Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 21 SF 274/14 E
Datum
-
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 12 SF 67/17 EK
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Es wird festgestellt, dass die Dauer des vor dem Sozialgericht Kiel unter dem Aktenzeichen S 21 SF 274/14 E geführten Erinnerungsverfahrens unangemessen war. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens hat das beklagte Land zu einem Drittel, der Kläger zu zwei Dritteln zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 1.400,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Entschädigung in Höhe von 1.400,00 EUR wegen unangemessener Dauer eines Prozesskostenhilfevergütungsverfahrens.
Der Kläger ist Rechtsanwalt und war den Klägerinnen des Hauptsacheverfahrens S 35 AS 935/13, denen mit Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 24. Oktober 2014 Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt worden war, beigeordnet. Das zugrundeliegende Klageverfahren war auf die Verurteilung des beklagten Jobcenters Kiel gerichtet, den Klägerinnen 74,00 EUR zu zahlen. In dieser Höhe war eine Überzahlung erfolgt und das Jobcenter hatte mit Änderungsbescheid vom 9. April 2013 eine Verrechnung mit dem Leistungsanspruch für den Monat Mai 2013 vorgenommen. Hiergegen hatte der Kläger namens und im Auftrag seiner Mandantinnen mit Schreiben vom 8. Mai 2013 Widerspruch eingelegt und diesen auch begründet. Am 16. Mai 2013 hatte er Klage erhoben und zugleich den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Kiel gestellt, das Jobcenter zu verpflichten, an die Antragstellerinnen 74,00 EUR zu zahlen. Nachdem dieses mit Änderungsbescheid vom 17. Mai 2013 dem Widerspruch abgeholfen hatte und die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 24. Oktober 2014 dem Jobcenter Kiel die Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten auferlegt und den Klägerinnen zugleich Prozesskostenhilfe für das Verfahren bewilligt.
Am 31. Oktober 2014 beantragte der Kläger, eine Vergütung von 406,75 EUR festzusetzen. Er gab an, für seine außergerichtliche Vertretung eine Geschäftsgebühr gemäß Vergütungsverzeichnis (VV) 2300-2303 nicht erhalten zu haben und berechnete die Verfahrensgebühr Nr. 3102,1008 VV zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG) in Höhe von 325,00 EUR.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen mit Beschluss vom 7. November 2014 auf 286,79 EUR fest. Zur Begründung führte sie aus, die Gebührenbestimmung des Klägers sei unbillig. Zwar habe er zu Recht die Mittelgebühr in Ansatz gebracht, jedoch nicht berücksichtigt, dass er bereits im Widerspruchsverfahren für die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens tätig gewesen und deshalb die verminderte Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG festzusetzen sei Demzufolge reduziere sich auch die Umsatzsteuer entsprechend.
Der Kläger legte am 19. November 2014 Erinnerung ein und machte geltend, es sei nicht zutreffend, dass er im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens mit dem klagegegenständlichen Anspruch vorbefasst gewesen sei. Die Klägerinnen hätten mit der als Leistungsklage statthaften Klage keinen Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsaktes verfolgt, sondern die Durchsetzung eines bereits beschiedenen Anspruches. In diesem Verwaltungsverfahren sei er nicht tätig geworden.
Am 16. Dezember 2014 beantragte der Kostenprüfungsbeamte bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht, die Erinnerung zurückzuweisen. Er führte aus, die Erinnerung sei unbegründet. Vorliegend richte sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG, weil eine Tätigkeit des Erinnerungsführers vorangegangen sei. Im Verfahren S 35 AS 935/13 sei beantragt worden, die einbehaltenen 74,00 EUR wieder an die Klägerinnen auszuzahlen. Die Aufrechnung sei mit Änderungsbescheid vom 9. April 2013 erfolgt. Gegen diesen Bescheid habe der Kläger Widerspruch eingelegt. Somit sei er bereits vorgerichtlich mit dem klagegegenständlichen Anspruch befasst gewesen.
Das Sozialgericht hat die Akte am 17. Dezember 2014 in das Sitzungsfach verfügt. Am 21. Dezember 2015 hat der Kläger Verzögerungsrüge i. S. d. § 198 Abs. 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) erhoben und geltend gemacht, der Umstand, dass seit der Stellungnahme des Kostenprüfungsbeamten vom 12. Dezember 2014 mehr als ein Jahr vergangen sei, gebe Anlass zur Vermutung, dass das Verfahren nicht innerhalb einer angemessenen Frist abgeschlossen werden könne. Das Sozialgericht hat den Schriftsatz vom 21. Dezember 2015 an den Erinnerungsgegner zur Kenntnis weitergeleitet und die Akte wieder in das Sitzungsfach verfügt.
Am 24. Juni 2016 hat der Kläger erneut Verzögerungsrüge erhoben. Zuvor hatte der Vorsitzende der 21. Kammer des Sozialgerichts Kiel am 8. Januar 2016 eine Generalverfügung erlassen, ihm im Falle von Verzögerungsrügen durch den Kläger die Akte nicht vorzulegen, sondern die Verzögerungsrüge in EUREKA zu vermerken, der Gegenseite die Verzögerungsrüge zur Kenntnis zu geben und die Akte wieder zur Frist bzw. ins Sitzungsfach zu hängen. Die Geschäftsstelle der 21. Kammer hat entsprechend gehandelt.
Am 13. Januar 2017 hat der Kläger nochmals Verzögerungsrüge erhoben, die gemäß der zuvor erlassenen Generalverfügung dem zuständigen Richter nicht vorgelegt wurde.
Mit Beschluss vom 8. März 2017 hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen und ist in der Begründung im Wesentlichen den Ausführungen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle und des Kostenprüfungsbeamten gefolgt.
Mit seiner am 14. September 2017 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht erhobenen Entschädigungsklage rügt der Kläger die unangemessene Dauer des Erinnerungsverfahrens. Er trägt vor, selbst wenn von der Gesamtdauer von rund 28 Monaten neben den zwei Monaten, in denen das Sozialgericht verfahrensfördernde Tätigkeiten entfaltet habe, noch eine zuzubilligende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit von 12 Monaten abgezogen würde, verbliebe eine unangemessene Dauer von rechnerisch 14 Monaten. Die bloße Feststellung einer überlangen Verfahrensdauer reiche in seinem Fall zur Wiedergutmachung nicht aus. Er selbst habe nicht zur Verlängerung des Verfahrens beigetragen. Das Verfahren sei nicht von geringer wirtschaftlicher Bedeutung, da er für seine Tätigkeit aufgrund der erfolgten Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausschließlich von der Staatskasse eine Vergütung verlangen könne und sich der im Erinnerungsverfahren streitige Betrag auf 119,96 EUR, mithin auf ca. 29 % der insgesamt geltend gemachten Vergütung belaufen habe. Er übe seinen Beruf als Rechtsanwalt im Wesentlichen aus, um eigenes Geld für sich und seine Familie zum Lebensunterhalt zu verdienen. Insoweit habe für ihn die Höhe seines Verdienstes ganz besondere Bedeutung. Letztlich sei die Entscheidung darüber, welche Vergütung er im Einzelfall erhalte, für ihn wichtiger als der Streitgegenstand von Ausgangsverfahren seiner Mandanten. In dem hier maßgeblichen Zeitraum ab 2014 habe er etwa 60.000,00 EUR pro Jahr an Umsatz erzielt. Hiervon habe er seinerzeit etwa 30.000,00 EUR Ausgaben gehabt, so dass ein Gewinn von etwa 30.000,00 EUR verblieben sei. Hiervon müssten wiederum Sozialversicherungsabgaben in Höhe etwa eines Drittels in Abzug gebracht werden. Seinerzeit habe er also ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 1.600,00 EUR erzielt. Der Kläger beantragt,
den Beklagten zur verurteilen, an ihn eine Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer in Höhe von 1.400,00 EUR nebst Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz als Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er räumt ein, dass das Erinnerungsverfahren ungebührlich lang gewesen sei. Allerdings reiche hier die Feststellung einer Überlänge als Wiedergutmachung auf andere Weise nach § 198 Abs. 4 S. 1 GVG aus. Es sei nicht ersichtlich, dass dem Kläger durch die zeitliche Verzögerung ein immaterieller Nachteil mit der zu fordernden Schwere der Belastung zugefügt worden sei. Mit Blick auf den Streitgegenstand müsse von einem minderschweren Fall ausgegangen werden, der objektiv für den Betroffenen keine große Bedeutung gehabt habe. Es sei lediglich um die präzise Höhe der Kostenfestsetzung gegangen und ein Mehranspruch von 119,96 EUR geltend gemacht worden. Daraus sei keine Belastung durch ein unwägbares Prozessgeschehen abzuleiten. Schließlich sei für den Kläger auch nicht zu erwarten gewesen, die Erinnerung könne erfolgreich sein. Bei der gerichtlichen Kostenfestsetzung sei im Wesentlichen für die Berechnung der festzusetzenden Gebühren und Auslagen auf das sogenannte "Kieler Kostenkästchen" abgestellt worden. Unter Zugrundelegung dieser Berechnungsmethode sei für den Kläger vorhersehbar gewesen, mit der Erinnerung nicht durchdringen zu können. Nachteile über die Verzögerung hinaus seien vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen worden. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Regelungen über Entschädigungen für überlange Gerichtsverfahren aufgrund ihrer materiellen Ausgestaltung Potential für rechtsmissbräuchliches Verhalten bieten könnten. Insbesondere bestehe die Gefahr, dass Prozesse von vornherein oder im Laufe ihres Fortgangs "zu Entschädigungszwecken ausgenutzt" würden. Die Möglichkeit der Geldentschädigung dürfe nicht als Selbstzweck fungieren und insbesondere keine "zusätzliche Einnahmequelle" für Prozessanwälte darstellen, insbesondere, wenn wie hier der Kläger bereits diverse gleich gelagerte Entschädigungsansprüche gegen ihn – den Beklagten – erhoben habe. Unabhängig davon sei für die Bewertung, ob die Sache von besonderer Bedeutung sei, im Entschädigungsverfahren zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in § 33 Abs. 3 RVG einen Beschwerdewert von 200,00 EUR normiert habe. Diese Wertgrenze habe Indizwirkung und spreche dafür, dass unterhalb dieses Betrages der Sache – finanziell – keine besondere Bedeutung beizumessen sei. Das dürfe im Rahmen des Entschädigungsrechts nicht konterkariert werden.
Der Kläger erwidert, entgegen der Auffassung des Beklagten dürfe das für einen Entschädigungsanspruch durch Geldzahlung aufgestellte Erfordernis der besonderen Bedeutung des verzögerten Verfahrens nicht dahingehend missverstanden werden, dass nur bei einer besonders großen Bedeutung des Rechtsstreits, also bei einer über den Bedeutungsgehalt üblicher Verfahren hinausgehenden Bedeutung, eine Geldentschädigung auszusprechen sei. Ansonsten würde der Ausschluss der Geldentschädigung nicht den Ausnahme-, sondern den Regelfall darstellen. Richtiger Weise sei die geforderte besondere Bedeutung daher nur dann als nicht gegeben zu erachten, wenn sich das verzögerte Verfahren durch eine oder mehrere entschädigungsrelevante Besonderheiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von vergleichbaren Fällen dadurch abhebe, dass es für den Antragsteller von nur geringer Bedeutung gewesen sei. Das vor dem Sozialgericht Kiel geführte Erinnerungsverfahren habe sich von vergleichbaren Fällen, also von Erinnerungsverfahren in Kostensachen nicht durch eine geringe Bedeutung abgehoben. In Erinnerungsverfahren über Kostensachen werde vielmehr im Regelfall über Geldbeträge gestritten, die der Höhe nach dem streitigen Betrag von 119,96 EUR entsprächen. Die Bedeutung des Erinnerungsverfahrens sei auch nicht etwa deshalb gering einzuschätzen, weil es sich um ein dem Hauptsacheverfahren nachgelagertes Verfahren handelt. Zwar habe das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 10. Juli 2014 – B 10 ÜG 8/13, Rn. 31 - angedeutet, dass die Verzögerung eines Erinnerungsverfahrens in Kostensachen grundsätzlich lediglich zu einer gerichtlichen Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer führen könne, weil die Bedeutung der Kostenentscheidung im Verhältnis zur Bedeutung des Hauptsacheverfahrens untergeordnet sei und im Mittelpunkt der Kostenentscheidung eher die finanziellen Interessen des Rechtsanwaltes stünden. Es habe aber zugleich herausgestellt, dass dies nur dann gelte, wenn die klagende Partei des Hauptsacheverfahrens auch erinnerungsführende Partei des Erinnerungsverfahrens sei. Das sei hier nicht der Fall. Für die Frage, ob eine Wiedergutmachung auf andere Weise als durch Entschädigung in Geld geleistet werden könne, komme es nach dem Gesetzestext auf die Umstände des Einzelfalls an. Die Gesetzesbegründung nenne hierzu lediglich beispielhaft die Bedeutung des Verfahrens. Als weiterer Gesichtspunkt werde in der nicht abschließenden Darstellung auch der Beitrag des Anspruchstellers zur Verzögerung des Verfahrens genannt. Das bedeute im Umkehrschluss, dass eine Wiedergutmachung auf andere Weise als durch Entschädigung in Geld dann nicht als ausreichend betrachtet werden könne, wenn das Gericht selbst in vorwerfbarer Weise den Anspruch auf zeitnahe Entscheidung vernachlässigt habe. Hier habe das Sozialgericht die von ihm – dem Kläger – in Form von Verzögerungsrügen getätigten Hinweise auf eine unangemessene Dauer des Verfahrens nicht nur übersehen, sondern sich im Wege des Erlasses der Generalverfügung vom 8. Januar 2016 sogar bereits der Kenntnisnahme solcher Verzögerungsrügen absichtsvoll entzogen. Damit sei ein Umstand gegeben, der eine Entschädigung in Geld gebiete. Die Höhe der Klageforderung folge aus der Pauschalierung der Entschädigung für immaterielle Nachteile. Deshalb sei die vom LSG Mecklenburg-Vorpommern im Urteil vom 8. Juni 2016 L 12 SF 9/14 EK AS, Rn. 25 - vertretene Auffassung, wonach Rechtsanwälte durch die Führung von Rechtsstreitigkeiten nicht in dem Maße psychisch belastet seien, wie juristische Laien, und ihnen nur Entschädigungsansprüche in Höhe von lediglich 120,00 EUR für jedes Jahr der Verzögerung eines Verfahrens zustehen sollten, verfehlt. Mit dieser Begründung werde auf in der Person des Entschädigungsklägers gegebene subjektive Gesichtspunkte abgestellt, die nach dem vom BSG dargestellten Gesetzeszweck gerade keine Berücksichtigung finden könnten. Unabhängig davon übersehe die zitierte Rechtsprechung des LSG Mecklenburg-Vorpommern, dass Rechtsanwälte zwar in ihrer Eigenschaft als für ihre Mandanten tätige Prozessbevollmächtigte eine gewisse Routine im Umgang mit Gerichtsverfahren entwickeln könnten, sie sich aber als selbst betroffene Partei eines Rechtsstreits keinen anderen psychischen Belastungen ausgesetzt sähen, als andere Beteiligte. Die Situation sei für Rechtsanwälte insoweit keine andere Situation als die eines durch jahrzehntelange Berufstätigkeit erfahrenen Zahnarztes, der sich einer Zahnwurzelbehandlung unterziehen müsse. Er erleide dieselben Schmerzen wie seine Patienten. Es sei auch nicht richtig, dass er – der Kläger – davon habe ausgehen müssen, dass die Erinnerung wegen der Anwendung des "Kieler Kostenkästchens" keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe. Zum einen habe sich die Erinnerung auf eine gewichtige Argumentation gestützt, mit der grundsätzliche und schwerwiegende Bedenken gegen die Anwendung einer schematisierten Ermittlung angemessener Rahmengebühren vorgebracht worden seien. Er habe sich diesbezüglich auf obergerichtliche Rechtsprechung berufen, so dass eine Erfolgsaussicht auch dann nicht von vornherein ausgeschlossen gewesen sei, wenn die Zuständigkeit für die Entscheidung in die 21. Kammer des Sozialgerichts Kiel fiel. Zum anderen sei nicht unbedingt damit zu rechnen gewesen, dass die Erinnerung überhaupt der 21. Kammer des Sozialgerichts Kiel zur Entscheidung vorgelegt werde. Möglich und denkbar sei auch gewesen, dass der Urkundsbeamte von der durch § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 1 RVG gegebenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hätte, der Erinnerung abzuhelfen oder einer anderen Kammer des Sozialgerichts Kiel die Kostensachen übertragen würden, die von der Anwendung des "Kieler Kostenkästchens" Abstand nehme, wie es seit Frühjahr 2017 tatsächlich der Fall sei. Soweit der Beklagte dem Beschwerdewert in § 33 Abs. 3 RVG Indizwirkung für die Beurteilung der Bedeutung im Entschädigungsverfahren beimesse, sei einzuwenden, dass hieraus keine Erkenntnisse über die individuelle Belastung des Betroffenen im Einzelfall abgeleitet werden könnten. Ebenso sei verfehlt, für die Bemessung der Entschädigung auf die Höhe des im verzögerten Rechtsstreit streitigen Zahlungsanspruches abzustellen. Eine solche Auffassung widerspräche dem Gesetzeszweck, den Anspruchsteller für seinen Nachteil zu entschädigen, der nicht in einem Vermögensnachteil bestehe. Aus demselben Grund verbiete es sich auch, die Entschädigung am Zinsnachteil zu bemessen. Zinsnachteile begründeten vielmehr einen Vermögensschaden, auf dessen Ersatz zwar die Vorschrift des § 198 Abs. 1 GVG einen Anspruch gewähre, der aber nicht Gegenstand des durch § 198 Abs. 2 GVG geregelten Anspruches auf Entschädigung für einen Nichtvermögensnachteil sein könne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verfahrensakten S 35 AS 935/13, S 21 SF 274/14 E und die Gerichtsakten verwiesen. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nur insoweit begründet, als der Kläger Anspruch auf Feststellung einer überlangen Verfahrensdauer des Erinnerungsverfahrens S 21 SF 274/14 E hat.
Es handelt sich um eine statthafte allgemeine Leistungsklage. Maßgebend für das Entschädigungsklageverfahren sind die §§ 198 ff. GVG sowie die §§ 183, 197a und 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG), jeweils in der Fassung vom 24. November 2011 (BGBl I S. 2302) und des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2554). Nach § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 202 Satz 2 SGG sind die Vorschriften des SGG über das Verfahren im ersten Rechtszug heranzuziehen. Nach § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Der Kläger stützt die Entschädigungszahlung auf § 198 GVG, wonach angemessen entschädigt wird, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet (Satz 1 der Vorschrift). Eine vorherige Verwaltungsentscheidung sieht das Gesetz nicht vor.
Die Klagefrist des § 198 Abs. 5 GVG (frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge und spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der verfahrensbeendenden Entscheidung oder einer anderen Erledigung des Verfahrens) ist hier gewahrt. Der Instanz beendende Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 8. März 2017 ist den Beteiligten des Erinnerungsverfahrens mangels Beschwerdemöglichkeit am 13. März 2017 formlos übersandt worden. Ein Zugang kann daher vor dem 14. März 2017 nicht angenommen werden. Die Entschädigungsklage ist am 14. September 2017, also innerhalb der Sechs-Monats-Frist, erhoben worden.
Der Kläger ist für die Entschädigungsklage aktivlegitimiert, nachdem er das Erinnerungsverfahren zuvor zu Recht im eigenen Namen betrieben hat. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG steht das Recht zur Einlegung der Erinnerung dem beigeordneten Rechtsanwalt zu. Das wird von dem Beklagten, der die Aktivlegitimation im Entschädigungsverfahren zunächst bestritten hatte, mittlerweile auch nicht mehr in Abrede gestellt.
Das beklagte Land ist passivlegitimiert (§ 200 Satz 1 GVG).
In der Sache ist die Entschädigungsklage allerdings nur in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet. Insbesondere ist der Beklagte nicht zur Zahlung einer Entschädigung zu verurteilen.
Gemäß § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs. 1 Satz 2 GVG). Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassen Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge, § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG). Dies ist der Fall, denn der Kläger hat am 21. Dezember 2015 erstmals eine Verzögerungsrüge erhoben. Weitere Verzögerungsrügen sind am 24. Juli 2016 und 13. Januar 2017 erhoben worden.
Die Verzögerungsrügen sind auch wirksam erhoben worden. Die Verzögerungsrüge kann gemäß § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG erst dann erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird. Diese Voraussetzungen waren bereits bei Erhebung der Verzögerungsrüge am 21. Dezember 2015 erfüllt. Das Sozialgericht war im Erinnerungsverfahren seit mehr als einem Jahr nicht mehr tätig gewesen, obwohl die Erinnerungsbegründung und die Erwiderung des Kostenprüfungsbeamten vorlagen und die Erinnerung somit entscheidungsreif war. Vor diesem Hintergrund war die Besorgnis, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird, zum Zeitpunkt der Erhebung der Verzögerungsrüge gerechtfertigt.
Das Erinnerungsverfahren war auch verzögert. Das wird selbst vom Beklagten eingeräumt.
Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Ausgangspunkt und erster Schritt der Angemessenheitsprüfung bildet die Feststellung der in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierten Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Kleinste relevante Zeiteinheit ist hierbei der Monat.
Das Ausgangsverfahren vor dem Sozialgericht Kiel begann mit dem Festsetzungsgesuch des Klägers vom 29. Oktober 2014, welches am 31. Oktober 2014 bei Gericht eingegangen war, und endete durch gerichtlichen Beschluss am 8. März 2017. Es erreichte damit eine Gesamtdauer von 28 Monaten.
In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Kriterien zu messen. Bei der Feststellung der Tatsachen, die zur Ausfüllung der von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten unbestimmten Rechtsbegriffe erforderlich sind, kommt dem Entschädigungsgericht ein erheblicher tatrichterlicher Beurteilungsspielraum zu (vgl. im einzelnen BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/13 R – juris).
Ob ein Verfahren als unangemessen lang zu bewerten ist, richtet sich demnach nicht nach starren Fristen, sondern nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Eine generelle Festlegung, wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, ist nicht möglich (am Maßstab von Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz [GG]: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 30. August 2016 – 2 BvC 26/14 – Vz 1/16; BVerfG, Beschluss vom 27. September 2011 – 1 BvR 232/11), zumal Zügigkeit oder Verfahrensbeschleunigung keine absoluten Werte sind, sondern stets im Zusammenhang mit den übrigen Verfahrensgrundsätzen, insbesondere dem Amtsermittlungsgrundsatz und dem damit korrespondierenden Interesse der Verfahrensbeteiligten an einer gründlichen und zutreffenden Bearbeitung durch das Gericht zu sehen sind. § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ist nach Entstehungsgeschichte und Zielsetzung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 6, 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) auszulegen (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB -, juris m.w.N.). § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benennt insoweit nur beispielhaft und ohne abschließenden Charakter Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit besonders bedeutsam sind.
Vor diesem Hintergrund ergibt die wertende Gesamtbetrachtung, dass die Verfahrensdauer des Erinnerungsverfahrens unangemessen lang war, nachdem die von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen zunächst zügig festgesetzt worden waren. Das Erinnerungsverfahren zeichnete sich weder durch eine besondere Schwierigkeit noch durch eine besondere Bedeutung aus. Insbesondere war entgegen dem Vorbringen der Beteiligten die Anwendung des sogenannten "Kieler Kostenkästchens" nicht streitig. Im Erinnerungsverfahren war ausschließlich darüber zu befinden, ob wegen des Tätigwerdens des Klägers im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 9. April 2013, mit dem eine Überzahlung in Höhe von insgesamt 74,00 EUR mit Leistungen im Mai 2013 verrechnet worden war, die verminderte Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG festzusetzen war. Vor diesem Hintergrund war die Verfahrensdauer des Erinnerungsverfahrens zweifellos unangemessen.
Zwar muss dem Gericht in jedem Fall eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen, um einer eventuellen Schwierigkeit und Komplexität der Rechtssache angemessen Rechnung tragen zu können. Zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ist dem Gericht ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen, der es ihm ermöglicht, dem Umfang und der Schwierigkeit der einzelnen Rechtssachen ausgewogen Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und welche Verfahrenshandlungen dazu erforderlich sind. So ist jedes Gericht berechtigt, einzelne (ältere und jüngere) Verfahren aus Gründen eines sachlichen oder rechtlichen Zusammenhangs zu bestimmten Gruppen zusammenzufassen oder die Entscheidung einer bestimmten Sach- oder Rechtsfrage als vordringlich anzusehen, auch wenn ein solches "Vorziehen" einzelner Verfahren zu einer längeren Dauer anderer Verfahren führt. Eine gleichzeitige inhaltlich tiefgehende Bearbeitung sämtlicher Verfahren ist aus tatsächlichen Gründen nicht möglich und wird auch von Art. 20 Abs. 3 GG beziehungsweise Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der EMRK nicht verlangt. Erst wenn die Verfahrenslaufzeit in Abwägung mit den weiteren Kriterien im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG auch bei Berücksichtigung dieses Gestaltungsspielraums sachlich nicht mehr zu rechtfertigen ist, liegt eine unangemessene Verfahrensdauer vor (BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 – III ZR 37/13 -, juris). Das BSG hat dies für den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit dahingehend konkretisiert, dass dem Ausgangsgericht bei Verfahren mit etwa durchschnittlicher Schwierigkeit und Bedeutung eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von bis zu zwölf Monaten eingeräumt werden könne, so dass insoweit inaktive Zeiten unschädlich seien und nicht zu einer unangemessenen Verfahrensdauer beitragen, selbst wenn sie – wie hier über einen längeren Zeitraum – nicht durch konkrete Verfahrensförderungsschritte begründet und gerechtfertigt werden können (BSG, Urteile vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/13 R -, Rn. 45 ff.; BSG, Beschluss vom 12. Februar 2015 – B 10 ÜG 7/14 B -, Rdn. 11; BSG, Urteil vom 12. Februar 2015 – B 10 ÜG 7/14 R -, Rn. 37, juris). Die zeitliche Lage dieser Vorbereitungs- und Bedenkzeit müsse und werde sich in der Regel nicht vollständig direkt an die Erhebung der Klage bzw. der Einlegung der Berufung anschließen, denn in dieser "Frühphase" sorge das Gericht normalerweise für einen Schriftsatzwechsel und ziehe Entscheidungsunterlagen bei. Die Vorbereitungs- und Bedenkzeit könne vielmehr auch am Ende der jeweiligen Instanz liegen und in mehrere, insgesamt zwölf Monate nicht übersteigende Abschnitte unterteilt sein. Angemessen bleibe die Gesamtverfahrensdauer regelmäßig zudem dann, wenn sie zwölf Monate überschreite, aber insoweit auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts beruhe oder durch Verhalten des Klägers oder Dritter verursacht werde, die das Gericht nicht zu vertreten habe (BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/13 R -).
In der Rechtsprechung der Landessozialgerichte ist diskutiert worden, ob diese Zeitspanne von 12 Monaten für Kostenerinnerungsverfahren nicht zu reduzieren sei. So vertritt das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern im Urteil vom 11. November 2015 – L 12 SF 23/14 EK AS – die Auffassung, dass bei Erinnerungsverfahren nur inaktive Zeiten von 6 Monaten als unschädlich anzusehen seien. Demgegenüber sprach sich das Sächsische Landessozialgericht im Urteil vom 22. Januar 2018 – L 11 SF 45/16 EK – dafür aus, dass in Bezug auf die Erinnerungsverfahren nach § 197 Abs. 2 SGG im dort zu entscheidenden konkreten Fall kein Anlass bestanden habe, die Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten zu verkürzen. Es gebe keinen Grund, den Gestaltungsspielraum des entscheidenden Richters bei einfach gelagerten Fällen - wie es die Erinnerungsverfahren häufig seien – zu verengen und das Gericht für verpflichtet zu erachten, solche Fälle gegenüber rechtlich schwierigeren oder tatsächlich ermittlungs- und damit zeitintensiveren Verfahren vorzuziehen. Dieser Rechtsprechung ist das Hessische Landessozialgericht im Urteil vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB – gefolgt. Ihr schließt sich auch der erkennende Senat an. Gerade in einem Erinnerungsverfahren wie dem vorliegenden, welches von nur geringer Bedeutung war und bei dem keine seine vordringliche Bearbeitung gebietenden Umstände (objektiv) vorlagen oder vom Kläger in verifizierbarer Art und Weise (subjektiv) geltend gemacht wurden, besteht kein Grund, die Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten zu verkürzen. Dem Gericht muss zudem die Ausnutzung von Synergieeffekten zugestanden werden, die sich aus dem Sammeln und dann gleichzeitigen Bearbeiten von gleichgelagerten Nebenverfahren ergeben können. Diesem Umstand war ersichtlich auch die beanstandete "Generalverfügung" des bearbeitenden Richters geschuldet.
Ausgehend davon ist hier eine inaktive Zeit ab 16. Dezember 2014 festzustellen. An diesem Tag ging der Erwiderungsschriftsatz des Erinnerungsgegners vom 12. Dezember 2014 beim Sozialgericht Kiel ein, der aufgrund richterlicher Verfügung vom selben Tag an den Erinnerungsführer weitergeleitet wurde. Danach wurde der Vorgang in das Sitzungsfach verfügt und dem zuständigen Richter nur noch einmal am 22. Dezember 2015 mit dem Schriftsatz vom 21. Dezember 2015 vorgelegt, mit dem Verzögerungsrüge i.S.d. § 198 Abs. 3 GVG erhoben wurde. Dieser Schriftsatz wurde aufgrund richterlicher Verfügung vom 13. Januar 2016 an den Erinnerungsgegner weitergeleitet und der Vorgang erneut in das Sitzungsfach verfügt. Eine erneute Vorlage der Verzögerungsrügen erfolgte aufgrund der Generalverfügung des Vorsitzenden der 21. Kammer des Sozialgerichts Kiel vom 8. Januar 2016, nach der im Falle von Verzögerungsrügen durch den Kläger die Akte nicht vorgelegt werden sollte, sondern die Verzögerungsrüge in EUREKA vermerkt, der Gegenseite zur Kenntnis gegeben und die Akte wieder zur Frist bzw. ins Sitzungsfach gehängt werden sollte, nicht mehr. Erst am 8. März 2017 wurde mit Beschluss die Erinnerung gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 7. November 2014 zurückgewiesen, so dass eine überlange Verfahrensdauer von 14 Monaten festzustellen ist.
Die Gesamtumstände des vorliegenden Falles rechtfertigen nach Auffassung des erkennenden Senats allerdings keine Entschädigung in Geld. Vielmehr ist eine Wiedergutmachung durch gerichtliche Feststellung der überlangen Verfahrensdauer ausreichend und angemessen.
Das hat bereits das BSG im Urteil vom 10. Juli 2014 (BSG, a.a.O.) für Kostenerinnerungsverfahren grundsätzlich in Erwägung gezogen und ausgeführt, dass Kostenerinnerungsverfahren nach Erledigung des vorangegangenen Hauptsacheverfahrens für die Beteiligten im allgemeinen von untergeordneter Bedeutung sein dürften. Im Mittelpunkt dürften finanzielle Interessen des Prozessbevollmächtigten stehen. Vor diesem Hintergrund sei eine genaue Differenzierung geboten, in wessen Person welche immateriellen Nachteile eingetreten seien, die eine Entschädigungszahlung rechtfertigen könnten.
Diesen Gedanken hat das Hessische Landessozialgericht im Urteil vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SG – aufgegriffen und die Feststellung der Überlänge des Verfahrens in einem Erinnerungsverfahren für ausreichend erachtet. Dabei hat es sowohl auf die äußerst geringe Bedeutung des Verfahrens für den Kläger – dort wurde nur um die Erstattung der Kosten für einige Fotokopien gestritten – abgestellt als auch darauf, dass bei Erinnerungsverfahren nach Erledigung der vorangegangenen Hauptsache regelmäßig Wiedergutmachung auf andere Weise ausreichend sei. Entsprechende Rechtsauffassungen haben das Sächsische Landessozialgericht im Urteil vom 22. Januar 2018 – L 11 SF 45/16 EK -, das Bayerische Landessozialgericht im Urteil vom 16. Dezember 2015 – L 8 SF 128/12 EK – für das Kostenfestsetzungsverfahren und das LSG Berlin-Brandenburg im Urteil vom 24. November 2016 – L 37 SF 247/14 EK – vertreten.
Demgegenüber hat das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern einem Rechtsanwalt, der im eigenen Namen Erinnerung gegen die Vergütung im Rahmen der Prozesskostenhilfe eingelegt hatte, zwar eine Entschädigung zugesprochen, diese aber auf eine Höhe von 10,00 EUR pro Monat unangemessener Verfahrensdauer reduziert. Dabei hat es nicht nur auf die geringe Bedeutung des Kostenerinnerungsverfahrens Bezug genommen, sondern auch die Eigenschaft des Klägers als Rechtsanwalt betont, der von Prozessen einerseits grundsätzlich profitiere und für den solche Prozesse nicht mit einer persönlichen Belastung wie bei juristischen Laien einhergingen.
Gemäß § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG beträgt der Richtwert einer Entschädigung regelmäßig 100,00 EUR monatlich. Nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG kann das Gericht jedoch einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen, wenn der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig ist. Wenn nach § 198 Abs. 4 GVG eine Wiedergutmachung auf andere Weise ausreicht, kann nach § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG gar keine Entschädigung beansprucht werden.
Letztere Fallgestaltung liegt hier vor.
Gegen eine Entschädigung in Höhe des Richtwertes von 100,00 EUR monatlich spricht, dass der Kläger als Rechtsanwalt ein unabhängiges Organ der Rechtspflege ist (vgl. § 1 BRAO) und von Prozessen einerseits grundsätzlich profitiert und andererseits für ihn die psychische Belastung keinesfalls vergleichbar ist wie bei juristischen Laien. In diesem Zusammenhang ist zwar zu berücksichtigen, dass der Kläger – wenn auch erstmals in der mündlichen Verhandlung am 30. November 2018 - eine angespannte wirtschaftliche Situation seiner Kanzlei im streitbefangenen Zeitraum behauptet und vorgebracht hat, lediglich Nettoeinkünfte von ca. 1.600,00 EUR erzielt zu haben. Anhaltspunkte dafür, dass durch den hier streitigen Betrag im Erinnerungsverfahren deshalb eine Existenzgefährdung zu befürchten war, sind jedoch selbst vor dem Hintergrund, dass ein selbstständiger Rechtsanwalt grundsätzlich auf die "Eintreibung" seiner Außenstände angewiesen ist, für den Senat nicht ersichtlich. Substantiierter Vortrag ist vom Kläger insoweit auch nicht erfolgt. Deshalb kann eine besondere psychische Belastung des Klägers als auszugleichender immaterieller Nachteil aufgrund der Überlänge des Erinnerungsverfahrens für den Senat nicht nachvollzogen werden. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil davon auszugehen ist, dass eine finanziell prekäre Situation, die zur Existenzängsten führt, nach allgemeiner Lebenserfahrung von Beginn an als anspruchsbegründende Tatsache im Entschädigungsverfahren in den Vordergrund gerückt worden wäre, was hier gerade nicht geschehen ist. In diesem Zusammenhang ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass der geltend gemachte Vergütungsanspruch im Erinnerungsverfahren streitig war und der Ausübung des Gebührenbestimmungsrechtes im Rahmen des § 14 RVG in jedem Fall ein gewisser Unsicherheitsfaktor immanent ist. Ein Rechtsanwalt muss bei der Gebührenbestimmung im Rahmen des § 14 RVG wegen des ihm eingeräumten Ermessens immer damit rechnen, dass Ermessenserwägungen oder die Auslegung kostenrechtlicher Bestimmungen bei der richterlichen Festsetzung nicht geteilt werden. Nach § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Dabei kann nach Abs. 1 Satz 2 ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts bei der Bemessung herangezogen werden. Ist die Gebühr – wie hier – von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Der Rechtsanwalt weiß wegen der Unbestimmtheit der zu beachtenden Bemessungskriterien also von vornherein, dass die korrekte Gebührenbestimmung mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor belastet ist und trägt von Berufs wegen das Risiko einer billigen Ermessensbetätigung. Dem Senat erschließt sich daher nicht, wie vor diesem Hintergrund eine besondere psychische Belastung bei einem Rechtsanwalt wegen der Dauer des Erinnerungsverfahrens eintreten soll. Schließlich weiß der Rechtsanwalt im PKH-Vergütungsverfahren, dass ihm bei Anerkennung des Vergütungsanspruchs in jedem Fall ein potenter Schuldner gegenübersteht, und zwar die Staatskasse. Wird ein Rechtsanspruch auf die Vergütung im Erinnerungsverfahren durch richterliche Festsetzung bejaht, braucht ein Rechtsanwalt nicht zu fürchten, dass die Vergütung aus der Staatskasse nicht gezahlt werden wird. Auch insoweit unterscheidet sich ein Rechtsanwalt von anderen Prozessbeteiligten, die gegebenenfalls damit rechnen müssen, dass ein zunächst zahlungsfähiger Schuldner insolvent wird.
Der Kläger hat auch nicht dadurch einen Nachteil erlitten, weil er im Rahmen einer PKH-Vergütung Zinsansprüche nicht geltend machen kann und Zinsverluste als entgangener Gewinn im Sinne eines materiellen Nachteils von den Entschädigungsregelungen nicht erfasst werden. Solche entstandenen Nachteile sollen von der Pauschale für immaterielle Nachteile erfasst sein (Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren § 198 GVG, Rz. 147). Da der Kläger im Erinnerungsverfahren unterlegen war und bereits aus diesem Grund ein Zinsverlust nicht zu berücksichtigen ist, kann der Senat dahingestellt lassen, ob vor dem Hintergrund des geringen Betrages, der im Erinnerungsverfahren im Streit war, ein Zinsverlust hier ohnehin zu vernachlässigen wäre.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 201 Abs. 4 GVG. Danach entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen, wenn ein Entschädigungsanspruch nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe besteht, aber eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt wird. Bei der Entscheidung sind die Grundsätze der Kostenentscheidung nach § 91a der Zivilprozessordnung (ZPO) anzuwenden. Berücksichtigung findet der Sach- und Streitstand, also der Umfang des Obsiegens und des Unterliegens. Bei Teilunterliegen kann § 92 ZPO angewendet werden, auch der Grundgedanke des § 93 ZPO ist anwendbar (Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 36. Aufl. 2015, § 91a Rdnr. 48 m.w.N.). Daraus folgt, dass das Gericht der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen kann, wenn die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat. Ebenso ist zu berücksichtigen, ob der Beklagte durch sein Verhalten Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat.
Hier liegt zwar – bezogen auf die überlange Verfahrensdauer ein sofortiges Anerkenntnis des Beklagten vor. Das Land Schleswig-Holstein hat bereits mit der Klageerwiderung (Schriftsatz vom 11. Dezember 2017) eingeräumt, dass für das Kostenfestsetzungsverfahren eine überlange Verfahrensdauer festzustellen und diese Verfahrensdauer auch nicht zu entschuldigen ist. Dennoch entspricht es nach Auffassung des Senats billigem Ermessen, dem Beklagten ein Drittel der Verfahrenskosten aufzuerlegen, denn der Kläger hat einen gesetzlichen Anspruch auf gerichtliche Feststellung der Überlänge des Erinnerungsverfahrens, so dass insoweit auch eine anteilsmäßige Kostenbelastung durch den Beklagten zu tragen ist.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs.1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und orientiert sich an der Höhe der geforderten Entschädigung.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Entschädigung in Höhe von 1.400,00 EUR wegen unangemessener Dauer eines Prozesskostenhilfevergütungsverfahrens.
Der Kläger ist Rechtsanwalt und war den Klägerinnen des Hauptsacheverfahrens S 35 AS 935/13, denen mit Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 24. Oktober 2014 Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt worden war, beigeordnet. Das zugrundeliegende Klageverfahren war auf die Verurteilung des beklagten Jobcenters Kiel gerichtet, den Klägerinnen 74,00 EUR zu zahlen. In dieser Höhe war eine Überzahlung erfolgt und das Jobcenter hatte mit Änderungsbescheid vom 9. April 2013 eine Verrechnung mit dem Leistungsanspruch für den Monat Mai 2013 vorgenommen. Hiergegen hatte der Kläger namens und im Auftrag seiner Mandantinnen mit Schreiben vom 8. Mai 2013 Widerspruch eingelegt und diesen auch begründet. Am 16. Mai 2013 hatte er Klage erhoben und zugleich den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Kiel gestellt, das Jobcenter zu verpflichten, an die Antragstellerinnen 74,00 EUR zu zahlen. Nachdem dieses mit Änderungsbescheid vom 17. Mai 2013 dem Widerspruch abgeholfen hatte und die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 24. Oktober 2014 dem Jobcenter Kiel die Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten auferlegt und den Klägerinnen zugleich Prozesskostenhilfe für das Verfahren bewilligt.
Am 31. Oktober 2014 beantragte der Kläger, eine Vergütung von 406,75 EUR festzusetzen. Er gab an, für seine außergerichtliche Vertretung eine Geschäftsgebühr gemäß Vergütungsverzeichnis (VV) 2300-2303 nicht erhalten zu haben und berechnete die Verfahrensgebühr Nr. 3102,1008 VV zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG) in Höhe von 325,00 EUR.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen mit Beschluss vom 7. November 2014 auf 286,79 EUR fest. Zur Begründung führte sie aus, die Gebührenbestimmung des Klägers sei unbillig. Zwar habe er zu Recht die Mittelgebühr in Ansatz gebracht, jedoch nicht berücksichtigt, dass er bereits im Widerspruchsverfahren für die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens tätig gewesen und deshalb die verminderte Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG festzusetzen sei Demzufolge reduziere sich auch die Umsatzsteuer entsprechend.
Der Kläger legte am 19. November 2014 Erinnerung ein und machte geltend, es sei nicht zutreffend, dass er im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens mit dem klagegegenständlichen Anspruch vorbefasst gewesen sei. Die Klägerinnen hätten mit der als Leistungsklage statthaften Klage keinen Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsaktes verfolgt, sondern die Durchsetzung eines bereits beschiedenen Anspruches. In diesem Verwaltungsverfahren sei er nicht tätig geworden.
Am 16. Dezember 2014 beantragte der Kostenprüfungsbeamte bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht, die Erinnerung zurückzuweisen. Er führte aus, die Erinnerung sei unbegründet. Vorliegend richte sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG, weil eine Tätigkeit des Erinnerungsführers vorangegangen sei. Im Verfahren S 35 AS 935/13 sei beantragt worden, die einbehaltenen 74,00 EUR wieder an die Klägerinnen auszuzahlen. Die Aufrechnung sei mit Änderungsbescheid vom 9. April 2013 erfolgt. Gegen diesen Bescheid habe der Kläger Widerspruch eingelegt. Somit sei er bereits vorgerichtlich mit dem klagegegenständlichen Anspruch befasst gewesen.
Das Sozialgericht hat die Akte am 17. Dezember 2014 in das Sitzungsfach verfügt. Am 21. Dezember 2015 hat der Kläger Verzögerungsrüge i. S. d. § 198 Abs. 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) erhoben und geltend gemacht, der Umstand, dass seit der Stellungnahme des Kostenprüfungsbeamten vom 12. Dezember 2014 mehr als ein Jahr vergangen sei, gebe Anlass zur Vermutung, dass das Verfahren nicht innerhalb einer angemessenen Frist abgeschlossen werden könne. Das Sozialgericht hat den Schriftsatz vom 21. Dezember 2015 an den Erinnerungsgegner zur Kenntnis weitergeleitet und die Akte wieder in das Sitzungsfach verfügt.
Am 24. Juni 2016 hat der Kläger erneut Verzögerungsrüge erhoben. Zuvor hatte der Vorsitzende der 21. Kammer des Sozialgerichts Kiel am 8. Januar 2016 eine Generalverfügung erlassen, ihm im Falle von Verzögerungsrügen durch den Kläger die Akte nicht vorzulegen, sondern die Verzögerungsrüge in EUREKA zu vermerken, der Gegenseite die Verzögerungsrüge zur Kenntnis zu geben und die Akte wieder zur Frist bzw. ins Sitzungsfach zu hängen. Die Geschäftsstelle der 21. Kammer hat entsprechend gehandelt.
Am 13. Januar 2017 hat der Kläger nochmals Verzögerungsrüge erhoben, die gemäß der zuvor erlassenen Generalverfügung dem zuständigen Richter nicht vorgelegt wurde.
Mit Beschluss vom 8. März 2017 hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen und ist in der Begründung im Wesentlichen den Ausführungen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle und des Kostenprüfungsbeamten gefolgt.
Mit seiner am 14. September 2017 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht erhobenen Entschädigungsklage rügt der Kläger die unangemessene Dauer des Erinnerungsverfahrens. Er trägt vor, selbst wenn von der Gesamtdauer von rund 28 Monaten neben den zwei Monaten, in denen das Sozialgericht verfahrensfördernde Tätigkeiten entfaltet habe, noch eine zuzubilligende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit von 12 Monaten abgezogen würde, verbliebe eine unangemessene Dauer von rechnerisch 14 Monaten. Die bloße Feststellung einer überlangen Verfahrensdauer reiche in seinem Fall zur Wiedergutmachung nicht aus. Er selbst habe nicht zur Verlängerung des Verfahrens beigetragen. Das Verfahren sei nicht von geringer wirtschaftlicher Bedeutung, da er für seine Tätigkeit aufgrund der erfolgten Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausschließlich von der Staatskasse eine Vergütung verlangen könne und sich der im Erinnerungsverfahren streitige Betrag auf 119,96 EUR, mithin auf ca. 29 % der insgesamt geltend gemachten Vergütung belaufen habe. Er übe seinen Beruf als Rechtsanwalt im Wesentlichen aus, um eigenes Geld für sich und seine Familie zum Lebensunterhalt zu verdienen. Insoweit habe für ihn die Höhe seines Verdienstes ganz besondere Bedeutung. Letztlich sei die Entscheidung darüber, welche Vergütung er im Einzelfall erhalte, für ihn wichtiger als der Streitgegenstand von Ausgangsverfahren seiner Mandanten. In dem hier maßgeblichen Zeitraum ab 2014 habe er etwa 60.000,00 EUR pro Jahr an Umsatz erzielt. Hiervon habe er seinerzeit etwa 30.000,00 EUR Ausgaben gehabt, so dass ein Gewinn von etwa 30.000,00 EUR verblieben sei. Hiervon müssten wiederum Sozialversicherungsabgaben in Höhe etwa eines Drittels in Abzug gebracht werden. Seinerzeit habe er also ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 1.600,00 EUR erzielt. Der Kläger beantragt,
den Beklagten zur verurteilen, an ihn eine Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer in Höhe von 1.400,00 EUR nebst Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz als Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er räumt ein, dass das Erinnerungsverfahren ungebührlich lang gewesen sei. Allerdings reiche hier die Feststellung einer Überlänge als Wiedergutmachung auf andere Weise nach § 198 Abs. 4 S. 1 GVG aus. Es sei nicht ersichtlich, dass dem Kläger durch die zeitliche Verzögerung ein immaterieller Nachteil mit der zu fordernden Schwere der Belastung zugefügt worden sei. Mit Blick auf den Streitgegenstand müsse von einem minderschweren Fall ausgegangen werden, der objektiv für den Betroffenen keine große Bedeutung gehabt habe. Es sei lediglich um die präzise Höhe der Kostenfestsetzung gegangen und ein Mehranspruch von 119,96 EUR geltend gemacht worden. Daraus sei keine Belastung durch ein unwägbares Prozessgeschehen abzuleiten. Schließlich sei für den Kläger auch nicht zu erwarten gewesen, die Erinnerung könne erfolgreich sein. Bei der gerichtlichen Kostenfestsetzung sei im Wesentlichen für die Berechnung der festzusetzenden Gebühren und Auslagen auf das sogenannte "Kieler Kostenkästchen" abgestellt worden. Unter Zugrundelegung dieser Berechnungsmethode sei für den Kläger vorhersehbar gewesen, mit der Erinnerung nicht durchdringen zu können. Nachteile über die Verzögerung hinaus seien vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen worden. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Regelungen über Entschädigungen für überlange Gerichtsverfahren aufgrund ihrer materiellen Ausgestaltung Potential für rechtsmissbräuchliches Verhalten bieten könnten. Insbesondere bestehe die Gefahr, dass Prozesse von vornherein oder im Laufe ihres Fortgangs "zu Entschädigungszwecken ausgenutzt" würden. Die Möglichkeit der Geldentschädigung dürfe nicht als Selbstzweck fungieren und insbesondere keine "zusätzliche Einnahmequelle" für Prozessanwälte darstellen, insbesondere, wenn wie hier der Kläger bereits diverse gleich gelagerte Entschädigungsansprüche gegen ihn – den Beklagten – erhoben habe. Unabhängig davon sei für die Bewertung, ob die Sache von besonderer Bedeutung sei, im Entschädigungsverfahren zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in § 33 Abs. 3 RVG einen Beschwerdewert von 200,00 EUR normiert habe. Diese Wertgrenze habe Indizwirkung und spreche dafür, dass unterhalb dieses Betrages der Sache – finanziell – keine besondere Bedeutung beizumessen sei. Das dürfe im Rahmen des Entschädigungsrechts nicht konterkariert werden.
Der Kläger erwidert, entgegen der Auffassung des Beklagten dürfe das für einen Entschädigungsanspruch durch Geldzahlung aufgestellte Erfordernis der besonderen Bedeutung des verzögerten Verfahrens nicht dahingehend missverstanden werden, dass nur bei einer besonders großen Bedeutung des Rechtsstreits, also bei einer über den Bedeutungsgehalt üblicher Verfahren hinausgehenden Bedeutung, eine Geldentschädigung auszusprechen sei. Ansonsten würde der Ausschluss der Geldentschädigung nicht den Ausnahme-, sondern den Regelfall darstellen. Richtiger Weise sei die geforderte besondere Bedeutung daher nur dann als nicht gegeben zu erachten, wenn sich das verzögerte Verfahren durch eine oder mehrere entschädigungsrelevante Besonderheiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von vergleichbaren Fällen dadurch abhebe, dass es für den Antragsteller von nur geringer Bedeutung gewesen sei. Das vor dem Sozialgericht Kiel geführte Erinnerungsverfahren habe sich von vergleichbaren Fällen, also von Erinnerungsverfahren in Kostensachen nicht durch eine geringe Bedeutung abgehoben. In Erinnerungsverfahren über Kostensachen werde vielmehr im Regelfall über Geldbeträge gestritten, die der Höhe nach dem streitigen Betrag von 119,96 EUR entsprächen. Die Bedeutung des Erinnerungsverfahrens sei auch nicht etwa deshalb gering einzuschätzen, weil es sich um ein dem Hauptsacheverfahren nachgelagertes Verfahren handelt. Zwar habe das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 10. Juli 2014 – B 10 ÜG 8/13, Rn. 31 - angedeutet, dass die Verzögerung eines Erinnerungsverfahrens in Kostensachen grundsätzlich lediglich zu einer gerichtlichen Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer führen könne, weil die Bedeutung der Kostenentscheidung im Verhältnis zur Bedeutung des Hauptsacheverfahrens untergeordnet sei und im Mittelpunkt der Kostenentscheidung eher die finanziellen Interessen des Rechtsanwaltes stünden. Es habe aber zugleich herausgestellt, dass dies nur dann gelte, wenn die klagende Partei des Hauptsacheverfahrens auch erinnerungsführende Partei des Erinnerungsverfahrens sei. Das sei hier nicht der Fall. Für die Frage, ob eine Wiedergutmachung auf andere Weise als durch Entschädigung in Geld geleistet werden könne, komme es nach dem Gesetzestext auf die Umstände des Einzelfalls an. Die Gesetzesbegründung nenne hierzu lediglich beispielhaft die Bedeutung des Verfahrens. Als weiterer Gesichtspunkt werde in der nicht abschließenden Darstellung auch der Beitrag des Anspruchstellers zur Verzögerung des Verfahrens genannt. Das bedeute im Umkehrschluss, dass eine Wiedergutmachung auf andere Weise als durch Entschädigung in Geld dann nicht als ausreichend betrachtet werden könne, wenn das Gericht selbst in vorwerfbarer Weise den Anspruch auf zeitnahe Entscheidung vernachlässigt habe. Hier habe das Sozialgericht die von ihm – dem Kläger – in Form von Verzögerungsrügen getätigten Hinweise auf eine unangemessene Dauer des Verfahrens nicht nur übersehen, sondern sich im Wege des Erlasses der Generalverfügung vom 8. Januar 2016 sogar bereits der Kenntnisnahme solcher Verzögerungsrügen absichtsvoll entzogen. Damit sei ein Umstand gegeben, der eine Entschädigung in Geld gebiete. Die Höhe der Klageforderung folge aus der Pauschalierung der Entschädigung für immaterielle Nachteile. Deshalb sei die vom LSG Mecklenburg-Vorpommern im Urteil vom 8. Juni 2016 L 12 SF 9/14 EK AS, Rn. 25 - vertretene Auffassung, wonach Rechtsanwälte durch die Führung von Rechtsstreitigkeiten nicht in dem Maße psychisch belastet seien, wie juristische Laien, und ihnen nur Entschädigungsansprüche in Höhe von lediglich 120,00 EUR für jedes Jahr der Verzögerung eines Verfahrens zustehen sollten, verfehlt. Mit dieser Begründung werde auf in der Person des Entschädigungsklägers gegebene subjektive Gesichtspunkte abgestellt, die nach dem vom BSG dargestellten Gesetzeszweck gerade keine Berücksichtigung finden könnten. Unabhängig davon übersehe die zitierte Rechtsprechung des LSG Mecklenburg-Vorpommern, dass Rechtsanwälte zwar in ihrer Eigenschaft als für ihre Mandanten tätige Prozessbevollmächtigte eine gewisse Routine im Umgang mit Gerichtsverfahren entwickeln könnten, sie sich aber als selbst betroffene Partei eines Rechtsstreits keinen anderen psychischen Belastungen ausgesetzt sähen, als andere Beteiligte. Die Situation sei für Rechtsanwälte insoweit keine andere Situation als die eines durch jahrzehntelange Berufstätigkeit erfahrenen Zahnarztes, der sich einer Zahnwurzelbehandlung unterziehen müsse. Er erleide dieselben Schmerzen wie seine Patienten. Es sei auch nicht richtig, dass er – der Kläger – davon habe ausgehen müssen, dass die Erinnerung wegen der Anwendung des "Kieler Kostenkästchens" keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe. Zum einen habe sich die Erinnerung auf eine gewichtige Argumentation gestützt, mit der grundsätzliche und schwerwiegende Bedenken gegen die Anwendung einer schematisierten Ermittlung angemessener Rahmengebühren vorgebracht worden seien. Er habe sich diesbezüglich auf obergerichtliche Rechtsprechung berufen, so dass eine Erfolgsaussicht auch dann nicht von vornherein ausgeschlossen gewesen sei, wenn die Zuständigkeit für die Entscheidung in die 21. Kammer des Sozialgerichts Kiel fiel. Zum anderen sei nicht unbedingt damit zu rechnen gewesen, dass die Erinnerung überhaupt der 21. Kammer des Sozialgerichts Kiel zur Entscheidung vorgelegt werde. Möglich und denkbar sei auch gewesen, dass der Urkundsbeamte von der durch § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 1 RVG gegebenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hätte, der Erinnerung abzuhelfen oder einer anderen Kammer des Sozialgerichts Kiel die Kostensachen übertragen würden, die von der Anwendung des "Kieler Kostenkästchens" Abstand nehme, wie es seit Frühjahr 2017 tatsächlich der Fall sei. Soweit der Beklagte dem Beschwerdewert in § 33 Abs. 3 RVG Indizwirkung für die Beurteilung der Bedeutung im Entschädigungsverfahren beimesse, sei einzuwenden, dass hieraus keine Erkenntnisse über die individuelle Belastung des Betroffenen im Einzelfall abgeleitet werden könnten. Ebenso sei verfehlt, für die Bemessung der Entschädigung auf die Höhe des im verzögerten Rechtsstreit streitigen Zahlungsanspruches abzustellen. Eine solche Auffassung widerspräche dem Gesetzeszweck, den Anspruchsteller für seinen Nachteil zu entschädigen, der nicht in einem Vermögensnachteil bestehe. Aus demselben Grund verbiete es sich auch, die Entschädigung am Zinsnachteil zu bemessen. Zinsnachteile begründeten vielmehr einen Vermögensschaden, auf dessen Ersatz zwar die Vorschrift des § 198 Abs. 1 GVG einen Anspruch gewähre, der aber nicht Gegenstand des durch § 198 Abs. 2 GVG geregelten Anspruches auf Entschädigung für einen Nichtvermögensnachteil sein könne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verfahrensakten S 35 AS 935/13, S 21 SF 274/14 E und die Gerichtsakten verwiesen. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nur insoweit begründet, als der Kläger Anspruch auf Feststellung einer überlangen Verfahrensdauer des Erinnerungsverfahrens S 21 SF 274/14 E hat.
Es handelt sich um eine statthafte allgemeine Leistungsklage. Maßgebend für das Entschädigungsklageverfahren sind die §§ 198 ff. GVG sowie die §§ 183, 197a und 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG), jeweils in der Fassung vom 24. November 2011 (BGBl I S. 2302) und des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2554). Nach § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 202 Satz 2 SGG sind die Vorschriften des SGG über das Verfahren im ersten Rechtszug heranzuziehen. Nach § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Der Kläger stützt die Entschädigungszahlung auf § 198 GVG, wonach angemessen entschädigt wird, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet (Satz 1 der Vorschrift). Eine vorherige Verwaltungsentscheidung sieht das Gesetz nicht vor.
Die Klagefrist des § 198 Abs. 5 GVG (frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge und spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der verfahrensbeendenden Entscheidung oder einer anderen Erledigung des Verfahrens) ist hier gewahrt. Der Instanz beendende Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 8. März 2017 ist den Beteiligten des Erinnerungsverfahrens mangels Beschwerdemöglichkeit am 13. März 2017 formlos übersandt worden. Ein Zugang kann daher vor dem 14. März 2017 nicht angenommen werden. Die Entschädigungsklage ist am 14. September 2017, also innerhalb der Sechs-Monats-Frist, erhoben worden.
Der Kläger ist für die Entschädigungsklage aktivlegitimiert, nachdem er das Erinnerungsverfahren zuvor zu Recht im eigenen Namen betrieben hat. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG steht das Recht zur Einlegung der Erinnerung dem beigeordneten Rechtsanwalt zu. Das wird von dem Beklagten, der die Aktivlegitimation im Entschädigungsverfahren zunächst bestritten hatte, mittlerweile auch nicht mehr in Abrede gestellt.
Das beklagte Land ist passivlegitimiert (§ 200 Satz 1 GVG).
In der Sache ist die Entschädigungsklage allerdings nur in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet. Insbesondere ist der Beklagte nicht zur Zahlung einer Entschädigung zu verurteilen.
Gemäß § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs. 1 Satz 2 GVG). Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassen Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge, § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG). Dies ist der Fall, denn der Kläger hat am 21. Dezember 2015 erstmals eine Verzögerungsrüge erhoben. Weitere Verzögerungsrügen sind am 24. Juli 2016 und 13. Januar 2017 erhoben worden.
Die Verzögerungsrügen sind auch wirksam erhoben worden. Die Verzögerungsrüge kann gemäß § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG erst dann erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird. Diese Voraussetzungen waren bereits bei Erhebung der Verzögerungsrüge am 21. Dezember 2015 erfüllt. Das Sozialgericht war im Erinnerungsverfahren seit mehr als einem Jahr nicht mehr tätig gewesen, obwohl die Erinnerungsbegründung und die Erwiderung des Kostenprüfungsbeamten vorlagen und die Erinnerung somit entscheidungsreif war. Vor diesem Hintergrund war die Besorgnis, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird, zum Zeitpunkt der Erhebung der Verzögerungsrüge gerechtfertigt.
Das Erinnerungsverfahren war auch verzögert. Das wird selbst vom Beklagten eingeräumt.
Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Ausgangspunkt und erster Schritt der Angemessenheitsprüfung bildet die Feststellung der in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierten Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Kleinste relevante Zeiteinheit ist hierbei der Monat.
Das Ausgangsverfahren vor dem Sozialgericht Kiel begann mit dem Festsetzungsgesuch des Klägers vom 29. Oktober 2014, welches am 31. Oktober 2014 bei Gericht eingegangen war, und endete durch gerichtlichen Beschluss am 8. März 2017. Es erreichte damit eine Gesamtdauer von 28 Monaten.
In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Kriterien zu messen. Bei der Feststellung der Tatsachen, die zur Ausfüllung der von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten unbestimmten Rechtsbegriffe erforderlich sind, kommt dem Entschädigungsgericht ein erheblicher tatrichterlicher Beurteilungsspielraum zu (vgl. im einzelnen BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/13 R – juris).
Ob ein Verfahren als unangemessen lang zu bewerten ist, richtet sich demnach nicht nach starren Fristen, sondern nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Eine generelle Festlegung, wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, ist nicht möglich (am Maßstab von Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz [GG]: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 30. August 2016 – 2 BvC 26/14 – Vz 1/16; BVerfG, Beschluss vom 27. September 2011 – 1 BvR 232/11), zumal Zügigkeit oder Verfahrensbeschleunigung keine absoluten Werte sind, sondern stets im Zusammenhang mit den übrigen Verfahrensgrundsätzen, insbesondere dem Amtsermittlungsgrundsatz und dem damit korrespondierenden Interesse der Verfahrensbeteiligten an einer gründlichen und zutreffenden Bearbeitung durch das Gericht zu sehen sind. § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ist nach Entstehungsgeschichte und Zielsetzung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 6, 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) auszulegen (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB -, juris m.w.N.). § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benennt insoweit nur beispielhaft und ohne abschließenden Charakter Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit besonders bedeutsam sind.
Vor diesem Hintergrund ergibt die wertende Gesamtbetrachtung, dass die Verfahrensdauer des Erinnerungsverfahrens unangemessen lang war, nachdem die von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen zunächst zügig festgesetzt worden waren. Das Erinnerungsverfahren zeichnete sich weder durch eine besondere Schwierigkeit noch durch eine besondere Bedeutung aus. Insbesondere war entgegen dem Vorbringen der Beteiligten die Anwendung des sogenannten "Kieler Kostenkästchens" nicht streitig. Im Erinnerungsverfahren war ausschließlich darüber zu befinden, ob wegen des Tätigwerdens des Klägers im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 9. April 2013, mit dem eine Überzahlung in Höhe von insgesamt 74,00 EUR mit Leistungen im Mai 2013 verrechnet worden war, die verminderte Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG festzusetzen war. Vor diesem Hintergrund war die Verfahrensdauer des Erinnerungsverfahrens zweifellos unangemessen.
Zwar muss dem Gericht in jedem Fall eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen, um einer eventuellen Schwierigkeit und Komplexität der Rechtssache angemessen Rechnung tragen zu können. Zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ist dem Gericht ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen, der es ihm ermöglicht, dem Umfang und der Schwierigkeit der einzelnen Rechtssachen ausgewogen Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und welche Verfahrenshandlungen dazu erforderlich sind. So ist jedes Gericht berechtigt, einzelne (ältere und jüngere) Verfahren aus Gründen eines sachlichen oder rechtlichen Zusammenhangs zu bestimmten Gruppen zusammenzufassen oder die Entscheidung einer bestimmten Sach- oder Rechtsfrage als vordringlich anzusehen, auch wenn ein solches "Vorziehen" einzelner Verfahren zu einer längeren Dauer anderer Verfahren führt. Eine gleichzeitige inhaltlich tiefgehende Bearbeitung sämtlicher Verfahren ist aus tatsächlichen Gründen nicht möglich und wird auch von Art. 20 Abs. 3 GG beziehungsweise Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der EMRK nicht verlangt. Erst wenn die Verfahrenslaufzeit in Abwägung mit den weiteren Kriterien im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG auch bei Berücksichtigung dieses Gestaltungsspielraums sachlich nicht mehr zu rechtfertigen ist, liegt eine unangemessene Verfahrensdauer vor (BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 – III ZR 37/13 -, juris). Das BSG hat dies für den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit dahingehend konkretisiert, dass dem Ausgangsgericht bei Verfahren mit etwa durchschnittlicher Schwierigkeit und Bedeutung eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von bis zu zwölf Monaten eingeräumt werden könne, so dass insoweit inaktive Zeiten unschädlich seien und nicht zu einer unangemessenen Verfahrensdauer beitragen, selbst wenn sie – wie hier über einen längeren Zeitraum – nicht durch konkrete Verfahrensförderungsschritte begründet und gerechtfertigt werden können (BSG, Urteile vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/13 R -, Rn. 45 ff.; BSG, Beschluss vom 12. Februar 2015 – B 10 ÜG 7/14 B -, Rdn. 11; BSG, Urteil vom 12. Februar 2015 – B 10 ÜG 7/14 R -, Rn. 37, juris). Die zeitliche Lage dieser Vorbereitungs- und Bedenkzeit müsse und werde sich in der Regel nicht vollständig direkt an die Erhebung der Klage bzw. der Einlegung der Berufung anschließen, denn in dieser "Frühphase" sorge das Gericht normalerweise für einen Schriftsatzwechsel und ziehe Entscheidungsunterlagen bei. Die Vorbereitungs- und Bedenkzeit könne vielmehr auch am Ende der jeweiligen Instanz liegen und in mehrere, insgesamt zwölf Monate nicht übersteigende Abschnitte unterteilt sein. Angemessen bleibe die Gesamtverfahrensdauer regelmäßig zudem dann, wenn sie zwölf Monate überschreite, aber insoweit auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts beruhe oder durch Verhalten des Klägers oder Dritter verursacht werde, die das Gericht nicht zu vertreten habe (BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/13 R -).
In der Rechtsprechung der Landessozialgerichte ist diskutiert worden, ob diese Zeitspanne von 12 Monaten für Kostenerinnerungsverfahren nicht zu reduzieren sei. So vertritt das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern im Urteil vom 11. November 2015 – L 12 SF 23/14 EK AS – die Auffassung, dass bei Erinnerungsverfahren nur inaktive Zeiten von 6 Monaten als unschädlich anzusehen seien. Demgegenüber sprach sich das Sächsische Landessozialgericht im Urteil vom 22. Januar 2018 – L 11 SF 45/16 EK – dafür aus, dass in Bezug auf die Erinnerungsverfahren nach § 197 Abs. 2 SGG im dort zu entscheidenden konkreten Fall kein Anlass bestanden habe, die Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten zu verkürzen. Es gebe keinen Grund, den Gestaltungsspielraum des entscheidenden Richters bei einfach gelagerten Fällen - wie es die Erinnerungsverfahren häufig seien – zu verengen und das Gericht für verpflichtet zu erachten, solche Fälle gegenüber rechtlich schwierigeren oder tatsächlich ermittlungs- und damit zeitintensiveren Verfahren vorzuziehen. Dieser Rechtsprechung ist das Hessische Landessozialgericht im Urteil vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB – gefolgt. Ihr schließt sich auch der erkennende Senat an. Gerade in einem Erinnerungsverfahren wie dem vorliegenden, welches von nur geringer Bedeutung war und bei dem keine seine vordringliche Bearbeitung gebietenden Umstände (objektiv) vorlagen oder vom Kläger in verifizierbarer Art und Weise (subjektiv) geltend gemacht wurden, besteht kein Grund, die Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten zu verkürzen. Dem Gericht muss zudem die Ausnutzung von Synergieeffekten zugestanden werden, die sich aus dem Sammeln und dann gleichzeitigen Bearbeiten von gleichgelagerten Nebenverfahren ergeben können. Diesem Umstand war ersichtlich auch die beanstandete "Generalverfügung" des bearbeitenden Richters geschuldet.
Ausgehend davon ist hier eine inaktive Zeit ab 16. Dezember 2014 festzustellen. An diesem Tag ging der Erwiderungsschriftsatz des Erinnerungsgegners vom 12. Dezember 2014 beim Sozialgericht Kiel ein, der aufgrund richterlicher Verfügung vom selben Tag an den Erinnerungsführer weitergeleitet wurde. Danach wurde der Vorgang in das Sitzungsfach verfügt und dem zuständigen Richter nur noch einmal am 22. Dezember 2015 mit dem Schriftsatz vom 21. Dezember 2015 vorgelegt, mit dem Verzögerungsrüge i.S.d. § 198 Abs. 3 GVG erhoben wurde. Dieser Schriftsatz wurde aufgrund richterlicher Verfügung vom 13. Januar 2016 an den Erinnerungsgegner weitergeleitet und der Vorgang erneut in das Sitzungsfach verfügt. Eine erneute Vorlage der Verzögerungsrügen erfolgte aufgrund der Generalverfügung des Vorsitzenden der 21. Kammer des Sozialgerichts Kiel vom 8. Januar 2016, nach der im Falle von Verzögerungsrügen durch den Kläger die Akte nicht vorgelegt werden sollte, sondern die Verzögerungsrüge in EUREKA vermerkt, der Gegenseite zur Kenntnis gegeben und die Akte wieder zur Frist bzw. ins Sitzungsfach gehängt werden sollte, nicht mehr. Erst am 8. März 2017 wurde mit Beschluss die Erinnerung gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 7. November 2014 zurückgewiesen, so dass eine überlange Verfahrensdauer von 14 Monaten festzustellen ist.
Die Gesamtumstände des vorliegenden Falles rechtfertigen nach Auffassung des erkennenden Senats allerdings keine Entschädigung in Geld. Vielmehr ist eine Wiedergutmachung durch gerichtliche Feststellung der überlangen Verfahrensdauer ausreichend und angemessen.
Das hat bereits das BSG im Urteil vom 10. Juli 2014 (BSG, a.a.O.) für Kostenerinnerungsverfahren grundsätzlich in Erwägung gezogen und ausgeführt, dass Kostenerinnerungsverfahren nach Erledigung des vorangegangenen Hauptsacheverfahrens für die Beteiligten im allgemeinen von untergeordneter Bedeutung sein dürften. Im Mittelpunkt dürften finanzielle Interessen des Prozessbevollmächtigten stehen. Vor diesem Hintergrund sei eine genaue Differenzierung geboten, in wessen Person welche immateriellen Nachteile eingetreten seien, die eine Entschädigungszahlung rechtfertigen könnten.
Diesen Gedanken hat das Hessische Landessozialgericht im Urteil vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SG – aufgegriffen und die Feststellung der Überlänge des Verfahrens in einem Erinnerungsverfahren für ausreichend erachtet. Dabei hat es sowohl auf die äußerst geringe Bedeutung des Verfahrens für den Kläger – dort wurde nur um die Erstattung der Kosten für einige Fotokopien gestritten – abgestellt als auch darauf, dass bei Erinnerungsverfahren nach Erledigung der vorangegangenen Hauptsache regelmäßig Wiedergutmachung auf andere Weise ausreichend sei. Entsprechende Rechtsauffassungen haben das Sächsische Landessozialgericht im Urteil vom 22. Januar 2018 – L 11 SF 45/16 EK -, das Bayerische Landessozialgericht im Urteil vom 16. Dezember 2015 – L 8 SF 128/12 EK – für das Kostenfestsetzungsverfahren und das LSG Berlin-Brandenburg im Urteil vom 24. November 2016 – L 37 SF 247/14 EK – vertreten.
Demgegenüber hat das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern einem Rechtsanwalt, der im eigenen Namen Erinnerung gegen die Vergütung im Rahmen der Prozesskostenhilfe eingelegt hatte, zwar eine Entschädigung zugesprochen, diese aber auf eine Höhe von 10,00 EUR pro Monat unangemessener Verfahrensdauer reduziert. Dabei hat es nicht nur auf die geringe Bedeutung des Kostenerinnerungsverfahrens Bezug genommen, sondern auch die Eigenschaft des Klägers als Rechtsanwalt betont, der von Prozessen einerseits grundsätzlich profitiere und für den solche Prozesse nicht mit einer persönlichen Belastung wie bei juristischen Laien einhergingen.
Gemäß § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG beträgt der Richtwert einer Entschädigung regelmäßig 100,00 EUR monatlich. Nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG kann das Gericht jedoch einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen, wenn der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig ist. Wenn nach § 198 Abs. 4 GVG eine Wiedergutmachung auf andere Weise ausreicht, kann nach § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG gar keine Entschädigung beansprucht werden.
Letztere Fallgestaltung liegt hier vor.
Gegen eine Entschädigung in Höhe des Richtwertes von 100,00 EUR monatlich spricht, dass der Kläger als Rechtsanwalt ein unabhängiges Organ der Rechtspflege ist (vgl. § 1 BRAO) und von Prozessen einerseits grundsätzlich profitiert und andererseits für ihn die psychische Belastung keinesfalls vergleichbar ist wie bei juristischen Laien. In diesem Zusammenhang ist zwar zu berücksichtigen, dass der Kläger – wenn auch erstmals in der mündlichen Verhandlung am 30. November 2018 - eine angespannte wirtschaftliche Situation seiner Kanzlei im streitbefangenen Zeitraum behauptet und vorgebracht hat, lediglich Nettoeinkünfte von ca. 1.600,00 EUR erzielt zu haben. Anhaltspunkte dafür, dass durch den hier streitigen Betrag im Erinnerungsverfahren deshalb eine Existenzgefährdung zu befürchten war, sind jedoch selbst vor dem Hintergrund, dass ein selbstständiger Rechtsanwalt grundsätzlich auf die "Eintreibung" seiner Außenstände angewiesen ist, für den Senat nicht ersichtlich. Substantiierter Vortrag ist vom Kläger insoweit auch nicht erfolgt. Deshalb kann eine besondere psychische Belastung des Klägers als auszugleichender immaterieller Nachteil aufgrund der Überlänge des Erinnerungsverfahrens für den Senat nicht nachvollzogen werden. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil davon auszugehen ist, dass eine finanziell prekäre Situation, die zur Existenzängsten führt, nach allgemeiner Lebenserfahrung von Beginn an als anspruchsbegründende Tatsache im Entschädigungsverfahren in den Vordergrund gerückt worden wäre, was hier gerade nicht geschehen ist. In diesem Zusammenhang ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass der geltend gemachte Vergütungsanspruch im Erinnerungsverfahren streitig war und der Ausübung des Gebührenbestimmungsrechtes im Rahmen des § 14 RVG in jedem Fall ein gewisser Unsicherheitsfaktor immanent ist. Ein Rechtsanwalt muss bei der Gebührenbestimmung im Rahmen des § 14 RVG wegen des ihm eingeräumten Ermessens immer damit rechnen, dass Ermessenserwägungen oder die Auslegung kostenrechtlicher Bestimmungen bei der richterlichen Festsetzung nicht geteilt werden. Nach § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Dabei kann nach Abs. 1 Satz 2 ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts bei der Bemessung herangezogen werden. Ist die Gebühr – wie hier – von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Der Rechtsanwalt weiß wegen der Unbestimmtheit der zu beachtenden Bemessungskriterien also von vornherein, dass die korrekte Gebührenbestimmung mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor belastet ist und trägt von Berufs wegen das Risiko einer billigen Ermessensbetätigung. Dem Senat erschließt sich daher nicht, wie vor diesem Hintergrund eine besondere psychische Belastung bei einem Rechtsanwalt wegen der Dauer des Erinnerungsverfahrens eintreten soll. Schließlich weiß der Rechtsanwalt im PKH-Vergütungsverfahren, dass ihm bei Anerkennung des Vergütungsanspruchs in jedem Fall ein potenter Schuldner gegenübersteht, und zwar die Staatskasse. Wird ein Rechtsanspruch auf die Vergütung im Erinnerungsverfahren durch richterliche Festsetzung bejaht, braucht ein Rechtsanwalt nicht zu fürchten, dass die Vergütung aus der Staatskasse nicht gezahlt werden wird. Auch insoweit unterscheidet sich ein Rechtsanwalt von anderen Prozessbeteiligten, die gegebenenfalls damit rechnen müssen, dass ein zunächst zahlungsfähiger Schuldner insolvent wird.
Der Kläger hat auch nicht dadurch einen Nachteil erlitten, weil er im Rahmen einer PKH-Vergütung Zinsansprüche nicht geltend machen kann und Zinsverluste als entgangener Gewinn im Sinne eines materiellen Nachteils von den Entschädigungsregelungen nicht erfasst werden. Solche entstandenen Nachteile sollen von der Pauschale für immaterielle Nachteile erfasst sein (Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren § 198 GVG, Rz. 147). Da der Kläger im Erinnerungsverfahren unterlegen war und bereits aus diesem Grund ein Zinsverlust nicht zu berücksichtigen ist, kann der Senat dahingestellt lassen, ob vor dem Hintergrund des geringen Betrages, der im Erinnerungsverfahren im Streit war, ein Zinsverlust hier ohnehin zu vernachlässigen wäre.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 201 Abs. 4 GVG. Danach entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen, wenn ein Entschädigungsanspruch nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe besteht, aber eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt wird. Bei der Entscheidung sind die Grundsätze der Kostenentscheidung nach § 91a der Zivilprozessordnung (ZPO) anzuwenden. Berücksichtigung findet der Sach- und Streitstand, also der Umfang des Obsiegens und des Unterliegens. Bei Teilunterliegen kann § 92 ZPO angewendet werden, auch der Grundgedanke des § 93 ZPO ist anwendbar (Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 36. Aufl. 2015, § 91a Rdnr. 48 m.w.N.). Daraus folgt, dass das Gericht der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen kann, wenn die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat. Ebenso ist zu berücksichtigen, ob der Beklagte durch sein Verhalten Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat.
Hier liegt zwar – bezogen auf die überlange Verfahrensdauer ein sofortiges Anerkenntnis des Beklagten vor. Das Land Schleswig-Holstein hat bereits mit der Klageerwiderung (Schriftsatz vom 11. Dezember 2017) eingeräumt, dass für das Kostenfestsetzungsverfahren eine überlange Verfahrensdauer festzustellen und diese Verfahrensdauer auch nicht zu entschuldigen ist. Dennoch entspricht es nach Auffassung des Senats billigem Ermessen, dem Beklagten ein Drittel der Verfahrenskosten aufzuerlegen, denn der Kläger hat einen gesetzlichen Anspruch auf gerichtliche Feststellung der Überlänge des Erinnerungsverfahrens, so dass insoweit auch eine anteilsmäßige Kostenbelastung durch den Beklagten zu tragen ist.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs.1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und orientiert sich an der Höhe der geforderten Entschädigung.
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