L 7 P 39/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 18 P 124/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 P 39/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 P 7/04 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10. April 2003 wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Beiträgen zur privaten Pflegepflichtversicherung in Höhe von 1.404,46 EUR streitig.

Der 1930 geborene Beklagte hat mit der Klägerin für die Zeit ab 01.01.1995 einen privaten Pflegeversicherungsvertrag abgeschlossen. Die Klägerin forderte für 1997 einen monatlichen Beitrag von 102,52 DM, für 1998 von 105,07 DM, für 1999 von 108,38 DM und für 2000 von 109,66 DM, während der Beklagte für das Jahr 1997 nur Beiträge in Höhe von monatlich 16,84 DM und ab 01.01.1998 bis einschließlich Januar 2000 von monatlich 17,53 DM entrichtete.

Nach Erlass eines Mahnbescheides durch das Amtsgericht Euskirchen und hiergegen eingelegtem Widerspruch des Beklagten, der an das Sozialgericht München (SG) abgegeben worden ist, hat das SG den Beklagten mit Urteil vom 10.04.2003 verpflichtet, an die Klägerin 1.404,46 EUR nebst 4 % Zinsen seit 13.01.2000 zu zahlen. Laut PZU wurde das Urteil dem Beklagten am 21.07.2003 durch Einlegen in den Briefkasten seiner Wohnung zugestellt. Am 22.08.2003 ist die Berufung des Beklagten per Fax bei Gericht eingegangen. Das Schreiben, datiert vom 21.08.2003, trägt den Vermerk, dass das Urteil des SG am 21.07.2003 zugestellt worden sei. "Begründung wird wegen Krankheit am 25.08.2003 nachgereicht." Am 26.08.2003 ist die Begründung der Berufung eingegangen.

Vom Gericht auf die Verfristung der Berufung hingewiesen hat der Beklagte vorgetragen, ein schweres Herzleiden zu haben, weshalb er einige Tage zur Beruhigung über die Aufregung im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit benötigt habe. Seit 1996 wende er sich mit zahllosen Schreiben an die Klägerin und das Bundesministerium. Er sei der festen Meinung gewesen, den Abgabetermin für die Berufung eingehalten zu haben, habe sich aber bei einer Vorsprache im Gericht zu seiner größten Enttäuschung überzeugen lassen müssen, dass der Faxeingang nicht am 21., sondern erst am 22.08.2003 vermerkt worden sei. Er habe das Schreiben nur unter Einnahme starker Beruhigungsmittel und anderer Medikamente wegen der großen psychischen Belastung fertigen können, die sich in Benommenheit und leichter Verwirrtheit mit Schwindelgefühlen ausgewirkt hätten. Diesen Nebenwirkungen der Medikamente sei es wohl zuzuordnen, dass er sich im Datum geirrt habe. Als Beleg legt er einen Bericht des Klinikums der Universität M. vom 02.08.2001 über einen Aufenthalt von 25.07. bis 02.08. 2001 vor.

Er beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.04.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht zulässig, da sie nicht innerhalb der Monatsfrist des § 151 Abs.1 des Sozialgerichtsgesetz - SGG - eingelegt wurde. Das SG-Urteil ist gemäß § 63 Abs.2 SGG i.V.m. § 180 der Zivilprozessordnung - ZPO -, jeweils in der seit 01.07.2002 geltenden Fassung des Gesetzes vom 25.06.2001 (BGBl.I S.12 Nr.6), wirksam zugestellt worden. Es enthält die zutreffende Rechtsmittelbelehrung, dass das Urteil mit der Berufung angefochten werden kann, und diese innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayer. Landessozialgericht schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen ist. Die Monatsfrist endete am 21.08. 2003, einem Donnerstag. Die erst am 22.08.2003 eingegangene Berufung ist deshalb verfristet.

Gründe für eine Wiedereinsetzung gemäß § 67 Abs.1 SGG sind nicht glaubhaft gemacht. Der vom Beklagten vorgelegte Bericht des Klinikums der Universität M. vom 02.08.2001 ist nicht geeignet, darzutun, dass er sich am 21.08.2003 in einem Zustand befand, der es ihm nicht ermöglichte, die Berufung rechtzeitig einzulegen. Soweit er geltend macht, dass ihn diese Angelegenheit sehr aufrege und gesundheitlich belaste, kann dies für das Berufungsschreiben selbst nicht gelten, da dieses lediglich eine Begründung angekündigt hat und deshalb das Verfassen des Schreibens selbst mit keiner besonderen Belastung verbunden gewesen sein kann. Der Beklagte hat sich nach seinen eigenen Angaben im Datum geirrt; dieses Verschulden ist ihm anzulasten, weshalb nicht im Sinne des § 67 Abs.1 SGG angenommen werden kann, er sei ohne Verschulden verhindert gewesen, die gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten.

Der Beklagte hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass seine Willensbetätigung durch die Medikamenteneinnahme so nachhaltig beeinflusst wurde, dass er nicht in der Lage war, seine Angelegenheit selbst wahrzunehmen oder einen Dritten damit zu beauftragen (vgl. BSG, Beschluss vom 25.02.1992, 9a BVg 10/91). Hiergegen spricht, dass er in der Lage war, sein Anliegen geordnet vorzutragen. Im übrigen wäre, falls die Medikamente tatsächlich seine Handlungsfähigkeit so sehr beeinträchtigte haben, dass die Einhaltung von Fristen nicht sichergestellt ist, von ihm zu verlangen gewesen, dass er Dritte mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt.

Somit war die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.04.2003 gemäß § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.4 in der ab 02.01. 2002 geltenden Fassung des Gesetzes vom 17.08.2001 (BGBl.I S.214); bezüglich der Anwendung dieses neuen Rechtes ist auf den jeweiligen Rechtszug abzustellen und deshalb maßgebend, dass die Berufung nach In-Kraft-Treten der Neufassung eingelegt wurde (vgl. BSG SozR 3-1500 § 164 Nr.13).

Entgegen der Auffassung des SG, das dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt hat, zählen hierzu nicht die von der Klägerin zu entrichtenden Pauschgebühren (BSG, Urteil vom 12.02.2004, B 12 P 2/03 R), sodass insoweit keine Kostenerstattung findet. Allerdings zählen zu den Verfahrenskosten die Kos-ten des Mahnverfahrens.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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