Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Regensburg (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 R 8030/17 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 23.05.2017 gegen den Bescheid vom 08.05.2017 wird angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 21.176,58 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast) ist ein Medienunternehmen, das u.a. Zeitungen verlegt. Die Zeitungen werden von der Druckerei oder Verteilpunkten aus von Fahrern zu mehreren Ablage- oder Verkaufsstellen im Verbreitungsgebiet gebracht (wo sie sodann von den Zeitungszustellern abgeholt und an die Abonnenten verteilt bzw. verkauft werden). Mit den Fahrern hat die Ast insoweit jeweils einen "Transportvertrag Zeitung" geschlossen, wonach diese die Beförderung der Zeitungen übernehmen. Die jeweiligen Ablage- oder Verkaufsstellen, zu denen die Zeitungen gebracht werden müssen, sind dabei in einem Tourenplan aufgeführt, ebenso die Zeiten der Abholung (von der Druckerei bzw. den Verteilpunkten) und Anlieferung (bei den Ablage- oder Verkaufsstellen). Mit dem Tourenplan soll sichergestellt werden, dass die Leser ihre Zeitung rechtzeitig (um ca. 6.00 morgens) im Briefkasten haben. Die Fahrer erbringen die Zeitungstransporte mit von ihnen gestellten Fahrzeugen. Eine persönliche Leistungserbringung ist nicht geschuldet, im Falle der Verhinderung haben sie für Ersatz zu sorgen. Für ihre Transportleistungen erhalten die Fahrer eine pauschale Vergütung. Vertraglich ist es ihnen gestatten, anderweitige Tätigkeiten auszuüben, wobei gewährleistetet sein muss, dass keine Störungen im Leistungsbereich des Vertrages auftreten.
Am 13.05.2015 führte das Hauptzollamt R. bei der Ast eine Prüfung gemäß §§ 2 ff. Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) durch in deren Zuge u.a. zwanzig Fahrer informatorisch befragt wurden. Auf Blatt 2 ff. der Verwaltungsverfahrensakte der Ast wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Die Antragsgegnerin (Ag) kam in einer in diesem Rahmen gegenüber dem Hauptzollamt abgegebenen gutachterlichen Stellungnahme ohne abschließende versicherungsrechtliche Beurteilung vom 14.04.2016 zu dem Ergebnis, dass bei den Fahrern B, H, D, F, E und A keine selbständige Tätigkeit gegeben ist, sondern eine abhängige Beschäftigung bei der Ast. Im Gegensatz zu den übrigen Fahrern hätten diese keinen Kapitaleinsatz zur Anschaffung eines eigenen Transporters gehabt, sondern nutzten ihren privaten Pkw für die Zeitungstransporte, womit kein Unternehmerrisiko bestünde, außerdem hätten sie keine weiteren Auftraggeber in diesem Bereich. Eine eigne Betriebsstätte unterhielten sie nicht, Arbeitnehmer würden sie nicht beschäftigen. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 219 ff. der Verwaltungsverfahrensakte verwiesen. Die sechs Fahrer haben für ihre Tätigkeit jeweils ein Gewerbe angemeldet.
Aufbauend auf das Verfahren des Hauptzollamtes hat die Ag für die Zeit von 01.01.2011 bis 30.06.2016 eine Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 SGB IV, § 2 Abs. 2 SchwarzArbG durchgeführt.
Mit Schreiben vom 03.11.2016 hat sie der Ast mitgeteilt, es sei beabsichtigt, bezüglich der o.a. sechs Fahrer Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von 189.707,24 (davon Säumniszuschläge 50.489,50) EUR zu erheben. Diese seien keine Selbständigen, sondern abhängig Beschäftigte bzw. Arbeitnehmer. Der Ast wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Auf Blatt 770 ff. der Verwaltungsverfahrensakte wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Die Ast führte unter dem 25.01.2017 aus, ein Nachforderungsbescheid wäre rechtswidrig. Die von der Ag zur Beurteilung herangezogenen allgemeinen Kriterien seien teilweise sinnverkehrt angewandt und falsch gewichtet worden. Die Transportverträge mit sämtlichen überprüften zwanzig Fahrern seien im Wesentlichen gleichlautend. Sie hätten alle die Möglichkeit und die Kapazitäten gehabt, weitere Tätigkeiten auszuüben. Keiner habe Betriebs- oder Arbeitsmittel der Ag benutzt oder zur Verfügung gestellt bekommen. Bezüglich der Fahrzeuge aus der Sphäre der Fahrer liege das volle Risiko bei diesen. Das gelte auch bei Ausfällen, wo Ersatzfahrer zu stellen und selbst zu vergüten seien. Auch die Pauschalvergütung belege die Selbständigkeit. Was Zeitplan und Routen der Fahrer betreffe, so seien dies Absprachen, die zwingend aus der Natur der Tätigkeit als (Tages-)Zeitungstransporteur folgten und nichts mit Weisungsgebundenheit innerhalb einer abhängigen Beschäftigung. Voraussetzung der Selbständigkeit im Zeitungstransportgewerbe sei nicht, dass sich die Fahrer extra einen Kleintransporter anschaffen müssten. Ergänzend wurde auf eine teilweise überlappende frühere Betriebsprüfung sowie auf teilweise Verjährung hingewiesen. Zu den Einzelheiten der Stellungnahme der Ast im Anhörungsverfahren wird auf Blatt 820 ff. der Verwaltungsverfahrensakte Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 08.05.2017 machte die Ag gegenüber der Ast aufgrund der durchgeführten Betriebsprüfung gemäß § 28 p Abs. 1 SGB IV in Verbindung mit § 2 Abs. 2 SchwarzArbG Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von 65.529,73 EUR geltend. Auf Blatt 844 der Verwaltungsverfahrensakte wird verwiesen. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass bei den Fahrern B, H, D, F, E und A von "Scheinselbständigkeit" auszugehen sei und daher ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Abhängig beschäftigte Arbeitnehmer unterlägen der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht. Arbeitnehmer sei, wer eine fremdbestimmte Arbeit zu leisten habe und dafür Vergütung erhalte, auf die er regelmäßig vertrauen könne. Der Arbeitnehmer sei vom Arbeitgeber abhängig, also in dessen Betrieb eingegliedert und weisungsgebunden. Eine selbständige Tätigkeit liege hingegen vor, wenn in eigenem Namen auf eigene Rechnung und in persönlicher und fachlicher Unabhängigkeit dem Erwerb nachgegangen werde. Für die (sozial-)versicherungsrechtliche Prüfung, ob eine selbständige Tätigkeit oder eine abhängige Beschäftigung ausgeübt werde, sei nicht die von den Beteiligten gewählte Bezeichnung maßgebend. Unbeachtlich seien die Absichten der Beteiligten sowie die bürgerlich-rechtliche Beurteilung des Vertragsverhältnisses. Entscheidend seien die Art der verrichteten Tätigkeit und die tatsächlichen Verhältnisse. Das deutsche Sozialversicherungsrecht gehöre dem öffentlichen Recht an und sei daher willkürlicher Vertragsgestaltung entzogen. Dies ergebe sich bereits aus dem Zwangscharakter der Sozialversicherung. Bei der (sozial-)ver- sicherungsrechtlichen Beurteilung sei eine Abwägung des Einzelfalls vorzunehmen, da es eine verbindliche Legaldefinition des Selbständigen bzw. Arbeitnehmers nicht gebe. Fahrer ohne eigenes Fahrzeug seien in der Regel in den Betrieb eines Transportunternehmens eingegliedert. Sobald ein solcher Fahrer einen Transportauftrag übernehme, seien ihm Ort und Art der Arbeit, letztlich auch die Arbeitszeit faktisch vorgegeben, denn mit dem Auftrag stehe auch die jeweilige Tour fest. Letztlich böten diese Fahrer nicht mehr an, als ihre Arbeitskraft. Der Fahrer B sei mit dem Privatwagen seiner Mutter auf fest zugeteilten Touren gefahren. Er sei ausschließlich für die Ast tätig gewesen. Ein Unternehmerrisiko gebe es nicht, eine eigene Betriebsstätte sei nicht vorhanden, Arbeitnehmer beschäftige er nicht. Er verwerte ausschließlich die eigne Arbeitskraft. Bezüglich Zeit, Dauer, Ort und Ausführung habe er sich den Vorgaben der Ast zu fügen gehabt. Dass er auch andere Aufträge habe annehmen können, ändere nichts an seiner Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Ast. Dass er die Transportleistung nicht selbst erbringen müsse ändere nichts am Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung, insbesondere wenn die Leistungserbringung durch einen anderen eine seltene Ausnahme darstelle. Bezüglich der Fahrer (mit eigenem Pkw) H, D, F, E und A wurde im Wesentlichen gleichlautend argumentiert.
Am 23.05.2017 hat die Ast gegen den Bescheid der Ag vom 08.05.2017 Widerspruch eingelegt und gleichzeitig bei der Ag die Aussetzung von dessen Vollziehung beantragt. Diesen Antrag die Ag mit Schreiben vom 24.05.2017 abgelehnt. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Verfügungen. Anhaltspunkte für eine besondere Härte seien weder vorgetragen, noch ersichtlich. Über den Widerspruch ist, soweit für das Gericht ersichtlich, bislang noch nicht entschieden.
Am 14.06.2017 hat die Ast beim Sozialgericht Regensburg um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Sie hat vorgetragen, die Tätigkeit der Fahrer sei nicht als abhängige Beschäftigung mit Versicherungspflicht anzusehen. Die Vertragsgrundlagen der geprüften zwanzig Fahrer unterschieden sich nicht, ebensowenig die tatsächlichen Verhältnisse. Alle Fahrer hätten auch für andere Auftraggeber tätig sein können. Dass Herr B den Pkw seiner Mutter benutzt habe, sei ganz unerheblich. Maßgeblich sei allein, dass nicht auf Betriebsmittel des Auftraggebers zurückgegriffen werden könne, sondern die Auftragnehmer sich diese selbst organisierten müssten. In welcher Form dies geschehe, spiele keine Rolle. Die Fahrer / Auftragnehmer trügen das volle unternehmerische Risiko für etwaige Schäden am eigenen oder fremden Fahrzeug. Die Fahrer hätten bei eigenem Ausfall für Ersatz zu sorgen und diesen zu vergüten. Abhängig Beschäftigte würden für gewöhnlich pro erbrachter Arbeitsstunde bezahlt, die Fahrer erhielten eine Pauschale. Kraft Natur der Sache fänden Transportfahrten nicht in fremden Betriebsstätten statt. Das Transportfahrzeug sei Arbeitsmittel, nicht Betriebsstätte. Den Vorgaben bezüglich Lieferzeit und -route komme hier keine besondere Bedeutung zu. Diese Zeitfenster seien Kraft Natur der Tätigkeit erforderlich. Die Ast kontrolliere die Ausübung der Fahrtätigkeit im Übrigen nicht, Vorgaben zur Arbeitszeit und der Art und Weise der Tätigkeit würden nicht gemacht. Dass von der Ag als Argument angeführt werde, Fahrer benutzten im Rahmen des Auftragsverhältnisses ihren privaten Pkw und hätten sich keinen Transporter angeschafft, zeige besonders deutlich die Beliebigkeit der Argumentation. Der Nachforderung stehe zum Teil auch ein bereits unter dem 02.12.2015 ergangener Betriebsprüfungsbescheid für den Zeitraum von 01.01.2012 bis 31.12.2014 entgegen. Die Ag habe versäumt, diesen vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides aufzuheben. Zudem könnten für 2012 keine Beiträge nachgefordert werden, weil insoweit bereits Verjährung eingetreten gewesen sei.
Die Ast hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 23.05.2017 gegen den Bescheid vom 08.05.2017 anzuordnen.
Die Ag hat am 23.06.2017 die Antragsablehnung beantragt.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden nicht. Es sei mehr als ausführlich begründet worden, warum die Beitragsforderung dem Grunde und der Höhe nach bestehe. Die Ast habe in materieller Hinsicht keine neuen Sachverhalte vorgetragen, sondern nur eigene Wertungen. Der Bescheid von 2015 habe andere Betriebsprüfungsinhalte betroffen, nicht die Frage der Selbständigkeit oder abhängigen Beschäftigung der Fahrer. Die Ast habe grundsätzlich die Möglichkeit, Antrag auf Ratenzahlung oder Stundung zu stellen. Mit Schreiben vom 28.07.2017 hat sie nach zwischenzeitlich erfolgter Aktenrücksendung und Wiedervorlage ergänzend vorgetragen, es werde kein Anlass gesehen, von den im Bescheid vom 08.05.2017 getroffenen Feststellungen abzuweichen. Die betroffenen Fahrer hätten keine weiteren Auftraggeber gehabt, sie seien nur für die Ast tätig gewesen. Als Transportmittel hätten sie nur ihre bereits vorhandenen Privatfahrzeuge eingesetzt, kein speziell angeschafftes Lieferfahrzeug. Damit fehle es an einem Unternehmerrisiko. Über eigenes Personal verfügten die Fahrer nicht. Im Vergleich zu den anderen Fahrern sei bei Ihnen auch keine Unternehmerstruktur vorhanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die gerichtliche Antragsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsverfahrensakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig, § 86 a II Nr. 1, § 86 b I 1 Nr. 2 SGG.
Der Antrag ist begründet. An der Rechtmäßigkeit der von der Ag auf der Grundlage von § 28 p I 5 SGB IV erlassenen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe bestehen erhebliche Zweifel, § 86 a III 2 SGG in entsprechender Anwendung. Das Gericht ist der Ansicht, dass die sechs o.a. Fahrer nicht im Sinne von § 7 I 1 SGB IV bei der Ast als Arbeitnehmer beschäftigt sind, sondern ihre Transportdienstleistungen auf selbständiger Basis erbringen.
Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers, § 7 I 2 SGB IV. Obwohl das Gesetz also nur "Anhaltspunkte" bereithält und keine weiteren Angaben dazu macht, was unter einer "Tätigkeit nach Weisungen" und einer "Eingliederung in die Arbeitsorganisation" genau(er) zu verstehen ist, geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass § 7 SGB IV bestimmt genug ist, um den rechtsstaatlichen Anforderungen aus Art. 20 Abs. 3 GG zu genügen. Dass auf dem weiten, weiten Feld der (vertraglichen Gestaltungs-) Möglichkeiten zwischen Leistungsanbieter und -nachfrager dabei eindeutig vorhersehbare Ergebnisse der Prüfung von deren Verhältnis am Maßstab von § 7 I SGB IV ausgeschlossen sind, sieht das Bundesverfassungsgericht als unproblematisch an, da sich der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang der zulässigen und sinnvollen Rechtsfigur des Typus bedienen darf (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20.05.1996, 1 BvR 21/96). Es bleibt somit den vollziehenden Behörden und der Rechtsprechung überlassen, jede konkrete, einzelne Fallgestaltung am gesetzlich vorgegebenen Typus zu messen, also auszulegen. Dies führt(e) im Ergebnis zu einer schier unüberschaubaren Fülle von Einzelfallentscheidungen mit einer noch größeren Fülle von Abgrenzungskriterien und -versuchen, die sich aus der Sicht eines unbefangenen Betrachters nicht selten nicht miteinander in Übereinstimmung zu bringen lassen scheinen und denen eine verständliche und nachvollziehbare Systematik zumindest nicht auf der Stirn geschrieben steht. Ein wenig hilft beim Maßnehmen des Einzelfalls an den Vorgaben des § 7 I SGB IV (ergänzt durch § 1 SGB VI, § 5 SGB V, § 20 SGB XI, § 24 SGB III) der Blick über den öffentlich-rechtlichen Tellerrand. Nach § 14 BGB ist ein "Unternehmer", wer bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Freilich, was eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit genau(er) ist: Fehlanzeige. Im Gegensatz zum (selbständigen) Unternehmer ist der Arbeitnehmer nichtselbständig im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt (und also auch ein Arbeitnehmer), ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Maßgebend ist die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, nicht dessen Bezeichnung. Das sagt § 611a I BGB, dessen Begrifflichkeiten auch in der sozialversicherungsrechtlichen Auslegung stets präsent sind. Immerhin wird hier ein gewisses Maß an Differenzierung sichtbar: Abzustellen ist auf die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit, anzustellen ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände. Bei der dennoch dürftigen (einfach-)gesetzlichen Ausgangslage ist daher als wesentliche Auslegungsmaxime auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben und Wertungen zurückzugreifen. Wie die Ag in ihrem Bescheid vom 08.05.2017 richtig ausführt, ist das deutsche Sozialversicherungsrecht dem öffentlichen Recht zuzuordnen und demgemäß geprägt vom Zwangscharakter eines hoheitlichen Über-/Unterordnungsverhältnisses. "Der Staat" zwingt nämlich Leistungsanbieter und Leistungsnachfrager in das Sozialversicherungsverhältnis, wenn der eine (tatsächlich) des anderen Arbeitnehmer ist und der andere des einen Arbeitgeber, wenn mithin die Voraussetzungen des § 7 I SGB IV erfüllt sind. Dabei steht es im Rahmen der hier einschlägigen Berufsfreiheit nach Art. 12 I 1 GG jedem Leistungsanbieter im Grundsatz frei, ob er seine Dienste als abhängiger Arbeitnehmer oder als unabhängiger Unternehmer anbieten und erbringen, ob er also mit dem Leistungsnachfrager einen Arbeitsvertrag oder auf selbständiger Basis einen Dienstvertrag (ggf. Werkvertrag) abschließen will. Ebenso ist es im Rahmen der unternehmerischen Freiheit grundsätzlich allein Sache es Leistungsnachfragers, wie er seinen Bedarf an Diensten decken will, ob etwa durch das Einstellen von eigenem Personal als Arbeitnehmern, durch Leiharbeitnehmer oder dadurch, dass er sich die Dienste von anderen Unternehmern erbringen lässt. Zwingt "der Staat" somit Leistungsanbieter und -nachfrager gegen ihren Willen in ein öffentlich-rechtliches Sozialversicherungsverhältnis (so geschehen im streitgegenständlichen Fall durch die Verfügungen im Bescheid vom 08.05.2017), greift er damit bei beiden in den Schutzbereich ihres Grundrechts auf Berufsfreiheit ein. Der Eingriff betrifft dabei (nach der sog. Drei-Stufen-Theorie, vgl. BVerfGE 7, 377 und 13, 181) bei beiden nicht "nur" die Art und Weise der Berufsausübung (a.A. wohl LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.06.2017, L 10 R 592/17), sondern liegt mindestens auf der zweiten (subjektive Berufswahl), eher auf der dritten, quasi tiefsten, Eingriffsstufe der objektiven Berufswahl. Denn selbständiger Dienstleistungserbringer ist eine andere Kategorie von Beruf, als die Dienste als abhängig Beschäftigter leisten zu müssen. Ebenso betrifft es die innere Substanz unternehmerischer Tätigkeit, einen Arbeitsvertrag/Arbeitnehmer "vom Staat aufgezwungen zu bekommen", wenn man sich eigentlich nur Dienstleistungen "einkaufen" wollte. Staatliche Eingriffe, auch auf der Ebene der Berufswahl, können dabei durch den Gesetzesvorbehalt nach Art. 12 I 2 GG als (einheitlicher) Schranke gerechtfertigt sein. Voraussetzung hierfür ist, dass die staatlichen Maßnahmen dem Schutz wichtiger (zweite Eingriffsstufe) bzw. (auf der dritten Eingriffsstufe) überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter dienen (vgl. BVerfG a.a.O.). Von der Schranke seinerseits darf "der Staat" aber nicht unbeschränkt Gebrauch machen, vielmehr findet eine Wechselwirkung in dem Sinne statt, dass die Gesetze zwar dem Wortlaut nach dem Grundrecht Schranken setzen, ihrerseits aber aus der Erkenntnis der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts heraus ausgelegt und so in ihrer das Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden müssen (sog. "Schranken-Schranken", vgl. z.B. BVerfGE 7, 208 oder 99, 185). D.h. die Schranke ist (in der Tendenz eher eng) im Lichte des (in der Tendenz eher weiten) Schutzbereichs des Grundrechts auszulegen und anzuwenden. Anders ausgedrückt: Nicht das einfache Gesetz gibt den Freiheitsraum des Grundrechts vor, sondern das Grundrecht bestimmt den Geltungsrahmen des einfachen Rechts (a.A. womöglich LSG Baden-Württemberg a.a.O.). Eine formell-gesetzliche Ermächtigung für die Ag zum Erlass der Verfügungen im Bescheid vom 08.05.2017 liegt mit § 28 p I 5 in Verbindung mit § 7 I SGB IV vor. Nach Ansicht des BVerfG genügen diese Vorgaben den Bestimmtheitsanforderungen des Rechtsstaatsprinzips (s.o.). Mit dem Vorhalten eines funktionierenden Sozialversicherungssystems, wozu es auch gehört, Einnahmen durch Beiträge zu generieren, was eine Versicherungspflicht voraussetzt, verfolgt das Gesetz ohne Zweifel auch verfassungsrechtlich legitime Zwecke im Sinne des Schutzes (überragend) wichtiger Gemeinschaftsgüter. Dies entspricht auch dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 I GG. Zu berücksichtigen ist dabei aber auch die Wertung, dass (in erster Linie) der Staat sozial zu sein hat, nicht der Private (Unternehmer) und dass das Grundgesetz wirtschaftsneutral ist. Es lässt einen gewinnorientierten Kapitalismus ebenso gelten, wie unter Umständen die Vergesellschaftung der Produktionsmittel (vgl. Art. 15 GG). Und wer ihn nicht will, dem muss auch grundsätzlich nicht als Zwangsschutzbedürftigem der Mantel der Sozialversicherung umgehängt werden. Zu beachten sind darüber hinaus auch gleichheitsrechtliche Vorgaben aus Art. 3 Abs. 1 GG. Vor diesem Wertungs- und Auslegungshintergrund erweist sich nach Ansicht des Gerichts die Einordnung der "Dienstleistungsbeziehung" zwischen der Ag und den sechs Fahrern als abhängiges Beschäftigungsverhältnis und der damit verbundene Grundrechtseingriff in die Berufsfreiheit als im Ergebnis nicht gerechtfertigt. Es sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung schon die einfachgesetzlichen Vorgaben bzw. Abgrenzungsgesichtspunkte unter Berücksichtigung der Eigenart der Tätigkeit nicht erfüllt. Bei den Fahrern handelt es sich nicht um solche ohne eigenes Fahrzeug. Vielmehr benutzen sie für ihre Fahrten Fahrzeuge, die sie selbst stellen. Keineswegs verwenden sie Fahrzeuge der Ast. Es ist dabei unerheblich, ob ihnen diese Fahrzeuge gehören oder ob sie diese Fahrzeuge auch außerhalb ihrer Fahrten für die Ast nutzen. Unerheblich ist ebenfalls ob sie sich für die Fahrten für die Ast extra Fahrzeuge, wie etwa Kleintransporter, angeschafft haben. Für ihre Fahrzeuge liegt das Risiko allein bei den Fahrern. Bei einfachen Transportdienstleistungen bedarf es auch keiner dahinterstehenden Unternehmensstruktur und keiner Betriebsstätte. Das Fahrzeug ist quasi Betriebsstätte und Betriebsmittel in einem. Auch die zeitlichen Vorgaben bezüglich der Fahrten beruhen auf der Eigenart der Tätigkeit. Der Leser will in der Regel das "Produkt Tageszeitung" am frühen Morgen zugestellt bekommen haben. Danach haben sich Druck und Verteilung zu richten. Die Vorgaben sind deshalb nicht Merkmal einer Weisungsgebundenheit oder Eingliederung, sondern im Wesentlichen produktbedingt. Durchaus enge Zeitvorgaben sind im Übrigen im Bereich des Dienst- und Werkvertragsrechts keine seltenen Erscheinungen. Ebenso ist es nicht weiter bemerkenswert, wenn die Fahrer ihre Aufträge in der Regel selbst wahrnehmen und es die Ausnahme darstellt, wenn sie Ersatzfahrer einsetzen. Das dürfte der Normalfall sein bei "Kleinselbständigen". Sie könnten es jedenfalls. Das Bild des Selbständigen, der quasi tun und lassen kann, was er wann und wo will und dafür dann auch noch seine zahlreichen Mitarbeiter von der repräsentativen Firmenzentrale aus losschickt, wird in der Realität kaum eine Entsprechung finden. Zumindest würden solche Selbständigen auf dem Markt nicht lange existent sein. Es ist auch ein Bild, das die einfach- und verfassungsrechtlichen Grundlagen nicht voraussetzen. Insoweit kann es auch nicht entscheidend sein, dass die Fahrer selbst keine Arbeitnehmer beschäftigen und im Wesentlichen nur für Ast tätig sind. Es ist unter Berufsfreiheitsgesichtspunkten Sache des Selbständigen, Art und Umfang seiner Tätigkeit und damit seine Einkommensmöglichkeiten zu bestimmen. Die Ast legt den Fahrern dabei jedenfalls nichts in den Weg. Der sozialen Schutzbedürftigkeit von Kleingewerbetreibenden wird insoweit durch das Bestehen einer gegebenenfalls eigenen Versicherungspflicht als Selbständige z.B. im Rahmen von § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI Rechnung getragen. Zu berücksichtigen ist schließlich auch, dass die Fahrer mit dem eigentlichen Produkt der Ast, nämlich der Zeitung, nichts zu tun haben. Die Ast bedient sich ihrer nur zur Verteilung des Produkts, die Fahrer bringen das Produkt im wahrsten Sinne des Wortes nur auf den Weg. Sich für solche logistischen Dienste Leistungen außenstehender selbständiger Transportunternehmer einzukaufen, ist Teil der freien unternehmerischen Entscheidung. Eine organisatorische Eingliederung der Fahrer ist dabei nicht zu erkennen, trotz, s.o., produktbedingter Vorgaben. Im Übrigen kann auf die im Ergebnis zutreffenden Ausführungen in den Schriftsätzen der Antragstellerseite im vorläufigen Rechtsschutzverfahren Bezug genommen werden. Dies gilt auch im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung aus Art. 3 I GG. Wie sich aus den Verwaltungsverfahrensakten ergibt, sind die vertraglichen Grundlagen für alle Fahrer der Ast im maßgeblichen Inhalt identisch. In der Folge ist es daher nicht nachvollziehbar, die o.a. sechs Fahrer quasi zu beschäftigten Arbeitnehmern zu machen, zumal die von der Ag herangezogenen Abgrenzungskriterien nicht greifen. Somit werden (im Wesentlichen) gleichgelagerte, also vergleichbare Fälle ohne erkennbaren sachlichen Grund unterschiedlich behandelt. Auch insofern sind die Verfügungen der Ag rechtswidrig.
Auf die übrigen vorgetragenen Aspekte kommt es für die Entscheidung nicht mehr an.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a I 1 SGG, § 154 I VwGO.
IV.
Die Festsetzung des Streitwerts findet ihre Grundlage in § 197 a I 1 SGG, § 52, § 53 II Nr. 4 GKG. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist nicht der volle Wert anzusetzen, sondern ein Drittel hiervon.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 21.176,58 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast) ist ein Medienunternehmen, das u.a. Zeitungen verlegt. Die Zeitungen werden von der Druckerei oder Verteilpunkten aus von Fahrern zu mehreren Ablage- oder Verkaufsstellen im Verbreitungsgebiet gebracht (wo sie sodann von den Zeitungszustellern abgeholt und an die Abonnenten verteilt bzw. verkauft werden). Mit den Fahrern hat die Ast insoweit jeweils einen "Transportvertrag Zeitung" geschlossen, wonach diese die Beförderung der Zeitungen übernehmen. Die jeweiligen Ablage- oder Verkaufsstellen, zu denen die Zeitungen gebracht werden müssen, sind dabei in einem Tourenplan aufgeführt, ebenso die Zeiten der Abholung (von der Druckerei bzw. den Verteilpunkten) und Anlieferung (bei den Ablage- oder Verkaufsstellen). Mit dem Tourenplan soll sichergestellt werden, dass die Leser ihre Zeitung rechtzeitig (um ca. 6.00 morgens) im Briefkasten haben. Die Fahrer erbringen die Zeitungstransporte mit von ihnen gestellten Fahrzeugen. Eine persönliche Leistungserbringung ist nicht geschuldet, im Falle der Verhinderung haben sie für Ersatz zu sorgen. Für ihre Transportleistungen erhalten die Fahrer eine pauschale Vergütung. Vertraglich ist es ihnen gestatten, anderweitige Tätigkeiten auszuüben, wobei gewährleistetet sein muss, dass keine Störungen im Leistungsbereich des Vertrages auftreten.
Am 13.05.2015 führte das Hauptzollamt R. bei der Ast eine Prüfung gemäß §§ 2 ff. Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) durch in deren Zuge u.a. zwanzig Fahrer informatorisch befragt wurden. Auf Blatt 2 ff. der Verwaltungsverfahrensakte der Ast wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Die Antragsgegnerin (Ag) kam in einer in diesem Rahmen gegenüber dem Hauptzollamt abgegebenen gutachterlichen Stellungnahme ohne abschließende versicherungsrechtliche Beurteilung vom 14.04.2016 zu dem Ergebnis, dass bei den Fahrern B, H, D, F, E und A keine selbständige Tätigkeit gegeben ist, sondern eine abhängige Beschäftigung bei der Ast. Im Gegensatz zu den übrigen Fahrern hätten diese keinen Kapitaleinsatz zur Anschaffung eines eigenen Transporters gehabt, sondern nutzten ihren privaten Pkw für die Zeitungstransporte, womit kein Unternehmerrisiko bestünde, außerdem hätten sie keine weiteren Auftraggeber in diesem Bereich. Eine eigne Betriebsstätte unterhielten sie nicht, Arbeitnehmer würden sie nicht beschäftigen. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 219 ff. der Verwaltungsverfahrensakte verwiesen. Die sechs Fahrer haben für ihre Tätigkeit jeweils ein Gewerbe angemeldet.
Aufbauend auf das Verfahren des Hauptzollamtes hat die Ag für die Zeit von 01.01.2011 bis 30.06.2016 eine Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 SGB IV, § 2 Abs. 2 SchwarzArbG durchgeführt.
Mit Schreiben vom 03.11.2016 hat sie der Ast mitgeteilt, es sei beabsichtigt, bezüglich der o.a. sechs Fahrer Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von 189.707,24 (davon Säumniszuschläge 50.489,50) EUR zu erheben. Diese seien keine Selbständigen, sondern abhängig Beschäftigte bzw. Arbeitnehmer. Der Ast wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Auf Blatt 770 ff. der Verwaltungsverfahrensakte wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Die Ast führte unter dem 25.01.2017 aus, ein Nachforderungsbescheid wäre rechtswidrig. Die von der Ag zur Beurteilung herangezogenen allgemeinen Kriterien seien teilweise sinnverkehrt angewandt und falsch gewichtet worden. Die Transportverträge mit sämtlichen überprüften zwanzig Fahrern seien im Wesentlichen gleichlautend. Sie hätten alle die Möglichkeit und die Kapazitäten gehabt, weitere Tätigkeiten auszuüben. Keiner habe Betriebs- oder Arbeitsmittel der Ag benutzt oder zur Verfügung gestellt bekommen. Bezüglich der Fahrzeuge aus der Sphäre der Fahrer liege das volle Risiko bei diesen. Das gelte auch bei Ausfällen, wo Ersatzfahrer zu stellen und selbst zu vergüten seien. Auch die Pauschalvergütung belege die Selbständigkeit. Was Zeitplan und Routen der Fahrer betreffe, so seien dies Absprachen, die zwingend aus der Natur der Tätigkeit als (Tages-)Zeitungstransporteur folgten und nichts mit Weisungsgebundenheit innerhalb einer abhängigen Beschäftigung. Voraussetzung der Selbständigkeit im Zeitungstransportgewerbe sei nicht, dass sich die Fahrer extra einen Kleintransporter anschaffen müssten. Ergänzend wurde auf eine teilweise überlappende frühere Betriebsprüfung sowie auf teilweise Verjährung hingewiesen. Zu den Einzelheiten der Stellungnahme der Ast im Anhörungsverfahren wird auf Blatt 820 ff. der Verwaltungsverfahrensakte Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 08.05.2017 machte die Ag gegenüber der Ast aufgrund der durchgeführten Betriebsprüfung gemäß § 28 p Abs. 1 SGB IV in Verbindung mit § 2 Abs. 2 SchwarzArbG Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von 65.529,73 EUR geltend. Auf Blatt 844 der Verwaltungsverfahrensakte wird verwiesen. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass bei den Fahrern B, H, D, F, E und A von "Scheinselbständigkeit" auszugehen sei und daher ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Abhängig beschäftigte Arbeitnehmer unterlägen der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht. Arbeitnehmer sei, wer eine fremdbestimmte Arbeit zu leisten habe und dafür Vergütung erhalte, auf die er regelmäßig vertrauen könne. Der Arbeitnehmer sei vom Arbeitgeber abhängig, also in dessen Betrieb eingegliedert und weisungsgebunden. Eine selbständige Tätigkeit liege hingegen vor, wenn in eigenem Namen auf eigene Rechnung und in persönlicher und fachlicher Unabhängigkeit dem Erwerb nachgegangen werde. Für die (sozial-)versicherungsrechtliche Prüfung, ob eine selbständige Tätigkeit oder eine abhängige Beschäftigung ausgeübt werde, sei nicht die von den Beteiligten gewählte Bezeichnung maßgebend. Unbeachtlich seien die Absichten der Beteiligten sowie die bürgerlich-rechtliche Beurteilung des Vertragsverhältnisses. Entscheidend seien die Art der verrichteten Tätigkeit und die tatsächlichen Verhältnisse. Das deutsche Sozialversicherungsrecht gehöre dem öffentlichen Recht an und sei daher willkürlicher Vertragsgestaltung entzogen. Dies ergebe sich bereits aus dem Zwangscharakter der Sozialversicherung. Bei der (sozial-)ver- sicherungsrechtlichen Beurteilung sei eine Abwägung des Einzelfalls vorzunehmen, da es eine verbindliche Legaldefinition des Selbständigen bzw. Arbeitnehmers nicht gebe. Fahrer ohne eigenes Fahrzeug seien in der Regel in den Betrieb eines Transportunternehmens eingegliedert. Sobald ein solcher Fahrer einen Transportauftrag übernehme, seien ihm Ort und Art der Arbeit, letztlich auch die Arbeitszeit faktisch vorgegeben, denn mit dem Auftrag stehe auch die jeweilige Tour fest. Letztlich böten diese Fahrer nicht mehr an, als ihre Arbeitskraft. Der Fahrer B sei mit dem Privatwagen seiner Mutter auf fest zugeteilten Touren gefahren. Er sei ausschließlich für die Ast tätig gewesen. Ein Unternehmerrisiko gebe es nicht, eine eigene Betriebsstätte sei nicht vorhanden, Arbeitnehmer beschäftige er nicht. Er verwerte ausschließlich die eigne Arbeitskraft. Bezüglich Zeit, Dauer, Ort und Ausführung habe er sich den Vorgaben der Ast zu fügen gehabt. Dass er auch andere Aufträge habe annehmen können, ändere nichts an seiner Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Ast. Dass er die Transportleistung nicht selbst erbringen müsse ändere nichts am Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung, insbesondere wenn die Leistungserbringung durch einen anderen eine seltene Ausnahme darstelle. Bezüglich der Fahrer (mit eigenem Pkw) H, D, F, E und A wurde im Wesentlichen gleichlautend argumentiert.
Am 23.05.2017 hat die Ast gegen den Bescheid der Ag vom 08.05.2017 Widerspruch eingelegt und gleichzeitig bei der Ag die Aussetzung von dessen Vollziehung beantragt. Diesen Antrag die Ag mit Schreiben vom 24.05.2017 abgelehnt. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Verfügungen. Anhaltspunkte für eine besondere Härte seien weder vorgetragen, noch ersichtlich. Über den Widerspruch ist, soweit für das Gericht ersichtlich, bislang noch nicht entschieden.
Am 14.06.2017 hat die Ast beim Sozialgericht Regensburg um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Sie hat vorgetragen, die Tätigkeit der Fahrer sei nicht als abhängige Beschäftigung mit Versicherungspflicht anzusehen. Die Vertragsgrundlagen der geprüften zwanzig Fahrer unterschieden sich nicht, ebensowenig die tatsächlichen Verhältnisse. Alle Fahrer hätten auch für andere Auftraggeber tätig sein können. Dass Herr B den Pkw seiner Mutter benutzt habe, sei ganz unerheblich. Maßgeblich sei allein, dass nicht auf Betriebsmittel des Auftraggebers zurückgegriffen werden könne, sondern die Auftragnehmer sich diese selbst organisierten müssten. In welcher Form dies geschehe, spiele keine Rolle. Die Fahrer / Auftragnehmer trügen das volle unternehmerische Risiko für etwaige Schäden am eigenen oder fremden Fahrzeug. Die Fahrer hätten bei eigenem Ausfall für Ersatz zu sorgen und diesen zu vergüten. Abhängig Beschäftigte würden für gewöhnlich pro erbrachter Arbeitsstunde bezahlt, die Fahrer erhielten eine Pauschale. Kraft Natur der Sache fänden Transportfahrten nicht in fremden Betriebsstätten statt. Das Transportfahrzeug sei Arbeitsmittel, nicht Betriebsstätte. Den Vorgaben bezüglich Lieferzeit und -route komme hier keine besondere Bedeutung zu. Diese Zeitfenster seien Kraft Natur der Tätigkeit erforderlich. Die Ast kontrolliere die Ausübung der Fahrtätigkeit im Übrigen nicht, Vorgaben zur Arbeitszeit und der Art und Weise der Tätigkeit würden nicht gemacht. Dass von der Ag als Argument angeführt werde, Fahrer benutzten im Rahmen des Auftragsverhältnisses ihren privaten Pkw und hätten sich keinen Transporter angeschafft, zeige besonders deutlich die Beliebigkeit der Argumentation. Der Nachforderung stehe zum Teil auch ein bereits unter dem 02.12.2015 ergangener Betriebsprüfungsbescheid für den Zeitraum von 01.01.2012 bis 31.12.2014 entgegen. Die Ag habe versäumt, diesen vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides aufzuheben. Zudem könnten für 2012 keine Beiträge nachgefordert werden, weil insoweit bereits Verjährung eingetreten gewesen sei.
Die Ast hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 23.05.2017 gegen den Bescheid vom 08.05.2017 anzuordnen.
Die Ag hat am 23.06.2017 die Antragsablehnung beantragt.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden nicht. Es sei mehr als ausführlich begründet worden, warum die Beitragsforderung dem Grunde und der Höhe nach bestehe. Die Ast habe in materieller Hinsicht keine neuen Sachverhalte vorgetragen, sondern nur eigene Wertungen. Der Bescheid von 2015 habe andere Betriebsprüfungsinhalte betroffen, nicht die Frage der Selbständigkeit oder abhängigen Beschäftigung der Fahrer. Die Ast habe grundsätzlich die Möglichkeit, Antrag auf Ratenzahlung oder Stundung zu stellen. Mit Schreiben vom 28.07.2017 hat sie nach zwischenzeitlich erfolgter Aktenrücksendung und Wiedervorlage ergänzend vorgetragen, es werde kein Anlass gesehen, von den im Bescheid vom 08.05.2017 getroffenen Feststellungen abzuweichen. Die betroffenen Fahrer hätten keine weiteren Auftraggeber gehabt, sie seien nur für die Ast tätig gewesen. Als Transportmittel hätten sie nur ihre bereits vorhandenen Privatfahrzeuge eingesetzt, kein speziell angeschafftes Lieferfahrzeug. Damit fehle es an einem Unternehmerrisiko. Über eigenes Personal verfügten die Fahrer nicht. Im Vergleich zu den anderen Fahrern sei bei Ihnen auch keine Unternehmerstruktur vorhanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die gerichtliche Antragsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsverfahrensakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig, § 86 a II Nr. 1, § 86 b I 1 Nr. 2 SGG.
Der Antrag ist begründet. An der Rechtmäßigkeit der von der Ag auf der Grundlage von § 28 p I 5 SGB IV erlassenen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe bestehen erhebliche Zweifel, § 86 a III 2 SGG in entsprechender Anwendung. Das Gericht ist der Ansicht, dass die sechs o.a. Fahrer nicht im Sinne von § 7 I 1 SGB IV bei der Ast als Arbeitnehmer beschäftigt sind, sondern ihre Transportdienstleistungen auf selbständiger Basis erbringen.
Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers, § 7 I 2 SGB IV. Obwohl das Gesetz also nur "Anhaltspunkte" bereithält und keine weiteren Angaben dazu macht, was unter einer "Tätigkeit nach Weisungen" und einer "Eingliederung in die Arbeitsorganisation" genau(er) zu verstehen ist, geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass § 7 SGB IV bestimmt genug ist, um den rechtsstaatlichen Anforderungen aus Art. 20 Abs. 3 GG zu genügen. Dass auf dem weiten, weiten Feld der (vertraglichen Gestaltungs-) Möglichkeiten zwischen Leistungsanbieter und -nachfrager dabei eindeutig vorhersehbare Ergebnisse der Prüfung von deren Verhältnis am Maßstab von § 7 I SGB IV ausgeschlossen sind, sieht das Bundesverfassungsgericht als unproblematisch an, da sich der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang der zulässigen und sinnvollen Rechtsfigur des Typus bedienen darf (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20.05.1996, 1 BvR 21/96). Es bleibt somit den vollziehenden Behörden und der Rechtsprechung überlassen, jede konkrete, einzelne Fallgestaltung am gesetzlich vorgegebenen Typus zu messen, also auszulegen. Dies führt(e) im Ergebnis zu einer schier unüberschaubaren Fülle von Einzelfallentscheidungen mit einer noch größeren Fülle von Abgrenzungskriterien und -versuchen, die sich aus der Sicht eines unbefangenen Betrachters nicht selten nicht miteinander in Übereinstimmung zu bringen lassen scheinen und denen eine verständliche und nachvollziehbare Systematik zumindest nicht auf der Stirn geschrieben steht. Ein wenig hilft beim Maßnehmen des Einzelfalls an den Vorgaben des § 7 I SGB IV (ergänzt durch § 1 SGB VI, § 5 SGB V, § 20 SGB XI, § 24 SGB III) der Blick über den öffentlich-rechtlichen Tellerrand. Nach § 14 BGB ist ein "Unternehmer", wer bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Freilich, was eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit genau(er) ist: Fehlanzeige. Im Gegensatz zum (selbständigen) Unternehmer ist der Arbeitnehmer nichtselbständig im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt (und also auch ein Arbeitnehmer), ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Maßgebend ist die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, nicht dessen Bezeichnung. Das sagt § 611a I BGB, dessen Begrifflichkeiten auch in der sozialversicherungsrechtlichen Auslegung stets präsent sind. Immerhin wird hier ein gewisses Maß an Differenzierung sichtbar: Abzustellen ist auf die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit, anzustellen ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände. Bei der dennoch dürftigen (einfach-)gesetzlichen Ausgangslage ist daher als wesentliche Auslegungsmaxime auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben und Wertungen zurückzugreifen. Wie die Ag in ihrem Bescheid vom 08.05.2017 richtig ausführt, ist das deutsche Sozialversicherungsrecht dem öffentlichen Recht zuzuordnen und demgemäß geprägt vom Zwangscharakter eines hoheitlichen Über-/Unterordnungsverhältnisses. "Der Staat" zwingt nämlich Leistungsanbieter und Leistungsnachfrager in das Sozialversicherungsverhältnis, wenn der eine (tatsächlich) des anderen Arbeitnehmer ist und der andere des einen Arbeitgeber, wenn mithin die Voraussetzungen des § 7 I SGB IV erfüllt sind. Dabei steht es im Rahmen der hier einschlägigen Berufsfreiheit nach Art. 12 I 1 GG jedem Leistungsanbieter im Grundsatz frei, ob er seine Dienste als abhängiger Arbeitnehmer oder als unabhängiger Unternehmer anbieten und erbringen, ob er also mit dem Leistungsnachfrager einen Arbeitsvertrag oder auf selbständiger Basis einen Dienstvertrag (ggf. Werkvertrag) abschließen will. Ebenso ist es im Rahmen der unternehmerischen Freiheit grundsätzlich allein Sache es Leistungsnachfragers, wie er seinen Bedarf an Diensten decken will, ob etwa durch das Einstellen von eigenem Personal als Arbeitnehmern, durch Leiharbeitnehmer oder dadurch, dass er sich die Dienste von anderen Unternehmern erbringen lässt. Zwingt "der Staat" somit Leistungsanbieter und -nachfrager gegen ihren Willen in ein öffentlich-rechtliches Sozialversicherungsverhältnis (so geschehen im streitgegenständlichen Fall durch die Verfügungen im Bescheid vom 08.05.2017), greift er damit bei beiden in den Schutzbereich ihres Grundrechts auf Berufsfreiheit ein. Der Eingriff betrifft dabei (nach der sog. Drei-Stufen-Theorie, vgl. BVerfGE 7, 377 und 13, 181) bei beiden nicht "nur" die Art und Weise der Berufsausübung (a.A. wohl LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.06.2017, L 10 R 592/17), sondern liegt mindestens auf der zweiten (subjektive Berufswahl), eher auf der dritten, quasi tiefsten, Eingriffsstufe der objektiven Berufswahl. Denn selbständiger Dienstleistungserbringer ist eine andere Kategorie von Beruf, als die Dienste als abhängig Beschäftigter leisten zu müssen. Ebenso betrifft es die innere Substanz unternehmerischer Tätigkeit, einen Arbeitsvertrag/Arbeitnehmer "vom Staat aufgezwungen zu bekommen", wenn man sich eigentlich nur Dienstleistungen "einkaufen" wollte. Staatliche Eingriffe, auch auf der Ebene der Berufswahl, können dabei durch den Gesetzesvorbehalt nach Art. 12 I 2 GG als (einheitlicher) Schranke gerechtfertigt sein. Voraussetzung hierfür ist, dass die staatlichen Maßnahmen dem Schutz wichtiger (zweite Eingriffsstufe) bzw. (auf der dritten Eingriffsstufe) überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter dienen (vgl. BVerfG a.a.O.). Von der Schranke seinerseits darf "der Staat" aber nicht unbeschränkt Gebrauch machen, vielmehr findet eine Wechselwirkung in dem Sinne statt, dass die Gesetze zwar dem Wortlaut nach dem Grundrecht Schranken setzen, ihrerseits aber aus der Erkenntnis der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts heraus ausgelegt und so in ihrer das Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden müssen (sog. "Schranken-Schranken", vgl. z.B. BVerfGE 7, 208 oder 99, 185). D.h. die Schranke ist (in der Tendenz eher eng) im Lichte des (in der Tendenz eher weiten) Schutzbereichs des Grundrechts auszulegen und anzuwenden. Anders ausgedrückt: Nicht das einfache Gesetz gibt den Freiheitsraum des Grundrechts vor, sondern das Grundrecht bestimmt den Geltungsrahmen des einfachen Rechts (a.A. womöglich LSG Baden-Württemberg a.a.O.). Eine formell-gesetzliche Ermächtigung für die Ag zum Erlass der Verfügungen im Bescheid vom 08.05.2017 liegt mit § 28 p I 5 in Verbindung mit § 7 I SGB IV vor. Nach Ansicht des BVerfG genügen diese Vorgaben den Bestimmtheitsanforderungen des Rechtsstaatsprinzips (s.o.). Mit dem Vorhalten eines funktionierenden Sozialversicherungssystems, wozu es auch gehört, Einnahmen durch Beiträge zu generieren, was eine Versicherungspflicht voraussetzt, verfolgt das Gesetz ohne Zweifel auch verfassungsrechtlich legitime Zwecke im Sinne des Schutzes (überragend) wichtiger Gemeinschaftsgüter. Dies entspricht auch dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 I GG. Zu berücksichtigen ist dabei aber auch die Wertung, dass (in erster Linie) der Staat sozial zu sein hat, nicht der Private (Unternehmer) und dass das Grundgesetz wirtschaftsneutral ist. Es lässt einen gewinnorientierten Kapitalismus ebenso gelten, wie unter Umständen die Vergesellschaftung der Produktionsmittel (vgl. Art. 15 GG). Und wer ihn nicht will, dem muss auch grundsätzlich nicht als Zwangsschutzbedürftigem der Mantel der Sozialversicherung umgehängt werden. Zu beachten sind darüber hinaus auch gleichheitsrechtliche Vorgaben aus Art. 3 Abs. 1 GG. Vor diesem Wertungs- und Auslegungshintergrund erweist sich nach Ansicht des Gerichts die Einordnung der "Dienstleistungsbeziehung" zwischen der Ag und den sechs Fahrern als abhängiges Beschäftigungsverhältnis und der damit verbundene Grundrechtseingriff in die Berufsfreiheit als im Ergebnis nicht gerechtfertigt. Es sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung schon die einfachgesetzlichen Vorgaben bzw. Abgrenzungsgesichtspunkte unter Berücksichtigung der Eigenart der Tätigkeit nicht erfüllt. Bei den Fahrern handelt es sich nicht um solche ohne eigenes Fahrzeug. Vielmehr benutzen sie für ihre Fahrten Fahrzeuge, die sie selbst stellen. Keineswegs verwenden sie Fahrzeuge der Ast. Es ist dabei unerheblich, ob ihnen diese Fahrzeuge gehören oder ob sie diese Fahrzeuge auch außerhalb ihrer Fahrten für die Ast nutzen. Unerheblich ist ebenfalls ob sie sich für die Fahrten für die Ast extra Fahrzeuge, wie etwa Kleintransporter, angeschafft haben. Für ihre Fahrzeuge liegt das Risiko allein bei den Fahrern. Bei einfachen Transportdienstleistungen bedarf es auch keiner dahinterstehenden Unternehmensstruktur und keiner Betriebsstätte. Das Fahrzeug ist quasi Betriebsstätte und Betriebsmittel in einem. Auch die zeitlichen Vorgaben bezüglich der Fahrten beruhen auf der Eigenart der Tätigkeit. Der Leser will in der Regel das "Produkt Tageszeitung" am frühen Morgen zugestellt bekommen haben. Danach haben sich Druck und Verteilung zu richten. Die Vorgaben sind deshalb nicht Merkmal einer Weisungsgebundenheit oder Eingliederung, sondern im Wesentlichen produktbedingt. Durchaus enge Zeitvorgaben sind im Übrigen im Bereich des Dienst- und Werkvertragsrechts keine seltenen Erscheinungen. Ebenso ist es nicht weiter bemerkenswert, wenn die Fahrer ihre Aufträge in der Regel selbst wahrnehmen und es die Ausnahme darstellt, wenn sie Ersatzfahrer einsetzen. Das dürfte der Normalfall sein bei "Kleinselbständigen". Sie könnten es jedenfalls. Das Bild des Selbständigen, der quasi tun und lassen kann, was er wann und wo will und dafür dann auch noch seine zahlreichen Mitarbeiter von der repräsentativen Firmenzentrale aus losschickt, wird in der Realität kaum eine Entsprechung finden. Zumindest würden solche Selbständigen auf dem Markt nicht lange existent sein. Es ist auch ein Bild, das die einfach- und verfassungsrechtlichen Grundlagen nicht voraussetzen. Insoweit kann es auch nicht entscheidend sein, dass die Fahrer selbst keine Arbeitnehmer beschäftigen und im Wesentlichen nur für Ast tätig sind. Es ist unter Berufsfreiheitsgesichtspunkten Sache des Selbständigen, Art und Umfang seiner Tätigkeit und damit seine Einkommensmöglichkeiten zu bestimmen. Die Ast legt den Fahrern dabei jedenfalls nichts in den Weg. Der sozialen Schutzbedürftigkeit von Kleingewerbetreibenden wird insoweit durch das Bestehen einer gegebenenfalls eigenen Versicherungspflicht als Selbständige z.B. im Rahmen von § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI Rechnung getragen. Zu berücksichtigen ist schließlich auch, dass die Fahrer mit dem eigentlichen Produkt der Ast, nämlich der Zeitung, nichts zu tun haben. Die Ast bedient sich ihrer nur zur Verteilung des Produkts, die Fahrer bringen das Produkt im wahrsten Sinne des Wortes nur auf den Weg. Sich für solche logistischen Dienste Leistungen außenstehender selbständiger Transportunternehmer einzukaufen, ist Teil der freien unternehmerischen Entscheidung. Eine organisatorische Eingliederung der Fahrer ist dabei nicht zu erkennen, trotz, s.o., produktbedingter Vorgaben. Im Übrigen kann auf die im Ergebnis zutreffenden Ausführungen in den Schriftsätzen der Antragstellerseite im vorläufigen Rechtsschutzverfahren Bezug genommen werden. Dies gilt auch im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung aus Art. 3 I GG. Wie sich aus den Verwaltungsverfahrensakten ergibt, sind die vertraglichen Grundlagen für alle Fahrer der Ast im maßgeblichen Inhalt identisch. In der Folge ist es daher nicht nachvollziehbar, die o.a. sechs Fahrer quasi zu beschäftigten Arbeitnehmern zu machen, zumal die von der Ag herangezogenen Abgrenzungskriterien nicht greifen. Somit werden (im Wesentlichen) gleichgelagerte, also vergleichbare Fälle ohne erkennbaren sachlichen Grund unterschiedlich behandelt. Auch insofern sind die Verfügungen der Ag rechtswidrig.
Auf die übrigen vorgetragenen Aspekte kommt es für die Entscheidung nicht mehr an.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a I 1 SGG, § 154 I VwGO.
IV.
Die Festsetzung des Streitwerts findet ihre Grundlage in § 197 a I 1 SGG, § 52, § 53 II Nr. 4 GKG. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist nicht der volle Wert anzusetzen, sondern ein Drittel hiervon.
Rechtskraft
Aus
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