Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 9 AS 1009/17 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AS 142/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), hilfsweise nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).
Die Antragsteller sind rumänische Staatsangehörige. Sie halten sich seit 2011 in Deutschland auf. Die Antragstellerin zu 1) trägt vor, seit 2013 mit einem Reinigungsgewerbe selbständig tätig zu sein. Mit dieser Tätigkeit habe sie bis einschließlich Mai 2017 monatlich 500,00 EUR verdient. Bereits im Februar 2017 hatte der Fachdienst für Ausländerangelegenheiten des Kreises Offenbach die Antragstellerin zu 1) aufgefordert, ihre Wochenarbeitsstunden im Rahmen der selbständigen Erwerbstätigkeit zu erhöhen oder eine aktive Suche nach einer Vollzeittätigkeit aufzunehmen. Die Antragstellerin trägt vor, seit Juni 2017 800,00 EUR monatlich zu verdienen, ohne dass sie ihre Wochenarbeitsstunden wesentlich erhöht habe.
Bereits im Mai 2013 haben die Antragsteller aufstockend Leistungen nach dem SGB II beantragt. Mit Bescheid vom 18.05.2017 wurden den Antragstellern zuletzt für den Zeitraum vom 01.06.2017 bis 30.11.2017 ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1.131,00 EUR vorläufig bewilligt.
Der Fachdienst für Ausländerangelegenheiten stellte mit den Bescheiden vom 31.08.2017 den Verlust des Freizügigkeitsrechts beider Antragsteller fest. In der Begründung hieß es, es könne nicht von einem Freizügigkeitsrecht wegen selbständiger Erwerbstätigkeit der Antragstellerin zu 1) ausgegangen werden, da diese ihre Tätigkeit nur 3 Stunden am Tag ausübe und daher Sozialleistungen unangemessen in Anspruch nehme. Mit Schreiben vom 01.09.2017 wurde seitens des Fachdiensts für Ausländerangelegenheiten ergänzend mitgeteilt, dass auch die Erhöhung des monatlichen Einkommens auf 800,00 EUR ein Freizügigkeitsrecht nicht begründe. Gegen die Verfügung haben die Antragsteller Klage vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt erhoben.
Mit Schreiben vom 25.10.2017 teilte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit, dass aufgrund der Entscheidungen des Fachdiensts für Ausländerangelegenheiten keine SGB II-Leistungen mehr gezahlt werden können. Mit Schreiben vom 30.10.2017 wies die Prozessbevollmächtigte die Antragsgegnerin auf die aufschiebende Wirkung der gegen diese Entscheidungen erhobenen Klage hin. Der Weiterbewilligungsantrag der Antragsteller wurde schließlich mit Bescheid vom 07.11.2017 abgelehnt. Mit den Entscheidungen des Fachdiensts für Ausländerangelegenheiten des Kreises Offenbach, mit denen der Verlust der Freizügigkeit der Antragsteller festgestellt werde, ende formal die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes in Deutschland. Auf die aufschiebende Wirkung der Klage komme es nicht an.
Gegen den Bescheid vom 07.11.2017 erhoben die Antragsteller Widerspruch. Zugleich stellten sie zum 09.11.2017 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Darmstadt.
Die Antragsteller sind der Auffassung, dass die Antragstellerin zu 1) aufgrund der selbständigen Tätigkeit freizügigkeitsberechtigt sei. Eine völlig unwesentliche und untergeordnete Tätigkeit könne weder bei einem monatlichen Verdienst in Höhe von 500,00 EUR und schon gar nicht bei einem monatlichen Einkommen in Höhe von 800,00 EUR angenommen werden. Auch lasse die Feststellung des Verlusts der Freizügigkeit nicht den gewöhnlichen Aufenthalt entfallen. Die Antragsteller würden im Übrigen nicht dem AsylbLG unterfallen, da sie nicht vollziehbar ausreisepflichtig seien. Auch stehe den Antragstellern ein materielles Aufenthaltsrecht zu. Die Antragsteller haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, da ihnen ein Freizügigkeitsrecht als selbständige Erwerbstätige bzw. als Familienangehörige zustehe. Das SGB II setze keinen rechtmäßigen Aufenthalt, sondern einen gewöhnlichen Aufenthalt voraus. Hilfsweise seien den Antragstellern Leistungen nach dem SGB XII bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu gewähren, da es den Antragstellern nicht zumutbar sei, auszureisen. Die Antragsteller würden nicht nur ihre Wohnung verlieren, die Antragstellerin müsste insbesondere ihre Tätigkeit aufgeben.
Die Antragsteller beantragen,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern ab Antragstellung für einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Zeitraum vorläufige Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Hilfsweise beantragen sie,
den Beigeladenen im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern ab Antragstellung für einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Zeitraum vorläufig Leistungen nach dem SGB XII in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass die Verfügung Aufenthaltsbehörde des Kreises Offenbach Tatbestandswirkung auch für das hiesige sozialgerichtliche Verfahren habe. Es könne nicht mehr von einem gewöhnlichen Aufenthalt ausgegangen werden. Dass die Verlustfeststellung angefochten wurde, sei unerheblich, da bereits die Feststellung zum Leistungsausschluss führe.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Der Beigeladene ist der Auffassung, dass die Antragsteller von Leistungen nach dem SGB XII (nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII) ausgeschlossen sind, da sie aufgrund der ausländerbehördlichen Verfügung nicht über ein materielles Aufenthaltsrecht verfügen. Auf die Rechtskraft der Verlustfeststellung komme es nicht an. Allenfalls kämen Überbrückungsleistungen in Betracht. Diese können jedoch längstens für die Dauer eines Monats bis zur Ausreise erbracht werden. Es sei jedoch fraglich, ob diese überhaupt begehrt werden, da es den Antragstellern offensichtlich darum gehe, nicht auszureisen. Auch eine besondere Härte sei nicht ersichtlich. Schließlich scheitern Ansprüche nach dem AsylbLG nach Auffassung des Beigeladenen an § 1a AsylbLG, da eine Ausreisemöglichkeit besteht und diese aus einem von den Antragstellern zu vertretenden Grund nicht wahrgenommen werde. Den Antragstellern sei es jederzeit möglich, nach Rumänien zurückzukehren. Die Verfolgung der Streitigkeit sei auch von Rumänien aus möglich.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Antrag ist unbegründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Antragsgegnerin bzw. den Beigeladenen liegen nicht vor.
1.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Für den Erlass einer solchen Regelungsanordnung bedarf es eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds, also eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die Leistungen, zu denen der Antragsgegner einstweilen verpflichtet werden soll, sowie eines die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründenden Anordnungsgrundes. Die Voraussetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). An die Glaubhaftmachung sind umso niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit einer Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, wobei grundrechtliche Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen sind, insbesondere wenn es - wie hier um Leistungen geht, die der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens dienen (Landessozialgericht – LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21.08.2012 - L 3 AS 250/12 B ER - mit Hinweis auf Bundesverfassungsgericht - BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Ist allerdings ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht. Nur wenn im einstweiligen Anordnungsverfahren die Sach- und Rechtslage nicht abschließend geklärt werden, ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zu entscheiden, wobei den grundrechtlichen Belangen besondere Bedeutung zukommt.
a.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Antragsgegnerin nicht zu verpflichten, den Antragstellern vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren.
Weder für die Antragstellerin zu 1) noch für den Antragsteller zu 2), der sein Aufenthaltsrecht offenkundig nach § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EG) von der Antragstellerin zu 1) ableitet, ist ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Antragsteller sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, da sie sich nicht auf ein materielles Aufenthaltsrecht (Nr. 2a) berufen können und sie sich – wenn überhaupt – allein zum Zwecke der Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten (Nr. 2b).
aa) Nach Auffassung des Gerichts kann damit offen bleiben, ob der Anspruch auf Leistungsgewährung bereits an den in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II normierten Leistungsvoraussetzungen, insbesondere der Voraussetzung des gewöhnlichen Aufenthalts scheitert.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Die Antragsteller bilden eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 4 SGB II. Sie haben das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht. Sie sind erwerbsfähig im Sinne von §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 8 SGB II. Es wird nicht vorgetragen, dass eine fehlende (gesundheitliche) Erwerbsfähigkeit vorliegt. Die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 liegen damit grundsätzlich vor.
Ob die Entscheidungen des Fachdienstes für Ausländerangelegenheiten des Kreises Offenbach vom 31.08.2017 mit denen der Verlust der Freizügigkeit der Antragsteller festgestellt wurde, die Voraussetzung des "gewöhnlichen Aufenthalts" im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II entfallen lässt, kann dahinstehen. Dafür könnte sprechen, wenn § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II im Kontext mit § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II gelesen wird (hierzu unter cc).
bb) Nach Auffassung des Gerichts sind die Leistungen jedenfalls nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgeschlossen. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 SGB II schließt nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut ("[ ...] ausgeschlossen sind [ ...]") einen an sich unter den Voraussetzungen des Abs. 1 bestehenden Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den dort genannten Personenkreis aus, so dass der ausdrücklich genannte und vom Leistungsausschluss betroffene Personenkreis nicht zu den nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gehört.
(1) Die Antragsteller, insbesondere die Antragstellerin zu 1), können sich nicht erfolgreich auf ein Aufenthaltsrecht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a) SGB II berufen.
Grundsätzlich haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe des FreizügG/EU. Nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU sind freizügigkeitsberechtigt, Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen (Nr. 1), Unionsbürger, die sich zur Arbeitssuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden (Nr. 1a), Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige, Nr. 2), Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikels 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistungen berechtigt sind (Nr. 3), Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen (Nr. 4), nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4 (Nr. 5), Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4 (Nr. 6) sowie Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben.
Die Antragstellerin zu 1) beruft sich insofern allein auf das Aufenthaltsrecht niedergelassener selbständiger Erwerbstätiger (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU).
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU sind Unionsbürger freizügigkeitsberechtigt, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige). Diese Freizügigkeit folgt aus der Niederlassungsfreiheit nach Artikel 49 ff. des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die Niederlassungsfreiheit bezieht sich auf eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit, die – in Abgrenzung zur Dienstleistungsfreiheit (Art. 56, 57 Satz 3 AEUV) – nicht nur vorübergehend, sondern auf grundsätzlich unbestimmte Zeit im Aufnahmemitgliedstaat ausgeübt werden soll. Die Art der ausgeübten Tätigkeit ist zwar unerheblich, es muss sich aber um eine wirtschaftlich relevante Tätigkeit handeln, weshalb völlig untergeordnete, unwesentliche Tätigkeiten nicht genügen (vgl. Oberverwaltungsgericht – OVG - Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.04.2009 - 7 A 11053/08 - juris Rn. 24). Der erforderliche Wille verlangt zudem eine ernstzunehmende Gewinnerzielungsabsicht (OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O m.w.N.).
Weder den gesetzlichen Regelungen noch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) oder der Rechtsprechung nationaler Gerichte lassen sich klare Grenzen entnehmen, wann es sich um eine wirtschaftlich relevante Tätigkeit handelt. Der EuGH hat immer deutlich gemacht, dass eine vorzunehmende Würdigung der Gesamtumstände letztlich den Gerichten der Mitgliedstaaten vorbehalten bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 04.02.2010 – Rs. C-14/09). Er selbst hat die unionsrechtlich autonom zu definierende Arbeitnehmereigenschaft eines Musiklehrers mit 12 Wochenstunden Unterricht (Urteil vom 03.06.1986 – Rs. C-139/85) sowie die einer Studienreferendarin mit bis zu 11 Wochenstunden (Urteil vom 03.07.1986 - Rs. C-66/85) bejaht. Dabei variieren in Anlehnung an die Arbeitnehmerfreizügigkeit die Wochenarbeitsstunden zwischen etwa 5,5 Wochenstunden aufwärts (OVG Bremen, Urteil vom 28.09.2010 – 1 A 116/09: 5,5 h pro Woche, VG München, Urteil vom 02.02.1999 – M 21 K 98.750: 7,5 Wochenstunden). Während eine Tätigkeit von drei bis vier Stunden pro Woche (VG München, a.a.O), aber auch von 5 Wochenstunden als unwesentliche Tätigkeit anzusehen ist (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 04.06.2015 – L 29 AS 1128/15 B ER). Dabei ist nach Auffassung des Gerichts abweichend von den für Arbeitnehmer angenommenen Entgelten für ein tatsächliches und echtes Arbeitsverhältnis bei Selbständigen ein jeweils höheres Entgelt für die Annahme einer relevanten wirtschaftlichen Tätigkeit anzunehmen, da regelmäßig zu berücksichtigen ist, dass Selbständige von ihren Einnahmen nicht nur ihren Lebensunterhalt und die Sozialabgaben zu bestreiten hätten, sondern darüber hinaus auch die für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen Arbeitsmittel finanzieren müssen.
Ob die von der Antragstellerin zu 1) ausgeübte Tätigkeit letztlich eine relevante wirtschaftliche Tätigkeit und nicht nur eine völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit darstellt, kann nach Auffassung des Gerichts letztlich dahinstehen. Dagegen könnte die angegebene, äußerst geringe Wochenarbeitszeit von 3 Stunden sprechen. Selbst unter Berücksichtigung des ursprünglich angegebenen Verdienstes in Höhe von 500,00 EUR steht der Wochenarbeitszeit ein widersprüchlich hoher Stundenlohn für eine Reinigungskraft gegenüber, der so erfahrungsgemäß nicht einmal von professionellen Reinigungsfirmen verlangt wird. Dabei stellt sich auch die Frage, ob die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wurde. Bis 2016 liegen ausweislich der vorliegenden Verwaltungsakte der Antragsgegnerin ausschließlich Rechnungen und Quittungen vor. Für den Aufbau einer ernstzunehmenden wirtschaftlichen Tätigkeit wäre zu erwarten, dass die Abwicklung von Zahlungen über das vorhandene Konto erfolgt. Verwunderlich ist ebenfalls, dass der Einkommensteuerbescheid für 2014 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.500 EUR ausweist, während der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2014 einen Betrag in Höhe von 6.000,00 EUR ausweist. Letzteres ergibt sich, wenn die Einnahmen in Höhe von vom monatlich 500,00 (brutto) angesetzt werden. Ebenso ist auffällig, dass die Tätigkeit mit Ausnahme einer Rechnung in 2017 immer für dieselbe Person ausgeübt wurde. Erst ab März 2017 sind tatsächlich Zahlungseingänge aus der Tätigkeit auf dem Konto der Antragstellerin festzustellen. Dabei ist wiederum auffällig, dass anfänglich die gesamte Summe nur wenige Tage nach Zahlungseingang vollständig, im September 2017 zumindest größtenteils, wieder abgehoben worden ist. Wie unter diesen Bedingungen ein ernstzunehmendes Gewerbe betrieben wird, ist zumindest fraglich.
Auch spricht gegen eine ernstzunehmende und zudem auf Dauer angelegte Gewinnerzielungsabsicht, wenn erst auf Druck eines eingeleiteten Verlustfeststellungsverfahrens der Umfang der Tätigkeit aufgestockt wird (OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O., juris Rn. 25). Vorliegend wurde die Antragstellerin zu 1) bereits im Februar 2017 vom Fachdienst für Ausländerangelegenheiten aufgefordert, ihre Wochenarbeitsstunden im Rahmen der selbständigen Erwerbstätigkeit zu erhöhen bzw. eine Vollzeittätigkeit aufzunehmen. Erst ab Juni 2017 wird von Antragstellerin vorgetragen, dass sich ihre Einnahmen erhöht hätten. Dabei ist festzustellen, dass sie weiterhin nur für einen Auftraggeber tätig geworden ist.
Letztlich ist jedoch aufgrund der Gesamtumstände davon auszugehen, dass die hier in Anspruch genommene Freizügigkeit seitens der Antragstellerin zu 1) nicht nur zu einem unangemessenen Anspruch auf Sozialleistungen führt, sondern vielmehr missbräuchlich ist. Ein Unionsbürger ist nicht mehr nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügigG/EU freizügigkeitsberechtigt, wenn die Aufnahme des Arbeitsverhältnisses missbräuchlich erfolgt. Ein Missbrauch ist auch nach der Rechtsprechung des EuGH anzunehmen, wenn eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergibt, dass trotz formaler Einhaltung der unionsrechtlichen Bedingungen das Ziel der Regelung nicht erreicht wurde und der Betroffenen in der Absicht handelte, sich einen unionsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen wurden (OVG des Landes Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.03.2017 - 18 B 274/17 - juris Rn. 3; vgl. auch EuGH, Urteil vom 21.06.1988 – C-39/86 – juris Rn. 43 - Lair). Dies ist etwa auch dann anzunehmen, wenn die Aufnahme einer Tätigkeit allein dem Ziel dient, den Antragstellern den Aufenthalt im Bundesgebiet und damit auch den Erhalt gewährter finanzieller Leistungen unter Umgehung der Vorgaben des FreizügG/EU zu ermöglichen (OVG, a.a.O. Rn. 5).
Neben den bereits im Zusammenhang mit der relevanten wirtschaftlichen Tätigkeit festgestellten Auffälligkeiten ist weiterhin festzustellen, dass laut dem Vortrag der Antragstellerin zu 1) erstmals 2013 und damit zwei Jahre nach der Einreise eine Tätigkeit aufgenommen wurde. Dies fällt mit dem Zeitpunkt zusammen, als sie erstmals bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Leistungen zum Lebensunterhalt gestellt hat. Ebenfalls ist festzustellen, dass der Antragsteller zu 2) während der gesamten Zeit keiner Beschäftigung nachgegangen ist. Zwar wurden seitens der Antragsgegnerin diverse Aktivierungs- und Eingliederungsmaßnahmen angestoßen. Offenkundig wurden aber stets gesundheitliche Probleme vorgetragen, die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehen. Dies obwohl die Antragsgegnerin bereits in 2014 hat feststellen lassen, dass der Antragsteller zu 2) trotz seiner Gesundheitsstörungen vollschichtig einer leichten Tätigkeit nachgehen könne (Bl. 61 Verwaltungsakte ER Teil Mann 1). Damit war von vornherein absehbar, dass – sofern die Antragstellerin zu 1) ihren Tätigkeitsumfang nicht aufstockt – die Antragsteller stets auf Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts angewiesen sind.
Aus den Gesamtumständen ist daher davon auszugehen, dass nicht beabsichtigt gewesen ist, den Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten. Die Erwerbstätigkeit wurde – wenn überhaupt – allein zum Zwecke der Abwendung aufenthaltsbeendender Maßnahmen und mit geringstmöglichem Aufwand aufrechterhalten. Die Absicht ein ernstzunehmendes Gewerbe einzurichten und aufrechtzuerhalten, ist nicht ersichtlich.
Damit ist weder die Antragstellerin zu 1) freizügigkeitsberechtigt noch kann der Antragsteller zu 2) als Familienangehöriger erfolgreich ein Aufenthaltsrecht von der Antragstellerin zu 1) ableiten. Im Übrigen könnte sich der Antragsteller zu 2) allenfalls auf das Aufenthaltsrecht zum Zwecke der Arbeitssuche (§ 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU) berufen (hierzu siehe (2)).
(2) Soweit sich das Aufenthaltsrecht der Antragsteller – wenn überhaupt – allein auf den Zweck der Arbeitssuche nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU stützen lässt, sind die Antragsteller ebenfalls nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2b SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.
Der Leistungsausschluss betrifft nach Nr. 2b Ausländerinnen und Ausländer, wenn sich das Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, also keine sonstigen Gründe nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU für die Unionsrechtliche Freizügigkeitsberechtigung gegeben sind. Der Zweck der Arbeitsuche gewährt Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen (vgl. § 3 Abs. 2 FreizügG/EU) nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a FreizügG/EU zwar ein Recht auf Einreise und Aufenthalt (Aufenthaltsrecht), verschafft ihnen aber keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II. Dies, obwohl diese Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU für bis zu sechs Monate unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden. Soweit jedoch nicht einmal davon ausgegangen werden kann, dass sich die Antragsteller zum Zweck der Arbeitsuche in die Bundesrepublik Deutschland begeben hat, steht den Antragstellern keine Freizügigkeitsberechtigung bzw. kein Aufenthaltsrecht zu, da ein anderer Aufenthaltsgrund im Sinne des FreizügG/EU nicht ersichtlich ist. Für diese Fälle ist davon auszugehen, dass Unionsbürger ohne materielle Freizügigkeitsberechtigung bzw. Aufenthaltsrecht "erst recht" von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind (Bundessozialgericht – BSG, Urteile vom 03.12.2015 - B 4 AS 44/15 R – juris Rn. 19 ff. und - B 4 AS 59/13 R – juris Rn. 14).
Soweit es die Antragstellerin zu 1) betrifft, wurde bereits festgestellt, dass sie derzeit eine nicht ernstzunehmende gewerbliche Tätigkeit ausübt. Bemühungen ein Arbeitsverhältnis einzugehen, mit dem in absehbarer Zeit auf Dauer der Lebensunterhalt sichergestellt werden kann, sind nicht ersichtlich. Im Hinblick auf den Antragsteller zu 2) kann aufgrund der Gesamtumstände nicht davon ausgegangen werden, dass sich dieser überhaupt zum Zwecke der Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland befindet.
(3) Hinzukommt, dass die Ausländerbehörde mit den Verfügungen vom 31.08.2017 den Verlust der Freizügigkeit nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU der Antragsteller festgestellt hat. Dies führt gemäß § 7 Abs. 1 FreizügG/EU schon vor Bestandskraft dieser Entscheidung zur Ausreisepflicht (Sozialgericht Darmstadt, Beschluss vom 25.03.2013 - S 16 1089/12 ER - juris Rn. 56, Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.11.2016 - L 11 AS 567/16 B ER - juris Rn. 17; Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 28.09.2017 - L 4 SO 55/17 B ER - juris Rn. 6).
Im Übrigen geht das Gericht davon aus, dass, solange die Entscheidungen über den Verlust der Freizügigkeit noch nicht bestands- bzw. rechtskräftig geworden sind, zumindest im Hinblick auf die Gründe der fehlenden Freizügigkeitsberechtigung noch keine Tatbestandswirkung eintritt. Wie zuvor festgestellt, geht indes auch das Gericht davon aus, dass die Antragsteller sich nicht erfolgreich auf Freizügigkeitsrechte berufen können.
cc) Dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II steht schließlich nicht die Rückausnahme nach § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II entgegen. Danach erhalten abweichend von Satz 2 Nr. 2 Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Dies gilt ausdrücklich nach Halbsatz 2 von Satz 4 nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 des FreizügigG/EU festgestellt wurde. Die Verfestigung des Aufenthalts tritt dann nicht ein bzw. entfällt diese (Becker, in Eicher/ Luik, SGB II, 4. Auflage, § 7 Rn. 57).
Damit wird ausdrücklich durch das Gesetz selbst – zumindest im Hinblick auf diese Rückausnahme – das Vorliegen des gewöhnlichen Aufenthalts für den Fall beschränkt, dass eine Verlustfeststellung vorliegt. Vorliegend hat der Fachdienst für Ausländerangelegenheiten des Kreises Offenbach mit den Entscheidungen vom 31.08.2017 für beide Antragsteller den Verlust der Freizügigkeit festgestellt.
Dabei kommt nach Auffassung des Gerichts nicht darauf an, dass die Antragsteller diese Entscheidung angefochten haben. Nach § 7 Abs. 1 Satz 4, 2. Halbsatz SGB II genügt die Feststellung des Verlusts der Freizügigkeit. Dies entspricht auch der Auslegung im Rahmen des FreizügG/EU, wonach bereits die Verlustfeststellung der Freizügigkeit ungeachtet der Bestands- bzw. Rechtskraft die Ausreisepflicht nach § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU begründet (vgl. Geyer, in Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, FreizügG/EU, § 7 Rn 3; Brinkmann, in Huber, Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, FreizügG/EU, § 7 Rn 5). Die Einlegung von Rechtsmitteln steht lediglich der unmittelbaren Abschiebung entgegen (Sozialgericht Darmstadt, Beschluss vom 25.03.2013 - S 16 1089/12 ER - juris Rn. 56, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.11.2016 - L 11 AS 567/16 B ER - juris Rn. 17; LSG Hamburg, Beschluss vom 28.09.2017 - L 4 SO 55/17 B ER - juris Rn. 6). Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) das Erfordernis der Unanfechtbarkeit für die Begründung der Ausreisepflicht in § 7 FreizügG/EU ausdrücklich hat entfallen lassen (vgl. BT-Drs 16/5065, S. 211). Bereits die gesetzliche Verpflichtung auszureisen, steht damit denknotwendig der Begründung bzw. Aufrechterhaltung eines gewöhnlichen bzw. der Verfestigung eines Aufenthalts entgegen.
Die Antragsteller sind mit der Feststellung des Verlusts der Freizügigkeit aufgrund der Entscheidungen vom 31.08.2017 ausreisepflichtig. Hinreichende Gründe die der Ausreisepflicht entgegenstehen, sind nicht ersichtlich. Soweit die Antragsteller vortragen, bei längerer Abwesenheit ihre Wohnung bzw. die Antragstellerin zu 1) ihre Tätigkeit zu verlieren, lassen diese nicht der Ausreisepflicht nach § 7 FreizügG/EU entfallen. Insbesondere sind weder gesundheitliche noch sonstige Gründe ersichtlich, aufgrund derer eine Ausreise (vorübergehend) unmöglich oder unzumutbar ist.
Im Ergebnis können die Antragsteller damit keine Ansprüche gegenüber der Antragsgegnerin nach dem SGB II geltend machen.
b.
Auch soweit die Antragsteller hilfsweise Leistungen nach dem SGB XII begehren, ist festzustellen, dass diesbezüglich kein Anordnungsanspruch nach §§ 19 Abs. 1, 27 Abs. 1 SGB XII gegenüber dem Beigeladenen geltend gemacht werden kann. Danach ist Personen Hilfe zum Lebensunterhalt zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
aa) Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GSB XII erhalten Ausländer und ihre Familienangehörigen jedoch dann keine Leistungen, wenn sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Damit enthält § 23 SGB XII eine § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entsprechende Ausschlussregelung. Wie bereits festgestellt wurde, ist nicht ersichtlich, dass die Antragsteller über in materielles Aufenthaltsrecht verfügen. Die Antragsteller sind damit grundsätzlich auch von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen.
bb) Soweit sich nach der Rechtsprechung gegebenenfalls eine Ermessensentscheidung der Beigeladenen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII begründen lässt, ist festzustellen, dass auch danach der Beigeladene vorliegend nicht zu verpflichten ist, den Antragstellern vorläufig Leistungen zu gewähren.
So ist zunächst kein verfestigter Aufenthaltsstatus der Antragsteller festzustellen, der nach der Rechtsprechung des BSG im Rahmen des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII zu einer Ermessensreduzierung mit der Folge einer Leistungsverpflichtung des Antragsgegners führen würde (BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R – juris Rn. 55 ff., a.A. Hessisches LSG, Urteil vom 26.09.2016 – L 9 AS 643/16 B ER – juris Rn. 9). Selbst bei Heranziehung der Rechtsprechung des BSG ist keine Ermessensreduzierung auf Null zur Erbringung von Sozialhilfeleistungen gegeben, da – wie wiederholt festgestellt – allein die Entscheidung über den Verlust der Freizügigkeit einer Verfestigung des Aufenthalts entgegensteht. Die Antragsteller sind vielmehr kraft Gesetzes verpflichtet, auszureisen.
Folglich steht es allein im Ermessen des Beigeladenen, ob Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII gewährt werden. Danach muss der Beigeladene im Hauptsacheverfahren die tatsächlichen Lebensumstände der Antragsteller berücksichtigen. Ein Anordnungsanspruch lässt sich daraus nicht begründen.
cc) Auch sind nach Auffassung des Gerichts die Voraussetzung für eine Ausnahme vom Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII nicht gegeben. Denn diese Ausnahme, die für Ausländer gilt, die sich seit mindestens fünf Jahren ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten, greift ebenfalls dann nicht ein, wenn der Verlust der Freizügigkeit festgestellt wurde. Dies ist hier – wie wiederholt festgestellt – der Fall.
Auch diesbezüglich ist ohne Bedeutung, dass die Antragsteller die Entscheidung der Verlustfeststellung angefochten haben, denn auch nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 7, 2. Halbsatz SB XII führt bereits die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts zur Unanwendbarkeit der Ausnahme; die Rechtskraft wird nicht vorausgesetzt (LSG Hamburg, Beschluss vom 28.09.2017 - L 4 SO 55/17 B ER - juris Rn. 6).
dd) Soweit damit allenfalls Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII in Betracht kommen, wird dies ebenfalls von dem Beigeladenen so gesehen. Da der Beigeladenen damit seine Bereitschaft erklärt, diese Leistungen – sofern überhaupt von den Antragstellern gewünscht – zu erbringen, bedarf es keiner besonderen Entscheidung durch das Gericht.
Insoweit ist auch das Gericht, wie der Beigeladene der Auffassung, dass Überbrückungsleistungen bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat zu erbringen sind. Umstände die eine besondere Härte nach § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII begründen und einer Ausreise entgegenstehen, sind – wie festgestellt – nicht ersichtlich. Damit sind keine Leistungen über einen Zeitraum von mehr als einen Monat zu gewähren.
Im Ergebnis fehlt es daher an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs auf Sozialleistungen. Weder die Antragsgegnerin noch der Beigeladene sind zur Gewährung vorläufiger Leistungen zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), hilfsweise nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).
Die Antragsteller sind rumänische Staatsangehörige. Sie halten sich seit 2011 in Deutschland auf. Die Antragstellerin zu 1) trägt vor, seit 2013 mit einem Reinigungsgewerbe selbständig tätig zu sein. Mit dieser Tätigkeit habe sie bis einschließlich Mai 2017 monatlich 500,00 EUR verdient. Bereits im Februar 2017 hatte der Fachdienst für Ausländerangelegenheiten des Kreises Offenbach die Antragstellerin zu 1) aufgefordert, ihre Wochenarbeitsstunden im Rahmen der selbständigen Erwerbstätigkeit zu erhöhen oder eine aktive Suche nach einer Vollzeittätigkeit aufzunehmen. Die Antragstellerin trägt vor, seit Juni 2017 800,00 EUR monatlich zu verdienen, ohne dass sie ihre Wochenarbeitsstunden wesentlich erhöht habe.
Bereits im Mai 2013 haben die Antragsteller aufstockend Leistungen nach dem SGB II beantragt. Mit Bescheid vom 18.05.2017 wurden den Antragstellern zuletzt für den Zeitraum vom 01.06.2017 bis 30.11.2017 ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1.131,00 EUR vorläufig bewilligt.
Der Fachdienst für Ausländerangelegenheiten stellte mit den Bescheiden vom 31.08.2017 den Verlust des Freizügigkeitsrechts beider Antragsteller fest. In der Begründung hieß es, es könne nicht von einem Freizügigkeitsrecht wegen selbständiger Erwerbstätigkeit der Antragstellerin zu 1) ausgegangen werden, da diese ihre Tätigkeit nur 3 Stunden am Tag ausübe und daher Sozialleistungen unangemessen in Anspruch nehme. Mit Schreiben vom 01.09.2017 wurde seitens des Fachdiensts für Ausländerangelegenheiten ergänzend mitgeteilt, dass auch die Erhöhung des monatlichen Einkommens auf 800,00 EUR ein Freizügigkeitsrecht nicht begründe. Gegen die Verfügung haben die Antragsteller Klage vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt erhoben.
Mit Schreiben vom 25.10.2017 teilte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit, dass aufgrund der Entscheidungen des Fachdiensts für Ausländerangelegenheiten keine SGB II-Leistungen mehr gezahlt werden können. Mit Schreiben vom 30.10.2017 wies die Prozessbevollmächtigte die Antragsgegnerin auf die aufschiebende Wirkung der gegen diese Entscheidungen erhobenen Klage hin. Der Weiterbewilligungsantrag der Antragsteller wurde schließlich mit Bescheid vom 07.11.2017 abgelehnt. Mit den Entscheidungen des Fachdiensts für Ausländerangelegenheiten des Kreises Offenbach, mit denen der Verlust der Freizügigkeit der Antragsteller festgestellt werde, ende formal die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes in Deutschland. Auf die aufschiebende Wirkung der Klage komme es nicht an.
Gegen den Bescheid vom 07.11.2017 erhoben die Antragsteller Widerspruch. Zugleich stellten sie zum 09.11.2017 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Darmstadt.
Die Antragsteller sind der Auffassung, dass die Antragstellerin zu 1) aufgrund der selbständigen Tätigkeit freizügigkeitsberechtigt sei. Eine völlig unwesentliche und untergeordnete Tätigkeit könne weder bei einem monatlichen Verdienst in Höhe von 500,00 EUR und schon gar nicht bei einem monatlichen Einkommen in Höhe von 800,00 EUR angenommen werden. Auch lasse die Feststellung des Verlusts der Freizügigkeit nicht den gewöhnlichen Aufenthalt entfallen. Die Antragsteller würden im Übrigen nicht dem AsylbLG unterfallen, da sie nicht vollziehbar ausreisepflichtig seien. Auch stehe den Antragstellern ein materielles Aufenthaltsrecht zu. Die Antragsteller haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, da ihnen ein Freizügigkeitsrecht als selbständige Erwerbstätige bzw. als Familienangehörige zustehe. Das SGB II setze keinen rechtmäßigen Aufenthalt, sondern einen gewöhnlichen Aufenthalt voraus. Hilfsweise seien den Antragstellern Leistungen nach dem SGB XII bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu gewähren, da es den Antragstellern nicht zumutbar sei, auszureisen. Die Antragsteller würden nicht nur ihre Wohnung verlieren, die Antragstellerin müsste insbesondere ihre Tätigkeit aufgeben.
Die Antragsteller beantragen,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern ab Antragstellung für einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Zeitraum vorläufige Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Hilfsweise beantragen sie,
den Beigeladenen im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern ab Antragstellung für einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Zeitraum vorläufig Leistungen nach dem SGB XII in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass die Verfügung Aufenthaltsbehörde des Kreises Offenbach Tatbestandswirkung auch für das hiesige sozialgerichtliche Verfahren habe. Es könne nicht mehr von einem gewöhnlichen Aufenthalt ausgegangen werden. Dass die Verlustfeststellung angefochten wurde, sei unerheblich, da bereits die Feststellung zum Leistungsausschluss führe.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Der Beigeladene ist der Auffassung, dass die Antragsteller von Leistungen nach dem SGB XII (nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII) ausgeschlossen sind, da sie aufgrund der ausländerbehördlichen Verfügung nicht über ein materielles Aufenthaltsrecht verfügen. Auf die Rechtskraft der Verlustfeststellung komme es nicht an. Allenfalls kämen Überbrückungsleistungen in Betracht. Diese können jedoch längstens für die Dauer eines Monats bis zur Ausreise erbracht werden. Es sei jedoch fraglich, ob diese überhaupt begehrt werden, da es den Antragstellern offensichtlich darum gehe, nicht auszureisen. Auch eine besondere Härte sei nicht ersichtlich. Schließlich scheitern Ansprüche nach dem AsylbLG nach Auffassung des Beigeladenen an § 1a AsylbLG, da eine Ausreisemöglichkeit besteht und diese aus einem von den Antragstellern zu vertretenden Grund nicht wahrgenommen werde. Den Antragstellern sei es jederzeit möglich, nach Rumänien zurückzukehren. Die Verfolgung der Streitigkeit sei auch von Rumänien aus möglich.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Antrag ist unbegründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Antragsgegnerin bzw. den Beigeladenen liegen nicht vor.
1.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Für den Erlass einer solchen Regelungsanordnung bedarf es eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds, also eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die Leistungen, zu denen der Antragsgegner einstweilen verpflichtet werden soll, sowie eines die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründenden Anordnungsgrundes. Die Voraussetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). An die Glaubhaftmachung sind umso niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit einer Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, wobei grundrechtliche Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen sind, insbesondere wenn es - wie hier um Leistungen geht, die der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens dienen (Landessozialgericht – LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21.08.2012 - L 3 AS 250/12 B ER - mit Hinweis auf Bundesverfassungsgericht - BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Ist allerdings ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht. Nur wenn im einstweiligen Anordnungsverfahren die Sach- und Rechtslage nicht abschließend geklärt werden, ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zu entscheiden, wobei den grundrechtlichen Belangen besondere Bedeutung zukommt.
a.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Antragsgegnerin nicht zu verpflichten, den Antragstellern vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren.
Weder für die Antragstellerin zu 1) noch für den Antragsteller zu 2), der sein Aufenthaltsrecht offenkundig nach § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EG) von der Antragstellerin zu 1) ableitet, ist ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Antragsteller sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, da sie sich nicht auf ein materielles Aufenthaltsrecht (Nr. 2a) berufen können und sie sich – wenn überhaupt – allein zum Zwecke der Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten (Nr. 2b).
aa) Nach Auffassung des Gerichts kann damit offen bleiben, ob der Anspruch auf Leistungsgewährung bereits an den in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II normierten Leistungsvoraussetzungen, insbesondere der Voraussetzung des gewöhnlichen Aufenthalts scheitert.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Die Antragsteller bilden eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 4 SGB II. Sie haben das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht. Sie sind erwerbsfähig im Sinne von §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 8 SGB II. Es wird nicht vorgetragen, dass eine fehlende (gesundheitliche) Erwerbsfähigkeit vorliegt. Die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 liegen damit grundsätzlich vor.
Ob die Entscheidungen des Fachdienstes für Ausländerangelegenheiten des Kreises Offenbach vom 31.08.2017 mit denen der Verlust der Freizügigkeit der Antragsteller festgestellt wurde, die Voraussetzung des "gewöhnlichen Aufenthalts" im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II entfallen lässt, kann dahinstehen. Dafür könnte sprechen, wenn § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II im Kontext mit § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II gelesen wird (hierzu unter cc).
bb) Nach Auffassung des Gerichts sind die Leistungen jedenfalls nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgeschlossen. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 SGB II schließt nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut ("[ ...] ausgeschlossen sind [ ...]") einen an sich unter den Voraussetzungen des Abs. 1 bestehenden Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den dort genannten Personenkreis aus, so dass der ausdrücklich genannte und vom Leistungsausschluss betroffene Personenkreis nicht zu den nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gehört.
(1) Die Antragsteller, insbesondere die Antragstellerin zu 1), können sich nicht erfolgreich auf ein Aufenthaltsrecht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a) SGB II berufen.
Grundsätzlich haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe des FreizügG/EU. Nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU sind freizügigkeitsberechtigt, Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen (Nr. 1), Unionsbürger, die sich zur Arbeitssuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden (Nr. 1a), Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige, Nr. 2), Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikels 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistungen berechtigt sind (Nr. 3), Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen (Nr. 4), nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4 (Nr. 5), Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4 (Nr. 6) sowie Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben.
Die Antragstellerin zu 1) beruft sich insofern allein auf das Aufenthaltsrecht niedergelassener selbständiger Erwerbstätiger (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU).
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU sind Unionsbürger freizügigkeitsberechtigt, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige). Diese Freizügigkeit folgt aus der Niederlassungsfreiheit nach Artikel 49 ff. des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die Niederlassungsfreiheit bezieht sich auf eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit, die – in Abgrenzung zur Dienstleistungsfreiheit (Art. 56, 57 Satz 3 AEUV) – nicht nur vorübergehend, sondern auf grundsätzlich unbestimmte Zeit im Aufnahmemitgliedstaat ausgeübt werden soll. Die Art der ausgeübten Tätigkeit ist zwar unerheblich, es muss sich aber um eine wirtschaftlich relevante Tätigkeit handeln, weshalb völlig untergeordnete, unwesentliche Tätigkeiten nicht genügen (vgl. Oberverwaltungsgericht – OVG - Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.04.2009 - 7 A 11053/08 - juris Rn. 24). Der erforderliche Wille verlangt zudem eine ernstzunehmende Gewinnerzielungsabsicht (OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O m.w.N.).
Weder den gesetzlichen Regelungen noch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) oder der Rechtsprechung nationaler Gerichte lassen sich klare Grenzen entnehmen, wann es sich um eine wirtschaftlich relevante Tätigkeit handelt. Der EuGH hat immer deutlich gemacht, dass eine vorzunehmende Würdigung der Gesamtumstände letztlich den Gerichten der Mitgliedstaaten vorbehalten bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 04.02.2010 – Rs. C-14/09). Er selbst hat die unionsrechtlich autonom zu definierende Arbeitnehmereigenschaft eines Musiklehrers mit 12 Wochenstunden Unterricht (Urteil vom 03.06.1986 – Rs. C-139/85) sowie die einer Studienreferendarin mit bis zu 11 Wochenstunden (Urteil vom 03.07.1986 - Rs. C-66/85) bejaht. Dabei variieren in Anlehnung an die Arbeitnehmerfreizügigkeit die Wochenarbeitsstunden zwischen etwa 5,5 Wochenstunden aufwärts (OVG Bremen, Urteil vom 28.09.2010 – 1 A 116/09: 5,5 h pro Woche, VG München, Urteil vom 02.02.1999 – M 21 K 98.750: 7,5 Wochenstunden). Während eine Tätigkeit von drei bis vier Stunden pro Woche (VG München, a.a.O), aber auch von 5 Wochenstunden als unwesentliche Tätigkeit anzusehen ist (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 04.06.2015 – L 29 AS 1128/15 B ER). Dabei ist nach Auffassung des Gerichts abweichend von den für Arbeitnehmer angenommenen Entgelten für ein tatsächliches und echtes Arbeitsverhältnis bei Selbständigen ein jeweils höheres Entgelt für die Annahme einer relevanten wirtschaftlichen Tätigkeit anzunehmen, da regelmäßig zu berücksichtigen ist, dass Selbständige von ihren Einnahmen nicht nur ihren Lebensunterhalt und die Sozialabgaben zu bestreiten hätten, sondern darüber hinaus auch die für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen Arbeitsmittel finanzieren müssen.
Ob die von der Antragstellerin zu 1) ausgeübte Tätigkeit letztlich eine relevante wirtschaftliche Tätigkeit und nicht nur eine völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit darstellt, kann nach Auffassung des Gerichts letztlich dahinstehen. Dagegen könnte die angegebene, äußerst geringe Wochenarbeitszeit von 3 Stunden sprechen. Selbst unter Berücksichtigung des ursprünglich angegebenen Verdienstes in Höhe von 500,00 EUR steht der Wochenarbeitszeit ein widersprüchlich hoher Stundenlohn für eine Reinigungskraft gegenüber, der so erfahrungsgemäß nicht einmal von professionellen Reinigungsfirmen verlangt wird. Dabei stellt sich auch die Frage, ob die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wurde. Bis 2016 liegen ausweislich der vorliegenden Verwaltungsakte der Antragsgegnerin ausschließlich Rechnungen und Quittungen vor. Für den Aufbau einer ernstzunehmenden wirtschaftlichen Tätigkeit wäre zu erwarten, dass die Abwicklung von Zahlungen über das vorhandene Konto erfolgt. Verwunderlich ist ebenfalls, dass der Einkommensteuerbescheid für 2014 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.500 EUR ausweist, während der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2014 einen Betrag in Höhe von 6.000,00 EUR ausweist. Letzteres ergibt sich, wenn die Einnahmen in Höhe von vom monatlich 500,00 (brutto) angesetzt werden. Ebenso ist auffällig, dass die Tätigkeit mit Ausnahme einer Rechnung in 2017 immer für dieselbe Person ausgeübt wurde. Erst ab März 2017 sind tatsächlich Zahlungseingänge aus der Tätigkeit auf dem Konto der Antragstellerin festzustellen. Dabei ist wiederum auffällig, dass anfänglich die gesamte Summe nur wenige Tage nach Zahlungseingang vollständig, im September 2017 zumindest größtenteils, wieder abgehoben worden ist. Wie unter diesen Bedingungen ein ernstzunehmendes Gewerbe betrieben wird, ist zumindest fraglich.
Auch spricht gegen eine ernstzunehmende und zudem auf Dauer angelegte Gewinnerzielungsabsicht, wenn erst auf Druck eines eingeleiteten Verlustfeststellungsverfahrens der Umfang der Tätigkeit aufgestockt wird (OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O., juris Rn. 25). Vorliegend wurde die Antragstellerin zu 1) bereits im Februar 2017 vom Fachdienst für Ausländerangelegenheiten aufgefordert, ihre Wochenarbeitsstunden im Rahmen der selbständigen Erwerbstätigkeit zu erhöhen bzw. eine Vollzeittätigkeit aufzunehmen. Erst ab Juni 2017 wird von Antragstellerin vorgetragen, dass sich ihre Einnahmen erhöht hätten. Dabei ist festzustellen, dass sie weiterhin nur für einen Auftraggeber tätig geworden ist.
Letztlich ist jedoch aufgrund der Gesamtumstände davon auszugehen, dass die hier in Anspruch genommene Freizügigkeit seitens der Antragstellerin zu 1) nicht nur zu einem unangemessenen Anspruch auf Sozialleistungen führt, sondern vielmehr missbräuchlich ist. Ein Unionsbürger ist nicht mehr nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügigG/EU freizügigkeitsberechtigt, wenn die Aufnahme des Arbeitsverhältnisses missbräuchlich erfolgt. Ein Missbrauch ist auch nach der Rechtsprechung des EuGH anzunehmen, wenn eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergibt, dass trotz formaler Einhaltung der unionsrechtlichen Bedingungen das Ziel der Regelung nicht erreicht wurde und der Betroffenen in der Absicht handelte, sich einen unionsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen wurden (OVG des Landes Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.03.2017 - 18 B 274/17 - juris Rn. 3; vgl. auch EuGH, Urteil vom 21.06.1988 – C-39/86 – juris Rn. 43 - Lair). Dies ist etwa auch dann anzunehmen, wenn die Aufnahme einer Tätigkeit allein dem Ziel dient, den Antragstellern den Aufenthalt im Bundesgebiet und damit auch den Erhalt gewährter finanzieller Leistungen unter Umgehung der Vorgaben des FreizügG/EU zu ermöglichen (OVG, a.a.O. Rn. 5).
Neben den bereits im Zusammenhang mit der relevanten wirtschaftlichen Tätigkeit festgestellten Auffälligkeiten ist weiterhin festzustellen, dass laut dem Vortrag der Antragstellerin zu 1) erstmals 2013 und damit zwei Jahre nach der Einreise eine Tätigkeit aufgenommen wurde. Dies fällt mit dem Zeitpunkt zusammen, als sie erstmals bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Leistungen zum Lebensunterhalt gestellt hat. Ebenfalls ist festzustellen, dass der Antragsteller zu 2) während der gesamten Zeit keiner Beschäftigung nachgegangen ist. Zwar wurden seitens der Antragsgegnerin diverse Aktivierungs- und Eingliederungsmaßnahmen angestoßen. Offenkundig wurden aber stets gesundheitliche Probleme vorgetragen, die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehen. Dies obwohl die Antragsgegnerin bereits in 2014 hat feststellen lassen, dass der Antragsteller zu 2) trotz seiner Gesundheitsstörungen vollschichtig einer leichten Tätigkeit nachgehen könne (Bl. 61 Verwaltungsakte ER Teil Mann 1). Damit war von vornherein absehbar, dass – sofern die Antragstellerin zu 1) ihren Tätigkeitsumfang nicht aufstockt – die Antragsteller stets auf Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts angewiesen sind.
Aus den Gesamtumständen ist daher davon auszugehen, dass nicht beabsichtigt gewesen ist, den Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten. Die Erwerbstätigkeit wurde – wenn überhaupt – allein zum Zwecke der Abwendung aufenthaltsbeendender Maßnahmen und mit geringstmöglichem Aufwand aufrechterhalten. Die Absicht ein ernstzunehmendes Gewerbe einzurichten und aufrechtzuerhalten, ist nicht ersichtlich.
Damit ist weder die Antragstellerin zu 1) freizügigkeitsberechtigt noch kann der Antragsteller zu 2) als Familienangehöriger erfolgreich ein Aufenthaltsrecht von der Antragstellerin zu 1) ableiten. Im Übrigen könnte sich der Antragsteller zu 2) allenfalls auf das Aufenthaltsrecht zum Zwecke der Arbeitssuche (§ 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU) berufen (hierzu siehe (2)).
(2) Soweit sich das Aufenthaltsrecht der Antragsteller – wenn überhaupt – allein auf den Zweck der Arbeitssuche nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU stützen lässt, sind die Antragsteller ebenfalls nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2b SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.
Der Leistungsausschluss betrifft nach Nr. 2b Ausländerinnen und Ausländer, wenn sich das Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, also keine sonstigen Gründe nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU für die Unionsrechtliche Freizügigkeitsberechtigung gegeben sind. Der Zweck der Arbeitsuche gewährt Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen (vgl. § 3 Abs. 2 FreizügG/EU) nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a FreizügG/EU zwar ein Recht auf Einreise und Aufenthalt (Aufenthaltsrecht), verschafft ihnen aber keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II. Dies, obwohl diese Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU für bis zu sechs Monate unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden. Soweit jedoch nicht einmal davon ausgegangen werden kann, dass sich die Antragsteller zum Zweck der Arbeitsuche in die Bundesrepublik Deutschland begeben hat, steht den Antragstellern keine Freizügigkeitsberechtigung bzw. kein Aufenthaltsrecht zu, da ein anderer Aufenthaltsgrund im Sinne des FreizügG/EU nicht ersichtlich ist. Für diese Fälle ist davon auszugehen, dass Unionsbürger ohne materielle Freizügigkeitsberechtigung bzw. Aufenthaltsrecht "erst recht" von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind (Bundessozialgericht – BSG, Urteile vom 03.12.2015 - B 4 AS 44/15 R – juris Rn. 19 ff. und - B 4 AS 59/13 R – juris Rn. 14).
Soweit es die Antragstellerin zu 1) betrifft, wurde bereits festgestellt, dass sie derzeit eine nicht ernstzunehmende gewerbliche Tätigkeit ausübt. Bemühungen ein Arbeitsverhältnis einzugehen, mit dem in absehbarer Zeit auf Dauer der Lebensunterhalt sichergestellt werden kann, sind nicht ersichtlich. Im Hinblick auf den Antragsteller zu 2) kann aufgrund der Gesamtumstände nicht davon ausgegangen werden, dass sich dieser überhaupt zum Zwecke der Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland befindet.
(3) Hinzukommt, dass die Ausländerbehörde mit den Verfügungen vom 31.08.2017 den Verlust der Freizügigkeit nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU der Antragsteller festgestellt hat. Dies führt gemäß § 7 Abs. 1 FreizügG/EU schon vor Bestandskraft dieser Entscheidung zur Ausreisepflicht (Sozialgericht Darmstadt, Beschluss vom 25.03.2013 - S 16 1089/12 ER - juris Rn. 56, Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.11.2016 - L 11 AS 567/16 B ER - juris Rn. 17; Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 28.09.2017 - L 4 SO 55/17 B ER - juris Rn. 6).
Im Übrigen geht das Gericht davon aus, dass, solange die Entscheidungen über den Verlust der Freizügigkeit noch nicht bestands- bzw. rechtskräftig geworden sind, zumindest im Hinblick auf die Gründe der fehlenden Freizügigkeitsberechtigung noch keine Tatbestandswirkung eintritt. Wie zuvor festgestellt, geht indes auch das Gericht davon aus, dass die Antragsteller sich nicht erfolgreich auf Freizügigkeitsrechte berufen können.
cc) Dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II steht schließlich nicht die Rückausnahme nach § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II entgegen. Danach erhalten abweichend von Satz 2 Nr. 2 Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Dies gilt ausdrücklich nach Halbsatz 2 von Satz 4 nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 des FreizügigG/EU festgestellt wurde. Die Verfestigung des Aufenthalts tritt dann nicht ein bzw. entfällt diese (Becker, in Eicher/ Luik, SGB II, 4. Auflage, § 7 Rn. 57).
Damit wird ausdrücklich durch das Gesetz selbst – zumindest im Hinblick auf diese Rückausnahme – das Vorliegen des gewöhnlichen Aufenthalts für den Fall beschränkt, dass eine Verlustfeststellung vorliegt. Vorliegend hat der Fachdienst für Ausländerangelegenheiten des Kreises Offenbach mit den Entscheidungen vom 31.08.2017 für beide Antragsteller den Verlust der Freizügigkeit festgestellt.
Dabei kommt nach Auffassung des Gerichts nicht darauf an, dass die Antragsteller diese Entscheidung angefochten haben. Nach § 7 Abs. 1 Satz 4, 2. Halbsatz SGB II genügt die Feststellung des Verlusts der Freizügigkeit. Dies entspricht auch der Auslegung im Rahmen des FreizügG/EU, wonach bereits die Verlustfeststellung der Freizügigkeit ungeachtet der Bestands- bzw. Rechtskraft die Ausreisepflicht nach § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU begründet (vgl. Geyer, in Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, FreizügG/EU, § 7 Rn 3; Brinkmann, in Huber, Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, FreizügG/EU, § 7 Rn 5). Die Einlegung von Rechtsmitteln steht lediglich der unmittelbaren Abschiebung entgegen (Sozialgericht Darmstadt, Beschluss vom 25.03.2013 - S 16 1089/12 ER - juris Rn. 56, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.11.2016 - L 11 AS 567/16 B ER - juris Rn. 17; LSG Hamburg, Beschluss vom 28.09.2017 - L 4 SO 55/17 B ER - juris Rn. 6). Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) das Erfordernis der Unanfechtbarkeit für die Begründung der Ausreisepflicht in § 7 FreizügG/EU ausdrücklich hat entfallen lassen (vgl. BT-Drs 16/5065, S. 211). Bereits die gesetzliche Verpflichtung auszureisen, steht damit denknotwendig der Begründung bzw. Aufrechterhaltung eines gewöhnlichen bzw. der Verfestigung eines Aufenthalts entgegen.
Die Antragsteller sind mit der Feststellung des Verlusts der Freizügigkeit aufgrund der Entscheidungen vom 31.08.2017 ausreisepflichtig. Hinreichende Gründe die der Ausreisepflicht entgegenstehen, sind nicht ersichtlich. Soweit die Antragsteller vortragen, bei längerer Abwesenheit ihre Wohnung bzw. die Antragstellerin zu 1) ihre Tätigkeit zu verlieren, lassen diese nicht der Ausreisepflicht nach § 7 FreizügG/EU entfallen. Insbesondere sind weder gesundheitliche noch sonstige Gründe ersichtlich, aufgrund derer eine Ausreise (vorübergehend) unmöglich oder unzumutbar ist.
Im Ergebnis können die Antragsteller damit keine Ansprüche gegenüber der Antragsgegnerin nach dem SGB II geltend machen.
b.
Auch soweit die Antragsteller hilfsweise Leistungen nach dem SGB XII begehren, ist festzustellen, dass diesbezüglich kein Anordnungsanspruch nach §§ 19 Abs. 1, 27 Abs. 1 SGB XII gegenüber dem Beigeladenen geltend gemacht werden kann. Danach ist Personen Hilfe zum Lebensunterhalt zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
aa) Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GSB XII erhalten Ausländer und ihre Familienangehörigen jedoch dann keine Leistungen, wenn sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Damit enthält § 23 SGB XII eine § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entsprechende Ausschlussregelung. Wie bereits festgestellt wurde, ist nicht ersichtlich, dass die Antragsteller über in materielles Aufenthaltsrecht verfügen. Die Antragsteller sind damit grundsätzlich auch von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen.
bb) Soweit sich nach der Rechtsprechung gegebenenfalls eine Ermessensentscheidung der Beigeladenen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII begründen lässt, ist festzustellen, dass auch danach der Beigeladene vorliegend nicht zu verpflichten ist, den Antragstellern vorläufig Leistungen zu gewähren.
So ist zunächst kein verfestigter Aufenthaltsstatus der Antragsteller festzustellen, der nach der Rechtsprechung des BSG im Rahmen des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII zu einer Ermessensreduzierung mit der Folge einer Leistungsverpflichtung des Antragsgegners führen würde (BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R – juris Rn. 55 ff., a.A. Hessisches LSG, Urteil vom 26.09.2016 – L 9 AS 643/16 B ER – juris Rn. 9). Selbst bei Heranziehung der Rechtsprechung des BSG ist keine Ermessensreduzierung auf Null zur Erbringung von Sozialhilfeleistungen gegeben, da – wie wiederholt festgestellt – allein die Entscheidung über den Verlust der Freizügigkeit einer Verfestigung des Aufenthalts entgegensteht. Die Antragsteller sind vielmehr kraft Gesetzes verpflichtet, auszureisen.
Folglich steht es allein im Ermessen des Beigeladenen, ob Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII gewährt werden. Danach muss der Beigeladene im Hauptsacheverfahren die tatsächlichen Lebensumstände der Antragsteller berücksichtigen. Ein Anordnungsanspruch lässt sich daraus nicht begründen.
cc) Auch sind nach Auffassung des Gerichts die Voraussetzung für eine Ausnahme vom Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII nicht gegeben. Denn diese Ausnahme, die für Ausländer gilt, die sich seit mindestens fünf Jahren ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten, greift ebenfalls dann nicht ein, wenn der Verlust der Freizügigkeit festgestellt wurde. Dies ist hier – wie wiederholt festgestellt – der Fall.
Auch diesbezüglich ist ohne Bedeutung, dass die Antragsteller die Entscheidung der Verlustfeststellung angefochten haben, denn auch nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 7, 2. Halbsatz SB XII führt bereits die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts zur Unanwendbarkeit der Ausnahme; die Rechtskraft wird nicht vorausgesetzt (LSG Hamburg, Beschluss vom 28.09.2017 - L 4 SO 55/17 B ER - juris Rn. 6).
dd) Soweit damit allenfalls Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII in Betracht kommen, wird dies ebenfalls von dem Beigeladenen so gesehen. Da der Beigeladenen damit seine Bereitschaft erklärt, diese Leistungen – sofern überhaupt von den Antragstellern gewünscht – zu erbringen, bedarf es keiner besonderen Entscheidung durch das Gericht.
Insoweit ist auch das Gericht, wie der Beigeladene der Auffassung, dass Überbrückungsleistungen bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat zu erbringen sind. Umstände die eine besondere Härte nach § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII begründen und einer Ausreise entgegenstehen, sind – wie festgestellt – nicht ersichtlich. Damit sind keine Leistungen über einen Zeitraum von mehr als einen Monat zu gewähren.
Im Ergebnis fehlt es daher an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs auf Sozialleistungen. Weder die Antragsgegnerin noch der Beigeladene sind zur Gewährung vorläufiger Leistungen zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG
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