L 3 B 266/01 KA

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KA 3/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 B 266/01 KA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 13.09.2001 abgeändert. Der Gegenstandswert für das zugrunde liegende Verfahren wird auf EURO 75.154,79 festgesetzt. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Festsetzung des Gegenstandswertes für ein Verfahren über die Frage, ob die dem Kläger als Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen (MKG-Chirurgen) erteilte vertragszahnärztliche Zulassung mit einer auflösenden Bedingung versehen werden durfte; der Beklagte wollte die Zulassung als Vertragszahnarzt mit der Bedingung verknüpfen, dass diese ende, wenn die vertragsärztliche Zulassung erteilt würde. Mit Urteil vom 24.06.1997 hatte das Sozialgericht Nürnberg die beanstandete Nebenbestimmung aufgehoben. Das Bayerische Landessozialgericht hatte auf die Berufungen des Beklagten - des Berufungsausschusses - und der Beigeladenen zu 1) - der KZVB - das Ersturteil bestätigt; auch die Revision zum Bundessozialgericht blieb ohne Erfolg.

Am 28.03.2000 stellte der Kläger den Antrag, den Gegenstandswert auf wenigstens DM 250.000,00 festzusetzen; unter dem Datum vom 29.06.2000 erweiterte er diesen Antrag um die Anregung, den Gegenstandswert mit wenigstens DM 500.000,00 festzusetzen. Das Durchschnittseinkommen von MKG-Chirurgen aus vertragsärztlicher Tätigkeit habe im Jahre 1996 bei DM 241.418,00 gelegen - so ein Schreiben der KZVB vom 21.06.2000 - ; der rechnerische Durchschnittsumsatz habe für die im Rechtsstreit maßgeblichen vier Jahre bei DM 211.077,00 gelegen; ziehe man den üblichen Kostenanteil von 50 % ab, verbleibe ein Jahresnettogewinn von DM 105.538,50; abgerundet auf DM 105.000,00 und bezogen auf die üblichen fünf Jahre für die Bemessung des Gegenstandswertes errechne sich folglich der geltend gemachte Wert von DM 500.000,00.

Demgegenüber wies der Beklagte darauf hin, dass die Möglichkeit einer Gewinnoptimierung im Einzelfall von der Struktur der Praxis und dem Arbeitseinsatz des Praxisinhabers abhinge; ob eine Doppelzulassung zu zusätzlichen Einnahmen führe, lasse sich allgemein aufgrund von Durchschnittswerten nicht feststellen; Grundlage einer solchen Feststellung könnten nur die vom Kläger nachgewiesenen GKV-Einnahmen sein; das zusätzlich erzielbare Nettoeinkommen könne zudem nur individuell bestimmt werden; es sei mit einem Betrag zwischen 10 % und 20 % des Nettogewinns anzunehmen.

Mit Beschluss vom 13.09.2001 setzte das Sozialgericht den Gegenstandswert auf DM 45.275,00 fest. Maßgebend sei das wirtschaftliche Interesse an der erstrebten gerichtlichen Entscheidung; dieses könne beim Vorhandensein von ausreichenden Anhaltspunkten für eine Schätzung nach billigem Ermessen festgestellt werden (§ 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO). Im vorliegenden Falle sei zwar ein beträchtliches wirtschaftliches Interesse gegeben, jedoch keines, welches sich ausreichend exakt beziffern lasse. Nach den Erhebungen der KZVB ergebe sich für die Jahre von 1996 bis 1999 insgesamt ein durchschnittlicher Gesamtumsatz von DM 783.924,00, weshalb in dieser Zeit ein Jahresumsatz von DM 195.981,00 realistisch erscheine. Gehe man davon aus, dass eine zusätzliche vertragsärztliche Zulassung für einen MKG-Chirurgen den Umsatz im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit um ca. 15 % erhöhe, so belaufe sich der zusätzliche Umsatz pro Jahr gerundet auf DM 29.398,00; ziehe man von diesem Betrag einen Anteil von geschätzten 69,2 % für Kosten ab, so verbleibe ein jährlicher Gewinn von DM 9.055,00, was für den hier zur Wertberechnung maßgebenden Fünfjahreszeitraum einen Gegenstandswert von DM 45.275,00 ergebe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klagepartei, der das Erstgericht nicht abgeholfen hat. Zur Begründung trägt der Bevollmächtigte des Klägers vor, die vom Erstgericht zugrunde gelegten Werte aus den Erhebungen der KZVB seien hier nicht maßgebend, weil sie auf den Zahlen für die Allgemeinzahnärzte beruhten, wohingegen es hier ausschließlich auf die spezielle Gruppe der doppelt zugelassenen MKG-Chirurgen ankomme; außerdem habe das Erstgericht übersehen, dass die von ihm wiedergegebenen Werte bereits den jährlichen Überschuss und nicht den jährlichen Umsatz wiedergäben. Infolgedessen hätten von dem Erhöhungsbetrag von 15 % nicht auch noch Kosten abgezogen werden dürfen. Außerdem habe das Erstgericht zu Unrecht die Überlegungen des Bayerischen Landessozialgerichts in dem Beschluss über eine Gegenstandswertfestsetzung in einem gleich gelagerten Verfahren außer Acht gelassen (Beschluss vom 31.03.1999; L 12 KA 516/97). In diesem Beschluss sei im wesentlichen ausgeführt, Ziel der gegen die auflösende Bedingung erhobenen Teilanfechtungsklage sei die Aufhebung der Bedingung gewesen; dabei habe das wirtschaftliche Interesse jedoch nicht in der Befürchtung bestehen können, dass die Einkünfte aus der vertragszahnärztlichen Tätigkeit verloren gehen würden, was im Falle der Bestandskraft des angefochtenen Bescheides eingetreten wäre. Denn sofern im Falle der Bestandskraft des umstrittenen Bescheides die auflösende Bedingung verwirklicht worden wäre, hätte der Kläger des dortigen Verfahrens den Verlust seiner Einkünfte aus vertragszahnärztlicher Tätigkeit wohl zum großen Teil mit Einkünften aus vertragsärztlicher Tätigkeit kompensieren können. Mit der Anullierung der auflösenden Bedingung habe sich der Kläger des dortigen Verfahrens vielmehr die Möglichkeit offen halten wollen, sowohl als Vertragszahnarzt als auch als Vertragsarzt - nämlich im Rahmen seiner Tätigkeit als MKG-Chirurg - tätig sein zu dürfen; sein Interesse in diesem Verfahren richte sich daher auf die zusätzlichen Einnahmen in Höhe von etwa 15 % seines bislang erzielten Gewinns, die er bei einer Doppelzulassung würde erzielen können.

II.

Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Der angefochtene Beschluss ist dahin zu korrigieren, dass der Gegenstandswert ohne - erneute - Absetzung eines Betrages für Praxiskosten zu ermitteln ist. Dies führt zu einem Betrag in Höhe von DM 146.990,00 für den Gegenstandswert, was einem Betrag von Euro 75.154,79 (146.990,00: 1,95583) entspricht.

In den Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit aufgrund der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten und Krankenkassen werden die Gebühren der Rechtsanwälte nach dem Gegenstandswert berechnet (§ 116 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BRAGO i.V.m. § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a.F. SGG). Weil für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit vom Streitwert oder Gegenstandswert abhängige Gerichtsgebühren nicht vorgesehen sind (§§ 183, 184 SGG), ist die von § 8 Abs. 2 Satz 1 BRAGO in der für diesen Fall maßgebenden Fassung vorgeschriebene Anwendung der Vorschriften der KostO hier nicht maßgebend; vielmehr ist hier der Gegenstandswert gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 a.F. BRAGO nach billigem Ermessen und unter Beachtung der wirtschaftlichen Interessen der Klagepartei an der gerichtlichen Entscheidung festzusetzen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 a.F. BRAGO auf DM 8.000,00, jedoch nach Lage des Falles auch niedriger oder höher, allerdings nicht über eine Million Deutsche Mark anzunehmen. Im vorliegenden Falle ist auf der Grundlage der von der KZVB ermittelten Zahlen jedenfalls ausreichendes Material vorhanden, um gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 a.F. BRAGO nach billigem Ermessen zur Festsetzung eines Gegenstandswertes zu gelangen. Denn wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, kann von durchschnittlichen jährlichen Einnahmen von DM 195.981,00 ausgegangen werden; davon ist für die Gegenstandswertfestsetzung als möglicher zusätzlicher Umsatz infolge der Erweiterung der Zulassung ein Betrag von 15 % anzunehmen; da es sich im vorliegenden Fall um eine bereits bestehende Arztpraxis gehandelt hat, ist ein Wert für einen Zeitraum von fünf Jahren zugrunde zu legen (vgl. die ständige Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts, z.B. Beschluss vom 03.08.1995 - L 12 Ka 62/93), dies ergibt den hier angenommenen Gegenstandwert.

Der Senat hat anders als das Erstgericht davon abgesehen, für die Ermittlung des Gegenstandswertes von diesem zusätzlichen Umsatz einen Abzug für Praxiskosten vorzunehmen. Denn da es sich bei diesem Betrag lediglich um eine Steigerung von Einnahmen im Rahmen einer bereits bestehenden Praxis handelt, erscheint dem Senat die Annahme einer im gleichen Verhältnis stattfindenden Steigerung der Kosten als unangemessen.

Gegen diese Entscheidung gibt es kein Rechtsmittel.
Rechtskraft
Aus
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