Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 162/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 45/18
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Fachärztlich tätige Internisten können nach Nr. 13.1.9 EBM humangenetische Leistungen aus den Abschnitten 11.4.3 und 19.4.1 und 19.4.2 EBM ohne Genehmigung erbringen.
1. Unter Aufhebung des Bescheids vom 24.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 18.01.2017 wird festgestellt, dass für den Kläger die Durchführung und Abrechnung der humangenetischen Leistungen nach Nr. 11511, 11512, 11513, 11516 und 11518 EBM aus Abschn. 11.4.3 EBM, Nr. 19401, 19402, 19403 und 19404 EBM aus Abschn. 19.4.1 EBM sowie Nr. 19411, 19421 und 19424 EBM aus Abschn. 19.4.2 EBM nicht genehmigungspflichtig ist.
2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung bzw. die Frage, ob eine solche erforderlich ist, ab dem Quartal III/16 für Leistungen der Humangenetik nach Nr. 11511, 11512, 11513, 11516 und 11518 EBM aus Abschn. 11.4.3 EBM, Nr. 19401, 19402, 19403 und 19404 EBM aus Abschn. 19.4.1 EBM sowie Nr. 19411, 19421 und 19424 EBM aus Abschn. 19.4.2 EBM.
Der Kläger ist seit 28.03.2008 als Facharzt für Innere Medizin/Endokrinologie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A.Stadt zugelassen. Er war in einer Berufsausübungsgemeinschaft mit sieben weiteren Endokrinologen tätig. Seit 01.04.2017 ist er in einem MVZ tätig.
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 02.05.2016, was er mit Schreiben vom 16.06.2016 weiter erläuterte, wegen der Änderung des EBM zum 01.07.2016 die Genehmigung zur Abrechnung verschiedener Leistungen wie bisher aus Abschn. 11.3 (Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM) und 11.4.2 (Nr. 32860, 32861 und 32863) sowie der strittigen Leistungen, zusätzlich noch Nr. 11516 und 11517 EBM aus Abschn. 11.4.3 EBM und Nr. 11521 und 11522 aus Abschn. 11.4.4 EBM.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Bescheid vom 10.08.2016 mit, die Nr. 11521 und 11522 EBM seien ohne gesonderte Genehmigung widerruflich abrechnungsfähig, da dem Kläger bereits eine Genehmigung zu den nun aufgehobenen Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM erteilt worden sei. Die Pauschale nach Nr. 11301 sei nach Nr. 9 der Präambel 13.1 widerruflich berechnungsfähig. Im Übrigen lehnte sie den Antrag ab. Angesichts der ab 01.01.2011 vorgenommenen Einschränkung der Berechnungsfähigkeit der bisherigen Gebührenordnungspositionen nach Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM und der aktuellen Neufassung der humangenetischen Laborleistungen seien die Nr. 11511, 11513, 11516 und 11517 ("seltene" Erkrankungen) sowie Nr. 11512 und 11518 nicht berechnungsfähig. Nr. 9 der Präambel 13.1 verweise nur auf die Abschn. 11.3, 11.4.1, 11.4.3, 11.4.4 und 19.4, weshalb Leistungen aus Abschn. 11.4.2 nicht abgerechnet werden könnten. Wegen der Einschränkung der Berechnungsfähigkeit der bisherigen Gebührenordnungspositionen nach Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM seien die Leistungen nach Nr. 19411, 19421 und 19424 EBM nicht berechnungsfähig, weshalb auch die Pauschalen Nr. 19401 und 19404 EBM im neuen Abschn. 19.4.1 nicht abgerechnet werden könnten.
Hiergegen legte der Kläger am 25.08.2016 Widerspruch ein. Zur Begründung seines Widerspruchs erläuterte er seine Arbeitsweise und wozu der die Leistungen brauche.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 18.01.2017 den Widerspruch als unbegründet zurück. In den Bescheidgründen führte sie aus, der Kläger könne nach Nr. 9 der Präambel 13.1 zusätzlich die Leistungen der Abschnitte 11.3, 11.4.1, 11.4.3, 11.4.4 und 19.4 abrechnen, sofern die entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen vorlägen. Mit Wirkung zum 01.01.2011 sei der Abschnitt 11.4 für Leistungen der indikationsbezogenen molekulargenetischen Stufendiagnostik geschaffen worden. Damit seien schon ab diesem Zeitpunkt die Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM für molekulargenetische Untersuchungen nicht mehr berechnungsfähig gewesen, für die der Kläger eine Genehmigung gehabt habe. Sie habe in der Vergangenheit versäumt, diese Regelungen von der Vergütung auszuschließen, woraus aber kein Vertrauensschutz erwachse. Mit der Weiterentwicklung der humangenetischen Laborleistungen des EBM seien die in Abschnitt 11.3 befindlichen Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM mit Wirkung zum 01.07.2016 gestrichen worden. Abschnitte 11.4 und 19.4 seien neu geregelt worden. Bzgl. der "seltenen" Erkrankungen seien Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM in die Nr. 11511, 11513, 11514,11515 und 11517 EBM sowie hinsichtlich der nicht "seltenen" Erkrankungen in Nr. 11521 und 11522 EBM überführt worden. Die Nr. 11511, 11513, 11516 und 11517 EBM sowie Nr. 11512 und 11518 EBM seien zu Recht von der Abrechnung ausgeschlossen worden. Auch die Leistungen aus Abschnitt 19.4 seien nicht abrechnungsfähig. Von daher sei die ablehnende Entscheidung hinsichtlich der Pauschalen nach Nr. 19401 und 19404 EBM rechtmäßig. Eine Überprüfung der Abrechnung habe ergeben, dass bei den in der Praxis behandelten Patienten mit "seltenen" Erkrankungen der primäre Einsatz der genetischen Diagnostik nicht erforderlich sei und aus diesem Grund eine Genehmigung nicht erteilt werden könne. Andere diagnostische Verfahren seien vorzuziehen und ausreichend. Eine andere Entscheidung könne auch nicht aus Gründen der Sicherstellung getroffen werden. Von den Regelungen des EBM könne nicht abgewichen werden.
Hiergegen hat der Kläger am 20.02.2017 die Klage erhoben. Er trägt vor, er verfüge über die geforderten entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen. Er habe vor Überarbeitung des EBM zum 01.07.2016 verschiedene, im Einzelnen aufgeführte Diagnoseverfahren nach Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM sowie Abschnitt 11.4 und Nr. 32860, 32861 und 32863 EBM erbracht. Er sei berechtigt gewesen, die Leistungen nach Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM bis zum 30.06.2016 zu erbringen. Die Beklagte habe die molekulargenetische Diagnoseleistung als Praxisbesonderheit gewertet und deshalb wiederholt Erhöhungen des RLV gewährt, bevor diese Leistungen in 2013 aus dem RLV herausgefallen seien. Die Nr. 11511 ersetze die bisherigen Nr. 11320 und 11321 EBM. Bei 8.000 bis 9.000 Patienten im Jahr beträfen die abgerechneten Untersuchungen nur einen kleinen Teil der Patienten, für den sie erforderlich seien. Nr. 11511 bis 11513 EBM seien den seltenen Erkrankungen vorbehalten. Die bisher ebf. mit Nr. 11320 und 11321 EBM abgerechnete Diagnostik bei Tumorerkrankungen werde in den neuen Abschnitt 19.4 EBM verlagert. Die Abrechnung der gegenständlichen Leistungen sei ausdrücklich unter 13.1.9 EBM vorgesehen. Im Einzelnen wird auf die Schriftsätze seiner Prozessbevollmächtigten vom 27.07.2017, 06.11.2017, 23.01.2018, 27.03.2018, 30.04.2018, 30.06.2018 und 25.07.2018 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids vom 24.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 18.01.2017 festzustellen, dass für ihn die Durchführung und Abrechnung der humangenetischen Leistungen nach Nr. 11511, 11512, 11513, 11516 und 11518 EBM aus Abschn. 11.4.3 EBM, Nr. 19401, 19402, 19403 und 19404 EBM aus Abschn. 19.4.1 EBM sowie Nr. 19411, 19421 und 19424 EBM aus Abschn. 19.4.2 EBM nicht genehmigungspflichtig ist,
hilfsweise
die Genehmigung für diese Leistungen zu erteilen,
weiter hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist unter weitgehender Wiederholung ihrer Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid weiterhin der Auffassung, dass die strittigen Leistungen vom Kläger nicht genehmigt werden könnten. Obschon eine wortlautorientierte Auslegung des EBM nicht für eine Genehmigungspflicht spreche, folge die Genehmigungspflicht aus der Präambel 11.1.1 Alternative 3. Weitergehende inhaltliche Anforderungen an diese Genehmigung ließen sich dem EBM-Text nicht entnehmen. Die Präambel zu Kap. 11.4 regele verschiedene fallbezogene Voraussetzungen (u. a. Stufendiagnostik, seltene Erkrankungen etc.), jedoch keine arztbezogenen Einschränkungen. Demnach dürfte die Abrechnung der Leistungen aus Kapiteln 11.4.1, 11.4.3 und 11.4.4 grundsätzlich genehmigungspflichtig sein. Die Präambel zu Kapitel 19 sehe keine Genehmigungspflicht vor. Es müsse aber die Historie der einschlägigen EBM-Regelungen mit berücksichtigt werden. Nach Maßgabe der in den Quartalen I/11 bis II/16 geltenden neuen Präambel 11.1.11 sind die Gebührenordnungspositionen 11320 bis 11322 nicht berechnungsfähig, wenn die Diagnostik mit Kapitel 11.4 vorgenommen werden kann (molekulargenetische Stufendiagnostik). Die Präambel 11.4 EBM enthalte zudem verschiedene patienten- und diagnosebezogene Voraussetzungen. Präambel 11.4.5 EBM setzte eine Genehmigung für Kapitel 11.4.2 EBM nach der Qualitätssicherungsvereinbarung voraus. Für die Abrechnung der Leistungen aus Kapitel 11 benötige der Kläger seit jeher eine EBM-Genehmigung. Präambel 13.1.9 EBM gehe von entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen aus. Im Ergebnis sei daher eine Genehmigung erforderlich. Zudem ergebe sich aus dem systematischen Vergleich der Kapitel 11 und 19 EBM und damit aus dem Umstand der unterschiedlich Regelungen, dass es einer Genehmigung für Kapitel 11 bedürfe. Genehmigungsvoraussetzungen seien nicht erkennbar. Die Abrechnung der Leistungen nach Kapitel 19.4.1 und 19.4.2 EBM erfordere keine Genehmigung. Auch aus den Leistungslegenden ergebe sich kein Genehmigungserfordernis. Die Einhaltung der jeweiligen Abrechnungsvoraussetzungen wäre eine Frage der Abrechnungsprüfung im einzelnen Behandlungsfall. Im Ergebnis dürfte eine Genehmigung für Kapitel 11.3, 11.4.1, 11.4.3 und 11.4.4 bzw. deren jeweils einschlägigen Gebührenordnungspositionen erforderlich sein. Die Leistungen aus Kapitel 19.4.1 und 19.4.2 EBM seien wohl ohne Genehmigung abrechenbar. Die sonstigen Voraussetzungen gem. EBM seien jeweils zu beachten. Dies dürfte dazu führen, dass die Gebührenordnungspositionen aus Kapitel 11 EBM vermutlich nur in wenigen Ausnahmefällen abgerechnet werden könnten. Aufgrund der speziellen und besonderen Umstände dieses Einzelfalles und der Relevanz hinsichtlich der Vorgaben der KBV zu dieser Thematik werde eine streitige Entscheidung durch das Gericht angestrebt. Im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 18.09.2017, 06.12.2017, 19.03.2018, 19.03.2018, 26.04.2018, 22.05.2018, 27.06.2018, 25.07.2018, 08.08.2018 und 19.11.2018 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insb. form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Zulässige Klageart ist die Feststellungsklage. Mit der Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Der Kläger hat ursprünglich eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage innerhalb der für diese Klageart geltenden Anfechtungsfrist (§ 87 SGG) erhoben. Diese Klage konnte er umstellen, da für die von ihm beantragten Leistungen eine Genehmigung nicht erforderlich ist. Hierfür hat er ein Feststellungsinteresse, da die Beklagte weiterhin auf dem Standpunkt steht, dass für diese Leistungen eine Genehmigung erforderlich sei.
Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid vom 24.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 18.01.2017 ist, soweit er die humangenetischen Leistungen nach Nr. 11511, 11512, 11513, 11516 und 11518 EBM aus Abschn. 11.4.3 EBM, Nr. 19401, 19402, 19403 und 19404 EBM aus Abschn. 19.4.1 EBM sowie Nr. 19411, 19421 und 19424 EBM aus Abschn. 19.4.2 EBM betrifft, rechtswidrig. Er war daher insoweit aufzuheben. Die Durchführung und Abrechnung der humangenetischen Leistungen nach Nr. 11511, 11512, 11513, 11516 und 11518 EBM aus Abschn. 11.4.3 EBM, Nr. 19401, 19402, 19403 und 19404 EBM aus Abschn. 19.4.1 EBM sowie Nr. 19411, 19421 und 19424 EBM aus Abschn. 19.4.2 EBM ist nicht genehmigungspflichtig. Der Klage war stattzugeben.
Der angefochtene Bescheid vom 24.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 18.01.2017 ist, soweit er die humangenetischen Leistungen nach Nr. 11511, 11512, 11513, 11516 und 11518 EBM aus Abschn. 11.4.3 EBM, Nr. 19401, 19402, 19403 und 19404 EBM aus Abschn. 19.4.1 EBM sowie Nr. 19411, 19421 und 19424 EBM aus Abschn. 19.4.2 EBM betrifft, rechtswidrig. Mit der Ablehnung der Genehmigung hat die Beklagte verneint, dass der Kläger berechtigt sei, diese Leistungen abzurechnen. Dies war rechtswidrig.
Die Durchführung und Abrechnung der humangenetischen Leistungen nach Nr. 11511, 11512, 11513, 11516 und 11518 EBM aus Abschn. 11.4.3 EBM, Nr. 19401, 19402, 19403 und 19404 EBM aus Abschn. 19.4.1 EBM sowie Nr. 19411, 19421 und 19424 EBM aus Abschn. 19.4.2 EBM ist für den Kläger nicht genehmigungspflichtig.
Der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) sieht, insofern unverändert seit dem Quartal III/16, eine Genehmigungspflicht nicht vor. Insofern fehlt es auch an einer Ermächtigungsgrundlage für eine Versagung der Genehmigung durch die Beklagte.
Der Kläger ist als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Endokrinologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Als solcher ist er berechtigt, die strittigen Leistungen zu erbringen und abzurechnen.
Nach Nr. 13.1.9 EBM sind für Internisten außer den in diesem Kapitel genannten Gebührenordnungspositionen bei Vorliegen der entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen - unbeschadet der Regelungen gemäß 5 und 6.2 der Allgemeinen Bestimmungen - zusätzlich die Gebührenordnungspositionen der Abschnitte 11.3, 11.4.1, 11.4.3, 11.4.4 und 19.4 berechnungsfähig. Dazu gehören die strittigen Leistungen.
Abschnitt 11.4.3 EBM "In-vitro-Diagnostik konstitutioneller genetischer Veränderungen bei syndromalen oder seltenen Erkrankungen" umfasst Nr. 11501 bis 11518 EBM, Abschnitt 19.4 "In-vitro-Diagnostik tumorgenetischer Veränderungen" umfasst Nr. 19401 bis 19456 bzw. aktuell im Quartal IV/18 bis Nr. 19460 EBM bzw. die beiden Unterabschnitte 19.4.1 "Pauschalen der in-vitro-Diagnostik tumorgenetischer Veränderungen" Nr. 19401 bis 19406 und 19.4.2 "In-vitro-Diagnostik tumorgenetischer Veränderungen Nr. 19410 bis 19426 EBM. Besondere Qualifikationsvoraussetzungen werden nicht aufgestellt. Soweit Nr. 13.1.9 EBM das Vorliegen der entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen verlangt, werden Qualifikationsvoraussetzungen weder im Kapitel 13 noch im Kapitel 11 noch in einer sonstigen Rechtsnorm aufgestellt.
Nach Nr. 11.1 EBM können die in diesem Kapitel aufgeführten Gebührenordnungspositionen ausschließlich von
- Fachärzten für Humangenetik,
- Vertragsärzten mit der Zusatzbezeichnung Medizinische Genetik, Kassenärztliche Bundesvereinigung KBV
- Vertragsärzten, die Auftragsleistungen des Kapitels 11 erbringen und über eine Genehmigung zur Abrechnung der Gebührenordnungspositionen dieses Kapitels verfügen, berechnet werden.
Nr. 13.1.9 EBM ist aber die speziellere Vorschrift. Insofern können zusätzliche Voraussetzungen in Nr. 11.1 EBM nicht aufgestellt werden. Der generelle Verweis in Nr. 13.1.9 EBM auf die Abschnitte 11.3, 11.4.1, 11.4.3, 11.4.4 liefe weitgehend ins Leere und würde unter einen Genehmigungsvorbehalt gestellt werden.
Nr. 11.1 EBM legt nur den Kreis der Ärzte fest, für die Kapitel 11 gilt. Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass insb. der dritte Spiegelstrich für den Kläger zur Anwendung kommt, würde lediglich eine Genehmigung vorausgesetzt werden. Weder regelt der EBM, unter welchen Voraussetzungen eine Genehmigung erteilt werden kann, noch wer für die Erteilung zuständig ist. Wollte man hierin eine Ermächtigungsnorm für die Kassenärztliche Vereinigung sehen, so wäre sie zu unbestimmt, da dann im EBM selbst oder durch die Bundesmantelvertragspartner die Voraussetzungen geregelt werden müssten. Hinzu kommt, dass der dritte Spiegelstrich der Nr. 11.1 EBM nur für Auftragsleistungen gilt. Der Kläger möchte die Leistungen aber für eigene Patienten erbringen.
Auftragsleistungen setzen eine Überweisung voraus. Die Überweisung muss die Definition der Leistungen nach Art und Umfang (Definitionsauftrag) oder eine Indikationsangabe mit Empfehlung der Methode (Indikationsauftrag) enthalten (§ 24 Abs. 7 Nr. 1 Satz 1 BMV-Ä). Für den Bereich der hier strittigen Leistungen gilt, dass Leistungen der Abschnitte 11.4 und 19.4 EBM nur als Auftragsleistung zulässig sind (§ 24 Abs. 8 Satz 1 BMV-Ä). Soweit es sich aber wie hier nicht um Auftragsleistungen geht, besteht keine Einschränkung.
Die Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 SGB V zur Erbringung von molekulargenetischen Untersuchungen bei monogenen Erkrankungen (Qualitätssicherungsvereinbarung Molekulargenetik) in der Fassung vom 1. April 2017 betrifft nach § 1 Abs. 1 nur Unterabschnitt 11.4.2 EBM und damit nicht die hier strittigen Leistungen. Weitere Vereinbarungen von Qualitätssicherungsmaßnahmen bzgl. der hier strittigen Leistungen sind nicht ersichtlich. Aus den Gründen zu den Beschlüssen des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 372. Sitzung am 11. März 2016 und in seiner 376. Sitzung am 22. Juni 2016 geht gleichfalls nicht hervor, dass Regelungen für einen weiteren Genehmigungsvorbehalt getroffen werden sollten.
Bzgl. der strittigen Leistungen aus Kapitel 19 EBM räumt nunmehr auch die Beklagte ein, dass weder Kapitel 13 noch Kapitel 19 EBM eine Genehmigungspflicht vorsehen, so dass die Leistungen aus Kapitel 19.4.1 und 19.4.2 EBM ohne Genehmigung abrechenbar sind.
Nach allem war der Klage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung bzw. die Frage, ob eine solche erforderlich ist, ab dem Quartal III/16 für Leistungen der Humangenetik nach Nr. 11511, 11512, 11513, 11516 und 11518 EBM aus Abschn. 11.4.3 EBM, Nr. 19401, 19402, 19403 und 19404 EBM aus Abschn. 19.4.1 EBM sowie Nr. 19411, 19421 und 19424 EBM aus Abschn. 19.4.2 EBM.
Der Kläger ist seit 28.03.2008 als Facharzt für Innere Medizin/Endokrinologie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A.Stadt zugelassen. Er war in einer Berufsausübungsgemeinschaft mit sieben weiteren Endokrinologen tätig. Seit 01.04.2017 ist er in einem MVZ tätig.
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 02.05.2016, was er mit Schreiben vom 16.06.2016 weiter erläuterte, wegen der Änderung des EBM zum 01.07.2016 die Genehmigung zur Abrechnung verschiedener Leistungen wie bisher aus Abschn. 11.3 (Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM) und 11.4.2 (Nr. 32860, 32861 und 32863) sowie der strittigen Leistungen, zusätzlich noch Nr. 11516 und 11517 EBM aus Abschn. 11.4.3 EBM und Nr. 11521 und 11522 aus Abschn. 11.4.4 EBM.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Bescheid vom 10.08.2016 mit, die Nr. 11521 und 11522 EBM seien ohne gesonderte Genehmigung widerruflich abrechnungsfähig, da dem Kläger bereits eine Genehmigung zu den nun aufgehobenen Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM erteilt worden sei. Die Pauschale nach Nr. 11301 sei nach Nr. 9 der Präambel 13.1 widerruflich berechnungsfähig. Im Übrigen lehnte sie den Antrag ab. Angesichts der ab 01.01.2011 vorgenommenen Einschränkung der Berechnungsfähigkeit der bisherigen Gebührenordnungspositionen nach Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM und der aktuellen Neufassung der humangenetischen Laborleistungen seien die Nr. 11511, 11513, 11516 und 11517 ("seltene" Erkrankungen) sowie Nr. 11512 und 11518 nicht berechnungsfähig. Nr. 9 der Präambel 13.1 verweise nur auf die Abschn. 11.3, 11.4.1, 11.4.3, 11.4.4 und 19.4, weshalb Leistungen aus Abschn. 11.4.2 nicht abgerechnet werden könnten. Wegen der Einschränkung der Berechnungsfähigkeit der bisherigen Gebührenordnungspositionen nach Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM seien die Leistungen nach Nr. 19411, 19421 und 19424 EBM nicht berechnungsfähig, weshalb auch die Pauschalen Nr. 19401 und 19404 EBM im neuen Abschn. 19.4.1 nicht abgerechnet werden könnten.
Hiergegen legte der Kläger am 25.08.2016 Widerspruch ein. Zur Begründung seines Widerspruchs erläuterte er seine Arbeitsweise und wozu der die Leistungen brauche.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 18.01.2017 den Widerspruch als unbegründet zurück. In den Bescheidgründen führte sie aus, der Kläger könne nach Nr. 9 der Präambel 13.1 zusätzlich die Leistungen der Abschnitte 11.3, 11.4.1, 11.4.3, 11.4.4 und 19.4 abrechnen, sofern die entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen vorlägen. Mit Wirkung zum 01.01.2011 sei der Abschnitt 11.4 für Leistungen der indikationsbezogenen molekulargenetischen Stufendiagnostik geschaffen worden. Damit seien schon ab diesem Zeitpunkt die Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM für molekulargenetische Untersuchungen nicht mehr berechnungsfähig gewesen, für die der Kläger eine Genehmigung gehabt habe. Sie habe in der Vergangenheit versäumt, diese Regelungen von der Vergütung auszuschließen, woraus aber kein Vertrauensschutz erwachse. Mit der Weiterentwicklung der humangenetischen Laborleistungen des EBM seien die in Abschnitt 11.3 befindlichen Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM mit Wirkung zum 01.07.2016 gestrichen worden. Abschnitte 11.4 und 19.4 seien neu geregelt worden. Bzgl. der "seltenen" Erkrankungen seien Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM in die Nr. 11511, 11513, 11514,11515 und 11517 EBM sowie hinsichtlich der nicht "seltenen" Erkrankungen in Nr. 11521 und 11522 EBM überführt worden. Die Nr. 11511, 11513, 11516 und 11517 EBM sowie Nr. 11512 und 11518 EBM seien zu Recht von der Abrechnung ausgeschlossen worden. Auch die Leistungen aus Abschnitt 19.4 seien nicht abrechnungsfähig. Von daher sei die ablehnende Entscheidung hinsichtlich der Pauschalen nach Nr. 19401 und 19404 EBM rechtmäßig. Eine Überprüfung der Abrechnung habe ergeben, dass bei den in der Praxis behandelten Patienten mit "seltenen" Erkrankungen der primäre Einsatz der genetischen Diagnostik nicht erforderlich sei und aus diesem Grund eine Genehmigung nicht erteilt werden könne. Andere diagnostische Verfahren seien vorzuziehen und ausreichend. Eine andere Entscheidung könne auch nicht aus Gründen der Sicherstellung getroffen werden. Von den Regelungen des EBM könne nicht abgewichen werden.
Hiergegen hat der Kläger am 20.02.2017 die Klage erhoben. Er trägt vor, er verfüge über die geforderten entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen. Er habe vor Überarbeitung des EBM zum 01.07.2016 verschiedene, im Einzelnen aufgeführte Diagnoseverfahren nach Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM sowie Abschnitt 11.4 und Nr. 32860, 32861 und 32863 EBM erbracht. Er sei berechtigt gewesen, die Leistungen nach Nr. 11320, 11321 und 11322 EBM bis zum 30.06.2016 zu erbringen. Die Beklagte habe die molekulargenetische Diagnoseleistung als Praxisbesonderheit gewertet und deshalb wiederholt Erhöhungen des RLV gewährt, bevor diese Leistungen in 2013 aus dem RLV herausgefallen seien. Die Nr. 11511 ersetze die bisherigen Nr. 11320 und 11321 EBM. Bei 8.000 bis 9.000 Patienten im Jahr beträfen die abgerechneten Untersuchungen nur einen kleinen Teil der Patienten, für den sie erforderlich seien. Nr. 11511 bis 11513 EBM seien den seltenen Erkrankungen vorbehalten. Die bisher ebf. mit Nr. 11320 und 11321 EBM abgerechnete Diagnostik bei Tumorerkrankungen werde in den neuen Abschnitt 19.4 EBM verlagert. Die Abrechnung der gegenständlichen Leistungen sei ausdrücklich unter 13.1.9 EBM vorgesehen. Im Einzelnen wird auf die Schriftsätze seiner Prozessbevollmächtigten vom 27.07.2017, 06.11.2017, 23.01.2018, 27.03.2018, 30.04.2018, 30.06.2018 und 25.07.2018 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids vom 24.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 18.01.2017 festzustellen, dass für ihn die Durchführung und Abrechnung der humangenetischen Leistungen nach Nr. 11511, 11512, 11513, 11516 und 11518 EBM aus Abschn. 11.4.3 EBM, Nr. 19401, 19402, 19403 und 19404 EBM aus Abschn. 19.4.1 EBM sowie Nr. 19411, 19421 und 19424 EBM aus Abschn. 19.4.2 EBM nicht genehmigungspflichtig ist,
hilfsweise
die Genehmigung für diese Leistungen zu erteilen,
weiter hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist unter weitgehender Wiederholung ihrer Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid weiterhin der Auffassung, dass die strittigen Leistungen vom Kläger nicht genehmigt werden könnten. Obschon eine wortlautorientierte Auslegung des EBM nicht für eine Genehmigungspflicht spreche, folge die Genehmigungspflicht aus der Präambel 11.1.1 Alternative 3. Weitergehende inhaltliche Anforderungen an diese Genehmigung ließen sich dem EBM-Text nicht entnehmen. Die Präambel zu Kap. 11.4 regele verschiedene fallbezogene Voraussetzungen (u. a. Stufendiagnostik, seltene Erkrankungen etc.), jedoch keine arztbezogenen Einschränkungen. Demnach dürfte die Abrechnung der Leistungen aus Kapiteln 11.4.1, 11.4.3 und 11.4.4 grundsätzlich genehmigungspflichtig sein. Die Präambel zu Kapitel 19 sehe keine Genehmigungspflicht vor. Es müsse aber die Historie der einschlägigen EBM-Regelungen mit berücksichtigt werden. Nach Maßgabe der in den Quartalen I/11 bis II/16 geltenden neuen Präambel 11.1.11 sind die Gebührenordnungspositionen 11320 bis 11322 nicht berechnungsfähig, wenn die Diagnostik mit Kapitel 11.4 vorgenommen werden kann (molekulargenetische Stufendiagnostik). Die Präambel 11.4 EBM enthalte zudem verschiedene patienten- und diagnosebezogene Voraussetzungen. Präambel 11.4.5 EBM setzte eine Genehmigung für Kapitel 11.4.2 EBM nach der Qualitätssicherungsvereinbarung voraus. Für die Abrechnung der Leistungen aus Kapitel 11 benötige der Kläger seit jeher eine EBM-Genehmigung. Präambel 13.1.9 EBM gehe von entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen aus. Im Ergebnis sei daher eine Genehmigung erforderlich. Zudem ergebe sich aus dem systematischen Vergleich der Kapitel 11 und 19 EBM und damit aus dem Umstand der unterschiedlich Regelungen, dass es einer Genehmigung für Kapitel 11 bedürfe. Genehmigungsvoraussetzungen seien nicht erkennbar. Die Abrechnung der Leistungen nach Kapitel 19.4.1 und 19.4.2 EBM erfordere keine Genehmigung. Auch aus den Leistungslegenden ergebe sich kein Genehmigungserfordernis. Die Einhaltung der jeweiligen Abrechnungsvoraussetzungen wäre eine Frage der Abrechnungsprüfung im einzelnen Behandlungsfall. Im Ergebnis dürfte eine Genehmigung für Kapitel 11.3, 11.4.1, 11.4.3 und 11.4.4 bzw. deren jeweils einschlägigen Gebührenordnungspositionen erforderlich sein. Die Leistungen aus Kapitel 19.4.1 und 19.4.2 EBM seien wohl ohne Genehmigung abrechenbar. Die sonstigen Voraussetzungen gem. EBM seien jeweils zu beachten. Dies dürfte dazu führen, dass die Gebührenordnungspositionen aus Kapitel 11 EBM vermutlich nur in wenigen Ausnahmefällen abgerechnet werden könnten. Aufgrund der speziellen und besonderen Umstände dieses Einzelfalles und der Relevanz hinsichtlich der Vorgaben der KBV zu dieser Thematik werde eine streitige Entscheidung durch das Gericht angestrebt. Im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 18.09.2017, 06.12.2017, 19.03.2018, 19.03.2018, 26.04.2018, 22.05.2018, 27.06.2018, 25.07.2018, 08.08.2018 und 19.11.2018 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insb. form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Zulässige Klageart ist die Feststellungsklage. Mit der Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Der Kläger hat ursprünglich eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage innerhalb der für diese Klageart geltenden Anfechtungsfrist (§ 87 SGG) erhoben. Diese Klage konnte er umstellen, da für die von ihm beantragten Leistungen eine Genehmigung nicht erforderlich ist. Hierfür hat er ein Feststellungsinteresse, da die Beklagte weiterhin auf dem Standpunkt steht, dass für diese Leistungen eine Genehmigung erforderlich sei.
Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid vom 24.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 18.01.2017 ist, soweit er die humangenetischen Leistungen nach Nr. 11511, 11512, 11513, 11516 und 11518 EBM aus Abschn. 11.4.3 EBM, Nr. 19401, 19402, 19403 und 19404 EBM aus Abschn. 19.4.1 EBM sowie Nr. 19411, 19421 und 19424 EBM aus Abschn. 19.4.2 EBM betrifft, rechtswidrig. Er war daher insoweit aufzuheben. Die Durchführung und Abrechnung der humangenetischen Leistungen nach Nr. 11511, 11512, 11513, 11516 und 11518 EBM aus Abschn. 11.4.3 EBM, Nr. 19401, 19402, 19403 und 19404 EBM aus Abschn. 19.4.1 EBM sowie Nr. 19411, 19421 und 19424 EBM aus Abschn. 19.4.2 EBM ist nicht genehmigungspflichtig. Der Klage war stattzugeben.
Der angefochtene Bescheid vom 24.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 18.01.2017 ist, soweit er die humangenetischen Leistungen nach Nr. 11511, 11512, 11513, 11516 und 11518 EBM aus Abschn. 11.4.3 EBM, Nr. 19401, 19402, 19403 und 19404 EBM aus Abschn. 19.4.1 EBM sowie Nr. 19411, 19421 und 19424 EBM aus Abschn. 19.4.2 EBM betrifft, rechtswidrig. Mit der Ablehnung der Genehmigung hat die Beklagte verneint, dass der Kläger berechtigt sei, diese Leistungen abzurechnen. Dies war rechtswidrig.
Die Durchführung und Abrechnung der humangenetischen Leistungen nach Nr. 11511, 11512, 11513, 11516 und 11518 EBM aus Abschn. 11.4.3 EBM, Nr. 19401, 19402, 19403 und 19404 EBM aus Abschn. 19.4.1 EBM sowie Nr. 19411, 19421 und 19424 EBM aus Abschn. 19.4.2 EBM ist für den Kläger nicht genehmigungspflichtig.
Der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) sieht, insofern unverändert seit dem Quartal III/16, eine Genehmigungspflicht nicht vor. Insofern fehlt es auch an einer Ermächtigungsgrundlage für eine Versagung der Genehmigung durch die Beklagte.
Der Kläger ist als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Endokrinologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Als solcher ist er berechtigt, die strittigen Leistungen zu erbringen und abzurechnen.
Nach Nr. 13.1.9 EBM sind für Internisten außer den in diesem Kapitel genannten Gebührenordnungspositionen bei Vorliegen der entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen - unbeschadet der Regelungen gemäß 5 und 6.2 der Allgemeinen Bestimmungen - zusätzlich die Gebührenordnungspositionen der Abschnitte 11.3, 11.4.1, 11.4.3, 11.4.4 und 19.4 berechnungsfähig. Dazu gehören die strittigen Leistungen.
Abschnitt 11.4.3 EBM "In-vitro-Diagnostik konstitutioneller genetischer Veränderungen bei syndromalen oder seltenen Erkrankungen" umfasst Nr. 11501 bis 11518 EBM, Abschnitt 19.4 "In-vitro-Diagnostik tumorgenetischer Veränderungen" umfasst Nr. 19401 bis 19456 bzw. aktuell im Quartal IV/18 bis Nr. 19460 EBM bzw. die beiden Unterabschnitte 19.4.1 "Pauschalen der in-vitro-Diagnostik tumorgenetischer Veränderungen" Nr. 19401 bis 19406 und 19.4.2 "In-vitro-Diagnostik tumorgenetischer Veränderungen Nr. 19410 bis 19426 EBM. Besondere Qualifikationsvoraussetzungen werden nicht aufgestellt. Soweit Nr. 13.1.9 EBM das Vorliegen der entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen verlangt, werden Qualifikationsvoraussetzungen weder im Kapitel 13 noch im Kapitel 11 noch in einer sonstigen Rechtsnorm aufgestellt.
Nach Nr. 11.1 EBM können die in diesem Kapitel aufgeführten Gebührenordnungspositionen ausschließlich von
- Fachärzten für Humangenetik,
- Vertragsärzten mit der Zusatzbezeichnung Medizinische Genetik, Kassenärztliche Bundesvereinigung KBV
- Vertragsärzten, die Auftragsleistungen des Kapitels 11 erbringen und über eine Genehmigung zur Abrechnung der Gebührenordnungspositionen dieses Kapitels verfügen, berechnet werden.
Nr. 13.1.9 EBM ist aber die speziellere Vorschrift. Insofern können zusätzliche Voraussetzungen in Nr. 11.1 EBM nicht aufgestellt werden. Der generelle Verweis in Nr. 13.1.9 EBM auf die Abschnitte 11.3, 11.4.1, 11.4.3, 11.4.4 liefe weitgehend ins Leere und würde unter einen Genehmigungsvorbehalt gestellt werden.
Nr. 11.1 EBM legt nur den Kreis der Ärzte fest, für die Kapitel 11 gilt. Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass insb. der dritte Spiegelstrich für den Kläger zur Anwendung kommt, würde lediglich eine Genehmigung vorausgesetzt werden. Weder regelt der EBM, unter welchen Voraussetzungen eine Genehmigung erteilt werden kann, noch wer für die Erteilung zuständig ist. Wollte man hierin eine Ermächtigungsnorm für die Kassenärztliche Vereinigung sehen, so wäre sie zu unbestimmt, da dann im EBM selbst oder durch die Bundesmantelvertragspartner die Voraussetzungen geregelt werden müssten. Hinzu kommt, dass der dritte Spiegelstrich der Nr. 11.1 EBM nur für Auftragsleistungen gilt. Der Kläger möchte die Leistungen aber für eigene Patienten erbringen.
Auftragsleistungen setzen eine Überweisung voraus. Die Überweisung muss die Definition der Leistungen nach Art und Umfang (Definitionsauftrag) oder eine Indikationsangabe mit Empfehlung der Methode (Indikationsauftrag) enthalten (§ 24 Abs. 7 Nr. 1 Satz 1 BMV-Ä). Für den Bereich der hier strittigen Leistungen gilt, dass Leistungen der Abschnitte 11.4 und 19.4 EBM nur als Auftragsleistung zulässig sind (§ 24 Abs. 8 Satz 1 BMV-Ä). Soweit es sich aber wie hier nicht um Auftragsleistungen geht, besteht keine Einschränkung.
Die Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 SGB V zur Erbringung von molekulargenetischen Untersuchungen bei monogenen Erkrankungen (Qualitätssicherungsvereinbarung Molekulargenetik) in der Fassung vom 1. April 2017 betrifft nach § 1 Abs. 1 nur Unterabschnitt 11.4.2 EBM und damit nicht die hier strittigen Leistungen. Weitere Vereinbarungen von Qualitätssicherungsmaßnahmen bzgl. der hier strittigen Leistungen sind nicht ersichtlich. Aus den Gründen zu den Beschlüssen des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 372. Sitzung am 11. März 2016 und in seiner 376. Sitzung am 22. Juni 2016 geht gleichfalls nicht hervor, dass Regelungen für einen weiteren Genehmigungsvorbehalt getroffen werden sollten.
Bzgl. der strittigen Leistungen aus Kapitel 19 EBM räumt nunmehr auch die Beklagte ein, dass weder Kapitel 13 noch Kapitel 19 EBM eine Genehmigungspflicht vorsehen, so dass die Leistungen aus Kapitel 19.4.1 und 19.4.2 EBM ohne Genehmigung abrechenbar sind.
Nach allem war der Klage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved