L 4 AL 67/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 70 AL 5274/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AL 67/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung zweier Sperrzeiten sowie die Rückforderung der im ersten streitigen Zeitraum noch ausgezahlten Arbeitslosenhilfe - Alhi -.

Die 1953 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und u.a. als Raumpflegerin, Packerin und in verschiedenen ABM gearbeitet. Seit November 1992 bestreitet sie ihren Lebensunterhalt überwiegend durch Lohnersatzleistungen. Erwerbstätig war sie zuletzt vom 14. Mai bis 31. Oktober 1997 als Fahrgastbetreuerin sowie vom 8. Februar bis 17. Dezember 1998 als Bürohilfe, jeweils im Rahmen von ABM. Seit Ausschöpfung eines Anspruches auf Arbeitslosengeld bezieht sie seit 1. März 1999 mit kurzen Unterbrechungen Anschluss-Alhi, die ihr die Beklagte für den Bewilligungsabschnitt vom 1. März 2002 bis zum 28. Februar 2003 mit Bescheid vom 12. März 2002 nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 335,- EUR in Höhe von wöchentlich 123,06 EUR, täglich 17,58 EUR (Leistungsgruppe A/0) bewilligte.

Gemäß arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 22. Februar 1996 kann die Klägerin vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeit in allen Haltungsarten in Tages- und Wechselschicht ohne hohen Zeitdruck und erhebliche Belastungen der Handgelenke verrichten. Mit Schreiben vom 25. Juli 2002, dem eine Rechtsfolgenbelehrung beigefügt war, bot die Beklagte der Klägerin eine Arbeit als Helferin in Vollzeit bei der Firma N A gemeinnützige Beschäftigungsgesellschaft mbH an. Unter dem Stichwort "Anforderungen" an die "Mitarbeiter ABM Rat und Tat" waren Un- und Angelernte aus verschiedenen gewerblichen Bereichen aufgeführt, u.a. "Bürohilfskräfte". Die Stelle war laut Angebot ab 12. August 2002 zu besetzen, bis zum 11. August 2003 befristet und sollte nach "Haustarif" vergütet werden. Ein Arbeitsverhältnis kam nicht zustande. Der Arbeitgeber gab hierzu gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 2. August 2002 an, die Klägerin habe sich am 31. Juli 2002 ohne Termin und Bewerbungsunterlagen "gezeigt" und vorgeschlagen, sie abzulehnen. Das angebotene Vorstellungsgespräch am 1. August um 14.00 Uhr habe sie aus Zeitgründen abgelehnt, aber zugesagt, am 2. August um 7.00 Uhr ein Gespräch zu führen, zu dem sie jedoch nicht erschienen sei. Die Klägerin machte demgegenüber mit Schreiben vom 31. Juli und 1. August 2002 geltend, das Arbeitsangebot sei aus formalen Gründen nichtig, denn Arbeitszeit und Tariflohn seien nicht angegeben, auch das für ihre Antwort vorgesehene Formschreiben weise Fehler auf (keine Postleitzahl bei ihrer Anschrift, falsche Kundennummer). Die angebotene Arbeit lehne sie ab. Bei ihrer Vorstellung am 31. Juli habe sich der Arbeitgeber geweigert, ihr die Art der Tätigkeit zu nennen. Von ihr als Frau könne nicht verlangt werden, morgens um 7.00 Uhr zu einem unbekannten Arbeitgeber nur für ein Vorstellungsgespräch zu gehen.

Mit Schreiben vom 25. September 2002, wiederum mit einer Rechtsfolgenbelehrung, bot die Beklagte der Klägerin sodann eine Stelle in Vollzeit als Altenbetreuerin (konkret: "allgemeine Betreuungstätigkeit und hauswirtschaftliche Arbeiten, Übernahme von Begleit- und Einkaufsdiensten") im Rahmen einer ABM bei der B GmbH an. Die Stelle war laut Angebot ab 1. Oktober 2002 besetzbar, befristet bis zum "31.03.20" und sollte mit 1.359,63 EUR vergütet werden. Die Klägerin, die mit dem Arbeitgeber keinen Kontakt aufgenommen hatte, erklärte hierzu mit Schreiben vom 1. Oktober 2002, dass die angegebene Beschäftigungsdauer - "ausgeschrieben 2020" - fehlerhaft sei, die genannte Straße zweimal mit gleicher Postleitzahl im Stadtplan geführt werde und sie den Ort nicht gefunden habe; im Übrigen sei sie mit den Aufgaben einer Altenbetreuerin nicht vertraut und lehne eine solche Arbeit aus Verantwortungsbewusstsein ab. Außerdem seien bekanntlich ihre Handgelenke nicht voll belastbar, sie habe schon zweimal Monate lang an einer Sehnenscheidenentzündung gelitten. Ferner erklärte die Klägerin, dass eine weitere, ihr vorgeschlagene Stelle bei der Firma T GmbH bei ihrem dortigen Anruf am 1. Oktober 2002 bereits vergeben gewesen sei.

Nachdem am 15. Oktober 2002 diese Vorkommnisse und weitere Probleme in einem Gespräch zwischen der Klägerin, ihrem Arbeitsvermittler und einem Vorgesetzten erörtert worden waren, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 1. November 2002 den Eintritt einer Sperrzeit vom 3. August bis zum 25. Oktober 2002 (zwölf Wochen) fest, weil die Klägerin trotz Belehrung über die Rechtsfolgen ohne wichtigen Grund das Zustandekommen eines ihr zumutbaren Arbeitsverhältnisses vereitelt habe (§ 144 Sozialgesetzbuch - SGB - III). In dieser Zeit ruhe ihr Anspruch auf Alhi. Die Leistungsbewilligung werde gemäß § 48 SGB X i.V.m. § 330 SGB III mit Wirkung ab 3. August 2002 aufgehoben. Die noch bis zum 30. September 2002 erbrachten Leistungen in Höhe von 1.037,22 EUR habe sie zu erstatten. Ferner erging unter dem 1. November 2002 ein weiterer Sperrzeitbescheid über die zwölf Wochen vom 1. Oktober bis 23. Dezember 2002 mit der Begründung, die Klägerin habe das Zustandekommen eines ihr zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses als Altenbetreuerin bei der Firma B GmbH ohne wichtigen Grund vereitelt, weil sie sich dort zu spät, nämlich erst am 1. Oktober 2002, gemeldet habe. Mit einem dritten Bescheid vom 1. November 2002 hob die Beklagte die Gewährung von Alhi vom 10. Oktober bis 23. Oktober 2002 in der Annahme eines Meldeversäumnisses der Klägerin auf.

Gegen sämtliche Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 3. und 7. November 2002 Widerspruch ein und erhob außerdem bereits am 14. November 2002 Klage beim Sozialgericht.

Mit Änderungsbescheid vom 4. Dezember 2002 stellte die Beklagte wegen des Nichtantritts der Arbeit bei dem Maßnahmeträger B GmbH den Eintritt einer Sperrzeit nunmehr vom 26. Oktober 2002 bis 17. Januar 2003 fest und bestätigte im Übrigen die getroffenen Entscheidungen mit Widerspruchsbescheiden vom 28. November 2002 (erste Sperrzeit), 5. Dezember 2002 (zweite Sperrzeit) und 2. Dezember 2002 (Säumniszeit). Auf die jeweilige Begründung wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die beiden Sperrzeiten für die Dauer von jeweils zwölf Wochen seien rechtswidrig bzw. nichtig, da die Beklagte sie u.a. vorher nicht schriftlich angehört habe. Die Entscheidungen hätten auch nicht so spät rückwirkend ergehen dürfen. Des Weiteren stellten sie einen Verstoß gegen Artikel 12 des Grundgesetzes dar, da sie ihr Recht auf freie Berufswahl tangierten. Zwangsarbeit sei unzulässig. Die Tätigkeit bei der Firma N A sei unzumutbar gewesen, weil das ihr auf Nachfrage mitgeteilte Arbeitsentgelt von brutto 1.200,- EUR weit unter Tarif gelegen habe. Für die zweite angebotene Tätigkeit als Altenbetreuerin fehle ihr jegliche Erfahrung, außerdem seien bekanntlich ihre Handgelenke nicht voll belastbar. Darüber hinaus seien Formfehler in den Stellenangeboten festzustellen. Ein Meldeversäumnis sei ihr nicht zur Last zu legen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit dem weiteren, die gleichen Streitgegenstände betreffenden Verfahren - S 55 AL 1018/03 - verbunden. Mit Gerichtsbescheid vom 20. Oktober 2003 hat das Gericht den Bescheid der Beklagten vom 1. November 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2002 aufgehoben und die Klage im Übrigen zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Gericht im Wesentlichen sinngemäß ausgeführt, die zulässige Klage sei nur hinsichtlich des Säumnisbescheides vom 1. November 2002 begründet, während die Sperrzeitentscheidungen nicht zu beanstanden seien. Die Voraussetzungen für die Feststellung einer Sperrzeit vom 3. August bis 25. Oktober 2002 lägen gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGB III vor, denn die Klägerin habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Beklagten unter Benennung des Arbeitgebers vermittelte Tätigkeit als Helferin, u.a. als Bürohilfskraft, durch ihr Nichterscheinen zu dem vereinbarten Vorstellungstermin abgelehnt. Ein Verstoß gegen Art. 12 GG liege nicht vor. Das Recht auf freie Berufswahl werde beschränkt durch die Interessen der Versichertengemeinschaft und der Steuerzahler, die für die Alhi der Klägerin aufkommen müssten. In Abwägung der betroffenen Interessen sei es der Klägerin zumutbar, alles zu tun, um ihre Arbeitslosigkeit zu beenden. Die Tätigkeit als Bürohilfskraft sei ihr zumutbar gewesen. Die Sperrzeit betrage zwölf Wochen, da Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne des § 144 Abs. 3 SGB III nicht vorlägen. Aus der Leistungsakte sei nicht ersichtlich, ob die Beklagte die Klägerin vor Erlass des Sperrzeitbescheides ordnungsgemäß angehört habe, der mögliche Fehler sei jedoch im Laufe des Widerspruchs- und Klageverfahrens geheilt worden. Zu Recht sei die Alhi-Bewilligung gemäß § 48 SGB X für die Dauer der festgestellten Sperrzeit aufgehoben worden, da die Klägerin zumindest grob fahrlässig nicht gewusst habe, dass der Anspruch bei Verwirklichung eines Sperrzeittatbestandes zum Ruhen komme. Die Beklagte sei auch berechtigt gewesen, gemäß § 50 SGB X die bereits ausgezahlte Alhi in Höhe von 1.037,22 EUR zurückzufordern.

Die Voraussetzungen für die Feststellung einer Sperrzeit für den - durch den Änderungsbescheid vom 4. Dezember 2002 zutreffend korrigierten - Zeitraum vom 26. Oktober 2002 bis 17. Januar 2003 lägen gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGB III ebenfalls vor, denn die Klägerin habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die ihr von der Beklagten angebotene Tätigkeit als Altenbetreuerin nicht angetreten, sich sogar nicht einmal bei dem potentiellen Arbeitgeber gemeldet.

Gegen den ihr am 15. November 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 3. Dezember 2003 Berufung eingelegt. Sie rügt u.a., dass der ihr zugestellte Gerichtsbescheid keine Originalunterschrift der Richterin trägt und macht in der Sache weiterhin geltend, dass die angefochtenen Sperrzeitbescheide wegen schwerwiegender Fehler nichtig seien, wobei sie zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2003 zu ändern und auch den Bescheid der Beklagten vom 1. November 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2002 sowie den Bescheid vom 1. November 2002 in der Fassung des Ände- rungsbescheides vom 4. Dezember 2002 und des Widerspruchsbeschei- des vom 5. Dezember 2002 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. Die die Klägerin betreffenden Leistungsakten der Beklagten zur Kunden-Nr. und die Gerichtsakte - S 55 AL 1018/03 - haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen. Die Beteiligten haben sich mit Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie betrifft die Feststellung von zwei Sperrzeiten im Umfang von jeweils zwölf Wochen und die Rückforderung ausgezahlter Alhi in Höhe von insgesamt 1.037,22 EUR, womit der gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erforderliche Beschwerdewert von mehr als 500,- EUR erreicht wird.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 1. November 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2002 begegnet ebenso wie der weitere Bescheid vom 1. November 2002 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 4. Dezember 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 2002 keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGB III tritt eine Sperrzeit von regelmäßig zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Arbeit nicht angenommen hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Die Beklagte hat der Klägerin mit Schreiben vom 25. Juli 2002 ordnungsgemäß eine Helfertätigkeit bei der Firma N A gemeinnützige Beschäftigungsgesellschaft mbH angeboten. Die Stelle wurde mit den im Tatbestand wiedergegebenen Angaben hinreichend beschrieben. Die auf der Rückseite abgedruckte Rechtsfolgenbelehrung entsprach den gesetzlichen, von der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 16. September 1999 - B 7 AL 32/98 R -, SozR 3-4100 § 119 AFG Nr. 19) konkretisierten Anforderungen. Die angebotene Stelle als Hilfskraft, konkret Bürohilfe, war der Klägerin zumutbar, und zwar sowohl hinsichtlich der Anforderungen - die Klägerin hat bereits als Bürohilfe gearbeitet und konzentrierte auch ihre Eigenbemühungen auf Hilfstätigkeiten im Büro - als auch hinsichtlich des erzielbaren Arbeitsentgeltes, das nach Abzug notwendiger Werbungskosten die Höhe der der Klägerin zuletzt gewährten Alhi überschritt (vgl. §§ 121 Abs. 3 Satz 3, 198 Abs. 1 SGB III). Die Alhi betrug seit März 2002 wöchentlich 123,06 EUR, d.h. monatlich (x 13: 3 =) 533,26 EUR. Das der Klägerin von der Arbeitgeberin angegebene Bruttomonatsentgelt für die angebotene Stelle belief sich auf 1.200,- EUR. Hiervon sind nach den einschlägigen Tabellen für das Jahr 2002 unter Zugrundelegung der Steuerklasse I ohne Kinderfreibetrag und einem Beitragssatz zur AOK Berlin in Höhe von 14,9 % folgende Abzüge vorzunehmen:

1.200,00 EUR Bruttoentgelt 68,00 EUR Lohnsteuer 0,00 EUR Solidaritätszuschlag 6,12 EUR eventuelle Kirchensteuer 114,74 EUR Rentenversicherung 39,05 EUR Arbeitslosenversicherung 10,21 EUR Pflegeversicherung 89,51 EUR Krankenversicherung - 872,37 EUR

Unter Berücksichtigung von Fahrkosten (BVG-Monatskarte 56,- EUR) sowie eventuell einer Werbungskostenpauschale von monatlich 85,- EUR (vgl. Steinmeier in Gagel, SGB III, Stand August 2001, RdNr. 76 zu § 121) verbleibt ein Nettoeinkommen von 731,37 EUR, das den der Klägerin gewährten Alhi-Leistungssatz deutlich übersteigt.

Dieses danach zumutbare Arbeitsangebot hat die Klägerin dadurch abgelehnt, dass sie nicht einmal zu dem vereinbarten Vorstellungsgespräch am 2. August 2002 erschienen ist. Weshalb ihr die vereinbarte Uhrzeit morgens um 7.00 Uhr - die angebotene Vorsprache am 1. August um 14.00 Uhr hatte die Klägerin aus angeblichem Zeitmangel abgelehnt - "als Frau" unzumutbar gewesen sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Um diese Zeit beginnen zahlreiche Arbeitnehmer, selbstverständlich auch Frauen, tagtäglich ihre Erwerbstätigkeit.

Da Gründe für die Anerkennung einer besonderen Härte nicht erkennbar sind, hat die Beklagte aufgrund dieses Verhaltens der Klägerin zutreffend eine Sperrzeit mit der Regeldauer von zwölf Wochen festgestellt, wobei der mit dem 3. August 2002 von ihr angenommene Beginn der Sperrzeit für die Klägerin jedenfalls nicht ungünstig ist (man hätte auch schon auf das Ablehnungsschreiben der Klägerin vom 31. Juli 2002 abstellen können mit Sperrzeitbeginn am 1. August, was zu einer etwas höheren Rückforderung der Alhi geführt hätte).

Gemäß § 144 Abs. 2 Satz 2 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld und nach § 198 Satz 2 SGB III entsprechend auch auf Alhi während des Eintritts einer Sperrzeit. Auch auf diese Rechtsfolge ist die Klägerin zugleich mit der schriftlichen Unterbreitung des Stellenangebotes vom 25. Juli 2002 hingewiesen worden. Da die Klägerin somit wusste oder zumindest grob fahrlässig nicht wusste, dass der Eintritt einer Sperrzeit wegen grundloser Arbeitsablehnung zu einer Leistungseinstellung führen würde, hat die Beklagte zu Recht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III die Alhi-Bewilligung rückwirkend für den von der Sperrzeit betroffenen Zeitraum aufgehoben. Die vom 3. August bis zum 30. September 2002 noch ausgezahlten Leistungen in Höhe von 1.037,22 EUR (59 Leistungstage à 17,58 EUR) hat die Klägerin gemäß § 50 SGB X zu erstatten.

Die Voraussetzungen für die Feststellung einer weiteren Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGB III in der Zeit vom 26. Oktober 2002 bis zum 17. Januar 2003 liegen ebenfalls vor. Das schriftliche, wiederum mit einer Rechtsfolgenbelehrung bezüglich einer ersten Sperrzeit verbundene Arbeitsangebot der Beklagten vom 25. September 2002 entspricht den gesetzlichen Anforderungen. Der Maßnahmeträger B GmbH war als Arbeitgeber mit korrekter Anschrift angegeben. Die Klägerin hätte bei einem Blick auf den Stadtplan feststellen können, dass die M Straße vom Bezirk Marienfelde bis in den Nachbarbezirk Lichtenrade verläuft und der Arbeitgeber unter der angegebenen Hausnummer mithin unschwer aufzufinden gewesen wäre. Dass der Beklagten bei dem Hinweis auf das Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses am "31.03.20" offensichtlich ein Schreibfehler unterlaufen ist, macht das Angebot nicht insgesamt fehlerhaft. Der Klägerin musste sich aufdrängen, dass ein Maßnahmeträger im Rahmen einer ABM keine Arbeitsstelle für 18 Jahre anbieten kann. Im Übrigen hätte die Klägerin das zutreffende Datum zweifellos bei einem Vorstellungsgespräch erfahren.

Die angebotene Stelle war der Klägerin auch zumutbar. Hinsichtlich des erzielbaren Arbeitsentgelts gilt das oben Gesagte entsprechend. Von dem angegebenen Bruttolohn in Höhe von 1.359,63 EUR sind laut Tabelle Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 287,07 EUR sowie Steuern und Solidaritätsbeitrag in Höhe von insgesamt 122,57 EUR abzuziehen, wodurch sich ein Nettoeinkommen von 949,99 EUR ergibt, von dem unter Berücksichtigung der oben genannten Werbungskosten 808,99 EUR verbleiben, mithin wiederum deutlich mehr als die der Klägerin seinerzeit ausgezahlten Alhi. Auch inhaltlich war das Arbeitsangebot entgegen der Auffassung der Klägerin zumutbar. Für die ausgeschriebene Stelle als Altenbetreuerin (nicht Altenpflegerin) bedurfte es keiner besonderen Vorbildung, denn zu erledigen waren insbesondere hauswirtschaftliche Arbeiten und die Übernahme von Begleit- und Einkaufsdiensten. Die Klägerin kann nach dem von ihr selbst in Bezug genommenen arbeitsamtsärztlichen Gutachten leichte bis mittelschwere Arbeiten in allen Haltungsarten verrichten, wozu die genannten Tätigkeiten zweifellos gehören. Dafür, dass die im Rahmen einer ABM - also nicht unter den Arbeitsbedingungen des regulären Arbeitsmarktes - vorgesehene Altenbetreuung unter "hohem Zeitdruck" und mit "erheblicher Belastung der Handgelenke" als der Klägerin nicht zumutbaren Tätigkeitsmerkmalen verbunden gewesen wäre, fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten.

Indem die Klägerin mit Schreiben vom 1. Oktober 2002 diese ihr zumutbare Stelle abgelehnt hat, ist erneut eine Sperrzeit mit der gesetzlichen Regeldauer von zwölf Wochen eingetreten, weil Umstände, die die Annahme einer besonderen Härte rechtfertigen würden, von der Klägerin weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich sind. Die Sperrzeit erstreckt sich, wie die Beklagte mit dem Änderungsbescheid vom 4. Dezember 2002 zutreffend festgestellt hat, auf die Zeit vom 26. Oktober 2002 bis zum 17. Januar 2003. Dies folgt aus § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III. Da die Klägerin die angebotene Arbeit bei der Firma B während des Laufes der ersten Sperrzeit abgelehnt hat, schließt sich die dadurch eingetretene zweite Sperrzeit unmittelbar an das Ende der ersten an.

Zum Berufungsvorbringen der Klägerin ist ergänzend nur noch Folgendes zu bemerken: Dass die Beklagte erst unter dem 1. November 2002 die angefochtenen Sperrzeitbescheide erlassen hat, führt nicht zu deren Rechtswidrigkeit oder gar Nichtigkeit. Liegt ein Sperrzeittatbestand im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 SGB III vor, tritt kraft Gesetzes eine Sperrzeit ein, die kalendermäßig abläuft. Die Beklagte stellt diese Rechtsfolge nur fest, was im Einzelfall wegen der erforderlichen Tatsachenfeststellungen einige Zeit in Anspruch nehmen kann. Im vorliegenden Fall hat u.a. wegen der streitigen Arbeitsablehnungen am 15. Oktober 2002 eine Unterredung zwischen Mitarbeitern der Beklagten und der Klägerin stattgefunden. In diesem Rahmen hatte die Klägerin nochmals Gelegenheit, die Vorkommnisse aus ihrer Sicht darzulegen, so dass ihr weiterer Vorhalt, sie sei vor Erlass der angefochtenen Bescheide nicht angehört worden, ins Leere geht. Eine schriftliche Anhörung verlangt das Gesetz nicht (vgl. § 24 Abs. 1 SGB X). Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass die den Beteiligten zugestellten Ausfertigungen gerichtlicher Entscheidungen - wie der erstinstanzlich ergangene Gerichtsbescheid und das vorliegende Urteil - keine Originalunterschrift der erkennenden Richter tragen, sondern vom ausfertigenden Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterzeichnet werden (vgl. §§ 105 Abs. 1, 137 SGG). Die Richter unterschreiben nur das jeweilige Original, das beim Gericht verbleibt.

Nach alledem war der Berufung der Klägerin der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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