L 5 KA 33/17

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 3 KA 140/14
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 KA 33/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt ein höheres Honorar für vertragsärztliche Tätigkeit im Quartal 4/2012. Dabei steht in Streit, ob ihr angesichts geänderter Vergütungsregelungen für die speziellen Laboratoriumsuntersuchungen des Abschnitts 32.3 Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) eine zusätzliche Zahlung in der Konvergenzphase zusteht.

Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft, die vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2016 und damit im streitbefangenen Quartal von drei Fachärzten für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde in Form einer GbR gebildet wurde. Die (ehemaligen) Gesellschafter, die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen waren, sind keine Laborärzte. In der Praxis der Klägerin wurden ab dem Quartal 2/2012 spezielle Laboratoriumsuntersuchungen nach Abschnitt 32.3 EBM erbracht. Allein ein Gesellschafter, Herr Priv.-Doz. Dr. W., besaß die erforderliche Genehmigung, diese Untersuchungen durchzuführen und abzurechnen. Seit seinem Ausscheiden aus der Berufsausübungsgemeinschaft wird dort kein Speziallabor mehr unterhalten.

Die Beklagte legte der Honorarfestsetzung für das streitbefangene Quartal ihren Verteilungsmaßstab vom 7. Juni 2012 in der Fassung des 1. Nachtrags vom 20. September 2012 (im Folgenden: VM aF) zugrunde. Danach wurden jeder Arztpraxis ein quartalsbezogenes Regelleistungsvolumen (RLV) und gegebenenfalls quartalsbezogen qualitätsgebundene Zusatzvolumina (QZV) zugewiesen. Nur die erbrachten vertragsärztlichen Leistungen, die innerhalb des RLV und etwaiger QZV blieben, wurden mit den Preisen der jeweils gültigen regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet. Darüber hinaus gehende Leistungen wurden lediglich quotiert vergütet. Die Leistungen und Kostenerstattungen der Laboratoriumsmedizin wurden innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV), aber gesondert von den RLV und etwaigen QZV vergütet. Hierfür war unter anderem für die Kostenerstattungen des gesamten Abschnitts 32 EBM im Wege des Vorwegabzugs ein versorgungsbereichsspezifisches Vergütungsvolumen gebildet worden. Die speziellen Laboratoriumsuntersuchungen nach Abschnitt 32.3 EBM wurden lediglich quotiert vergütet, hierfür galt im Bezirk der Beklagten ab dem Quartal 3/2012 die quartalsbezogene bundeseinheitliche Abstaffelungsquote Q. Für Nicht-Laborärzte unterlagen die speziellen Laboratoriumsuntersuchungen nach Abschnitt 32.2 EBM zusätzlich einer fallwertbezogenen Budgetierung, wobei in der hier betroffenen Facharztgruppe ein Referenz-Fallwert von 4 Euro zur Anwendung kam. Die Beklagte glich in den Quartalen 3/2012 und 4/2012 Verluste im Zusammenhang mit der Neuregelung der Vergütung der Speziallaborleistungen teilweise aus. Diese Konvergenzzahlungen wurden ohne eine schriftlich fixierte Regelung erbracht und aus dem Budget der Arztgruppe HNO gezahlt. Voraussetzung für eine Konvergenzzahlung war, dass bezogen auf das Vorjahresquartal ein Umsatzverlust von mindestens 15% vorlag. Dabei wurde auf den Gesamtumsatz der jeweiligen Praxis abgestellt.

Nach den von der Klägerin unwidersprochen gebliebenen Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2018 erhielt die Klägerin für das Quartal 4/2012 ein Gesamthonorar von 177.123,00 Euro; im Vorjahresquartal 4/2011, in dem noch keine eigenen Laborleistungen erbracht wurden, waren es 166.555,00 Euro.

Mit Schreiben vom 26. Februar 2013 beantragte die Klägerin, den aus ihrer Sicht überproportionalen Honorarverlust im Bereich der Speziallaborleistungen für das streitbefangene Quartal auszugleichen.

Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 28. Mai 2013 ab. Das festgesetzte Honorar unterschreite das für das Vorjahresquartal festgesetzte Honorar aus den entsprechenden Leistungen nicht um mehr als 15%.

Mit ihrem Widerspruch brachte die Klägerin vor, im Vorvorjahresquartal seien die Speziallaborleistungen nach den GOP 32426 und 32427 EBM noch nicht erbracht und abgerechnet worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2014 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Verlustbegrenzungsregelung komme nur zur Anwendung, wenn mit den Speziallaborleistungen überhaupt Umsätze im Vorjahresquartal erzielt worden seien. Das sei nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht der Fall gewesen.

Das Sozialgericht hat die am 19. September 2014 erhobene Klage der Klägerin mit Urteil vom 2. August 2017 abgewiesen. Die als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in Form der Neubescheidungsklage zulässige Klage sei unbegründet. Der Bescheid vom 28. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2014 sei rechtmäßig und die Klägerin daher nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Der anwendbare VM habe keine ausdrückliche Regelung zu Konvergenzzahlungen im Zusammenhang mit den geänderten Vergütungsregelungen für Speziallaborleistungen enthalten. Die Beklagte habe jedoch eine Regelung zur Anwendung gebracht, nach der sie auf Antrag einen Verlust, der einem Arzt durch diese Neureglung im Vergleich zum Vorjahresquartal entstanden war, auf 15 Prozent begrenzen konnte; sie habe sich verpflichtet, hierüber auf Antrag im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden. Über diese Möglichkeit des Verlustausgleichs habe sie beispielsweise im KVH-Telegramm vom 12. Juni 2012 unter Ziff. 1, 4. Aufzählungszeichen informiert. Der Klägerin könne unter den regionalen Honorarverteilungsregelungen daher allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung verlangen, dass die Beklagte diese ungeschriebene Konvergenzregelung auch in ihrem Fall zur Anwendung bringe. Schon die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Entscheidung über den Antrag auf Ausgleichszahlungen seien aber nicht gegeben, so dass es auf etwaige Ermessenserwägungen der Beklagten nicht ankomme. In der klägerischen Praxis sei es bei der Vergütung der Speziallaborleistungen nicht zu einem Verlust von mehr als 15% gegenüber dem Vorjahresquartal gekommen, weil diese Leistungen im Quartal 4/2011 dort noch nicht angeboten worden seien. Das Speziallabor sei erst zum Quartal 2/2012 eingerichtet worden. Dass die Klägerin demnach von Konvergenzzahlungen ausgeschlossen war, habe mit höherrangigem Recht in Einklang gestanden. Insbesondere begegne es keinen rechtlichen Bedenken, dass die Beklagte keine zusätzlichen Mittel für Praxen wie diejenige der Klägerin vorgesehen habe, die die Speziallaborleistungen bei Änderung der Vergütungsregelungen erst weniger als ein Jahr angeboten hatten. Diese Praxen hätten sich nicht in einer Übergangsphase von einer Vergütung, die sie bereits seit mindestens vier Quartalen bezogen hatten, zu einer für sie weniger günstigen Vergütung der Speziallaborleistungen befunden. Vielmehr hätten sie sich in der Anfangsphase einer aus freien Stücken vorgenommenen Leistungserweiterung befunden. Die damit verbundenen finanziellen Erwartungen seien nicht gleichermaßen geschützt, denn bei einem erst im ersten Jahr angebotenen Leistungssegment könne in aller Regel noch nicht erwartet werden, das daraus generierte Honorar könne auch zukünftig erwirtschaftet werden. Sollten die Vertragsärzte, die die Klägerin bildeten, gleichwohl darauf vertraut haben, wäre diese Erwartung rechtlich nicht schützenswert. Ebenso wenig sei das Fehlen einer allgemeinen Härtefallregelung im VM zu beanstanden. Das gelte jedenfalls für den hier betroffenen Bereich der Speziallaborleistungen. § 12 Abs. 3 Buchst. c VM habe die Möglichkeit vorgesehen, das für eine Praxis ermittelte Budget für die durch Nicht-Laborärzte erbrachten speziellen Laboratoriumsuntersuchungen des Abschnitts 32.3 EBM im Einzelfall zu erweitern oder aussetzen. Einer darüber hinausgehenden Härtefallregelung habe es von Rechts wegen nicht bedurft. Dass für die Klägerin keine Budgetaussetzung oder -erweiterung in Betracht gekommen sei, betreffe allein die Anwendung des § 12 Abs. 3 Buchst. c VM im Einzelfall und begründe keine grundsätzlichen Bedenken gegen die regionalen Honorarverteilungsregelungen für Speziallaborleistungen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 19. Oktober 2017 zugestellte Urteil am 17. November 2017 Berufung eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass die Konvergenzregelung zu Honorarverteilungsungerechtigkeiten führt, weil Praxen, die die entsprechenden Leistungen schon länger erbringen, bevorteilt würden. Es hätte zumindest fiktiv ein Vergleich mit den Vorjahresquartalen stattfinden müssen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 2. August 2017 den Ausgangsbescheid vom 28. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2014 aufzuheben und den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass die Entwicklung, die letztlich zu der einschneidenden fallwertbezogenen Quotierung geführt hat, für die Beteiligten abzusehen gewesen sei. Eine Erosion der RLV-Fallwerte gerade im Laborsektor und gegensteuernde Maßnahmen seien seit dem Quartal 3/2010 deutlich erkennbar gewesen. Die konkrete Maßnahme der KBV sei dann relativ kurzfristig am 27. April 2012 mit Wirkung zum 1. Juli 2012 erfolgt. Die Beklagte habe darauf im Laufe des Juni 2012 erstmals in ihrem KV-Journal und wenig später noch einmal in dem KV-Journal hingewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht gem. §§ 143, 151 Abs. 1 und 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und daher zulässig. Sie ist aber unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die streitigen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig.

Hinsichtlich der Darstellung der rechtlichen Grundlagen wird auf die Ausführungen des Sozialgerichts nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.

Das Gericht hat Zweifel an der rechtmäßigen Ausgestaltung der hier in Rede stehenden Regelung zur Konvergenzzahlung (dazu unter 1.). Hierauf kommt es jedoch letztlich nicht an, da die Klägerin im Gesamthonorar der Vergleichsquartale 4/2011 und 4/2012 eine Steigerung erzielt hat, die eine Amortisation der Anlaufinvestitionen für das Labor zumindest ansatzweise ermöglichte und daher eine Konvergenzzahlung nicht als zwingend rechtlich geboten erscheint (dazu unter 2.).

1. Der Senat hat Zweifel daran, dass die von der Beklagten angewandte Konvergenzregelung die Honorarverteilungsungerechtigkeit ausreichend berücksichtigt.

Dabei geht der Senat mit der Rspr. des BSG (vgl. z.B. Urt. v. 03.08.2016 – B 6 KA 42/15 R, Rn. 27ff) davon aus, dass ein VM grundsätzliche eine Härtefallregelung enthalten bzw. sie in den VM hereingelesen werden muss. Ab welcher Schwelle eine solche Härtefallregelung eingreifen muss, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern hängt von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls und den rechtlichen Rahmenbedingungen ab. Wenn jedoch eine Härtefallregelung im Sinne einer Konvergenzzahlung zur Anwendung kommen soll, muss ihre Ausgestaltung dem am Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) angelehnten Grundsatz der Honorarverteilungsungerechtigkeit entsprechen.

Hier liegt eine Ungleichbehandlung darin, dass die Gruppe der Ärzte, die bereits im Vorjahresquartal ein entsprechendes Labor betrieben haben unter bestimmten Voraussetzungen eine Konvergenzzahlung erhalten konnten, während Ärzte – wie die Klägerin –, die erst nach dem Vorjahresquartal den Betrieb des Labors aufgenommen hatten, von vornherein nicht anspruchsberechtigt waren.

Es erscheint zweifelhaft, ob diese Ungleichbehandlung zu rechtfertigen ist. Dazu muss zunächst bestimmt werden, welchen legitimen Zweck die Ungleichbehandlung verfolgt und ob sie zur Erreichung dieses Ziels geeignet, erforderlich und angemessen ist.

Das Sozialgericht und die Beklagte argumentieren, es gehe um den Ausgleich von Umsatzverlusten und weil die Klägerin in den für den Vergleich maßgeblichen Vorjahresquartalen keine Laborleistungen erbracht habe, könne sie auch keine Umsatzverluste geltend machen. Diese Betrachtungsweise sei auch zulässig, weil die Neugründung eines Labors mit Risiken verbunden sei, die der Betreffende selbst zu tragen habe. Nur einem bereits länger laufenden Labor müsse eine Ausgleichsmöglichkeit geboten werden.

Für den Senat ist diese Argumentation nicht ohne weiteres einleuchtend. Denn dabei wird übersehen, dass ein bereits laufender Laborbetrieb bereits die Möglichkeit hatte, die für das Labor getroffenen Investitionen zu amortisieren. Diese Möglichkeit hatte eine Praxis mit einem gerade erst neu errichteten Labor nicht. Eine solche Praxis erscheint daher durch eine belastende Neuregelung sogar stärker belastet und damit auch entschädigungsbedürftiger zu sein, als Praxen, die die damit zusammenhängenden Investitionen (teilweise) bereits wieder einspielen konnten. Die Argumentation, dass die Risiken einer Laborneugründung ohne Konvergenzhilfen vollständig selbst zu tragen seien, könnte nur dann verfangen, wenn die fehlende Möglichkeit der Amortisation tatsächlich allein auf eine unternehmerische (Fehl-) Entscheidung zurückzuführen ist. Dafür kommt es darauf an, wie die Ausgangslage zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung war und darauf aufbauend, ob diese falsch eingeschätzt wurde. Waren also die Umstände, die zu der geringen Vergütungsquote der Laborleistungen geführt haben, für die Praxis zu diesem Punkt absehbar, dann wurde das darin liegende Risiko einer geringeren Vergütung bewusst in Kauf genommen und es ist tatsächlich kein Grund für einen Konvergenzausgleich ersichtlich. War die entsprechende Neuregelung hingegen nicht bzw. nicht in der tatsächlichen Auswirkung vorhersehbar, schlägt sich in der geringeren Vergütung nicht die unternehmerische Entscheidung, sondern die Neuregelung als solche nieder. In diesem Fall ist kein Differenzierungskriterium ersichtlich, welches es rechtfertigen könnte, die Konvergenzregelung nicht auch auf den Fall der Neugründung anzuwenden. Denn in beiden Fällen geht es um den Ausgleich der wirtschaftlichen Auswirkungen der Neuregelung. Für eine Differenzierung der wirtschaftlichen Auswirkungen danach, ob laufende Umsätze geringer werden oder getätigte Investitionen sich nicht amortisieren lassen, lässt sich aus diesem Blickwinkel kein rechtfertigender Grund finden.

Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben spricht im vorliegenden Fall auch bei Anlegungen eines restriktiven Maßstabs nach den folgenden Ausführungen einiges dafür, dass die Nichtanwendung der Konvergenzregelung auf die Klägerin eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung darstellt. Diese aufzulösen, wäre im Hinblick auf die bestehenden Lösungsmöglichkeiten Sache der Beklagten.

Aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 10. Oktober 2018 ergibt sich die Entwicklung, die letztlich zu der hier streitigen Regelung geführt hat. Das Grundproblem war schon seit mindestens 2010 klar: Grundsätzlich steht das Gesamtvolumen für die Verteilung fest. Je höher der Anteil an freien Leistungen ist, umso größer ist der Anteil am Gesamtvolumen, der dafür gebunden ist und nicht für die RLV/QZV zur Verfügung steht. Da innerhalb der RLV/QZV aufgrund der dortigen Quotierung von dem einzelnen Arzt nicht mehr viel Einfluss auf eine Steigerung seines Honorars genommen werden konnte, wurden die freien Leistungen immer mehr in Anspruch genommen. Dieser Entwicklung sollte begegnet werden. Das begann in einem ersten Schritt damit, dass im Jahre 2010 durch Vorwegabzug ein Budget für die freien Leistungen gebildet wurde. D.h. künftig sollten die freien Leistungen nur noch aus diesem Budget bedient werden. Reichte das Budget für alle geltend gemachten freien Leistungen aus, so gab es diese weiter unquotiert. Reichte es nicht, kam es zu Quotierungen. Dies war nach den vorliegenden Unterlagen erstmals im Quartal 3/2010 der Fall. Die Quotierung lag bei ca. 90% (so wurden der Klägerin im Quartal 2/2012 14.769,76 Euro honoriert bei einer Anforderung von 17.107,10 Euro, das entspricht ca. 86%). Da dieses Vorgehen zum Schutz des Budgets für die RLV/QZV letztlich nicht ausreichte, wurde dann zum Quartal 3/2012 die Neureglung geschaffen mit der Einführung des bundeseinheitlichen Fallwertes von 4 Euro für die hier streitigen Leistungen. Diese wirkte sich – wie die Beklagte damals im KVH-Journal 7-8/12 S. 7 selbst schreibt – gerade für die selbstzuweisenden Nichtlaborärzte "sehr einschneidend" aus und ist "etwas kurzfristig" erlassen worden (so erhielt die Klägerin dann im Quartal 3/2012 von angeforderten 18.854,00 Euro nur 3.722,89 Euro). Kommuniziert wurde die Neuregelung an die Ärzteschaft jedoch erst ab Juni 2012, also nach Gründung des Labors der Klägerin im April 2012.

Bei dieser Sachlage mag es zwar sein – wie die Beklagte meint –, dass jedem Arzt klar gewesen sein musste, dass etwas passieren musste und würde. Die Beklagte räumt aber selbst ein, dass es sich für die vorliegende Fallkonstellation um eine sehr einschneidende und sehr kurzfristig eintretende Regelung handelte. Das spricht dafür, dass die Klägerin mit einer derartigen Regelung nicht zu rechnen brauchte und sie damit auch nicht in ihre unternehmerische Entscheidung zur Gründung des Labors einbeziehen konnte und musste. Dann wiederum steht sie aus Sicht des Vertrauensschutzes auf zumindest der gleichen Ebene mit den Fällen des zum Zeitpunkt des Vorjahresquartals bereits laufenden Labors und wäre aus Sicht der Konvergenzregelung gleich zu behandeln gewesen.

Ergänzend und ohne, dass sich die Klägerin hierauf berufen könnte, merkt das Gericht an, dass die Ausgestaltung der Konvergenzregelung für das Gericht auch insoweit nicht verständlich ist, als für die Frage des Umsatzrückgangs nicht auf den Umsatz der Laborleistungen, sondern auf den Gesamtumsatz der Praxis abgestellt wird. Der Gesamtumsatz wird durch viele Faktoren beeinflusst, die nicht mit den Laborleistungen im Zusammenhang stehen. Der Gesamtumsatz dürfte daher kein geeigneter Indikator dafür sein, dass tatsächlich die die Laborleistungen treffende Neuregelung – deren wirtschaftliche Auswirkung ja abgemildert werden soll – den Umsatzrückgang bewirkt hat. Ebenfalls nicht einleuchtend ist für das Gericht, warum die Konvergenzregelung aus dem Budget der Arztgruppe HNO und nicht aus dem Budget der Laborleistungen gezahlt wurde.

2. Letztlich muss der Senat jedoch nicht abschließend über die Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Konvergenzregelung entscheiden. Denn die Klägerin hat im Gesamthonorar der Vergleichsquartale 4/2011 und 4/2012 bei Zugrundelegung der unwidersprochenen Angaben der Beklagten im der mündlichen Verhandlung eine Steigerung von rund 10.000,- Euro erzielt, die eine Amortisation der Anlaufinvestitionen für das Labor zumindest ansatzweise ermöglichte und daher eine Konvergenzzahlung nicht als zwingend rechtlich geboten erscheint.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Senat hält die Zulassung der Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache vor geboten. Die grundlegenden Anforderungen an die Ausgestaltung einer Härtefallregelung eines VM und die rechtlichen Grundlagen hierfür scheinen noch nicht ausreichend obergerichtlich geklärt zu seien.
Rechtskraft
Aus
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