störungen nach der neuen WBO auch für Gynäkologen erlernbar seien und bei Nachweis der Qualifikation "gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin" auch in der Praxis umgesetzt werden dürften. Dazu gehörten unter anderem die körper- liche Untersuchung, die Ejakulatanalyse zusammen mit Funktions- tests, die erforderlichen hormonellen Basisuntersuchungen und die erforderliche Beratung des Mannes bzw. des Paares. Bei wei- terführenden andrologischen Fragestellungen sei stets eine Überweisung an Urologen erfolgt.

Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2000 zurückgewiesen. Die fakultative Weiterbildung "gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin" umfas- se nach ihrer Definition nur die Diagnostik, Differentialdia- gnostik und Therapie gynäkologisch-endokrinologischer Erkran- kungen einschließlich der Sterilität der Frau. Da die fakulta- tive Weiterbildung zu 100 % innerhalb der Grenzen des Gebiets liege, ergebe sich aus der Definition des Gebiets Frauenheil- kunde und Geburtshilfe eindeutig, dass hier als Patient aus- schließlich die Frau durch die Definition erfasst sei. Die zur Weiterbildung "gynäkologische Endokrinologie und Reproduktions- medizin" geforderten Erfahrungen und Fertigkeiten in den Grund- lagen andrologisch bedingter Fertilitätsstörungen umfassten le- diglich die Beurteilung der Spermiogramme, die gebräuchlichen Ejakulat-Aufbereitungsmethoden und den Spermienfunktionstest. Da diese Leistungen im engen Zusammenhang mit der IVF selbst zu sehen seien, könnten sie durch den Frauenarzt gebietskonform erbracht und abgerechnet werden, nicht aber unabhängig davon. Die gesamte Andrologie und die Untersuchung und Behandlung von Männern sei für den Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe aufgrund eindeutiger Gebietsdefinition gebietsfremd. Lediglich im Zusammenhang mit der IVF könnten Frauenärzte somit bei Männern die EBM-Nr.1184 (und ggf. die Ordinationsgebühr nach Nr.1) abrechnen. Die im Rahmen von Fertilisationsstörungen bei Männern im Vorfeld durchgeführten Laborleistungen seien für einen Frauenarzt aufgrund der WBO fachfremd. Die Absetzung der beanstandeten Leistungen sei somit zu Recht erfolgt.

Die Kläger haben dagegen Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und zur Begründung das Vorbringen aus dem Widerspruchs- verfahren wiederholt. Ferner verweisen sie auf ein Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 1. August 2000, das ihren Standpunkt bestätige. Die Richtlinien über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung führten unter Nr.19 als Ärzte, die über Kenntnisse in der Reproduktionsmedizin verfügten, explizit nur Frauenärzte an. Die Andrologie sei bislang keine eigenständige Gebietsbezeichnung. Sie sei wesentlicher Bestandteil der IVF. Reproduktionsmedizinisch tätige Gynäkologen seien neben Urolo- gen und Dermatologen im erheblichen Umfang mit andrologischen Fragestellungen konfrontiert. Bei der IVF könnten die Interpre- tation der andrologischen Untersuchungsergebnisse und die Bera- tung der Partner nur mit beiden gemeinsam erfolgen. Deshalb sähen die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der assistierten Reproduktion vor, dass der Leiter der Arbeits- gruppe Gynäkologe mit fakultativer Weiterbildung "gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin" sein müsse. Der Ausschluss eines Arztes von diagnostischen und therapeutischen Leistungen desjenigen Fachgebiets, für das er spezielle Qualifikationen erworben habe, stelle einen Verstoß gegen das Grund- recht der Berufsfreiheit gemäß Art.12 Grundgesetz (GG) dar. Schließlich seien Vertrauensschutzgesichtspunkte zu beachten, da den Klägern viele Jahre hindurch die streitgegenständlichen Leistungen honoriert worden seien. Dieses Honorarvolumen stelle einen beträchtlichen Anteil des gesamten, von den Klägern er- zielten Honorares dar. Selbst wenn die Leistungen fachfremd wä- ren, wäre die Beklagte nicht berechtigt, ihre über viele Jahre beibehaltene Verwaltungspraxis von heute auf morgen zu ändern (vgl. BSG vom 20. März 1996, Az.: 6 RKa 34/95).

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 12. März 2001 eine Stellungnahme der BLÄK vom 5. Mai 2000 vorgelegt, in der es unter anderem heißt, im Gebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe gebe es eine fakultative Weiterbildung in gynäkologischer Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, die nach ihrer Definition die Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie gynäkologisch endokrinologischer Erkrankungen einschließlich der Sterilität der Frau umfasse. Da die fakultative Weiterbildung zu 100 % innerhalb der Grenzen des Gebietes liege, ergebe sich aus der Definition des Gebiets Frauenheilkunde und Geburtshilfe eindeutig, dass hier als Patient ausschließlich die Frau durch die Definition erfasst sei. Auch die Definition der fakultativen Weiterbildung beziehe sich ausschließlich auf die Frau. Zwar würden nach den Weiterbildungsrichtlinien in der fakultativen Weiterbildung "gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin" die Durchführung von 100 intrauterinen Inseminationen einschließlich der Beurteilung der Spermiogramme, der gebräuchlichen Ejakulat-Aufbereitungsmethoden und der Spermienfunktion- stests gefordert. Diese Beurteilung der Spermiogramme, die Eja- kulataufbereitung und der Spermienfunktionstest seien jedoch im engen Zusammenhang mit der IVF selbst zu sehen und könnten nur in diesem engen Zusammenhang auch durch den Frauenarzt gebietskonform erbracht werden.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14. März 2001 abgewiesen und sich dabei gemäß § 136 Abs.3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Gründen des Widerspruchsbescheides angeschlossen. Außerdem verweist es auf die Stellungnahme der BLÄK vom 5. Mai 2000.

Dagegen haben die Kläger durch ihren Bevollmächtigten Berufung eingelegt. Dieser hat zur Begründung unter anderem vorgetragen, bei einem Gespräch bei der BLÄK, an dem unter anderem deren Präsident, der Justitiar der Beklagten, ein Vertreter der Weiterbildungskommission der deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, ein Mitglied der IVF-Kommission des Arbeitsministeriums, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Andrologie, der Kläger zu 4) und der Bevollmächtigte der Kläger teilgenommen hätten, sei man sich darüber einig gewesen, dass der Gynäkologe auch mit der fakultativen Weiterbildung "gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin" Männer nicht isoliert behandeln dürfe. Es sei aber denkbar, dass ein Gynäkologe mit dieser Spezialausbildung Leistungen am Mann erbringe, die im Rahmen der Sterilitätstherapie des Paares notwendig seien. Im Wesentlichen sei also der Gedanke der Adnexleistung bemüht worden. In diesem Zusammenhang seien Spermiogramme zur korrekten Indikationsstellung im Hinblick auf verschiedene Methoden der assistierten Reproduktion, Infektionsserologie zur Vorbereitung reproduktionsmedizinischer Maßnahmen, mikrobiologische Ejakulatsdiagnostik bei Verdacht auf Infektionen und der Basishormonstatus einerseits für die Prognoseabschätzung andererseits zum Erkennen von endokrinologischen Behandlungsoptionen und zur Vermeidung überflüssiger reproduktionsmedizinischer Maßnahmen genannt worden. Sodann verweist der Klägerbevollmächtigte auf ein Urteil des BSG vom 14. März 2002 (Az.: B 6 KA 49/00 R) zu den Fachgebietsgrenzen der Orthopädie sowie auf ein von der 42. Kammer des Sozialgerichts München in einem Parallelverfahren in Auftrag gegebenes Gutachten von Prof. Dr. B. von der Universität H. vom 14. Mai 2002, das auch zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht wurde. Zu den einzelnen EBM-Nrn. wird ausgeführt, für die endokrinologische Diagnostik seien insbesondere die Nrn.4211, 4212 und letztlich auch 4214 für die Prognoseabschätzung der Behandlung und die Beratung des Paares erforderlich. In gewisser Weise gelte das auch für EBM-Nr.4218 und andere Parameter. Die Reproduktionsmediziner müssten die Möglichkeit haben, die Indikationsstellung der Zuweiser zu überprüfen, weil nur sie entscheiden könnten, welche Methoden erfolgversprechend seien. Eine zeitlich versetzte Durchführung der einschlägigen Untersu- chungen mache keinen Sinn, denn selbst die subtilsten Vorunter- suchungen böten keine Gewähr dafür, was exakt am Tag der Eizellentnahme zu erwarten sei. Zum Beispiel müsse für den Fall, dass eine IVF-Behandlung indiziert sei, noch am Tage der Eizellentnahme der Ratschlag zu einer ICSI (intrazytoplasmatische Spermieninjektion) dann ergehen, wenn das Spermiogramm sehr schlecht ausfalle. Die Vorgehensweise der Beklagten sei bundesweit einzigartig. Keines der außerhalb Bayerns tätigen reproduktionsmedizinischen Institute werde mit einer derartigen Diskussion konfrontiert, die allem widerspreche, was in der modernen Reproduktionsmedizin Standard sei.

Außerdem wurde von Klägerseite ein Genehmigungsbescheid zur Durchführung künstlicher Befruchtung nach § 121 a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) des Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie Frauen und Gesundheit vom 28. September 2000 vorgelegt, in dem der Kläger zu 4) als für die Andrologie verantwortliches Mitglied der IVF-Arbeitsgruppe genannt wird.

Die Kläger beantragen, das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. März 2001 einschließlich des Bescheids der Beklagten vom 2. Mai 2000 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 26. Oktober 2000 aufzuheben.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat ein weiteres vom Sozialgericht München einge- holtes Gutachten (Prof.Dr.S. , Universität H.) vorgelegt und sich mit diesem ebenso wie mit dem Gutachten von Prof.Dr.B. kritisch auseinandergesetzt. Bei dem Gespräch vom 19. August 2002 sei ein Konsens nicht in der von Klägerseite behaupteten Weise zustande gekommen. Vielmehr hätten die Reproduktionsmediziner nur entsprechende Forderungen gestellt. Mit der EBM-Nr.1184 seien alle notwendigen Maßnahmen im Zusam- menhang mit der Untersuchung des Spermas nach Nr.12.2 der Richtlinien zur künstlichen Befruchtung, Aufbereitung und Kapazitation also auch das Spermiogramm zur korrekten Indikationsstellung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der anschließend aktuell durchzuführenden Maßnahme der künstlichen Befruchtung, einschließlich der erforderlichen physikalisch-morphologischen Funktionen und Funktionsuntersuchungen im Sinne von EBM-Nr.3950 erfasst. Dieses Spermiogramm diene der Überprüfung der durch andrologisch qualifizierte Ärzte im Vorfeld erhobenen Untersuchungen und Befunde im Verlauf der geplanten Therapie bis zum Zeitpunkt der eigentlichen Durchführung der Maßnahme. Ein Spermiogramm zur primären Beurteilung der männlichen Fertilität, also ohne direkten Zusammenhang mit der künstlichen Befruchtung falle nicht in das Fachgebiet des Frauenarztes. Die EBM-Nrn.3602, 3692, 3733, 3950 seien nicht neben EBM-Nr.1184 abrechenbar, weil sie von dieser beinhaltet würden und zudem dem andrologisch tätigen Arzt bzw. Laborarzt für Spermiogramme im Vorfeld der eigentlichen Maßnahmen zugeordnet seien. Die hormonelle Basisdiagnostik nach EBM-Nrn. 4211, 4212, 4214, 4215 und 4218 sowie ggf. weiterführende Untersuchungen/Tests dienten dazu, endokrinologische Störungen der männlichen Fertilität festzustellen und seien deshalb für Frauenärzte fachfremd. Bei den Antikörpernachweisen (EBM-Nrn.4431, 4432, 4543, 4554, 4585) handele es sich nicht um sogenannte Adnexleistungen. Zwar obliege dem Reproduktionsmediziner unstreitig die differenzierte Beurteilung und Indikationsstellung für Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung. Dazu gehöre auch die Bewertung der andrologischen Befunde. Die Erhebung der andrologischen Befunde, die Abklärung etwaiger Unfruchtbarkeitsursachen, bzw. die umfassende endokrinologische Diagnostik beim Mann zur Prognoseabschätzung der Behandlung obliege ihm jedoch nicht. Aktuell notwendige infektiologische, bakteriologische Abklärungen beim Mann in unmittelbarem Zusammenhang mit der künstlichen Befruchtung seien mit EBM-Nr.1184 abgegolten. In vielen Fällen, die von den Berichtigungen betroffen seien, sei im streitien Quartal die EBM-Nr.1184 gar nicht abgerechnet worden. Das Argument der Notwendigkeit der aktuellen Abklärung am Tag der Eizellentnahme gehe hier ins Leere. Soweit die Laborleistungen im Vorfeld der Behandlung mit bis zum 6 Wochen Abstand durchgeführt worden seien, liege schon begrifflich eine Adnexleistung nicht vor. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass großenteils Untersuchungen durchgeführt und abgerechnet worden seien, die primär der Beurteilung der männlichen Fertilität dienten und somit letztlich im Zusammenhang mit der Infertilitätsbehandlung des Paares zu sehen seien, ohne dabei aber den für eine Adnexleistung notwendigen unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Durchführung der eigentlichen Maßnahme der künstlichen Befruchtung aufzuweisen.

Der Senat hat zur Frage der fachgebietskonformen Leistsungser- bringung eine Stellungnahme der Bundesärztekammer vom 8. April 2004 eingeholt, die sich der Stellungnahme der BLÄK vom 5. Mai 2000 voll anschließt.

Dem Senat liegen die Akte der Beklagten, die Akte des Sozialge- richts München mit dem Az.: S 32 KA 8642/00 sowie die Beru- fungsakte mit dem Az.: S 12 KA 115/01 vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs.1 SGG) Berufung ist zulässig aber unbegründet. Zu Recht hat die Beklagte die streitgegen- ständlichen Leistungen nach EBM-Nrn.1, 17, 851, und insbeson- dere die in großem Umfang abgerechneten Laborleistungen nach EBM-Nrn.3733, 3950, 4211, 4212, 4214, 4218, 4432, 4543, 4554, 4582, 4585 und 4625 aus der Quartalsabrechnung 4/98 der Kläger gestrichen, weil sie für die als Frauenärzte zur vertrags- ärtzlichen Versorgung zugelassenen Kläger fachgebietsfremd sind. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Klage hat das SG zu Recht abgewiesen.

Nach Art.24 Abs.1 des Bayerischen Heilberufe-Kammergesetzes in der ab 1. August 1993 geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 20. Juli 1994, GVBl. S.358) und nach § 21 WBO (bekannt gemacht im Bayerischen Ärzteblatt 9/93) darf ein Arzt, der eine Gebietsbezeichnung führt, grundsätzlich nur auf diesem Gebiet tätig sein. Die Bindung des Arztes an die Grenzen seines Fachgebiets trifft ihn auch in seiner Eigenschaft als zur Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassenen Vertragsarzt, denn auch insoweit gelten die Regeln des allgemeinärztlichen Berufsrechts (vgl. BSG, SozR 3-2500, § 95 Nr.7 S.27 f, Nr.9 S.33 f., Nr.21 S.85 f., Nr.30 S.149; ständige Rechtsprechung des Senats z.B. Urteil vom 4. Juli 2003, Az.: L 12 KA 192/01 und andere). Für Leistungen, die au- ßerhalb des Fachgebiets erbracht werden, besteht grundsätzlich kein Honoraranspruch. Werden von einem Vertragsarzt fachfremde Leistungen zur Abrechnung gebracht, sind sie von der Kassenärztlichen Vereinigung gemäß § 75 Abs.1 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) in Verbindung mit § 45 Abs.1 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä), § 10 Abs.1 Gesamtvertrag Regionalkassen bzw. § 34 Abs.4 Arzt-/Ersatzkassenvertrag (EKV-Ä), § 13 Gesamtvertrag Ersatzkassen im Wege der sachlich rechnerischen Berichtigung von der Vergütung auszunehmen.

Die von der Beklagten beanstandeten streitgegenständlichen Lei- stungen wurden ausnahmslos an Männern erbracht und sind deshalb für die Kläger, die als Frauenärzte an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, fachgebietsfremd. Das Fachgebiet Frauen- heilkunde und Geburtshilfe ist in Abschnitt I.Nr.7 der Anlage 1 zur WBO wie folgt definiert: "Die Frauenheilkunde und Geburtshilfe umfasst die Erkennung, Verhütung, konservative und operative Behandlung einschließlich der psychosomatischen Aspekte der Erkrankungen sowie die Nachsorge der Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane und der Brustdrüsen, die gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, sowie die Überwachung normaler und pathologischer Schwangerschaften sowie die Vorbereitung, Durchführung und Nachbehandlung normaler und pathologischer Geburten, einschließlich der erforderlichen Operationen".

Aus dieser Definition geht eindeutig hervor, dass die Behand- lungsbefugnis des Frauenarztes auf Frauen beschränkt ist. Insbesondere gilt dies für endokrinologische Leistungen, da das Fachgebiet des Frauenarztes nach der obigen Definition ausdrücklich nur die gynäkologische Endokrinologie umfasst.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht dadurch, dass der Kläger zu 4) die fakultative Weiterbildung "gynäkologische Endokrino- logie und Reproduktionsmedizin" (WBO Anlage, Abschn.I. 7.B.2) erworben hat. Diese ist wie folgt definiert: "Die gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin umfasst die Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie gynäkologisch-endokrinologischer Erkrankungen einschließlich der Sterilität der Frau." Auch hier ist die Untersuchungs- und Behandlungsbefugnis ausdrücklich auf die Frau beschränkt. Zwar werden in Nr.7.B.2 a.a.O. unter der Überschrift Inhalt und Ziel der Weiterbildung "Vermittlung, Erwerb und Nachweis spezieller Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten, welche über die im Gebiet ausgeführten Inhalte hinausgehen, in der Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie gynäkologisch-endokriner Erkrankungen, der Diagnostik und Behandlung der Sterilität unter Einbeziehung der erforderlichen instrumentellen apparativen und labormedizinischen Untersuchungen, über die zur Sterilitätsbehandlung erforderliche Andrologie und Psychotherapie sowie die Indikationsstellung zu mikrochirurgischen Operationsverfahren" verlangt. Hierzu gehören in der gynäkologischen Endokrinologie und Reproduktionsmedizin u.a. spezielle Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in den Grundlagen andrologisch bedingter Fertilitätsstörungen (Anl.z.WBO I.7.B.2 Nr.1 9. Spiegelstrich).

Hieraus lässt sich eine Fachgebietskonformität der von den Klä- gern abgerechneten Männerbehandlungen, bei denen es sich zumeist um Laborleistungen handelt, nicht ableiten. Teilgebietsbezeichnungen und ebenso auch fakultative Weiterbildungen sind nicht geeignet, das Fachgebiet zu erweitern, da sie sich schon per definitionem innerhalb des Fachgebiets bewegen und nur eine Spezialisierung auf einen Teil des gesamten Fachgebiets betreffen. Auch aus der Formulierung in Abschnitt I., Nr.7.B.2 der Anlage zur WBO geht hervor, dass hierdurch das Fachgebiet nicht erweitert wird. Hier werden für die fakultative Weiterbildung in gynäkologischer Endokrinologie und Reproduktionsmedizin lediglich spezielle Kenntnisse, unter anderem über die zur Sterilitätsbehandlung (der Frau) erforderliche Andrologie verlangt. Dies reicht nicht aus, um eine Fachgebietszugehörigkeit zu begründen. Üblicherweise werden in Leistungsbereichen, die zum Fachgebiet gehören eingehende Kenntnisse verlangt und nicht nur spezielle Kenntnisse. I.7.B.2 Nr.1 9. - a.a.O. - verlangt für die fakultative Weiterbildung in der gynäkologischen Endokrinologie und Reproduktionsmedizin spezielle Kenntnisse und Erfahrungen in den Grundlagen andrologisch bedingter Fertilitätsstörungen. Die Kenntnis von Grundlagen reicht für einen Facharzt regelmäßig nicht aus. Auch daraus folgt, dass andrologische Leistungen auch für den in gynäkologischer Endokrinologie und Reproduktionsmedizin weitergebildeten Gynäkologen fachgebietsfremd sind. Die in der WBO verlangten speziellen Kenntnisse über die zur Sterilitätsbehandlung erforderliche Andrologie sollen den reproduktionsmedizinisch tätigen Frauenarzt befähigen, bei seinen Überlegungen zum Ob und Wie einer künstlichen Befruchtung, sei es durch intrauterine Insemination, sei es durch ICSI auch auf Seiten des männlichen Partners bestehende Probleme mit ins Kalkül einzubeziehen. Daraus folgt indessen nicht, dass die Behandlung oder auch nur die Diagnose von männlichen Fertilitätsstörungen und insbesondere auch die Erhebung von Laborwerten an Männern zum Fachgebiet des reproduktionsmedizinisch tätigen Frauenarztes gehören würden. Der Senat verweist auf die Stellungnahme der BLÄK vom 5. Mai 2000, in der es heißt, im Gebiet der Frauenheilkunde und Geburtshilfe gebe es eine fakultative Weiterbildung "gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin", die nach ihrer Definition die Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie der gynäkologisch- endokrinologischen Erkrankungen einschließlich der Sterilität der Frau umfasse. Da diese fakultative Weiterbildung zu 100 % innerhalb der Grenzen des Gebiets liege, folge aus der Definition des Gebiets Frauenheilkunde und Geburtshilfe eindeutig, dass hier als Patient ausschließlich die Frau durch die Definition erfasst sei. Damit beziehe sich auch die Definition in der fakultativen Weiterbildung ausschließlich auf die Frau. Zwar würden im Rahmen des Weiterbildungsganges in der fakultativen Weiterbildung gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin auch spezielle Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in den Grundlagen andrologisch bedingter Fertilitätsstörungen verlangt und nach den Richtlinien dazu müssten 100 intrauterine Inseminationen durchgeführt worden sein einschließlich der Beurteilung der Spermiogramme, der gebräuchlichen Ejakulat-Aufbereitungsmethoden und des Spermienfunktionstests. Diese Beurteilung der Spermiogrammen, Ejakulataufbereitungen und der Spermienfunktionstets seien jedoch im engen Zusammenhang mit der IVF selbst zu sehen und nur in diesem engen Zusammenhang vom Frauenarzt gebietskonform erbringbar. Aus dieser Stellungnahme geht eindeutig hervor, dass die im Rahmen der künstlichen Befruchtung erforderliche Sterilitätsdiagnostik des Mannes für den Frauenarzt fachfremd ist. Der Senat schließt sich dieser Auffassung der BLÄK, die als das Beschluss fassende Gremium zur Auslegung der WBO in besonderer Weise berufen ist, voll inhaltlich an. Dies ist umso mehr geboten als auch die Bundesärztekammer, als Autorin der insoweit mit der Bayerischen WBO identischen Muster-WBO auf Anfrage des Senats mit Schriftsatz vom 8. Januar 2004 mit geteilt hat, dass sie mit der Auffassung der BLÄK in jeder Beziehung übereinstimme.

Die von der BLÄK im letzten Absatz ihrer Stellungnahme erwähnte Beurteilung der Spermiogramme, Ejakulat-Aufbereitungen und der Spermienfunktionstests im engen Zusammenhang mit der IVF be- zieht sich auf den Leistungsinhalt der EBM-Nr.1184 (Untersu- chung des Spermas, ggf. einschließlich Aufbereitung und Kapazi- taiton im Zusammenhang mit Maßnahmen zur künstlichen Befruch- tung). Diese Leistung findet sich im EBM im Kapitel J, Gynäko- logie und Geburtshilfe und ist damit auch von den Autoren des EBM den Gynäkologen zugeordnet worden. Eine über diesen Lei- stungsinhalt hinausgehende Öffnung andrologischer Leistungen für Gynäkologen, wenn eine künstliche Befruchtung vorgesehen ist, kann daraus nicht abgeleitet werden. Es handelt sich bei der Leistung nach EBM Nr.1184 rechtssystematisch um eine be- reits in der Gebührenordnung definierte Adnexleistung. Darauf wird im Folgenden noch einzugehen sein.

Der Senat kommt damit zu dem Ergebnis, dass die streitgegen- ständlichen Leistungen, die sämtlich an Männern erbracht wurden, für die Kläger als Frauenärzte fachfremd sind.

Auch die Tatsache, dass die Kläger zu 3) und 4) im Genehmi- gungsbescheid zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121 a SGB V des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit vom 28. September 2000 innerhalb der IVF-Arbeitsgruppe als verantwortliche Leitung bzw. Vertretung für Andrologie aufgeführt sind, gibt ihnen nicht die Berechtigung, Männer fachgebietskonform zu behandeln oder zu untersuchen. Nach den Richtlinien zur Durchführung der assistierten Reproduktion (Deutsches Ärzteblatt 95, Ausgabe 49 vom 4. Dezember 1998, Seite A 3166) müssen die Mitglieder einer IVF-Arbeitsgruppe unter anderem über Kenntnisse und Erfahrungen in der Andrologie verfügen. Diese Anforderung korrespondiert mit dem Inhalt und Ziel der fakultativen Weiterbildung "gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin" (I.7.B.2 der Anlage zur WBO) und trägt der Tatsache Rechnung, dass bei reproduktionsmedizinischen Maßnahmen, insbesondere der bei den Klägern verstärkt durchgeführten IVF/ICSI die Fertilität des männlichen Partners nicht außer Betracht bleiben kann. Eine Berechtigung, die hierfür notwendigen Untersuchungen selber durchzuführen, lässt sich hieraus indessen nicht ableiten. Hierfür sind vielmehr auch weiterhin andrologisch tätige Ärzte, z.B. Urologen oder Dermatologen bzw. endokrinologisch tätige Internisten und Laborärzte zuständig. Die dort erhobenen Befunde sind von den Klägern in ihre Behandlungsplanung einzubeziehen.

Da somit die von der Beklagten beanstandeten, an Männern er- brachten Leistungen für die Kläger als Frauenärzte fachfremd sind, wäre eine Abrechnung allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Adnexleistung möglich. Darunter versteht man eine gebiets- fremde Leistung, die im konkreten Behandlungsfall in einem en- gen medizinisch-persönlichen Zusammenhang mit einer gebietskon- formen Leistung steht und deren Nichterbringung die gebotene Leistung des eigenen Faches entwerten oder deren Erfolg gefähr- ten würde (BSG, SozR 2200 § 368 a RVO Nr.20; SozR 3-2500 § 95 Rdnr.21, Seite 90). Das bedeutet, dass die beanstandeten Lei- stungen nur dann abrechenbar wären, wenn sie in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer künstlichen Befruchtung, spe- ziell hier einer IFV/ICSI aktuell erbracht werden mussten. Die- se Voraussetzungen werden von Klägerseite bzgl. der Laborlei- stungen nach EBM-Nrn.4211, 4212 und mit Einschränkungen auch für Nrn.4214 und 4218 "sowie die anderen Parameter" behauptet. Aus der obengenannten Definition geht hervor, dass von vornhe- rein nur solche Leistungen, insbesondere auch nur solche Labor- leistungen, überhaupt als Adnexleistungen in Betracht kommen, die unmittelbar (am selben Tag) vor der künstlichen Befruchtung erbracht wurden und aus medizinischen Gründen erbracht werden mussten. Soweit also die streitgegenständlichen Leistungen an einem anderen Tag zur Abrechnung gelangt sind, als an dem, an welchem es zur künstlichen Befruchtung gekommen ist, bzw. an dem die künstliche Befruchtung hätte erfolgen sollen, kann es sich schon per definitionem nicht um Adnexleistungen handeln. Der mit zwei Ärzten als ehrenamtlichen Richtern fachkundig besetzte Senat hat die Computerausdrucke der Behandlungsunter- lagen der Kläger eingesehen und dabei festgestellt, dass die Kläger regelmäßig eine Reihe von Laborleistungen bei Männern erbringen. Das sind insbesondere die EBM-Nrn.3733, 4211, 4212, 4214, 4215, 4218 (Hormonbestimmungen), ferner die Antikörper- bestimmungen nach EBM-Nrn.4432, 4543, 4554, 4582, 4585 und die EBM-Nr.4625. Bei diesen für die Kläger als Frauenärzte fachfremden Leistungen handelte es sich nicht um Adnexleistungen, da sie nicht in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der künstlichen Befruchtung standen. Werden diese Leistungen nicht am selben Tag wie die künstliche Befruchtung erbracht, besteht schon deswegen keine Notwendigkeit, dass sie durch den Gynäkologen selber erbracht und abgerechnet werden. Entsprechendes gilt für die gelegentlich abgerechneten EBM-Nrn.1, 17 und 850, die im Vorfeld der künstlichen Befruchtung erbracht wurden. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass es im vorliegenden Rechtsstreit nicht um die Notwendigkeit dieser Leistungen geht. Die Beklagte hat nicht bestritten, dass die Kenntnis der streitigen Laborparameter bei der Prüfung der Indikation und der Vorgehensweise der künstlichen Befruchtung mitzuberücksichtigen sind und zwar durch den die reproduktionsmedizinische Maßnahme verantwortlich durchführenden Gynäkologen. Das bedeutet aber nicht, dass die Laborwerte von diesem auch selber erhoben und ausgewertet werden müssten - jedenfalls dann nicht, wenn die Untersuchungen nicht unmittelbar vor der Maßnahme erfolgen müssen.

Es steht außer Frage, dass auch unmittelbar vor der Durchführung der künstlichen Befruchtung, insbesondere der IVF/ICSI eine aktuelle Untersuchung des Spermas erforderlich ist. Dafür ist die EBM-Nr.1184 durch den die künstliche Befruchtung durchführenden Frauenarzt abrechenbar. Bei der EBM-Nr.1184 handelt es sich gewissermaßen um einen gebührenordnungsmäßig geregelten Fall einer Adnexleistung. Mit dieser EBM-Nr. sind alle Untersuchungen des Spermas sowie ggf. die Aufbereitung und Kapazitation miterfasst, die im (unmittelbaren) Zusammenhang mit der Maßnahme zur künstlichen Befruchtung erforderlich sind. Daraus folgt, dass am selben Tag weitere Laborparameter oder sonstige Untersuchungsleistungen im Zusammenhang mit der Sperma Untersuchung nicht abrechenbar sind. Lediglich Ordinations- bzw. Konsultationsgebühren können neben EBM-Nr.1184 zur Abrechnung kommen. Außerdem wird (systemwidrig) der HIV-Antikörpernachweis für abrechenbar angesehen (vgl. Kommentar von Wezel/Liebold, Stand 1. April 1998 zu EBM-Nr.1184). Tatsächlich haben die Kläger neben dieser Nummer am selben Tag auch keine weiteren Laborleistungen abgerechnet. Die im gleichen Behandlungsfall an anderen Tagen abgerechneten Laborleistungen sind keine Adnex- leistungen und damit fachfremd (s.o.). Daraus folgt, dass die Streichungen dieser Ziffern in den Fällen, in denen EBM-Nrn. 1184 abgerechnet wurden (Kürzel "MS 043") zu Recht erfolgt sind.

In den anderen Behandlungsfällen, in denen die EBM Nr.1184 überhaupt nicht abgerechnet wurde (Kürzel "MF 046") ist es offenkundig nicht zu Maßnahmen der künstlichen Befruchtung ge- kommen, so dass die in diesen Fällen am Mann erbrachten Leistungen keine Adnexleistungen im Zusammenhang mit der künstlichen Befruchtung sein können, und somit für die Kläger auch nicht als solche abrechenbar sind. Vielmehr sind sie zu Recht von der Beklagten als fachfremde Leistungen gestrichen worden. Diese Leistungen hätten problemlos durch einen andrologisch tätigen Arzt bzw. Laborarzt erbracht werden können.

Entsprechendes gilt erst recht bzgl. der beanstandeten EBM-Nrn. 1, 17 und 850. Auch in diesen Fällen wurde die EBM-Nr.1184 nicht abgerechnet, so dass eine Zuständigkeit des Frauenarztes für die Behandlung des Mannes auch unter dem Gesichtspunkt der Adnexleistung nicht in Frage kommt. Soweit es um die Beratung des Ehepaars im Zusammenhang mit der künstlichen Befruchtung nach EBM-Nr.1180 geht, ist diese zwar dem Frauenarzt vorbehal- ten, nicht aber dem, der die Befruchtungsmaßnahme durchführt.

Die Klägerseite verweist auf zwei von der 42. Kammer des SG in einem Parallelverfahren eingeholte Gutachten von Prof.Dr. B. und Prof.Dr.S. , die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurden. Diese sind jedoch im vorliegenden Fall schon deswegen wenig aussagefähig, weil es dort größtenteils um andere Gebührenordnungsziffern ging, die wegen Fachfremdheit gestrichen wurden. Außerdem haben die Sachverständigen entgegen dem Gutachtensauftrag zu den einzelnen Behandlungsfällen nicht Stellung genommen. Soweit die Gutachter feststellen, dass vor einer Insemination oder ICSI das dafür verwendete Ejakulat untersucht werden müsse, bringt dies nichts Neues, da hieran kein Zweifel besteht. Gerade dafür wurde die EBM-Nr.1184 geschaffen, die von der Beklagten nicht beanstandet wurde.

Zusammenfassend kommt der Senat damit zu dem Ergebnis, dass die streitgegenständlichen Leistungen von der Beklagten zu Recht als fachfremd beanstandet wurden und dass sie auch nicht als- notwendigen zeitlichen Zusammenhang fehlt oder die Leistungen von der nicht beanstandeten EBM-Nr.1184 miterfasst sind.

Schließlich beruft sich die Klägerseite noch auf Vertrauens- schutz, weil die Beklagte 13 Jahre lang, also seit Aufnahme der künstlichen Befruchtung in den Leistungsumfang der GKV, den Klägern die Leistungen der streitgegenständlichen Art unbean- standet vergütet habe. Auch damit können sie nicht durchdringen. Nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-2500 § 95 Nr.9 S.38 ff.), der sich der Senat anschließt, kann bei einer Änderung der Verwaltungspraxis hinsichtlich der Zuordnung bestimmter Leistungen zu einzelnen Fachdisziplinen unter Umständen der Vertragsarzt beanspruchen, von der Änderung vorher informiert zu werden. Ein entsprechender Vertrauensschutz kommt jedoch nur dann in Frage, wenn die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) Kenntnis davon hatte, dass ein Arzt oder eine Arztgruppe bestimmte Leistungen nicht nur beiläufig und in Einzelfällen, sondern systematisch abrechnet, und die betroffenen Ärzte ihrerseits aus einer langjährigen unbeanstandeten Abrechnung den Schluss ziehen durften, die KÄV stelle die Fachgebietszugehörigkeit nicht in Frage. Weiter führt das BSG aus, diese Voraussetzungen könnten insbesondere dann erfüllt sein, wenn die Frage einer gebietsmäßigen Zuordnung einer bestimmten Leistung Gegenstand von Gesprächen oder Schriftwechsel zwischen einzelnen Ärzten oder ärztlichen Berufsverbänden und der KÄV gewesen sei und/oder wenn die Fachgebietszuordnung einer bestimmten Leistung Gegenstand von Auseinandersetzungen über den jeweiligen KÄV-Bezirk hinaus seien, so dass von der einzelnen KÄV erwartet werden könne, dass sie gegenüber ihren Mitgliedern ihren eigenen Standpunkt rechtzeitig offen lege. Derartige Tatbestände liegen nicht vor und wurden auch von Klägerseite nicht geltend gemacht. Das Gespräch, dass offenbar am 19. August 2002 bei der BLÄK stattgefunden hat, kann für den hier streitigen Zeitraum keinen Vertrauensschutz mehr begründen. Die Tatsache allein, dass eine Leistung über Jahre hinweg (zu Unrecht) abgerechnet wurde, reicht nicht aus, einen Anspruch darauf zu begründen, dass wegen Vertrauensschutzes diese Leistung auch weiterhin vergütet werden müsste (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 82 Nr.3, wo Vertrauensschutz angenommen wurde, nachdem die KÄV eine Abhilfeentscheidung zu Gunsten des Arztes getroffen hatte).

Eine grundsätzliche Bedeutung des Falles vermochte der Senat nicht zu erkennen, so dass die Revision nicht zuzulassen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl. BSG SozR 3-2500 § 116 Nr.24 Seite 115 ff.).
Rechtskraft
Aus
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