L 1 KR 31/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 20 KR 161/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 31/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. November 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Kosten einer Behandlung im Krankenhaus.

Die Klägerin ist ein zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes Krankenhaus. Vom 7. August 2006 bis zum 14. August 2006 hatte sie den Versicherten der Beklagten G H als Verlegungsfall zur stationären Behandlung mit der Hauptdiagnose "diffuse KHK mit Z.n. RIVA-PTCA und Stentimplantation und unterkritischer RCA-Stenose" aufgenommen. Ausweislich des Entlassungsberichts vom 14. August 2006 wurde am 11. August 2006 eine invasive kardiale Diagnostik durchgeführt. Der Versicherte wurde am 14. August 2006 nach Hause entlassen.

Für den Aufenthalt stellte die Klägerin der Beklagten mit Rechnung vom 21. August 2006 einen Betrag von 5.021,65 EUR in Rechnung, der von der Beklagten zunächst vollständig beglichen wurde. Die Beklagte wies die Klägerin aber durch Schreiben vom 24. August 2006 darauf hin, dass sie gegebenenfalls den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) als fachlichen Berater bei der Beurteilung des Behandlungsfalles einbinden werde.

Am 27. Dezember 2006 beauftragte die Beklagte den MDK mit der Überprüfung der Verweildauer im Krankenhaus für einen weiteren Aufenthalt des Versicherten bei der Klägerin ab dem 6. Dezember 2006 und wies die Klägerin darauf mit Schreiben vom 27. Dezember 2006 hin. Der MDK zeigte der Beklagten seine Prüfabsicht für den Krankenhausaufenthalt ab dem 7. August 2006 mit Schreiben vom 15. Februar 2008 an. In seinem Gutachten vom 16. Juli 2008 befand der MDK dann, dass die Behandlungstage vom 8. bis 10. August 2006 und vom 13. bis 14. August 2006 medizinisch nicht begründet seien. Nach der Aufnahme am 7. August 2006 seien dem Versicherten zwar 24 Stunden Bedenkzeit vor der interventionellen kardialen Diagnostik zuzubilligen gewesen. Nicht nachvollziehbar sei aber, warum diese erst am 11. August 2006 vorgenommen worden sei. Nach komplikationsloser Intervention und komplikationslosem postinterventionellem Verlauf sei eine Entlassung am 12. August 2006 einen Tag nach der Maßnahme möglich gewesen.

Mit Schreiben vom 26. August 2008 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass nach dem Gutachten des MDK eine stationäre Behandlungsnotwendigkeit nur für die Zeit vom 7. August 2006 bis 9. August 2006 begründet sei. Damit seien 1.374,88 EUR zu viel gezahlt worden. Dieser Betrag werde maschinell verrechnet.

Die Klägerin legte gegen die Verrechnung und das Gutachten des MDK Einspruch ein, der von der Beklagten an den MDK weitergeleitet wurde. In seinem Gutachten vom 30. Januar 2009 meinte der MDK, dass ein defektes Untersuchungsgerät, auf das sich die Klägerin für die Aufenthaltsdauer vom 8. bis 10. August 2006 berufe, keinen medizinischen Tatbestand darstelle, der die Dauer der Behandlung rechtfertigen könne. Dagegen seien die Ausführungen zur postinterventionellen Verweildauer teilweise nachvollziehbar. Als begründet werde nunmehr eine Verweildauer nach Intervention vom 11. August 2006 bis 13. August 2006 angesehen. Danach sei ein Auftreten von Komplikationen aber nicht mehr zu befürchten gewesen. Durch Schreiben vom 19. März 2009 wies die Beklagte die Klägerin auf das Ergebnis der erneuten Prüfung durch den MDK hin. Verrechnet werden solle nunmehr nur noch ein Betrag von 1.099,90 EUR.

Die Klägerin mahnte durch Schreiben vom 28. Januar 2010 den ihre Auffassung nach noch offen gebliebenen Betrag der Krankenhausrechnung in Höhe von 1.110,72 EUR ab, für den es bei der Verrechnung geblieben sei. Die Untersuchung habe verschoben werden müssen, weil noch ein Ersatzgerät besorgt werden musste. Der Patient sei nicht stationär stabil gewesen und aus einem anderen Krankenhaus verlegt worden. Ein Organisationsverschulden liege nicht vor.

Die Beklagte befragte dazu erneut den MDK. Durch Schreiben vom 16. August 2010 wies sie die Klägerin dann darauf hin, dass der MDK keine weitere Stellungnahme abgegeben habe, da kein neuer medizinischer Sachverhalt oder sonstige relevanten Tatbestände geltend gemacht worden seien.

Mit der am 17. September 2010 bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.110,72 EUR nebst Zinsen seit dem 26. August 2008. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, dass die Untersuchung verschoben werden musste, weil ein Ersatzgerät besorgt werden musste. Solche Geräte wären in einem Krankenhaus nicht zwingend vorzuhalten. Eine Entlassung in die Häuslichkeit sei erst am 14. August 2006 angeraten gewesen, da der Versicherte bis zum 12. August 2006 auf der Intensivstation gelegen habe. Auf Veranlassung der Beklagten berichtete der MDK in seinem nach Krankenhausbegehung erstatteten Gutachten vom 28. Januar 2011, dass er unverändert die Behandlungstage vom 8. bis 10. August 2006 und am 14. August 2006 für medizinisch nicht notwendig halte. Die Behandlungstage vom 8. bis 10. August 2006 hätten allein organisatorische Gründe gehabt. Defekte Untersuchungsgeräte stellten keinen medizinischen Grund dar. Auch für den Aufenthalt über den 13. August 2006 hinaus gebe es keine medizinischen Gründe. Es reiche insbesondere nicht aus, dass der Patient bis zum 12. August 2006 auf der Intensivstation betreut worden sei. Nach den Empfehlungen der kardiologischen Fachgesellschaft solle eine 24- 48 stündige Nachbeobachtung erfolgen. Nach dem 13. August 2006 sei das Auftreten von akut interventionsbedürftigen Komplikationen nicht mehr zu befürchten gewesen.

Das Sozialgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 24. November 2015 verurteilt, an die Klägerin 1.110,72 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. August 2008 zu zahlen. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Vergütungsanspruch zu. Die Höhe der Rechnung sei an sich unstreitig, problematisch sei allein die medizinische Erforderlichkeit der Behandlung. Darauf komme es aber nicht an, das Gericht müsse dieser Frage nicht weiter nachgehen. Mit dem BSG (Hinweis auf Urt. v. 16. Mai 2012 - B 3 KR 14/11 R) sei davon auszugehen, dass Krankenkassen mit ihren Einwendungen gegen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser ausgeschlossen seien, wenn sie das MDK-Prüfverfahren verspätet eingeleitet hätten. In Fortführung dieser Rechtsprechung sei auch vorliegend ein Einwendungsausschluss anzunehmen. Das folge zwar nicht aus § 275 Abs. 1c SGB V, weil diese Norm nur auf Krankenhausbehandlungen Anwendung finde, die nach dem 31. März 2007 begonnen hätten. Vor Inkrafttreten dieser Norm seien die Krankenkassen aber dem sich aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ergebenden Beschleunigungsgebot verpflichtet gewesen. Das belege auch die vor Inkrafttreten des § 275 Abs. 1c SGB V ergangene Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf Urt. v. 13. Dezember 2001 - B 3 KR 11/01 R). Darüber hinaus habe das BSG die Möglichkeit betont, landesrechtlich ein allgemeines Beschleunigungsgebot einzuführen (BSG v. 16. Dezember 2008 - B 1 KN 1/07 KR R und B 1 KN 3/08 KR R). Insoweit sei auf § 18 des Vertrags über allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung Brandenburg (AKB-Vertrag) zu verweisen. Das LSG Brandenburg habe dazu ausgeführt, dass sich für die Überprüfung von Vergütungsfällen aus der Gesamtheit der landesvertraglichen Regelungen eine kurze Frist ergebe (Urt. v. 24. August 2004 - L 4 KR 31/03). Dem sei beizutreten. Aus dem AKB-Vertrag ergebe sich, dass die Finanzierung der Krankenhäuser in einem ersten Schritt durch die unbedingte und kurzfristige Pflicht zur Zahlung der Vergütung gesichert werden solle. In einem zweiten Schritt solle den Krankenkassen dann jedoch die Möglichkeit offenstehen, die Abrechnung sowohl in rechnerischer als auch in sachlicher Hinsicht zu überprüfen. Die Befugnis zur nachträglichen Überprüfung würde dem grundsätzlich geltenden Beschleunigungsgebot jedoch entgegenstehen, wenn das Prüfverfahren bis zum Eintritt der Verjährung eingeleitet werden könnte. Die Krankenhäuser wären zudem gegebenenfalls nach längerem Zeitablauf nicht mehr in der Lage, auf noch erhobene Einwände der Krankenkassen angemessen zu reagieren. Maßgeblich sei vorliegend, dass die Rechnung der Klägerin am 23. August 2006 bei der Beklagten eingegangen sei, der MDK Prüfauftrag aber erst vom 27. Dezember 2006 datiere. Es komme nicht darauf an, ob vor Inkrafttreten des § 275 Abs. 1c SGB V ein Prüfauftrag allein während des Fälligkeitszeitraum hätte erteilt werden dürfen. Der verstrichene Zeitraum von gut vier Monaten sei jedenfalls zu lang gewesen. Dafür spreche auch, dass die Beklagte erst aus Anlass der späteren erneuten stationären Behandlung des Versicherten vom 6. Dezember 2006 die Überprüfung der stationären Behandlung beauftragt habe.

Gegen das ihr am 21. Dezember 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 20. Januar 2016 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Beklagten. Rechtsirrig nehme das Sozialgericht an, dass sie - die Beklagte - mit ihren Einwendungen wegen eines vermeintlichen Beschleunigungsgebotes ausgeschlossen sei. Es dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass § 275 Abs. 1c SGB V erst nach Abschluss des Behandlungsfalls und Beauftragung des MDK in das SGB V aufgenommen worden sei. Weil zudem zwischen dem Eingang der Rechnung und dem Prüfauftrag durch die Beklagte gerade einmal vier Monate vergangen seien, könne von einem Verstoß gegen das vermeintliche Beschleunigungsgebot keine Rede sein, zumal die Klägerin bereits bei Rechnungseingang mit Schreiben vom 24. August 2006 darüber informiert worden sei, dass die Zahlung nur unter Vorbehalt erfolge und gegebenenfalls der MDK mit der Prüfung beauftragt werde. Für eine mögliche Verwirkung fehle es so am Zeit- und am Umstandsmoment. Auch habe die Klägerin sich auf das Prüfverfahren eingelassen, da sie immerhin Widerspruch gegen die gutachterliche Stellungnahme des MDK eingelegt habe. Ein Beweiserhebungs- oder verwertungsverbot lasse sich nicht begründen. Nach dem nunmehr allein für Krankenhausstreitigkeiten zuständigem 1. Senat des BSG (Hinweis auf Urt. v. 17. Dezember 2013 - B 1 KR 14/13 R) dürften sich Krankenkassen auf die fehlende Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung berufen, ohne dass dies abgesehen von Missbrauchsfällen weiter eingeschränkt werden dürfe. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten sei vorliegend nicht erkennbar. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten lasse sich dazu auch nichts aus den landesvertraglichen Regelungen herleiten. Bezug genommen werde insbesondere auf die Rechtsprechung des BSG zu den Voraussetzungen einer Verwirkung des Erstattungsanspruch der Krankenkassen (Urt. v. 21. April 2015 - B 1 KR 7/17 R).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. November 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Zu Recht habe das Sozialgericht entschieden, dass ein ordnungsgemäßes Prüfverfahren wegen verspäteter Einleitung nicht stattgefunden habe. Schon vor Einführung des § 275 Abs. 1c SGB V habe sich aus dem in § 242 BGB verankertem Beschleunigungsgebot ein Einwendungsausschluss bei erheblich verzögerter Einleitung des Prüfverfahrens ergeben. Das Sozialgericht argumentiere nachvollziehbar und richtig mit der Sicherstellung der Krankenhausfinanzierung als vertraglichem Leitbild. Die Krankenhausfinanzierung sei gefährdet, wenn auch in dem auf eine Behandlung folgendem Geschäftsjahr noch nicht feststünde, mit welchen jedenfalls vorübergehenden Zahlungsausfällen der Krankenhausträger rechnen müsse. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 13. Dezember 2001 - B 3 KR 11/01 R) dürfe eine Überprüfung nur solange nachgeholt werden, wie der andere Vertragspartner sich darauf einstellen könne und müsse. Die Überprüfung müsse jedenfalls zeitnah erfolgen. Falls der Senat aber hier einen Einwendungsausschluss nicht erkennen könne, werde auf die medizinische Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung verwiesen.

Die Beteiligten haben sich beide mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Patientenakte der Klägerin verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Nach §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG konnte der Senat über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Vergütung für die von ihr erbrachten Krankenhausleistungen.

Dem von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch (für eine andere unstreitige Forderung) steht entgegen, dass der Beklagten in dieser Höhe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zustand. Die stationäre Behandlung des Versicherten der Beklagten ist ohne Rechtsgrund zunächst zu hoch vergütet worden. Die Klägerin hatte in Höhe des später aufgerechneten Betrages keinen Entgeltanspruch.

Rechtsgrundlage für die Vergütung der Behandlung des Versicherten der Beklagten in der Zeit vom 7. August 2006 bis zum 14. August 2006 sind § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V, § 17 b Abs. 1 Satz 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), § 7 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und der Brandenburger Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V) vom 8. Oktober 1996 in der Fassung vom 22. September 1997. Nach diesen Regelungen entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V objektiv erforderlich war.

Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder einer ambulanten Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich ausschließlich nach medizinischen Erfordernissen (Urteil des BSG vom 25. September 2007 - GS 1/06 - und Urteil des BSG vom 23. Juni 2015 - B 1 KR 26/14 R - zitiert jeweils nach juris). Die vollstationäre Behandlung als intensivste - und institutionell konstitutive - Form der Krankenhausbehandlung wird in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V als Ultima Ratio normiert. Demgemäß muss die notwendige medizinische Behandlung in jeder Hinsicht und ausschließlich nur mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden können (Noftz in Hauck/Noftz SGB V § 39 Rn 72 m. w. Nachw.). Die Grundvoraussetzungen für die Abrechnung der stationären Behandlung in der Zeit vom 7. August 2006 bis zum 14. August 2006 lagen hier nur am 7. August 2006 und vom 11. bis 13. August 2006 vor, nicht also vom 8. bis 10. August und am 14. August 2006. Vom 8. bis 10. August 2006 sind keine Behandlungen dokumentiert, welche die apparative Mindestausstattung eines Krankenhauses oder einen jederzeit rufbereiten Arzt erfordert hätten. Das Warten auf ein Ersatzgerät ist keine krankenhauspflichtige Behandlung. Für den 14. August 2006 sind ebenfalls keine Behandlungsmaßnahmen dokumentiert. Die Klägerin ist auch dem Einwand des MDK, dass nach den einschlägigen Leitlinien eine Entlassung jedenfalls 48 Stunden nach der invasiven Diagnostik möglich sei, ohne dass noch unvorhersehbare Komplikationen zu befürchten wären, nicht weiter entgegengetreten. Die zu viel abgerechneten Tage haben zu der rechnerisch unstreitigen Differenz von 1.110,72 EUR geführt, welche die Beklagte zu Recht mit einer anderen Forderung verrechnet hat.

Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts und der Klägerin war die Beklagte auch nicht mit ihren Einwendungen gegen die Rechnung ausgeschlossen. § 275 Abs. 1c SGB V, wonach bei Krankenhausbehandlung eine Prüfung durch den MDK zeitnah durchzuführen ist und spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen ist, bewirkt zwar, dass eine Krankenkasse Erstattungsansprüche nur geltend machen kann, wenn die sechswöchige Anzeigefrist gewahrt ist (BSG v. 13. November 2012 - B 1 KR 24/11 R). Die Vorschrift ist aber erst mit Wirkung vom 1. April 2007 in Kraft getreten. Sie hat keine Rückwirkung auf Behandlungsfälle, welche bereits vorher abgeschlossen worden sind (BSG v. 16. Dezember 2008 - B 1 KN 1/07 KR R - juris Rn 27).

Auch aus dem Brandenburger Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung ergibt sich nichts dafür, dass Krankenkassen mit ihren nachträglich erhobenen Einwendungen im Hinblick auf die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ausgeschlossen sind, wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht wurden. Nach § 3 Abs. 6 des Vertrags findet § 276 Abs. 4 SGB V vorbehaltlich eines Vertrags nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V Anwendung. § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V meint Verträge über Krankenhausbehandlung auf Landesebene, die Vorgaben zur Überprüfung der Dauer und Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung einschließlich eines Katalogs von Leistungen beinhalten, die in der Regel teilstationär erbracht werden können. Solche Verträge hat es bis heute im Land Brandenburg nicht gegeben. Nach dem Brandenburger Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung findet also § 276 Abs. 4 SGB V Anwendung, wonach die Ärzte des MDK befugt sind, die Räume der Krankenhäuser zwischen 8:00 Uhr und 18:00 Uhr zu betreten, wenn dies im Einzelfall zu einer gutachterlichen Stellungnahme über die Dauer und Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung erforderlich ist. Der Vertrag sieht damit durchaus die Möglichkeit einer Überprüfung der Behandlungsnotwendigkeit durch den MDK im Einzelfall vor, ohne dafür aber zeitliche Vorgaben irgendwelcher Art aufzustellen.

Ebenso wenig ergibt sich ein Einwendungsausschluss aus § 18 des Brandenburger Vertrags über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung. In § 18 Abs. 1 dieses Vertrags ist bestimmt, dass die Schlussrechnung den Krankenkassen in der Regel innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung der Krankenhausbehandlung übersandt wird. § 18 Abs. 4 Satz 1 des Vertrags bestimmt weiter, dass die zuständige Krankenkasse die Rechnungen innerhalb von 14 Kalendertagen nach Rechnungseingang bezahlt. Nach § 18 Abs. 4 Satz 4 des Vertrags können Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden und die Differenzbeträge verrechnet werden. Zwar hat das BSG (Urt. v. 13. Dezember 2001 - B 3 KR 11/01 R) aus einer vergleichbaren Bestimmung in dem Berliner Krankenhausvertrag abgeleitet, dass es rechtsmissbräuchlich von einer Krankenkasse sei, flächendeckend ohne konkrete Anhaltspunkte die Zahlung von Krankenhausrechnungen innerhalb der Frist von 14 Tagen mit der Behauptung zu verweigern, dass eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit jedenfalls nicht über den gesamten Zeitraum bestand, für den die Abrechnung erteilt worden ist. Diese Rechtsprechung ist aber auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Denn die Beklagte hat hier zunächst zeitnah in voller Höhe die Rechnung bezahlt und erst im Nachhinein eine Aufrechnung wegen fehlender Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit erklärt. Zudem hat sie ihre Beanstandungen konkret mit Hinweis auf ein vom MDK erstattetes Gutachten erhoben. Und schließlich gibt es keine Hinweise dafür, dass die Beklagte flächendeckend in einer Vielzahl von Fällen ohne konkrete Anhaltspunkte Verrechnungen wegen angeblich fehlender Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorgenommen hat. Soweit das Sozialgericht der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 13. Dezember 2001 - B 3 KR 11/01 R) den Grundsatz entnehmen will, dass auch die nachträgliche Prüfung einer Krankenhausrechnung und Verrechnung mit anderen Forderungen ausgeschlossen ist, wenn nicht konkrete Einwendungen gegen die Rechnung bereits vor der nach 14 Tagen eintretenden Fälligkeit erhoben worden waren, überdehnt es diese Rechtsprechung (vgl. zum eigentlichen Anwendungsbereich bereits BSG v. 20. November 2008 - B 3 KN 4/08 KR R - juris Rn 15; BSG v. 28. September 2006 - B 3 KR 23/05 R - juris Rn 13; Urteil des erkennenden Senats v. 7. Juli 2006 L 1 KR 41/04 - juris Rn 27, 29-30). Auch die Entscheidungen des LSG Brandenburg v. 24. August 2004 - L 4 KR 31/03 und des LSG Berlin-Brandenburg v. 20. September 2005 - L 24 KR 51/03 betreffen Fälle, in denen von Anfang an die Erteilung einer Kostenübernahmeerklärung von der Krankenkasse verweigert worden ist

Demnach können sich allein aus § 242 BGB zeitliche Beschränkungen für die nachträgliche Geltendmachung von Einwendungen im Hinblick auf die fehlende Behandlungsbedürftigkeit ergeben (BSG v. 20. November 2008 - B 3 KN 4/08 KR R - juris Rn 15). In der Rechtsprechung des BSG ist bereits anerkannt, dass die Krankenkassen ihre Einwendungen gegen die Berechtigung einer Abrechnung innerhalb angemessener Frist geltend machen müssen (BSG v. 16. Dezember 2008 - B 1 KN 1/07 KR R - juris Rn 28). Für die Angemessenheit der Frist und die inhaltlichen Anforderungen an eine den Ablauf der Frist beendende Handlung hat das BSG aber noch keine konkreten Vorgaben aufgestellt. Es verbietet sich auch, insoweit auf die Verfahrensregeln und Fristen des § 275 Abs. 1c SGB V zurückzugreifen, weil diese Vorschrift nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht eine bereits bestehende Rechtslage nur kodifiziert, sondern neues Recht schafft und die Krankenkassen verpflichtet, in Zukunft ihre Einwendungen zeitnäher geltend zu machen (BT-Drucks 16/3100 S. 171, anders aber BSG v. 13. November 2012 - B 1 KR 24/11 R - juris Rn 30). Daraus lässt sich immerhin ableiten, dass die Fristen für die Erhebung von Einwendungen und die inhaltlichen Anforderungen vor Inkrafttreten des § 275 Abs. 1c SGB V länger und weniger ausgeprägt gewesen sein müssen, als nunmehr in dieser Vorschrift ausdrücklich bestimmt ist. So würde im Allgemeinen und ohne besondere gesetzliche Regelung eine für den Verlust von Ansprüchen geltende Frist selbst von sechs Monaten wohl eher noch als kurz bewertet werden.

Treu und Glauben gebieten jedenfalls dann nicht, dass die Krankenkassen vor Eintritt der Verjährungsfrist mit ihren Einwendungen ausgeschlossen werden, wenn zeitnah das Vertrauen der Krankenhäuser darauf erschüttert worden ist, dass die Krankenkassen die Berechtigung der Abrechnung nicht mehr in Frage stellen werden. Dafür reicht aus, wenn binnen angemessener Frist nach dem Fälligkeit auslösenden Erhalt der Rechnung eine das Vertrauen auf das Behaltendürfen des Rechnungsbetrages in Frage stellende Handlung oder Erklärung seitens der Krankenkassen erfolgt. Hier hatte die Beklagte die Klägerin unmittelbar nach Erhalt der Rechnung am 24. August 2006 darauf hingewiesen, dass sie die Abrechnung gegebenenfalls noch unter Einschaltung des MDK überprüfen werde. Soweit sie nach weiteren vier Monaten am 27. Dezember 2006 dann nochmals eine Überprüfung durch den MDK angekündigt hatte, betraf das - entgegen der Darstellung des Sozialgerichts - einen weiteren erst am 6. Dezember 2006 begonnenen Krankenhausaufenthalt des Versicherten bei der Klägerin. Den hier streitigen Behandlungsfall betraf dagegen wieder die Prüfankündigung des MDK an die Klägerin vom 15. Februar 2008.

Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob die Frist bis zum 15. Februar 2008, als sich erstmals der MDK bei der Beklagten meldete, so lang war, dass sie für sich allein betrachtet nicht mehr die Voraussetzung wahrt, wonach Beanstandungen innerhalb angemessener Zeit angekündigt werden müssen. Denn schon nach der wesentlich früher noch im August 2006 erfolgten Ankündigung einer MDK-Prüfung durch die Beklagte musste das Vertrauen der Klägerin darauf, dass die Beklagte die Rechnung ohne weitere Prüfung auf Dauer so akzeptieren würde, als erschüttert gelten. Deswegen kommt es auf die Benachrichtigung erst durch den MDK nicht an. Die Ankündigung möglicher Einwendungen erfolgte am 24. August 2006 zeitnah unmittelbar nach Erhalt der Rechnung und im Übrigen auch noch während des laufenden Geschäftsjahres. Sie war auch hinreichend konkret. Die Beklagte verwies auf die Möglichkeit einer Prüfung durch den MDK und erklärte ausdrücklich, dass sie nur unter Vorbehalt zahle. Das reicht aus, um der Klägerin deutlich zu machen, dass über die Berechtigung der erteilten Abrechnung noch mit einer Auseinandersetzung zu rechnen war.

War die Beklagte nach alledem nicht mit ihren Einwendungen ausgeschlossen, kann die Zahlungsklage der Klägerin keinen Erfolg haben. Entsprechend war auf die Berufung der Beklagten hin das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG iVm § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich. Soweit die erheblichen Rechtsfragen Bedeutung über den Einzelfall hinaus haben, betreffen sie ausschließlich nicht mehr geltendes Recht.
Rechtskraft
Aus
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