L 7 AS 452/18

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 16 AS 142/17
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 452/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Bescheid, der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ablehnt, wird nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens gegen einen Versagungsbescheid nach § 66 Abs. 1 SGB I, der erledigt ist.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 25. April 2018 - S 16 AS 142/17 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Versagung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Der 1965 geborene, alleinlebende Kläger und Berufungskläger (in der Folge: Kläger) bezog zunächst vom Beklagten und Berufungsbeklagten (in der Folge: Beklagter) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Für die Zeit seit Februar 2013 ist der Leistungsanspruch des Klägers zwischen den Beteiligten in verschiedenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren streitig.

Auf den Leistungsantrag des Klägers aus dem Dezember 2016 versagte der Beklagte Leistungen mit Bescheid vom 12.1.2017 (Bl 1 789 der Beklagten-Akte). Dem hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers half der Beklagte ab (Bescheid vom 15.3.2017, Bl 1 807 der Beklagten-Akte). In der Folge lehnte der Beklagte die Bewilligung von Leistungen für die Zeit ab Dezember 2016 wegen nicht nachgewiesener Hilfebedürftigkeit ab (Bescheid vom 6.7.2017). Über den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers ist nach Aktenlage bislang nicht entschieden worden.

Bereits am 15.3.2017 erhob der Kläger beim Sozialgericht Landshut Klage. Obwohl er Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt habe, habe der Beklagte Leistungen versagt. Trotz mehrerer Widersprüche habe er von der Widerspruchsstelle noch nichts erhalten. Er bitte das Gericht, die Sperre und Versagung zurückzunehmen. Außerdem beantrage er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in allen Fällen seit 2004.

Das Sozialgericht wies die Klage - nach entsprechender Anhörung der Beteiligten - mit Gerichtsbescheid vom 25.4.2018 ab. Die Klage sei unzulässig, da der Beklagte dem Widerspruch des Klägers gegen den Versagungsbescheid vom 12.1.2017 abgeholfen und den Versagungsbescheid aufgehoben habe. Die Ablehnung der Bewilligung von Leistungen durch den Bescheid vom 6.7.2017 sei nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Das Begehren des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei an den Beklagten weitergeleitet worden.

Der Kläger erhob am 22.5.2018 gegen den ihm 26.4.2018 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 25.4.2018 sowie den Bescheid des Beklagten vom 12.1.2017 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vom Beklagten und dem Sozialgericht Landshut beigezogenen Akten sowie die Akte zum Berufungsverfahren verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet, da das Sozialgericht die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen hat. Die Klage gegen den Versagungsbescheid vom 12.1.2017 ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

1. Der Senat hat in Abwesenheit der Beteiligten verhandeln und entscheiden können, da diese in der Terminmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurden.

2. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist dann nicht gegeben, wenn kein Bedürfnis (mehr) für die Anrufung des Gerichts besteht. So ist es hier. Der vom Kläger mit der Klage angegriffene Bescheid vom 12.1.2017 hat sich nach § 39 Abs 2 SGB X erledigt, weil ihn der Beklagte mit Abhilfebescheid vom 15.3.2017 aufgehoben hat. Damit hat der Kläger das ausdrückliche Ziel seiner Klage, die Aufhebung des Versagungsbescheides vom 12.1.2017, erreicht. Einer weiteren Handlung des Gerichts bedurfte es damit nicht (mehr). Das Rechtsschutzbedürfnis der Klage gegen den Bescheid vom 12.1.2017 war entfallen und die Klage als unzulässig abzuweisen.

3. Das Sozialgericht ist in der Folge auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Ablehnungsbescheid vom 6.7.2017 nicht Gegenstand des Verfahrens geworden ist.

a) Der Bescheid vom 6.7.2017 ist nicht kraft Gesetzes nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden.

aa) Nach § 96 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Geändert oder ersetzt wird ein Bescheid immer, wenn er denselben Streitgegenstand wie der Ursprungsbescheid betrifft, bzw wenn in dessen Regelung eingegriffen und damit die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (vgl nur B. Schmidt in Meyer-Ladewig ua, SGG, 12. Aufl 2017, § 96 RdNr 4 ff mwN).

bb) Der Versagungsbescheid vom 12.1.2017 und der Ablehnungsbescheid vom 6.7.2017 betreffen nicht denselben Streitgegenstand (zur Abgrenzung Ablehnung - Versagung vgl BSG, Urteil vom 10. März 1993 - 14b/4 REg 1/91 - RdNr 14 f zitiert nach juris), so dass der Ablehnungsbescheid bereits aus diesem Grund nicht Gegenstand des Verfahrens gegen den Versagungsbescheid werden konnte. Denn während der Ablehnungsbescheid den materiell-rechtlichen Leistungsanspruch des Klägers regelt, trifft der Versagungsbescheid vom 12.1.2017 über die Voraussetzungen des Leistungsanspruchs selbst gerade keine Entscheidung, es kommt also nicht zu einer Prüfung der materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen. Vielmehr wird die Versagungsentscheidung nach dem Durchlaufen des in den §§ 60 ff. SGB I vorgesehenen Verfahrens allein darauf gestützt, dass die Voraussetzungen des § 66 SGB I wegen fehlender Mitwirkung vorliegen. Folglich bleibt das Stammrecht auf die Leistung erhalten (vgl Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, Stand: 15.3.2018, § 66 RdNr 58).

b) Auch anderweitige Anhaltspunkte für eine Klageänderung zB durch eine entsprechende Prozesserklärung des Klägers bestehen nicht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

5. Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved