Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 809/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 4656/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. November 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Herabsetzung des bei ihm festgestellten Grades der Behinderung (GdB).
Der Kläger ist im Jahre 1968 in der Türkei geboren. Nach seinen späteren - zum Teil unterschiedlichen - Angaben (vgl. die Anamnesen in den Gutachten von Dr. Abel vom 14. März 2017 und Dr. Br. vom 12. Juli 2017) besuchte er dort drei Jahre lang eine Schule, einen Beruf erlernte er nicht, weswegen er auch nicht zum Militär gekommen sei. 1991 oder 1993 hat er geheiratet. Im Jahre 1994 oder 1995 sei er Opfer eines Bombenanschlags geworden, bei dem der Bus, in dem er als Fahrgast fuhr, explodierte, dabei sei sein neben ihm sitzender Neffe getötet worden. 1996 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er wohnt bis heute im Inland. Seit März 1999 besitzt er eine unbefristete Niederlassungserlaubnis. Eventuell ist er zwischen 2015 und 2017 nach Deutschland eingebürgert worden. Er wohnt mit seiner Ehefrau und fünf oder sechs Kindern in einer Wohnung. Er war durchgängig in angelernten Tätigkeiten beschäftigt, zuletzt bei einem Unternehmen der Zulieferindustrie für Automobile.
Bereits im Jahre 1993 war dem Kläger ein Herzschrittmacher implantiert worden, Revisionsoperationen erfolgten 2003 und im Dezember 2010. Im Jahre 2010 erkrankte der Kläger ferner an einem Lymphdrüsenkrebs in Form eines Morbus Hodgkin im Stadium IA. Der Tumor wurde im Rahmen einer Lymphknotenexstirpation am 28. September 2010 entfernt. Mit Bescheid vom 5. April 2011 stellte der Beklagte daraufhin bei dem Kläger den GdB mit 70 fest. Dem lagen ausweislich der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dipl.-Med. O. Teil-GdB-Werte von 60 für eine Erkrankung des lymphatischen Systems mit Behandlungsbedürftigkeit und 20 für eine Herzerkrankung mit Herzschrittmacher zu Grunde.
Die erste Nachuntersuchung wurde 2012 eingeleitet. Dr. G. teilte mit Bericht vom 9. März 2012 mit, seit dem Ende der postoperativen Bestrahlung im Februar 2011 befinde sich der Kläger in kompletter Remission der Erkrankung. Bei einer Untersuchung im Februar 2012 hätten keine dauerhaften körperlichen, seelischen oder geistigen Funktionseinschränkungen bestanden. Nach einer Anhörung stellte der Beklagte den GdB daraufhin mit Bescheid vom 12. Juni 2012 unter Aufhebung des Bescheids vom 5. April 2011 mit 50 ab dem 15. Juni 2012 fest. In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14. März 2012 hatte Dr. Z. hierzu ausgeführt, es sei ein Teil-GdB von 50 für eine "Erkrankung des lymphatischen Systems in Heilungsbewährung" anzunehmen, die Heilungsbewährung habe im Februar 2011 begonnen und werde drei Jahre andauern, danach sei eine weitere Nachprüfung erforderlich.
Die nächste Nachprüfung wurde im Februar 2014 eingeleitet. Der Beklagte holte Befundberichte der behandelnden Ärzte ein. Allgemeinmediziner Dr. E. führte aus, ein Tumorrezidiv habe sich nicht gebildet, der Allgemeinzustand sei gut und Funktionsbeeinträchtigungen beständen nicht. Der Kläger leide jedoch unter einer leichten bis mittelschweren Depression mit Lust- und Antriebslosigkeit, habe aber keine Schwierigkeiten bei der sozialen Integration und in seiner Berufstätigkeit. Ferner liege eine Arthrose, Osteochondrose und chronische Lumbalgie vor, der Finger-Boden-Abstand (FBA) betrage 10 cm. Auch die Onkologin Dr. G. bescheinigte am 7. April 2014 Rezidivfreiheit. Nach ihrer Kenntnis beständen keine Auswirkungen auf den Allgemeinzustand.
Dr. Sp. schlug in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 11. April 2014 vor, Teil-GdB-Werte von 20 für eine Erkrankung des lymphatischen Systems nach Ablauf der Heilungsbewährung, 20 für die Herzerkrankung, 10 für eine depressive Verstimmung und 10 für eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und den Gesamt-GdB mit 30 anzunehmen. Nach einer Anhörung des Klägers erging der Bescheid vom 9. Juli 2014, mit dem der Beklagte den Bescheid vom 12. Juni 2012 aufhob und den GdB ab dem 12. Juli 2014 mit 30 feststellte.
Der Kläger erhob Widerspruch, der trotz mehrerer Nachfragen nicht begründet wurde. In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 3. November 2014 führte Dr. Wö. aus, der festgestellte GdB von 30 sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überhöht, es sei allenfalls ein GdB von 20 anzunehmen. Ein Teil-GdB für eine Erkrankung des lymphatischen Systems könne nicht vergeben werden, da eine solche Erkrankung nicht mehr vorliege. Der Beklagte stellte sich - intern - auf den Standpunkt, der Bescheid über den GdB von 30 könne nicht mehr zurückgenommen werden, sodass es bei der rechtswidrig zu hohen Feststellung bleiben müsse (Aktenvermerk vom 26. Januar 2015). Er erließ daraufhin den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2015. Der GdB betrage in der Sache nur 20. Aus rechtlichen Gründen bleibe es jedoch bei der Feststellung des GdB von 30.
Hiergegen hat der Kläger am 9. März 2015 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und beantragt, unter Aufhebung des Bescheids vom 9. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides festzustellen, dass der GdB weiterhin 50 betrage. Er hat vorgetragen, das Rezidivrisiko müsse berücksichtigt werden. Auch seine Herzerkrankung sei höher zu bewerten, da er bereits bei leichter Belastung Atemnot verspüre. Das Gehen falle ihm schwer. Die Depression sei schwergradig, ebenso die Funktionsstörungen an der Wirbelsäule.
Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. E. hat mitgeteilt, seit Juli 2014 beständen bei dem Kläger die Diagnosen "rezidivierende Lumbalgien", "Depression" und "Zustand nach Vorliegen eines Herzschrittmachers". Der Gesundheitszustand habe sich nicht verändert. Der Orthopäde Dr. Dü. hat am 13. Juli 2015 bekundet, er behandle den Kläger seit Juli 2005, zuletzt habe ein Druckschmerz an der linken Flanke ohne eindeutigen pathologischen Aspekt bei einer auf Grund von Sprachproblemen unzureichenden Anamnese bestanden, die Problematik an der Wirbelsäule habe keinen Dauercharakter, insoweit habe sich seit 2012 auch keine Veränderung ergeben. Der Psychiater Dr. Ha. hat am 15. Juli 2015 angegeben, er habe den Kläger seit August 2014 viermal behandelt, diagnostisch sei von einer mittelgradigen depressiven Episode auszugehen, die Affektivität sei depressiv, habe sich aber gebessert, es beständen zuletzt keine Leistungsbeeinträchtigungen. Letztlich hat der Internist Dipl.-Psych. Dr. Mo. berichtet, die Schrittmacherfunktion sei unauffällig mit zeitgerecht abnehmender Laufzeit. Durch eine lokale Schwellung pectoral bestehe eine Einschränkung der Muskelbeweglichkeit und eine zunehmende Belastungseinschränkung. Zuletzt habe sich die chronische Reizschwelle der artrialen Sonde erhöht, was wahrscheinlich zu einer Revision führen könne. Aus dem beigefügten Untersuchungsbefund vom 31. März 2014 war zu entnehmen, dass die Schrittmacherabfrage unauffällige Messwerte ergeben hatte. Letztlich hat Dr. G. erneut bestätigt, dass auf onkologischem Fachgebiet Rezidivfreiheit bestehe und keine Gesundheitsstörungen vorlägen.
Der Beklagte hat vorgeschlagen, den GdB im Vergleichswege nur auf 40 herabzusetzen, weil doch ein Teil-GdB von 20 für eine Erkrankung des lymphatischen Systems anzunehmen sei, nachdem ein Morbus Hodgkin nicht spurlos an einem Menschen vorbeigehe und durchaus vegetative Restbeschwerden bestehen könnten (versorgungsärztliche Stellungnahmen von Dr. Gr. und Dr. Wo.). Der Kläger ist diesem Vorschlag jedoch nicht beigetreten.
Von Amts wegen hat das SG das Gutachten vom 18. Januar 2016 bei dem Facharzt für Inneres, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Schn. erhoben. Der Sachverständige hat ausgeführt, bei dem Kläger beständen ein leichtgradiges depressives Syndrom bei lebensgeschichtlichen Belastungen (F32.0 ICD-10 GM), Zustand nach Morbus Hodgkin mit Entfernung der Ohrspeicheldrüse links und Rezidivfreiheit, ein Zustand nach Schrittmacherimplantation 1993 mit mehrfachen Aggregatwechseln und ein Wirbelsäulensyndrom ohne sensomotorische Ausfälle. Auf psychiatrischem Gebiet lägen keine Anhaltspunkte für eine durchgreifende Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor. Bei der Untersuchung habe sich ein beschwerdebetontes Verhalten gezeigt, ohne dass eine manifeste Simulation oder Dissimulation imponiert hätten. Der Kläger sei zunächst missmutig, später zugewandter und zeitweise appellativ gewesen. Das deutsche Sprachverständnis und das Ausdrucksvermögen seien deutlich eingeschränkt, insoweit sei ein Dolmetscher notwendig gewesen. Störungen des Bewusstseins oder der kognitiven Fähigkeiten lägen nicht vor. Eine Antriebsminderung habe nicht bestanden. In seiner Grundpersönlichkeit wirke der Kläger eingeschränkt introspektions- und reflexionsfähig und wenig differenziert, wobei die Intelligenz nach klinischem Eindruck durchschnittlich sei. Familiäre oder berufliche Schwierigkeiten beständen nicht, der Kläger freue sich am Erfolg seiner Kinder. Zum GdB hat Dr. Schn. ausgeführt, es sei nach Ablauf der Heilungsbewährung keine Erkrankung des lymphatischen Systems mehr zu erkennen. Vegetative oder lokale Beschwerden insoweit habe der Kläger nicht angegeben. Es sei daher - nur - von Teil-GdB-Werten von 20 für die psychische Erkrankung, nur von 10 für den Herzschrittmacher und von 10 für die Wirbelsäule auszugehen, woraus sich ein Gesamt-GdB von nur 20 ergebe.
Nach Eingang dieses Gutachtens hat der Beklagte sein Vergleichsangebot über einen GdB von 40 zurückgenommen.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG sodann das psychiatrische Gutachten vom 14. März 2017 bei Dr. Abel erhoben. Der Sachverständige hat zunächst mitgeteilt, wegen der auch von Dr. Schn. gesehenen eingeschränkten Introspektionsfähigkeit, die sich in Abwehrmerkmalen bei Anwesenheit Dritter äußern könne, sei auf die Hinzuziehung eines Dolmetschers verzichtet worden. In der Sache hat der Sachverständige bekundet, krankheitsbedingt habe sich der Kläger sozial weitgehend zurückgezogen, die Denkvorgänge seien immer wieder stockend, der Kläger sei bewusstseinsklar und in allen Dimensionen orientiert gewesen, die Stimmungslage sei herabgedrückt, der Antrieb "etwas" reduziert. Konzentration und Aufmerksamkeit hätten im Rahmen der vorhandenen "Denkstörung" eine geringfügige Beeinträchtigung gezeigt. Diagnostisch sei von einer aktuell leichtgradigen rezidivierenden depressiven Episode (F33.0 ICD-10 GM) auszugehen, daneben beständen eine "Folgestörung einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS)" (codiert mit F43.1 ICD-10 GM) und eine somatoforme Schmerzstörung (F45.41 ICD-10 GM). Zu Folgestörung einer PTBS hat Dr. Abel ausgeführt, der Kläger habe nach dem Bombenanschlag auf den Bus und den dabei erlittenen Verletzungen und den Tod seines Neffen dabei im Jahre 1994 erstmals Beschwerden im Sinne einer PTBS entwickelt. Der Morbus Hodgkin habe zu "ähnlichen Beschwerden reaktivierend" geführt. Letztlich habe der Kläger über seine Teilnahme am sozialen Leben und am Erwerbsleben unter Kraftanstrengung über längere Zeiträume die Beschwerden kompensieren können. Das zunehmende Schmerzsyndrom habe - dann - die Bewältigungsmöglichkeiten zunehmend insuffizient erscheinen lassen, auf diesem Boden sei es wieder verstärkt zu einer Beschwerdesymptomatik im Sinne einer PTBS und einer depressiven Erkrankung gekommen. Vor diesem Hintergrund sei der GdB für die psychische Erkrankung auf 40 zu schätzen, sodass sich unter Einbeziehung der weiteren Beeinträchtigungen bei teilweise bestehenden Interferenzen - weiterhin - ein Gesamt-GdB von 50 ergebe.
Hiernach hat das SG von Amts wegen ein weiteres psychiatrisches Gutachten über den Kläger bei Dr. Br. erhoben. Dieser Sachverständige hat den Kläger unter Hinzuziehung eines Dolmetschers am 26. Juni 2017 untersucht und am 12. Juli 2017 schriftlich mitgeteilt, die psychische Funktionsstörung sei als leicht zu bezeichnen und begründe keine wesentlichen Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Er sei weiterhin berufstätig als Alleinverdiener, seine Frau habe nie gearbeitet. Wenn seine Frau abwesend sei, mache er den Haushalt. 2013 sei er zuletzt in Urlaub gewesen. Der Kontakt zu Frau und Kindern sei sehr gut, man sitze viel zusammen und rede. Er habe viele Freunde, türkische und deutsche. Auch seine in Deutschland lebenden Brüder treffe er regelmäßig. Einmal im Monat gehe er ins Kino und manchmal ins Freiluft-Theater. Dr. Br. hat auch die Validität der Angaben des Klägers getestet. Dabei hat der Kläger in dem "Strukturierten Frageboten Simulierter Symptome" (SFSS) bei einem Cut-off-Wert eine Punktzahl von 24 erreicht. Dies, so der Sachverständige, sei als erheblicher Hinweis auf nicht authentische Anteile der Beschwerdeschilderungen bzw. simulative Tendenzen zu interpretieren. Vor diesem Hintergrund hat Dr. Br. vorgeschlagen, den GdB für die psychische Erkrankung mit 10 anzunehmen. Da zurzeit ein Gesamt-GdB von 30 anerkannt sei, führe der GdB von 10 auf nervenärztlichem Gebiet sicher nicht zu einer Erhöhung.
In der mündlichen Verhandlung am 2. November 2017 hat der Kläger mitgeteilt, er sei im Krankenhaus gewesen, weil er Atemprobleme gehabt habe, und den Entlassungsbericht des Si.-Klinikums XXX, Dr. We., vom 16. Oktober 2017 (Atypische Pneumonie, chronische Bronchitis, Z.n. M. Hodgkin, Z.n. Schrittmacher-Implantation) eingereicht. Das SG hat den Kläger darauf hingewiesen, dass bei einer reinen Anfechtungsklage gegen einen Herabsetzungsbescheid die Sach- und Rechtslage zur Zeit der letzten Behördenentscheidung maßgeblich sei und wegen möglicher späterer Verschlechterungen ein Neufeststellungsantrag gestellt werden müsse.
Mit Urteil vom gleichen Tage hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei als isolierte Anfechtungsklage zulässig, sie sei aber nicht begründet. Der Beklagte habe den GdB zu Recht auf 30 herabgesetzt. Nach Ablauf der dreijährigen Heilungsbewährung wegen des M. Hodgkin sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Bei Erlass des Widerspruchsbescheids habe der Gesamt-GdB nur 30 betragen. Es sei von Teil-GdB-Werten von 20 für den Zustand nach Schrittmacherimplantation, von 20 für die Psyche und von 10 für die Wirbelsäule auszugehen.
Gegen dieses Urteil, das seiner Prozessbevollmächtigten am 10. November 2017 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 8. Dezember 2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Eine Begründung hat er trotz mehrerer Nachfragen und Fristsetzungen nicht abgegeben.
Er beantragt bei sachgerechter Auslegung seines Vorbringens,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. November 2017 und den Bescheid vom 9. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil und seine Entscheidungen.
Zu dem Erörterungstermin am 14. Juni 2018 ist der Kläger unentschuldigt nicht erschienen. Seine Prozessbevollmächtigte hat dabei mitgeteilt, ihr habe er telefonisch mitgeteilt, er befinde sich in einer "Kur". Der Bitte des Senats in dem Erörterungstermin, einen Entlassungsbericht über diese "Kur" einzureichen, ist der Kläger trotz Verlängerung der Frist nicht nachgekommen. Daraufhin hat der Senat mit Schreiben vom 18. Oktober 2018 mitgeteilt, dass er durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden werde, und Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu bis zum 15. November 2018 gegeben. Der Kläger hat auch hierauf nicht reagiert.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Der Rechtsstreit weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf, die in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört, Einwände sind nicht erhoben worden.
Die Berufung des Klägers ist statthaft (§ 143 SGG) und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG seine Klage abgewiesen.
Zunächst hat das SG zutreffend ausgeführt, dass die Klage nur als isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG) statthaft und zulässig ist. Sofern der Kläger in erster Instanz zusätzlich einen Antrag auf eine Feststellung eines GdB von 50 gestellt haben sollte, wäre dieser Antrag unzulässig gewesen. Zum einen fehlt einem solchen Antrag im Rahmen einer Klage gegen die Herabsetzung eines GdB das Rechtsschutzbedürfnis, denn bei einem Erfolg der Anfechtungsklage gegen den Herabsetzungsbescheid (vgl. § 131 Abs. 1 SGG) lebt der frühere Bescheid über den höheren GdB wieder auf, sodass es keiner weiteren Feststellung bedarf. Zum anderen scheidet im Recht der schwerbehinderten Menschen die gerichtliche Feststellung eines GdB aus (vgl. § 55 Abs. 1 SGG), weil die gesetzlichen Vorschriften hierzu allein die Behörden der Versorgungsverwaltung zu einer solchen Feststellung - durch Verwaltungsakt - ermächtigen, sodass insoweit allenfalls Verpflichtungsklage erhoben werden könnte.
Die Klage ist aber nicht begründet. Der Beklagte mit dem angegriffenen Bescheid vom 9. Juli 2014 den GdB des Klägers zu Recht auf 30 herabgesetzt.
Da der Beklagte bereits vor Erlass des hier angegriffenen Bescheids eine Feststellung zum GdB des Klägers getroffen hatte - zuletzt war der GdB mit Bescheid vom 12. Juni 2012 bindend mit 50 festgestellt worden -, richten sich die Voraussetzungen für die Neufeststellung des GdB in formeller Hinsicht nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie ihn auch die Feststellung des GdB darstellt (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 1997 - 9 RVs 5/96 -, juris, Rz. 11) für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung ist dann anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung eine Herabsetzung oder Erhöhung des GdB um wenigstens 10 ergibt (vgl. SG Aachen, Urteil vom 16. Oktober 2018 – S 18 SB 317/17 –, juris, Rz. 24 f.). Die Änderung der Behinderungsbezeichnung oder das Hinzutreten weiterer Behinderungen ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB allein stellen noch keine wesentliche Änderung dar (vgl. BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 30; zu einer rechtlichen Änderung: BSG, Urteil vom 11. Oktober 1994 - 9 RVs 1/93 -, juris, Rz. 12). Für die wesentliche Änderung kommt es weder auf den Inhalt des Vergleichsbescheides noch auf die von der Behörde bei der Bewilligung oder später angenommenen Verhältnisse, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse und deren objektive Änderung an. Beweisbelastet für das Vorliegen und das Ausmaß einer wesentlichen Änderung im dargelegten Sinne ist nach den allgemeinen Beweislastregeln, nach denen derjenige rechtserhebliche Tatsachen zu beweisen hat, der sie als für ihn günstig behauptet, im vorliegenden Fall der Anfechtung einer Herabsetzung des festgestellten GdB bzw. einer Aufhebung der Feststellung gesundheitlicher Voraussetzungen für Merkzeichen die Beklagte (LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Juli 2015 - L 10 SB 122/15 B -, juris, Rz. 5). Es gilt der Beweismaßstab des Vollbeweises (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. August 2012 - L 13 SB 39/12 -, juris, Rz. 23 f., 35).
In materieller Hinsicht richtet sich die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in einer isolierten Anfechtungsklage gegen einen Herabsetzungsbescheid wie hier nach dem Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also (§ 95 SGG) des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 3. Februar 2015. Spätere Veränderungen, vor allem - erneute - Verschlechterungen des Gesundheitszustandes können in einem solchen Gerichtsverfahren nicht berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 10. September 1997 - 9 RVs 15/96 -, juris, Rz. 11).
Aus diesem Grunde richtet sich die rechtliche Beurteilung in diesem Verfahren noch nach den §§ 69 ff. Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in der früheren Fassung, die bis zu den ab 2018 in Kraft getretenen Änderungen durch das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I 2016, 1824) gegolten hat.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX a.F. (vgl. heute § 152 Abs. 1 SGB IX n.F.) stellten die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Diese Vorschrift knüpfte materiell-rechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX a.F. bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach waren Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abwich und daher ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt war.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX a. F. waren die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vorliegen, wurde nach § 69 Abs. 3 SGB IX a. F. der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Die Einzelheiten für die Bemessung des GdB ergaben sich aus der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnung, der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 8. Dezember 2008. Die in der Anlage 2 zu § 2 VersMedV, den "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) enthaltenen Vorgaben sind Teil der Verordnung und haben daher Rechtsnormqualität. Es sind für Verwaltungen und Gerichte verbindliche untergesetzliche Rechtsnorm, die im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX a.F. auszulegen sind (vgl. BSG, Urteil vom 30.September 2009 - B 9 SB 4/08 R, juris).
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Die maßgebliche Änderung der Sach- oder Rechtslage, die hier den Beklagten nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu einer erneuten Entscheidung über den GdB befugte, war der Ablauf der Heilungsbewährung wegen der früheren Erkrankung des lymphatischen Systems. Nach den VG, Teil B Nr. 16.2, ist für einen M. Hodgkin im Stadium I bis IIIA, wie er bei dem Kläger vorgelegen hatte, nach der Vollremission für noch drei Jahre ("Heilungsbewährung") ein GdB von 50 festzustellen. Dies hatte der Beklagte mit Bescheid vom 12. Juni 2012 - zutreffend - getan. Die Vollremission lag ab Februar 2011 vor, wie sich aus dem Befundbericht von Dr. G. vom 9. März 2012 ergab. Danach war die Heilungsbewährung im Februar 2014 abgelaufen.
Zu dem danach hier relevanten Zeitpunkt im Februar 2015 (Erlass des Widerspruchsbescheides) lag der Gesamt-GdB des Klägers nicht höher als 30.
Für die Folgen der Hodgkin-Erkrankung war kein GdB mehr festzustellen, denn solche lagen nicht vor. Die Erkrankung des lymphatischen Systems war ausgeheilt. Schon im März 2012 hatte Dr. G. mitgeteilt, es beständen keinerlei körperlichen, seelischen oder geistigen Funktionsbeeinträchtigungen mehr. Auch in den VG, Teil B Nr. 16.2, ist für die Hodgkin-Krankheit ein GdB nur bis zum Ende der jeweiligen Heilungsbewährung vorgesehen, danach nicht mehr.
Auf psychiatrischem Gebiet lag bei dem Kläger kein GdB von mehr als 20 vor.
Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7, bedingen Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen einen GdB von 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) einen GdB von 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 80 bis 100. Die funktionellen Auswirkungen einer psychischen Erkrankung, insbesondere wenn es sich um eine affektive oder neurotische Störung nach F30.- oder F40.- ICD-10 GM handelt, manifestieren sich dabei im psychisch-emotionalen, körperlich-funktionellen und sozial-kommunikativen Bereich (vgl. Philipp, Vorschlag zur diagnoseunabhängigen Ermittlung der MdE bei unfallbedingten psychischen bzw. psychosomatischen Störungen, MedSach 6/2015, S. 255 ff.). Diese drei Leidensebenen hat auch das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung berücksichtigt (vgl. BSG, Beschluss vom 10. Juli 2017 - B 9 V 12/17 B -, juris, Rz. 2). Dabei ist für die GdB-Bewertung, da diese die Einbußen in der Teilhabe am Leben in der (allgemeinen) Gesellschaft abbilden soll, vor allem die sozial-kommunikative Ebene maßgeblich (vgl. Urteil des Senats vom 12. Januar 2017 - L 6 VH 2746/15 -, juris, Rz. 61). Bei dieser Beurteilung ist auch der Leidensdruck zu würdigen, dem sich der behinderte Mensch ausgesetzt sieht, denn eine "wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit" meint schon begrifflich eher Einschränkungen in der inneren Gefühlswelt, während Störungen im Umgang mit anderen Menschen eher unter den Begriff der "sozialen Anpassungsschwierigkeiten" fallen, der ebenfalls in den VG genannt ist. Die Stärke des empfundenen Leidensdrucks äußert sich auch und maßgeblich in der Behandlung, die der Betroffene in Anspruch nimmt, um das Leiden zu heilen oder seine Auswirkungen zu lindern (Urteil des Senats vom 22. Februar 2018 – L 6 SB 4718/16 –, juris, Rn. 42 f.). Hiernach kann bei fehlender ärztliche Behandlung in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt (vgl. bereits LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Dezember 2010 - L 8 SB 1549/10 -, juris, Rz. 31).
Bei dem Kläger liegt bereits diagnostisch nur eine geringfügig ausgeprägte psychische Erkrankung vor. Schon auf dieser Ebene scheidet ein GdB von 30 oder mehr aus. Es handelt sich um eine leichtgradig ausgeprägte depressive Störung. In dieser Diagnose sind sich die drei erhobenen Sachverständigengutachten einig. Dabei ist es nicht relevant, dass Dr. Schn. und Dr. Br. eine chronifizierte bzw. dauerhafte leichtgradige depressive Episode angenommen haben (F32.0 ICD-10 GM), während der Wahlgutachter Dr. Abel sogar nur von einer rezidivierenden leichtgradigen Ausprägung (F33.1 ICD-10 GM) ausgegangen ist. Eine weitere Diagnose auf psychiatrischem Gebiet liegt nach Ansicht des Senats nicht vor. Eine solche hat allein der Wahlgutachter Dr. Abel angenommen und hierzu ausgeführt, es handle sich um einen Folgezustand nach einer PTBS. Dem kann nicht gefolgt werden. Bereits die Ausführungen zu dieser Diagnose sind widersprüchlich. Codiert hat Dr. Abel seine Diagnose als "gesicherte" PTBS (F43.1 G ICD-10 GM), also als eine zurzeit im Vollbild ausgeprägte PTBS, umschrieben hat er sie dagegen als "Folgestörung" einer PTBS. Auch aus seinen weiteren Ausführungen ergibt sich, dass er eher nicht von einer aktuell voll ausgeprägten PTBS ausgegangen ist, sondern allenfalls von einer sonstigen Reaktion auf schwere Belastung (z.B. nach F43.8 ICD-10 GM). Jedenfalls fehlen bei dem Kläger mehrere relevante Symptome einer PTBS. Dabei geht der Senat davon aus, dass der Bombenanschlag auf den Bus, den der Kläger - seinen Angaben zu Folge - im Jahre 1993 oder 1994 verletzt überlebt hat, ein lebensbedrohliches Ereignis im Sinne des A-Kriteriums der PTBS dargestellt hat (vgl. zu den medizinischen Kriterien einer PTBS nach den ICD-10 GM und nach anderen Klassifikationssystemen wie dem DSM-IV im Einzelnen Urteil des Senats vom 7. Dezember 2017 – L 6 VG 6/17 –, juris, Rz. 39). Aber Wiedererinnerungen ("flash backs") oder ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten, etwa in Bezug auf die Teilnahme am öffentlichen Verkehr, also die B- und C-Kriterien für eine PTBS, lagen bei dem Kläger nicht vor. Das hat insbesondere Dr. Br. in seinem Gutachten - in Auseinandersetzung mit den Ausführungen Dr. Abels - überzeugend herausgearbeitet. Letztlich hat auch Dr. Abel selbst solche Symptome nicht gesehen. Und auch hinsichtlich der übrigen psychopathologischen Symptome hat er ausgeführt, der Kläger habe diese über Jahre und Jahrzehnte erfolgreich kompensiert, und erst in jüngerer Zeit sei es - allerdings nicht auf Grund der Traumatisierung 1993/1994, sondern auf Grund eines Schmerzsyndroms - wieder verstärkt zu Beeinträchtigungen gekommen.
Ebenso scheidet die Feststellung eines GdB von 30 oder mehr aus, weil der Kläger keine engmaschige psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung durchführt. Daraus ist zu schließen, dass - auf psychisch-emotionaler - Ebene kein großer Leidensdruck empfunden wird und daher kein ausgeprägter Wille entstanden ist zu gesunden. Auf das Fehlen einer solchen Behandlung haben alle drei in erster Instanz gehörten Gutachter hingewiesen. Auch der behandelnde Psychiater selbst, Dr. Ha., hatte in seiner Zeugenaussage vom 15. Juli 2015 ausgeführt, dass sich der Kläger von August 2014 bis Juli 2015 nur viermal bei ihm vorgestellt hat. Dass eine Therapie durchgeführt wurde, hat er nicht angegeben.
Auch der psychopathologische Befund, so wie ihn in ähnlicher Weise alle drei Sachverständigen erhoben haben, spricht gegen eine stärkere Einschränkung des Klägers.
Dabei berücksichtigt der Senat auch, dass nicht alle Symptome, die der Kläger anamnestisch angegeben hat, als nachgewiesen werden können.
Wegen der "Simulationsnähe" von Erkrankungen mit neurotischem Einschlag wird in der Rechtsprechung bei der Feststellung der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale ein strenger Maßstab gefordert. Für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit trifft den behinderten Menschen die (objektive) Beweislast (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 – B 5 RJ 48/03 R –, juris, Rz. 30). Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Der Senat hat bereits entschieden, dass von den Testverfahren zur Verifizierung von Angaben über psychische Symptome der SFSS und auch der TOMM-Test ausreichend valide sind. Sie erbringen zwar von Ausnahmefällen abgesehen keinen Beweis für Simulation oder Aggravation. Aber zumindest zusammen mit der Beobachtung des Klägers bei der Begutachtung führen sie zu einem starken Hinweis darauf, dass die angegebenen Symptome in Wirklichkeit nicht oder nicht in dem geklagten Ausmaß vorliegen. Der Kläger nun hat bei der Begutachtung bei Dr. Br. den SFSS ausgefüllt und bei 75 Fragen einen auffälligen Fehler-Score von 24 (der über dem anerkannten Cut-off-Wert von 16 lag) erzielt. Dr. Br. und auch schon Dr. Schn. haben außerdem auf die merklichen Diskrepanzen zwischen den Angaben des Klägers und seinem Verhalten bei den Begutachtungen hingewiesen. So hat Dr. Br. den Kläger als oft lachend, zugänglich und offen erlebt, während sich dieser selbst als zurückgezogen, belastet und depressiv geschildert hat. Vor diesem Hintergrund kann der Senat den Eigenangaben des Klägers zu seinen psychisch bedingten Einschränkungen nur teilweise folgen.
Hinsichtlich der Feststellungen des Wahlsachverständigen Dr. Abel kommt ein weiterer Punkt hinzu, der dazu führt, dass ihnen nicht gefolgt werden kann. Nicht nur, dass Dr. Abel die Angaben des Klägers nicht verifiziert hat. Er hat den Kläger auch ohne Hinzuziehung eines Dolmetschers untersucht, was angesichts der geschilderten massiven Sprachprobleme bedeutet, dass womöglich nicht alle Angaben des Klägers zutreffend aufgenommen worden sind.
Danach ist unter Berücksichtigung der Berufstätigkeit, des erfüllten Familienlebens, der engen und als rein positiv geschilderten Beziehungen zu der Ehefrau und den fünf oder sechs Kindern, des großen und regelmäßig besuchten Verwandten- und Freundeskreises, der Tatsache, dass der Kläger zeitweise allein auch den Haushalt führt und noch in Urlaub fährt und der regelmäßigen kulturellen Aktivitäten in Form von Kino- und Theaterbesuchen, wie sie der Kläger insbesondere bei Dr. Br. geschildert hat, nicht von einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit auszugehen, sodass ein GdB von 30 nicht angenommen werden kann.
Der Zustand nach Implantation eines Herzschrittmachers bei dem Kläger bedingte zur Zeit der Herabsetzung einen GdB von höchstens 20. Die Implantation eines Schrittmachers allein bedingt nach den VG, Teil B Nr. 9.1.6, einen GdB von 10. Nur wenn trotz dieser Implantation weitere Beeinträchtigungen vorliegen, etwa Einschränkungen der Herzleistung (VG, Teil B Nr. 9.1.1) oder Rhythmusstörungen (VG, Teil B Nr. 9.1.6), kommen höhere Werte in Betracht. Bei dem Kläger nun liegen solche umschriebenen Begleitbeeinträchtigungen nicht vor. Dies entnimmt der Senat der Zeugenaussage seines Kardiologen Dr. Mo. vom 15. Juli 2015. Danach waren die Messwerte regelgerecht, der Schrittmacher funktionierte unauffällig und die Kontrollen wurden in halbjährigen Abständen durchgeführt. Wenn danach im Funktionssystem "Herz und Kreislauf" überhaupt ein GdB von 20 angenommen werden konnte, dann nur wegen der lokalen Schwellung im Bereich des implantierten Schrittmachers, die nach Dr. Mo.s Aussage zu einer Einschränkung der Muskelbeweglichkeit und zu zunehmender "Belastungseinschränkung" führt. Ein höherer GdB als 20 scheidet aber jedenfalls aus.
Im Funktionssystem "Rumpf" letztlich ist allenfalls ein GdB von 10 anzunehmen. Für einen GdB von 20 oder mehr sind nach den VG, Teil B Nr. 18.9. wenigstens mittelgradige funktionelle Beeinträchtigungen in einem oder mehreren Abschnitten der Wirbelsäule vonnöten. Der Kläger leidet nur an leichten Einschränkungen in einem Abschnitt, nämlich der Lendenwirbelsäule. Dabei handelt es sich um rezidivierende Lumbalgien und geringfügige degenerative Veränderungen vor allem an den Bandscheiben. Dies entnimmt der Senat der Zeugenaussage des behandelnden Orthopäden Dr. Dü. vom 13. Juli 2015 und den beigefügten Unterlagen, vor allem dem Bericht über die CT-Untersuchung der Wirbelsäule vom 15. Januar 2015. Dr. Dü. hat sogar ausgeführt, dass die Problematik an der Wirbelsäule keinen Dauercharakter hat. In diesem Falle wäre gar nicht von einer Behinderung auszugehen. Aber selbst wenn eine solche vorliegt, sind die daraus folgenden Funktionseinschränkungen doch äußerst geringfügig. Nur zeitweise, im Jahre 2014, lag eine Einschränkung der Rumpfbeuge auf einen FBA von 10 cm vor, dies ist noch nahezu altersgerecht. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die beiden Amtssachverständigen Dr. Schn. und Dr. Br., die auch Neurologen sind, ebenfalls keine motorischen oder sensiblen Störungen auf Grund von Schäden der Wirbelsäule festgestellt haben. Dabei hat insbesondere Dr. Br. erneut darauf hingewiesen, dass die vom Kläger in der Anamnese angegebenen erheblichen "Kreuzschmerzen" (vgl. S. 15 des Gutachtens) kein organisches Korrelat haben und ganz gravierend von dem Verhalten und der bei der Begutachtung demonstrierten Beweglichkeit des Klägers abweichen. Dies wird bestätigt durch Dr. Br. Feststellungen (S. 20 f. des Gutachtens). Danach bestanden keine Rumpf-, Gang- oder Standataxie, der Romberg-Test konnte ohne Schwanken durchgeführt werden, das Gangbild war unauffällig, der Zehen- und Hackenstand beidseits möglich, das Lasègue’sche Zeichen beidseits negativ, der Trendelenburg beidseits ungestört und der Seiltänzergang uneingeschränkt. Beim Ankleiden hatte Dr. Br. sogar einen flotten spontanen Bewegungsablauf vermerkt.
Für die Gesamt-GdB-Bildung sind danach nach den Vorgaben der VG, Teil A Nr. 3 Buchstabe d Doppelbuchstabe ee Satz 1 und 2 nur die beiden Teil-GdB von bis zu 20 für die Herzerkrankung und die psychische Beeinträchtigung maßgeblich. Im Übrigen bestanden bei dem Kläger zur Zeit der Herabsetzungsentscheidung nur Teil-GdB-Werte von je 10. Daraus folgt, dass ein Gesamt-GdB von mehr als 30 nicht festgestellt bleiben musste.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Herabsetzung des bei ihm festgestellten Grades der Behinderung (GdB).
Der Kläger ist im Jahre 1968 in der Türkei geboren. Nach seinen späteren - zum Teil unterschiedlichen - Angaben (vgl. die Anamnesen in den Gutachten von Dr. Abel vom 14. März 2017 und Dr. Br. vom 12. Juli 2017) besuchte er dort drei Jahre lang eine Schule, einen Beruf erlernte er nicht, weswegen er auch nicht zum Militär gekommen sei. 1991 oder 1993 hat er geheiratet. Im Jahre 1994 oder 1995 sei er Opfer eines Bombenanschlags geworden, bei dem der Bus, in dem er als Fahrgast fuhr, explodierte, dabei sei sein neben ihm sitzender Neffe getötet worden. 1996 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er wohnt bis heute im Inland. Seit März 1999 besitzt er eine unbefristete Niederlassungserlaubnis. Eventuell ist er zwischen 2015 und 2017 nach Deutschland eingebürgert worden. Er wohnt mit seiner Ehefrau und fünf oder sechs Kindern in einer Wohnung. Er war durchgängig in angelernten Tätigkeiten beschäftigt, zuletzt bei einem Unternehmen der Zulieferindustrie für Automobile.
Bereits im Jahre 1993 war dem Kläger ein Herzschrittmacher implantiert worden, Revisionsoperationen erfolgten 2003 und im Dezember 2010. Im Jahre 2010 erkrankte der Kläger ferner an einem Lymphdrüsenkrebs in Form eines Morbus Hodgkin im Stadium IA. Der Tumor wurde im Rahmen einer Lymphknotenexstirpation am 28. September 2010 entfernt. Mit Bescheid vom 5. April 2011 stellte der Beklagte daraufhin bei dem Kläger den GdB mit 70 fest. Dem lagen ausweislich der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dipl.-Med. O. Teil-GdB-Werte von 60 für eine Erkrankung des lymphatischen Systems mit Behandlungsbedürftigkeit und 20 für eine Herzerkrankung mit Herzschrittmacher zu Grunde.
Die erste Nachuntersuchung wurde 2012 eingeleitet. Dr. G. teilte mit Bericht vom 9. März 2012 mit, seit dem Ende der postoperativen Bestrahlung im Februar 2011 befinde sich der Kläger in kompletter Remission der Erkrankung. Bei einer Untersuchung im Februar 2012 hätten keine dauerhaften körperlichen, seelischen oder geistigen Funktionseinschränkungen bestanden. Nach einer Anhörung stellte der Beklagte den GdB daraufhin mit Bescheid vom 12. Juni 2012 unter Aufhebung des Bescheids vom 5. April 2011 mit 50 ab dem 15. Juni 2012 fest. In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14. März 2012 hatte Dr. Z. hierzu ausgeführt, es sei ein Teil-GdB von 50 für eine "Erkrankung des lymphatischen Systems in Heilungsbewährung" anzunehmen, die Heilungsbewährung habe im Februar 2011 begonnen und werde drei Jahre andauern, danach sei eine weitere Nachprüfung erforderlich.
Die nächste Nachprüfung wurde im Februar 2014 eingeleitet. Der Beklagte holte Befundberichte der behandelnden Ärzte ein. Allgemeinmediziner Dr. E. führte aus, ein Tumorrezidiv habe sich nicht gebildet, der Allgemeinzustand sei gut und Funktionsbeeinträchtigungen beständen nicht. Der Kläger leide jedoch unter einer leichten bis mittelschweren Depression mit Lust- und Antriebslosigkeit, habe aber keine Schwierigkeiten bei der sozialen Integration und in seiner Berufstätigkeit. Ferner liege eine Arthrose, Osteochondrose und chronische Lumbalgie vor, der Finger-Boden-Abstand (FBA) betrage 10 cm. Auch die Onkologin Dr. G. bescheinigte am 7. April 2014 Rezidivfreiheit. Nach ihrer Kenntnis beständen keine Auswirkungen auf den Allgemeinzustand.
Dr. Sp. schlug in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 11. April 2014 vor, Teil-GdB-Werte von 20 für eine Erkrankung des lymphatischen Systems nach Ablauf der Heilungsbewährung, 20 für die Herzerkrankung, 10 für eine depressive Verstimmung und 10 für eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und den Gesamt-GdB mit 30 anzunehmen. Nach einer Anhörung des Klägers erging der Bescheid vom 9. Juli 2014, mit dem der Beklagte den Bescheid vom 12. Juni 2012 aufhob und den GdB ab dem 12. Juli 2014 mit 30 feststellte.
Der Kläger erhob Widerspruch, der trotz mehrerer Nachfragen nicht begründet wurde. In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 3. November 2014 führte Dr. Wö. aus, der festgestellte GdB von 30 sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überhöht, es sei allenfalls ein GdB von 20 anzunehmen. Ein Teil-GdB für eine Erkrankung des lymphatischen Systems könne nicht vergeben werden, da eine solche Erkrankung nicht mehr vorliege. Der Beklagte stellte sich - intern - auf den Standpunkt, der Bescheid über den GdB von 30 könne nicht mehr zurückgenommen werden, sodass es bei der rechtswidrig zu hohen Feststellung bleiben müsse (Aktenvermerk vom 26. Januar 2015). Er erließ daraufhin den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2015. Der GdB betrage in der Sache nur 20. Aus rechtlichen Gründen bleibe es jedoch bei der Feststellung des GdB von 30.
Hiergegen hat der Kläger am 9. März 2015 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und beantragt, unter Aufhebung des Bescheids vom 9. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides festzustellen, dass der GdB weiterhin 50 betrage. Er hat vorgetragen, das Rezidivrisiko müsse berücksichtigt werden. Auch seine Herzerkrankung sei höher zu bewerten, da er bereits bei leichter Belastung Atemnot verspüre. Das Gehen falle ihm schwer. Die Depression sei schwergradig, ebenso die Funktionsstörungen an der Wirbelsäule.
Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. E. hat mitgeteilt, seit Juli 2014 beständen bei dem Kläger die Diagnosen "rezidivierende Lumbalgien", "Depression" und "Zustand nach Vorliegen eines Herzschrittmachers". Der Gesundheitszustand habe sich nicht verändert. Der Orthopäde Dr. Dü. hat am 13. Juli 2015 bekundet, er behandle den Kläger seit Juli 2005, zuletzt habe ein Druckschmerz an der linken Flanke ohne eindeutigen pathologischen Aspekt bei einer auf Grund von Sprachproblemen unzureichenden Anamnese bestanden, die Problematik an der Wirbelsäule habe keinen Dauercharakter, insoweit habe sich seit 2012 auch keine Veränderung ergeben. Der Psychiater Dr. Ha. hat am 15. Juli 2015 angegeben, er habe den Kläger seit August 2014 viermal behandelt, diagnostisch sei von einer mittelgradigen depressiven Episode auszugehen, die Affektivität sei depressiv, habe sich aber gebessert, es beständen zuletzt keine Leistungsbeeinträchtigungen. Letztlich hat der Internist Dipl.-Psych. Dr. Mo. berichtet, die Schrittmacherfunktion sei unauffällig mit zeitgerecht abnehmender Laufzeit. Durch eine lokale Schwellung pectoral bestehe eine Einschränkung der Muskelbeweglichkeit und eine zunehmende Belastungseinschränkung. Zuletzt habe sich die chronische Reizschwelle der artrialen Sonde erhöht, was wahrscheinlich zu einer Revision führen könne. Aus dem beigefügten Untersuchungsbefund vom 31. März 2014 war zu entnehmen, dass die Schrittmacherabfrage unauffällige Messwerte ergeben hatte. Letztlich hat Dr. G. erneut bestätigt, dass auf onkologischem Fachgebiet Rezidivfreiheit bestehe und keine Gesundheitsstörungen vorlägen.
Der Beklagte hat vorgeschlagen, den GdB im Vergleichswege nur auf 40 herabzusetzen, weil doch ein Teil-GdB von 20 für eine Erkrankung des lymphatischen Systems anzunehmen sei, nachdem ein Morbus Hodgkin nicht spurlos an einem Menschen vorbeigehe und durchaus vegetative Restbeschwerden bestehen könnten (versorgungsärztliche Stellungnahmen von Dr. Gr. und Dr. Wo.). Der Kläger ist diesem Vorschlag jedoch nicht beigetreten.
Von Amts wegen hat das SG das Gutachten vom 18. Januar 2016 bei dem Facharzt für Inneres, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Schn. erhoben. Der Sachverständige hat ausgeführt, bei dem Kläger beständen ein leichtgradiges depressives Syndrom bei lebensgeschichtlichen Belastungen (F32.0 ICD-10 GM), Zustand nach Morbus Hodgkin mit Entfernung der Ohrspeicheldrüse links und Rezidivfreiheit, ein Zustand nach Schrittmacherimplantation 1993 mit mehrfachen Aggregatwechseln und ein Wirbelsäulensyndrom ohne sensomotorische Ausfälle. Auf psychiatrischem Gebiet lägen keine Anhaltspunkte für eine durchgreifende Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor. Bei der Untersuchung habe sich ein beschwerdebetontes Verhalten gezeigt, ohne dass eine manifeste Simulation oder Dissimulation imponiert hätten. Der Kläger sei zunächst missmutig, später zugewandter und zeitweise appellativ gewesen. Das deutsche Sprachverständnis und das Ausdrucksvermögen seien deutlich eingeschränkt, insoweit sei ein Dolmetscher notwendig gewesen. Störungen des Bewusstseins oder der kognitiven Fähigkeiten lägen nicht vor. Eine Antriebsminderung habe nicht bestanden. In seiner Grundpersönlichkeit wirke der Kläger eingeschränkt introspektions- und reflexionsfähig und wenig differenziert, wobei die Intelligenz nach klinischem Eindruck durchschnittlich sei. Familiäre oder berufliche Schwierigkeiten beständen nicht, der Kläger freue sich am Erfolg seiner Kinder. Zum GdB hat Dr. Schn. ausgeführt, es sei nach Ablauf der Heilungsbewährung keine Erkrankung des lymphatischen Systems mehr zu erkennen. Vegetative oder lokale Beschwerden insoweit habe der Kläger nicht angegeben. Es sei daher - nur - von Teil-GdB-Werten von 20 für die psychische Erkrankung, nur von 10 für den Herzschrittmacher und von 10 für die Wirbelsäule auszugehen, woraus sich ein Gesamt-GdB von nur 20 ergebe.
Nach Eingang dieses Gutachtens hat der Beklagte sein Vergleichsangebot über einen GdB von 40 zurückgenommen.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG sodann das psychiatrische Gutachten vom 14. März 2017 bei Dr. Abel erhoben. Der Sachverständige hat zunächst mitgeteilt, wegen der auch von Dr. Schn. gesehenen eingeschränkten Introspektionsfähigkeit, die sich in Abwehrmerkmalen bei Anwesenheit Dritter äußern könne, sei auf die Hinzuziehung eines Dolmetschers verzichtet worden. In der Sache hat der Sachverständige bekundet, krankheitsbedingt habe sich der Kläger sozial weitgehend zurückgezogen, die Denkvorgänge seien immer wieder stockend, der Kläger sei bewusstseinsklar und in allen Dimensionen orientiert gewesen, die Stimmungslage sei herabgedrückt, der Antrieb "etwas" reduziert. Konzentration und Aufmerksamkeit hätten im Rahmen der vorhandenen "Denkstörung" eine geringfügige Beeinträchtigung gezeigt. Diagnostisch sei von einer aktuell leichtgradigen rezidivierenden depressiven Episode (F33.0 ICD-10 GM) auszugehen, daneben beständen eine "Folgestörung einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS)" (codiert mit F43.1 ICD-10 GM) und eine somatoforme Schmerzstörung (F45.41 ICD-10 GM). Zu Folgestörung einer PTBS hat Dr. Abel ausgeführt, der Kläger habe nach dem Bombenanschlag auf den Bus und den dabei erlittenen Verletzungen und den Tod seines Neffen dabei im Jahre 1994 erstmals Beschwerden im Sinne einer PTBS entwickelt. Der Morbus Hodgkin habe zu "ähnlichen Beschwerden reaktivierend" geführt. Letztlich habe der Kläger über seine Teilnahme am sozialen Leben und am Erwerbsleben unter Kraftanstrengung über längere Zeiträume die Beschwerden kompensieren können. Das zunehmende Schmerzsyndrom habe - dann - die Bewältigungsmöglichkeiten zunehmend insuffizient erscheinen lassen, auf diesem Boden sei es wieder verstärkt zu einer Beschwerdesymptomatik im Sinne einer PTBS und einer depressiven Erkrankung gekommen. Vor diesem Hintergrund sei der GdB für die psychische Erkrankung auf 40 zu schätzen, sodass sich unter Einbeziehung der weiteren Beeinträchtigungen bei teilweise bestehenden Interferenzen - weiterhin - ein Gesamt-GdB von 50 ergebe.
Hiernach hat das SG von Amts wegen ein weiteres psychiatrisches Gutachten über den Kläger bei Dr. Br. erhoben. Dieser Sachverständige hat den Kläger unter Hinzuziehung eines Dolmetschers am 26. Juni 2017 untersucht und am 12. Juli 2017 schriftlich mitgeteilt, die psychische Funktionsstörung sei als leicht zu bezeichnen und begründe keine wesentlichen Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Er sei weiterhin berufstätig als Alleinverdiener, seine Frau habe nie gearbeitet. Wenn seine Frau abwesend sei, mache er den Haushalt. 2013 sei er zuletzt in Urlaub gewesen. Der Kontakt zu Frau und Kindern sei sehr gut, man sitze viel zusammen und rede. Er habe viele Freunde, türkische und deutsche. Auch seine in Deutschland lebenden Brüder treffe er regelmäßig. Einmal im Monat gehe er ins Kino und manchmal ins Freiluft-Theater. Dr. Br. hat auch die Validität der Angaben des Klägers getestet. Dabei hat der Kläger in dem "Strukturierten Frageboten Simulierter Symptome" (SFSS) bei einem Cut-off-Wert eine Punktzahl von 24 erreicht. Dies, so der Sachverständige, sei als erheblicher Hinweis auf nicht authentische Anteile der Beschwerdeschilderungen bzw. simulative Tendenzen zu interpretieren. Vor diesem Hintergrund hat Dr. Br. vorgeschlagen, den GdB für die psychische Erkrankung mit 10 anzunehmen. Da zurzeit ein Gesamt-GdB von 30 anerkannt sei, führe der GdB von 10 auf nervenärztlichem Gebiet sicher nicht zu einer Erhöhung.
In der mündlichen Verhandlung am 2. November 2017 hat der Kläger mitgeteilt, er sei im Krankenhaus gewesen, weil er Atemprobleme gehabt habe, und den Entlassungsbericht des Si.-Klinikums XXX, Dr. We., vom 16. Oktober 2017 (Atypische Pneumonie, chronische Bronchitis, Z.n. M. Hodgkin, Z.n. Schrittmacher-Implantation) eingereicht. Das SG hat den Kläger darauf hingewiesen, dass bei einer reinen Anfechtungsklage gegen einen Herabsetzungsbescheid die Sach- und Rechtslage zur Zeit der letzten Behördenentscheidung maßgeblich sei und wegen möglicher späterer Verschlechterungen ein Neufeststellungsantrag gestellt werden müsse.
Mit Urteil vom gleichen Tage hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei als isolierte Anfechtungsklage zulässig, sie sei aber nicht begründet. Der Beklagte habe den GdB zu Recht auf 30 herabgesetzt. Nach Ablauf der dreijährigen Heilungsbewährung wegen des M. Hodgkin sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Bei Erlass des Widerspruchsbescheids habe der Gesamt-GdB nur 30 betragen. Es sei von Teil-GdB-Werten von 20 für den Zustand nach Schrittmacherimplantation, von 20 für die Psyche und von 10 für die Wirbelsäule auszugehen.
Gegen dieses Urteil, das seiner Prozessbevollmächtigten am 10. November 2017 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 8. Dezember 2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Eine Begründung hat er trotz mehrerer Nachfragen und Fristsetzungen nicht abgegeben.
Er beantragt bei sachgerechter Auslegung seines Vorbringens,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. November 2017 und den Bescheid vom 9. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil und seine Entscheidungen.
Zu dem Erörterungstermin am 14. Juni 2018 ist der Kläger unentschuldigt nicht erschienen. Seine Prozessbevollmächtigte hat dabei mitgeteilt, ihr habe er telefonisch mitgeteilt, er befinde sich in einer "Kur". Der Bitte des Senats in dem Erörterungstermin, einen Entlassungsbericht über diese "Kur" einzureichen, ist der Kläger trotz Verlängerung der Frist nicht nachgekommen. Daraufhin hat der Senat mit Schreiben vom 18. Oktober 2018 mitgeteilt, dass er durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden werde, und Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu bis zum 15. November 2018 gegeben. Der Kläger hat auch hierauf nicht reagiert.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Der Rechtsstreit weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf, die in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört, Einwände sind nicht erhoben worden.
Die Berufung des Klägers ist statthaft (§ 143 SGG) und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG seine Klage abgewiesen.
Zunächst hat das SG zutreffend ausgeführt, dass die Klage nur als isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG) statthaft und zulässig ist. Sofern der Kläger in erster Instanz zusätzlich einen Antrag auf eine Feststellung eines GdB von 50 gestellt haben sollte, wäre dieser Antrag unzulässig gewesen. Zum einen fehlt einem solchen Antrag im Rahmen einer Klage gegen die Herabsetzung eines GdB das Rechtsschutzbedürfnis, denn bei einem Erfolg der Anfechtungsklage gegen den Herabsetzungsbescheid (vgl. § 131 Abs. 1 SGG) lebt der frühere Bescheid über den höheren GdB wieder auf, sodass es keiner weiteren Feststellung bedarf. Zum anderen scheidet im Recht der schwerbehinderten Menschen die gerichtliche Feststellung eines GdB aus (vgl. § 55 Abs. 1 SGG), weil die gesetzlichen Vorschriften hierzu allein die Behörden der Versorgungsverwaltung zu einer solchen Feststellung - durch Verwaltungsakt - ermächtigen, sodass insoweit allenfalls Verpflichtungsklage erhoben werden könnte.
Die Klage ist aber nicht begründet. Der Beklagte mit dem angegriffenen Bescheid vom 9. Juli 2014 den GdB des Klägers zu Recht auf 30 herabgesetzt.
Da der Beklagte bereits vor Erlass des hier angegriffenen Bescheids eine Feststellung zum GdB des Klägers getroffen hatte - zuletzt war der GdB mit Bescheid vom 12. Juni 2012 bindend mit 50 festgestellt worden -, richten sich die Voraussetzungen für die Neufeststellung des GdB in formeller Hinsicht nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie ihn auch die Feststellung des GdB darstellt (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 1997 - 9 RVs 5/96 -, juris, Rz. 11) für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung ist dann anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung eine Herabsetzung oder Erhöhung des GdB um wenigstens 10 ergibt (vgl. SG Aachen, Urteil vom 16. Oktober 2018 – S 18 SB 317/17 –, juris, Rz. 24 f.). Die Änderung der Behinderungsbezeichnung oder das Hinzutreten weiterer Behinderungen ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB allein stellen noch keine wesentliche Änderung dar (vgl. BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 30; zu einer rechtlichen Änderung: BSG, Urteil vom 11. Oktober 1994 - 9 RVs 1/93 -, juris, Rz. 12). Für die wesentliche Änderung kommt es weder auf den Inhalt des Vergleichsbescheides noch auf die von der Behörde bei der Bewilligung oder später angenommenen Verhältnisse, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse und deren objektive Änderung an. Beweisbelastet für das Vorliegen und das Ausmaß einer wesentlichen Änderung im dargelegten Sinne ist nach den allgemeinen Beweislastregeln, nach denen derjenige rechtserhebliche Tatsachen zu beweisen hat, der sie als für ihn günstig behauptet, im vorliegenden Fall der Anfechtung einer Herabsetzung des festgestellten GdB bzw. einer Aufhebung der Feststellung gesundheitlicher Voraussetzungen für Merkzeichen die Beklagte (LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Juli 2015 - L 10 SB 122/15 B -, juris, Rz. 5). Es gilt der Beweismaßstab des Vollbeweises (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. August 2012 - L 13 SB 39/12 -, juris, Rz. 23 f., 35).
In materieller Hinsicht richtet sich die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in einer isolierten Anfechtungsklage gegen einen Herabsetzungsbescheid wie hier nach dem Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also (§ 95 SGG) des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 3. Februar 2015. Spätere Veränderungen, vor allem - erneute - Verschlechterungen des Gesundheitszustandes können in einem solchen Gerichtsverfahren nicht berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 10. September 1997 - 9 RVs 15/96 -, juris, Rz. 11).
Aus diesem Grunde richtet sich die rechtliche Beurteilung in diesem Verfahren noch nach den §§ 69 ff. Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in der früheren Fassung, die bis zu den ab 2018 in Kraft getretenen Änderungen durch das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I 2016, 1824) gegolten hat.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX a.F. (vgl. heute § 152 Abs. 1 SGB IX n.F.) stellten die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Diese Vorschrift knüpfte materiell-rechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX a.F. bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach waren Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abwich und daher ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt war.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX a. F. waren die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vorliegen, wurde nach § 69 Abs. 3 SGB IX a. F. der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Die Einzelheiten für die Bemessung des GdB ergaben sich aus der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnung, der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 8. Dezember 2008. Die in der Anlage 2 zu § 2 VersMedV, den "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) enthaltenen Vorgaben sind Teil der Verordnung und haben daher Rechtsnormqualität. Es sind für Verwaltungen und Gerichte verbindliche untergesetzliche Rechtsnorm, die im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX a.F. auszulegen sind (vgl. BSG, Urteil vom 30.September 2009 - B 9 SB 4/08 R, juris).
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Die maßgebliche Änderung der Sach- oder Rechtslage, die hier den Beklagten nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu einer erneuten Entscheidung über den GdB befugte, war der Ablauf der Heilungsbewährung wegen der früheren Erkrankung des lymphatischen Systems. Nach den VG, Teil B Nr. 16.2, ist für einen M. Hodgkin im Stadium I bis IIIA, wie er bei dem Kläger vorgelegen hatte, nach der Vollremission für noch drei Jahre ("Heilungsbewährung") ein GdB von 50 festzustellen. Dies hatte der Beklagte mit Bescheid vom 12. Juni 2012 - zutreffend - getan. Die Vollremission lag ab Februar 2011 vor, wie sich aus dem Befundbericht von Dr. G. vom 9. März 2012 ergab. Danach war die Heilungsbewährung im Februar 2014 abgelaufen.
Zu dem danach hier relevanten Zeitpunkt im Februar 2015 (Erlass des Widerspruchsbescheides) lag der Gesamt-GdB des Klägers nicht höher als 30.
Für die Folgen der Hodgkin-Erkrankung war kein GdB mehr festzustellen, denn solche lagen nicht vor. Die Erkrankung des lymphatischen Systems war ausgeheilt. Schon im März 2012 hatte Dr. G. mitgeteilt, es beständen keinerlei körperlichen, seelischen oder geistigen Funktionsbeeinträchtigungen mehr. Auch in den VG, Teil B Nr. 16.2, ist für die Hodgkin-Krankheit ein GdB nur bis zum Ende der jeweiligen Heilungsbewährung vorgesehen, danach nicht mehr.
Auf psychiatrischem Gebiet lag bei dem Kläger kein GdB von mehr als 20 vor.
Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7, bedingen Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen einen GdB von 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) einen GdB von 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 80 bis 100. Die funktionellen Auswirkungen einer psychischen Erkrankung, insbesondere wenn es sich um eine affektive oder neurotische Störung nach F30.- oder F40.- ICD-10 GM handelt, manifestieren sich dabei im psychisch-emotionalen, körperlich-funktionellen und sozial-kommunikativen Bereich (vgl. Philipp, Vorschlag zur diagnoseunabhängigen Ermittlung der MdE bei unfallbedingten psychischen bzw. psychosomatischen Störungen, MedSach 6/2015, S. 255 ff.). Diese drei Leidensebenen hat auch das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung berücksichtigt (vgl. BSG, Beschluss vom 10. Juli 2017 - B 9 V 12/17 B -, juris, Rz. 2). Dabei ist für die GdB-Bewertung, da diese die Einbußen in der Teilhabe am Leben in der (allgemeinen) Gesellschaft abbilden soll, vor allem die sozial-kommunikative Ebene maßgeblich (vgl. Urteil des Senats vom 12. Januar 2017 - L 6 VH 2746/15 -, juris, Rz. 61). Bei dieser Beurteilung ist auch der Leidensdruck zu würdigen, dem sich der behinderte Mensch ausgesetzt sieht, denn eine "wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit" meint schon begrifflich eher Einschränkungen in der inneren Gefühlswelt, während Störungen im Umgang mit anderen Menschen eher unter den Begriff der "sozialen Anpassungsschwierigkeiten" fallen, der ebenfalls in den VG genannt ist. Die Stärke des empfundenen Leidensdrucks äußert sich auch und maßgeblich in der Behandlung, die der Betroffene in Anspruch nimmt, um das Leiden zu heilen oder seine Auswirkungen zu lindern (Urteil des Senats vom 22. Februar 2018 – L 6 SB 4718/16 –, juris, Rn. 42 f.). Hiernach kann bei fehlender ärztliche Behandlung in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt (vgl. bereits LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Dezember 2010 - L 8 SB 1549/10 -, juris, Rz. 31).
Bei dem Kläger liegt bereits diagnostisch nur eine geringfügig ausgeprägte psychische Erkrankung vor. Schon auf dieser Ebene scheidet ein GdB von 30 oder mehr aus. Es handelt sich um eine leichtgradig ausgeprägte depressive Störung. In dieser Diagnose sind sich die drei erhobenen Sachverständigengutachten einig. Dabei ist es nicht relevant, dass Dr. Schn. und Dr. Br. eine chronifizierte bzw. dauerhafte leichtgradige depressive Episode angenommen haben (F32.0 ICD-10 GM), während der Wahlgutachter Dr. Abel sogar nur von einer rezidivierenden leichtgradigen Ausprägung (F33.1 ICD-10 GM) ausgegangen ist. Eine weitere Diagnose auf psychiatrischem Gebiet liegt nach Ansicht des Senats nicht vor. Eine solche hat allein der Wahlgutachter Dr. Abel angenommen und hierzu ausgeführt, es handle sich um einen Folgezustand nach einer PTBS. Dem kann nicht gefolgt werden. Bereits die Ausführungen zu dieser Diagnose sind widersprüchlich. Codiert hat Dr. Abel seine Diagnose als "gesicherte" PTBS (F43.1 G ICD-10 GM), also als eine zurzeit im Vollbild ausgeprägte PTBS, umschrieben hat er sie dagegen als "Folgestörung" einer PTBS. Auch aus seinen weiteren Ausführungen ergibt sich, dass er eher nicht von einer aktuell voll ausgeprägten PTBS ausgegangen ist, sondern allenfalls von einer sonstigen Reaktion auf schwere Belastung (z.B. nach F43.8 ICD-10 GM). Jedenfalls fehlen bei dem Kläger mehrere relevante Symptome einer PTBS. Dabei geht der Senat davon aus, dass der Bombenanschlag auf den Bus, den der Kläger - seinen Angaben zu Folge - im Jahre 1993 oder 1994 verletzt überlebt hat, ein lebensbedrohliches Ereignis im Sinne des A-Kriteriums der PTBS dargestellt hat (vgl. zu den medizinischen Kriterien einer PTBS nach den ICD-10 GM und nach anderen Klassifikationssystemen wie dem DSM-IV im Einzelnen Urteil des Senats vom 7. Dezember 2017 – L 6 VG 6/17 –, juris, Rz. 39). Aber Wiedererinnerungen ("flash backs") oder ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten, etwa in Bezug auf die Teilnahme am öffentlichen Verkehr, also die B- und C-Kriterien für eine PTBS, lagen bei dem Kläger nicht vor. Das hat insbesondere Dr. Br. in seinem Gutachten - in Auseinandersetzung mit den Ausführungen Dr. Abels - überzeugend herausgearbeitet. Letztlich hat auch Dr. Abel selbst solche Symptome nicht gesehen. Und auch hinsichtlich der übrigen psychopathologischen Symptome hat er ausgeführt, der Kläger habe diese über Jahre und Jahrzehnte erfolgreich kompensiert, und erst in jüngerer Zeit sei es - allerdings nicht auf Grund der Traumatisierung 1993/1994, sondern auf Grund eines Schmerzsyndroms - wieder verstärkt zu Beeinträchtigungen gekommen.
Ebenso scheidet die Feststellung eines GdB von 30 oder mehr aus, weil der Kläger keine engmaschige psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung durchführt. Daraus ist zu schließen, dass - auf psychisch-emotionaler - Ebene kein großer Leidensdruck empfunden wird und daher kein ausgeprägter Wille entstanden ist zu gesunden. Auf das Fehlen einer solchen Behandlung haben alle drei in erster Instanz gehörten Gutachter hingewiesen. Auch der behandelnde Psychiater selbst, Dr. Ha., hatte in seiner Zeugenaussage vom 15. Juli 2015 ausgeführt, dass sich der Kläger von August 2014 bis Juli 2015 nur viermal bei ihm vorgestellt hat. Dass eine Therapie durchgeführt wurde, hat er nicht angegeben.
Auch der psychopathologische Befund, so wie ihn in ähnlicher Weise alle drei Sachverständigen erhoben haben, spricht gegen eine stärkere Einschränkung des Klägers.
Dabei berücksichtigt der Senat auch, dass nicht alle Symptome, die der Kläger anamnestisch angegeben hat, als nachgewiesen werden können.
Wegen der "Simulationsnähe" von Erkrankungen mit neurotischem Einschlag wird in der Rechtsprechung bei der Feststellung der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale ein strenger Maßstab gefordert. Für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit trifft den behinderten Menschen die (objektive) Beweislast (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 – B 5 RJ 48/03 R –, juris, Rz. 30). Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Der Senat hat bereits entschieden, dass von den Testverfahren zur Verifizierung von Angaben über psychische Symptome der SFSS und auch der TOMM-Test ausreichend valide sind. Sie erbringen zwar von Ausnahmefällen abgesehen keinen Beweis für Simulation oder Aggravation. Aber zumindest zusammen mit der Beobachtung des Klägers bei der Begutachtung führen sie zu einem starken Hinweis darauf, dass die angegebenen Symptome in Wirklichkeit nicht oder nicht in dem geklagten Ausmaß vorliegen. Der Kläger nun hat bei der Begutachtung bei Dr. Br. den SFSS ausgefüllt und bei 75 Fragen einen auffälligen Fehler-Score von 24 (der über dem anerkannten Cut-off-Wert von 16 lag) erzielt. Dr. Br. und auch schon Dr. Schn. haben außerdem auf die merklichen Diskrepanzen zwischen den Angaben des Klägers und seinem Verhalten bei den Begutachtungen hingewiesen. So hat Dr. Br. den Kläger als oft lachend, zugänglich und offen erlebt, während sich dieser selbst als zurückgezogen, belastet und depressiv geschildert hat. Vor diesem Hintergrund kann der Senat den Eigenangaben des Klägers zu seinen psychisch bedingten Einschränkungen nur teilweise folgen.
Hinsichtlich der Feststellungen des Wahlsachverständigen Dr. Abel kommt ein weiterer Punkt hinzu, der dazu führt, dass ihnen nicht gefolgt werden kann. Nicht nur, dass Dr. Abel die Angaben des Klägers nicht verifiziert hat. Er hat den Kläger auch ohne Hinzuziehung eines Dolmetschers untersucht, was angesichts der geschilderten massiven Sprachprobleme bedeutet, dass womöglich nicht alle Angaben des Klägers zutreffend aufgenommen worden sind.
Danach ist unter Berücksichtigung der Berufstätigkeit, des erfüllten Familienlebens, der engen und als rein positiv geschilderten Beziehungen zu der Ehefrau und den fünf oder sechs Kindern, des großen und regelmäßig besuchten Verwandten- und Freundeskreises, der Tatsache, dass der Kläger zeitweise allein auch den Haushalt führt und noch in Urlaub fährt und der regelmäßigen kulturellen Aktivitäten in Form von Kino- und Theaterbesuchen, wie sie der Kläger insbesondere bei Dr. Br. geschildert hat, nicht von einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit auszugehen, sodass ein GdB von 30 nicht angenommen werden kann.
Der Zustand nach Implantation eines Herzschrittmachers bei dem Kläger bedingte zur Zeit der Herabsetzung einen GdB von höchstens 20. Die Implantation eines Schrittmachers allein bedingt nach den VG, Teil B Nr. 9.1.6, einen GdB von 10. Nur wenn trotz dieser Implantation weitere Beeinträchtigungen vorliegen, etwa Einschränkungen der Herzleistung (VG, Teil B Nr. 9.1.1) oder Rhythmusstörungen (VG, Teil B Nr. 9.1.6), kommen höhere Werte in Betracht. Bei dem Kläger nun liegen solche umschriebenen Begleitbeeinträchtigungen nicht vor. Dies entnimmt der Senat der Zeugenaussage seines Kardiologen Dr. Mo. vom 15. Juli 2015. Danach waren die Messwerte regelgerecht, der Schrittmacher funktionierte unauffällig und die Kontrollen wurden in halbjährigen Abständen durchgeführt. Wenn danach im Funktionssystem "Herz und Kreislauf" überhaupt ein GdB von 20 angenommen werden konnte, dann nur wegen der lokalen Schwellung im Bereich des implantierten Schrittmachers, die nach Dr. Mo.s Aussage zu einer Einschränkung der Muskelbeweglichkeit und zu zunehmender "Belastungseinschränkung" führt. Ein höherer GdB als 20 scheidet aber jedenfalls aus.
Im Funktionssystem "Rumpf" letztlich ist allenfalls ein GdB von 10 anzunehmen. Für einen GdB von 20 oder mehr sind nach den VG, Teil B Nr. 18.9. wenigstens mittelgradige funktionelle Beeinträchtigungen in einem oder mehreren Abschnitten der Wirbelsäule vonnöten. Der Kläger leidet nur an leichten Einschränkungen in einem Abschnitt, nämlich der Lendenwirbelsäule. Dabei handelt es sich um rezidivierende Lumbalgien und geringfügige degenerative Veränderungen vor allem an den Bandscheiben. Dies entnimmt der Senat der Zeugenaussage des behandelnden Orthopäden Dr. Dü. vom 13. Juli 2015 und den beigefügten Unterlagen, vor allem dem Bericht über die CT-Untersuchung der Wirbelsäule vom 15. Januar 2015. Dr. Dü. hat sogar ausgeführt, dass die Problematik an der Wirbelsäule keinen Dauercharakter hat. In diesem Falle wäre gar nicht von einer Behinderung auszugehen. Aber selbst wenn eine solche vorliegt, sind die daraus folgenden Funktionseinschränkungen doch äußerst geringfügig. Nur zeitweise, im Jahre 2014, lag eine Einschränkung der Rumpfbeuge auf einen FBA von 10 cm vor, dies ist noch nahezu altersgerecht. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die beiden Amtssachverständigen Dr. Schn. und Dr. Br., die auch Neurologen sind, ebenfalls keine motorischen oder sensiblen Störungen auf Grund von Schäden der Wirbelsäule festgestellt haben. Dabei hat insbesondere Dr. Br. erneut darauf hingewiesen, dass die vom Kläger in der Anamnese angegebenen erheblichen "Kreuzschmerzen" (vgl. S. 15 des Gutachtens) kein organisches Korrelat haben und ganz gravierend von dem Verhalten und der bei der Begutachtung demonstrierten Beweglichkeit des Klägers abweichen. Dies wird bestätigt durch Dr. Br. Feststellungen (S. 20 f. des Gutachtens). Danach bestanden keine Rumpf-, Gang- oder Standataxie, der Romberg-Test konnte ohne Schwanken durchgeführt werden, das Gangbild war unauffällig, der Zehen- und Hackenstand beidseits möglich, das Lasègue’sche Zeichen beidseits negativ, der Trendelenburg beidseits ungestört und der Seiltänzergang uneingeschränkt. Beim Ankleiden hatte Dr. Br. sogar einen flotten spontanen Bewegungsablauf vermerkt.
Für die Gesamt-GdB-Bildung sind danach nach den Vorgaben der VG, Teil A Nr. 3 Buchstabe d Doppelbuchstabe ee Satz 1 und 2 nur die beiden Teil-GdB von bis zu 20 für die Herzerkrankung und die psychische Beeinträchtigung maßgeblich. Im Übrigen bestanden bei dem Kläger zur Zeit der Herabsetzungsentscheidung nur Teil-GdB-Werte von je 10. Daraus folgt, dass ein Gesamt-GdB von mehr als 30 nicht festgestellt bleiben musste.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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