Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 89 KR 2236/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 335/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht eine Hörgeräte-Versorgung.
Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte 1953 geborene Klägerin ist als Folge einer Operation auf dem rechten Ohr taub.
Im Rahmen der erstmaligen Versorgung mit einem Hörgerät testete sie eine sogenannte CROS-Versorgung (Contralateral Routing Off Signal; hierbei werden Mikrofon und Hörer entkoppelt, der Schall am tauben Ohr aufgenommen und an das gesunde Ohr weitergeleitet). Sie probierte bei dem Hörgerätebetrieb Hörgeräteakustik F GmbH & Co. KG bei der Akustikerin K insgesamt sieben Hörsysteme, davon das eigenanteilsfreie C. Dabei unterzeichnete sie am 27.November 2013 eine "Patientenerklärung zur Versorgung mit Mehrkosten". In dieser Erklärung war der Vordruck enthalten, wonach auch zahlungsfreie Hörsysteme getestet worden seien, mit denen die Versicherte "gut zurecht kam", eine Entscheidung für ein Hörsystem mit Aufzahlung sei erfolgt, weil sie besondere Ausstattungsmerkmale wolle, die nichts mit dem reinen Hörverstehen zu tun hätten. Zur Begründung für ein Hörsystem mit Mehrkosten sind dabei angekreuzt bzw. handschriftlich eingetragen: "Funk- Schnittstellentechnologie", " Komfortprogramm für laute Umgebung, natürlicherer Klang in Ruhe und mit Sprache"; "Komfortmerkmale: Richtcharakteristik wird den natürlichen Eigenschaften des Ohres nachempfunden"; sonstiges: "Funk-Cros-Kabellos-Verbindung". Ferner unterschrieb sie am 04. Dezember 2013 sowie am 13. Dezember 2013 jeweils Empfangsbestätigungen für ein Hörsystem mit der Hilfsmittelnummer 13.20.12.1291 (Seriennummer: 118 291). Mit Schreiben vom 23. Januar 2014, bei der Beklagten eingegangen am 27. Januar 2014, übersandte die Klägerin einen Kostenvoranschlag über die Versorgung mit einem Gerät W mit WCROS Sender und Hörer über insgesamt 4.055,58 EUR sowie die ohrenärztliche Verordnung vom 16. Mai 2013 über die Versorgung mit einer CROS-Verbindung. Sie habe seit April 2013 verschiedene Hörgeräte angepasst erhalten. Da sie eine Funk-CROS-Versorgung benötige, sei die Auswahl nicht so groß. Sie habe sich nun für eine Versorgung entschieden, mit der sie besser höre. Sie habe auch das Modell probeweise getragen, welches von der Krankenkasse in vollem Umfang bezahlt werde. Leider habe sie mit diesem nicht mehr hören können als ohne.
Mit Bescheid vom 22. April 2014 erklärte die Beklagte, sich an den Kosten in Höhe der geltenden Vertragspreise von insgesamt 1.101,58 EUR zu beteiligen. Eine Kostenübernahme darüber hinaus sei nicht möglich.
Die Klägerin erhob am 05. Mai 2014 Widerspruch und bat um die Übernahme weiterer Kosten.
Die Beklagte schaltete den medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e.V. (MDK) ein. Dessen Gutachterin Dr. M gelangte im sozialmedizinischen Gutachten vom 15. Mai 2014 zu dem Ergebnis, die übermittelten audiometrischen Daten der Klägerin begründeten wegen einer einseitigen Taubheit die CROS-Versorgung gemäß der Hörhilfenrichtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses (GBA). Ein Anpassungsbericht des Akustikers liege aber nicht vor. Zum individuell erreichten Hörbenevit könne sich der MDK deshalb nicht äußern.
Die Klägerin unterzeichnete unter dem 30. Mai 2014 eine "Empfangsbestätigung/Haftungserklärung" für den Gerätetyp mit einem Eigenanteil von 2.893,42 EUR zzgl. Zuzahlung in Höhe von 20,00 EUR.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2014 zurück. Das gewünschte Hörgerät sei ein digitales "hinter dem Ohr Gerät" (HdO) aus der Gruppe 13.20.12 des Hilfsmittelverzeichnisses. In dieser Gruppe seien mehrere Hundert HdO-Geräte geführt. Für die Gruppe sei ein Festbetrag von 733,59 EUR festgelegt. Der maßgebliche Vertragspreis betrage 741,00 EUR und umfasse zusammen mit den weiteren Leistungen abzgl. der Zulassung 1.101,58 EUR. Es liege bei der Klägerin auch keine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit vor, weil der Frequenzverlust auf dem besseren linken Ohr nur 26 Dezibel betrage und nicht größer als 80 Dezibel sei. Das konkret gewählte Hörgerätmodell überschreite das Maß des Notwendigen und Wirtschaftlichen. Da das linke Ohr nur geringe Einschränkungen des Hörvermögens aufweise, reiche ein kostengünstiges Gerät mit vier Kanälen aus. Weil für das ertaubte Ohr eine Hörgeräteversorgung nicht in Frage komme, sei die Beklagte auch nicht im Rahmen einer Einzelfallentscheidung berechtigt, einen Zuschuss in Höhe des Festbetrages für ein zweites Hörgerät zu übernehmen.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. Dezember 2014 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie u.a. ergänzend vorgetragen, das gewählte Hörgerät im August 2014 gekauft und am 5. August 2014 bezahlt zu haben.
Die Beklagte hat ergänzend vorgebracht, die Klägerin habe sich die Leistung selbst beschafft, bevor sie den Antrag auf Leistung bei ihr gestellt habe. So sei das Hörgerät bereits am 27.November 2013 angeschafft worden. Die Klägerin selbst habe am 22.November 2013 den Empfang des Hörgerätes bestätigt, nicht lediglich den eines Testgerätes. Auch ärztlicherseits sei die Versorgung bereits am 11.Dezember 2013 als geeignet bestätigt worden. Dass die Klägerin angebe, sie habe mehrere Geräte getestet und mehrere Empfangsbestätigungen unterschrieben, sei nicht nachvollziehbar, da die Prüfbögen dazu nicht eingereicht worden seien. Auf den vorliegenden Empfangsbestätigungen stehe immer dieselbe Hilfsmittelverzeichnis-Nummer. Die Akustikerin habe gegenüber der Beklagten angegeben, dass die Klägerin Probleme mit der Versorgung gehabt habe und deshalb das gleiche Modell gegen ein neueres Exemplar ausgetauscht worden sei. Dieser Austausch sei in jedem Fall vor dem Antrag am 27. Januar 2014 erfolgt. Ausweislich der Prüfbögen habe die Klägerin zwei Geräte getestet. Bei beiden habe das Hörvermögen bei Freifeldmessungen bei 95 % gelegen, ein vollkommen gleichwertiges Ergebnis.
Das SG hat die Hörgeräteakustikerin K in der mündlichen Verhandlung am 31.Mai 2017 als Zeugin vernommen. Mit Urteil vom selben Tag hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22. April 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2014 verurteilt, weitere 2.883,42 EUR zu zahlen. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sei begründet. Die Klägerin habe Anspruch auf Versorgung mit dem Hörgerät W und auf Erstattung des den Festbetrag bzw. den Vertragspreis übersteigenden Kosten in Höhe von 2.883,42 EUR aus § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alternative Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Dessen Voraussetzungen seien erfüllt. Ein Anspruch sei nicht ausgeschlossen, weil der Beschaffungsweg nicht eingehalten sei. Die Klägerin habe am 27.01.2014 einen Antrag auf Übernahme der Kosten für das Hörgerät unter Übersendung des Kostenvoranschlages vom 09.01.2014 gestellt. Sie habe sich erst nach Ablehnung des Antrages durch die Beklagte am 22.04.2014 vertraglich verpflichtet, das Hörgerät zum Preis des Kostenvoranschlags anzunehmen. Zuvor habe keine Selbstbeschaffung vorgelegen. Von einer solchen sei nämlich nicht bereits dann auszugehen, wenn das konkrete Hörsystem ausgewählt worden sei. Die Auswahl sei dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheide deshalb mit Ausnahme von Fällen der Vorfestlegung als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Schädlich sei erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer (Bezugnahme auf Bundessozialgericht – BSG -Urteil vom 24. Januar 2013- Rdnr. 44 mit weiteren Nachweisen; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. Oktober 2015 - L 2 R 741/14 juris- Rdnr. 32). Demnach sei hier nicht relevant, dass bereits Ende 2013 mehrere Empfangsbestätigungen über Hörsysteme dokumentiert seien. Frühestens mit der Empfangsbestätigung/Haftungserklärung vom 30. Mai 2014 liege eine Verpflichtungserklärung vor. Dafür spreche die Erklärung der Akustikerin vom 29. April 2016, die übersandte Empfangsbestätigung über den Erhalt der bestätigten Ware, die Auflistung des Preises und der erklärte Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Zahlung des Hörsystems. Nach Angaben der Klägerin solle erst mit der vollständigen Bezahlung am 05. August 2014 die Beschaffung erfolgt sein. Dies werde durch die Eigenanteilsrechnung von diesem Tag belegt. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Klägerin bereits von vornherein und unabhängig davon zu einem früheren Zeitpunkt auf die höherwertige Versorgung festgelegt habe und sich diese auch dann beschafft hätte, wenn die Beklagte den Antrag abgelehnt hätte. Sie habe vielmehr schriftlich und mündlich glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass noch bis in das erste Drittel des Jahres 2014 nicht entschieden gewesen sei, welches System sie nehme. Die als Zeugin vernommene Akustikerin habe dies bestätigt, indem sie ausgeführt habe, die Versorgung habe ab April 2013 bestimmt ungefähr ein Jahr angedauert. Dabei sei es mehrfach zum Tausch des Hörgerätes gekommen. Die Klägerin selbst habe davon berichtet, mit dem gewählten System am Anfang auch nicht zu Recht gekommen zu sein. Die Klägerin habe auch einen Anspruch auf das gewählte Hörsystem. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alternative SGB V reiche grundsätzlich nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setze voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehöre, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten. Rechtsgrundlage für die Versorgung mit einem Hörgerät sei § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Es bestehe ein Anspruch auf Hörhilfen, die erforderlich seien, um u.a. eine Behinderung auszugleichen, soweit dies im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen erforderlich sei (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 24.Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – Rdnr. 29 ff.). Die hier geltende Festbetragsregelung aufgrund § 36 SGB V sei eine Begrenzung des Anspruches auf eine Hilfsmittelversorgung aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebotes des § 12 Abs. 1 SGB V. Dies rechtfertige eine entsprechende Begrenzung des Leistungsumfanges, sofern eine ausreichende Versorgung zum Festbetrag nicht unmöglich sei (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R – Rdnr. 29 ff.). Demzufolge verpflichtet § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen seien Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet sei. Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung sei eine kostenaufwendigere Versorgung nur dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt sei, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative biete. Keine Leistungspflicht bestehe dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität beträfen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gelte für lediglich für ästhetische Vorteile oder dann, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenüberstehe (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 24. Januar 2013, a.a.O., Rdnr. 34). Demnach sei hier eine Selbstbeschaffung im Mai 2014 zum Festbetrag nicht möglich gewesen. Die Klägerin sei dabei nicht deshalb von einem Anspruch ausgeschlossen, weil sie eine sogenannte Mehrkostenerklärung unterschrieben habe. Zum einen habe die Klägerin selbst angegeben, diese Erklärung ohne Kenntnisnahme ihres Inhaltes auf Vorlage der Akustikerin unterschrieben zu haben. Auch habe die Akustikerin selbst als Zeugin bestätigt, dass sie sich die Mehrkostenübernahmeerklärung immer bereits dann unterzeichnen habe lassen, wenn sie ein Gerät mit Preis über dem Festbetrag ausgehändigt habe. Bei diesem Automatismus in der Handhabung könne dem Erklärungs- und Beweiswert der Mehrkostenerklärung nur eine sehr begrenzte Bedeutung zugebilligt werden. Dieser Wert werde noch durch ihren Inhalt selbst geschmälert, wonach aufzahlungsfreie Hörsysteme ausprobiert worden seien, mit denen die aktuelle Hörminderung in alltagsrelevanten Hörsituationen getestet worden seien und mit denen sie gut zurecht gekommen sei. Der Aussagegehalt dieser Erklärung sei inhaltlich nicht nachvollziehbar. Denn Bezugspunkt eines Hörgerätes müsse der Ausgleich der bestehenden Hörbehinderung seien, nicht eine Testung der aktuellen Hörminderung in Alltagssituationen. Unbestimmt sei auch die nachfolgende Aussage, mit dem Hörsystem gut zu Recht gekommen zu sein. Damit sei nicht belegt, dass ein auch ausreichendes Sprachverstehen in Alltagssituationen mit dem Festbetragsgerät worden sei. Dadurch werde die anschließende Erklärung relativiert, wonach näher bezeichnete Komfort-Merkmale für die Auswahlentscheidung ausschlaggebend seien. Zudem sei offen geblieben, ob die Klägerin diese Gesichtspunkte selbst zur Kenntnis genommen und inhaltlich gebilligt habe. Es gäbe zudem ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit dem gewählten Hörsystem gegenüber anderen, auch aufzahlungsfreien Systemen, relevante Gebrauchsvorteile habe. Es bestünden umgekehrt Zweifel, ob eigenanteilsfreie Systeme ähnlich gute Hörverbesserungen erzielen würden. Die als sachverständige Zeugin vernommene Hörgeräteakustikerin habe nachvollziehbar und anschaulich erläutert, dass die Klägerin mit dem gewählten System auch Flüstersprache verstanden und sich im Raum besser habe orientieren können. Auch sei das Hörverstehen in der Gruppe besser gewesen. Aufgrund ihres speziellen Hörverlustes bedürfe die Klägerin auch keines Verstärkungsbedarfs in jedem Frequenzbereich. Die Klägerin habe auf dem hörenden Ohr, welches eine erhöhte Lärmempfindlichkeit habe, eine erhöhte Störgeräuschunterdrückung. Diese erfüllten Geräte zum Festbetrag nur mit Einschränkungen. Für die Akustikerin habe sich auch aus dem Umstand, dass die Klägerin das gewählte Gerät den ganzen Tag getragen habe, bestätigt, dass das Gerät am subjektiv angenehmsten gewesen sei. Dem Umstand, dass in der Kabine / im Studio alle sieben getesteten Geräte mit 95 % ein identisches Messergebnis in der Freifeldmessung (65 dB) sowie mit einem Wert von 80 % oder 85 % in der Messung unter Störfallbedingungen erzielt hätten, erfordere keine andere Beurteilung. Ein relevanter Gebrauchsvorteil sei dadurch nicht belegt. Eine Differenz von lediglich fünf Prozentpunkten mit der Messung in der Kabine könne nur die Funktionstauglichkeit der Hörsysteme zum Ausgleich der Hörminderung überhaupt ermitteln. Ob von einem System ein bestmögliches Sprachverstehen geleistet werde, sei aber nicht in jedem Fall hinreichend geklärt. Hinzukommen müssten weitere praktische Tests über die subjektiven Eindrücke, die objektiv nachvollziehbar gemacht werden müssten. Diese Voraussetzungen seien im Fall der Klägerin gegeben. Sie habe ausgeführt, mit dem ausgewählten Hörsystem in Alltagssituationen eine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erreichen zu können, mit dem zum Festbetrag angebotenen System jedoch nicht. Dies ergebe sich aus ihren Angaben und den dem Gericht vorliegenden Prüfbögen vom 16.Dezember 2014. Die Wahrnehmungen der Klägerin habe die als Zeugin vernommene Hörgeräteakustikerin nachvollziehbar objektivieren können. Selbst wenn es Anhaltspunkte dafür gebe, dass der gewählten Versorgung kein wesentlicher Gebrauchsvorteil für die Klägerin innewohne, sondern primär komfortbedingter Erwägungen zur Auswahl des damals neu auf dem Markt befindlichen CROS-Hörsystems geführt haben, so könne sich die Beklagte der Klägerin gegenüber hierauf nicht berufen. Die Klägerin habe sich mit ihrem Antrag vom 27.01.2014 an die Beklagte gewandt und unter Darlegung ihrer Situation ihrer plötzlichen Ertaubung mitgeteilt, dass sie mit dem Festbetragsgerät nicht habe besser hören können als ohne Hörgerät. Die Beklagte habe daraufhin weder den Sachverhalt weiter aufgeklärt noch ihr irgendwelche Unterstützung hinsichtlich der Versorgung zugesagt. Sie hat lediglich auf Erinnerung hin einen Anspruch auf Übernahme der die Versorgungspauschale übersteigenden Beträge Ende April 2014 abgelehnt. Auch im Widerspruchsverfahren sei alleine die Übersendung des MDK-Gutachtens erfolgt. Der MDK habe aber in diesem Gutachten ausgeführt, überhaupt keine Aussage zum individuell erreichten Hörbenevit tätigen zu können. Aus insoweit habe die Klägerin also keine zeitnahe Hilfestellung erhalten. Das Gutachten habe zudem keine Angaben zu einer Alternativversorgung enthalten. Offen bleiben könne, ob die fehlende Stellungnahme des MDK hierzu darauf beruhe, dass die Hörgeräteakustikerin den Anpassungsbericht für die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung nicht übersandt habe. Die Beklagte müsste sich dieses Versäumnis zurechnen lasse und könne dies nicht der Klägerin entgegen halten (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – Rdnr. 20). Die Beklagte habe sich ihrer leistungsrechtlichen Verantwortung für die ordnungsgemäße Einzelfallprüfung des alleine gegen sie gerichteten Sachleistungsanspruches nach § 33 SGB V zumindest teilweise entzogen und die Entscheidung hierüber allein dem Leistungserbringer übertragen. Biete ein Hörgeräteakustiker – wie vorliegend – kein ausreichendes und zweckmäßiges eigenanteilfreies Hörgerät an, etwa weil er davon ausgehe oder vorgebe, im konkreten Fall sei eine eigenanteilsfreie Versorgung nicht ausreichend oder zweckmäßig oder erwiesen sich die angebotenen eigenanteilsfreien Geräte aus Sicht des Versicherten als nicht ausreichend, müsse dieser grundsätzlich – ggf. mit dem Akustiker – den Dialog mit der Krankenkasse suchen. Diese sei dann gehalten, den Versicherten bei der Suche nach einem geeigneten eigenanteilsfreien Gerät zu unterstützen, ggf. unter Zuhilfenahme des MDK, in den sie ihm konkrete Angebote ausreichende und zweckmäßige eigenanteilsfreie Geräte aufzeigen und ihn bei der Testung unterstütze oder aber sich bereit erkläre, die Mehrkosten einer höherwertigen Versorgung zu übernehmen. Verweigere die Krankenkasse -wie hier im Hinblick auf den Ablehnungsbescheid vom 21.03.2013- einen solchen Dialog und entziehe sie sich jeglicher Versorgungsverantwortung, könne sie sich im Erstattungsstreit nicht darauf berufen, es stünden bei diesem oder anderen Akustikern weitere eigenanteilsfreie Geräte zur Verfügung, die der Versicherte noch nicht getestet habe. Dies folge bereits aus dem sich aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch ableitenden Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Die Krankenkasse könne nicht einerseits die gesamte Verantwortung für die Versorgung auf den Leistungserbringer vertraglich auslagern und den Versicherten allein an diesen verweisen und sich anderseits darauf berufen, die Auskunft des Leistungserbringers, eine medizinische ausreichende und zweckmäßige Versorgung ohne Eigenanteils sei nicht möglich, sei unzutreffend (Bezugnahme auf SG Berlin, Urteil vom 07. März 2016 – S 81 KR 76/14 – juris-Rdnr. 37 bis 40).
Gegen dieses ihr am 06. Juli 2017 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 04. August 2017. Zu deren Begründung trägt sie vor, die Klägerin habe entgegen der Auffassung des SG bereits vor der Ablehnung bzw. bereits vor Stellung des Antrages eine Selbstbeschaffung vorgenommen. Eine Empfangsbestätigung wie hier die vom 22. November 2013 (erst) unterschrieben, wenn die endgültige Versorgung gefunden worden sei und nicht, wenn man ein Testgerät erhalten habe. Die Versorgung sei ärztlicherseits am 11. Dezember 2013 als geeignet bestätigt worden. Zum Arzt gehe man mit dem Gerät, für welches man sich entschieden habe und nicht mit jedem Testgerät. Dies habe auch die als Zeugin vernommene Hörgeräteakustikerin bestätigt. Bei einer Hilfsmittelversorgung findet das bindende Verpflichtungsgeschäft bereits mit der endgültigen, unter Eigentumsvorbehalt stehenden, Überlassung der Hörgeräte zum dauerhaften Gebrauch verbunden mit der Verpflichtungserklärung hinsichtlich der den Festbetrag übersteigenden Kosten statt (Bezugnahme auf LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. November 2015 – L 16 KR 656/14 – juris-Rdnr. 24). Die Versicherteninformation und die Mehrkostenerklärung vom 27. November 2013 enthielten die von der Klägerin mit Unterschrift akzeptierte Verpflichtungserklärung in Hinblick auf die den Festbetrag übersteigenden Kosten. Zudem habe das SG verkannt, dass die Klägerin vorfestgelegt auf die höherwertige Versorgung gewesen sei. Dass die Klägerin nach ihren eigenen Angaben mehrere Empfangsbestätigungen unterschrieben habe, weil sie verschiedene Geräte getestet habe, sei für die Beklagte nicht nachvollziehbar. Zum einen seien Prüfbögen mit Leihgeräten und Mietzeiträumen nicht eingereicht worden. Außerdem stehe in den Empfangsbestätigungen immer dieselbe Hilfsmittel-Nummer. Die Beklagte habe seinerzeit die Hörgeräteakustik F um eine Stellungnahme zu den verschiedenen Empfangsbestätigungen gebeten. Das Unternehmen habe geantwortet, die Klägerin habe Probleme mit der Versorgung gehabt. Deswegen sei der Sender gegen ein neues Modell ausgetauscht worden, um sicher zu stellen, dass kein Problem des Gerätes selbst vorliege. Auch habe die vernommene Zeugin bekundet, dass nach der Entscheidung für das Modell W dieses zur Sicherheit gegen ein Neues ausgetauscht worden sei. Schließlich bestünden keine medizinischen Gründe, die eine festbetragsüberschreitende Versorgung notwendig machten. Ein besserer Behinderungsausgleich habe von der Klägerin nicht nachgewiesen werden können. Die gewählte Versorgung sei als unwirtschaftlich anzusehen. Ausweislich der Messprotokolle seien die Geräte W und Cmit 95 % Hörvermögen bei Freifeldmessungen vollkommen gleichwertig. Die Aussagen der vernommenen Zeugin zu den Bedürfnissen der Klägerin zum Ausgleich des Hörverlustes überzeugten nicht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31.05.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen. Am 11.12.2013 sei ihre Versorgung noch nicht abgeschlossen gewesen. Es sei ihr immer nur darum gegangen, ihr Hörvermögen und ihre Mobilität zu weit wie möglich wieder herzustellen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter alleine entschieden werden, §§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Beide Beteiligten haben sich hiermit im Erörterungstermin am 16. April 2018 einverstanden erklärt.
Der Berufung bleibt der Erfolg versagt. Das SG hat zu Recht den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 22. April 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2014 abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von 2.883,42 EUR verurteilt. Auf die ausführliche Begründung im angegriffenen Urteil wird zur Vermeidung bloßer Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass hier keine sogenannte Vorfestlegung erfolgt ist.
Im Gegensatz zu dem Fall, welcher dem Urteil des 16. Senates im Hause vom 11.11.2015 (L 16 R 15/14) zugrunde liegt, kann von einer endgültigen Gebrauchsüberlassung des Hörgerätesystems durch das Hörgeräte-Unternehmen an die Klägerin nicht bereits im November 2013 ausgegangen werden. Die dortige Klägerin hatte in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, sich spätestens zu dem Zeitpunkt dieser endgültigen Gebrauchsüberlassung (unter Eigentumsvorbehalt), die Übernahme des Eigenanteils in Kauf zu nehmen. Von einer solchen (unbedingten) Verpflichtungserklärung ist hier nicht auszugehen.
Auch die Aussage der Zeugin, dass das ursprünglich getestete Exemplar des Modell W nochmals gegen ein neues Modell ausgetauscht worden, bestätigt die Annahme, dass im November und Dezember 2013 noch keine endgültige Gebrauchsüberlassung für das leihweise zur Verfügung gestellte konkrete System bestand. Für diese Annahme spricht auch ihre Bekundung, dass in den Empfangsbestätigungen der Probegeräte noch keine Seriennummer eingetragen gewesen seien. Dies sei erst üblich, wenn die Geräte verkauft würden. Sie hat ferner ausgesagt, in ihrem Unternehmen sei das Gerät erst seit dem 05. August 2014 als "verkauft" verbucht. Seitdem laufe (erst) die Garantie. Wie das SG ausführlich dargestellt hat, folgt aus den unterschriebenen Erklärungen in diesem Einzelfall nichts anderes.
Der Senat folgt dem SG auch in der Annahme, das gewählte System sei zum Behinderungsausgleich geboten und wirtschaftlich gewesen. Zudem ist es der Beklagten in diesem Einzelfall verwehrt, dies zu bestreiten, weil sie der Klägerin keine Alternative aufgezeigt hat.
Ergänzend ist nur noch darauf hinzuweisen, dass die subjektive Empfindung des relativ besten Hörens seine objektive Entsprechung auch im Eingangspegel des Gerätes W findet Damit kann auch Flüstersprache verstärkt und gehört werden.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Im Streit steht eine Hörgeräte-Versorgung.
Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte 1953 geborene Klägerin ist als Folge einer Operation auf dem rechten Ohr taub.
Im Rahmen der erstmaligen Versorgung mit einem Hörgerät testete sie eine sogenannte CROS-Versorgung (Contralateral Routing Off Signal; hierbei werden Mikrofon und Hörer entkoppelt, der Schall am tauben Ohr aufgenommen und an das gesunde Ohr weitergeleitet). Sie probierte bei dem Hörgerätebetrieb Hörgeräteakustik F GmbH & Co. KG bei der Akustikerin K insgesamt sieben Hörsysteme, davon das eigenanteilsfreie C. Dabei unterzeichnete sie am 27.November 2013 eine "Patientenerklärung zur Versorgung mit Mehrkosten". In dieser Erklärung war der Vordruck enthalten, wonach auch zahlungsfreie Hörsysteme getestet worden seien, mit denen die Versicherte "gut zurecht kam", eine Entscheidung für ein Hörsystem mit Aufzahlung sei erfolgt, weil sie besondere Ausstattungsmerkmale wolle, die nichts mit dem reinen Hörverstehen zu tun hätten. Zur Begründung für ein Hörsystem mit Mehrkosten sind dabei angekreuzt bzw. handschriftlich eingetragen: "Funk- Schnittstellentechnologie", " Komfortprogramm für laute Umgebung, natürlicherer Klang in Ruhe und mit Sprache"; "Komfortmerkmale: Richtcharakteristik wird den natürlichen Eigenschaften des Ohres nachempfunden"; sonstiges: "Funk-Cros-Kabellos-Verbindung". Ferner unterschrieb sie am 04. Dezember 2013 sowie am 13. Dezember 2013 jeweils Empfangsbestätigungen für ein Hörsystem mit der Hilfsmittelnummer 13.20.12.1291 (Seriennummer: 118 291). Mit Schreiben vom 23. Januar 2014, bei der Beklagten eingegangen am 27. Januar 2014, übersandte die Klägerin einen Kostenvoranschlag über die Versorgung mit einem Gerät W mit WCROS Sender und Hörer über insgesamt 4.055,58 EUR sowie die ohrenärztliche Verordnung vom 16. Mai 2013 über die Versorgung mit einer CROS-Verbindung. Sie habe seit April 2013 verschiedene Hörgeräte angepasst erhalten. Da sie eine Funk-CROS-Versorgung benötige, sei die Auswahl nicht so groß. Sie habe sich nun für eine Versorgung entschieden, mit der sie besser höre. Sie habe auch das Modell probeweise getragen, welches von der Krankenkasse in vollem Umfang bezahlt werde. Leider habe sie mit diesem nicht mehr hören können als ohne.
Mit Bescheid vom 22. April 2014 erklärte die Beklagte, sich an den Kosten in Höhe der geltenden Vertragspreise von insgesamt 1.101,58 EUR zu beteiligen. Eine Kostenübernahme darüber hinaus sei nicht möglich.
Die Klägerin erhob am 05. Mai 2014 Widerspruch und bat um die Übernahme weiterer Kosten.
Die Beklagte schaltete den medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e.V. (MDK) ein. Dessen Gutachterin Dr. M gelangte im sozialmedizinischen Gutachten vom 15. Mai 2014 zu dem Ergebnis, die übermittelten audiometrischen Daten der Klägerin begründeten wegen einer einseitigen Taubheit die CROS-Versorgung gemäß der Hörhilfenrichtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses (GBA). Ein Anpassungsbericht des Akustikers liege aber nicht vor. Zum individuell erreichten Hörbenevit könne sich der MDK deshalb nicht äußern.
Die Klägerin unterzeichnete unter dem 30. Mai 2014 eine "Empfangsbestätigung/Haftungserklärung" für den Gerätetyp mit einem Eigenanteil von 2.893,42 EUR zzgl. Zuzahlung in Höhe von 20,00 EUR.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2014 zurück. Das gewünschte Hörgerät sei ein digitales "hinter dem Ohr Gerät" (HdO) aus der Gruppe 13.20.12 des Hilfsmittelverzeichnisses. In dieser Gruppe seien mehrere Hundert HdO-Geräte geführt. Für die Gruppe sei ein Festbetrag von 733,59 EUR festgelegt. Der maßgebliche Vertragspreis betrage 741,00 EUR und umfasse zusammen mit den weiteren Leistungen abzgl. der Zulassung 1.101,58 EUR. Es liege bei der Klägerin auch keine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit vor, weil der Frequenzverlust auf dem besseren linken Ohr nur 26 Dezibel betrage und nicht größer als 80 Dezibel sei. Das konkret gewählte Hörgerätmodell überschreite das Maß des Notwendigen und Wirtschaftlichen. Da das linke Ohr nur geringe Einschränkungen des Hörvermögens aufweise, reiche ein kostengünstiges Gerät mit vier Kanälen aus. Weil für das ertaubte Ohr eine Hörgeräteversorgung nicht in Frage komme, sei die Beklagte auch nicht im Rahmen einer Einzelfallentscheidung berechtigt, einen Zuschuss in Höhe des Festbetrages für ein zweites Hörgerät zu übernehmen.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. Dezember 2014 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie u.a. ergänzend vorgetragen, das gewählte Hörgerät im August 2014 gekauft und am 5. August 2014 bezahlt zu haben.
Die Beklagte hat ergänzend vorgebracht, die Klägerin habe sich die Leistung selbst beschafft, bevor sie den Antrag auf Leistung bei ihr gestellt habe. So sei das Hörgerät bereits am 27.November 2013 angeschafft worden. Die Klägerin selbst habe am 22.November 2013 den Empfang des Hörgerätes bestätigt, nicht lediglich den eines Testgerätes. Auch ärztlicherseits sei die Versorgung bereits am 11.Dezember 2013 als geeignet bestätigt worden. Dass die Klägerin angebe, sie habe mehrere Geräte getestet und mehrere Empfangsbestätigungen unterschrieben, sei nicht nachvollziehbar, da die Prüfbögen dazu nicht eingereicht worden seien. Auf den vorliegenden Empfangsbestätigungen stehe immer dieselbe Hilfsmittelverzeichnis-Nummer. Die Akustikerin habe gegenüber der Beklagten angegeben, dass die Klägerin Probleme mit der Versorgung gehabt habe und deshalb das gleiche Modell gegen ein neueres Exemplar ausgetauscht worden sei. Dieser Austausch sei in jedem Fall vor dem Antrag am 27. Januar 2014 erfolgt. Ausweislich der Prüfbögen habe die Klägerin zwei Geräte getestet. Bei beiden habe das Hörvermögen bei Freifeldmessungen bei 95 % gelegen, ein vollkommen gleichwertiges Ergebnis.
Das SG hat die Hörgeräteakustikerin K in der mündlichen Verhandlung am 31.Mai 2017 als Zeugin vernommen. Mit Urteil vom selben Tag hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22. April 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2014 verurteilt, weitere 2.883,42 EUR zu zahlen. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sei begründet. Die Klägerin habe Anspruch auf Versorgung mit dem Hörgerät W und auf Erstattung des den Festbetrag bzw. den Vertragspreis übersteigenden Kosten in Höhe von 2.883,42 EUR aus § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alternative Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Dessen Voraussetzungen seien erfüllt. Ein Anspruch sei nicht ausgeschlossen, weil der Beschaffungsweg nicht eingehalten sei. Die Klägerin habe am 27.01.2014 einen Antrag auf Übernahme der Kosten für das Hörgerät unter Übersendung des Kostenvoranschlages vom 09.01.2014 gestellt. Sie habe sich erst nach Ablehnung des Antrages durch die Beklagte am 22.04.2014 vertraglich verpflichtet, das Hörgerät zum Preis des Kostenvoranschlags anzunehmen. Zuvor habe keine Selbstbeschaffung vorgelegen. Von einer solchen sei nämlich nicht bereits dann auszugehen, wenn das konkrete Hörsystem ausgewählt worden sei. Die Auswahl sei dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheide deshalb mit Ausnahme von Fällen der Vorfestlegung als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Schädlich sei erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer (Bezugnahme auf Bundessozialgericht – BSG -Urteil vom 24. Januar 2013- Rdnr. 44 mit weiteren Nachweisen; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. Oktober 2015 - L 2 R 741/14 juris- Rdnr. 32). Demnach sei hier nicht relevant, dass bereits Ende 2013 mehrere Empfangsbestätigungen über Hörsysteme dokumentiert seien. Frühestens mit der Empfangsbestätigung/Haftungserklärung vom 30. Mai 2014 liege eine Verpflichtungserklärung vor. Dafür spreche die Erklärung der Akustikerin vom 29. April 2016, die übersandte Empfangsbestätigung über den Erhalt der bestätigten Ware, die Auflistung des Preises und der erklärte Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Zahlung des Hörsystems. Nach Angaben der Klägerin solle erst mit der vollständigen Bezahlung am 05. August 2014 die Beschaffung erfolgt sein. Dies werde durch die Eigenanteilsrechnung von diesem Tag belegt. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Klägerin bereits von vornherein und unabhängig davon zu einem früheren Zeitpunkt auf die höherwertige Versorgung festgelegt habe und sich diese auch dann beschafft hätte, wenn die Beklagte den Antrag abgelehnt hätte. Sie habe vielmehr schriftlich und mündlich glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass noch bis in das erste Drittel des Jahres 2014 nicht entschieden gewesen sei, welches System sie nehme. Die als Zeugin vernommene Akustikerin habe dies bestätigt, indem sie ausgeführt habe, die Versorgung habe ab April 2013 bestimmt ungefähr ein Jahr angedauert. Dabei sei es mehrfach zum Tausch des Hörgerätes gekommen. Die Klägerin selbst habe davon berichtet, mit dem gewählten System am Anfang auch nicht zu Recht gekommen zu sein. Die Klägerin habe auch einen Anspruch auf das gewählte Hörsystem. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alternative SGB V reiche grundsätzlich nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setze voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehöre, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten. Rechtsgrundlage für die Versorgung mit einem Hörgerät sei § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Es bestehe ein Anspruch auf Hörhilfen, die erforderlich seien, um u.a. eine Behinderung auszugleichen, soweit dies im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen erforderlich sei (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 24.Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – Rdnr. 29 ff.). Die hier geltende Festbetragsregelung aufgrund § 36 SGB V sei eine Begrenzung des Anspruches auf eine Hilfsmittelversorgung aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebotes des § 12 Abs. 1 SGB V. Dies rechtfertige eine entsprechende Begrenzung des Leistungsumfanges, sofern eine ausreichende Versorgung zum Festbetrag nicht unmöglich sei (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R – Rdnr. 29 ff.). Demzufolge verpflichtet § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen seien Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet sei. Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung sei eine kostenaufwendigere Versorgung nur dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt sei, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative biete. Keine Leistungspflicht bestehe dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität beträfen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gelte für lediglich für ästhetische Vorteile oder dann, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenüberstehe (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 24. Januar 2013, a.a.O., Rdnr. 34). Demnach sei hier eine Selbstbeschaffung im Mai 2014 zum Festbetrag nicht möglich gewesen. Die Klägerin sei dabei nicht deshalb von einem Anspruch ausgeschlossen, weil sie eine sogenannte Mehrkostenerklärung unterschrieben habe. Zum einen habe die Klägerin selbst angegeben, diese Erklärung ohne Kenntnisnahme ihres Inhaltes auf Vorlage der Akustikerin unterschrieben zu haben. Auch habe die Akustikerin selbst als Zeugin bestätigt, dass sie sich die Mehrkostenübernahmeerklärung immer bereits dann unterzeichnen habe lassen, wenn sie ein Gerät mit Preis über dem Festbetrag ausgehändigt habe. Bei diesem Automatismus in der Handhabung könne dem Erklärungs- und Beweiswert der Mehrkostenerklärung nur eine sehr begrenzte Bedeutung zugebilligt werden. Dieser Wert werde noch durch ihren Inhalt selbst geschmälert, wonach aufzahlungsfreie Hörsysteme ausprobiert worden seien, mit denen die aktuelle Hörminderung in alltagsrelevanten Hörsituationen getestet worden seien und mit denen sie gut zurecht gekommen sei. Der Aussagegehalt dieser Erklärung sei inhaltlich nicht nachvollziehbar. Denn Bezugspunkt eines Hörgerätes müsse der Ausgleich der bestehenden Hörbehinderung seien, nicht eine Testung der aktuellen Hörminderung in Alltagssituationen. Unbestimmt sei auch die nachfolgende Aussage, mit dem Hörsystem gut zu Recht gekommen zu sein. Damit sei nicht belegt, dass ein auch ausreichendes Sprachverstehen in Alltagssituationen mit dem Festbetragsgerät worden sei. Dadurch werde die anschließende Erklärung relativiert, wonach näher bezeichnete Komfort-Merkmale für die Auswahlentscheidung ausschlaggebend seien. Zudem sei offen geblieben, ob die Klägerin diese Gesichtspunkte selbst zur Kenntnis genommen und inhaltlich gebilligt habe. Es gäbe zudem ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit dem gewählten Hörsystem gegenüber anderen, auch aufzahlungsfreien Systemen, relevante Gebrauchsvorteile habe. Es bestünden umgekehrt Zweifel, ob eigenanteilsfreie Systeme ähnlich gute Hörverbesserungen erzielen würden. Die als sachverständige Zeugin vernommene Hörgeräteakustikerin habe nachvollziehbar und anschaulich erläutert, dass die Klägerin mit dem gewählten System auch Flüstersprache verstanden und sich im Raum besser habe orientieren können. Auch sei das Hörverstehen in der Gruppe besser gewesen. Aufgrund ihres speziellen Hörverlustes bedürfe die Klägerin auch keines Verstärkungsbedarfs in jedem Frequenzbereich. Die Klägerin habe auf dem hörenden Ohr, welches eine erhöhte Lärmempfindlichkeit habe, eine erhöhte Störgeräuschunterdrückung. Diese erfüllten Geräte zum Festbetrag nur mit Einschränkungen. Für die Akustikerin habe sich auch aus dem Umstand, dass die Klägerin das gewählte Gerät den ganzen Tag getragen habe, bestätigt, dass das Gerät am subjektiv angenehmsten gewesen sei. Dem Umstand, dass in der Kabine / im Studio alle sieben getesteten Geräte mit 95 % ein identisches Messergebnis in der Freifeldmessung (65 dB) sowie mit einem Wert von 80 % oder 85 % in der Messung unter Störfallbedingungen erzielt hätten, erfordere keine andere Beurteilung. Ein relevanter Gebrauchsvorteil sei dadurch nicht belegt. Eine Differenz von lediglich fünf Prozentpunkten mit der Messung in der Kabine könne nur die Funktionstauglichkeit der Hörsysteme zum Ausgleich der Hörminderung überhaupt ermitteln. Ob von einem System ein bestmögliches Sprachverstehen geleistet werde, sei aber nicht in jedem Fall hinreichend geklärt. Hinzukommen müssten weitere praktische Tests über die subjektiven Eindrücke, die objektiv nachvollziehbar gemacht werden müssten. Diese Voraussetzungen seien im Fall der Klägerin gegeben. Sie habe ausgeführt, mit dem ausgewählten Hörsystem in Alltagssituationen eine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erreichen zu können, mit dem zum Festbetrag angebotenen System jedoch nicht. Dies ergebe sich aus ihren Angaben und den dem Gericht vorliegenden Prüfbögen vom 16.Dezember 2014. Die Wahrnehmungen der Klägerin habe die als Zeugin vernommene Hörgeräteakustikerin nachvollziehbar objektivieren können. Selbst wenn es Anhaltspunkte dafür gebe, dass der gewählten Versorgung kein wesentlicher Gebrauchsvorteil für die Klägerin innewohne, sondern primär komfortbedingter Erwägungen zur Auswahl des damals neu auf dem Markt befindlichen CROS-Hörsystems geführt haben, so könne sich die Beklagte der Klägerin gegenüber hierauf nicht berufen. Die Klägerin habe sich mit ihrem Antrag vom 27.01.2014 an die Beklagte gewandt und unter Darlegung ihrer Situation ihrer plötzlichen Ertaubung mitgeteilt, dass sie mit dem Festbetragsgerät nicht habe besser hören können als ohne Hörgerät. Die Beklagte habe daraufhin weder den Sachverhalt weiter aufgeklärt noch ihr irgendwelche Unterstützung hinsichtlich der Versorgung zugesagt. Sie hat lediglich auf Erinnerung hin einen Anspruch auf Übernahme der die Versorgungspauschale übersteigenden Beträge Ende April 2014 abgelehnt. Auch im Widerspruchsverfahren sei alleine die Übersendung des MDK-Gutachtens erfolgt. Der MDK habe aber in diesem Gutachten ausgeführt, überhaupt keine Aussage zum individuell erreichten Hörbenevit tätigen zu können. Aus insoweit habe die Klägerin also keine zeitnahe Hilfestellung erhalten. Das Gutachten habe zudem keine Angaben zu einer Alternativversorgung enthalten. Offen bleiben könne, ob die fehlende Stellungnahme des MDK hierzu darauf beruhe, dass die Hörgeräteakustikerin den Anpassungsbericht für die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung nicht übersandt habe. Die Beklagte müsste sich dieses Versäumnis zurechnen lasse und könne dies nicht der Klägerin entgegen halten (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – Rdnr. 20). Die Beklagte habe sich ihrer leistungsrechtlichen Verantwortung für die ordnungsgemäße Einzelfallprüfung des alleine gegen sie gerichteten Sachleistungsanspruches nach § 33 SGB V zumindest teilweise entzogen und die Entscheidung hierüber allein dem Leistungserbringer übertragen. Biete ein Hörgeräteakustiker – wie vorliegend – kein ausreichendes und zweckmäßiges eigenanteilfreies Hörgerät an, etwa weil er davon ausgehe oder vorgebe, im konkreten Fall sei eine eigenanteilsfreie Versorgung nicht ausreichend oder zweckmäßig oder erwiesen sich die angebotenen eigenanteilsfreien Geräte aus Sicht des Versicherten als nicht ausreichend, müsse dieser grundsätzlich – ggf. mit dem Akustiker – den Dialog mit der Krankenkasse suchen. Diese sei dann gehalten, den Versicherten bei der Suche nach einem geeigneten eigenanteilsfreien Gerät zu unterstützen, ggf. unter Zuhilfenahme des MDK, in den sie ihm konkrete Angebote ausreichende und zweckmäßige eigenanteilsfreie Geräte aufzeigen und ihn bei der Testung unterstütze oder aber sich bereit erkläre, die Mehrkosten einer höherwertigen Versorgung zu übernehmen. Verweigere die Krankenkasse -wie hier im Hinblick auf den Ablehnungsbescheid vom 21.03.2013- einen solchen Dialog und entziehe sie sich jeglicher Versorgungsverantwortung, könne sie sich im Erstattungsstreit nicht darauf berufen, es stünden bei diesem oder anderen Akustikern weitere eigenanteilsfreie Geräte zur Verfügung, die der Versicherte noch nicht getestet habe. Dies folge bereits aus dem sich aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch ableitenden Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Die Krankenkasse könne nicht einerseits die gesamte Verantwortung für die Versorgung auf den Leistungserbringer vertraglich auslagern und den Versicherten allein an diesen verweisen und sich anderseits darauf berufen, die Auskunft des Leistungserbringers, eine medizinische ausreichende und zweckmäßige Versorgung ohne Eigenanteils sei nicht möglich, sei unzutreffend (Bezugnahme auf SG Berlin, Urteil vom 07. März 2016 – S 81 KR 76/14 – juris-Rdnr. 37 bis 40).
Gegen dieses ihr am 06. Juli 2017 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 04. August 2017. Zu deren Begründung trägt sie vor, die Klägerin habe entgegen der Auffassung des SG bereits vor der Ablehnung bzw. bereits vor Stellung des Antrages eine Selbstbeschaffung vorgenommen. Eine Empfangsbestätigung wie hier die vom 22. November 2013 (erst) unterschrieben, wenn die endgültige Versorgung gefunden worden sei und nicht, wenn man ein Testgerät erhalten habe. Die Versorgung sei ärztlicherseits am 11. Dezember 2013 als geeignet bestätigt worden. Zum Arzt gehe man mit dem Gerät, für welches man sich entschieden habe und nicht mit jedem Testgerät. Dies habe auch die als Zeugin vernommene Hörgeräteakustikerin bestätigt. Bei einer Hilfsmittelversorgung findet das bindende Verpflichtungsgeschäft bereits mit der endgültigen, unter Eigentumsvorbehalt stehenden, Überlassung der Hörgeräte zum dauerhaften Gebrauch verbunden mit der Verpflichtungserklärung hinsichtlich der den Festbetrag übersteigenden Kosten statt (Bezugnahme auf LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. November 2015 – L 16 KR 656/14 – juris-Rdnr. 24). Die Versicherteninformation und die Mehrkostenerklärung vom 27. November 2013 enthielten die von der Klägerin mit Unterschrift akzeptierte Verpflichtungserklärung in Hinblick auf die den Festbetrag übersteigenden Kosten. Zudem habe das SG verkannt, dass die Klägerin vorfestgelegt auf die höherwertige Versorgung gewesen sei. Dass die Klägerin nach ihren eigenen Angaben mehrere Empfangsbestätigungen unterschrieben habe, weil sie verschiedene Geräte getestet habe, sei für die Beklagte nicht nachvollziehbar. Zum einen seien Prüfbögen mit Leihgeräten und Mietzeiträumen nicht eingereicht worden. Außerdem stehe in den Empfangsbestätigungen immer dieselbe Hilfsmittel-Nummer. Die Beklagte habe seinerzeit die Hörgeräteakustik F um eine Stellungnahme zu den verschiedenen Empfangsbestätigungen gebeten. Das Unternehmen habe geantwortet, die Klägerin habe Probleme mit der Versorgung gehabt. Deswegen sei der Sender gegen ein neues Modell ausgetauscht worden, um sicher zu stellen, dass kein Problem des Gerätes selbst vorliege. Auch habe die vernommene Zeugin bekundet, dass nach der Entscheidung für das Modell W dieses zur Sicherheit gegen ein Neues ausgetauscht worden sei. Schließlich bestünden keine medizinischen Gründe, die eine festbetragsüberschreitende Versorgung notwendig machten. Ein besserer Behinderungsausgleich habe von der Klägerin nicht nachgewiesen werden können. Die gewählte Versorgung sei als unwirtschaftlich anzusehen. Ausweislich der Messprotokolle seien die Geräte W und Cmit 95 % Hörvermögen bei Freifeldmessungen vollkommen gleichwertig. Die Aussagen der vernommenen Zeugin zu den Bedürfnissen der Klägerin zum Ausgleich des Hörverlustes überzeugten nicht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31.05.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen. Am 11.12.2013 sei ihre Versorgung noch nicht abgeschlossen gewesen. Es sei ihr immer nur darum gegangen, ihr Hörvermögen und ihre Mobilität zu weit wie möglich wieder herzustellen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter alleine entschieden werden, §§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Beide Beteiligten haben sich hiermit im Erörterungstermin am 16. April 2018 einverstanden erklärt.
Der Berufung bleibt der Erfolg versagt. Das SG hat zu Recht den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 22. April 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2014 abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von 2.883,42 EUR verurteilt. Auf die ausführliche Begründung im angegriffenen Urteil wird zur Vermeidung bloßer Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass hier keine sogenannte Vorfestlegung erfolgt ist.
Im Gegensatz zu dem Fall, welcher dem Urteil des 16. Senates im Hause vom 11.11.2015 (L 16 R 15/14) zugrunde liegt, kann von einer endgültigen Gebrauchsüberlassung des Hörgerätesystems durch das Hörgeräte-Unternehmen an die Klägerin nicht bereits im November 2013 ausgegangen werden. Die dortige Klägerin hatte in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, sich spätestens zu dem Zeitpunkt dieser endgültigen Gebrauchsüberlassung (unter Eigentumsvorbehalt), die Übernahme des Eigenanteils in Kauf zu nehmen. Von einer solchen (unbedingten) Verpflichtungserklärung ist hier nicht auszugehen.
Auch die Aussage der Zeugin, dass das ursprünglich getestete Exemplar des Modell W nochmals gegen ein neues Modell ausgetauscht worden, bestätigt die Annahme, dass im November und Dezember 2013 noch keine endgültige Gebrauchsüberlassung für das leihweise zur Verfügung gestellte konkrete System bestand. Für diese Annahme spricht auch ihre Bekundung, dass in den Empfangsbestätigungen der Probegeräte noch keine Seriennummer eingetragen gewesen seien. Dies sei erst üblich, wenn die Geräte verkauft würden. Sie hat ferner ausgesagt, in ihrem Unternehmen sei das Gerät erst seit dem 05. August 2014 als "verkauft" verbucht. Seitdem laufe (erst) die Garantie. Wie das SG ausführlich dargestellt hat, folgt aus den unterschriebenen Erklärungen in diesem Einzelfall nichts anderes.
Der Senat folgt dem SG auch in der Annahme, das gewählte System sei zum Behinderungsausgleich geboten und wirtschaftlich gewesen. Zudem ist es der Beklagten in diesem Einzelfall verwehrt, dies zu bestreiten, weil sie der Klägerin keine Alternative aufgezeigt hat.
Ergänzend ist nur noch darauf hinzuweisen, dass die subjektive Empfindung des relativ besten Hörens seine objektive Entsprechung auch im Eingangspegel des Gerätes W findet Damit kann auch Flüstersprache verstärkt und gehört werden.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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