L 4 SO 60/17

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 52 SO 524/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 SO 60/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Übernahme von Fahrtkosten nach den Vorschriften des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Der 1974 geborene Kläger ist schwerbehindert mit einem GdB von 100. Er ist unter anderem sehbehindert. In den Jahren 2011 und 2012 bezog der Kläger Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Am 5. Dezember 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine "Besuchsfahrt bei Freunden" aus Mitteln der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII. Zur Begründung führte er an, dass die Fahrt zur Aufrechterhaltung wichtiger sozialer Kontakte nötig sei. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Gesundheitsamts ein, das mit Äußerung vom 10. April 2012 die Besuchsfahrt nicht befürwortete. Sinn und Zweck der Reise seien nicht bekannt. Mit Schreiben vom 18. April 2012 forderte die Beklagte den Kläger zu näherer Begründung auf. Der Kläger reagierte darauf mit Schreiben vom 4. Mai 2012. Er führte aus, dass es sich nicht um eine Arztfahrt oder eine Fahrt in eine Kur oder in ein Krankenhaus handele, sondern um den Besuch privater Personen. Diese seien Bekannte oder Freunde. Eine solche Fahrt falle nicht unter das individuelle Beförderungsbudget bzw. unter die Taxipauschale.

Die Beklagte lehnte den Antrag daraufhin mit Bescheid vom 7. Mai 2012 ab. Zur Begründung nahm sie auf die Stellungnahme des Gesundheitsamts Bezug.

Der Kläger widersprach mit Schreiben vom 29. Mai 2012, ohne dies näher zu begründen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 24. Oktober 2012, dem Kläger zugestellt am 1. November 2012, als unbegründet zurück. Eine Besuchsfahrt könne zwar grundsätzlich eine Eingliederungshilfemaßnahme im Sinne der §§ 53 ff. SGB XII sein; das gelte aber nur, wenn öffentliche Verkehrsmittel nicht genutzt werden könnten. Im Falle des Klägers sei dies möglich; etwaige Mehraufwendungen, die auf seiner Sehbehinderung beruhten, könnten aus Mitteln der Blindenhilfe bzw. des Blindengeldes bestritten werden.

Dagegen hat sich der Kläger am 29. November 2012 mit einer Klage gewendet. Er hat vorgetragen, dass die Besuchsfahrt nach Bayern gegangen sei. Dorthin führen öffentliche Verkehrsmittel wie Omnibusse, U-Bahnen oder S-Bahnen nicht. Die Taxipauschale gelte lediglich im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg. Auf gerichtliche Aufforderung hat der Kläger im Laufe des Verfahrens weiter mitgeteilt, dass er mit einer Begleitperson nach M. gefahren sei. Es habe Zwischenaufenthalte bei Verwandten und Bekannten in N. und W. gegeben. Nähere Angaben zum konkreten Ziel, zu den Kosten und zum Zeitraum, in dem die Fahrt stattfand, hat der Kläger nicht gemacht.

Mit Gerichtsbescheid vom 19. Juli 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Nach § 53 Abs. 1 SGB XII erhielten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht seien, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht bestehe, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden könne. Gemäß § 53 Abs. 3 SGB XII sei es besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern (Satz 1). Hierzu gehöre insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern und ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen (Satz 2). Zwar gehöre der Kläger aufgrund seiner als wesentlich zu bezeichnenden Behinderungen zum Personenkreis des § 53 Abs. 1 SGB XII, was auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird. Es sei allerdings nicht erkennbar, dass die Voraussetzungen dieser Norm erfüllt seien. Dem Grunde nach könne zwar eine Besuchsfahrt zu Bekannten eine von §§ 53, 54 SGB XII erfasste Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sein, denn dazu gehörten nach den insoweit anwendbaren §§ 55 Abs. 2 Nr. 7 und 58 Nr. SGB IX auch Hilfen zur Förderung der Begegnung und des Umgangs mit nichtbehinderten Menschen. Erforderlich sei aber, dass ein solcher Bedarf tatsächlich bestehe. Das habe der Kläger nicht nachgewiesen. Er habe ungeachtet einer gerichtlichen Aufforderung nicht dargelegt, wann genau er wohin gefahren sei und wen er konkret besucht habe. Solche Informationen seien notwendig, um das Bestehen des Bedarfs überprüfen zu können. Der Kläger habe außerdem weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren Belege über genaue Ziele und Kosten der Reise vorgelegt. Auf dieser Grundlage sei es dem erkennenden Gericht nicht möglich, einen Anspruch des Klägers zu bestätigen.

Gegen den ihm am 29. Juli 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 29. August 2017 Berufung eingelegt.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Hamburg vom 19. Juli 2017 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2012 den Beklagten zu verpflichten, die Kosten für eine inzwischen durchgeführte Besuchsfahrt nach Bayern zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt ergänzend vor, der Kläger sei nach seiner eigenen Einschätzung in der Lage gewesen, selbständig in einer Wohnung zu leben. Dies zeige sich in seiner Aufforderung an seinen ehemaligen Vermieter, ihm einen Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Mit Beschluss vom 12. Dezember 2017 hat das Gericht das Verfahren nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.

Das Gericht hat am 30. August 2018 mündlich verhandelt. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt. Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen hatte, und im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

II. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat verweist nach § 152 Abs. 2 SGG auf die Gründe des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht dargelegt hat, wann er die Reise unternommen hat, mit welchem Ziel, zu welchen Personen und zu welchen Kosten. Die Bedeutung dieser Angaben ist ihm im Termin der mündlichen Verhandlung erläutert worden, auch nachfolgend hat er dazu aber nichts Näheres ergänzt. Damit fehlt weiterhin jegliche Grundlage einer für den Kläger positiven Entscheidung.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.

Die Revision ist nicht nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, da kein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 Nr.1 oder Nr. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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