L 6 RJ 404/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 33/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 404/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26. Mai 2000 abgeändert; die Beklagte wird verurteilt, bei der Rentenberechnung die vom Kläger in Rumänien vom 1. April 1956 bis 15. März 1977 zurückgelegten Versicherungszeiten in derselben Weise, wie im Feststellungsbescheid vom 21. Januar 1993 enthalten (ausgenommen die Minderung der Werte um 30 von Hundert), zu berücksichtigen.
II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
III. Die Beklagte trägt ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Rentenhöhe, konkret, nach welchem Rechtszustand in Rumänien zurückgelegte Versicherungszeiten bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen sind.

Der 1932 geborene Kläger ist aus seinem Herkunftsland Rumänien am 23.06.1977 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen. Ihm ist der Vertriebenenausweis A erteilt worden.

Zusammen mit seinem Antrag auf Anerkennung nicht nachgewiesener Zeiten vom 20.04.1978 mittels des Fragebogens "F" legte der Kläger eine Adeverinta/Bescheinigung der Textilfabrik U. in A. vom 22.06.1977 über seine Arbeitszeiten vor. In der Adeverinta Nr. 3/1743/1979 vom 02.10.1979 bescheinigte das Ministerium für Verkehrs- und Fernmeldewesen weitere Arbeitszeiten.

Mit Bescheid vom 15.07.1980 ordnete die Beklagte die rumänischen Versicherungszeiten des Klägers auf dieser Grundlage sowie auf der Grundlage seiner Angaben wie folgt nach den Vorschriften des FRG zu:

Rentenversicherung der Arbeiter

Zuordnung nach § 15 FRG, gekürzt auf 5/6 nach § 19 Abs. 2 FRG Pflichtbeiträge

01.03.48 - 30.09.49 Leistungsgruppe 3 Gewerbe 19.10.49 - 30.09.51 Leistungsgruppe 2 Gewerbe 01.10.51 - 31.01.52 Leistungsgruppe 0 Gewerbe 01.02.52 - 28.03.53 Leistungsgruppe 2 Gewerbe

Zuordnung nach § 15 FRG, ungekürzt Pflichtbeiträge

01.04.56 - 15.03.77 Leistungsgruppe 1 Gewerbe

Mit Bescheid vom 18.12.1986 ergänzte die Beklagte den Bescheid vom 15.07.1980 um die Zeit des Arbeitsdienstes beim rumänischen Militär, wobei sie von einer Beschäftigung als Kraftfahrerausging. Damit ergab sich nunmehr für die rumänischen Beschäftigungszeiten folgende Zuordnung:

Rentenversicherung der Arbeiter

Zuordnung nach § 15 FRG, gekürzt auf 5/6 nach § 19 Abs. 2 FRG Pflichtbeiträge

01.03.48 - 30.09.49 Leistungsgruppe 3 Gewerbe 19.10.49 - 30.09.51 Leistungsgruppe 2 Gewerbe 01.10.51 - 31.01.52 Leistungsgruppe 0 Gewerbe 01.02.52 - 28.03.53 Leistungsgruppe 2 Gewerbe 01.04.53 - 28.03.56 Leistungsgruppe 2 Gewerbe

Zuordnung nach § 15 FRG, ungekürzt Pflichtbeiträge

01.04.56 - 15.03.77 Leistungsgruppe 1 Gewerbe

Mit Bescheid vom 01.02.1988 stellte die Beklagte den Versicherungsverlauf des Klägers gemäß § 1325 Abs. 3 RVO fest, soweit die entsprechenden Daten nicht bereits früher festgestellt worden seien. Der Bescheid enthält hinsichtlich der rumänischen Zeiten des Klägers keine Änderungen.

Am 29.06.1992 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer Rentenauskunft mit Berücksichtigung der FRG-Zeiten nach neuem Recht.

Im Bescheid vom 21.01.1993 führte die Beklagte zunächst aus, es seien vom Versicherten Zeiten zurückgelegt worden, die bisher nach dem FRG berücksichtigt worden seien. Es sei geprüft worden, welche Zeiten nach den Neuregelungen anzurechnene seien; sie seien in diesem Bescheid dargestellt. Die bisherigen Feststellungen würden hiermit aufgehoben, soweit sie den folgenden Feststellungen entgegenstünden. Diese jetzt gültigen Feststellungen waren folgende:

Beitragszeiten in der Rentenversicherung der Arbeiter außerhalb der Land- und Forstwirtschaft, Leistungsgruppe 3, Anrechnung zu 5/6

01.03.48 - 30.11.48 Pflichtbeiträge 01.03.49 - 30.09.49 Pflichtbeiträge

außerhalb der Land- und Forstwirtschaft, Leistungsgruppe 2, Anrechnung zu 5/6

19.10.49 - 30.09.51 Pflichtbeiträge

glaubhafte Zeiten der Berufsausbildung, Anrechnung zu 5/6

01.10.51 - 31.01.52 Pflichtbeiträge

außerhalb der Land- und Forstwirtschaft, Leistungsgruppe 2, Anrechnung zu 5/6

01.02.52 - 28.03.53 Pflichtbeiträge 01.04.53 - 28.03.56 Pflichtbeiträge

außerhalb der Land- und Forstwirtschaft, Leistungsgruppe 1, Anrechnung zu 5/6

01.04.56 - 15.03.77 Pflichtbeiträge

Weiterhin führte die Beklagte aus, da der Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland erst "nach dem 31.12.1990" erfolgt sei, könnten die Werte für die nach dem FRG anerkannten Zeiten nur um 30 v.H. vermindert berücksichtigt werden.

Am 21.09.1995 beantragte der Kläger bei der Beklagten Altersrente für langjährig Versicherte wegen Vollendung des 63. Lebensjahrs.

Mit 12.10.1995 und 08.11.1995 teilte der Kläger über seine Ausbildung zum Kraftfahrer mit, er könne nur noch die rumänische Fahrerlaubnis für alle Klassen vorlegen, ausgestellt im Februar 1952. Er habe 1970 eine zusätzliche Prüfung abgelegt, so dass er eine Lohnerhöhung als Berufskraftfahrer erhalten habe. Der Lehrgang von 1951/52 habe nach und unabhängig von seiner Arbeit in einem Abendkurs stattgefunden, und zwar dreimal wöchentlich vier Stunden, davon fünf Fahrstunden; die Unterrichtung in der Autoreparatur habe insgesamt 70 Stunden umfasst. Von seinem Arbeitgeber sei er nur insoweit unterstützt worden, als er von der Schichtarbeit freigestellt worden sei.

In der vom Kläger vorgelegten und von dem Unternehmen U. ausgestellten Adeverinta Nr. 8616 vom 04.11.1992, die bezüglich der Arbeitszeiten und der Militärdienstzeit mit derjenigen vom 22.06.1977 im wesentlichen identisch ist, heißt es u.a., der Arbeitnehmer habe während der gesamten Zeitspanne keinen unbezahlten Urlaub, keine unentschuldigten Fehltage, keinen länger andauernden Krankenurlaub und keine Arbeitsunfähigkeiten gehabt. Die Daten seien den Zahlungslisten entnommen worden, die sich mit unbefristeter Aufbewahrungszeit im Archiv befänden.

Aufgrund des Bescheides vom 11.12.1995 zahlte die Beklagte dem Kläger ab 01.01.1996 Altersrente für langjährig Versicherte in Höhe von netto 1.469,06 DM. Der Bescheid enthielt folgende Hinweise:

Bei der Berechnung der Rente wurden die Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Fassung bis 31.12. 1995 angewandt. Durch die zum 01.01.1996 vorgesehenen Gesetzesänderungen ... können sich Änderungen in der Rentenhöhe ergeben. Die Rente wird unter Beachtung des geänderten SGB VI neu berechnet ... Ergibt sich dadurch eine niedrigere Rente, werden wir die überzahlten Beträge zurückfordern.

Der Versicherungsverlauf enthält Zeiten, die nur glaubhaft gemacht wurden bzw. die unter Anwendung des Fremdrentengesetzes (FRG) zu berücksichtigen sind. Die diesbezüglichen Vorschriften sind erheblich geändert worden, insbesondere ist die Bewertung der Zeiten neu geregelt worden. Wir haben geprüft, wie diese Zeiten nach den jetzt maßgebenden Vorschriften angerechnet werden können. Der Rentenberechnung wurden diese Zeiten entsprechend der neuen Rechtslage zugrunde gelegt. Die früher ergangenen Bescheide Über die Feststellung dieser Zeiten werden aufgehoben, soweit sie nicht dem geltenden Recht entsprechen.

Wir stellen Ihnen anheim, eine Gleichwertigkeitsbescheinigung als Berufskraftfahrer zu beantragen. Wir werden dann die Einstufung der Qualifikationsgruppen überprüfen.

Die in Rumänien zurückgelegten Zeiten wurden im Bescheid wie folgt zugeordnet:

Beitragszeiten in der Rentenversicherung der Arbeiter außerhalb der Land- und Forstwirtschaft, Leistungsgruppe 3

01.03.48 - 30.11.48 Pflichtbeiträge 01.03.49 - 30.09.49 Pflichtbeiträge

Anrechnung zu 5/6

19.10.49 - 31.12.49 Pflichtbeiträge

Qualifikationsgruppe 5, Bereich 09 der Anlage 15 zum SGB VI, Anrechnung zu 5/6

01.01.50 - 28.03.53 Pflichtbeiträge

Ableistung des Grundwehrdienstes

01.04.53 - 28.03.56 Pflichtbeiträge

Qualifikationsgruppe 5, Bereich 09 der Anlage 15 zum SGB VI, Anrechnung zu 5/6

01.04.56 - 15.03.77 Pflichtbeiträge

Gegen den Rentenbescheid vom 11.12.1995 erhob der Kläger am 11.11.1996 Widerspruch, den er mit Schreiben vom 12.07.1996 begründete. Er begehre die Zuordnung der Zeit vom 01.04. 1956 bis 15.3.1977 in Qualifikationsgruppe 4 Anlage 13 zum SGB VI und die Anrechnung der Zeit vom 19.10.1949 bis 15.03.1977 zu 6/6. Sein Anspruch, als Facharbeiter beurteilt zu werden, ergebe sich aus seiner zurückgelegten Ausbildung, weiter aus der Tatsache, dass er in Rumänien als Facharbeiter angesehen worden sei, dass er jedenfalls die in der Definition der Qualifikationsgruppe 4 vorausgesetzte langjährige Berufserfahrung habe und dass bei ihm bereits mit Bescheid vom 15.07. 1980 durch die Zuordnung der Leistungsgruppe 1 Facharbeitereigenschaft anerkannt worden sei. An letztere Feststellung sei die Widerspruchsgegnerin gebunden; sie könne sie allenfalls über § 45 SGB X aufheben, was aber von ihr nicht geprüft worden sei. Eine Gleichwertigkeitsbescheinigung werde von der Handwerkskammer bei Ausbildungsverhältnissen, die weniger als zwei Jahre gedauert hätten, erfahrungsgemäß nicht ausgestellt. Der Anspruch auf Anrechnung der Zeit vom 19.10.1949 bis 15.03.1977 zu 6/6 ergebe sich insbesondere aus dem Inhalt der Adeverinta vom 04.11.1992, in der Unterbrechungstatbestände verneint würden. Mit Schreiben vom 30.07.1996 ergänzte der Kläger seine Ausführungen dahingehend, dass für ihn, der älter sei als Geburtsjahrgang 1937 und am 18.05.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt auf dem damaligen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gehabt habe, § 259a SGB VI anzuwenden sei, also die Entgeltpunkte aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum FRG zu ermitteln seien; demgemäß seien die bereits mit Bescheid vom 15.07.1980 getroffenen Feststellungen der Rentenberechnung zugrundezulegen. Der in der Widerspruchsbegründung bezüglich der Einstufung in Qualifikationsgruppen gestellte Antrag sei somit überholt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.1996 gab die Beklagte dem Widerspruch insoweit statt, als sie die Berufstätigkeit des Klägers als Kraftfahrer vom 01.10.1959 bis 15.03.1977 der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI zuordnete; im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, da der Versicherte bezüglich seines ab 19.10.1949 ausgeübten Berufs als Kraftfahrer keine Gleichwertigkeitsbescheinigung vorgelegt habe, könne entsprechend den Verhältnissen in der ehemaligen DDR Facharbeiterqualifikation erst aufgrund langjähriger Berufserfahrung, d.h. nach zehnjähriger Ausübung der Facharbeitertätigkeit, zuerkannt werden. Ab 01.01.1992 würden die für - wie vorliegend - nur glaubhafte Beitragszeiten zugeordnete Werte nach § 22 Abs. 4 gekürzt. Für die Beitragszeiten vom 01.03.1948 bis 30.11.1948 sowie vom 01.03.1949 bis 30.09.1949 sei durch die Adeverinta vom 02.10. 1979 der Nachweis erbracht worden. Für die Zeit ab 19.10.1949 liege jedoch nur die Adeverinta vom 22.06.1979 vor, die keine beweiskräftigen Aussagen über etwaige Unterbrechungen enthalte; weiter Nachweise aus Rumänien gebe es nicht. Damit sei für die nicht nachgewiesene Zeit ab 19.10.1949 die Kürzung durchzuführen.

Am 13.01.1997 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut (SG); die Begründung erfolge nach Ausführung des Widerspruchsbescheides vom 17.12.1996, was von der Beklagten mit Bescheid vom 12.02.1997 erledigt wurde; der Bescheid werde gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens.

Der Kläger begehrte zuletzt, die mit Bescheid vom 15.07.1980 zuerkannten Leistungsgruppen bei der Rentenberechnung zugrundezulegen und die Zeit vom 01.04.1956 bis 15.03.1977 bei der Rentenberechnung in vollem Umfang zu berücksichtigen. Zur Begründung trug er vor (vgl. Schreiben vom 18.06.1998, 22.01.1999, 09.08.1999, 27.12.1999 und 09.03.2000), zunächst seien schon im Hinblick auf sein Geburtsdatum vor 1937 und seines Aufenthalts in den alten Bundesländern am 18.05.1990 Entgeltpunkte aufgrund der Anlagen 1 bis 16 FRG zu ermitteln (§ 259a SGB VI). Außerdem seien von der Beklagten unter dem 15.07.1980, 18.12.1986 und 01.02.1988 bindende Bescheide erlassen worden, dass die Zeit vom 01.04.1956 bis 15.03.1977 in vollem Umfang anzurechnen sei. Diese Bescheide seien nicht wirksam aufgehoben worden und damit jetzt nicht mehr rücknehmbar. Der Bescheid vom "11.12.1995" (sc. Bescheid vom 21.01.1993) habe diese Feststellungen nicht wirksam geändert, weil er nicht hinreichend genau die vorgenommenen Änderungen bezeichnet habe, sondern sich diesbezüglich mit einer allgemeinen Formulierung begnüge. Jedenfalls hätte die Beklagte spätestens im Rentenbescheid vom 11.12.1995 die aufzuhebenden Bescheide genau bezeichnen und im einzelnen darlegen müssen, welche Zeiten von den Rechtsänderungen tangiert seien. Durch einen nach Erteilung des Rentenbescheids nachträglich erlassenen Aufhebungsbescheid könnten die früheren Feststellungen nicht mehr außer Kraft gesetzt werden; dieser würde auch nicht Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens. Im Übrigen werde durch die Adeverinta Nr. 8616 vom 04.12.1992 der Nachweis erbracht, dass Unterbrechungen nicht vorgelegen hätten, so dass auch aus diesem Gesichtspunkt eine volle Anrechnung erfolgen müsse.

Die Beklagte erließ unter dem 13.12.1999 einen Bescheid über die Aufhebung der Feststellungsbescheide vom 15.07.1980, 18.12. 1986 und 01.02.1988 gemäß § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI mit Wirkung für die Vergangenheit. Zur Begründung wies die Beklagte darauf hin, dass die in den fraglichen Bescheiden getroffenen Regelungen nicht mehr der Rechtslage entsprächen; sie seien daher insoweit aufzuheben gewesen. Der Bescheid werde Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens. In mehreren Schreiben (vom 18.12.1998, 15.07.1999, 27.12.1999, 26.01.2000 und 18.02.2000) führte die Beklagte aus, bei einem Rentenbeginn 01.01.1996 finde das neue Fremdrentenrecht uneingeschränkt Anwendung; die pauschalen Bestätigungen des früheren Arbeitgebers bildeten keinen Nachweis für das Fehlen von Unterbrechungstatbeständen. Die Aufhebung der früheren Feststellungsbescheide sei nach der Rechtsprechung des BSG auch nach Erlaß des Rentenbescheides noch möglich.

Mit Urteil vom 26.05.2000 änderte das SG den (Altersrenten-)Bescheid vom 11.12.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.1996 sowie den (Altersrenten-Neufeststellungs-)Bescheid vom 12.02.1997 ab und hob den (die alten Feststellungsbescheide teilweise ändernden) Bescheid vom 13.12.1999 auf; es verpflichtete die Beklagte, die für die Zeit vom 01.04.1956 bis 15.03.1977 durch den Bescheid vom 15.07.1980 zuerkannten Leistungsgruppen bei der Rentenberechnung zugrundezulegen und gleichzeitig diesen Zeitraum ungekürzt zu berücksichtigen. Das SG stützte sich im wesentlichen darauf, dass die Aufhebung der früheren Feststellungsbescheide spätestens unmittelbar im Rentenbescheid hätte erfolgen müssen.

Am 17.07.2000 ging die Berufung der Beklagten gegen dieses ihr am 19.06.2000 zugestellte Urteil beim Bayer. Landessozialgericht ein. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die maßgeblichen Urteile des BSG zeigten, dass höchstrichterlich von einer Aufhebbarkeit früherer Feststellungsbescheide auch noch nach Erlass des Rentenbescheides ausgegangen werde. Eine solche wirksame Aufhebung sei durch den Bescheid vom 13.12.1999 erfolgt.

Die Beklagte führte das Urteil vom 26.05.2000 mit Bescheid vom 04.04.2001 ab 26.05.2000 aus.

Mit Schreiben vom 19.04.2001 legte der Kläger gegen das Urteil des SG Landshut vom 26.05.2000 am 23.04.2001 (unselbständige) Anschlußberufung ein mit dem Antrag, die mit Bescheid vom 15.07.1980 zuerkannten Leistungsgruppen für die Zeit vom 01.03. 1948 bis 28.03.1953 einschließlich der festgestellten Entgeltbeträge bei der Rentenberechnung zugrundezulegen.

In einem weiteren Bescheid vom 20.06.2001 führte die Beklagte eine Neufeststellung der Altersrente ab 26.05.2000 mit Anrechnung der Zeit vom 01.01.1977 bis 15.03.1977 unter Berücksichtigung des Urteils vom 26.05.2000 durch; gleichzeitig rechnete sie für die Zeit vom 16.03.1977 bis 31.05.1977 eine Zeit der Arbeitslosigkeit an, was bisher noch nicht geschehen war.

Mit Bescheid vom 06.08.2001 entsprach die Beklagte sodann dem Begehren des Widerspruchs vom 17.07.2001 gegen den Bescheid vom 20.06.2001, die Zeit vom 16.03.1977 bis 31.05.1977 bereits ab Rentenbeginn (01.01.1996), nicht erst im Rahmen der Urteilsrente (ab 26.05.2000) zu berücksichtigen. Hierbei berechnete die Beklagte die Rente ab 01.01.1996 entsprechend dem Urteil vom 26.05.2000, so dass sich eine Nachzahlung von 25.582,37 DM ergab.

Der Kläger brachte nun vor, er gehe davon aus, dass die Beklagte dem Inhalt des Urteils vom 26.05.2000 folge; er bitte daher um ein entsprechendes Kostenanerkenntnis bzw. um eine Kostenentscheidung. Gleichzeitig räumte er ein, die Beklagte habe - im Widerspruch zu dem Inhalt des fraglichen Bescheids - auf ihren Vergleichsvorschlag Bezug genommen.

Ein Anerkenntnis wurde von der Beklagten bestritten (Schreiben vom 31.10.2002 und 08.01.2003).

In der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2004 nahm der Kläger die Anschlußberufung zurück.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26.05.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Landhut vom 26.05.2000 ist zulässig. Sie ist auch teilweise begründet, und zwar insoweit, als sie nicht verpflichtet ist, die Altersrente des Klägers nach dem Inhalt der Bescheide vom 15.07.1980, 18.12.1986 und 01.02.1988 zu berechnen, wozu sei das SG verurteilt hat, sondern nur den Inhalt des Bescheides vom 21.01.1993 zugrundezulegen hat; im Übrigen - Berechnung der Renten nach dem ab 01.01.1996 geltenden Recht - erweist sich die Berufung der Beklagten als unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 11.12.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.1996, mit dem die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Altersrente für langjährig Versicherte ab 01.01.1996 anerkannt hat, ist insoweit rechtswidrig, als er der Rentenberechnung nicht die mit Bescheid vom 21.01.1993 auf der Grundlage der damals geltenden Fassung des FRG für den Zeitraum 01.03.1948 bis 15.3.1977 festgestellten Daten zugrundelegt, sondern diesen Zeitraum nach dem ab 01.01.1996 geltenden Recht bewertet.

Nicht Gegenstand des Klage- bzw. Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 12.02.1997, mit dem der Widerspruchsbescheid vom 17.12.1996 ausgeführt worden ist, der Bescheid vom 04.04.2001, mit dem das Urteil vom 26.05.2000 ausgeführt worden ist, der Bescheid vom 20.06.2001, mit dem die Ausführung des Urteils berichtigt worden ist und in dem eine nicht streitgegenständliche Zeit, die in keinem Zusammenhang mit dem Streitstoff steht (vgl. Meyer-Ladewig, § 96 SGG, Rdnr. 5 und 5a) erstmals angerechnet worden ist, sowie der Bescheid vom 06.08.2001, der nicht wegen streitgegenständlicher Zeiten und deren Bewertung ergangen ist. Letzterer wollte ganz offensichtlich kein Anerkenntnis des klägerischen Begehrens aussprechen. Dass die Rentenberechnung auf einem Versehen beruhte und von der Beklagten keine Regelung bezüglich der streitgegenständlichen Zeiten beabsichtigt war, ist für den Kläger offensichtlich gewesen, da ihm die Kenntnisse seiner Vertreterin zuzurechnen sind. Die Vertreterin als versierte Rentenberaterin wußte im Zeitpunkt des Zugangs des Bescheids, dass dieser unrichtig war und keine Regelung über den Streitgegenstand enthalten konnte, weil im anhängigen Berufungsverfahren nur ausdrücklich entgegenstehende Äußerungen der Beklagten vorlagen. Der Bescheid vom 13.12.1999, dessen Tenor lautete, die Feststellungsbescheide vom 15.07. 1980, 18.12.1986 und 01.02.1988 würden gemäß § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben, ist im Hinblick auf den Bescheid vom 21.01.1993 gegenstandslos, da er sich auf bereits wirksam aufgehobene Bescheide bezieht.

Der Anspruch des Klägers auf Anwendung des vor dem 01.01.1996 geltenden Rechts (vgl. § 4 Abs. 3 FANG) ergibt sich nicht bereits daraus, dass die Rente an dem Monatsersten beginnt, von dem an auch das neue Recht gilt; die Rechtsprechung des BSG zu den Fällen, in denen die Rente am 01.01.1992 begonnen hat und deshalb - wegen des Wortlauts des § 1290 Abs. 1 Satz 1 RVO bzw. des § 67 Abs. 1 Satz 1 AVG - noch des Recht der RVO bzw. des AVG anzuwenden gewesen ist, betrifft nicht den Fall, dass sich der Rentenbeginn nach § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI richtet (vgl. hierzu BSG-Urteil vom 24.02.1999 - B 5 RJ 28/98 R = SozR 3-2600 § 300 Nr. 14 - S. 65 -).

Der Anspruch des Klägers auf Berücksichtigung seiner in Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten nach Maßgabe des Feststellungsbescheids vom 21.01.1993 ergibt sich vielmehr daraus, dass dieser von der Beklagten im Altersrentenbescheid vom 11.12.1995 nicht wirksam aufgehoben worden ist. Hingegen kann der Kläger nicht verlangen, dass für ihn weiter der Inhalt der Feststellungsbescheide vom 15.07.1980, 18.12.1986 und 01.02. 1988 maßgeblich ist, weil diese Bescheide durch den Feststellungsbescheid vom 21.01.1993 wirksam in vollem Umfang ersetzt worden sind.

Die Beklagte hat den Bescheid vom 21.01.1993 im Altersrentenbescheid vom 11.12.1995 nicht wirksam aufgehoben (vgl. zum folgenden BSG-Urteil vom 30.08.2001 - B 4 RA 114/00 R = SozR 3-2600 § 149 Nr. 6 - S. 14 - mit weiteren Nachweisen), wozu sie grundsätzlich gemäß Art. 38 RÜG befugt gewesen wäre. Zwar führt die Beklagte im Alterserentenbescheid vom 11.12.1995 aus, die früher ergangenen Bescheide über die Feststellung der Zeiten nach dem FRG würden aufgehoben, soweit sie nicht dem geltenden Recht entsprächen; die Beklagte hat mit dieser pauschalen Formulierung jedoch bereits das Gebot verletzt, dass der Inhalt des Verwaltungsaktes (hier: die Aufhebung früherer Verwaltungsakte) hinreichend bestimmt werden muss (§ 33 Abs. 1 SGB X). Aus dem Verfügungssatz muss für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde regelt (zum Begriff der Regelung: § 31 SGB I). Im Altersrentenbescheid vom 11.12.1995 ist jedoch nicht konkret bestimmt, welche früheren Verwaltungsakte (§ 31 SGB X) ab wann und in welchem Umfang aufgehoben werden sollen. Damit bleibt der fragliche Bescheidszusatz ohne Wirkung; es bleibt beim Inhalt des Feststellungsbescheids vom 21.01.1993, der der Rentenberechnung zugrunde zu legen ist.

Anders verhält es sich jedoch mit den Feststellungsbescheiden vom 15.07.1980, 18.12.1986 und 01.02.1988; auf ihren Inhalt kann sich der Kläger nicht mehr berufen, weil sie durch den Feststellungsbescheid vom 21.01.1993 ersetzt worden sind. Zwar enthält letzterer ebenfalls - wie der Altersrentenbescheid vom 11.12.1995 - nur eine (grundsätzlich unwirksame) pauschale Formulierung über die Aufhebung der früheren Bescheide; anders als der Altersrentenbescheid vom 11.12.1995 ist der Feststellungsbescheid vom 21.01.1993 aber in Bestandskraft erwachsen. Sein Inhalt ist völlig eindeutig: er macht klar, dass er an die Stelle aller früheren Feststellungsbescheide tritt, dass von nun an sein Inhalt allein maßgeblich ist. Daß der Feststellungsbescheid vom 21.01.1993 nach den Maßstäben des BSG grundsätzlich anfechtbar gewesen wäre, ist nach Eintritt der Bestandskraft unerheblich.

Demgemäß waren auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26.05.2000 und der Bescheid der Beklagten vom 11.12.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.1996 abzuändern; die Beklagte war zu verurteilen, bei der Rentenberechnung die vom Kläger in Rumänien vom 01.04. 1956 bis 15.03.1977 zurückgelegten Versicherungszeiten in derselben Weise, wie im Feststellungsbescheid vom 21.01.1993 enthalten (ausgenommen die Minderung der Werte um 30 v.H.), zu berücksichtigen. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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