L 17 U 116/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 11 U 314/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 116/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.02.2002 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 25.09.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.11.1997 wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger Verletztenrente (Stützrente) nach einer MdE von 10 vH ab 26.08.1997 zu gewähren.
II. Die Beklagte hat dem Kläger 2/3 der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente (Stützrente) streitig.

Der 1939 geborene Kläger erlitt am 24.02.1989 auf Grund eines Arbeitsunfalles eine Prellung des 2. und 3. Mittelhandknochens der linken Hand. Beugung und Streckung der Langfinger waren endgradig eingeschränkt und es bestanden Sensibilitätsstörungen an diesen Fingern. Der Kläger bezog deswegen Verletztengeld bis 27.03.1989.

Am 04.05.1992 erlitt er erneut einen Arbeitsunfall. Er wollte einen reparaturbedürftigen PKW mit der Seilwinde auf einen Transporter ziehen. Dabei riss das Seil und der Kläger erlitt einen Schlag gegen die Streckseite der handgelenksnahen linken Speiche. Sofort stellte sich dort eine deutliche Schwellung, ohne Verletzung dar.

Die Beklagte holte ein Krankheitenverzeichnis der Barmer Ersatzkasse H. vom 13.07.1992 und Befundberichte des Orthopäden Dr.R. vom 24.06.1992/15.07.1992/28.08.1992 ein. Anschließend ließ sie ein Gutachten durch den Chirurgen Dr.K. fertigen. In dem Gutachten vom 01.10.1992 vertrat dieser die Auffassung, dass es durch den Unfall zu einer Prellung, möglicherweise auch Quetschung der Sehnenscheide der linken Daumenstreckseite und eines Nervenastes über der handgelenksnahen Speiche gekommen sei. Die frühere Verletzungsstelle aus dem Unfall vom 24.02.1989 liege entfernt von der jetzigen Verletzungsstelle. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit nahm er längstens für eine Dauer von sechs Wochen an.

Mit Bescheid vom 29.10.1992 gewährte die Beklagte Verletztengeld für die Zeit vom 04.05.1992 bis 20.09.1992.

In weiteren Befundberichten vom 23.11.1992/18.12.1992 wies der Nervenarzt Dr.F. auf eine Hypästhesie im Bereich des Ramus superficialis des Nervus radialis links hin. Im darauffolgenden Gutachten des Handchirurgen Prof. Dr.L. vom 15.02.1993 bestätigte dieser folgende Diagnosen: Posttraumatisches Tendovaginosis stenosans (TVS) de quervain linkes Handgelenk mit Hypästhesie im Ausbreitungsgebiet des Ramu superficialis Nervi radialis. Bis zur operativen Behandlung in Form der Spaltung des ersten Strecksehnenfaches sei eine MdE um 20 vH anzunehmen.

Am 16.03.1993 wurde in der Klinik für Handchirurgie Bad N. eine Spaltung des Strecksehnenfaches und eine lokale Synovialektomie durchgeführt. In seiner Stellungnahme vom 07.04.1993 bejahte der Beratungsarzt der Beklagten Dr.B. das Vorliegen einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit über den 20.09.1992 hinaus bis Juni 1993.

Der Chirurg Dr.M. bewertete in seinem Zusammenhangsgutachten vom 25.01.1994 für die Dauer von sechs Monaten die MdE nach dem Unfall mit 20 vH, ab Zeitpunkt der Begutachtung (17.01.1994) mit 10 vH. Als wesentliche Unfallfolge sah er noch eine deutlich sichtbare Schwellung über dem linken Handgelenk im Bereich des ersten Strecksehnenfaches. Dabei handele es sich um das im März 1993 operativ gespaltene erste Strecksehnenfach. Im Arztbrief vom 05.05.1994 vertrat der Chirurg Prof. Dr.E. die Auffassung, bei dem Kläger liege eine unfallabhängige Schwellung des Strecksehnenfaches und ein unfallfremdes CTS mit begleitender Kraftlosigkeit und Gefühlsstörung vor.

Daraufhin verlängerte die Beklagte mit Bescheid vom 14.07.1994 die Gewährung von Verletztengeld bis 31.12.1993. Ab 01.01.1994 liege keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit mehr vor (bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 19.01.1995).

Der Kläger verfolgte im anschließenden Klageverfahren (S 8/U 28/95) die Weitergewährung von Verletztengeld mit der Begründung, dass zusätzlich zur Schädigung des Ramus superficialis des Nervus radialis auch der Nervus brachioradialis am Austritt unter der Sehne durch Komprimierung geschädigt sei. Durch dieses unfallbedingte Schadensbild werde weiterhin Arbeitsunfähigkeit verursacht. Im Verlauf des Klageverfahrens legte der Kläger ein Privatgutachten des Prof. Dr.L. vom 24.04.1995 vor. Der Gutachter bewertete den Daumenschaden der linken Hand mit 3/10 im Vergleich zur rechten Seite.

Das Sozialgericht (SG) holte ein Gutachten des Neurologen Dr.K. ein. Dieser führte am 11.09.1995/16.10.1995 aus, dass die neurologischerseits nachgewiesene Irritation des Ramus superficialis des Nervus radialis und die intermittierend auftretenden Parästhesien und schmerzhaften Dysästhesien nur eine geringe Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand bedingen. Das zeitweilig vorhanden gewesene CTS sei unfallfremd. Die rein neurologischen Ausfälle nach dem 31.12.1993 seien nur diskret gewesen.

Der Chirurg Dr.G. vertrat in einem weiteren Gutachten vom 24.05.1996/02.07.1996 die Auffassung, die beim Kläger festgestellten Funktionsausfälle, Sensibilitätsstörungen und Blutumlaufstörungen seien teils Unfallfolgen, teils Auswirkungen eines unfallfremden CTS, Sulcus ulnaris-Syndroms und einer vorzeitigen Abnutzung des Handgelenks. Eine Krankschreibung über den 31.12.1993 hinaus sei lediglich auf Grund unfallunabhängiger Diagnosen gerechtfertigt gewesen. Die Folgen des Arbeitsunfalles vom 04.05.1992 seien mit einer MdE um 10 vH auf Dauer zu bewerten.

Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens ließ der Kläger außerhalb des gerichtlichen Verfahrens ein Privatgutachten von dem Chirurgen Dr.M. fertigen. Dieser legte in dem Gutachten vom 20.08.1996 dar, dass die Streckbewegung des linken Daumens vollständig bei endgradiger Schmerzangabe sei. Die Beuge- und Oppositionsstellung sei endgradig eingeschränkt, die Beweglichkeit der Langfinger insgesamt nicht behindert. Die MdE betrage 20 vH. Der Kläger ließ ein weiteres Gutachten von Prof. Dr.L. vom 24.09.1996 fertigen, der die MdE mit 15 vH bewertete. Danach sei der Kläger durch die bestehenden Schmerzen in der Benützung der linken Hand deutlich eingeschränkt.

Auf Antrag des Klägers holte das Gericht Gutachten des Neurologen Dr.S. und des Chirurgen Dr.S. vom 17.03.1997 ein. Dr.S. legte dar, der Kläger habe durch den Arbeitsunfall vom 04.05.1992 eine Schädigung des oberflächlichen Astes des Speichennerven erlitten. Diese sei bis Ende des Unfalljahres aber ausgeheilt gewesen. Seit Anfang 1993 müsse von einem Reizzustand gesprochen werden. Ab Januar 1994 liege keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit mehr vor. Die MdE auf neurologischem Gebiet sei mit unter 10 vH einzuschätzen.

Dr.S. hat ausgeführt, der Kläger habe eine Quetschung der speichenseitigen Weichteile des linken Handgelenkes ohne knöcherne Verletzung erlitten. Über den 31.12.1993 hinaus liege keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit vor. Wesentliche Veränderungen seien nicht feststellbar. Eine rentenberechtigende MdE bestehe nicht.

Das SG wies die auf Gewährung von Verletztengeld über den 31.12.1993 hinaus gerichtete Klage durch Urteil vom 15.10.1997 ab. Der Kläger hat die hiergegen eingelegte Berufung zurückgenommen.

Am 15.08.1997 beantragte der Kläger die Gewährung von Verletztenrente. Mit Bescheid vom 25.09.1997 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil nach dem Gutachten der Dres.S. und S. die Erwerbsminderung mit weniger als 10 vH zu bemessen sei.

Unter Hinweis auf die Gutachten der Dres. Dr.M. , Prof. Dr.L. und Prof.Dr.L. legte der Kläger Widerspruch ein, der mit Bescheid vom 12.11.1997 zurückgewiesen wurde. Zur Begründung wurde auf das Fehlen bedeutsamer funktioneller Einschränkungen als Folge des erlittenen Unfalles hingewiesen.

Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum SG erhoben und beantragt, die Beklagte zur Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 30 vH ab Januar 1994 zu verurteilen.

Das SG hat auf Antrag des Klägers ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von dem Chirurgen Prof.Dr.K. eingeholt. Dieser hat im Gutachten vom 14.07.1999 ausgeführt, bei dem Kläger liege eine Ulnaplusvariante von mindestens 5 mm bei angeborenem Ellenvorschub mit Einengung des Ulnar-Handwurzelgelenkraumes vor. Die ursprüngliche Beschädigung des oberflächlichen Astes des Spreichennerven habe sich weitgehend gebessert, da wieder normale Nervenleitgeschwindigkeiten vorlägen. Der Befund sei so geringfügig, dass er keine MdE bedinge.

Außerhalb des Streitverfahrens hat der Kläger ein Gutachten von dem Chirurgen Prof. Dr.N. erstellen lassen. In dem Gutachten vom 23.09.1999 hat dieser ausgeführt, dass die im Vordergrund stehende Problematik der Nervenschädigung allein im Fingerbereich mit 3/10 nach der Gliedertaxe zu bewerten sei. Dies bewirke eine MdE um 20 vH.

Mit Urteil vom 19.02.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich dabei im Wesentlichen auf die Beurteilungen von Prof. Dr.K. und Dres.S. und S. gestützt.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und vorgetragen, dass ein Obergutachten einzuholen sei. Dies sei auf Grund der krassen, widersprüchlichen Gutachterfeststellungen angezeigt. Insbesondere sei die Frage zu klären, ob eine MdE von mindestens 10 vH (Stützrente) vorliege.

Der Berichterstatter hat die Unterlagen des Arbeitsunfalles des Klägers vom 24.02.1998 und des Landgerichts Wiesbaden, eine Krankheitenauskunft der Barmer Ersatzkasse H. vom 19.09.2002 und die einschlägigen Röntgen- und CT-Aufnahmen zum Verfahren beigezogen. Sodann hat der Chirurg PD Dr.M. ein Gutachten erstellt. In dem Gutachten vom 09.09.2003 hat dieser auf bleibende Gesundheitsstörungen am linken Unterarm und der linken Hand hingewiesen. Dadurch sei eine MdE um 10 vH ab Januar 1994 bedingt.

Die Beklagte hat unter Berufung auf eine Stellungnahme des Chirurgen Dr.H. vom 22.10.2003 dem widersprochen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG Bayreuth vom 19.02.2002 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 25.09.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.11.1997 zu verurteilen, Verletztenrente nach einer MdE von 10 vH ab frühestmöglichen Zeitpunkt zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Bayreuth vom 19.02.2002 zurückzuweisen.

Auf Grund des Arbeitsunfalles vom 26.08.1997 erhält der Kläger von der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen mit Bescheid vom 11.03.1999 ab 23.02.1999 Verletztenrente nach einer MdE um 30 vH, später 20 vH wegen Unfallfolgen am rechten Handgelenk. Wegen des Arbeitsunfalles vom 11.02.2000 bezieht er - ebenfalls von der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen - Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH wegen Unfallfolgen am rechten Kniegelenk.

Ergänzend wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und auch begründet.

Entgegen der Auffassung des SG hat der Kläger Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 10 vH, da die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind (§§ 539, 548, 581 Abs 1 Satz 3 RVO).

Anzuwenden sind im vorliegenden Falle noch die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da sich das zu beurteilende Ereignis vor dem 01.01.1997 ereignet hat (Artikel 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, § 212 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII -).

Ein Anspruch auf Verletztenrente setzt nach § 581 Abs 1 Nr 2 RVO voraus, dass die Erwerbsfähigkeit eines Verletzten infolge eines Arbeitsunfalles um wenigstens 1/5 (20 vH) gemindert ist. Nach § 581 Abs 1 Satz 3 RVO ist auch dann Verletztenrente zu gewähren, wenn die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge mehrerer Arbeitsunfälle gemindert ist und die Hundertsätze der durch die einzelnen Arbeitsunfälle verursachten Minderung zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen. Die Folgen eines Arbeitsunfalles sind hierbei nur dann zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vH mindern.

Die Entscheidung der Frage, in welchem Umfang die Erwerbsfähigkeit eines Verletzten gemindert ist, ist eine tatsächliche Feststellung, die das Gericht gem § 128 Abs 1 Satz 1 SGB VII nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSGE 4, 147, 149; 6, 267, 68; BSG vom 23.04.1987 - 2 RU 42/86). Die Bemessung des Grades der unfallbedingten MdE richtet sich nach dem Umfang der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens des Verletzten durch die Unfallfolgen und nach dem Umfang der dem Verletzten dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, betrifft in erster Linie das ärztlich-wissenschaftliche Gebiet. Doch ist die Frage, welche MdE vorliegt eine Rechtsfrage. Sie ist ohne Bindung an ärztliche Gutachten unter Berücksichtigung der Einzelumstände nach der Lebenserfahrung zu entscheiden (vgl Lauterbach-Watermann, Ges.Unfallvers, 3.Aufl, Anm 5 b zu § 581 RVO).

Ärztliche Meinungsäußerungen hinsichtlich der Bewertung der MdE sind dabei eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Einschätzung des Grades der MdE, vor allem soweit sich diese darauf bezieht, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG in SozR 2200 § 581 Nrn 23, 27).

Auf Grund der Ausführungen der Sachverständigen PD Dr.M. , Dr.M. und Dr.G. steht zur Überzeugung des Berichterstatters fest, dass bei dem Versicherten auf Grund des Arbeitsunfalles vom 04.05.1992 (Prellung und Verdrehung des linken Handgelenkes) Gesundheitsstörungen ausschließlich am linken Unterarm und der linken Hand verblieben sind. Diese krankhaften anatomisch funktionellen Veränderungen bestehen in einer postoperativ fortbestehenden symptomatischen Tendovaginitis stenosans de quervain. Außerdem liegt ein Druckschaden des oberflächlichen Endastes des Speichennerven mit erheblicher Gefühlsminderung im zugehörigem Ausbreitungsgebiet dieses Nervens vor, das die Rücken von Daumen und Zeigefinger und den eingeschlossenen Interdigitalbereich der Mittelhand einschließt. Diese postoperativ fortbestehenden Tendovaginitis stenosans bedingt eine schmerzbedingte, komplexe Bewegungsstörung der linken Hand im Handgelenk und im linken Daumenstrahl. Die Bewegungsumfänge sind zwar letztlich anatomisch ausführbar, sie sind aber so schmerzhaft, dass sie vom Kläger bewusst und unbewusst vermieden werden.

Der aus dem Arbeitsunfall resultiertende Schaden im Bereich der linken oberen Extremität schließt eine messtechnisch nicht objektivierbare, aber doch schmerzhaft bedingte Bewegungsbehinderung der linken Hand im Handgelenk und am linken Daumen ein. Insbesondere das Abspreizen des Daumens wie auch das Anlegen und das in die Oppositionsstellung bringende Führen des Daumens sind schmerzhaft, so dass der Untersuchte allen Greiffunktionen unbewusst aus dem Weg geht, die die genannten Bewegungen des Daumens wie auch die Bewegungsführung im Handgelenk erfordert. Daneben beklagt der Kläger auch den überzeugend beschriebenen Gefühlsausfall im Daumen und Zeigefinger wie im eingeschlossenen Mittelhandbereich, der als sehr störend empfunden wird. Zu relevanten, die Greiffunktion von Fingern und Hand beeinträchtigenden Gefühlsstörungen führen die Gefühlsausfälle im Greifflächenbereich der Finger und der Hand. Der unfallbedingte Nervenschaden in beiden Händen liegt allerdings außerhalb der Belastungszone von Fingern und Hand. Als durchaus wesentlich anzusehen sind die Bewegungsbeeinträchtigungen, die sich zwar messtechnisch nicht darstellen, aber glaubhaft demonstriert und vorgetragen werden. Den entscheidenden Untersuchungakt bei der Tendovaginitis stenosans stellt das Absenken der Hand zur Klein-Fingerseite dar. Bei diesem passiven Abwinkeln der Hand äußert der Kläger heftige bis heftigste Schmerzen. Sie werden bei ihm glaubhaft bei fast allen Handgelenksbewegungen auch bei der Daumenbewegung ausgelöst.

Aus der schmerzhaft bedingten Bewegungseinschränkung lässt sich eine MdE in Höhe von 10 vH ableiten. Dies folgt daraus, dass jede Bewegungsführung der Hand und des Daumen links mit glaubhaften Schmerzen begleitet sind. Sie sind in ihrer Funktion nicht unerheblich beeinträchtigt. Dazu kommt bei der Bewertung der MdE auch der außerhalb der Belastunszone von Fingern und Hand liegende Gefühlsausfall im Rücken von Zeigefinger und Daumen sowie eingeschlossenen Mittelhandbereich.

Mit der vor allem wegen der bestehenden Schmerzsituation vertretbaren unfallbedingten MdE von 10 vH hat der Kläger nach § 581 Abs 3 RVO Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente (Stützrente). Dies folgt daraus, dass er auf Grund des Arbeitsunfalles vom 26.08.1997 von der BG für Fahrzeughaltungen mit Bescheid vom 11.03.1999 Verletztenrente ab 23.02.1999 nach einer MdE von 30 vH, später 20 vH erhält. Die gestützte Rente aus dem früheren Versicherungsfall (04.05.1992) beginnt am Tage des späteren Versicherungsfalles (26.08.1997 - BSG SozR Nr 3 zu § 581 RVO).

Nicht folgen kann der Senat den übrigen Gutachten, unabhängig davon ob sie von der Beklagten bzw dem Gericht veranlasst oder vom Kläger selbst in Auftrag gegeben worden sind. Insbesondere die vom Kläger veranlassten Gutachten sind zumeist nicht an den Vorgaben der gesetzlichen Unfallversicherung orientiert. Sie können deshalb aus verfahrungstechnischen Gründen nicht zur Beurteilung herangezogen werden. Der Gutachter Dr.S. befundet 1997 die Einschränkung der Daumen- und Handgelenksbeweglichkeit als nur minimal. Er übersieht die doch vorhandene erhebliche Schmerzhaftigkeit und geht deshalb von falschen Schlüssen bei der MdE aus. Dr.R. und Dr.N. legen eine größere unfallbedingte Bewegungseinschränkung dar, die auch die Beweglichkeit der Finger II bis IV einschließt. Sie schätzten die Invalidität nach der Gliedertaxe mit 3/10 ein. Diese kann aber dem Bewertungssystem der gesetzlichen Unfallversicherung nicht zugrunde gelegt werden. Der Beratungsarzt der Beklagten Dr.H. berücksichtigt nicht in ausreichendem Maße die sensible Nervenstörung, insbesondere Schmerzhaftigkeit der Unfallfolgen. Von einer geringgradigen Störung ist eben nicht auszugehen, da die Angaben des Klägers als überzeugend zu betrachten sind.

Das Urteil des SG Bayreuth ist daher aufzuheben. Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach § 581 Abs 1 Satz 3 RVO (Stützrente) nach einer MdE von 10 vH. Der Berichterstatter konnte im Einverständnis mit den Beteiligten an Stelle des Senats entscheiden (§ 155 Abs 3, 4 SGG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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