L 8 AL 296/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 34 AL 1158/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 296/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 30. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Überbrückungsgeld streitig.

Der 1964 geborene Kläger beantragte am 15.04.2002 die Gewährung von Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Energieberater ab 01.05.2002. Sein Existenzgründungvorhaben beschrieb er als überregionale Energieberatung. Dem Antrag beigefügt war eine fachkundige Stellungnahme zur Tragfähigkeit der Existenzgründung im Bereich Energieberatung/Solarenergie des Steuerberaters Ankenbauer vom 24.04.2002 sowie eine Gewerbeanmeldung ab dem 01.05.2002.

Bis 21.04.2000 bezog der Kläger Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom Arbeitsamt P ... Dem Anspruch lag ein Urteil des Sozialgerichts (SG) Dresden vom 27.04.2001 (Az.: S 10 AL 1284/99) zu- grunde. Für die Zeit nach dem 21.04.2000 hatte das SG Dresden eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten wegen eines fehlenden Antrags verneint.

Mit Bescheid vom 12.06.2002 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit nach § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ab. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass der Kläger im von § 57 Abs.2 Nr.1 SGB III geforderten engen zeitlichen Zusammenhang, der einen Monat nicht überschreiten dürfe, mit der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit keine Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen habe oder Anspruch darauf gehabt habe.

In seinem Widerspruch vertrat der Kläger die Auffassung, dass durch das Urteil des SG Dresden vom 27.04.2001 sein fiktiver Anspruch auf Alhi nachgewiesen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Für den Fall, dass der Kläger keine Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III beziehe, sei zu prüfen, ob er einen Anspruch auf solche Leistungen hätte und wie hoch das Arbeitslosengeld (Alg) bzw. die Alhi bei unterstellter Arbeitslosmeldung wäre. Hierzu sei erforderlich, dass vom Kläger neben dem Antrag auf Gewährung von Überbrückungsgeld auch ein Antrag auf Alg/Alhi einzureichen sei. Trotz entsprechender Erläuterung sei der Kläger nicht bereit gewesen, einen derartigen Anspruch klären zu lassen. Ein enger zeitlicher Zusammenhang mit der im Urteil des SG Dresden zugesprochenen Alhi bis zum 21.04.2000 sei zu verneinen, weil es sich bei dem geforderten engen zeitlichen Zusammenhang nur um einen Zeitraum von bis zu einem Monat handele.

Mit seiner zum SG Dresden erhobenen Klage hat der Kläger erneut geltend gemacht, er verstehe nicht, wieso er einen Antrag auf Alg/Alhi einreichen solle, da seiner Meinung nach für die Zeit nach dem 21.04.2000 ein fiktiver Anspruch eindeutig festgestellt sei. Des Weiteren hat er erneut auf das Urteil des SG Dresden vom 27.04.2001 verwiesen.

Mit Beschluss vom 06.09.2002 hat das SG Dresden zuständigkeitshalber den Rechtsstreit an das SG München verwiesen.

Die Beklagte hat weiterhin die Auffassung vertreten, dass nach dem Urteil des SG Dresden vom 27.04.2001 ein Alhi-Anspruch lediglich bis zum 21.04.2000 festgestellt worden sei. Ausweislich der vorliegenden Beratungsvermerke habe der Kläger selbst erklärt, nicht bedürftig zu sein und deshalb keinen Antrag auf Alhi stellen zu wollen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit seien dem Kläger mehrfach dargelegt worden.

Mit Gerichtsbescheid vom 30.07.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte den Antrag des Klägers auf Überbrückungsgeld abgelehnt. Unstreitig habe der Kläger nur bis zum 21.04.2000 Alhi bezogen. Für die daran anschließende Zeit fehle es an einem Anspruch des Klägers, da dieser trotz entsprechender Hinweise bei der Beklagten keinen prüffähigen Antrag gestellt habe. Mit dem vom Kläger zur Klagebegründung herangezogenen Urteil des SG Dresden vom 27.04.2001 sei die Beklagte lediglich zur Zahlung von Alhi für die Zeit vom 09.10. 1999 bis zum 21.04.2000 verurteilt worden. In den Entscheidungsgründen sei ein Anspruch des Klägers auf Alhi für die Zeit nach dem 21.04.2000 wegen eines fehlenden Antrags des Klägers ausdrücklich verneint worden. Damit fehle bereits eine der Voraussetzungen für die Gewährung von Überbrückungsgeld, nämlich die des im engen zeitlichen Zusammenhang zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ab dem 01.05.2002 bestehenden Bezugs von Alhi. § 57 Abs.2 Nr.1b SGB III lasse es für den Anspruch auf Überbrückungsgeld zwar genügen, wenn der Kläger im Zeitpunkt der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen im engen zeitlichen Zusammenhang stehenden Anspruch auf Alhi hätte. Dies erfordere jedoch, dass die Beklagte die Anspruchsvoraussetzungen der Alhi aufgrund eines entsprechenden Antrags des Klägers hätte positiv überprüfen können. Einen derartigen Antrag habe der Kläger trotz entsprechender Hinweise nicht gestellt.

Zur Begründung seiner Berufung verweist der Kläger u.a. auf die Sitzungsniederschrift vom 12.10.2000 über eine weitere Verhandlung vor dem SG Dresden. Dort wurde von der Beklagten ein Anerkenntnis dahingehend abgegeben, als der Bescheid vom 03.06.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.1999 aufgehoben wurde und sich die Beklagte verpflichtete, dem Kläger Alhi vom 28.05.1999 bis einschließlich 08.10.1999 zu zahlen. Des Weiteren verweist der Kläger erneut auf das Urteil des SG Dresden vom 27.04.2001. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Antragsabgabe für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit und der Beginn der selbständigen beratenden Tätigkeit liege im Rahmen der üblichen Frist von einem Monat. Weiterhin beziehe sich diese Frist seiner Kenntnis nach auf den Zeitraum der zwischen der Antragsabgabe bei der Beklagten und dem rechnerischen steuerlichen Beginn der selbständigen Tätigkeit. Der steuerliche Beginn der Gewerbeanmeldung sei der 01.05.2002 bzw. der damit im Zusammenhang stehenden angefallenen Kosten, die 14 Tage vorher bezahlt worden seien. Die Beklagte habe auf die so begründete Forderung bisher keine Zahlungen geleistet. Infolge der fehlerhaften Protokollierung der Dresdner Verhandlung vom 27.04.2002 sei der beantragte Zeitpunkt nicht eingehalten worden. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die Nachzahlung von Alhi vom zuständigen Arbeitsamt in Sachsen erfolgen sollen. Da zum Verhandlungstermin sein Wohnsitz nach Bayern verlegt worden sei, hätten die Zahlungen ab dem 27.04.2002 vom zuständigen Arbeitsamt in Bayern erfolgen sollen. Wegen Kommunikationsprobleme der Arbeitsämter untereinander habe er bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt gleichfalls auch kein Überbrückungsgeld erhalten, obwohl nach Harz III das Überbrückungsgeld eine Pflichtleistung geworden sei.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts München vom 30.07.2003 und des Bescheides vom 12.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2002 zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 01.05.2002 Überbrückungsgeld zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie schließt sich den Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG München an. Mit der Rechtsansicht, mit der Antragstellung am 15.04.2002 und dem Beginn der Tätigkeit ab 01.05.2002 bestünde ein enger zeitlicher Zusammenhang und würde die Frist von einem Monat unterschreiten, gehe der Kläger fehl. Denn der enge zeitliche Zusammenhang werde für den als Leistungsvoraussetzung für die Gewährung von Überbrückungsgeld genannten Bezug bzw. fiktiven Bezug von Entgeltersatzleistungen gefordert und nicht für die Zeit zwischen Antragstellung und Beginn der selbständigen Tätigkeit. Das Urteil des SG Dresden vom 27.04.2001 sei rechtskräftig geworden. Das Urteil stelle klar und rechtsverbindlich für die beteiligten Streitparteien fest, dass ein Anspruch auf Auszahlung von Alhi wegen des vorgenommenen Teilanerkenntnisses durch Fortgelten des aufgehobenen Bewilligungsbescheides bis zum Ablauf des auf dem Bewilligungsabschnitt befristeten Bewilligung zustehe. Dies sei der 21.04.2000. Insgesamt habe weder ein tatsächlicher noch ein fiktiver Anspruch auf Alhi als Vorbezug festgestellt werden können.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG München mit Gerichtsbescheid vom 30.07.2003 die Klage abgewiesen, da die zugrunde liegenden Bescheide der Beklagten vom 12.06.2002 und 23.07.2002 nicht zu beanstanden sind. Denn dem Kläger steht Überbrückungsgeld nicht zu, da er die Anspruchsvoraussetzungen für eine Gewährung desselben nicht erfüllt.

Nach § 57 Abs.1 SGB III können Arbeitnehmer, die durch die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Überbrückungsgeld erhalten.

Überbrückungsgeld kann nach § 57 Abs.2 SGB III geleistet werden, wenn der Arbeitnehmer a) Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen hat oder er einen Anspruch darauf hätte oder b) eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaf fungsmaßnahme oder als Strukturanpassungsmaßnahme gefördert worden ist und eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Trag fähigkeit der Existenzgründung vorgelegt hat, wobei fachkun dige Stellen insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Fachverbände und Kreditinstitute sind.

Unstreitig hat der Kläger nur bis zum 21.04.2000 Alhi bezogen. Für die daran anschließende Zeit fehlt es an einem Anspruch des Klägers, da dieser trotz entsprechender Hinweise der Beklagten keine Unterlagen zur Verfügung gestellt hat, die es der Beklagten möglich gemacht hätten, zu prüfen, ob die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung von Alhi vorgelegen hätten.

Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, die Beklagte schulde ihm bereits aus dem Urteil des SG Dresden vom 27.04.2001 Überbrückungsgeld, so kann dem nicht gefolgt werden. Dem Kläger wurde mit dem genannten Urteil ein Anspruch auf Alhi "lediglich" bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnittes zuerkannt. Dementsprechend wurde auch die Beklagte "nur" verurteilt, ihm Alhi vom 09.10.1999 bis zum 21.04.2000 zu zahlen. In den Entscheidungsgründen des Urteils des SG Dresden wurde der Anspruch des Klägers auf die Zeiten nach dem 21.04.2000 ausdrücklich verneint. Nachdem der Kläger dieses Urteil nicht mit der Berufung angefochten hat, ist es rechtskräftig.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf den Ablehnungsbescheid eines erneuten Antrags auf Alhi vom 09.07.1999 durch Bescheid des Arbeitsamtes P. vom 08.10.1999 sowie die Tatsache eines nicht mehr weiterverfolgten Alhi-Begehrens vom 19.10. 2000. Weiter ist zu beachten, dass sich der Kläger selbst nicht mehr für bedürftig hielt, was den Schluss zulässt, er habe vor Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit seinen Lebensunterhalt auf andere Weise als durch Alhi bestreiten können (§ 10 Nr.2 Alhi-V0). Der Kläger hat auch insoweit bei seiner Vorsprache bei der Arbeitsvermittlung am 01.07.2002 erklärt, nicht bedürftig zu sein, weshalb es keinen Sinn gemacht hätte, Alhi zu beantragen.

Das Vorbringen des Klägers, mit der Antragstellung vom 15.04. 2002 und dem Beginn der Tätigkeit ab 01.05.2002 bestünde ein "enger zeitlicher Zusammenhang", weil die Frist von einem Monat unterschritten sei, geht ins Leere, denn der enge zeitliche Zusammenhang wird für den als Leistungsvoraussetzung genannten Bezug bzw. fiktiven Bezug von Entgeltersatzleistungen gefordert und nicht für die Zeit zwischen Antragstellung und Beginn der selbständigen Tätigkeit.

Somit war die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG München vom 30.07.2003 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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