L 2 AS 1466/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 58 AS 5645/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 AS 1466/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 315/18 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 21.06.2017 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung höherer Regelleistungen für die Zeit von Januar bis Oktober 2017.

Der am 00.00.1985 geborene Kläger ist alleinstehend und bezog in dem hier streitigen Zeitraum von dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Bei ihm ist ein Grad der Behinderung von 50 anerkannt. Mit Bescheid vom 18.10.2016 wurden dem Kläger für die Zeit vom 01.11.2016 bis zum 31.10.2017 monatliche Leistungen in Höhe von 754,- Euro (Regelbedarf in Höhe von 404,- Euro und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 350,- Euro) bewilligt. Die für eine ehrenamtliche Tätigkeit für den Nachbarschaftsverein "N" unregelmäßig gezahlte Aufwandsentschädigung für die durch diese Tätigkeit entstehenden Kosten wurden dabei aufgrund der Geringfügigkeit nicht als Einkommen angerechnet. Der Kläger legte gegen den Bewilligungsbescheid mit Schreiben vom 25.10.2016 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2016 zurückwies.

Der Kläger hat hiergegen am 28.11.2016 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, dass Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der ab dem 01.01.2017 geltenden Regelsätze bestehen.

Während des Widerspruchs- und Klageverfahrens hat der Beklagte zu dem Bewilligungsbescheid vom 18.10.2016 eine Vielzahl von Änderungsbescheiden erlassen. Mit Änderungsbescheid vom 26.11.2016 berechnete er die Leistungen ab Januar 2017 neu und bewilligte dem Kläger unter Berücksichtigung der Regelsatzerhöhung zum 01.01.2017 (nunmehr 409,- Euro) monatlich 759,- Euro. Den hiergegen eingelegten Widerspruch verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2017 als unzulässig. Der angefochtene Bescheid sei Gegenstand des Klageverfahrens gegen den Bewilligungsbescheid vom 18.10.2016. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 07.07.2017 berechnete der Beklagte die Leistungen für Juli 2017 neu und bewilligte dem Kläger unter Berücksichtigung einer vom Kläger zu zahlenden Heizkosten- und Betriebskostennachzahlung in Höhe von 95,36 Euro für diesen Monat 854,36 Euro. Mit Bescheid vom 10.07.2017 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 112 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) iVm § 33 und §§ 44 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) für die Zeit vom 01.08.2017 bis zum 31.07.2019. Bewilligt wurden ein Ausbildungsgeld von monatlich 501,- Euro und Fahrtkosten in Höhe von monatlich 73,67 Euro. Mit Änderungsbescheid vom 25.07.2017 reduzierte der Beklagte daraufhin die Leistungsbewilligung für August 2017 auf 361,40 Euro und für September/Oktober 2017 auf monatlich 284,33 Euro. Dabei rechnete er die von der Bundesagentur für Arbeit bewilligten Leistungen abzüglich eines Freibetrags von 100,- Euro an und gewährte dem Kläger für August 2017 eine Beihilfe für Renovierungskosten in Höhe von 77,07 Euro. Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 24.07.2017 Widerspruch ein. Die Nebenkosten für August 2017 seien fehlerhaft berechnet worden. Am 04.05.2017 habe er außerdem einen Antrag auf Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB II gestellt, der noch nicht beschieden worden sei. In einem weiteren Schreiben machte der Kläger außerdem geltend, dass die von der Bundesagentur für Arbeit gewährten Fahrtkosten in Höhe von monatlich 73,67 Euro nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden dürfen. Mit Änderungsbescheid vom 29.08.2017 berechnete der Beklagte daraufhin die Leistungen für den Zeitraum 01.08.2017 bis 31.10.2017 neu und bewilligte dem Kläger für August 2017 nunmehr 504,55 Euro und für September und Oktober 2017 monatlich 427,48 Euro. Er gewährte dem Kläger einen Mehrbedarf nach § § 21 Abs. 4 SGB II wegen Teilhabe am Arbeitsleben in Höhe von monatlich 143,15 Euro. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 12.09.2017 Widerspruch ein. Die ihm von der Bundesagentur für Arbeit gewährten Fahrtkosten seien nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Er habe zudem einen Freibetrag. Mit Bescheid vom 16.10.2017 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger ab dem 04.09.2017 Fahrtkosten in Höhe von nunmehr 117,87 Euro monatlich. Vom Bildungsträger der Maßnahme wurde dem Kläger außerdem Verpflegungsgeld in Höhe von 38,- Euro für August 2017, in Höhe von 57,- Euro für September 2017 und in Höhe von 60,80 Euro für Oktober 2017 gewährt. Mit Widerspruchsbescheiden vom 03.11.2017 verwarf der Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Änderungsbescheide für den Zeitraum 01.08.2017 bis 31.10.2017 als unzulässig. Auch diese Bescheide seien Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens.

Zur weiteren Begründung seiner Klage hat der Kläger einen Projektbericht im Auftrag der Diakonie Deutschland vom 11.11.2016 von Dr. C zur Regelbedarfsbemessung vorgelegt. Diese gelangt zu dem Ergebnis, dass die derzeitige gesetzliche Regelbedarfsermittlung nicht sachgerecht sei. Bei der Abgrenzung der Referenzgruppen werde nicht berücksichtigt, dass diese zu Zirkelschlüssen führen können, weil verdeckte Armut nicht ausgeklammert werde und Mangellagen, die dadurch entstehen, dass das soziokulturelle Existenzminimum bereits in der Vergangenheit zu niedrig bemessen worden ist, nicht berücksichtigt werden. Dies habe insbesondere Auswirkung auf die Möglichkeit sozialer und kultureller Teilhabe. Die zahlreichen Streichungen von einzelnen Güterarten aus dem regelbedarfsrelevanten Konsum stünden der Grundannahme entgegen, dass sich über- und unterdurchschnittliche Bedarfe auf der Individualebene ausgleichen. Dr. C hat den notwendigen Regelbedarf deshalb auf der Basis alternativer Referenzgruppen neu berechnet und dabei die Einkommensuntergrenze der zu berücksichtigenden Haushalte erhöht. Unter Zugrundlegung ihrer Kriterien errechnet Dr. C für Alleinstehende einen weiteren Regelbedarf in Höhe von monatlich 146,65 Euro. Auf den Inhalt des Gutachtens wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen. Der Kläger verweist außerdem auf einen Aufsatz von N vom 01.03.2017, der feststellt, dass die Regelsätze für 2017 evident unzureichend seien. Der Kläger macht hierzu geltend, dass dies insbesondere den Mobilitätsbedarf betreffe. Mit dem hierfür vorgesehenen Betrag könne er nicht einmal ein Monatsticket für den Nahverkehr bezahlen. Ihm seien von Januar bis Oktober 2017 weitere Leistungen zum Lebensunterhalt in Höhe von monatlich 146,65 Euro zu gewähren.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 21.06.2017 abgewiesen. Der seit dem 01.01.2017 geltende Regelbedarf für Alleinstehende in Höhe von 409,- Euro sei nicht verfassungswidrig. Für die zum 01.01.2011 ermittelten Regelbedarfe habe das Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt, dass das vom Gesetzgeber gewählte Verfahren nicht verfassungswidrig sei. Die zum 01.01.2017 neu ermittelten Regelbedarfe seien erneut nach diesem Verfahren ermittelt worden. Auch die Kosten für Mobilität seien nicht unzureichend berücksichtigt worden.

Gegen das am 17.07.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.07.2017 Berufung eingelegt. Unter Bezugnahme auf das bereits erstinstanzlich vorgelegte Gutachten von Dr. C macht er geltend, dass die Regelbedarfsfestsetzung nicht sachgerecht erfolgt sei. Insbesondere der existenznotwendige Mobilitätsbedarf sei durch den Regelsatz nur unzureichend gedeckt. Dies gelte insbesondere für seine Lebenssituation. Der Kläger legt hierzu ein Attest der Institutsambulanz der LWL-Klinik I vom 21.11.2017 vor, nach dem die gesellschaftliche und soziale Teilhabe des Klägers für seine Genesung und psychische Stabilisierung von wesentlicher Bedeutung sei und die Nutzung eines eigenen Pkw erforderlich machte. Der Kläger macht geltend, dass er diese mit dem im Regelsatz enthaltenen Betrag für Mobilität nicht finanzieren könne. Sein Recht auf soziokulturelle Teilhabe sei dadurch beeinträchtigt. Dies stelle auch einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot in Art. 5 Abs. 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UN-Behindertenrechtskonvention - UN-BRK) und das grundgesetzlich gewährleistete Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG) dar.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 21.06.2017 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 18.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2016 und der Änderungsbescheide vom 26.11.2016, 07.07.2017 und 29.08.2017 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum Januar bis Oktober 2017 weitere Leistungen nach dem SGB II in Form des Regelbedarfs in Höhe von monatlich 146,65 Euro zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten. Die Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 21.06.2017 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 18.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2016 und der Änderungsbescheide vom 26.11.2016, 07.07.2017 und 29.08.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Streitgegenstand des Verfahrens ist die Gewährung höherer monatlicher Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum Januar bis Oktober 2017 ohne die Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Der Kläger hat den Streitgegenstand insoweit in zulässiger Weise begrenzt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 42/13 R, RdNr. 10 bei juris). Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Regelleistungen (dazu unter 1.). Ihm steht auch kein weiterer Mehrbedarf zu (dazu unter 2.).

1.
Der Beklagte hat dem Kläger für den streitigen Zeitraum Leistungen unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs für Alleinstehende in Höhe von monatlich 409,- Euro sowie eines ab August 2017 zu zahlenden Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 3 SGB II in Höhe von monatlich 143,15 gewährt. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung der Leistungen liegen nicht vor. Insbesondere das von der Bundesagentur für Arbeit gewährten Ausbildungsgeld (501,- Euro) sowie die bewilligten Fahrtkosten in Höhe von zunächst 73,67 Euro hat der Beklagte nach Abzug eines Freibetrages in Höhe von 100,- Euro zutreffend berücksichtigt (vgl. § 11a Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 SGB II sowie § 11b Abs. 2 Satz 5 SGB II). Höhere Aufwendungen hat der Kläger nicht nachgewiesen. Tatsächlich wurden dem Kläger ab September 2017 sogar höhere Fahrtkosten bewilligt. Er erhielt außerdem ab August 2017 ein Verpflegungsgeld. Beide Leistungen hat der Beklagte zugunsten des Klägers nicht angerechnet.

Der für den Kläger berücksichtigte Regelbedarf von 409,- Euro entspricht § 20 Abs. 1, Abs. 1a, Abs. 2 Satz 1 SGB II iVm § 28 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) iVm dem Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII in der Fassung vom 22.12.2016 (Regelbedarfsermittlungsgesetz - RBEG). Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Gewährung eines höheren Regelbedarfs besteht nicht. Der Senat geht davon aus, dass auch die Bemessung der Regelbedarfe für 2017 den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht (vgl. auch Beschluss des Senates vom 19.12.2017 - L 2 AS 1900/17 B, RdNr. 6 bei juris).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) kommt dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums ein Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung der Höhe und der Art der Leistungen zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11 - mwN, RdNrn. 38 f. bei juris). Dieser Gestaltungsspielraum führt dazu, dass sich die verfassungsrechtliche Kontrolle der Höhe der Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz auf die Prüfung beschränkt, ob die Leistungen evident unzureichend sind (BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11, RdNrn. 40 ff. bei juris). Evident unzureichend sind Sozialleistungen nur dann, wenn offensichtlich ist, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen können, Hilfebedürftigen in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist (BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11, RdNr. 41 bei juris). Jenseits dieser Evidenzkostrolle wird lediglich überprüft, ob die Leistungen jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sind (BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11 - RdNr. 42 mwN bei juris). Trotz der Kritik verschiedener Wohlfahrtsverbände haben das BVerfG und auch das Bundessozialgericht (BSG) unter Berücksichtigung dieser Prämissen die Ermittlung der Regelsätze aufgrund der Auswertung einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) als verfassungsgemäß angesehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a., bei juris; BSG, Urteil vom 12.07.2012 - B 4 AS 153/11 R, RdNr. 21 ff bei juris). Dabei haben sie insbesondere die Bestimmung der Referenzgruppen und die Veränderung der Bezugsgröße von 20 % auf 15 % der Einpersonenhaushalte bei der Ermittlung des Regelbedarfs Alleinstehender als vertretbar angesehen (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12, Rdnr. 96 ff.bei juris; BSG, Urteil vom 12.07.2012 - B 4 AS 153/11 R, RdNr. 37ff. bei juris). Dies gilt auch für Herausnahme bestimmter Ausgabenpositionen, wie zum Beispiel alkoholische Getränke, Tabakwaren und Schnittblumen, da diese Herausnahme zwangsläufige Folge der wertenden Einflussnahme des Gesetzgebers auf die Statistik- und Verbrauchsmethode ist, die ihm im Rahmen seines Ausgestaltungsspielraums zusteht (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12, Rdnr. 113 ff.bei juris; BSG, Urteil vom 12.07.2012 - B 4 AS 153/11 R, RdNr. 52 f. bei juris).

Da die hier streitige Regelbedarfsermittlung für 2017 nach denselben Grundsätzen erfolgt ist, geht der Senat davon aus, dass die durch das RBEG von 2016 aufgrund der EVS 2013 samt Sonderauswertung festgelegten Regelbedarfe ebenfalls verfassungsgemäß sind (so auch Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.10.2017 - L 12 AS 1595/17 B, RdNrn. 4 ff bei juris; Beschluss vom 05.02.2018 - L 19 AS 2324/17 B, RdNr. 12 ff. bei juris; Bayerisches Landessozialgereicht, Beschluss vom 23.08.2017 - L 11 AS 529/17 NZB, RdNrn. 16 ff bei juris; Landessozialgericht Niedersachsen Bremen, Beschluss vom 07.03.2017 - L 13 AS 336/16 B, RdNr. 4 bei juris; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 09.10.2017 - L 4 SO 166/17 B, RdNr. 16 bei juris; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.08.2018 - L 18 AS 267/18, RdNr. 20 bei juris; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 24.05.2018 - L 7 AS 1105/16, RdNrn. 15 ff.). Konkrete Anhaltspunkte für eine evidente Unterdeckung des Existenzminimums liegen weiterhin nicht vor. Die vom BVerfG in der Entscheidung vom 23.07.2014 angesprochenen Prüfaufträge wurden berücksichtigt (vgl. BT-Drucksache, 18/9984 Seite 23 ff). Dies gilt insbesondere auch für den vom Kläger angesprochenen Bereich der Mobilität. Das BVerfG hat diesbezüglich angenommen, dass die wertende Entscheidung des Gesetzgebers, ein Kraftfahrzeug sei im Grundsicherungsrecht nicht als existenznotwendig zu berücksichtigen, vertretbar sei. Zu berücksichtigen sei allerdings, dass ohne Kraftfahrzeug zwangsläufig steigende Aufwendungen der Hilfebedürftigen für den öffentlichen Personennahverkehr entstehen. Der Gesetzgeber werde deshalb auch mit Blick auf die Lebenshaltungskosten sicherstellen müssen, dass der existenznotwendige Mobilitätsbedarf tatsächlich gedeckt werden kann. (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12, RdNr. 113 bei juris). Dieser vom BVerfG angesprochenen Problematik hat der Gesetzgeber Rechnung getragen und im Bereich der Mobilität eine Sonderauswertung hinsichtlich der Verbrauchsausgaben für Haushalte ohne Ausgaben für Kraftstoffe, Autogas, Strom für Elektroautos und Schmiermittel vorgenommen (vgl. BT-Drucksache 18/9984 Seite 42 bis 43). Er hat in der Abteilung 7 (Verkehr) regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben für Einpersonenhaushalte in Höhe von 32,90 Euro festgelegt. Dies ist nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber ist nicht dazu verpflichtet, für diesen Bereich mindestens einen Betrag zu berücksichtigen, der den Erwerb einer Monatskarte im öffentlichen Nahverkehr ermöglicht, weil auch bei der Referenzgruppe keine Ausgaben in Höhe eines Monatsticket vorhanden sind (BSG, Urteil vom 12.07.2012 - B 4 AS 153/11 R, RdNr. 72 bei juris). In Erfüllung seines Gewährleistungsauftrags darf der Gesetzgeber insoweit wertende Entscheidungen treffen, wobei ihm im Bereich der Möglichkeit der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, zu dem auch der Bereich der Mobilität gehört, ein größerer Gestaltungsspielraum zusteht, als bei Konkretisierung des zur Sicherung der physischen Existenz Notwendigen (BSG, Urteil vom 12.07.2012 - B 4 AS 153/11 R, RdNr. 29 bei juris). Hier muss nur das Minimum gewährleistet werden (BSG, Urteil vom 12.07.2012 - B 4 AS 153/11 R, RdNr. 60 bei juris). Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil für besondere Bedarfslagen im Bereich der Mobilität, etwa im Rahmen der Gewährung von Leistungen zur Eingliederung gem. § 16 SGB II, ergänzende Regelungen zur Übernahme weiterer Fahrtkosten getroffen worden sind.

Aus dem Verbot der Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen (Art. 3 Abs. 3 Satz 2GG iVm der UN-Behindertenrechtskonvention - UN-BRK - ergibt sich keine andere Beurteilung. Eine Verpflichtung den Regelbedarf für Menschen mit Behinderung grundsätzlich anzuheben folgt aus diesem Gebot nicht (vgl. auch Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 21.09.2017 - L 4 AS 318/15, RdNr. 35), weil allein das Vorliegen einer Behinderung nicht ohne weiteres zu abweichenden Bedarfen, auch nicht zu abweichenden Bedarfen im Bereich der Mobilität, führt. Ausreichend ist deshalb, dass der Gesetzgeber für besondere Bedarfslagen von Menschen mit Behinderung zusätzliche Leistungen vorsieht. Dieser Verpflichtung ist der Gesetzgeber beispielsweise durch § 21 Abs. 4 SGB II oder durch den mit dem Nachteilsausgleich G verbundenen Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im Nahverkehr nachgekommen.

2.
Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum auch keinen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs für die Kosten der Mobilität. Ein diesbezüglicher Anspruch ist allerdings auch im Rahmen des Verfahrens auf Gewährung höherer (Regel)Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu prüfen ist (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 30/13 R, RdNr. 12 bei juris; BSG, Urteil vom 24.02.2011 - B 14 AS 49/10 R, RdNr. 13 bei juris). Der hier allein in Betracht zu ziehende Anspruch auf Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II setzt einen unabweisbaren besonderen Bedarf voraus, der insbesondere nicht durch Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Hilfebedürftigen gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Es muss eine atypische Bedarfslage vorliegen. Dieses Erfordernis gilt insbesondere für Fahrtkosten, da diese Kosten grundsätzlich bereits im Regelbedarf enthalten sind. Der Anspruch setzt deshalb in diesem Bereich voraus, dass über die üblichen Fahrten im Alltag hinaus besondere Fahrten - beispielweise zur Gewährleistung des Umgangsrechts - anfallen, die einen speziellen und zusätzlichen Bedarf begründen (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 30/13 R, RdNr. 20 bei juris). Der vom Kläger geltend gemachte Mehrbedarf für Fahrten zu Ärzten oder Selbsthilfegruppen weicht aber nicht erheblich von dem üblichen Mobilitätsbedarf ab. Der Kläger macht geltend, dass er zur gesellschaftlichen oder sozialen Teilhabe, die für seine Genesung und psychische Stabilisierung erforderlich ist, auf die Nutzung eines Pkw angewiesen ist. Der damit verbundene Bedarf liegt aber nicht über dem Bedarf, den andere Leistungsbezieher haben, die anstelle des öffentlichen Nahverkehrs ein eigenes Kraftfahrzeug nutzen. Die Klinik, in der der Kläger therapiert wird, liegt in seinem Wohnort I, der Freundeskreis psychisch kranker und gesunder Menschen, an dem Kläger nach eigenen Angaben regelmäßig teilnimmt, liegt in dem lediglich knapp 8 Kilometer entfernten Menden. Beide Fahrtstrecken können vom körperlich nicht beeinträchtigten Kläger beispielsweise auch mit Hilfe eines Fahrrads zurückgelegt werden. Ein erheblicher besonderer Bedarf, wie er beispielweise bei regelmäßig erforderlichen Fahrten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts entsteht, wenn die Wohnorte der getrenntlebenden Eltern weit voneinander entfernt sind, ist daher nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür nicht vorliegen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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