Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 13 U 28/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 196/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 253/18 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt gegenüber der Beklagten die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2101 (BK 2101) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV - Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können).
Der Kläger war von 1972 bis April 2000 als Heizungsmonteur beschäftigt. Unter dem 03. Juli 2009 zeigte der Orthopäde B der Beklagten den Verdacht einer beim Kläger bestehenden BK an und berichtete über eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung beider Ellenbogengelenke mit Druckschmerz am radialen Epicondylus. Ebenfalls unter dem 09. Juli 2009 gab der Kläger der Beklagten gegenüber eine Arbeitsplatzbeschreibung ab, wonach sein Tätigkeitsfeld sehr vielschichtig gewesen sei und von grober, reiner Kraftarbeit bis hin zu filigranen Präzisionsarbeiten gereicht habe. Zumeist sei es reine Knochenarbeit gewesen. Durch jahrelange und sich ständig wiederholende extreme und überdurchschnittliche Belastungen der Arme sei eine chronische Erkrankung der Sehnen- und Muskelansätze sowie der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes entstanden. Schweißschläuche seien hochzuhalten gewesen, wodurch die Ellenbogengelenke sehr stark beansprucht worden seien. Es seien Unfälle hinzugekommen. Er habe u.a. auch Stahlrohre biegen, Heizkörper tragen und viel im Knien arbeiten müssen. Zur Untermauerung seines Vorbringens legte er ein für die Deutsche Rentenversicherung erstelltes ärztliches Gutachten des Allgemeinmediziners K vom 06. November/ 18. Dezember 2000 vor, aus welchem als Gesundheitsstörungen eine Meniskusreizung am rechten Kniegelenk, Belastungsschmerz im Lendenwirbelsäulenbereich ohne nennenswerte Funktionseinschränkung und eine Sehnenansatzreizung im Bereich des rechten Ellenbogengelenks hervorgingen. Hieraus leitete der Gutachter ab, dass Zwangshaltungen und Belastungen im Bereich der Wirbelsäule, des rechten Kniegelenks und bei Kraftanstrengungen im Bereich des rechten Ellenbogengelenks besondere Probleme bereiteten. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Heizungsmonteur solle der Kläger nicht mehr eingesetzt werden. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei der Kläger vollschichtig belastbar für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne Heben und Tragen über 15 kg ohne Zwangshaltungen und ohne häufiges Bücken, Hocken oder Knien. Vermieden werden müssten Leiter- und Gerüstarbeiten ebenso wie stereotype Bewegungsabläufe beider Arme und Hände einschließlich grober Kraftanwendung.
Laut einer von der Beklagten eingeholten Stellungnahme ihrer Präventionsabteilung vom 18. November 2009 führte der Kläger zwar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Bewegungsabläufe durch, die als Belastungsparameter zu biomechanisch relevanten Beanspruchungen im Sinne einer BK 2101 geführt hätten, jedoch habe eine tägliche Einwirkungsdauer von mindestens drei Stunden über einen Zeitraum von fünf Jahren nicht vorgelegen. Laut gewerbeärztlicher Stellungnahme vom 06. Januar 2010 lagen die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK 2101 nicht vor. Mit Bescheid vom 14. Januar 2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 2101 gegenüber dem Kläger ab. Zur Begründung wurde auf das Fehlen der arbeitstechnischen Voraussetzungen verwiesen. Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch vom 11. Februar 2010 verwies der Kläger darauf, dass bei ihm eine Epikondylitis humeri diagnostiziert worden sei und die Beschwerden bereits in den 70er Jahren angefangen hätten. Er habe oft unter Zwangshaltungen arbeiten müssen und unterschiedliche Verrichtungen zu vollführen gehabt. So habe u.a. das Handgelenk in Überellenbogen-/ -schulterhöhe bzw. beim Schraubendrehen und Hämmern einsetzen müssen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02. März 2010 als unbegründet zurück.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 19. März 2010 zum Sozialgericht Cottbus (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Dieses hat Befundberichte von den Kläger behandelnden Ärzten und das schriftliche Sachverständigengutachten der Chefärztin der Orthopädischen Klink des C-Klinikums C Dr. S vom 02. Januar 2012 eingeholt, wonach zwar beim Kläger als für eine BK 2101 relevante Erkrankung eine Epicondylopathia humeri radialis et ulnaris beidseitig (mehr rechts als links) bestehe, jedoch gegen die Annahme einer BK die lange Zeitdauer zwischen der Aufgabe der beruflichen Tätigkeit im Jahr 2000 und der weiterhin deutlich vorhandenen Beschwerdesymptomatik bestehe. Üblicherweise klängen Tendinopathien bei Aufgabe der die Krankheit auslösenden Tätigkeit in ihrer Intensität deutlich ab oder verlören sich gänzlich, wohingegen der Kläger über gleichbleibende, zum Teil verstärkte Beschwerden berichte. Nachdem sich der Kläger unter dem 01. Juni 2012 kritisch mit dem Gutachten auseinandergesetzt hatte, hat das SG die Klage mit Urteil vom 11. November 2015 abgewiesen und sich zur Begründung auf das Ergebnis der Begutachtung der Sachverständigen Dr. S bezogen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 19. November 2015 zugestellte Urteil am 24. November 2015 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen sehr wohl erfüllt seien. Zur Untermauerung seines Vorbringens hat er eine Erklärung des seines ehemaligen Produktionsleiters W G vom 26. August 2008 vorgelegt und dessen Vernehmung angeregt. Ferner hat der Kläger angeregt, eine weitere arbeitstechnische Stellungnahme der Präventionsabteilung der Beklagten einzuholen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 11. November 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 02. März 2010 aufzuheben und festzustellen, dass bei ihm eine Erkrankung nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat das schriftliche Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. W vom 25. Oktober 2016 eingeholt. Dieser hat u.a. darauf verwiesen, dass während der Berufsausübung des Klägers kein für die BK 2101 relevantes behandlungspflichtiges Krankheitsbild festgestellt worden sei. Die Diagnose einer bereits zur Zeit der belastenden Tätigkeit bestandenen Epicondylopathia beruhe allein auf subjektiven Schilderungen des Klägers. Eine Berufsaufgabe sei Zeit seines Berufslebens nicht erfolgt. Ärztliche Konsultationen seien bis zur Aufgabe der belastenden Tätigkeit nicht verzeichnen. Das auf Veranlassung der Deutschen Rentenversicherung eingeholte Gutachten aus dem November 2000 enthalte u.a. im Wesentlichen nur den Verweis auf eine nicht spezifizierte Sehnenansatzreizung. Angaben zu Funktionsstörungen, zur Schwere der Erkrankung am rechten Ellenbogen, Behandlungsintensität etc. fänden sich nicht. Bei der Begutachtung sei über dem äußeren Ellenbogenknorren ein angedeuteter Druckschmerz festgestellt worden. Die Epicondylen seien normal gewesen. Eine Auswirkung auf die Gesamtbeweglichkeit des Ellenbogens bzw. der angrenzenden Handgelenke habe diese dezente Symptomatik nicht. Insofern ließen sich allenfalls vereinzelte Hinweise dafür finden, dass es zu blanden Reizungen der radialen Sehnenansätze am rechten Ellenbogen gekommen sei. Therapien und Arbeitsunfähigkeiten hätten diese während der Berufsausübung nicht ausgelöst. Behandlungen seien erst acht Jahre später aufgenommen worden. Zudem enthielten die zeitnah zum Jahr 2000 (Berufsende) erstellen Behandlungsberichte keine Hinweise für eine vordergründige Schmerzerkrankung mit dazu passenden Funktionsausfällen. Auch sei es nicht zu einer Tätigkeitsaufgabe gekommen. Dies bedeute, dass insbesondere während der Berufsausübung kein behandlungspflichtiges Krankheitsbild aufgezeigt werden könne, welches sich innerhalb der BK 2101 wiederfinde.
Auf Antrag des Klägers ist das schriftliche Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. L vom 05. April 2018 eingeholt worden. Dieser hat u.a eine Epikondylitis humeri radialis beidseits (mehr rechts als links) diagnostiziert und anders als Dr. W, dessen Schlussfolgerungen für sich betrachtet prinzipiell richtig seien, darauf verwiesen, dass der Kläger aus Angst vor einem Arbeitsplatzverlust die Tätigkeit nicht aufgegeben habe bzw. sich nicht habe krankschreiben lassen und letztlich die Insolvenz des Arbeitgebers einer Tätigkeitsaufgabe des Klägers zuvorgekommen sei. Die Beteiligten haben im Erörterungstermin vom 01. November 2018 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Berichterstatter kann, weil die vorliegende Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch von grundsätzlicher Bedeutung ist, in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens anstelle des Senats im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. §§ 155 Abs. 3 und 4, 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des SG vom 11. November 2015 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 02. März 2010 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung bzw. Feststellung einer bei ihm bestehenden BK 2101.
Als Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung gilt nach § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) auch eine BK. BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung (BKV) mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet (§ 9 Abs. 1 SGB VII). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen.
Gemäß diesen Vorgaben lassen sich bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggf. bei einzelnen Listen-BKen einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R – in SozR 4-2700 § 9 Nr. 7 und vom 09. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O.). Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten BKen gehört auch die BK 2101 (Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können).
Von diesen Voraussetzungen ausgehend ist nach dem Gesamtergebnis der arbeitstechnischen und medizinischen Ermittlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht nachgewiesen, dass die BK 2101 beim Kläger vorliegt. Die Erfüllung des Tatbestands der BK 2101 (vgl. etwa Beschluss des erkennenden Senats vom 25. November 2010 – L 3 U 9/10 –, zitiert nach juris Rn. 24 ff.) bestimmt sich nach folgenden Kriterien:
Nach dem Merkblatt zur BK 43 der Anlage 1 zur 7. BKVO (Bekanntmachung des BMA vom 18. Februar 1963, BArbBl. Fachteil Arbeitsschutz 1963, 24 f.; geändert durch Bekanntmachung des BMAS vom 01. Dezember 2007, GMBl. 2008 S. 2; abgedruckt bei Mehrtens/ Brandenburg, Kommentar zur BKV, Stand Januar 2018, M 2101), kann die Erkrankung durch einseitige langdauernde mechanische Beanspruchung und ungewohnte Arbeiten aller Art bei fehlender oder gestörter Anpassung entstehen. Krankheitsbilder sind nach Abschnitt II des Merkblattes (a.a.O.) die Paratenonitis (Tendovaginitis crepitans), Periostosen an Sehnenansätzen (Epicondylitis und Styloiditis) sowie in seltenen Fällen die Tendovaginitis stenosans. Nicht unter die BK fallen die Folgezustände degenerativer oder anderer Veränderungen an den Gelenken, insbesondere der Halswirbelsäule. Als für die Verursachung ursächlich anzusehende berufliche Einwirkungen kommen einseitige, langandauernde mechanische Beanspruchungen wie
1. kurzzyklische, repetitive feinmotorische Handtätigkeiten mit hoher Bewegungsfrequenz (mindestens 10.000 Bewegungsabläufe pro Stunde = 3 pro Sekunde), bei denen im Handbereich dieselben Muskeln und Sehnen unter gleichartiger Belastung betätigt werden. Gemeint sind dabei Wiederholungen immer der gleichen Bewegungsabläufe mit stets einförmiger Belastung der entsprechenden Muskel- und Sehnengruppen, überwiegend der Streckseite (Beispiele: Maschinenschreiben, Klavierspielen),
2. hochfrequente, gleichförmige, feinmotorische Tätigkeiten, bei unphysiologischer, achsenungünstiger Auslenkung im Handgelenk (Beispiele: Stricken, Handnähen, Stopfen; Verwendung von PC-Tastatur und Maus als Eingabegerät des PC, wenn die Fingersehnen durch einen ungünstigen Winkel der Hand zum Unterarm umgelenkt werden),
3. Überbeanspruchung durch ungewohnte Arbeiten aller Art bei fehlender oder gestörter Anpassung bzw. bei repetitiver Arbeitsverrichtung mit statischen und dynamischen Anteilen, bei denen eine einseitige von der Ruhestellung stark abweichende Haltung der Gliedmaßen erforderlich ist mit hoher Auslenkung des Handgelenks bei gleichzeitig hoher Kraftanwendung (Beispiele: Drehen, Montieren und Bügeln),
4. forcierte Dorsalextensionen der Hand (Beispiele: Rückhandschlag beim Tennis, Hämmern),
5. monoton wiederholte oder plötzlich einsetzende Aus- und Einwärtsdrehungen der Hand und des Vorderarms (Beispiel: Betätigen eines Schraubendrehers)
in Betracht.
Das Erfordernis einer arbeitstäglichen Dauer dieser Einwirkung von mindestens drei Stunden bei einer Gesamtbelastungszeit von in der Regel fünf Jahren wird zusehends in Frage gestellt (vgl. Mehrtens/ Brandenburg, a.a.O., Anm. 4.3; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Kap. 20.1, S. 1165). Diese entzündlichen Veränderungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze treten relativ kurzfristig - innerhalb des ersten halben Jahres - nach nicht gewohnter einseitiger Belastung bei entweder fehlender Anpassung oder aber aufgrund körperlicher Gegebenheiten auf. Die akute entzündliche Reaktion kann in ein chronisches Stadium übergehen oder bei entsprechender Belastung immer wieder aufflackern, weshalb ihr dann der Status einer BK zugeordnet wird (vgl. Mehrtens/ Brandenburg, a.a.O., Anm. 4.4; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O., S. 1241 f.). Langjährige Schwerarbeit, auch "eintönige Fließarbeit", kommen als arbeitstechnische Voraussetzung nicht in Betracht. Hier ist eine rasche Gewöhnung (Trainingseffekt) zu erwarten, die eine Störung des Anpassungsgleichgewichts verhindert (Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O., S. 1241; Mehrtens/ Brandenburg, a.a.O., Anm. 4.1).
Dies zugrunde kann dahinstehen, ob im nach 128 Abs. 1 S. 1 SGG erforderlichen Maße eines Vollbeweises vom Vorliegen einer für die Verursachung einer BK 2101 geeigneten beruflichen Einwirkung ausgegangen werden kann. Dagegen sprechen indes folgende Umstände: Die Erhebungen des Präventionsdiensts lassen auch unter Einbeziehung des eindringlichen und äußerst plastischen Vorbringens des Klägers wohl keine Fehler erkennen und in der Tat wohl keinen Rückschluss auf eine für die BK 2101 einschlägige Arbeitsbelastung und -gefährdung zu. Für eine der vorgenannten fünf Fallgruppen gefährdender Tätigkeiten vergleichbare Belastung liegen zwar im Hinblick auf eine etwa bei der Heizkörpermontage hohen Auslenkung des Handgelenks bei gleichzeitig hoher Kraftanwendung oder im Hinblick auf den wiederholten Schraubendrehereinsatz Anhaltspunkte vor. Es dürfte sich bei den vom Kläger geschilderten und vom Präventionsdienst der Beklagten zugrunde gelegten Bewegungsabläufen auch um sich wiederholende Drehbewegungen handeln. Dies reicht indes wohl noch nicht aus, einen Belastungsgrad für die Sehnen(-ansätze) zu erreichen, wie er bei den vorstehenden Fallgruppen gegeben ist. Denn der Kläger führte wiederholt aus, dass sich eher feinmotorisch geprägte Verrichtungen mit körperlicher Schwerstarbeit abwechselten. Seinen Angaben zufolge zumeist um reine Knochenarbeit (vgl. seine Arbeitsplatzbeschreibung vom 09. Juli 2009). Seinen Tätigkeitsschilderungen zufolge waren seine Verrichtungen gerade nicht etwa durch langandauernd einseitigen Schraubendrehereinsatz geprägt, sondern durch eine Vielzahl von zum Teil körperlich schweren Verrichtungen wie Schraubendrehen, Montieren, Tragen schwerer Gegenstände und Lasten, Fahrten zu den Baustellen, Stemmarbeiten etc. Die für die BK 2101 typischerweise geforderte einseitige Dauerbelastung dürfte mithin nicht vorliegen.
Von alldem abgesehen fehlt es jedenfalls an einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Erkrankung des Klägers – die Erfüllung der arbeitsmedizinischen Voraussetzungen hierfür unterstellt – auf eine berufliche Einwirkung zurückzuführen ist. Es fehlt hier am Nachweis einer frühzeitig, d.h. innerhalb des ersten halben Jahres (vgl. Mehrtens/ Brandenburg, a.a.O., M 2101 Anm. 5) aufgetretenen Erkrankung (vgl. auch LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 14. April 2005 – L 1 U 18/03 -, zitiert nach juris Rn. 24 ff.). Dafür dass die Beschwerden überhaupt bereits unter der Berufsausübung seit Anfang der Siebziger Jahre aufgetreten wären, fehlt es schlichtweg an belastbaren Befunden. Eben hierauf weist Dr. W in seinem im Berufungsverfahren eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten nachvollziehbar hin und verwirft – im Einklang mit dem vorzitierten arbeitsmedizinischen Fachschrifttum – in Ermangelung eines zeitnah zur Arbeitsaufgabe einschlägig dokumentierten Krankheitsbilds einen beruflichen Zusammenhang mit der erst nach der Tätigkeitsaufgabe ärztlich diagnostizierten Epicondylitis. Dabei setzt sich Dr. W eingehend insbesondere mit dem auf Veranlassung der Deutschen Rentenversicherung eingeholten Gutachten aus dem November/ Dezember 2000 auseinander und führt hierbei zutreffend aus, dass es im Wesentlichen nur den Verweis auf eine nicht spezifizierte Sehnenansatzreizung und keine Angaben zu Funktionsstörungen, zur Schwere der Erkrankung am rechten Ellenbogen und zur Behandlungsintensität enthält. Er setzt dies schlüssig zum von ihm erhobenen körperlichen Untersuchungsbefund in Beziehung (über dem äußeren Ellenbogenknorren ein angedeuteter Druckschmerz, Epicondylen normal, keine Auswirkung auf die Gesamtbeweglichkeit des Ellenbogens bzw. der angrenzenden Handgelenke) und kann so in nachvollziehbarer Weise allenfalls vereinzelte Hinweise dafür finden, dass es zu blanden Reizungen der radialen Sehnenansätze am rechten Ellenbogen kam, ohne Therapien und Arbeitsunfähigkeiten bereits während der Berufsausübung ausgelöst zu haben. Hieraus ergibt sich in plausibler Weise seine Schlussfolgerung, dass sich der Nachweis einer im Wesentlichen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf berufliche Einflüsse beruhende Erkrankung i.S.d. BK 2101 mangels eines durch entsprechende Befunde belegten zeitlichen Zusammenhangs nicht führen lässt, womit er im Übrigen im Einklang mit den Zusammenhangserwägungen der Sachverständigen Dr. S in deren im ausgangsgerichtlichen Verfahren eingeholtem schriftlichem Sachverständigengutachten vom 02. Januar 2012 steht. Die Zusammenhangserwägungen von Dr. L vermögen demgegenüber nicht zu überzeugen. Vielmehr verweist er selbst in seinem auf Antrag des Klägers eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten vom 05. April 2018 darauf, dass die Zusammenhangserwägungen von Dr. W im Prinzip zuträfen. Soweit er von diesen dann allein unter Hinweis auf eine nach den Beschwerdeschilderungen des Klägers bereits früher indiziert gewesene Tätigkeitsaufgabe verweist, begibt er sich – mangels belastbarer medizinischer Befunde - in den Bereich des Spekulativen und vermag so gerade nicht die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines beruflichen Zusammenhangs zu plausibilisieren.
Vor diesem Hintergrund hat sich der Senat auch eingedenk der ihm aus § 103 SGG obliegenden Untersuchungsmaxime zu weiteren arbeitstechnischen Ermittlungen von Amts wegen nicht gedrängt gesehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist mangels Vorliegens eines Revisionszulassungsgrunds gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt gegenüber der Beklagten die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2101 (BK 2101) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV - Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können).
Der Kläger war von 1972 bis April 2000 als Heizungsmonteur beschäftigt. Unter dem 03. Juli 2009 zeigte der Orthopäde B der Beklagten den Verdacht einer beim Kläger bestehenden BK an und berichtete über eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung beider Ellenbogengelenke mit Druckschmerz am radialen Epicondylus. Ebenfalls unter dem 09. Juli 2009 gab der Kläger der Beklagten gegenüber eine Arbeitsplatzbeschreibung ab, wonach sein Tätigkeitsfeld sehr vielschichtig gewesen sei und von grober, reiner Kraftarbeit bis hin zu filigranen Präzisionsarbeiten gereicht habe. Zumeist sei es reine Knochenarbeit gewesen. Durch jahrelange und sich ständig wiederholende extreme und überdurchschnittliche Belastungen der Arme sei eine chronische Erkrankung der Sehnen- und Muskelansätze sowie der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes entstanden. Schweißschläuche seien hochzuhalten gewesen, wodurch die Ellenbogengelenke sehr stark beansprucht worden seien. Es seien Unfälle hinzugekommen. Er habe u.a. auch Stahlrohre biegen, Heizkörper tragen und viel im Knien arbeiten müssen. Zur Untermauerung seines Vorbringens legte er ein für die Deutsche Rentenversicherung erstelltes ärztliches Gutachten des Allgemeinmediziners K vom 06. November/ 18. Dezember 2000 vor, aus welchem als Gesundheitsstörungen eine Meniskusreizung am rechten Kniegelenk, Belastungsschmerz im Lendenwirbelsäulenbereich ohne nennenswerte Funktionseinschränkung und eine Sehnenansatzreizung im Bereich des rechten Ellenbogengelenks hervorgingen. Hieraus leitete der Gutachter ab, dass Zwangshaltungen und Belastungen im Bereich der Wirbelsäule, des rechten Kniegelenks und bei Kraftanstrengungen im Bereich des rechten Ellenbogengelenks besondere Probleme bereiteten. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Heizungsmonteur solle der Kläger nicht mehr eingesetzt werden. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei der Kläger vollschichtig belastbar für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne Heben und Tragen über 15 kg ohne Zwangshaltungen und ohne häufiges Bücken, Hocken oder Knien. Vermieden werden müssten Leiter- und Gerüstarbeiten ebenso wie stereotype Bewegungsabläufe beider Arme und Hände einschließlich grober Kraftanwendung.
Laut einer von der Beklagten eingeholten Stellungnahme ihrer Präventionsabteilung vom 18. November 2009 führte der Kläger zwar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Bewegungsabläufe durch, die als Belastungsparameter zu biomechanisch relevanten Beanspruchungen im Sinne einer BK 2101 geführt hätten, jedoch habe eine tägliche Einwirkungsdauer von mindestens drei Stunden über einen Zeitraum von fünf Jahren nicht vorgelegen. Laut gewerbeärztlicher Stellungnahme vom 06. Januar 2010 lagen die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK 2101 nicht vor. Mit Bescheid vom 14. Januar 2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 2101 gegenüber dem Kläger ab. Zur Begründung wurde auf das Fehlen der arbeitstechnischen Voraussetzungen verwiesen. Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch vom 11. Februar 2010 verwies der Kläger darauf, dass bei ihm eine Epikondylitis humeri diagnostiziert worden sei und die Beschwerden bereits in den 70er Jahren angefangen hätten. Er habe oft unter Zwangshaltungen arbeiten müssen und unterschiedliche Verrichtungen zu vollführen gehabt. So habe u.a. das Handgelenk in Überellenbogen-/ -schulterhöhe bzw. beim Schraubendrehen und Hämmern einsetzen müssen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02. März 2010 als unbegründet zurück.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 19. März 2010 zum Sozialgericht Cottbus (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Dieses hat Befundberichte von den Kläger behandelnden Ärzten und das schriftliche Sachverständigengutachten der Chefärztin der Orthopädischen Klink des C-Klinikums C Dr. S vom 02. Januar 2012 eingeholt, wonach zwar beim Kläger als für eine BK 2101 relevante Erkrankung eine Epicondylopathia humeri radialis et ulnaris beidseitig (mehr rechts als links) bestehe, jedoch gegen die Annahme einer BK die lange Zeitdauer zwischen der Aufgabe der beruflichen Tätigkeit im Jahr 2000 und der weiterhin deutlich vorhandenen Beschwerdesymptomatik bestehe. Üblicherweise klängen Tendinopathien bei Aufgabe der die Krankheit auslösenden Tätigkeit in ihrer Intensität deutlich ab oder verlören sich gänzlich, wohingegen der Kläger über gleichbleibende, zum Teil verstärkte Beschwerden berichte. Nachdem sich der Kläger unter dem 01. Juni 2012 kritisch mit dem Gutachten auseinandergesetzt hatte, hat das SG die Klage mit Urteil vom 11. November 2015 abgewiesen und sich zur Begründung auf das Ergebnis der Begutachtung der Sachverständigen Dr. S bezogen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 19. November 2015 zugestellte Urteil am 24. November 2015 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen sehr wohl erfüllt seien. Zur Untermauerung seines Vorbringens hat er eine Erklärung des seines ehemaligen Produktionsleiters W G vom 26. August 2008 vorgelegt und dessen Vernehmung angeregt. Ferner hat der Kläger angeregt, eine weitere arbeitstechnische Stellungnahme der Präventionsabteilung der Beklagten einzuholen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 11. November 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 02. März 2010 aufzuheben und festzustellen, dass bei ihm eine Erkrankung nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat das schriftliche Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. W vom 25. Oktober 2016 eingeholt. Dieser hat u.a. darauf verwiesen, dass während der Berufsausübung des Klägers kein für die BK 2101 relevantes behandlungspflichtiges Krankheitsbild festgestellt worden sei. Die Diagnose einer bereits zur Zeit der belastenden Tätigkeit bestandenen Epicondylopathia beruhe allein auf subjektiven Schilderungen des Klägers. Eine Berufsaufgabe sei Zeit seines Berufslebens nicht erfolgt. Ärztliche Konsultationen seien bis zur Aufgabe der belastenden Tätigkeit nicht verzeichnen. Das auf Veranlassung der Deutschen Rentenversicherung eingeholte Gutachten aus dem November 2000 enthalte u.a. im Wesentlichen nur den Verweis auf eine nicht spezifizierte Sehnenansatzreizung. Angaben zu Funktionsstörungen, zur Schwere der Erkrankung am rechten Ellenbogen, Behandlungsintensität etc. fänden sich nicht. Bei der Begutachtung sei über dem äußeren Ellenbogenknorren ein angedeuteter Druckschmerz festgestellt worden. Die Epicondylen seien normal gewesen. Eine Auswirkung auf die Gesamtbeweglichkeit des Ellenbogens bzw. der angrenzenden Handgelenke habe diese dezente Symptomatik nicht. Insofern ließen sich allenfalls vereinzelte Hinweise dafür finden, dass es zu blanden Reizungen der radialen Sehnenansätze am rechten Ellenbogen gekommen sei. Therapien und Arbeitsunfähigkeiten hätten diese während der Berufsausübung nicht ausgelöst. Behandlungen seien erst acht Jahre später aufgenommen worden. Zudem enthielten die zeitnah zum Jahr 2000 (Berufsende) erstellen Behandlungsberichte keine Hinweise für eine vordergründige Schmerzerkrankung mit dazu passenden Funktionsausfällen. Auch sei es nicht zu einer Tätigkeitsaufgabe gekommen. Dies bedeute, dass insbesondere während der Berufsausübung kein behandlungspflichtiges Krankheitsbild aufgezeigt werden könne, welches sich innerhalb der BK 2101 wiederfinde.
Auf Antrag des Klägers ist das schriftliche Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. L vom 05. April 2018 eingeholt worden. Dieser hat u.a eine Epikondylitis humeri radialis beidseits (mehr rechts als links) diagnostiziert und anders als Dr. W, dessen Schlussfolgerungen für sich betrachtet prinzipiell richtig seien, darauf verwiesen, dass der Kläger aus Angst vor einem Arbeitsplatzverlust die Tätigkeit nicht aufgegeben habe bzw. sich nicht habe krankschreiben lassen und letztlich die Insolvenz des Arbeitgebers einer Tätigkeitsaufgabe des Klägers zuvorgekommen sei. Die Beteiligten haben im Erörterungstermin vom 01. November 2018 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Berichterstatter kann, weil die vorliegende Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch von grundsätzlicher Bedeutung ist, in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens anstelle des Senats im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. §§ 155 Abs. 3 und 4, 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des SG vom 11. November 2015 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 02. März 2010 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung bzw. Feststellung einer bei ihm bestehenden BK 2101.
Als Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung gilt nach § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) auch eine BK. BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung (BKV) mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet (§ 9 Abs. 1 SGB VII). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen.
Gemäß diesen Vorgaben lassen sich bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggf. bei einzelnen Listen-BKen einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R – in SozR 4-2700 § 9 Nr. 7 und vom 09. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O.). Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten BKen gehört auch die BK 2101 (Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können).
Von diesen Voraussetzungen ausgehend ist nach dem Gesamtergebnis der arbeitstechnischen und medizinischen Ermittlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht nachgewiesen, dass die BK 2101 beim Kläger vorliegt. Die Erfüllung des Tatbestands der BK 2101 (vgl. etwa Beschluss des erkennenden Senats vom 25. November 2010 – L 3 U 9/10 –, zitiert nach juris Rn. 24 ff.) bestimmt sich nach folgenden Kriterien:
Nach dem Merkblatt zur BK 43 der Anlage 1 zur 7. BKVO (Bekanntmachung des BMA vom 18. Februar 1963, BArbBl. Fachteil Arbeitsschutz 1963, 24 f.; geändert durch Bekanntmachung des BMAS vom 01. Dezember 2007, GMBl. 2008 S. 2; abgedruckt bei Mehrtens/ Brandenburg, Kommentar zur BKV, Stand Januar 2018, M 2101), kann die Erkrankung durch einseitige langdauernde mechanische Beanspruchung und ungewohnte Arbeiten aller Art bei fehlender oder gestörter Anpassung entstehen. Krankheitsbilder sind nach Abschnitt II des Merkblattes (a.a.O.) die Paratenonitis (Tendovaginitis crepitans), Periostosen an Sehnenansätzen (Epicondylitis und Styloiditis) sowie in seltenen Fällen die Tendovaginitis stenosans. Nicht unter die BK fallen die Folgezustände degenerativer oder anderer Veränderungen an den Gelenken, insbesondere der Halswirbelsäule. Als für die Verursachung ursächlich anzusehende berufliche Einwirkungen kommen einseitige, langandauernde mechanische Beanspruchungen wie
1. kurzzyklische, repetitive feinmotorische Handtätigkeiten mit hoher Bewegungsfrequenz (mindestens 10.000 Bewegungsabläufe pro Stunde = 3 pro Sekunde), bei denen im Handbereich dieselben Muskeln und Sehnen unter gleichartiger Belastung betätigt werden. Gemeint sind dabei Wiederholungen immer der gleichen Bewegungsabläufe mit stets einförmiger Belastung der entsprechenden Muskel- und Sehnengruppen, überwiegend der Streckseite (Beispiele: Maschinenschreiben, Klavierspielen),
2. hochfrequente, gleichförmige, feinmotorische Tätigkeiten, bei unphysiologischer, achsenungünstiger Auslenkung im Handgelenk (Beispiele: Stricken, Handnähen, Stopfen; Verwendung von PC-Tastatur und Maus als Eingabegerät des PC, wenn die Fingersehnen durch einen ungünstigen Winkel der Hand zum Unterarm umgelenkt werden),
3. Überbeanspruchung durch ungewohnte Arbeiten aller Art bei fehlender oder gestörter Anpassung bzw. bei repetitiver Arbeitsverrichtung mit statischen und dynamischen Anteilen, bei denen eine einseitige von der Ruhestellung stark abweichende Haltung der Gliedmaßen erforderlich ist mit hoher Auslenkung des Handgelenks bei gleichzeitig hoher Kraftanwendung (Beispiele: Drehen, Montieren und Bügeln),
4. forcierte Dorsalextensionen der Hand (Beispiele: Rückhandschlag beim Tennis, Hämmern),
5. monoton wiederholte oder plötzlich einsetzende Aus- und Einwärtsdrehungen der Hand und des Vorderarms (Beispiel: Betätigen eines Schraubendrehers)
in Betracht.
Das Erfordernis einer arbeitstäglichen Dauer dieser Einwirkung von mindestens drei Stunden bei einer Gesamtbelastungszeit von in der Regel fünf Jahren wird zusehends in Frage gestellt (vgl. Mehrtens/ Brandenburg, a.a.O., Anm. 4.3; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Kap. 20.1, S. 1165). Diese entzündlichen Veränderungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze treten relativ kurzfristig - innerhalb des ersten halben Jahres - nach nicht gewohnter einseitiger Belastung bei entweder fehlender Anpassung oder aber aufgrund körperlicher Gegebenheiten auf. Die akute entzündliche Reaktion kann in ein chronisches Stadium übergehen oder bei entsprechender Belastung immer wieder aufflackern, weshalb ihr dann der Status einer BK zugeordnet wird (vgl. Mehrtens/ Brandenburg, a.a.O., Anm. 4.4; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O., S. 1241 f.). Langjährige Schwerarbeit, auch "eintönige Fließarbeit", kommen als arbeitstechnische Voraussetzung nicht in Betracht. Hier ist eine rasche Gewöhnung (Trainingseffekt) zu erwarten, die eine Störung des Anpassungsgleichgewichts verhindert (Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O., S. 1241; Mehrtens/ Brandenburg, a.a.O., Anm. 4.1).
Dies zugrunde kann dahinstehen, ob im nach 128 Abs. 1 S. 1 SGG erforderlichen Maße eines Vollbeweises vom Vorliegen einer für die Verursachung einer BK 2101 geeigneten beruflichen Einwirkung ausgegangen werden kann. Dagegen sprechen indes folgende Umstände: Die Erhebungen des Präventionsdiensts lassen auch unter Einbeziehung des eindringlichen und äußerst plastischen Vorbringens des Klägers wohl keine Fehler erkennen und in der Tat wohl keinen Rückschluss auf eine für die BK 2101 einschlägige Arbeitsbelastung und -gefährdung zu. Für eine der vorgenannten fünf Fallgruppen gefährdender Tätigkeiten vergleichbare Belastung liegen zwar im Hinblick auf eine etwa bei der Heizkörpermontage hohen Auslenkung des Handgelenks bei gleichzeitig hoher Kraftanwendung oder im Hinblick auf den wiederholten Schraubendrehereinsatz Anhaltspunkte vor. Es dürfte sich bei den vom Kläger geschilderten und vom Präventionsdienst der Beklagten zugrunde gelegten Bewegungsabläufen auch um sich wiederholende Drehbewegungen handeln. Dies reicht indes wohl noch nicht aus, einen Belastungsgrad für die Sehnen(-ansätze) zu erreichen, wie er bei den vorstehenden Fallgruppen gegeben ist. Denn der Kläger führte wiederholt aus, dass sich eher feinmotorisch geprägte Verrichtungen mit körperlicher Schwerstarbeit abwechselten. Seinen Angaben zufolge zumeist um reine Knochenarbeit (vgl. seine Arbeitsplatzbeschreibung vom 09. Juli 2009). Seinen Tätigkeitsschilderungen zufolge waren seine Verrichtungen gerade nicht etwa durch langandauernd einseitigen Schraubendrehereinsatz geprägt, sondern durch eine Vielzahl von zum Teil körperlich schweren Verrichtungen wie Schraubendrehen, Montieren, Tragen schwerer Gegenstände und Lasten, Fahrten zu den Baustellen, Stemmarbeiten etc. Die für die BK 2101 typischerweise geforderte einseitige Dauerbelastung dürfte mithin nicht vorliegen.
Von alldem abgesehen fehlt es jedenfalls an einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Erkrankung des Klägers – die Erfüllung der arbeitsmedizinischen Voraussetzungen hierfür unterstellt – auf eine berufliche Einwirkung zurückzuführen ist. Es fehlt hier am Nachweis einer frühzeitig, d.h. innerhalb des ersten halben Jahres (vgl. Mehrtens/ Brandenburg, a.a.O., M 2101 Anm. 5) aufgetretenen Erkrankung (vgl. auch LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 14. April 2005 – L 1 U 18/03 -, zitiert nach juris Rn. 24 ff.). Dafür dass die Beschwerden überhaupt bereits unter der Berufsausübung seit Anfang der Siebziger Jahre aufgetreten wären, fehlt es schlichtweg an belastbaren Befunden. Eben hierauf weist Dr. W in seinem im Berufungsverfahren eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten nachvollziehbar hin und verwirft – im Einklang mit dem vorzitierten arbeitsmedizinischen Fachschrifttum – in Ermangelung eines zeitnah zur Arbeitsaufgabe einschlägig dokumentierten Krankheitsbilds einen beruflichen Zusammenhang mit der erst nach der Tätigkeitsaufgabe ärztlich diagnostizierten Epicondylitis. Dabei setzt sich Dr. W eingehend insbesondere mit dem auf Veranlassung der Deutschen Rentenversicherung eingeholten Gutachten aus dem November/ Dezember 2000 auseinander und führt hierbei zutreffend aus, dass es im Wesentlichen nur den Verweis auf eine nicht spezifizierte Sehnenansatzreizung und keine Angaben zu Funktionsstörungen, zur Schwere der Erkrankung am rechten Ellenbogen und zur Behandlungsintensität enthält. Er setzt dies schlüssig zum von ihm erhobenen körperlichen Untersuchungsbefund in Beziehung (über dem äußeren Ellenbogenknorren ein angedeuteter Druckschmerz, Epicondylen normal, keine Auswirkung auf die Gesamtbeweglichkeit des Ellenbogens bzw. der angrenzenden Handgelenke) und kann so in nachvollziehbarer Weise allenfalls vereinzelte Hinweise dafür finden, dass es zu blanden Reizungen der radialen Sehnenansätze am rechten Ellenbogen kam, ohne Therapien und Arbeitsunfähigkeiten bereits während der Berufsausübung ausgelöst zu haben. Hieraus ergibt sich in plausibler Weise seine Schlussfolgerung, dass sich der Nachweis einer im Wesentlichen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf berufliche Einflüsse beruhende Erkrankung i.S.d. BK 2101 mangels eines durch entsprechende Befunde belegten zeitlichen Zusammenhangs nicht führen lässt, womit er im Übrigen im Einklang mit den Zusammenhangserwägungen der Sachverständigen Dr. S in deren im ausgangsgerichtlichen Verfahren eingeholtem schriftlichem Sachverständigengutachten vom 02. Januar 2012 steht. Die Zusammenhangserwägungen von Dr. L vermögen demgegenüber nicht zu überzeugen. Vielmehr verweist er selbst in seinem auf Antrag des Klägers eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten vom 05. April 2018 darauf, dass die Zusammenhangserwägungen von Dr. W im Prinzip zuträfen. Soweit er von diesen dann allein unter Hinweis auf eine nach den Beschwerdeschilderungen des Klägers bereits früher indiziert gewesene Tätigkeitsaufgabe verweist, begibt er sich – mangels belastbarer medizinischer Befunde - in den Bereich des Spekulativen und vermag so gerade nicht die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines beruflichen Zusammenhangs zu plausibilisieren.
Vor diesem Hintergrund hat sich der Senat auch eingedenk der ihm aus § 103 SGG obliegenden Untersuchungsmaxime zu weiteren arbeitstechnischen Ermittlungen von Amts wegen nicht gedrängt gesehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist mangels Vorliegens eines Revisionszulassungsgrunds gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.
Rechtskraft
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