Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 KR 2182/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 485/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht ein Prüfbescheid der Beklagten und der Sache nach die Frage, ob die Beigeladenen zu 1) bis 3) (nachfolgend nur noch: "die Beigeladenen") in ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin als abhängig Beschäftigte anzusehen sind.
Die Beigeladenen waren zunächst selbstständig Gewerbetreibende als Tischler bzw. Gas-Wasser-Installateur-Meister und Elektromeister tätig. Sie gründeten am 7. Dezember 2010 die Klägerin, eine GmbH. Von deren Stammkapital in Höhe von 25.200,00 EUR halten sie jeweils ein Drittel (8.400,00 EUR). Nach § 13 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages werden Gesellschafterbeschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht Gesetz oder Gesellschaftsvertrag eine größere Mehrheit vorsehen. Am selben Tag wurden die Beigeladenen zu alleinvertretungsbefugten und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreiten Geschäftsführern bestellt. Schriftliche Anstellungsverträge mit der Klägerin wurden nicht geschlossen.
Die Beklagte führte in der Zeit vom 24. November 2015 bis zum 23. März 2916 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. In diesem Rahmen teilte die Klägerin u. a. mit, die Beigeladenen stünden nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu ihr. Die Umstände des konkreten Einzelfalles rechtfertigten die Feststellung der Versicherungspflicht. Die Beigeladenen hätten zunächst gelegentlich, später regelmäßig in Form einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts Arbeitsaufträge gemeinsam ausgeführt. Die Klägerin sei gegründet worden, um die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen zu beschränken. Es liege in der Natur der Sache, dass keiner der gleichberechtigten Handwerker Mehrheitsgesellschafter habe werden sollen. Alle hätten gleichberechtigt ihre Arbeit weiterführen wollen. Die Gesellschafter könnten ihr jeweiliges Gewerk selbstständig bis zur Bauabnahme vertreten. Es werde faktisch beschlossen, was der Vertreter des einzelnen Gewerkes für den Baufortschritt als richtig und notwendig vorgebe. Alle Gesellschafter-Geschäftsführer hätten für die Klägerin Bürgschaften von zurzeit insgesamt ca. 2,6 Millionen EUR übernommen. Die Arbeitszeit sei projektbezogen. Der Beigeladene zu 3) übe noch eine selbstständige Tätigkeit als Einzelunternehmer außerhalb der Gesellschaft aus. Keiner der Geschäftsführer unterliege einem Weisungsrecht bezüglich Zeit, Ort oder Art der Beschäftigung. Jeder könne seine Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten. Jeder Gesellschafter könne selbstständig Personal einstellen und entlassen. Jeder habe die Befugnis, Pflichten zu delegieren. Urlaub müsse nicht genehmigt werden. Die Gesellschafter seien bestrebt, sich monatlich die Summe von 3.000,00 EUR auszuzahlen. Dabei handele es sich grundsätzlich um eine vorweggenommene Gewinnentnahme. Faktisch werde das Geld aus den Krediten gezahlt, die zur Errichtung der Wohngebäude aufgenommen würden. Aus Praktikabilitätsgründen seien für die Geschäftsführer monatliche Lohnzahlungen in Höhe von 3.000,00 EUR eingerichtet worden, auf die Lohnsteuer entrichtet werde.
Die Beklagte forderte mit Bescheid vom 11. Mai 2016 für die Zeit vom 1. September 2011 bis 31. Dezember 2014 von der Klägerin Beträge zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 154.387,20 EUR nach. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung habe ergeben, dass die Beigeladenen in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter-Geschäftsführer seit dem 1. September 2011 jeweils im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisse ausübten und der Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlägen. Sie hätten jeweils als Geschäftsführer keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Keiner verfüge über die erforderliche Rechtsmacht als Gesellschafter, Beschlüsse zu verhindern. Daran ändere auch ihre Bürgenstellung nichts.
Die Klägerin erhob Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2016 zurückwies.
Hiergegen hat die Klägerin am 25. November 2016 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. Oktober 2017 als unbegründet zurückgewiesen. Die Beigeladenen waren und seien in einen fremden und nicht in ihrem eigenen Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw. Unternehmensinhaberin sei die Klägerin, die als GmbH eine juristische Person se. Deshalb müsse sie unabhängig von den als Gesellschafter stehenden Personen und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden. Zwar könne hier für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, dass die Beigeladenen fachlich weisungsfrei tätig seien und alle Entscheidungen zu ihrem jeweiligen Gewerk allein und unabhängig treffen könnten. Allerdings hätten sie zu keiner Zeit über eine gesellschaftsrechtliche Sperrminorität verfügt. Im Konfliktfall wäre es ihnen zu keiner Zeit möglich gewesen, ihnen nicht genehme Weisungen zu verhindern. Ein entsprechendes Stimmgewicht oder eine Sperrminorität hätten sie jeweils nicht. Daran änderten auch ihr jeweils überlegenes Fachwissen sowie ihre hohen Bürgschaften nichts. Da es nur auf den theoretischen Konfliktfall ankomme, sei unerheblich, ob eine tatsächliche Kontrolle durch die Mitgesellschafter stattgefunden habe. Eine sogenannte Schönwetter-Selbstständigkeit sehe das Gesetz nicht vor (Bezugnahme auf Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R). Fehler an der Berechnung der konkret geforderten Beiträge seien nicht ersichtlich. Die Klägerin habe insoweit auch keine Einwände erhoben.
Gegen dieses ihr am 26. Oktober 2017 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 24. November 2017. Zur Begründung führt sie aus, dass SG habe das Gesamtbild der Arbeitsleistung der Beigeladenen nicht unter den besonderen Gesichtspunkten des Einzelfalles gewürdigt. Es bestehe hier eine Personenidentität zwischen der Vorgesellschaft Bürgerlichen Rechts und der Klägerin. Diese sei lediglich zur Haftungsbeschränkung gegründet worden. Die Gesellschafter hätten zum Gründungszeitpunkt nicht damit rechnen müssen, mit der Gründung der Gesellschaft versehentlich ihren fiktiven Arbeitgeber entstehen zu lassen. Im ersten Steuerjahr hätten bei den Beigeladenen die Einnahmen aus der GbR noch die aus der GmbH überwogen. Aus den im Gesellschaftsvertrag erklärten Willen, jeder Gesellschafter durch den gleichen Anteil am Gesellschaftsvermögen gleichberechtigt zu sein, folge, dass kein Über- oder Unterordnungsverhältnis bestehen sollte. Die Notwendigkeit einer Sperrminorität habe sich in dem verwendeten Mustervertrag nicht gestellt. Unberücksichtigt habe das SG ferner gelassen, dass die Beigeladenen unternehmerisches Risiko trügen. Dieses zeige sich beispielsweise in der Bürgenstellung. Die Beteiligten seien auch nicht unliebsamen Weisungen der Klägerin unterworfen sondern sie entschieden gleichberechtigt und eigenverantwortlich. Dies geschehe gerade und insbesondere bei schwerwiegenden unternehmerischen Entscheidungen zu Kapitaleinsatz und bei Personalentscheidungen. Auch im Falle von Zerwürfnissen käme nicht Weisungsunterworfenheit zum Tragen, vielmehr würden weiterhin Gesellschafterbeschlüsse einvernehmlich umgesetzt.
Sie beantragt,
Den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) in ihren seit dem 7. Dezember 2010 ausgeübten Tätigkeiten als Gesellschafter-Geschäftsführer jeweils nicht der Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in der Besetzung durch den Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden. Der Rechtsstreit weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Der zulässigen Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der streitgegenständliche Prüfbescheid der Beklagten vom 11. Mai 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Damit scheidet auch eine in der Sache gegenteilige Feststellung aus.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen ihrer Prüftätigkeit (§ 28p Abs. Satz 1 SGB IV) Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung wegen Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch.
Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung danach erforderliche Beschäftigung in diesem Sinne ist gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 13/17 R Rdnr. 16 mit weiteren Nachweisen seiner ständigen Rechtsprechung). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, das heißt den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG Urteil vom 23. Mai 2017 - B 12 KR 9/16 R – Rdnr. 24 m. w. N.).
Bei dieser Beurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R – Rdnr. 17).
Diese Maßstäbe gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH (BSG, zuletzt Urteil vom 14. März 2018 Rdnr. 18) Bei einem Fremdgeschäftsführer scheidet eine selbstständige Tätigkeit generell aus. Die frühere sogenannte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach ein Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft und ausnahmsweise auch ein Angestellter unterhalb der Geschäftsführerebene, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, ausnahmsweise als selbstständig angesehen worden ist, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn die Gesellschafter daran hinderten, hat der 12.Senat des BSG ausdrücklich aufgegeben. Die Maßgeblichkeit des rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhaltens der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren. Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit" lediglich in harmonischen Zeiten, während im Fall eines Zerwürfnisses die rechtlich bestehende Weisungsgebundenheit zum Tragen käme, ist nicht sinnvoll (BSG, Urteil vom 14. März 2018 Rdnr. 20 mit weiteren Nachweisen). Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig Beschäftigter angesehen zu werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 von Hundert der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er exakt 50 von Hundert der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Denn der selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können. Demgegenüber ist eine "unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln (BSG, Urteil vom 14. März 2018 Rdnr. 21 m. w. N.). Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags (Satzung) bestehende wirtschaftliche Verflechtungen, Stimmbindungsabreden oder Veto-Rechte zwischen einem Gesellschafter-Geschäftsführer sowie anderen Gesellschaftern und/oder der GmbH sind nicht zu berücksichtigen. Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben. Unabhängig von ihrer Kündbarkeit genügen die das Stimmverhalten regelnden Vereinbarungen nicht dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände. Im Interesse sowohl der Versicherten als auch der Versicherungsträger ist die Frage der (fehlenden) Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit oder abhängiger Beschäftigung schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil es darauf nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und die Leistungsansprüche des Betroffenen ankommt (BSG, Urteil vom 14. März 2018 Rdnr. 22).
Im vorliegenden Fall ist ein Vertragsverhältnis zwischen den einzelnen Beigeladenen und der Klägerin weder mündlich vereinbart geschweige denn schriftlich fixiert worden. Sie arbeiten – wie schon vorher im Rahmen der GbR – auf ihrem jeweiligen Handwerksfachgebiet für die Klägerin und erhalten hierfür monatlich 3.000 EUR ausbezahlt. Wie das SG richtig ausgeführt hat, steht jedem einzelnen Beigeladenen gesellschaftsrechtlich als Minderheitsgesellschafter keine Rechtsmacht im oben skizzierten Umfang zu. Daran ändert auch nichts, dass die Klägerin aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts heraus gegründet wurde. Auch die –hohen- Verpflichtungen als Bürgen für die Verbindlichkeiten der Klägerin ändern hieran nichts. Wirtschaftliche Verflechtungen – wie etwa eine Darlehensgewährung durch den Minderheitsgesellschafter an die Gesellschaft – sind – wie oben dargestellt – nicht geeignet einer "echte" Sperrminorität gleichzustehen. Bezüglich der Bewertung wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten ist nach Auffassung des BSG zudem zu beachten, dass die Übernahme einer Bürgschaft nicht mit der Gewährung eines Darlehens zu vergleichen (im Sinne von gleichzusetzen) ist, denn bei letzterem hat es der Darlehensgeber durch die Kündigung des Darlehens in der Hand, unmittelbar auf die wirtschaftliche Situation des Darlehensnehmers Einfluss zu nehmen. Daran fehlt es bei der Übernahme einer Bürgschaft, da diese in der Regel nur zur Absicherung weiterer Verbindlichkeiten dient und selbst im Fall ihrer Kündigung bzw. Rücknahme allenfalls mittelbare Auswirkungen haben kann (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R –, BSGE 119, 216-224, Rdnr. 27).
Auf die Begründung im angegriffenen Gerichtsbescheid wird im Übrigen ergänzend nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Im Streit steht ein Prüfbescheid der Beklagten und der Sache nach die Frage, ob die Beigeladenen zu 1) bis 3) (nachfolgend nur noch: "die Beigeladenen") in ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin als abhängig Beschäftigte anzusehen sind.
Die Beigeladenen waren zunächst selbstständig Gewerbetreibende als Tischler bzw. Gas-Wasser-Installateur-Meister und Elektromeister tätig. Sie gründeten am 7. Dezember 2010 die Klägerin, eine GmbH. Von deren Stammkapital in Höhe von 25.200,00 EUR halten sie jeweils ein Drittel (8.400,00 EUR). Nach § 13 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages werden Gesellschafterbeschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht Gesetz oder Gesellschaftsvertrag eine größere Mehrheit vorsehen. Am selben Tag wurden die Beigeladenen zu alleinvertretungsbefugten und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreiten Geschäftsführern bestellt. Schriftliche Anstellungsverträge mit der Klägerin wurden nicht geschlossen.
Die Beklagte führte in der Zeit vom 24. November 2015 bis zum 23. März 2916 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. In diesem Rahmen teilte die Klägerin u. a. mit, die Beigeladenen stünden nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu ihr. Die Umstände des konkreten Einzelfalles rechtfertigten die Feststellung der Versicherungspflicht. Die Beigeladenen hätten zunächst gelegentlich, später regelmäßig in Form einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts Arbeitsaufträge gemeinsam ausgeführt. Die Klägerin sei gegründet worden, um die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen zu beschränken. Es liege in der Natur der Sache, dass keiner der gleichberechtigten Handwerker Mehrheitsgesellschafter habe werden sollen. Alle hätten gleichberechtigt ihre Arbeit weiterführen wollen. Die Gesellschafter könnten ihr jeweiliges Gewerk selbstständig bis zur Bauabnahme vertreten. Es werde faktisch beschlossen, was der Vertreter des einzelnen Gewerkes für den Baufortschritt als richtig und notwendig vorgebe. Alle Gesellschafter-Geschäftsführer hätten für die Klägerin Bürgschaften von zurzeit insgesamt ca. 2,6 Millionen EUR übernommen. Die Arbeitszeit sei projektbezogen. Der Beigeladene zu 3) übe noch eine selbstständige Tätigkeit als Einzelunternehmer außerhalb der Gesellschaft aus. Keiner der Geschäftsführer unterliege einem Weisungsrecht bezüglich Zeit, Ort oder Art der Beschäftigung. Jeder könne seine Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten. Jeder Gesellschafter könne selbstständig Personal einstellen und entlassen. Jeder habe die Befugnis, Pflichten zu delegieren. Urlaub müsse nicht genehmigt werden. Die Gesellschafter seien bestrebt, sich monatlich die Summe von 3.000,00 EUR auszuzahlen. Dabei handele es sich grundsätzlich um eine vorweggenommene Gewinnentnahme. Faktisch werde das Geld aus den Krediten gezahlt, die zur Errichtung der Wohngebäude aufgenommen würden. Aus Praktikabilitätsgründen seien für die Geschäftsführer monatliche Lohnzahlungen in Höhe von 3.000,00 EUR eingerichtet worden, auf die Lohnsteuer entrichtet werde.
Die Beklagte forderte mit Bescheid vom 11. Mai 2016 für die Zeit vom 1. September 2011 bis 31. Dezember 2014 von der Klägerin Beträge zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 154.387,20 EUR nach. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung habe ergeben, dass die Beigeladenen in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter-Geschäftsführer seit dem 1. September 2011 jeweils im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisse ausübten und der Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlägen. Sie hätten jeweils als Geschäftsführer keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Keiner verfüge über die erforderliche Rechtsmacht als Gesellschafter, Beschlüsse zu verhindern. Daran ändere auch ihre Bürgenstellung nichts.
Die Klägerin erhob Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2016 zurückwies.
Hiergegen hat die Klägerin am 25. November 2016 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. Oktober 2017 als unbegründet zurückgewiesen. Die Beigeladenen waren und seien in einen fremden und nicht in ihrem eigenen Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw. Unternehmensinhaberin sei die Klägerin, die als GmbH eine juristische Person se. Deshalb müsse sie unabhängig von den als Gesellschafter stehenden Personen und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden. Zwar könne hier für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, dass die Beigeladenen fachlich weisungsfrei tätig seien und alle Entscheidungen zu ihrem jeweiligen Gewerk allein und unabhängig treffen könnten. Allerdings hätten sie zu keiner Zeit über eine gesellschaftsrechtliche Sperrminorität verfügt. Im Konfliktfall wäre es ihnen zu keiner Zeit möglich gewesen, ihnen nicht genehme Weisungen zu verhindern. Ein entsprechendes Stimmgewicht oder eine Sperrminorität hätten sie jeweils nicht. Daran änderten auch ihr jeweils überlegenes Fachwissen sowie ihre hohen Bürgschaften nichts. Da es nur auf den theoretischen Konfliktfall ankomme, sei unerheblich, ob eine tatsächliche Kontrolle durch die Mitgesellschafter stattgefunden habe. Eine sogenannte Schönwetter-Selbstständigkeit sehe das Gesetz nicht vor (Bezugnahme auf Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R). Fehler an der Berechnung der konkret geforderten Beiträge seien nicht ersichtlich. Die Klägerin habe insoweit auch keine Einwände erhoben.
Gegen dieses ihr am 26. Oktober 2017 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 24. November 2017. Zur Begründung führt sie aus, dass SG habe das Gesamtbild der Arbeitsleistung der Beigeladenen nicht unter den besonderen Gesichtspunkten des Einzelfalles gewürdigt. Es bestehe hier eine Personenidentität zwischen der Vorgesellschaft Bürgerlichen Rechts und der Klägerin. Diese sei lediglich zur Haftungsbeschränkung gegründet worden. Die Gesellschafter hätten zum Gründungszeitpunkt nicht damit rechnen müssen, mit der Gründung der Gesellschaft versehentlich ihren fiktiven Arbeitgeber entstehen zu lassen. Im ersten Steuerjahr hätten bei den Beigeladenen die Einnahmen aus der GbR noch die aus der GmbH überwogen. Aus den im Gesellschaftsvertrag erklärten Willen, jeder Gesellschafter durch den gleichen Anteil am Gesellschaftsvermögen gleichberechtigt zu sein, folge, dass kein Über- oder Unterordnungsverhältnis bestehen sollte. Die Notwendigkeit einer Sperrminorität habe sich in dem verwendeten Mustervertrag nicht gestellt. Unberücksichtigt habe das SG ferner gelassen, dass die Beigeladenen unternehmerisches Risiko trügen. Dieses zeige sich beispielsweise in der Bürgenstellung. Die Beteiligten seien auch nicht unliebsamen Weisungen der Klägerin unterworfen sondern sie entschieden gleichberechtigt und eigenverantwortlich. Dies geschehe gerade und insbesondere bei schwerwiegenden unternehmerischen Entscheidungen zu Kapitaleinsatz und bei Personalentscheidungen. Auch im Falle von Zerwürfnissen käme nicht Weisungsunterworfenheit zum Tragen, vielmehr würden weiterhin Gesellschafterbeschlüsse einvernehmlich umgesetzt.
Sie beantragt,
Den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) in ihren seit dem 7. Dezember 2010 ausgeübten Tätigkeiten als Gesellschafter-Geschäftsführer jeweils nicht der Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in der Besetzung durch den Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden. Der Rechtsstreit weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Der zulässigen Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der streitgegenständliche Prüfbescheid der Beklagten vom 11. Mai 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Damit scheidet auch eine in der Sache gegenteilige Feststellung aus.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen ihrer Prüftätigkeit (§ 28p Abs. Satz 1 SGB IV) Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung wegen Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch.
Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung danach erforderliche Beschäftigung in diesem Sinne ist gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 13/17 R Rdnr. 16 mit weiteren Nachweisen seiner ständigen Rechtsprechung). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, das heißt den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG Urteil vom 23. Mai 2017 - B 12 KR 9/16 R – Rdnr. 24 m. w. N.).
Bei dieser Beurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R – Rdnr. 17).
Diese Maßstäbe gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH (BSG, zuletzt Urteil vom 14. März 2018 Rdnr. 18) Bei einem Fremdgeschäftsführer scheidet eine selbstständige Tätigkeit generell aus. Die frühere sogenannte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach ein Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft und ausnahmsweise auch ein Angestellter unterhalb der Geschäftsführerebene, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, ausnahmsweise als selbstständig angesehen worden ist, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn die Gesellschafter daran hinderten, hat der 12.Senat des BSG ausdrücklich aufgegeben. Die Maßgeblichkeit des rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhaltens der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren. Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit" lediglich in harmonischen Zeiten, während im Fall eines Zerwürfnisses die rechtlich bestehende Weisungsgebundenheit zum Tragen käme, ist nicht sinnvoll (BSG, Urteil vom 14. März 2018 Rdnr. 20 mit weiteren Nachweisen). Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig Beschäftigter angesehen zu werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 von Hundert der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er exakt 50 von Hundert der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Denn der selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können. Demgegenüber ist eine "unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln (BSG, Urteil vom 14. März 2018 Rdnr. 21 m. w. N.). Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags (Satzung) bestehende wirtschaftliche Verflechtungen, Stimmbindungsabreden oder Veto-Rechte zwischen einem Gesellschafter-Geschäftsführer sowie anderen Gesellschaftern und/oder der GmbH sind nicht zu berücksichtigen. Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben. Unabhängig von ihrer Kündbarkeit genügen die das Stimmverhalten regelnden Vereinbarungen nicht dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände. Im Interesse sowohl der Versicherten als auch der Versicherungsträger ist die Frage der (fehlenden) Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit oder abhängiger Beschäftigung schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil es darauf nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und die Leistungsansprüche des Betroffenen ankommt (BSG, Urteil vom 14. März 2018 Rdnr. 22).
Im vorliegenden Fall ist ein Vertragsverhältnis zwischen den einzelnen Beigeladenen und der Klägerin weder mündlich vereinbart geschweige denn schriftlich fixiert worden. Sie arbeiten – wie schon vorher im Rahmen der GbR – auf ihrem jeweiligen Handwerksfachgebiet für die Klägerin und erhalten hierfür monatlich 3.000 EUR ausbezahlt. Wie das SG richtig ausgeführt hat, steht jedem einzelnen Beigeladenen gesellschaftsrechtlich als Minderheitsgesellschafter keine Rechtsmacht im oben skizzierten Umfang zu. Daran ändert auch nichts, dass die Klägerin aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts heraus gegründet wurde. Auch die –hohen- Verpflichtungen als Bürgen für die Verbindlichkeiten der Klägerin ändern hieran nichts. Wirtschaftliche Verflechtungen – wie etwa eine Darlehensgewährung durch den Minderheitsgesellschafter an die Gesellschaft – sind – wie oben dargestellt – nicht geeignet einer "echte" Sperrminorität gleichzustehen. Bezüglich der Bewertung wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten ist nach Auffassung des BSG zudem zu beachten, dass die Übernahme einer Bürgschaft nicht mit der Gewährung eines Darlehens zu vergleichen (im Sinne von gleichzusetzen) ist, denn bei letzterem hat es der Darlehensgeber durch die Kündigung des Darlehens in der Hand, unmittelbar auf die wirtschaftliche Situation des Darlehensnehmers Einfluss zu nehmen. Daran fehlt es bei der Übernahme einer Bürgschaft, da diese in der Regel nur zur Absicherung weiterer Verbindlichkeiten dient und selbst im Fall ihrer Kündigung bzw. Rücknahme allenfalls mittelbare Auswirkungen haben kann (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R –, BSGE 119, 216-224, Rdnr. 27).
Auf die Begründung im angegriffenen Gerichtsbescheid wird im Übrigen ergänzend nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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