Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 40 AS 2652/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 497/18 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. April 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche die Beigeladene selbst trägt.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 555,02 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) der Beklagten ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen.
Das Rechtsmittel der Berufung, das nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorliegend ausgeschlossen ist, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,- EUR nicht übersteigt, ist nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Die in den Nrn. 1 bis 3 dieser Vorschrift normierten Zulassungsvoraussetzungen liegen nicht vor.
Eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache iSd § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG kommt nicht in Betracht, weil die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage vorliegend schon nicht entscheidungserheblich und damit nicht klärungsfähig ist.
Die Beklagte hat folgende Rechtsfrage aufgeworfen: Erwächst dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) bei rechtswidrig erbrachtem Arbeitslosengeld (Alg) II allein aufgrund der nachträglichen Feststellung der vollen Erwerbsminderung (EM) durch den Rentenversicherungsträger sowie der sich anschließenden rückwirkenden Rentenbewilligung ein Erstattungsanspruch ausschließlich nach der Regelung des § 40a Satz 2 Alt. 1 SGB II oder bedingt auch dieser Erstattungsanspruch die weiteren Tatbestandsmerkmale der Regelung des § 104 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) mit Ausnahme der rechtmäßigen Erbringung des Alg II wegen der nachträglichen Feststellung der EM?
Ungeachtet der grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit der aufgezeigten Rechtsfrage ist deren Klärung durch das Berufungsgericht im vorliegenden Einzelfall indes nicht zu erwarten, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 40a Satz 2 Alt. 1 SGB II ungeachtet dessen, ob der Erstattungsanspruch nach dieser Vorschrift von den weiteren Voraussetzungen des § 104 SGB X – mit Ausnahme des Erfordernisses der rechtmäßigen Leistungserbringung – abhängt, nicht erfüllt sind. Nach § 40a Satz 2 Alt. 1 SGB II besteht der Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers auch, soweit die Erbringung des Alg II allein aufgrund einer nachträglich festgestellten vollen EM rechtswidrig war. Die Alg II-Gewährung durch den Kläger für den hier streitigen Zeitraum Mai 2011 war aber nicht alleinaufgrund einer nachträglich festgestellten vollen EM rechtswidrig.
Zwar hat der Kläger im Streitzeitraum Leistungen an die Klägerin zu Unrecht erbracht. Die Leistungen nach dem SGB II sind zu Unrecht gezahlt worden, weil die allein lebende Beigeladene die Anspruchsvoraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II nicht erfüllt hat und auch andere Leistungsansprüche nach dem SGB II für sie nicht in Betracht kamen. Sie war ab Beginn der SGB II-Leistungen am 28. Februar 2011 wegen Krankheit auf absehbare Zeit außer Stande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, mithin nicht erwerbsfähig nach § 8 Abs. 1 SGB II. Dass das Fehlen der Erwerbsfähigkeit erst später festgestellt wurde, steht dem nicht entgegen. Für den Monat Mai 2011 sind die Leistungen, deren Erstattung der Kläger iHv 555,02 EUR begehrt, aber nicht allein aufgrund fehlender Erwerbsfähigkeit objektiv rechtswidrig an die Beigeladene gezahlt worden, sondern auch deshalb, weil ein Anspruch der Beigeladenen auf SGB II-Leistungen insoweit wegen erzielten (Renten-)Einkommens ausgeschlossen war. Der Beigeladenen wurde Ende Mai 2011 mit Aufnahme der laufenden Rentenzahlung der Rentenzahlbetrag für diesen Monat iHv 587,37 EUR nachschüssig ausgekehrt (vgl § 118 Abs. 1 SGB VI). Damit bestand ausgehend davon, dass erzieltes Einkommen im Zuflussmonat (Mai 2011) ungeachtet der Lage des Zuflusstages anzurechnen ist (vgl § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II), insoweit, dh abzüglich der Versicherungspauschale von 30,- EUR (vgl § 6 Abs. 1 Nr 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung), kein Anspruch der Beigeladenen auf SGB II-Leistungen. Die Gewährung des Alg II war daher iHv 557,37 EUR nicht allein aufgrund einer nachträglich festgestellten vollen EM rechtswidrig, sondern auch wegen erzielten Einkommens. Ist danach § 40a Satz 2 Alt. 1 SGB II im vorliegenden Einzelfall schon deshalb nicht einschlägig, weil die Rechtswidrigkeit der Alg II-Bewilligung (im streiterheblichen Umfang) nicht allein auf der festgestellten vollen EM beruht, kann dahinstehen, ob ein Anspruch nach dieser Vorschrift nur bei einem Vorliegen der weiteren Tatbestandsmerkmale des § 104 SGB X (mit Ausnahme der rechtmäßigen Erbringung des Alg II) besteht. Eine Entscheidung hierüber hätte das Berufungsgericht nicht zu treffen.
Die insoweit unrichtige Rechtsanwendung des Sozialgerichts (SG) stellt keinen Zulassungsgrund dar. Die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung ist im Rahmen der NZB nicht zu prüfen. Es liegt auch keine – entscheidungserhebliche – Abweichung von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG aufgeführten Gerichte vor. Das SG hat keinen – entscheidungserheblichen – abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der einem Rechtssatz in einer Entscheidung der genannten Gerichte widersprechen würde. Eine Abweichung iSv § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt zudem auch nicht schon dann vor, wenn das Urteil des SG möglicherweise nicht den Kriterien entspricht, die das Bundessozialgericht (BSG) oder ein anderes der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte aufgestellt haben, oder wenn es Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einzelfall mangels im Ergebnis möglicherweise unzutreffender Subsumtion nicht oder falsch übernommen hätte. Es bedarf vielmehr eines fallübergreifenden abstrakten Rechtssatzes, der mit einem abstrakten Rechtssatz eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmt und diesem somit im Grundsätzlichen widerspricht. Einen solchen Rechtssatz hat das SG ersichtlich nicht aufgestellt.
Schließlich hat die Beklagte mit ihrer Beschwerde auch keinen Verfahrensmangel bezeichnet, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (vgl § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG iVm §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs. 1 SGG iVm §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz.
Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das BSG anfechtbar.
Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche die Beigeladene selbst trägt.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 555,02 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) der Beklagten ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen.
Das Rechtsmittel der Berufung, das nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorliegend ausgeschlossen ist, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,- EUR nicht übersteigt, ist nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Die in den Nrn. 1 bis 3 dieser Vorschrift normierten Zulassungsvoraussetzungen liegen nicht vor.
Eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache iSd § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG kommt nicht in Betracht, weil die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage vorliegend schon nicht entscheidungserheblich und damit nicht klärungsfähig ist.
Die Beklagte hat folgende Rechtsfrage aufgeworfen: Erwächst dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) bei rechtswidrig erbrachtem Arbeitslosengeld (Alg) II allein aufgrund der nachträglichen Feststellung der vollen Erwerbsminderung (EM) durch den Rentenversicherungsträger sowie der sich anschließenden rückwirkenden Rentenbewilligung ein Erstattungsanspruch ausschließlich nach der Regelung des § 40a Satz 2 Alt. 1 SGB II oder bedingt auch dieser Erstattungsanspruch die weiteren Tatbestandsmerkmale der Regelung des § 104 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) mit Ausnahme der rechtmäßigen Erbringung des Alg II wegen der nachträglichen Feststellung der EM?
Ungeachtet der grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit der aufgezeigten Rechtsfrage ist deren Klärung durch das Berufungsgericht im vorliegenden Einzelfall indes nicht zu erwarten, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 40a Satz 2 Alt. 1 SGB II ungeachtet dessen, ob der Erstattungsanspruch nach dieser Vorschrift von den weiteren Voraussetzungen des § 104 SGB X – mit Ausnahme des Erfordernisses der rechtmäßigen Leistungserbringung – abhängt, nicht erfüllt sind. Nach § 40a Satz 2 Alt. 1 SGB II besteht der Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers auch, soweit die Erbringung des Alg II allein aufgrund einer nachträglich festgestellten vollen EM rechtswidrig war. Die Alg II-Gewährung durch den Kläger für den hier streitigen Zeitraum Mai 2011 war aber nicht alleinaufgrund einer nachträglich festgestellten vollen EM rechtswidrig.
Zwar hat der Kläger im Streitzeitraum Leistungen an die Klägerin zu Unrecht erbracht. Die Leistungen nach dem SGB II sind zu Unrecht gezahlt worden, weil die allein lebende Beigeladene die Anspruchsvoraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II nicht erfüllt hat und auch andere Leistungsansprüche nach dem SGB II für sie nicht in Betracht kamen. Sie war ab Beginn der SGB II-Leistungen am 28. Februar 2011 wegen Krankheit auf absehbare Zeit außer Stande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, mithin nicht erwerbsfähig nach § 8 Abs. 1 SGB II. Dass das Fehlen der Erwerbsfähigkeit erst später festgestellt wurde, steht dem nicht entgegen. Für den Monat Mai 2011 sind die Leistungen, deren Erstattung der Kläger iHv 555,02 EUR begehrt, aber nicht allein aufgrund fehlender Erwerbsfähigkeit objektiv rechtswidrig an die Beigeladene gezahlt worden, sondern auch deshalb, weil ein Anspruch der Beigeladenen auf SGB II-Leistungen insoweit wegen erzielten (Renten-)Einkommens ausgeschlossen war. Der Beigeladenen wurde Ende Mai 2011 mit Aufnahme der laufenden Rentenzahlung der Rentenzahlbetrag für diesen Monat iHv 587,37 EUR nachschüssig ausgekehrt (vgl § 118 Abs. 1 SGB VI). Damit bestand ausgehend davon, dass erzieltes Einkommen im Zuflussmonat (Mai 2011) ungeachtet der Lage des Zuflusstages anzurechnen ist (vgl § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II), insoweit, dh abzüglich der Versicherungspauschale von 30,- EUR (vgl § 6 Abs. 1 Nr 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung), kein Anspruch der Beigeladenen auf SGB II-Leistungen. Die Gewährung des Alg II war daher iHv 557,37 EUR nicht allein aufgrund einer nachträglich festgestellten vollen EM rechtswidrig, sondern auch wegen erzielten Einkommens. Ist danach § 40a Satz 2 Alt. 1 SGB II im vorliegenden Einzelfall schon deshalb nicht einschlägig, weil die Rechtswidrigkeit der Alg II-Bewilligung (im streiterheblichen Umfang) nicht allein auf der festgestellten vollen EM beruht, kann dahinstehen, ob ein Anspruch nach dieser Vorschrift nur bei einem Vorliegen der weiteren Tatbestandsmerkmale des § 104 SGB X (mit Ausnahme der rechtmäßigen Erbringung des Alg II) besteht. Eine Entscheidung hierüber hätte das Berufungsgericht nicht zu treffen.
Die insoweit unrichtige Rechtsanwendung des Sozialgerichts (SG) stellt keinen Zulassungsgrund dar. Die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung ist im Rahmen der NZB nicht zu prüfen. Es liegt auch keine – entscheidungserhebliche – Abweichung von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG aufgeführten Gerichte vor. Das SG hat keinen – entscheidungserheblichen – abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der einem Rechtssatz in einer Entscheidung der genannten Gerichte widersprechen würde. Eine Abweichung iSv § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt zudem auch nicht schon dann vor, wenn das Urteil des SG möglicherweise nicht den Kriterien entspricht, die das Bundessozialgericht (BSG) oder ein anderes der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte aufgestellt haben, oder wenn es Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einzelfall mangels im Ergebnis möglicherweise unzutreffender Subsumtion nicht oder falsch übernommen hätte. Es bedarf vielmehr eines fallübergreifenden abstrakten Rechtssatzes, der mit einem abstrakten Rechtssatz eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmt und diesem somit im Grundsätzlichen widerspricht. Einen solchen Rechtssatz hat das SG ersichtlich nicht aufgestellt.
Schließlich hat die Beklagte mit ihrer Beschwerde auch keinen Verfahrensmangel bezeichnet, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (vgl § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG iVm §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs. 1 SGG iVm §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz.
Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das BSG anfechtbar.
Rechtskraft
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