L 20 RJ 12/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 309/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 RJ 12/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 24.10.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine im Ausland zurückgelegte berufliche Ausbildung als Anrechnungszeit berücksichtigt werden kann.

Der 1947 geborene Kläger hat von 1961 bis 1964 in Deutschland eine Lehre als Hochdruckrohrschlosser absolviert und war anschließend als Schlosser versicherungspflichtig beschäftigt; vom 04.07.1966 bis 03.07.1968 leistete er als Freiwilliger Wehrdienst bei der Bundeswehr. Anschließend wanderte er nach Kanada aus und war dort ab Juli 1968 bis Juli 1974 als Heizungs- und Kühlanlagenbauer versicherungspflichtig beschäftigt. In der kanadischen Rentenversicherung sind sechs Versicherungsjahre verzeichnet, nämlich die Jahre 1968 bis 1972 und das Jahr 1974. Anschließend an diese Zeit arbeitete der Kläger noch bei verschiedenen Arbeitgebern im In- und Ausland.

Mit Bescheid vom 16.10.1997 bewilligte die Beklagte Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.06.1997. Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, in der Zeit vom 17.07.1968 bis 23.02.1970 eine Berufsausbildung in Kanada absolviert zu haben. Dazu legte er den kanadischen Sozialversicherungsausweis, eine Bestätigung des kanadischen Arbeitgebers über den Arbeitsbeginn am 17.07.1968 und ein "Certificate of qualification" vom 23.02.1970 für den Beruf eines "Plumber", Bestätigungen des "Centennial College" vom 30.04.1974, des "George Brown College" vom 04.12.1969 und der "Construction Safety Association" sowie einen Nachweis über einen Erste-Hilfe-Kurs aus dem Jahr 1974 vor. Der Widerspruch blieb erfolglos. Anrechnungszeiten seien nicht anzuerkennen, da der Kläger keinen Fach- oder Hochschulbesuch nachgewiesen habe (Widerspruchsbescheid vom 24.03.1998).

Im Klageverfahren hat der Kläger geltend gemacht, die streitigen Anrechnungszeiten seien deswegen von Bedeutung, weil ihm noch wenige Monate fehlten, um in die Krankenversicherung der Rentner aufgenommen zu werden. Weitere Unterlagen über seine Ausbildungen in Kanada habe er nicht. Nähere Angaben über die Art der Ausbildung könne er nicht machen. Eine Anfrage des SG in Kanada vom 20.12.1999 blieb ergebnislos, weil die Anfrage nicht zugestellt werden konnte.

Mit Urteil vom 24.10.2000 hat das SG die Klage, mit der der Kläger die Neuberechnung der BU-Rente unter Berücksichtigung der Ausbildung in Kanada begehrte, abgewiesen. Nachdem keine näheren Angaben über Inhalt und Umfang der Qualifizierungsmaßnahmen zu gewinnen gewesen seien und auch der Kläger sich nur in Ansätzen an die damaligen Geschehensabläufe erinnere, habe das Gericht keine ausreichenden Belege für Zeiten eines Fachschulbesuches oder einer betrieblichen Lehrzeit für bestimmte Zeiträume seitens des Aufenthaltes in Kanada gesehen. Eine Berufsausbildung im Sinne des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 a SGB VI aF sei daher nicht ausreichend belegt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er geltend macht, er habe im Zeitraum vom 17.07.1968 bis 23.02.1970 eine Lehre als Klempner/Installateur zurückgelegt und diese Lehre auch mit einer Prüfung erfolgreich abgeschlossen. Damit sei der Nachweis erbracht, dass er berufliche Ausbildungszeiten in Kanada zurückgelegt habe. Die Rente sei deshalb neu festzustellen. In der mündlichen Verhandlung überreichte der Kläger ein Bestätigungsschreiben des kanadischen Kultus- und Bildungsministeriums in Ontario, in dem ein Berufsschullehrgang von acht Wochen am George Brown College bestätigt wird.

Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Würzburg vom 24.10.2000 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 16.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.1998 sowie den Bescheid vom 16.09.1999 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 17.07.1968 bis 23.02.1970 als Anrechnungszeit anzuerkennen und rentensteigernd zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, das angefochtene Urteil des SG Würzburg vom 24.10.2000 müsse Bestand behalten.

Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die Streitakten erster und zweiter Instanz sowie die vom Senat beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch im Übrigen zulässig.

Das Rechtsmittel des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG Würzburg vom 24.10.2000 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Berücksichtigung der in Kanada zurückgelegten Zeit vom 17.07.1968 bis 23.02.1970 als Anrechnungszeit.

Vorliegend richtet sich die Anerkennung der Anrechnungszeit nach § 58 SGB VI in der im Jahre 1997 geltenden Fassung, nachdem dem Kläger mit Wirkung ab 01.06.1997 Rente wegen Berufsunfähigkeit bewilligt wurde. Nach § 58 Abs 1 Satz 1 SGB VI in der damals geltenden Fassung (Gesetz vom 25.09.1996 - BGBl I 1461) waren gem. Nr 4 Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung, insgesamt jedoch höchstens bis zu drei Jahren). Nach Nr 4 a dieser Vorschrift, die nur vom 01.01.1997 bis 31.12.1997 Geltung hatte, waren auch die Zeiten in denen Versicherte "eine Berufsausbildung zurückgelegt haben" (Zeiten einer beruflichen Ausbildung) Anrechnungszeiten. Dabei galten als Zeiten einer beruflichen Ausbildung nach Satz 2 dieser Vorschrift stets die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres. Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen waren alle beruflichen Bildungsmaßnahmen, die auf die Aufnahme einer Berufsausbildung vorbereiteten oder der beruflichen Eingliederung dienten, sowie Vorbereitungslehrgänge zum nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses und allgemeinbildende Kurse zum Abbau von schwerwiegenden beruflichen Bildungsdefiziten. Diese Voraussetzungen sind im Fall des Klägers nicht gegeben.

Bei dieser Entscheidung kann zunächst dahingestellt bleiben, ob vom Kläger in Kanada zurückgelegte Ausbildungszeiten überhaupt als Anrechnungszeiten bei fehlenden Pflichtbeiträgen zur deutschen Rentenversicherung anerkannt werden können, wovon das SG im angefochtenen Ureil ausgeht, oder ob, wovon die Beklagte ausgeht, die Berücksichtigung von Anrechnungszeiten für Berufsausbildung im Ausland nicht möglich ist. Denn der Senat ist in Übereinstimmung mit dem SG der Überzeugung, dass die vom Kläger behauptete Anrechnungszeit nicht nachgewiesen ist. Dabei kann wiederum dahingestellt bleiben, ob es sich bei der vom Kläger behaupteten Ausbildung um eine Zeit der schulischen Ausbildung (Schule, Fachschule oder Hochschule) bzw. einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme im Sinne des § 58 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB VI aF oder um eine Zeit einer beruflichen Ausbildung im Sinne des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 a SGB VI aF gehandelt hat. Denn ein solcher Tatbestand ist nicht nachgewiesen. Die Anrechnungszeittatsachen im Sinne des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und Nr 4 a SGB VI können aber nur anerkannt werden, wenn sie nachgewiesen sind. Der Nachweis kann durch alle zulässigen Beweismittel geführt werden. Dieser Beweis ist dem Kläger aber nicht gelungen, auch nicht durch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Bestätigung des kanadischen Ministeriums, nach der der Kläger einen achtwöchigen Lehrgang am George Brown College absolvierte. Denn nach wie vor ist nicht nachgewiesen, einmal in welcher Zeit der Lehrgang stattfand, zum Anderen welchen Inhalt dieser Lehrgang hatte. Der Kläger selbst konnte hierzu keine konkreten Angaben machen. Die vom SG von Amts wegen eingeleiteten Aufklärungsbemühungen blieben erfolglos und auch der Senat konnte wegen insoweit unzureichender Angaben des Klägers den Sachverhalt von Amts wegen nicht weiter aufklären. Bezüglich des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens von Tatsachen gilt aber im sozialgerichtlichen Verfahren der Grundsatz der objektiven Beweislast, nach dem jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Ein Beteiligter muss daher die Folgen tragen, wenn eine Ungewissheit wegen der für ihn günstigen Tatsachen verblieben ist (BayLSG Breithaupt 00, 478, 480). Es wird daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen und auf die auch vom Senat für zutreffend gehaltenen Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen (§ 153 Abs 2 SGG).

Da die Berufung des Klägers zurückzuweisen war, haben die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten (§ 193 SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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