L 1 KR 158/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 15 KR 284/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 158/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 4/19 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht überwiegend der Sache nach, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) (nachfolgend nur noch: "die Beigeladene") in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis 31. Januar 2016 abhängig beschäftigt gewesen ist.

Der nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Kläger ist seit dem 1. Januar 2012 Geschäftsführer und Gesellschafter der Beigeladenen. Diese hatte drei Gesellschafter mit je einem Drittel Gesellschaftsanteil. § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages sieht vor, dass Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden können. Grundlage der klägerischen Tätigkeit ist der als Dienstvertrag zwischen der Beigeladenen und ihm mit Wirkung ab 1. Januar 2012 in Kraft getretene "Anstellungsvertrag für Gesellschafter-Geschäftsführer". Wegen dessen Inhaltes wird auf den Tatbestand des sozialgerichtlichen Urteils verwiesen. Ebenfalls mit Wirkung ab 1. Januar 2012 schlossen die Vertragspartner ferner eine "Vergütungsvereinbarung für Gesellschafter-Geschäftsführer", dessen Inhalt ebenfalls im sozialgerichtlichen Urteil wiedergegeben ist. Am 2. August 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung seines versicherungsrechtlichen Status nach § 7 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen. Als Geschäftsführer sei er vom Kontrahierungszwang des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch befreit. Arbeitszeit, Arbeitsort und Art und Weise der Arbeitsausführung bestimme er frei. Er sei nicht weisungsgebunden, seinen Urlaub müsse er nicht genehmigen lassen. Sein monatliches Einkommen betrage 10.000,00 Euro EUR. Bei Arbeitsunfähigkeit werde es für maximal drei Monate weiter gezahlt. Die Beigeladene verbuche das Gehalt als Betriebsausgabe und führe Lohnsteuer ab. Er sei an der Beigeladenen gewinnbeteiligt.

Nach vorangegangener förmlicher Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Februar 2014 für die Zeit vom 1. Januar bis 17. Januar 2012 eine abhängige und somit versicherungspflichtige Beschäftigung als leitender Angestellter fest. Versicherungspflicht bestehe (nur) zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung fest. Die Bestellung zum Geschäftsführer sei erst ab 18. Januar 2012 erfolgt. Mit weiterem Bescheid vom selben Tag stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit als Geschäftsführer seit dem 18. Januar 2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.

Der Kläger erhob Widerspruch. Obwohl er nicht mehr als 50 Prozent der Geschäftsanteile an der Beigeladenen oder ein Sperrminorität verfüge, schließe sein tatsächlicher Einfluss eine abhängige Beschäftigung aus. Er reichte hierzu eine Erklärung der anderen Gesellschafter Dr. F und Dr. R vom 4. März 2014 ein, auf die ergänzend verwiesen wird (wiedergegeben im Tatbestand des sozialgerichtlichen Urteils).

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2014 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 26. Juni 2014 Klage vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) erhoben. Es sei hier maßgeblich zu berücksichtigen, dass er der Kopf der Gesellschaft sei. Deshalb hat er auch einen anderen Anstellungsvertrag und eine andere Vergütungsvereinbarung als die weiteren Gesellschafter-Geschäftsführer. Es sei das Gesamtbild der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen. So erhalte er eine Vergütung von 10.000,00 EUR pro Monat, die anderen nur 375,00 EUR pro Monat. Für diese seien symbolische fünf Stunden pro Monat als Arbeitszeit vereinbart, für ihn gebe es keine Arbeitszeitregelung. Allein er habe die Branchenkenntnisse und sei zur Führung der Beigeladenen in der Lage. Tatsächlich übten die anderen Gesellschafter zu keinem Zeitpunkt Einfluss auf die Gesellschaft aus.

Auf der Gesellschafterversammlung vom 27. Juni 2014 beschlossen die Gesellschafter, dass die anderen Gesellschafter ihre Anteile an den Kläger verkaufen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16. Februar 2016 abgewiesen. Die auf Aufhebung der beiden Bescheide vom 17. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2014 und auf Feststellung nicht abhängiger Beschäftigung in der Zeit von 2012 bis 31. Januar 2016 gerichtete Klage sei zulässig, jedoch unbegründet. Der Kläger sei nur Minderheitsgesellschafter gewesen. Im Streitfall hätten die beiden anderen Gesellschafter gegen den Kläger Beschlüsse fassen können. Aber auch nach dem vorgelegten Geschäftsführervertrag sei von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

Gegen dieses am 3. März 2016 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung vom 4. April 2016 (Montag).

Mit notariellem Vertrag vom 21. Januar 2016 haben die beiden anderen Gesellschafter dem Kläger ihre Anteile mit Wirkung zum 31. Januar 2016 übertragen.

Der Kläger hat zur Berufungsbegründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Ergänzend hat er ausgeführt, er habe ein eigenes Unternehmerrisiko getragen. Das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte sei bislang unstreitig. Vor allem aber hätten die Gesellschafter eine zulässige Stimmbindungsvereinbarung abgeschlossen in der Weise, dass die übrigen Gesellschafter sich verpflichtet hätten, dem Kläger als Geschäftsführer keine ihm nicht genehmen Weisungen hinsichtlich seiner konkreten Tätigkeit zu erteilen, sondern bei Beschlüssen der Gesellschafter immer mit diesem zu stimmen. Dass es eine solche Stimmbildung gegeben habe, komme auch in der Erklärung der Mitgesellschafter vom 4. März 2014 zum Ausdruck. Solche Stimmbindungsvereinbarungen seien gesellschaftsrechtlich formlos möglich. Die vom SG herangezogenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) beträfen anders gelagerte Sachverhalte. Jedenfalls bei Nicht-Familiengesellschaften bestünde kein Anlass, die frühere sogenannte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung einzuschränken. Vielmehr müssten jedenfalls dort die tatsächliche Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen beachtet werden. Nach § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages könnten zudem bestimmte (wesentliche) Entscheidungen nur einstimmig beschlossen werden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 16. Februar 2016 und die Bescheide vom 17. Februar 2014 in Form des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis 31. Januar 2016 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 1) gestanden hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter alleine entschieden werden, §§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sämtliche Beteiligten haben sich mit einer solchen Vorgehensweise einverstanden erklärt.

Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die streitgegenständlichen Bescheide vom 17. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Damit scheidet auch eine in der Sache gegenteilige Feststellung aus.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 7a SGB IV. Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden. Die Beklagte ist in dem angefochtenen Bescheid zutreffend von Versicherungspflicht nach § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch sowie nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch ausgegangen. Nach diesen Vorschriften unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht. Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie unter anderem der Rentenversicherung erforderliche Beschäftigung in diesem Sinne ist gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R- Rdnr. 16 mit weiteren Nachweisen seiner ständigen Rechtsprechung). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, das heißt den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 9/16 R - Rdnr. 24 m. w. N.).

Bei dieser Beurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, unter Umständen ein Scheingeschäft. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R - Rdnr. 17).

Diese Maßstäbe gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH (BSG, zuletzt Urteil vom 14. März 2018 Rdnr. 18). Bei einem Fremdgeschäftsführer scheidet eine selbstständige Tätigkeit generell aus. Die frühere sogenannte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach ein Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft und ausnahmsweise auch ein Angestellter unterhalb der Geschäftsführerebene, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, ausnahmsweise als selbstständig angesehen worden ist, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn die Gesellschafter daran hinderten, hat der 12. Senat des BSG ausdrücklich aufgegeben. Die Maßgeblichkeit des rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhaltens der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren. Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit" lediglich in harmonischen Zeiten, während im Fall eines Zerwürfnisses die rechtlich bestehende Weisungsgebundenheit zum Tragen käme, ist nicht möglich (BSG, Urteil vom 14. März 2018 Rdnr. 20 mit weiteren Nachweisen). Erst recht gilt dies in Fällen wie hier, in denen die Gesellschafter nicht durch familiäre Bindung in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt sind.

Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig Beschäftigter angesehen zu werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 von Hundert der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er exakt 50 von Hundert der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Denn der selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können. Demgegenüber ist eine "unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln (BSG, Urteil vom 14. März 2018 Rdnr. 21 m. w. N.). Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags (Satzung) bestehende wirtschaftliche Verflechtungen, Stimmbindungsabreden oder Veto-Rechte zwischen einem Gesellschafter-Geschäftsführer sowie anderen Gesellschaftern und/oder der GmbH sind nicht zu berücksichtigen. Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben. Unabhängig von ihrer Kündbarkeit genügen die das Stimmverhalten regelnden Vereinbarungen nicht dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände. Im Interesse sowohl der Versicherten als auch der Versicherungsträger ist die Frage der (fehlenden) Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit oder abhängiger Beschäftigung schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil es darauf nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und die Leistungsansprüche des Betroffenen ankommt (BSG, Urteil vom 14. März 2018 Rdnr. 22)

Wie bereits das SG dargelegt hat, enthält bereits der als Anstellungsvertrag bezeichnete Dienstvertrag typische Elemente eines Arbeitsvertrages, etwa die Regelung über "Arbeitsleistung" und "Arbeitszeit" in § 2, über ein festes Entgelt in der Vergütungsvereinbarung als Anlage zum Anstellungsvertrag, die Regelung der Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall (§ 6 Abs. 1), die über den Urlaubsanspruch (§ 6 Abs. 2) sowie die Abrechnung von Reisekosten (§ 7). Sofern er vorträgt, es gebe keine Arbeitszeitregelung, ist dies unzutreffend. Nach § 2 Abs. 4 S. 1 des Anstellungsvertrages gibt es zwar keine bestimmte Arbeitszeit. Jedoch ist die Arbeitszeit nicht in das Belieben des Klägers gestellt. Vielmehr richtet sich diese nach § 2 Abs. 4 S. 2 nach den Erfordernissen der Gesellschaft.

Wie das SG ferner richtig ausgeführt hat, stand im hier streitgegenständlichen Zeitraum jedem der Gesellschafter-Geschäftsführer als Minderheitsgesellschafter keine Rechtsmacht im oben skizzierten Umfang zu. Entscheidend ist, dass dies auch für den Kläger galt. Eine Sperrminorität steht dem Kläger nicht zu. Die Erklärung vom 4. März 2014 stellt noch nicht einmal eine formlose Stimmrechtsbindungsvereinbarung der Gesellschafter dar, sondern beschreibt nur die bis dahin geübte Praxis. Auf diese kommt es - wie oben dargestellt - gerade nicht an. Unmaßgeblich ist auch, dass die Beigeladene auf den Kläger zum sinnvollen wirtschaftlichen Fortbestehen angewiesen war. Eine beachtliche Sperrminorität ergibt sich auch nicht aus § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Beigeladenen. Diese Regelung betrifft nur eine Änderung des Gesellschaftsvertrages, die Erhöhung des Stammkapitals oder die Auflösung der Gesellschaft. An den Mehrheitsverhältnissen hat sich auch nichts durch den (schuldrechtlichen) Verkauf der Geschäftsanteile durch die Mitgesellschafter am 27. Juni 2014 geändert. Wirksam wurde die Übertragung erst durch den notariellen Abtretungsvertrag mit Wirkung zum 31. Januar 2016.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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