L 1 AS 4496/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 2745/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 4496/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20.10.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Rücknahme der Bewilligung und Rückforderung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum vom 01.04.2011 bis zum 31.12.2011 wegen erzieltem Einkommen.

Der 1971 geborene Kläger Ziff. 1 und seine 1979 geborene Ehefrau, die Klägerin Ziff. 2, bezogen seit dem Jahr 2006 gemeinsam mit ihren beiden 2001 und 2003 geborenen Kindern, den Klägern Ziff. 3 und 4, Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II von dem Jobcenter O. als Rechtsvorgänger des Beklagten, der als sog. "Optionskommune" ab dem 01.01.2012 als Leistungsträger zuständig geworden ist (im Folgenden einheitlich: Beklagter).

Am 10.01.2005 meldete der Kläger Ziff. 1 bei der Gemeinde M. unter seiner Wohnanschrift B.-Straße x,, xyxyz M., rückwirkend zum 01.06.2004 ein Gewerbe mit dem Gegenstand "Laserschweißen von Werkzeugen und Formen (Reparatur und Änderungen)" an. Mit Schreiben vom 15.04.2009 forderte ihn die Gemeinde M. auf, den Gegenstand des angemeldeten Gewerbes zu erweitern, nachdem ein Gemeindemitarbeiter mitgeteilt habe, dass er auch Altwaren zum Verschrotten annehme. Hierauf erweiterte er sein Gewerbe am 01.05.2009 um den Gegenstand "An- und Verkauf von Gebrauchtwagen, Hebewagen, Transportfahrzeugen, Handel mit Altmaterialien und Reststoffen, Zerlegung von Altwaren". Am 23.03.2011 meldete er sein Gewerbe zum 31.03.2011 ab. Als Grund gab er an: "Umzug".

Im hier streitigen Zeitraum ging die Klägerin Ziff. 2 bis zum 31.07.2011 einer abhängigen Beschäftigung in der Stiftung Haus L. nach, aus der sie ein Nettoeinkommen von monatlich 326,30 EUR bezog. Am 03.11.2011 meldete die Klägerin Ziff. 2 bei der Gemeinde M. zum 01.11.2011 ein Gewerbe mit dem Gegenstand "Schlosser- und Schweißarbeiten" an, welches sie am 17.01.2012 zum 31.01.2012 mit der Bemerkung "lohnt sich nicht" wieder abmeldete.

Die Kläger Ziff. 3 und 4 bezogen im streitigen Zeitraum Kindergeld von monatlich je 184 EUR.

Am 23.03.2011 beantragte der Kläger Ziff. 1 als Vertreter der Bedarfsgemeinschaft die Weiterbewilligung von SGB II-Leistungen bei dem Beklagten. In dem Antrag gab er an, dass von keinem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft eine selbständige Tätigkeit ausgeübt werde. Einnahmen aus Anlieferungen von Altmetall/Schrott bei der Sch. Recycling AG gab er ebenfalls nicht an. Er bestätigte, dass er das Merkblatt "Arbeitslosengeld II/Sozialgeld" erhalten habe und dessen Inhalt kenne.

Mit Bescheid vom 23.03.2011 bewilligte der Beklagte den Klägern für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II in Höhe von monatlich insgesamt 1.086,51 EUR. Die Bewilligung erfolgte wegen voraussichtlichen Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit vorläufig, nachdem eine telefonische Rückfrage des Beklagten beim Gewerbeamt M. vom 23.03.2011 ergeben hatte, dass der Kläger Ziff. 1 eventuell mit seiner ganzen Familie umziehen und dann dort ein neues Gewerbe eröffnen wolle, was aber noch nicht sicher sei. Unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 23.03.2011 rief der Kläger Ziff. 1 am 11.04.2011 bei der zuständigen Sachbearbeiterin des Beklagten an und teilte dieser unter Bezugnahme auf den vorläufigen Bewilligungsbescheid mit, er habe bei der Gewerbeabmeldung als Grund "Umzug" angegeben. Dies hätte sich aber zerschlagen. Er werde sein Gewerbe hier nicht mehr anmelden, weil er keinen Gewinn erwirtschaftet habe und es sich nicht mehr rentiere.

Hierauf erfolgte die endgültige Bewilligung von SGB II-Leistungen für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis 30.09.2011 durch den Beklagten mit Bescheid vom 11.04.2011. Als Grund für die endgültige Bewilligung führte der Beklagte das Telefongespräch vom 11.04.2011 an, wonach der Kläger Ziff. 1 sein Gewerbe in nächster Zeit nicht mehr anmelden werde. Die ursprüngliche Leistungshöhe von monatlich insgesamt 1.096,51 (mit Ausnahme des Monats August 2011, in dem die bewilligten Leistungen 1.236,51 betrugen) wurde durch die Änderungsbescheide vom 24.05.2011, 19.07.2011 und 11.08.2011 noch nachträglich abgeändert. Hinsichtlich Art und Höhe der bewilligten Leistungen wird auf den Inhalt der Bescheide und die tabellarische Darstellung im mit der Berufung angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Ulm (SG) vom 20.10.2016 Bezug genommen.

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 11.08.2011, in welchem der Kläger Ziff. 1 als Vertreter der Bedarfsgemeinschaft angab, dass von den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft weder eine abhängige noch eine selbständige Tätigkeit ausgeübt werde, bewilligte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 12.08.2011 für den Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.01.2012 Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II von monatlich insgesamt 1.261,00 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird ebenfalls auf den Inhalt des Bescheides und die tabellarische Darstellung im mit der Berufung angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Ulm (SG) vom 20.10.2016 Bezug genommen.

Mit E-Mail vom 03.09.2012 teilte das Hauptzollamt U. (HZA) dem Beklagten mit, es liege eine Meldung vor, wonach von den Klägern Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zumindest vom 01.04.2011 bis zum 29.12.2011 erzielt worden sei. Zur weiteren Bearbeitung seien Angaben des Beklagten erforderlich.

Mit weiterem Schreiben vom 28.09.2012 teilte das HZA dem Beklagten mit, der Kläger Ziff. 1 habe laut den vorliegenden Unterlagen im Zeitraum vom 01.04.2011 bis zum 29.12.2011 bei der Firma Sch. AG als Privatanlieferer Altmetall im Wert von 21.821,64 EUR angeliefert. Beigefügt war dem Schreiben eine Aufstellung u.a. über das Datum der Anlieferung, die Niederlassung, Art und Menge der eingelieferten Gegenstände und die Höhe der dafür gewährten Bargutschrift. Die dem Kläger Ziff. 1 von der Fa. Sch. Recycling AG, Sch. G., für Schrotteinlieferungen gutgeschriebenen Beträge beliefen sich im Monat April 2011 in Summe auf 3.167,29 EUR, im Mai 2011 auf 882,55 EUR, im Juni auf 1.791,12 EUR, im Juli auf 4.009.86 EUR, im August auf 2.372,50 EUR, im September auf 2.785,95 EUR, im Oktober auf 1.852,25 EUR, im November auf 2.829,91 EUR und im Dezember 2011 auf 2.130,21 EUR. Die Anlieferungen erfolgten ausweislich der Aufstellung sämtlich mit einem Fahrzeug mit dem Kennzeichen YY-ZX xxz.

Mit Schreiben vom 31.10.2012 hörte der Beklagte den Kläger Ziff. 1 unter Verweis auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X zur beabsichtigten Aufhebung und Rückforderung der ihm und den Mitgliedern seiner Bedarfsgemeinschaft im Zeitraum vom 01.04.2011 bis 31.12.2011 gewährten SGB II-Leistungen wegen nicht oder verspätet mitgeteilter Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit an.

Mit Erklärung vom 09.11.2012 widersprach dem der Kläger Ziff. 1. Seine Frau habe vom 01.11.2011 bis 31.01.2012 ein Gewerbe angemeldet, aus dem jedoch kein Verdienst erzielt worden sei. Weitere Einkünfte im Zeitraum vom 01.04.2011 bis 31.12.2011 seien nicht vorhanden gewesen.

Mit Schreiben vom 25.03.2013 teilte das HZA U. dem Beklagten unter Beifügung einer weiteren tabellarischen Aufstellung mit, der Kläger Ziff. 1 habe im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 06.03.2013 erneut bei der Fa. Sch. AG Altmetall im Wert von 24.197,49 EUR als Privatanlieferer angeliefert.

Mit Änderungsbescheid vom 12.06.2013 setzte der Beklagte die den Klägern für den Monat Mai 2011 bewilligten SGB II-Leistungen unter zusätzlicher Berücksichtigung von 882,55 EUR Erwerbseinkommen beim Kläger Ziff. 1 (abzüglich einer Versicherungspauschale von 30 EUR) von ursprünglich 1.096,51 EUR auf 243,96 EUR herab. Ebenfalls am 12.06.2013 erließ der Beklagte insgesamt vier auf § 45 SGB X gestützte Rücknahme- und Erstattungsbescheide. Die Entscheidungen begründete er damit, dass wegen der Einkünfte, die der Kläger Ziff. 1 im Zeitraum vom 01.04.2011 bis 29.12.2011 erzielt habe, keine Hilfebedürftigkeit in der bisher festgestellten Höhe bestanden habe. Die fehlerhaften Bewilligungen seien erfolgt, weil die Kläger zumindest grob fahrlässig falsche und unvollständige Angaben gemacht hätten (§ 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB X). Außerdem sei den Klägern bekannt gewesen, dass die Bewilligung fehlerhaft gewesen sei (§ 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Mit an den Kläger Ziff. 1 gerichtetem Bescheid vom 12.06.2013 nahm der Beklagte seine Entscheidungen vom 23.03.2011, 11.04.2011, 24.05.2011, 19.07.2011 und 12.08.2011 über die Bewilligung von SGB II-Leistungen (Regelsatz, KdU sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) für ihn und die Kläger Ziff. 3 und 4 für die Zeiträume vom 01.04.2011 bis 30.04.2011 und vom 01.06.2011 bis zum 30.09.2011 ganz und für Mai 2011 teilweise (bis auf die bewilligten 243,96 EUR) zurück und machte überzahlte Leistungen in Höhe von 5.094,79 EUR geltend. Ein gleichlautender Bescheid erging an die Klägerin Ziff. 2; der Rückforderungsbetrag belief sich hier auf 3.157,93 EUR. Mit weiterem an den Kläger Ziff. 1 gerichtetem Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom selben Tag nahm der Beklagte die Bewilligung von SGB II-Leistungen für die Kläger Ziff. 1, 3 und 4 mit Bescheid vom 12.08.2011 für den Zeitraum vom 01.09.2011 bis 31.01.2012 (gemeint: 31.12.2011) zurück und forderte die Erstattung der ihnen im Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.12.2011 erbrachten Leistungen in Höhe von 2.445,75 EUR. Mit einem weiteren an die Klägerin Ziff. 2 gerichteten Bescheid vom 12.06.2013 nahm der Beklagte die SGB II-Leistungsbewilligung vom 12.08.2011 für diese für den Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.12.2011 zurück und forderte von ihr die Erstattung weiterer 1.785,39 EUR.

Die Kläger legten jeweils gegen die an sie ergangenen Bescheide Widerspruch mit der Begründung ein, es seien keine Einkünfte erzielt worden.

Der Beklagte wies die Widersprüche mit fünf Widerspruchsbescheiden vom 24.07.2013, jeweils zugestellt am 26.07.2013, zurück.

Dagegen haben die Kläger anwaltlich vertreten am 26.08.2013 Klage zum SG Ulm erhoben. In der Klagebegründung vom 30.01.2015 haben sie ausgeführt, auch in den Jahren 2009 bis 2011 habe der Kläger Ziff. 1 seinen damaligen Steuerberater mit der Erstellung von Quartalsberichten und eines Jahresabschlusses beauftragt. Dem Beklagten seien auch die betrieblichen Ausgaben in Form von Quittungen in drei Leitz-Ordnern zur Verfügung gestellt worden; offenbar seien diese nicht berücksichtigt worden. Im Nachhinein noch eine betriebswirtschaftliche Auswertung zu fertigen bedürfe eines Aufwands, der unverhältnismäßig sei.

Auf den Vorhalt des Beklagten, die angerechneten Einkünfte ab dem 01.04.2011 hätten nicht aus der zuvor abgemeldeten selbständigen Tätigkeit gestammt, sondern aus Privatanlieferungen des Klägers Ziff. 1, haben die Kläger mit Schriftsatz vom 20.05.2015 eingeräumt, dass der Kläger Ziff. 1 als Haushaltsvorstand nach Aufgabe des Gewerbes noch gefälligkeitshalber Entsorgungen vorgenommen habe, nachdem er von Kunden angesprochen worden sei, er würde doch Schrott entsorgen. Außerdem habe er auch unter seinem Namen im Bekanntenkreis an die Firma Sch. in Aalen anliefern lassen. Auf Grund seiner langjährigen Geschäftsbeziehung zur Firma Sch. hätten Anlieferungen reibungslos verlaufen können. Der Kläger habe seine gesamte Buchhaltung mit Gewinn- und Verlustmeldungen dem Beklagten zur Verfügung gestellt, so dass volle Transparenz bestanden habe.

In einem Erörterungstermin vom 21.04.2016 hat der Kläger Ziff. 1 im Wesentlichen angegeben, ab dem 31.03.2011 hinaus seien zwar Schrottlieferungen über seinen Namen gelaufen, er habe selbst keine Einnahmen daraus erzielt. Zwar könne jedermann bei der Firma Sch. Schrott abliefern, aber auf seinen Namen seien bessere Konditionen vereinbart gewesen. Die Einnahmen seien in die Vereinskasse eines Motorradclubs mit dem Namen "zzzz-MC" geflossen, der damals aus ca. neun bis zwölf Mitgliedern bestanden hätte und dem der Kläger Ziff. 1 bis Mitte/Ende 2013 angehört habe. Sie hätten ein Vereinsheim für den Club anschaffen wollen und seien auf die Idee gekommen, zur Finanzierung Schrott bei der Firma Sch. abzuliefern. Dieser sei teilweise bei ihm vor dem Hof oder bei anderen Clubmitgliedern abgelagert worden. Entweder er oder ein anderes Clubmitglied hätte dann den Schrott zur Firma Sch. gebracht. Die Schrottanlieferungen seien seinem Konto bei der Firma Sch. gutgeschrieben worden. Die Barauszahlungen seien nur an ihn erfolgt. Er habe das Geld dann in die Clubkasse eingezahlt, die sich bei einem anderen Vereinsmitglied zuhause befunden habe. Ein Bankkonto sei nicht angelegt worden. Er habe kein Geld zurückbehalten. Zum Verbleib des Geldes konnte er keine Angaben machen. Er gab darüber hinaus an, dass es sich bei den Fahrzeugen mit den Kennzeichen YY-ZX xxz und ÝY-XX zzz um seine Fahrzeuge, einen Pritschen-Lkw und einen Privat-Pkw, gehandelt habe. Mit diesen Fahrzeugen, die entweder er selbst oder andere Clubmitglieder gefahren hätten, seien die Schrottanlieferungen erfolgt. Seine Frau sei kein Clubmitglied gewesen und habe mit den Schrottanlieferungen nichts zu tun gehabt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20.10.2016 abgewiesen. Es hat die Kläger wegen des Zuflusses berücksichtigungsfähigen Einkommens in Höhe von insgesamt 21.821,64 EUR im streitigen Zeitraum nicht in der zunächst zuerkannten Höhe als hilfebedürftig angesehen. Durch die Lieferungen an die Firma Sch. Altmetall AG und die Barauszahlungen habe sich der Marktwert des Schrottes realisiert und sei den Klägern als Einkommen zugeflossen. Es komme nicht darauf an, woher der Schrott im Einzelnen gestammt habe, ob aus der aufgegebenen selbständigen Tätigkeit, aus gefälligkeitshalber durchgeführten Entsorgungen oder aus Sammlungen mit dem Motorradclub. Ebenfalls sei unerheblich, wie die zugeflossenen Einnahmen, die der Bedarfsgemeinschaft der Kläger zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden hätten, tatsächlich verwendet worden seien.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 27.10.2016 zugestellte Urteil haben die Kläger am 25.11.2016 beim SG Berufung eingelegt. Sie haben vorgetragen, der Erlös aus den Schrottverkäufen sei dem Kläger Ziff. 1 nach Aufgabe seines Gewerbes gerade nicht zugeflossen. Er habe vielmehr andere an seinen Kontakten und seiner Kundennummer bei der Sch. AG partizipieren lassen. Dies sei ihm Wesentlichen sein damaliger Verein, ein Motorradclub, gewesen, der heute nicht mehr existiere. Der Zeuge N. könne über die Vereinseinnahmen Auskunft geben und bestätigen, dass die Erlöse aus dem Schrottverkauf nach der Gewerbeauflösung durch den Kläger Ziff. 1 dem Verein zugeflossen seien. Der Zeuge W., der Schrott für den Verein gesammelt und zur Abnahme bei der Sch. AG verbracht habe, könne über diese Tätigkeit Auskunft geben. Der Zeuge WX., der in der Finanzierungsberatung tätig sei, könne über die letztlich gescheiterten Pläne, ein Vereinslokal anmieten zu wollen und sich hierzu Barmittel aus dem Schrottverkauf zu verschaffen, Auskunft erteilen.

Die Kläger beantragen (sachdienlich gefasst), das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20.10.2016 und die Bescheide vom 12.06.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24.07.2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des SG für zutreffend.

Der Senat hat die Akten des HZA U. und die Akte des vorangegangenen Verfahrens der Kläger beim SG Ulm (S 4 AS 226/11) beigezogen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet.

Das SG hat die Klage zutreffend abgewiesen. Die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG), mit der sich die Kläger gegen die vom Beklagten ihnen gegenüber jeweils am 12.06.2013 erlassenen (Teil-)Rücknahme- und Erstattungsbescheide sowie den im Zusammenhang damit ergangenen Änderungsbescheid vom 12.06.2013 wenden, ist zulässig, aber nicht begründet. Den an den Kläger Ziff. 1 als Haushaltsvorstand gerichteten Änderungsbescheid vom 12.06.2013 sieht der Senat als von allen Klägern mitangefochten an, da dieser mit dem (Teil-)Aufhebungs- und Erstattungsbescheid für den Zeitraum vom 01.05.2011 bis 31.05.2011 eine rechtliche Einheit bildet (BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R - SozR 4-1300 § 45 Nr. 12, Rn. 28, nach juris). Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Diese haben im hier streitigen Zeitraum vom 01.04.2011 bis 31.12.2011 (die Erstreckung der Aufhebung gegenüber den Klägern Ziff. 1, 3 und 4 auf den 31.01.2012 sieht der Senat angesichts der Beschränkung des Erstattungszeitraums auf den 31.12.2011 und des Inhalts der an die Klägerin Ziff. 2 gerichteten Bescheide als offenkundigen Schreibfehler an) die mit den angefochtenen Bescheiden zurückgeforderten SGB II-Leistungen zu Unrecht bezogen. Mangels Hilfebedürftigkeit i.S.d. § 9 Abs. 1 SGB II hatten sie in den Zeiträumen vom 01.04.2011 bis 30.04.2011 und vom 01.06.2011 bis zum 31.12.2011 überhaupt keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II, im Monat Mai 2011 nur in Höhe von 243,96 EUR, wie vom Beklagten unter Berücksichtigung der Freibeträge nach § 11b SGB II mit Änderungsbescheid vom 12.06.2013 bewilligt.

Die angefochtenen Bescheide sind formell und materiell rechtmäßig. Nachdem die Leistungsbewilligungen für den hier streitgegenständlichen Zeitraum sämtlich von Anfang an (für Mai 2011 teilweise) rechtswidrig waren, ist Rechtsgrundlage für die Rücknahme § 45 Abs. 1 und 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 und 2 Nr. 3 SGB II - in der hier anzuwenden und bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung - und § 330 Abs. 2 SGB III. Die insoweit zu erfüllenden Tatbestandsvoraussetzungen hat das SG in dem mit der Berufung angegriffenen Urteil zutreffend dargestellt. Der Senat nimmt insoweit auf die Entscheidung Bezug und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG hier von einer erneuten Darstellung ab.

Die Bescheide sind formell rechtmäßig. Offenbleiben kann, ob das lediglich an den Kläger Ziff. 1 gerichtete Anhörungsschreiben vom 31.10.2012, in dem mit § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nicht die zutreffende Rechtsgrundlage für die ergangenen Rücknahme- und Erstattungsbescheide genannt worden ist, allen Erfordernissen einer wirksamen Anhörung entsprochen hat. Denn ein etwaiger Anhörungsmangel ist jedenfalls in den nachfolgend durchgeführten Widerspruchsverfahren, in denen alle Kläger Gelegenheit zur Äußerung zu allen entscheidungserheblichen Umständen hatten, geheilt worden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X).

Die Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Angesichts der Gutschriften auf dem bei der Firma Sch. Recycling AG bestehenden Konto des Klägers Ziff. 1, die sich im Monat April 2011 auf 3.167,29 EUR, im Mai 2011 auf 882,55 EUR, im Juni auf 1.791,12 EUR, im Juli auf 4.009.86 EUR, im August auf 2.372,50 EUR, im September auf 2.785,95 EUR, im Oktober auf 1.852,25 EUR, im November auf 2.829,91 EUR und im Dezember 2011 auf 2.130,21 EUR belaufen haben und die als Einkommenszufluss beim Kläger Ziff. 1 anzusehen sind, waren die Kläger in den Zeiträumen vom 01.04.2011 bis 30.04.2011 und vom 01.06.2011 bis zum 31.12.2011 überhaupt nicht und im Monat Mai 2011 nur in Höhe von 243,96 EUR hilfebedürftig nach dem SGB II. Die Rechtswidrigkeit der infolge falscher bzw. unzureichender Angaben zum Einkommen des Klägers Ziff. 1 (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X) ergangenen Bewilligungsbescheide kannten diese oder kannten sie zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht (§ 45 Abs. 2 S. 3 SGB X).

Voraussetzung für einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist - neben weiteren, hier erfüllten - Voraussetzungen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II) insbesondere Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 Abs. 1, und 4 SGB II). Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II gilt (im Grundsatz) jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, wenn in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist (BSG 16.04.2013 - B 14 AS 71/12 R- SozR 4-4200 § 9 Nr.12, Rn. 16). Bei Personen, die wie die Kläger in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit der Kläger sind ihrem nach dem SGB II in Betracht kommenden Bedarf die zu dessen Sicherung zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten gegenüberzustellen (Urteil des BSG vom 20.02.2014, B 14 AS 10/13 R – SozR 4-4200 § 12 Nr. 23, juris, Rn. 13).

Den monatlichen Hilfebedarf der Bedarfsgemeinschaft der Kläger nach dem SGB II hat der Beklagte für den streitigen Zeitraum vom 01.04.2011 bis 31.12.2011 in den Bewilligungsbescheiden vom 11.04.2011, 24.05.2011, 19.07.2011 und 11.08.2011 zutreffend mit insgesamt 1.629,00 EUR errechnet, wobei wegen der Bewilligung der Brennstoffbeihilfe im Monat August 2011 der Bedarf einmalig 2.428 EUR (von 471 EUR auf 1270 EUR erhöhte KdU) betragen hat. Dem standen als monatliche Einnahmen jeweils insgesamt 368 EUR Kindergeld und bis zum 31.07.2011 monatliches Erwerbseinkommen der Klägerin Ziff. 2 in Höhe von 326,30 EUR (nach Abzug der Freibeträge gem. § 11b SGB II von 131,81 EUR berücksichtigungsfähig in Höhe von 194,49 EUR) gegenüber.

Bei zusätzlicher bedarfsmindernder Anrechnung der Gutschriften auf dem bei der Firma Sch. Recycling AG bestehenden Konto des Klägers Ziff. 1 waren die Kläger in der Lage, in den Zeiträumen vom 01.04.2011 bis 30.04.2011 und vom 01.06.2011 bis zum 31.12.2011 ihren Bedarf vollständig aus eigenem laufendem Einkommen zu decken. Lediglich im Monat Mai 2011 bestand auch unter Berücksichtigung der Gutschriften auf dem Firmenkonto wegen der Schrottanlieferungen ein ungedeckter Restbedarf in Höhe von 243,96 EUR.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB 2 in der hier anzuwendenden, ab dem 01.04.2011 geltenden Fassung vom 13.5.2011 (a.F.) sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 11 Abs. 3 SGB II). Zur Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen ist nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22.08.2013 – B 14 AS 78/12 RSozR 4-4200 § 11 Nr. 6, juris, Rn. 27 m.w.N.) von Folgendem auszugehen: Einkommen i.S. des § 11 Abs. 1 SGB II ist grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (modifizierte Zuflusstheorie, grundlegend BSG Urteile vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 17 Rn. 23 und vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15, Rn. 18; vgl. ferner BSG Urteile vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 30, Rn. 15 und vom 23.8.2011 - B 14 AS 185/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 42 Rn. 10). Auch wenn eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete (noch nicht erfüllte) Forderung (z.B. Gehaltsforderung) einen wirtschaftlichen Wert darstellt und zum Vermögen des Forderungsinhabers gehört und eine Einnahme aus dieser bereits bestehenden Rechtsposition erzielt wird, führt dies nicht zu einer "Konkurrenz" dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung (z.B. Gehaltszahlung) als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr ist nach § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung von Bedeutung, sondern das Gesetz stellt insofern allein auf die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen (Zufluss) ab (vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2015 – B 4 AS 32/14 R –, juris, Rn. 14, zu einer Nachzahlung von Arbeitsentgelt).

Der Beklagte ist bei ihren Berechnungen zu Recht davon ausgegangen, dass die bei den Schrottanlieferungen jeweils dem "Firmenkonto" (Kreditorenkonto) des Klägers Ziff. 1 gutgeschriebenen Guthabenbeträge diesem zum Zeitpunkt der Anlieferung/Gutschrift als Einkommen zugeflossen sind. Zwar wurde durch die Gutschrift auf dem Kreditorenkonto der Firma Sch. Recycling AG zunächst nur eine Forderung gegenüber dieser begründet. Da sich der Kläger Ziff. 1 die Guthabenbeträge allerdings jederzeit auszahlen lassen konnte, wovon der Senat gestützt auf die in den Akten des HZA U. vorhandenen Auszahlungsquittungen die Einlassungen der vor dem HZA U. am 03.04.2014 als Zeugin gehörten Einkäuferin D., deren Aussage im Urkundsbeweis verwertet wurde, überzeugt ist, bestand eine enge Vergleichbarkeit des "Firmenkontos" mit einem Bankkonto, so dass hier ein Zufluss bereits zum Zeitpunkt der Gutschrifterteilung erfolgt ist.

Es handelte sich bei den Einkünften aufgrund der Schrottverkäufe um laufende Einnahmen, die für den Monat ihres Zuflusses zu berücksichtigen waren (§ 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F.).

Betriebsausgaben sind bei der Anrechnung von den nachgewiesenen Einkünften nicht abzuziehen: Angaben zu Betriebsausgaben im streitigen Zeitraum haben die Kläger nicht gemacht, Unterlagen zum Beleg von Betriebsausgaben für den hier streitigen Zeitraum nicht vorgelegt. Tatsächlich hat der Kläger Ziff. 1 die Einnahmen auch nicht im Rahmen eines selbständigen Gewerbes erzielt, sondern als sog. Privatanlieferer.

Vorliegend ändert der Umstand, dass der Kläger Ziff. 1 das vom Guthabenkonto in regelmäßigen Zeitabständen in bar abgehobene Geld nach Empfang jeweils in die Vereinskasse seines Motorradclubs eingezahlt haben will, was der Senat zugunsten der Kläger als wahr unterstellt, nichts an der grundsicherungsrechtlichen bedarfsmindernden Berücksichtigungsfähigkeit des erzielten Einkommens. Hilfebedürftige Personen müssen ihr Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden, wenn sie sich dadurch außerstande setzen, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen. Mit bedürftigkeitsabhängigen Grundsicherungsleistungen soll nicht zur Tilgung bestehender Verbindlichkeiten beigetragen werden. Freiwillige Zahlungen an Dritte können nicht vom Einkommen abgesetzt werden, unabhängig davon, ob ihnen fällige Forderungen gegenüberstehen (vgl. bereits BSG, Urteil vom 19.09.2008 – B 14/7b AS 10/07 R – SozR 4-4200 § 11 Nr. 18, juris, Rn. 25).

Anderes würde nur dann gelten, wenn es sich bei den dem Guthabenkonto des Klägers Ziff. 1 bei der Firma Sch. Recycling AG gutgeschriebenen Beträgen um (verdecktes) Treuhandvermögen gehandelt hätte, das wirtschaftlich ausschließlich dem Motorradclub "zzzz MC" zuzuordnen gewesen wäre. Das war aber hier nicht der Fall. Ein verdecktes Treuhandverhältnis führt im Falle seines Bestehens zwar selbst dann, wenn der Treuhänder das Vermögensrecht als Vollrecht erworben hat, aufgrund seiner schuldrechtlichen (Herausgabe-) Verpflichtung, die auf dem Vermögensgegenstand lastet, dazu, dass dieser für den Treuhänder nicht verwertbar oder die Verwertung unzumutbar ist, und er daher im Rahmen der Bedürftigkeit nicht zu berücksichtigen ist (vgl. auch zum Folgenden, Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.07.2012 - L 5 AS 55/10 -, Rn. 67, juris; BSG, Urteile vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R, juris, und vom 13. September 2006 - B 11a AL 19/06 R, juris).

Zu prüfen ist in Fällen einer behaupteten verdeckten Treuhandvereinbarung allerdings zunächst, ob es überhaupt eine Treuhandvereinbarung gegeben hat, und - falls ja - ob diese Abrede dem wirklichen Willen der Beteiligten entsprach oder etwa ein sog Scheingeschäft nach § 117 BGB darstellte mit dem Ziel, nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorzurufen, nicht aber die damit verbundenen Rechtsfolgen eintreten lassen zu wollen (BGH NJW 1980, 1572). Um zu klären, ob das Guthaben auf einem angeblichen Treuhandkonto als (nicht) zum Vermögen des Kontoinhabers gehörendes Treugut anzusehen ist, sind insbesondere Feststellungen zu Herkunft und Verwendungszweck der auf dieses Konto eingezahlten Gelder erforderlich (BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 49/05 R -, Rn. 25, 26, juris, unter Verweis auf BGH, Urteil vom 01.07.1993 - IX ZR 251/92 = NJW 1993, 2622 zu II.2.b der Gründe).

Das BSG hat für die Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich besteht, auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) verwiesen (BSG, Urteil vom 24.05.2006 – B 11a AL 7/05 RBSGE 96, 238-246, SozR 4-4220 § 6 Nr 4, Rn. 27), wonach ein strenger Maßstab anzulegen ist; das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse muss eindeutig erkennbar sein (vgl BFH, Urteil vom 15. Juli 1997 - VIII R 56/93 - BFHE 183, 518 unter Bezugnahme auf die Beweisregel in § 159 Abs. 1 Abgabenordnung). Ergänzend ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) heranzuziehen, wonach ein gewichtiges Beweisanzeichen für die Frage, ob eine wirksame Treuhandvereinbarung geschlossen wurde, die Separierung des Treuguts ist (Urteil vom 04.09.2008 - 5 C 12/08 - NVwZ 2009, 395-398, Rn. 20, nach juris).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist der Senat nach Würdigung der Gesamtumstände des vorliegenden Einzelfalls (§ 103, § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) davon überzeugt, dass die dem Firmenkonto des Klägers Ziff. 1 aufgrund von Schrotteinlieferungen gutgeschriebenen Geldbeträge nicht treuhänderisch gebunden waren. Es fehlt an einer wirksamen Treuhandabrede, selbst wenn man den Vortrag der Kläger - insbesondere des Klägers Ziff. 1 - zur Schrottsammlung für ein geplantes Vereinsheim für den Motorradclub "zzzz MC" als zutreffend zugrunde legt. Das ergibt sich hier bereits daraus, dass auf dem Konto eine Vermischung von Guthaben, die durch Einlieferungen durch den Kläger "auf eigene Rechnung" entstanden sind und von Guthaben, die aufgrund der Anlieferung von für das geplante Vereinsheim vom Kläger Ziff. 1 und weiteren Vereinsmitgliedern des "zzzz MC" gesammeltem Schrott entstanden sind, eingetreten ist.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger Ziff. 1 im streitigen Zeitraum auch Schrott "auf eigene Rechnung" als Privatablieferer bei der Firma Sch. Recycling AG abgegeben hat. Das ergibt sich nicht nur aus den Einlassungen der Kläger im Schriftsatz vom 20.05.2015 im SG-Verfahren wonach der Kläger Ziff. 1 nach Aufgabe des Gewerbes noch gefälligkeitshalber Entsorgungen vorgenommen hat, nachdem er von Kunden angesprochen wurde. Auch die Ausführungen in der Berufungsbegründungsschrift, dass es sich bei den Personen, die an seinem Kontakt zu und seiner Kundennummer bei der Sch. Recycling AG partizipiert haben, "im Wesentlichen" um seinen damaligen Verein gehandelt habe, sprechen dafür, dass weiterhin auch Schrotteinlieferungen durch den Kläger Ziff. 1 erfolgt sind, die nicht aus der (behaupteten) für den Motorradclub initiierten Sammlung stammten. Hierfür sprechen schließlich auch die Anzahl der Anlieferungen und der Umstand, dass diese im streitigen Zeitraum fast ausschließlich mit dem vormaligen Firmen-LKW getätigt worden sind, den der Kläger Ziff. 1 vor dem 01.04.2011 für monatlich 920 EUR von seinem Onkel gemietet hatte, was der Senat den in den Verwaltungsakten enthaltenen Quittungen entnimmt. Es ist in keiner Weise dargetan und für den Senat im Übrigen auch nicht vorstellbar, aus welchen Mitteln der Kläger Ziff. 1 als SGB II-Leistungsempfänger Betriebskosten für diesen Lkw getragen haben will, ohne aus seiner Tätigkeit irgendwelche Einkünfte zu erzielen.

Indem die Kläger die Angabe der vom Kläger Ziff. 1 durch Schrottanlieferungen erzielten Einkünfte bei der Antragstellung für die Leistungen in den streitigen Zeiträumen unterlassen haben, haben sie leistungsrelevante Angaben zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Auch hätten sie die Rechtswidrigkeit aller für die streitigen Zeiträume ergangenen Bewilligungsbescheide kennen müssen, die angesichts der klaren und eindeutigen Hinweise im Merkblatt "Arbeitslosengeld II/Sozialgeld" gleichsam "auf der Hand lag" (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3, 2. Halbs.SGB X). Dies ist dann der Fall, wenn der Betroffene schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (st. Rspr., vgl. bereits BSG, Urteil vom 31.8.1976 – 7 RAr 112/74BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; ebenfalls BSGE 62, 32, 35 = SozR 4100 § 71 Nr. 2 und Urteil vom 8.2.2001 – B 11 AL 21/00 RSozR 3-1300 § 45 Nr. 45). Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff: st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 21/11 R = SozR 4-2500 § 240 Nr. 19 Rn. 30 m.w.N.). Auf die zutreffenden Ausführungen des SG in den Gründen des angefochtenen Urteils hierzu, denen sich der Senat vollumfänglich anschließt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Beklagte war deshalb berechtigt, die für die streitigen Zeiträume ergangenen Bewilligungsbescheide (für Mai 2011 teilweise) zurückzunehmen. Die Fristen des § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 2 SGB X sind eingehalten.

Die Kläger haben die zu Unrecht erbrachten Leistungen zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X). Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der von der Beklagten errechneten Rückforderungsbeträge hat weder der Senat, noch wurde eine Unrichtigkeit im Berufungsverfahren von den Beteiligten geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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