L 7 AS 326/17 ZVW

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 19 AS 179/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 326/17 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Anspruch eines Vermieters auf Miete gegenüber dem Jobcenter, wenn der Leistungsbezieher nach dem SGB II seine Miete nicht zahlt.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. März 2015 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Klage-, Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger und Berufungskläger (in der Folge: Kläger) begehrt vom beklagten und berufungsbeklagten Jobcenter (in der Folge: Beklagter) die Übernahme von Mietrückständen seiner Mieter. Die Mieter hatten vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II erhalten.

Das beigeladene Ehepaar H. bezog seit 2011 vom Beklagten Arbeitslosengeld II. Beide befanden sich wegen ihrer Opiatabhängigkeit in einer Substitutionsbehandlung. Über das Vermögen des Beigeladenen wurde Anfang 2013 ein Privatinsolvenzverfahren eröffnet. Die Beigeladenen benötigten Darlehen zum Kauf von Winterbekleidung und gelegentlich Lebensmittelgutscheine.

Der Kläger ist Rechtsanwalt und Vermieter mehrerer Wohnungen. Zum 15.03.2012 vermietete er eine Drei-Zimmer-Wohnung in N-Stadt an die Beigeladenen. Anlässlich des Weitergewährungsantrags vom Februar 2012 legten die Beigeladenen dem Beklagten den Mietvertrag vom 19.02.2012 vor, den sie mit dem Kläger abgeschlossen hatten. Als monatlicher Mietzins wurden 380,- EUR vereinbart zuzüglich Vorauszahlungen von monatlich 75,- EUR für Nebenkosten und 75,- EUR für Heizkosten (zusammen 530,- EUR).

Unter "§ 19 Wohngeld" wurde im Mietvertrag folgendes vereinbart: "Die Mieter stimmen gemäß § 28 WoGG oder einer Nachfolgebestimmung der unmittelbaren Auszahlung des Wohngeldes an Herr P. [Kläger] schon jetzt zu. Das gilt auch für eine eventuelle Hausbrandbeihilfe oder eine Mietbeihilfe des Sozialamtes und Zahlungen der Arbeitsagentur oder des Jobcenters für Miete, Heiz- und sonstige Nebenkosten. Herr P. ist berechtigt, diesen Mietvertrag den zuständigen Behörden, Agenturen usw. offen zu legen. Die Mieter haben die Abtretung von Wohngeld und/oder Mietzuschüssen, den leistenden Behörden und Einrichtungen von sich aus offen zu legen. Herr P. kann jederzeit Einsicht in die Antragsunterlagen und Bewilligungsbescheide verlangen."

Der Beklagte überwies die Hälfte der Märzmiete und die Wohnungskaution in Höhe von 950,- EUR direkt an den Kläger. Der Beklagte bewilligte in der Folge für die Zeit ab 01.04.2012 bis 31.03.2014 jeweils halbjährlich Arbeitslosengeld II. In den bestandskräftigen Bewilligungsbescheiden wurde zunächst ein monatlicher Bedarf für die Wohnung von 535,56 EUR berücksichtigt, ab 01.04.2013 jedoch nur mehr 441,17 EUR als angemessener Bedarf. Einkommen wurde nicht angerechnet. Von April 2012 bis einschließlich Oktober 2012 wurden die Unterkunftskosten an die Beigeladenen ausgezahlt.

Mit Schreiben vom 17.09.2012 beantragten die Beigeladenen, die monatliche Miete von 530,- EUR direkt an den Kläger zu überweisen. Dem kam der Beklagte ab der Miete für November 2012 nach. Der Beklagte teilte dies den Beigeladenen mit Schreiben vom 25.09.2012 mit.

Mit Schreiben vom 27.12.2012 beantragten die Beigeladenen, dass die Miete wieder auf ihr eigenes Konto überwiesen werde. Ab 01.02.2013 wurde die Miete vom Beklagten wieder an die Beigeladenen überwiesen. Dies teilte der Beklagte den Beigeladenen mit Schreiben vom 17.01.2013 mit. Die Beigeladenen legten auf Aufforderung dem Beklagten einen Dauerauftrag zur Überweisung der Miete an den Kläger vor.

Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 26.02.2013 an den Beklagten. Er habe die Mieten für Januar und Februar 2013 noch nicht erhalten. Die Zahlungen für Miete und Nebenkosten seien vertraglich an ihn abgetreten worden.

Mit Schreiben vom 10.09.2013 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass rechtskräftig titulierte Mietrückstände in Höhe von 1.734,44 EUR zuzüglich Zinsen und Kosten sowie weitere, noch nicht titulierte Forderungen gegen die Beigeladenen bestünden. Diese würden die Miete nicht an ihn zahlen, sondern verpulvern. Die Zahlungen des Beklagten für die Wohnung seien seit 19.02.2012 an ihn abgetreten worden. Er habe seine Kontonummer mit der Wohnungsbescheinigung bereits im März 2012 mitgeteilt. Er bitte dringend um Direktzahlung auf sein Konto. Dem Kläger wurde daraufhin lediglich mitgeteilt, dass ihm aufgrund des Datenschutzes keine Auskunft erteilt werden könne.

In der Folge kündigte der Kläger den Beigeladenen das Mietverhältnis wegen Mietrückstands fristlos. Da die Beigeladenen weiter in der Wohnung verblieben, zahlte der Beklagte ab Dezember 2013 eine Nutzungsentschädigung von 530,- EUR an den Kläger direkt aus. Dies teilte der Beklagte den Beigeladenen mit Schreiben vom 12.11.2013 mit. Auf Anfrage erklärten die Beigeladenen gegenüber dem Beklagten, dass sie die Miete wegen Schimmel in der Wohnung nicht gezahlt hätten, aber eine Direktzahlung an den Kläger in Ordnung gehe.

Bereits mit Schreiben vom 30.09.2013 erhob der Kläger Klage zum Arbeitsgericht Gießen und beantragte, den Beklagten zur Zahlung von 3.304,44 EUR an Mietrückständen aus der Zeit von Juni, Juli, August und November 2012 sowie Mai, Juli, August und September 2013 zu verurteilen sowie zur laufenden Zahlung von 530,- EUR jeden Monat. Die Beigeladenen hätten die Leistungen für die Wohnung im Mietvertrag vom 19.02.2012 an ihn abgetreten. Der Beklagte habe die Miete aber an die Beigeladenen ausgezahlt, die die Miete nicht an ihn abgeführt hätten. Die Abtretung stünde auch im wohlverstandenen Interesse der Beigeladenen, damit die Wohnung gesichert werde. Dies habe der Beklagte durch die auch erfolgten Direktzahlungen an ihn inzidenter festgestellt. Ein besonderer Beschluss des Beklagten über die unmittelbare Auszahlung an den Kläger sei nicht ergangen. Spätestens nach dem seinem Schreiben vom 26.02.2013 habe der Beklagte die Miete direkt an ihn überweisen müssen. Der Beklagte könne die zwischen Mieter und Vermieter vereinbarte Zahlungsregelung nicht frei widerrufen.

Nach Anhörung verwies das Arbeitsgericht Gießen den Rechtsstreit an das Sozialgericht Gießen. Nach Anhörung verwies das Sozialgericht Gießen wegen des Wohnsitzes des Klägers den Rechtsstreit weiter an das Sozialgericht München.

Mit Schreiben vom 21.07.2014 und 21.08.2014 erklärten sich die Beteiligten - auch in Hinblick auf die Entfernung des Sitzes des Beklagten vom Gerichtssitz - mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ausdrücklich einverstanden. Dies bestätigte der Kläger nochmals mit Schreiben vom 10.03.2015.

Mit Urteil vom 18.03.2015 wies das Sozialgericht München die Klage ohne mündliche Verhandlung ab. Außergerichtliche Kosten seien nicht zu erstatten. Die Klage zur laufenden Mietzahlung sei bereits unzulässig, da die Zahlung ohnehin laufend erfolge.

Ein Anspruch aus abgetretenem Recht bestehe nicht. Die Frage, ob § 19 des Mietvertrags überhaupt eine wirksame Abtretung enthalte, könne dahinstehen, weil der Beklagte die Feststellung des wohlverstandenen Interesses nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I nicht getroffen habe. Wenn diese zeitlich vorgängige und rechtlich vorrangige Feststellung fehle, komme in Ermangelung des erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses die allgemeine Leistungsklage nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 19.01.2014, B 5 R 36/12 R, Juris Rn. 19). Ohne gesonderte Feststellung des wohlverstandenen Interesses durch gesonderten Verwaltungsakt nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I sei eine Abtretung schwebend unwirksam; diese Feststellung könne auch nicht rückwirkend erstritten werden, wenn die Leistung im vollen Umfang bereits an den Berechtigten erbracht worden sei (BSG, Urteil vom 06.04.2000, B 11 AL 47/99 R, Juris Rn. 17). Es bestünden erhebliche Zweifel daran, ob neben § 22 Abs. 7 S. 2 SGB II zur Direktauszahlung an den Vermieter bei der Gefahr zweckwidriger Verwendung der Mittel ein wohlverstandenes Interesse an einer Abtretung von Leistungen bestehen könne. Dagegen spreche, dass eine Abtretung nicht jederzeit beendet werden könne. Die Feststellung des besonderen Interesses diene vor allem dem Schutz des Sozialleistungsberechtigten und bedürfe der Form eines gesonderten privatrechtsgestaltenden Verwaltungsaktes (BSG, Urteil vom 07.09.1988, 10 RKg 18/87, Juris Rn. 19). Eine lediglich verwaltungsinterne Entscheidung genüge nicht. Ein gesonderter Verwaltungsakt zum wohlverstandenen Interesse liege nicht vor. § 53 Abs. 3 SGB I sei nicht anwendbar, weil es nicht um Beträge oberhalb der Pfändungsgrenze für Arbeitseinkommen gehe.

Soweit der Kläger aus eigenem Recht Zahlungsansprüche geltend mache, sei die Klage unbegründet. Der Kläger habe weder vertragliche noch gesetzliche Ansprüche auf die Mietzahlungen gegen den Beklagten.

Nach § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II könne ein Leistungsberechtigter die Zahlung an den Vermieter beantragen. Ohne einen derartigen Antrag entfalte eine Klausel in einem Mietvertrag zu einer Direktzahlung keine Wirkung. Der Vermieter sei nicht antragsberechtigt. Den Antrag auf Direktzahlung vom 17.09.2012 hätten die Beigeladenen am 27.12.2012 wieder widerrufen, weshalb der Beklagte die Direktzahlung zum 01.02.2013 beendet habe. Ein Zahlungsanspruch des Klägers ergebe sich auch nicht aus § 22 Abs. 7 S. 2 SGB II. Dessen Voraussetzungen lägen erst ab Ende 2013 vor. Insbesondere hatten die Beigeladenen Anfang 2013 einen Dauerauftrag vorgelegt. Das Schreiben des Klägers vom 26.02.2013, wonach die Miete für Januar und Februar 2013 nicht gezahlt worden sei, konnte nicht zutreffend sein, weil die Januarmiete noch direkt an den Kläger überwiesen worden sei und für die Februarmiete ein Überweisungsbeleg der Beigeladenen vorgelegen habe. § 22 Abs. 7 S. 2 SGB II diene ausschließlich dem Schutz des Leistungsberechtigten und begründe keinen eigenen Anspruch des Vermieters. Falls der Leistungsträger eine Direktzahlung an den Vermieter verfüge, folge daraus nur eine Empfangsberechtigung des Vermieters; es handle sich nur um eine Auszahlungsmodalität (vgl. BSG, Urteil vom 23.05.2013, B 4 AS 67/12 R, Juris Rn. 10). Der Vermieter erhalte keinen eigenen Leistungsanspruch. Die Direktzahlung an den Vermieter erfülle vielmehr den Leistungsanspruch der Leistungsberechtigten aus § 22 Abs. 1 SGB II (LSG NRW, Urteil vom 11.11.2010, L 9 AS 480/10; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.09.2012, L 3 AS 42/10; LSG Bayern, Urteil vom 21.01.2013, L 7 AS 381/12).

Der Kläger hat am 10.04.2015 Berufung eingelegt. Er begehre die Zahlung von 3.304,44 EUR an rückständiger Miete der Beigeladenen. § 19 des Mietvertrags enthalte eine wirksame Abtretung des Leistungsanspruchs. Es handle sich auch nicht um eine überraschende Klausel in einem Mietvertrag. Der Beklagte habe bereits mit der Auszahlung der Miete für März 2012 und der Kaution die Entscheidung getroffen, dass die Regelung im wohlverstandenen Interesse der Beigeladenen sei. Die Gewährung des Grundbedürfnisses Wohnung liege immer im wohlverstandenen Interesse des Leistungsempfängers. Die Abtretung liege in der Vertragsfreiheit der Mieter. Allein die dem Beklagten bekannte Opiatabhängigkeit der Beigeladenen habe die Gefährdung der zweckentsprechenden Verwendung der Sozialleistung belegt. Der Dauerauftrag der Beigeladenen sei kein tauglicher Nachweis des Gegenteils gewesen. Der Kläger hat auf das Urteil des BGH vom 07.05.2015, III ZR 304/14 verwiesen; daraus ergebe sich, dass der Leistungsträger mit der Leistungsbewilligung dem privatrechtlichen Mietvertrag kumulativ beitrete. Deshalb würden auch die Vorschriften des BGB über Abtretungen gelten. Es handle sich um eine rein bürgerlich-rechtliche Streitigkeit.

Die Mieter wurden vom Berufungsgericht wegen Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung beigeladen.

Mit Beschluss vom 5.8.2015 hat der Senat die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 18.3.2015 einstimmig zurückgewiesen (§ 153 Abs 4 SGG) und gleichzeitig wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen. Das Bundessozialgericht hat auf die Revision des Klägers den Beschluss vom 5.8.2015 aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 153 Abs 4 SGG hätten nicht vorgelegen (Urteil vom 19.10.2016 - B 14 AS 33/15 R).

Im Revisionsverfahren hat der Kläger insbesondere die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt, weil der Senat seinen Vortrag zur Verbuchung von Zahlungen auf Mietschulden nicht gewürdigt habe. Im Übrigen hat er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem bisherigen Verfahren vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht wiederholt. Das Bundessozialgericht hat der Sache grundsätzliche Bedeutung beigemessen wegen der Rechtsbeziehungen im Dreiecksverhältnis zwischen SGB II-Träger, Leistungsbezieher und Vermieter, das wie regelmäßig bei solchen Konstellationen im Leistungserbringerrecht des SGB schwierig zu beantwortenden Rechtsfragen aufwerfen könne. Schwierig sei weiter die Frage, ob die vorliegend erhobene allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) nur auf die Auszahlung der den Beigeladenen bereits bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung gerichtet sein kann oder ob der Kläger - wie vom Senat im Rahmen des Beschlusses vom 5.8.2015 geprüft - ohne ein darauf gerichtetes, vorher durchgeführtes Verwaltungsverfahren unmittelbar Zahlungsansprüche aus § 22 Abs 7 S 2 SGB II oder aus § 22 Abs 8 SGB II ableiten kann.

Der Kläger beantragt nunmehr, das Urteil des Sozialgerichts München vom 18.3.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 3.304,44 EUR zzgl 1,5 % Zinsen monatlich aus 124,44 EUR seit dem 4.6.2012, aus je 530,00 EUR seit dem 4.7.2012, seit dem 4.8.2012, seit dem 4.11.2012, seit dem 5.4.2013, seit dem 4.7.2013, seit dem 4.8.2013 und seit dem 4.9.2013 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf vom Beklagten übermittelten Akte sowie die Akten des Sozialgerichts, des Landessozialgerichts und des Bundessozialgerichts (B 14 AS 33/15) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 SGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet, weil das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.

I. Das Berufungsgericht weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Lediglich ergänzend und zusammenfassend wird zu der vortrefflichen Darstellung der Sach- und Rechtslage im Urteil des Sozialgerichts Folgendes ausgeführt:

1. Der Kläger hat keine eigenen Ansprüche auf Zahlung der Miete.

a) Er hat keine vertragliche Beziehung zum Beklagten, insbesondere gibt es keinen Schuldbeitritt des Beklagten zum Mietvertrag. Das vom Kläger angeführte Urteil des BGH vom 07.05.2015, Az. III ZR 304/14, betrifft einen Schuldbeitritt eines Sozialhilfeträgers im Rahmen eines sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses zwischen dem Sozialhilfeträger, dem Hilfeempfänger und einem Leistungserbringer. Diese Entscheidung knüpft an die Rechtsprechung des BSG in Sozialhilfesachen an, insbesondere an BSG, Urteil vom 28.10.2008, B 8 SO 22/07 R. Das BSG hat den Schuldbeitritt des Leistungsträgers zum privaten Heimvertrag zwischen dem Hilfeempfänger und dem Leistungserbringer wegen der sozialhilferechtlichen Besonderheiten bejaht, namentlich dem Sachleistungsprinzip und der Gewährleistungspflicht in der Sozialhilfe (vgl. §§ 35, 75 Abs. 2 und 3 SGB XII). Diese Rechtsprechung lässt sich nicht auf das SGB II übertragen, weil es dort diese Besonderheiten nicht gibt. Insbesondere besteht vorliegend keine Verpflichtung des SGB II-Leistungsträgers, dem Leistungsberechtigten eine Unterkunft zu verschaffen (vgl Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 42; Berlit in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 22 RdNr 19). Bei den Leistungen nach § 22 SGB II handelt es sich um eine Geldleistung (Berlit, aaO, RdNr 18). Nur eine solche wurde schließlich vorliegend vom Beklagten bewilligt.

b) Auch eine Direktzahlung der Wohnungsmiete nach § 22 Abs. 7 SGB II verschafft dem Vermieter keinen eigenen Leistungsanspruch. Eine Direktzahlung erfolgt nach entsprechendem Antrag des allein antragsberechtigten Leistungsempfängers (Satz 1) oder wegen der Gefahr zweckwidriger Verwendung der Mittel durch den Leistungsempfänger (Satz 2). Obwohl § 22 Abs. 7 S. 4 SGB II nur von einer Pflicht zur Mitteilung der Direktzahlung an den Leistungsempfänger spricht, ist hierzu eine gesondert anfechtbare Verfügung der Behörde, also ein Verwaltungsakt, erforderlich (BSG, Urteil vom 23.05.2013, B 4 AS 67/12 R, Rn. 10; Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 228). Dieser Verwaltungsakt ist mit Schreiben vom 25.09.2012 für die Zeit von 01.11.2012 bis 31.01.2013 gegenüber den Beigeladenen erfolgt. Die Zahlungen für diese Zeit sind auch an den Kläger erfolgt. Entgegen der Auffassung des Klägers gilt dies auch für die Leistung für Unterkunft und Heizung für den Monat November 2012, die dem Konto des Klägers am 30.10.2012 gutgeschrieben wurde. Mit dieser Zahlung kommt der Beklagte seiner Verpflichtung gegenüber den Beigeladenen nach dem SGB II nach, wonach die Leistungen monatlich im Voraus erbracht werden sollen (§ 41 Abs 1 S 4 SGB II). Insoweit tilgt der Beklagte insbesondere keine Schulden der Beigeladenen aus dem zwischen dem Kläger und den Beigeladenen geschlossenen Mietvertrag, so dass dieses Schuldverhältnis schließlich keine Grundlage für die vom Kläger iE gewünschte Tilgungsbestimmung nach § 366 Abs 2 BGB sein kann. Der Vermieter enthält mit einer Direktzahlung nur eine Empfangsberechtigung. Mit der Direktzahlung an den Vermieter erbringt die Behörde eine Leistung an den Leistungsberechtigten (LSG Bayern, Urteil vom 21.01.2013, L 7 AS 381/12). Der Vermieter kann aus einer Direktzahlung keinen eigenen Anspruch auf Zahlung der Miete geltend machen. Dem entspricht, dass § 22 Abs. 7 S. 4 SGB II keine Mitteilung an den Vermieter verlangt. Im Gegenzug muss der Vermieter auch nicht befürchten, bei Rechtswidrigkeit der Bewilligung von der Behörde auf Rückzahlung der Miete in Anspruch genommen zu werden (vgl. LSG Bayern a.a.O.).

c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Übernahme von Mietschulden nach § 22 Abs 8 SGB II. Es fehlt schon an einem Bescheid hierzu. Es fehlt auch an einem dafür erforderlichen Antrag der Leistungsberechtigten (BSG, Urteil vom 17.06.2010, B 14 AS 58/09 R, Rn. 14). Der Kläger hat als Vermieter kein eigenes Antragsrecht. Es handelt sich um eine Leistung für Leistungsberechtigte - deren persönlicher Lebensbereich "Wohnen" soll geschützt werden und sie werden in der Regel mit einem Darlehen und einer Aufrechnung belastet, § 22 Abs. 8 S. 4, § 42a SGB II.

2. Der Kläger hat auch keinen Zahlungsanspruch aus abgetretenem Recht. Die vom Kläger erhobene echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG ist teils unzulässig, teils unbegründet

a) Eine Abtretung von den Teilen der Sozialleistung oberhalb der Pfändungsfreigrenze für Arbeitseinkommen nach § 53 Abs. 3 SGB I - hier ist die allgemeine Leistungsklage zulässig aber unbegründet - kommt nicht in Betracht, weil Arbeitslosengeld II grundsätzlich nicht pfändbar ist (Rechtsgrundlage strittig vgl. Seiler in Eicher, a.a.O., § 43 Rn. 19: über § 54b Abs. 4 SGB I i.V.m.§§ 850c, 850f Abs. 1 Buchst a ZPO oder analog § 17 Abs. 1 S. 2 SGB XII), zumindest im vorliegenden Fall die bewilligte Leistung mit monatlich maximal 1267,- EUR unter den Grenzen des § 850c Abs. 1 ZPO lag.

b) Im Übrigen enthält § 19 des Mietvertrags schon keine zivilrechtliche Abtretung. Satz 1 und 2 der Regelung enthalten eine Zustimmung der Mieter zu einer Direktzahlung an den Vermieter. Das ist gerade keine Abtretung des Leistungsanspruchs, sondern zielt lediglich auf eine Empfangsberechtigung im Sinne von § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II. Diese ist allerdings nicht wirksam, weil die Direktzahlung gemäß § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II vom Leistungsberechtigten bei der Behörde beantragt werden muss. Insoweit kann Satz 3 der Regelung, wonach der Vermieter berechtigt ist, den Mietvertrag der Behörde vorzulegen, allenfalls zu einer Direktzahlung nach § 22 Abs. 7 S. 2 SGB II führen. Die mit Satz 4 der Regelung vereinbarte Verpflichtung, der Behörde die Abtretung von Wohngeld und/oder Mietzuschüssen von sich aus offen zu legen, geht ins Leere, weil § 19 des Mietvertrags eine Abtretung von Arbeitslosengeld II nicht enthält. Dies lässt sich auch nicht dergestalt nach §§ 133, 157 BGB auslegen, dass § 19 wegen dieses Satzes eine Abtretung enthalten müsse, weil den Mietern ein derartiger Vertragswille nicht unterstellt werden kann und die vorangegangenen Sätze dafür sprechen, dass mit Satz 4 von § 19 allenfalls ein Antrag der Mieter an die Behörde auf Direktzahlung gemeint war.

c) Die Klage aus abgetretenem Recht gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I ist schon unzulässig. Ein Anspruch hieraus kann - unabhängig von der fehlenden Abtretung - nicht bestehen, weil es an der gesonderten Feststellung des wohlverstandenen Interesses nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I fehlt. Hierzu ist ein gestaltender Verwaltungsakt erforderlich, der nicht rückwirkend erstritten werden kann, wenn die Leistung in vollem Umfang bereits an den Leistungsberechtigten selbst erbracht wurde. Für eine allgemeine Leistungsklage auf Auszahlung der Sozialleistung an den vermeintlich neuen Gläubiger (Zessionar) besteht schon kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn eine Abtretung - wie hier - von dieser Feststellung abhängig ist (BSG, Urteil vom 29.01.2014, B 5 R 36/12 R, Rn. 19). Die Verfügung vom 25.09.2012 zur Direktzahlung enthält keine Feststellung zu einer Abtretung.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. § 197a SGG ist anwendbar, weil der Kläger als Vermieter der Leistungsempfänger selbst kein Leistungsempfänger oder ein Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I gemäß § 183 SGG ist. Gerade die Beschränkung der Kostenprivilegierung auf die Sonderrechtsnachfolger eines verstorbenen Leistungsberechtigten nach § 56 SGB I zeigt, dass eine behauptete schlichte Abtretung von Leistungsansprüchen nicht zu einer Kostenprivilegierung führt. Der Kläger ist unterlegen, § 154 Abs. 1 VwGO. Ein Beteiligtenwechsel innerhalb einer Instanz nach § 183 S. 2 SGG liegt nicht vor. Die an § 193 SGG orientierte Kostenentscheidung des Sozialgerichts war zu berichtigen. Soweit der Kläger nun auch für das Klageverfahren Kosten zu tragen hat, ist dies zulässig, weil für Kostenentscheidungen das Verbot der reformatio in peius nicht gilt (vgl B. Schmidt in Meyer-Ladewig ua, SGG, 12. Aufl 2017, § 193 Rn 2a).

III. Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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