L 1 SF 993/16 B

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 29 SF 749/13 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 SF 993/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 17. Juni 2016 (S 29 SF 749/13 E) aufgehoben. Die in dem Verfahren S 29 AS 7533/11 zu erstattende Vergütung der Beschwerdeführer wird auf 309,01 EUR festgesetzt; die in dem Verfahren S 28 AS 7532/11 zu erstattende Vergütung der Beschwerdeführer wird auf 631,89 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

I.

Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für zwei beim Sozialgericht (SG) Gotha anhängig gewesene Verfahren (S 28 AS 7532/11 und S 29 AS 7533/11) der von den Beschwerdeführern vertretenen Klägerinnen zu 1. und 2. und des Klägers.

Mit der am 9. November 2011 (S 28 AS 7532/11 - Eingang per Fax: 14:10 Uhr) erhobenen Klage hatten sich die Klägerinnen, vertreten durch die Beschwerdeführer, unter Vorlage einer Prozessvollmacht vom 3. November 2011 gegen den Bescheid der Beklagten vom 2. August 2011 (Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. bis 31. Mai 2010 nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) und Geltendmachung von Erstattungsforderungen gegen die Klägerin zu 1. in Höhe von 53,07 EUR, gegen die Klägerin zu 2. in Höhe von 6,77 EUR) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2011 (Rücknahme nach § 45 SGB X) gewandt. Zur Begründung der Klage führten die Beschwerdeführer aus, die Rückforderung werde inhaltlich begründet mit dem Zufluss des Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung des Jahres 2009 im Monat Mai 2011 in Höhe von 279,90 EUR. Im Widerspruchsbescheid sei dem Widerspruch inhaltlich stattgegeben worden, weil die Bewilligungsentscheidung vom 4. Mai 2011 von Anfang an rechtswidrig und nicht nach § 48 SGB X aufzuheben war. Als Rechtsgrundlage werde nunmehr § 45 SGB X genannt. Der Bescheid sei rechtswidrig, die Klägerinnen hätten nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X gehandelt. Das Guthaben sei mit der Monatsmiete für Mai 2009 verrechnet worden. Den Klägerinnen sei nicht bewusst gewesen, dass auch in dem Fall eine Anrechnung erfolgen müsse. Sie seien davon ausgegangen, dass nur das Einkommen anzugeben sei, welches tatsächlich auf ihrem Konto zufließe. Mit Beschluss vom 24. Mai 2012 bewilligte das SG den Klägerinnen ab dem 10. November 2011 Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Kostenbeteiligung unter Beiordnung von Rechtsanwalt G ... Mit Schriftsatz vom 26. September 2012 teilte die Beklagte mit, die Forderung gegen die Klägerin zu 2. werde weiterhin aufrechterhalten. Gegenüber der Klägerin zu 1. würden die Aufhebung sowie die Rückforderung auf 10,11 EUR reduziert. Sie erklärte sich dem Grunde nach zur Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1. in Höhe von 8/10 bereit. Mit Schriftsatz vom 23. November 2012 erklärten die Beschwerdeführer, das Teilanerkenntnis der Beklagten werde nicht angenommen und machten hierzu Ausführungen. Mit Schriftsatz vom 9. April 2013 unterbreiteten sie einen Vergleichsvorschlag. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. Oktober 2013, der von 10:05 Uhr bis 10:15 dauerte, nahmen die Beschwerdeführer das Teilanerkenntnis der Beklagten an und erklärten den Rechtsstreit für erledigt.

Mit der ebenfalls am 9. November 2011 beim SG erhobenen Klage (S 29 AS 7533/11 - Eingang per Fax: 14:20 Uhr) hatte sich der Kläger, der mit den Klägerinnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, vertreten durch die Beschwerdeführer unter Vorlage einer Prozessvollmacht vom 7. November 2011 gegen den Bescheid der Beklagten vom 2. August 2011 (Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. bis 31. Mai 2010 nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) und Geltendmachung einer Erstattungsforderungen in Höhe von 53,06 EUR) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2011 (Rücknahme nach § 45 SGB X) gewandt. Die Begründung der Klage entspricht der Begründung der Klage der Klägerinnen. Mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2012 erklärte sich die Beklagte bereit, die Forderung gegenüber dem Kläger auf 10,16 EUR zu reduzieren und verwies auf ihre Ausführungen im Rechtsstreit der Klägerinnen. Die Beschwerdeführer nahmen das Teilanerkenntnis der Beklagten mit identischer Begründung nicht an. Mit Schriftsatz vom 10. April 2013 unterbreiteten sie auch in diesem Verfahren einen Vergleichsvorschlag. Mit Beschluss vom 7. Mai 2013 bewilligte das SG dem Kläger unter Beiordnung von Rechtsanwalt G. PKH ohne Kostenbeteiligung. Die Beklagte teilte mit, sie werte den Schriftsatz vom 10. April 2013 als Annahme des Teilanerkenntnisses. Mit Kostenrechnung vom 15. Mai 2013 beantragten die Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Vergütung für das Verfahren S 29 AS 7533/11: Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 175,00 EUR Einigungs- oder Erledigungsgebühr Nr. 1005 VV RVG 190,00 EUR Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 555,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 105,45 EUR Gesamtbetrag 660,45 EUR

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 6. November 2013 die zu zahlende Vergütung auf 277,27 EUR (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 113,00 EUR, Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 100,00 EUR, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 44,27 EUR) fest. Vor dem Hintergrund, dass es sich neben diesen in einem weiteren Verfahren um eine Angelegenheit handle und sich somit der anwaltliche Aufwand mindere, sei die Verfahrensgebühr auf 2/3 der Mittelgebühr (=113,00 EUR) festzusetzen. Hinsichtlich der Höhe der (fiktiven) Terminsgebühr werde die Hälfte der Mittelgebühr nach Nr. 3106 VV RVG (= 100,00 EUR) für ausreichend und angemessen gehalten. Eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG sei nicht entstanden.

Hiergegen haben die Beschwerdeführer am 22. November 2013 (S 29 SF 749/13 E) Erinnerung eingelegt.

Mit Kostenrechnung vom 5. Dezember 2014 beantragten die Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Vergütung für das Verfahren S 28 AS 7532/11: Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG nebst Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG 325,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR Erledigungsgebühr Nr. 1005 VV RVG 280,00 EUR Abzüglich bereits gezahlten Vorschusses -286,79 EUR Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 538,12 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 102,26 EUR Gesamtbetrag 640,47 EUR

Die UdG setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 30. Juli 2015 die zu zahlende Vergütung auf 445,45 EUR (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR, Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 51,00 EUR, Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 133,33 EUR, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 EUR, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 71,12 EUR) fest. Unter Absetzung des Vorschusses in Höhe von 286,79 EUR seien 158,66 EUR zu zahlen.

Hiergegen haben die Beschwerdeführer am 28. August 2015 Erinnerung eingelegt (S 28 SF 3657/15 E) und beantragt, die Erledigungsgebühr in Höhe von 190,00 EUR festzusetzen. Am 9. Oktober 2015 hat die UdG erklärt, sie habe die Vergütung nach Nr. 1006 VV RVG zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 226,10 EUR zur Zahlung (Vergütungsfestsetzung insgesamt danach: 671,56 EUR) angewiesen. Die Beschwerdeführer erklärten daraufhin den Kostenrechtsstreit für erledigt.

In dem Erinnerungsverfahren S 29 SF 749/13 E führten die Beschwerdeführer aus, bezüglich der Verfahrensgebühr sei eine Abweichung von der Mittelgebühr nicht gerechtfertigt. Zwar habe kein Termin stattgefunden, es seien jedoch erhebliche Schriftsätze erforderlich gewesen. Die Erledigungsgebühr sei ebenfalls zu zahlen. Am 18. August 2014 hat der Beschwerdegegner ebenfalls Erinnerung (erfasst unter: 29 SF 2855/15 E) eingelegt. Moniert werde die Festsetzung einer fiktiven Terminsgebühr. Die Annahme eines Teilanerkenntnisses löse diese nach Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG nicht aus. Die Vergütung sei danach auf 158,67 EUR festzusetzen. Die Erledigungsgebühr sei nicht entstanden; dies erfordere eine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung.

Nach Hinweis des Vorsitzenden der Kammer erklärten die Beschwerdeführer, die Erinnerung werde hinsichtlich der Verfahrensgebühr zurückgenommen. Der Beschwerdegegner erklärte mit Schriftsatz vom 29. Februar 2016, nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage beantrage er für die Verfahren S 28 AS 7532/11 und S 29 AS 7533/11 die Gebühren auf insgesamt 637,60 EUR festzusetzen. Bei beiden Klageverfahren handle es sich um "dieselbe" Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn. Er verweise auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 2. April 2014 (B 4 AS 27/13 R), das für das gerichtliche Klageverfahren entsprechend anwendbar sei. Es liege ein einheitlicher Lebenssachverhalt vor. Die beiden Klageschriften vom 9. November 2011 seien nahezu identisch. Ein Rechtsanwalt erhalte die Gebühren nach § 7 Abs. 1 RVG nur einmal und könne sie nach § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Die Verfahrensgebühr sei in Höhe von 90 v.H. der Mittelgebühr entstanden. Die Erhöhungsgebühr für zwei weitere Auftraggeber nach Nr. 1008 VV RVG betrage mithin 91,80 EUR. Die Terminsgebühr sei in Höhe von 50 v.H. der Mittelgebühr (=100,00 EUR) angemessen. Beide Verfahren hätten aufgrund eines Teilanerkenntnisses geendet. Eine Erledigungsgebühr sei entstanden. Entsprechend den Ausführungen zur Verfahrensgebühr, seien 90 v.H. der Mittelgebühr (=171,00 EUR) angemessen. Er lege auch Erinnerung gegen die Vergütungsfestsetzung vom 30. Juli 2015 ein.

Hierzu hat der Beschwerdeführer nochmals ausgeführt, unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 RVG werde die bereits festgesetzte Verfahrensgebühr als angemessen erachtet. Die Erledigungsgebühr sei ebenfalls in Höhe der Mittelgebühr festzusetzen. Die beiden Klageverfahren seien nicht miteinander verbunden worden. Es seien zwei Bescheide vom 2. August 2011 erlassen worden. Es hätten somit zwei getrennte Verfahren vorgelegen, welche auch gesondert abzurechnen seien.

Mit Beschluss vom 17. Juni 2016, zugestellt am 7. Juli 2016, hat das SG (nur) den Vergütungsfestsetzungsbeschluss der UdG vom 6. November 2013 aufgehoben, auf die Erinnerung des Beschwerdegegners die Vergütung des beigeordneten Rechtsanwaltes für beide Verfahren auf insgesamt 637,60 EUR festgesetzt und die Verfahren S 29 SF 749/13 E und S 29 SF 2855/15 E miteinander verbunden.

Hiergegen haben die Beschwerdeführer am 8. Juli 2016 Beschwerde eingelegt und wiederholen ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 18. Juli 2016) und die Akten dem Senat vorgelegt.

Auf Anfrage der Berichterstatterin haben die Beschwerdeführer eine Abtretungserklärung des Rechtsanwaltes G. vom 11. Februar 2013 bezüglich Erstattungsansprüchen gegen die Staatskasse vorgelegt.

II.

Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats die Berichterstatterin des Senats.

Anzuwenden ist das RVG in der Fassung bis 31. Juli 2013, denn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG ist offensichtlich vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1. August 2013 (§ 60 Abs. 1 Satz 1 RVG) erteilt.

Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 EUR.

Bei den beiden beim SG anhängig gewesenen Klageverfahren handelte es sich nicht um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 S. 1 RVG. Nach § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal verlangen. Der Begriff der Angelegenheit ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Von derselben Angelegenheit wird regelmäßig dann ausgegangen, wenn zwischen den weisungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen ein innerer Zusammenhang gegeben ist, also ein einheitlicher Auftrag und ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R m.w.N., nach juris). Dies gilt auch für Individualansprüche nach dem SGB II; die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft löst lediglich eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG aus (vgl. BSG, Urteile vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R, 21. Dezember 2009 - B 14 AS 83/08 R, 27. September 2011 - B 4 AS 155/10 R, nach juris; a.A. Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage 2015, § 15 Rdnr. 23). Entscheidend ist, ob ein einheitlicher Lebenssachverhalt vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 6. November 2014 - L 6 SF 1022/14 B).

Der Rechtsprechung des BSG ist der 6. Senat des Thüringer Landessozialgericht gefolgt und hat sie dergestalt weiterentwickelt, dass auch bei getrennten Klageverfahren "dieselbe Angelegenheit" vorliegen kann (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschlüsse vom 15. April 2015 - L 6 SF 331/15 B, 6. Januar 2015 - L 6 SF 1221/14 B, 6. November 2014 - L 6 SF 1022/14 B). Dem hat sich der 1. Senat des Thüringer Landessozialgerichts angeschlossen (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 11. Januar 2018 - L 1 SF 1406/15 B, nach juris). Im vorliegenden Fall ist aus objektiven Gründen kein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit zu bejahen. Ausgangspunkt für die Rücknahme der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II und die Geltendmachung von Erstattungsforderungen war in beiden Verfahren die Betriebskostenabrechnung vom 18. März 2010 mit einem Guthaben von 279,90 EUR. Objektiv setzt eine Rücknahme der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II nach § 45 SGB X für die Vergangenheit allerdings die individuelle Prüfung der verfahrensrechtlichen (z.B. Anhörung nach § 24) und subjektiven Voraussetzungen (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) bezüglich der einzelnen Kläger voraus (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 14. März 2017 - L 6 SF 1185/15 B, Rn. 21 bis 25, nach juris).

Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung in dem Verfahren S 29 AS 7533/11 ist im tenorierten Umfang begründet.

Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R m.w.N., Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 26. November 2014 - L 6 SF 1079/14 B m.w.N., nach juris). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss 14. Februar 2011 - Az.: L 6 SF 1376/10 B, nach juris); dann erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.

Dem Beschwerdeführer steht die Verfahrensgebühr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3103 VV RVG in Höhe von 2/3 der Mittelgebühr (113,00 EUR) zu. Dies hat er selbst nicht mehr beanstandet und es ist auch nicht ersichtlich, dass diese zu seinen Gunsten höher festzusetzen wäre. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit liegt im Vergleich mit den übrigen sozialgerichtlichen Verfahren leicht unter dem Durchschnitt. Der durchschnittliche Umfang orientiert sich am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung am Ablauf eines Verfahrens, jeweils bezogen auf das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld. Zu berücksichtigen ist der zeitliche Aufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieb und objektiv verwenden musste. Die Beschwerdeführer fertigten in dem Klageverfahren insgesamt drei Schriftsätze. Die Klagebegründungsschrift ist weitgehend identisch mit der Klageschrift in dem Verfahren S 28 AS 7532/11, das zuerst beim SG eingegangen ist. Der daraus resultierende Synergieeffekt mindert den Aufwand im konkreten Verfahren erheblich (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 23. Mai 2017 - L 6 SF 50/16 B m.w.N., nach juris). Die Schwierigkeit der Angelegenheit bewertet der Senat als durchschnittlich. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger war allenfalls durchschnittlich. Abzustellen ist auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit. Die Beklagte forderte von ihm die Erstattung von 53,06 EUR. Eine überdurchschnittliche Bedeutung ergibt sich hieraus nicht. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers waren unterdurchschnittlich. Anhaltspunkte für ein besonderes Haftungsrisiko der Beschwerdeführer sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht festzusetzen. Für die Bestimmung der Terminsgebühr im sozialgerichtlichen Verfahren, in dem Betragsrahmengebühren entstehen, findet die Spezialvorschrift der Nr. 3106 VV RVG Anwendung, auf die in Nr. 3104 VV RVG verwiesen wird. Die Terminsgebühr entsteht nach Absatz 3 der Vorbemerkung 3 VV RVG für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts, wobei dies allerdings für Besprechungen (nur) mit dem Auftraggeber nicht gilt. In dem Verfahren S 29 AS 7533/11 hat kein Termin stattgefunden und für eine Besprechung in dem genannten Sinne ist nichts ersichtlich. Aber auch die in Nr. 3106 VV RVG aufgeführten Verfahrenskonstellationen sind nicht gege-ben. Danach entsteht eine Terminsgebühr auch, wenn 1. in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, 2. nach § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wird oder 3. das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Das Verfahren wurde nicht durch ein angenommenes Anerkenntnis nach § 101 Abs. 2 SGG erledigt. Die Beklagte hat die gegen den Kläger geltend gemachte Erstattungsforderung auf 10,16 EUR gemindert; dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger angenommen. Ein Anerkenntnis, hätte ein im Wege einseitiger Erklärung gegebenes uneingeschränktes Zugeständnis erfordert, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 101 Rn. 20). Ein Teilanerkenntnis löst keine fiktive Terminsgebühr aus (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschlüsse vom 7. April 2015 - Az.: L 6 SF 145/15 B, 29. Juli 2009 - L 6 B 15/09 SF und 26. November 2008 - L 6 B 130/08 SF, nach juris). Die Beschwerdeführer können angesichts der Annahme des Teilanerkenntnisses eine Erledi-gungsgebühr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 1006, 1005, 1002 VV RVG in Höhe von &8532; der Mittelgebühr (126,67 EUR) beanspruchen (vgl. Senatsbeschluss vom 27. September 2018 - L 1 SF 1163/16 B, nach juris). Die von den Beschwerdeführern geltend gemachte Vergütung in Höhe von 190,00 EUR übersteigt den Toleranzrahmen. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen zur Verfahrensgebühr Bezug genommen.

Zu vergüten sind weiter die zwischen den Beteiligten nicht streitige Pauschale (Nr. 7002 VV RVG) und die Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG). Damit errechnet sich die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung für das Verfahren S 29 AS 7533/11 wie folgt: Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 113,00 EUR Einigungsgebühr Nr. 1006, 1005, 1002 VV RVG 126,67 EUR Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 259,67 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 49,34 EUR Gesamtsumme 309,01 EUR Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen die Festsetzung der Vergütung für das Verfahren S 28 AS 7532/11 ist insoweit begründet, als diese - wie bereits ausgeführt - gesondert festzusetzen war. Durch die Abhilfeentscheidung der UdG vom 9. Oktober 2015 hatte sich das Erinnerungsverfahren der Beschwerdeführer gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 30. Juli 2015 (S 28 SF 3657/15 E) erledigt. Der Beschwerdegegner hat mit seiner Erinnerung vom 29. Februar 2016 gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 30. Juli 2015 beantragt, die Vergütung einheitlich für beide Klagen auf 637,60 EUR festzusetzen. Dem hat das SG entsprochen, ohne allerdings den Beschluss der UdG aufzuheben. Eine Überprüfung der erfolgten Vergütungsfestsetzung ist jedenfalls zu Lasten des Beschwerdeführers aufgrund der Erinnerung des Beschwerdegegners möglich.

Den Beschwerdeführern steht die Verfahrensgebühr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3103 VV RVG in Höhe der Mittelgebühr (170,00 EUR) zu. Dies hat er selbst nicht mehr beanstandet. Sie ist nach Nr. 1008 VV RVG um 51,00 EUR für eine weitere Auftraggeberin zu erhö-hen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war im Vergleich mit den übrigen sozialgerichtlichen Verfahren durchschnittlich. Synergieeffekte sind hier nicht zu berücksichtigen, weil an dieser Stelle unterstellt wird, dass die zuerst eingegangene Klage zuerst bearbeitet wurde. Der durchschnittliche Umfang orientiert sich am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung am Ablauf eines Verfahrens, jeweils bezogen auf das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld. Zu berücksichtigen ist der zeitliche Aufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieb und objektiv verwenden musste. Die Beschwerdeführer fertigten in dem Klageverfahren insgesamt drei Schriftsätze und mussten sich auf einen Termin vorbereiten. Die Schwierigkeit der Angelegenheit bewertet der Senat als durchschnittlich. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerinnen war durchschnittlich. Abzustellen ist auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit. Die Beklagte forderte von der Klägerin zu 1. die Erstattung von 53,07 EUR und von der Klägerin zu 2. in Höhe von 6,77 EUR. Eine überdurchschnittliche Bedeutung ergibt sich hieraus nicht. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerinnen waren unterdurchschnittlich. Anhaltspunkte für ein besonderes Haftungsrisiko der Beschwerdeführer sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Terminsgebühr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3106 VV RVG ist in Höhe von ½ der Mittelgebühr (=100,00 EUR) angemessen. Die von dem Beschwerdeführer geltend gemachte Gebühr in Höhe von 2/3 der Mittelgebühr (133,33 EUR) überschreitet den Toleranzrahmen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit liegt bei der Dauer des Termins von zehn Minuten weit unter dem durchschnittlichen zeitlichen Ansatz von über 30 Minuten (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 22. November 2013 - L 6 SF 1313/13 B m.w.N., nach juris). Die Schwierig-keit der anwaltlichen Tätigkeit war hier ebenfalls unterdurchschnittlich. Die Beschwerdefüh-rer haben lediglich das bereits mit Schriftsatz vom 26. September 2012 unterbreitete Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen. Bezüglich der Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerinnen, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse und des Haftungsrisikos wird auf die Ausführungen zur Verfahrensgebühr verwiesen.

Die Erledigungsgebühr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 1006, 1005, 1002 VV RVG ist in Höhe der Mittelgebühr (190,00 EUR) angemessen. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen zur Verfahrensgebühr Bezug genommen.

Zu vergüten sind weiter die zwischen den Beteiligten nicht streitige Pauschale (Nr. 7002 VV RVG) und die Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG). Damit errechnet sich die Vergütung des Beschwerdeführers wie folgt: Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 51,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 100,00 EUR Erledigungsgebühr Nr. 1006, 1005, 1002 VV RVG 190,00 EUR Pauschale/Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 531,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 100,89 EUR Gesamtbetrag 631,89 EUR

Von der festgesetzten Vergütung (631,89 EUR) ist die Vorschusszahlung vom 19. Juni 2013 in Höhe von 286,79 EUR abzusetzen, sodass der Zahlbetrag 345,10 EUR beträgt.

Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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