L 5 AS 80/14

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 9 AS 916/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 80/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. Dezember 2013 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 23. Oktober 2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2010 verurteilt, die der Klägerin für die Monate November 2009 bis Februar 2010 darlehensweise gewährten Leistungen als Zuschuss zu bewilligen.

Der Beklagte hat die der Klägerin entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung der ihr für die Monate November 2009 bis Februar 2010 vom Beklagten darlehensweise bewilligten Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) als Zuschuss.

Die 1958 geborene Klägerin war zusammen mit ihrem Ehemann Miteigentümerin zu je ½ an einem Eigenheim. Auf dem Grundstück betrieb ihr Ehemann auch sein Gewerbe.

Die Klägerin zog am 8. September 2008 im Rahmen der Trennung von ihrem Ehemann aus dem Eigenheim aus und bewohnte fortan eine Mietwohnung. Im Juli 2009 reichte sie die Scheidung ein, die Ehe wurde im Juli 2010 geschieden.

Am 15. Mai 2009 gab sie beim Beklagten anlässlich einer persönlichen Vorsprache an, sie habe sich hinsichtlich der Verwertung des Hauses von Rechtsanwalt H ... beraten lassen. Ihr Ehemann habe ihr das Angebot unterbreitet, sie mit 15.000 EUR auszuzahlen. Dieses Angebot jedoch sei ihr zu niedrig.

Mit Bescheid vom 3. September 2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin vorläufig Leistungen für die Monate September 2009 bis Februar 2010. Unter dem 7. September 2009 forderte der Beklagte den Ehemann der Klägerin auf, über sein Einkommen und Vermögen Auskunft zu erteilen. Es liege ein gesetzlicher Forderungsübergang nach § 33 Abs. 1 SGB II vor. Der Ehemann gab unter dem 30. Dezember 2009 an, er verfüge außer einem Hausgrundstück (40.000 EUR) und einem PKW (3.000 EUR) weder über Einkommen noch Vermögen.

Bereits unter dem 21. September 2009 hatte der Gutachterausschuss beim Landesamt für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt den Verkehrswert des Eigenheims der Klägerin auf 40.000 EUR geschätzt.

In einem persönlichen Gespräch am 29. September 2009 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass das Grundstück zu verwerten sei. Auskünfte über etwaig noch bestehende Verbindlichkeiten seien bei den Banken einzuholen. Der Beklagte hörte die Klägerin zu einer beabsichtigten Bewilligung der SGB II-Leistungen als Darlehen ab 1. November 2009 an. Eine schriftliche Anhörung erfolgte mit Schreiben vom 30. September 2009.

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin SGB II-Leistungen unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 3. September 2009 nach § 45 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X) für die Monate November 2009 bis Februar 2010 in Höhe von 754,69 EUR/Monat als Darlehen.

Unter dem 23. November 2009 legte der Klägerin Widerspruch gegen diesen Bescheid ein. Das Grundstück sei weder veräußerbar noch beleihbar. Sie könne ihren Ehemann nicht zwingen, einer freiwilligen Vermögensverwertung zuzustimmen. Erst nach Rechtskraft der Scheidung könne sie ihn drängen, eine Entscheidung über das Hausgrundstück zu treffen. Auch eine Beleihung komme nicht in Betracht. Hierzu bedürfe es ebenfalls der Zustimmung des Ehemannes.

Mit Änderungsbescheid vom 17. Dezember 2009 passte der Beklagte die darlehensweise Bewilligung der Leistungen für die Monate Januar und Februar 2010 an die gestiegenen Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung an. Er bewilligte nunmehr 756,67 EUR/Monat.

In einem persönlichen Gespräch am 19. Februar 2010 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, dass ein Makler mit dem Verkauf des Hauses beauftragt worden sei. Dieser biete das Haus für 107.800 EUR zum Verkauf an.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2010 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Bescheid vom 23. Oktober 2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2009 finde seine rechtliche Grundlage in §§ 19 Satz 1, 23 Abs. 5 SGB II. Die Klägerin verfüge über Vermögen in Form eines hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück R ...straße ... in K ... Der Verkehrswert belaufe sich auf 40.000 EUR. Die Klägerin habe mithin ein Vermögen in Höhe von 20.000 EUR. Dieses übersteige das Schonvermögen in Höhe von 8.400 EUR. Der Verwertbarkeit des Vermögens stünden weder der Umstand des gemeinschaftlichen Vermögens noch eine behauptete fehlende bzw. eingeschränkte Veräußerungsbereitschaft des Miteigentümers entgegen. Die Klägerin könne jederzeit die Veräußerung bzw. Zwangsversteigerung betreiben. Die Verwertung sei auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Die Verkaufsbemühungen zu einem Preis von 107.800 EUR hätten noch zu keinem Ergebnis geführt. Zudem belaufe sich der Wert des Grundstücks auf 40.000 EUR. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der vom Gutachterausschuss ermittelte Verkehrswert als Kaufpreis auf dem Markt nicht zu erzielen sei.

Mit der am 23. März 2010 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Ziel, zuschussweise Leistungen zu erhalten, weiterverfolgt. Sie könne nicht gezwungen werden, einerseits zur Unzeit ihren Miteigentumsanteil unter Wert zu verkaufen und andererseits durch den Verkauf des Grundstücks nicht nur dem Gewerbe ihres Ehemannes die Grundlage zu entziehen. Damit beraube sie sich auch der Chance, Unterhalt vom Ehemann zu erhalten. Die Möglichkeit einer Zwangsversteigerung sei auch angesichts der langen Verfahrensdauer nicht hilfreich. Das Gutachten des Sachverständigenausschusses liege erheblich unter dem Sachwert von 107.000 EUR. Dies habe dazu geführt, dass der getrenntlebende Ehemann die vom Beklagten geschaffene Notsituation habe ausnutzen wollen. Für den Einsatz von 20.000 EUR habe er einen Gegenwert von 50.000 EUR erhalten wollen.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 13. Dezember 2013 die Klage abgewiesen. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt, der Klägerin sei die sofortige Verwertung des Hausgrundstücks möglich gewesen. Nach eigenen Angaben habe der damalige Ehemann angeboten, ihren Miteigentumsanteil am Grundstück für 20.000 EUR zu erwerben. Im Hinblick auf den tatsächlichen Wert des Grundstücks hätte dieser Verkauf für die Klägerin (k)eine besondere Härte bedeutet, sodass der Beklagte ihr die Leistungen für die Monate November 2009 bis Februar 2010 zu Recht als Darlehen gewährt habe.

Gegen das ihr am 16. Januar 2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Februar 2014 Berufung eingelegt. Im Wesentlichen trägt sie zur Begründung vor, das Hausgrundstück sei zu Unrecht mit 40.000 EUR bewertet worden. Sie habe das Angebot ihres Ehemannes, 20.000 EUR für ihren Miteigentumsanteil zu zahlen, nicht annehmen müssen. Er wäre auch gar nicht in der Lage gewesen, das Geld an sie zu zahlen. Er habe das Haus für 107.800 EUR bzw. 97.000 EUR zum Verkauf angeboten. Es könne angenommen werden, dass er das Grundstück unverzüglich an einen Dritten habe weiterverkaufen wollen, um aus dem erzielten Mehrerlös 20.000 EUR und eventuell angefallene Verzugszinsen an sie auszuzahlen. Sie sei auch nicht verpflichtet gewesen, während des Bestehens der Ehe eigene Verwertungsbemühungen gegen den Willen des Ehemannes anzustrengen. Dies habe sie erst nach der Scheidung tun können. So sei am 30. September 2010 ein Antrag auf Teilungsversteigerung gestellt worden.

Über den Verkauf des Grundstücks sei am 19. Dezember 2011 ein Kaufvertrag geschlossen worden. Der Kaufpreis habe 79.000 EUR betragen. Ihr sei am 11. Juli 2013 ein Betrag in Höhe von 23.805,76 EUR ausgezahlt worden.

Erst im Rahmen des Verkaufes habe sich herausgestellt, dass das Grundstück noch mit einer Grundschuld zugunsten der Wüstenrot Bausparkasse belastet war. Nach den ihr erst im Rahmen des Gerichtsverfahrens zur Kenntnis gelangten Vertragsunterlagen dieser Bausparkasse sei unter dem 17. Dezember 2007 ein Kreditvertrag i.H.v. 20.000 EUR geschlossen worden. Unter dem 7. September 2009 sei das Einverständnis zur Eintragung einer Grundschuld in Höhe von 33.233,97 EUR gegeben worden. Die schriftliche Einverständniserklärung trüge zwar ihre Unterschrift. Diese sei aber gefälscht worden. An die Bausparkasse sei nach dem Verkauf ein Ablösebetrag in Höhe von 32.348,92 EUR ausgezahlt worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. Dezember 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23. Oktober 2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2010 zu verurteilen, die der Klägerin für November 2009 bis Februar 2010 darlehensweise gewährten Leistungen als Zuschuss zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat darauf verwiesen, dass der damals getrenntlebende Ehemann der Klägerin nach ihren Angaben 20.000 EUR für den Miteigentumsanteil gezahlt hätte unabhängig von dem angenommenen Wert des Hausgrundstücks. Es seien weder eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung noch eine besondere Härte erkennbar.

Die Berichterstatterin hat am 16. Oktober 2018 telefonisch beim Prozessbevollmächtigten der Klägerin angefragt, wann diese das Kaufangebot vom damals getrenntlebenden Ehemann erhalten habe. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte u.a. einen Schriftsatz der damaligen Bevollmächtigten des Ehemannes vom 10. Dezember 2009 übersandt. In diesem hat sie ausgeführt, der Ehemann habe einen Käufer, der bereit sei, das Hausgrundstück für 50.000 EUR zu erwerben. Die Klägerin sollte sich dazu äußern, ob sie mit einem Verkauf zu diesem Preis einverstanden sei. Eine zeitnahe Reaktion auf dieses Angebot ist seitens der Klägerin nicht erfolgt.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin am Begehren, die streitgegenständlichen Leistungen als Zuschuss zu erhalten, ist mit insgesamt 3.022,72 EUR zu beziffern. Diesen Betrag muss sie nicht an den Beklagten zurückzahlen, wenn ihr die Leistungen als Zuschuss gewährt werden. Der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG notwendige Berufungswert ist überschritten.

Die Berufung ist begründet.

Streitgegenständlich ist der Bescheid des Beklagten vom 23. Oktober 2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2010. Dieser ersetzte die vorläufige Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 3. September 2009 für die Monate November 2009 bis Februar 2010. Der Beklagte setzte die Leistungsbewilligung in Form eines Darlehens endgültig fest.

Der Bescheid ist formell rechtmäßig.

Die Rechtmäßigkeit der geänderten Leistungsbewilligung beurteilt sich ausschließlich nach den für die abschließende Entscheidung nach vorangegangener vorläufiger Bewilligung maßgebenden Vorschriften des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II a.F. in Verbindung mit § 328 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (Arbeitsförderung – SGB III).

Der Beklagte hatte zunächst in Unkenntnis des Wertes des Hausgrundstücks und der Möglichkeit der Verwertung die Leistungen nur vorläufig festgesetzt.

Nach Vorliegen des Verkehrswertgutachtens hat er nach Prüfung des Vermögens die Leistungen entsprechend § 23 Abs. 5 SGB II a.F. als Darlehen bewilligt.

Zwar hat der Beklagte den Bescheid auf § 45 SGB X gestützt. Dies hindert im vorliegenden Fall jedoch nicht die Auslegung als endgültige Festsetzung der Leistungen.

Den Anforderungen an eine im Sinne von § 328 Abs. 3 SGB III "abschließende Entscheidung" genügt ein Bescheid, der den ursprünglichen Vorläufigkeitsvorbehalt aufhebt und die begehrte Leistung als die "zustehende Leistung" endgültig zuerkennt. Maßgebend für die zu treffende Entscheidung ist, ob für jeden Außenstehenden kein Zweifel über die nunmehr endgültige Bindungswirkung der abschließenden Entscheidung bestehen kann; anderenfalls wäre dem Schutzzweck der endgültigen Bewilligung im Hinblick auf ihre Funktion für den Vertrauensschutz insbesondere nach den §§ 45 und 48 SGB X nicht genügt (vgl. (BSG, Urteil vom 29. April 2015, B 14 AS 31/14 R (26), Juris).

Gemessen an diesen Maßstäben stellt der streitgegenständliche Bescheid eine endgültige Festsetzung der Leistungen dar.

Bereits aus dem Bescheidbetreff ("Bescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Form eines Darlehens"), der Überschrift "Bewilligungsbescheid" und dem Verfügungssatz ("nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) wird [Ihnen] unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse [ ...] für den Zeitraum vom 01.11.2009 bis 28.02.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 754,69 EUR als Darlehen bewilligt") wird deutlich, dass der Beklagte der Klägerin die Leistungen in Höhe von 754,69 EUR/Monat für die Monate November und Dezember 2009 bzw. in Höhe von 756,67 EUR/Monat für die Monate Januar und Februar 2010 als endgültige Leistungsfestsetzung in Form eines Darlehens bewilligen wollte. Durch die Angabe im Bescheid, der zurzeit gültige Bescheid werde hiermit zurückgenommen, hob der Beklagte eindeutig auch den Vorläufigkeitsvorbehalt des Bescheides vom 3. September 2009 auf. Für die Klägerin bestand kein Zweifel, dass ihr die Leistungen nunmehr endgültig zustehen sollten.

Der Umstand, dass der Beklagte die Aufhebung des Bescheides vom 3. September 2009 (fälschlicherweise) auf § 45 SGB X stützte, ändert hieran nichts. Dies dient lediglich der Rechtfertigung der bereits im Verfügungssatz genannten Rücknahme des genannten Bescheides.

Der Bescheid ist jedoch in materieller Hinsicht rechtswidrig.

Nach § 23 Abs. 5 SGB II a.F. sind Leistungen als Darlehen zu erbringen, soweit Hilfebedürftigen der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde. Sie können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

Das von der Klägerin seit September 2008 nicht mehr bewohnte Hausgrundstück ist kein geschütztes Vermögen im Sinne von § 12 Abs. 3 SGB II.

Nach § 12 Abs. 4 SGB II ist das Vermögen mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs. Wesentliche Änderungen des Verkehrswertes sind zu berücksichtigen.

Der Wert des Hausgrundstücks ist vorliegend mit 79.000 EUR anzunehmen. Zu diesem Preis ist es mit Kaufvertrag vom 19. Dezember 2011 verkauft worden. Das Verkehrswertgutachten vom 21. September 2009 hat sich insoweit als unrichtig herausgestellt. Es sind keine Anhaltspunkte gegeben, dass sich die Immobilienpreise von 2009 bis 2011 nahezu verdoppelt haben könnten. Auch ist nicht erkennbar, dass der Käufer einen Liebhaberpreis gezahlt haben könnte.

Vom Verkehrswert in Abzug zu bringen sind die auf dem Hausgrundstück lastenden Verbindlichkeiten. Ab September 2009 sicherte sich die Wüstenrot Bausparkasse einen Betrag in Höhe von 33.233,97 EUR in Form einer Grundschuld.

Der sich daraus ergebende Wert des hälftigen Miteigentumsanteils in Höhe von 22.883,02 EUR übersteigt das der Klägerin nach § 12 SGB II zustehende Schonvermögen in Höhe von 8.400 EUR.

Die Klägerin war jedoch nicht in der Lage, das Vermögen innerhalb des verbleibenden Bewilligungszeitraumes von November 2009 bis Februar 2010 zu verwerten. Es war zum damaligen Zeitpunkt unverwertbar, denn es war im Oktober 2009 völlig ungewiss, wann eine für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2009, B 14 AS 52/17 R (25), Juris).

Der Klägerin kann bis zur Scheidung im Juli 2010 nicht vorgehalten werden, keine Verwertungsbemühungen unternommen zu haben. Diese hätten der Zustimmung des getrenntlebenden Ehegatten bedurft (vgl. Staudinger/Eickelberg, Bürgerliches Gesetzbuch 2015, § 749, Rn. 60).

Wann ein Käufer für eine Erwerb zum Marktwert gefunden werden konnte, war völlig ungewiss. Der getrenntlebende Ehemann hatte selbst Bemühungen unternommen, das Haus zu verkaufen. Zum einen hatte er einen Makler beauftragt, der das Haus zu einem Preis von 107.800 EUR angeboten hatte. Zudem sei das Haus nach Bekunden der Klägerin privat inseriert worden für einen Preis von 97.000 EUR. Erst Ende 2011 konnte es zu einem Preis von 79.000 EUR veräußert werden.

Auch die Berücksichtigung des Angebots des damals getrenntlebenden Ehemannes, den Miteigentumsanteil abzukaufen, führt zu keinem anderen Ergebnis.

Es bedurfte keiner näheren Aufklärung, ob der Ehemann der Klägerin das Angebot unterbreitet hatte, ihren Miteigentumsanteil für 20.000 EUR abzukaufen, oder ob er (fehlinterpretiert von der Klägerin) bereit war, das Haus an einen vorhandenen Kaufinteressenten für 50.000 EUR zu veräußern. In jedem Fall stellt sich für den streitgegenständlichen Bewilligungsabschnitt das Hausgrundstück als unverwertbar dar.

Falls die Klägerin das Angebot erhalten haben sollte, ihren Miteigentumsanteil für 20.000 EUR an ihren Ehemann zu verkaufen, hätte dieser erst den Kaufpreis finanzieren müssen. Denn dem Beklagten gegenüber hatte er im Rahmen einer Vermögensauskunft angegeben, über kein Einkommen oder Vermögen außer dem Hausgrundstück (40.000 EUR) und einem PKW (3.000 EUR) zu verfügen. Er hätte den Kaufpreis mithin fremdfinanzieren müssen. Ob und ggf. wann er den Kaufpreis hätte zahlen können, war völlig ungewiss.

Das Angebot, das Hausgrundstück an einen vorhandenen Kaufinteressenten für 50.000 EUR zu verkaufen hätte sich als offensichtlich unwirtschaftlich dargestellt.

Offensichtlich unwirtschaftlich ist die Verwertung nach der Rechtsprechung des BSG dann, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht. Umgekehrt ist eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Verwertung ist auf das ökonomische Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers abzustellen. Es ist mithin zu ermitteln, welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand gegenwärtig auf dem Markt hat. Dieser gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüberzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 06. Mai 2010, B 14 AS 2/09 R (22) unter Verweis auf ein zur Verwertung von Lebensversicherungen ergangenes Urteil vom 6. September 2007, B 14/7b AS 66/06 R (23), beide zitiert nach Juris).

Ausgehend von einem Verkehrswert von 79.000 EUR hatte nach Abzug der damaligen Verbindlichkeiten das Grundstück einen Wert in Höhe von 45.766,03 EUR. Der hälftige Anteil der Klägerin machte mithin 22.883,01 EUR aus.

Der Verkauf des Hausgrundstücks für 50.000 EUR hätte unter Abzug der Verbindlichkeiten einen Erlös in Höhe von 16.766,03 EUR erbracht. Der hälftige Anteil der Klägerin hätte 8.383,02 EUR betragen. Gegenüber einem Verkauf zum Verkehrswert hätte sich ein Verlust in Höhe von 63,37% ergeben. Ein solcher Verlust ist auf jeden Fall offensichtlich unwirtschaftlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage.
Rechtskraft
Aus
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