L 6 AS 191/18 B PKH

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 43 AS 445/17
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 191/18 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Lehnt das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung ab, dass der PHK-Antrag mit dem Tod der Klägerin gegenstandslos geworden sei, weil PKH nach dem Tod des jeweligen Antragstellers nicht mehr bewilligt werden dürfe, ist die Beschwerde dagegen nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 lit. a SGG ausgeschlossen.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 5. September 2018 wird verworfen. Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die am 3. Juli 2017 von der zwischenzeitlich am 2018 verstorbenen Klägerin beantragte und vom Sozialgericht Kiel abgelehnte Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren S 43 AS 445/17, mit der die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 23 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) verfolgt hatte.

Das Sozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit folgender Begründung abgelehnt: Der PKH-Antrag sei mit dem Tod der Klägerin gegenstandslos geworden. Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe dürfe nach dem Tod des jeweiligen Antragstellers nicht mehr erfolgen. Es sei nicht Zweck der Prozesskostenhilfe, dem die Partei vertretenden Anwalt einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen. Maßgeblich sei stets, ob der PKH-Antragsteller der Hilfe aktuell noch bedürfe. Jedenfalls sei der PKH-Antrag aber zu Lebzeiten der Klägerin auch nicht entscheidungsreif gewesen, weil angeforderte Kontoauszüge noch nicht eingereicht worden seien.

Mit der Beschwerde macht der Prozessbevollmächtigte der Klägerin geltend, dass nach der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts ein zu Lebzeiten gestellter PKH-Antrag nicht allein deshalb abzulehnen sei, weil der Antragsteller verstorben sei (LSG Schleswig, Beschluss vom 17. Februar 2010 – L 9 B 28/09 SO PKH). Vielmehr komme die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausnahmsweise auch nach dem Tod des Antragstellers in Betracht, wenn bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang Prozesskostenhilfe noch zu Lebzeiten hätte bewilligt werden können. So liege der Fall hier, weil die Klägerin ihre Bedürftigkeit bereits mit Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 27. Juni 2017 glaubhaft gemacht habe.

II.

Die form- und fristgerecht erhobene (vgl. § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) Beschwerde ist unstatthaft und damit als unzulässig zu verwerfen.

Nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 lit. a SGG ist die Beschwerde ausgeschlossen gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Ob die Ablehnungsentscheidung die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe betrifft, ist systematisch anhand der in § 114 Satz 1 ZPO geregelten Grundvoraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu bestimmen. Danach sind die Voraussetzungen des Ausschlussgrundes des § 172 Abs. 3 Nr. 2 lit. a SGB II dann erfüllt, wenn die Ablehnung nicht aus Gründen fehlender hinreichender Erfolgsaussichten oder wegen der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung erfolgt (vgl. Karl in: jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 172 Rn. 171 ff.). Daran gemessen ist hier die Beschwerde ausgeschlossen. Das Sozialgericht hat seine Ablehnungsentscheidung allein damit begründet, dass die Klägerin aufgrund ihres Todes der Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht mehr bedürfe; die Ablehnungsentscheidung erging damit auch im Wortsinn wegen der persönlichen Voraussetzungen ohne Rücksicht auf möglicherweise (bis dahin) bestehende Erfolgsaussichten oder die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung.

Damit kann dahinstehen, ob die Beschwerde auch deshalb unstatthaft ist, weil der Beschwerdewert nicht erreicht ist, da in der Hauptsache eine Berufung der Zulassung bedürfte (§ 172 Abs. 3 Nr. 2 lit. b SGB II). Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass ein Mehrbedarf kein selbständiger Streitgegenstand sein kann und deshalb die Ablehnung seiner Berücksichtigung durch Bescheid jeweils – im Sinne der Ablehnung einer Änderungsentscheidung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) – in Beziehung zu setzen ist zur aktuellen Bewilligungsentscheidung über Arbeitslosengeld II (vgl. BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 – B 14 AS 146/10 RBSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr 13, juris Rn. 14 ff.). Daran gemessen aber dürfte angesichts des bei Antragstellung noch bis Februar 2017 laufenden Bewilligungszeitraums und der Geltendmachung des Mehrbedarfs nach § 23 Nr. 4 SGB II erst ab September 2016 die Wertgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II von 750,00 EUR deutlich unterschritten sein.

Die Beschwerde wäre überdies auch unbegründet, weil das Sozialgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Prozesskostenhilfe angesichts der vom Sozialgericht am 22. Dezember 2017 und damit noch vor dem Tod verfügten Beibringung aktueller Kontoauszüge noch nicht bewilligungsreif war (zur Bewilligungsreife vgl. den Senatsbeschluss vom 5. Mai 2014 – L 6 AS 269/13 B PKH – juris Rn. 11), während die Klägerin im Zeitpunkt der Bewilligungsreife am 3. April 2018 (Eingang der Kontoauszüge) bereits verstorben war.

Auch in der Sache dürfte die Rechtsverfolgung keine hinreichenden Erfolgsaussichten gehabt haben. Der Mehrbedarf nach § 23 Nr. 4 SGB II kann allein Sozialgeldberechtigten zustehen, also nicht erwerbsfähigen Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person, die der Klägerin im Falle ihrer Erwerbsunfähigkeit den Zugang zu SGB-II-Leistungen hätte vermitteln können ist aber jedoch nicht ersichtlich weshalb nicht hinreichend wahrscheinlich ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Berücksichtigung des Mehrbedarfs gegen den Beklagten überhaupt hätte bestehen können. Die Zuständigkeit für die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (untere Berücksichtigung des Mehrbedarfs, vgl. § 30 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch [SGB XII]) hätte daher allenfalls beim örtlichen Träger der Sozialhilfe gelegen.

Außergerichtliche Kosten sind im Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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