S 20 SF 44/18 E

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
20
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 SF 44/18 E
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 15.02.2018 gegen den Beschluss vom 31.01.2018 über die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagenwerden die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 529,55 EUR inklusive Umsatzsteuer festgesetzt Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I. Der Erinnerungsführer begehrt im Rahmen der Prozesskostenhilfe die Festsetzung von Gebühren und Auslagen für außergerichtliche Kosten von der Staatskasse. ln dem zu Grunde liegenden Verfahren S 20 AS 239/17 wendete sich die Klägerin gegen einen Rückforderungsbescheid des beklagten Jobcenters Kreis Recklinghausen. Mit Beschluss vom 07.06.2017 wurde der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und der Erinnerungsführer beigeordnet. Der Erinnerungsführer hatte die Klägerin bereits im Widerspruchsverfahren vertreten. Mit Schreiben vom 08.08.2017 unterbreitete die Beklagte ein Vergleichsangebot und reduzierte die Erstattungsforderung auf 241,75 Euro bei Übernahme der außergerichtlichen Kosten zu 50%. Nach einer Rückfrage des Erinnerungsführers konkretisierte die Beklagte mit Schreiben von 06.09.2017 ihren Vergleichsvorschlag dahingehend, dass lediglich die Leistungen für Oktober 2016 in Höhe von 241,75 Euro zu erstatten seien, während von einer Erstattung für die Monate Juni bis September 2016 in Höhe von jeweils 27,00 Euro abgesehen werde, Mit Schreiben vom 06.12.2017 teilte der Erinnerungsführer dem Gericht mit, dem Vergleichvorschlag der Beklagen könne grundsätzlich zugestimmt werden. Das Gericht werde um einen entsprechenden Beschluss gebeten, der diesseits nur angenommen werden müsse. Der Vergleichsvorschlag solle auch eine angemessene Regelung be-züglich der Kosten des Verfahrens enthalten. Ferner werde darum gebeten, in den Vergleichstext eine Ratenzahlung von monatlich 24,17 Euro aufzunehmen. Nachdem sich die Beklagte auf Rückfrage des Gerichts mit der vorgeschlagenen Ratenzahlung einverstanden erklärt und erneut auf die vorgeschlagene Kostenregelung verwiesen hatte, bat der Erinnerungsführer mit Schreiben vom 28.12.2017 erneut um einen entsprechenden Vergleichsvorschlag per Beschluss. Mit Beschluss vom 02.01.2018 unterbreitete das Gericht den Beteiligten daraufhin zur vollständigen Erledigung des Rechtsstreits gemäß § 101 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) folgenden Ver-gleichsvorschlag:

1. Die Beklagte hebt den Rückforderungsbescheid vom 29.11.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2017 und den Änderungsbescheid vom 21.06.2017 insoweit auf, als für die Monate Juni bis einschließlich September 2016 insgesamt 108,- Euro (monatlich jeweils 27,- Euro) zurückgefordert werden, im Übri-gen ver¬bleibt es bei der Rückforderung der für Oktober 2016 bewilligten Leistungen in Höhe von 241,75 Euro (= kommunaler Anteil). 2. Die Beklagte ist mit einer Ratenzahlung der Klägerin in Form von zehn monatlichen Raten, von jeweils 24,17 Euro einverstanden. 3. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zur Hälfte. 4. Die Beteiligen erklären das Verfahren einvernehmlich vollumfassend für erledigt. Der Vorschlag wurde sodann von beiden Beteiligten mit Schriftsatz vom 09.01.2018 bzw. 11.01.2018 angenommen. Mit Schreiben vom 11.01.2018 (Bl. 43 Gerichtakte) machte der Erinnerungsführer gegenüber der Beklagten unter hälftiger Anrechnung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 W RVG (i.H.v. 150,00 EUR), ausgehend von einer Gesamtgebührenforderung vom 1.261,40 EUR insgesamt 630,70 EUR (1/2) geltend: Geschäftsgebühr Nr. 2302 W RVG 300,00 EUR Auslagenpauschale 7002 W RVG 20,00 EUR Verfahrensgebühr Sozialrecht 1. Rechtszug Nr. 3102 W RVG 300,00 EUR abzügl, Anrechnung Geschäftsgebühr Nr. 2302 W RVG -150,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 W RVG 270,00 Einigungs- und Erledigungsgebühr Nr. 1006 W RVG 300,00 Auslagenpauschale, Nr. 7002 W RVG 20,00 EUR Nettobetrag 1060,00 EUR 19 % USt Nr. 7008 Vv RVG 201,40 EUR

Gesamtbetrag 1261,40 EUR Davon 1/2 nach Kostenquote 630,70EUR

Diese Kosten wurden durch den Beklagten akzeptiert und bezahlt {siehe Schriftsatz des Erinnerungsfüh-rers vom 15.02.2018). Der Erinnerungsführer beantragte sodann mit Schriftsatz vom 29.01.2018 gegenüber dem i Sozialgericht die Kostenfestsetzung in Höhe von 529,55 EUR ohne hälftiger Anrechnung der Geschäftsge-bühr nach Nr. 2302 W RVG (i.H.v. 150,00 EUR). Im Einzelnen setzte er folgen¬de Gebühren bei der Abrech-nung an: Verfahrensgebühr Sozialrecht 1. Rechtszug Nr. 3102 W RVG 300,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 W RVG 270,00 Einigungs- und Erledigungsgebühr Nr. 1G06 W RVG 300,00 Auslagenpauschale, Nr. 7002 W RVG 20,00 EUR Nettobetrag 890,00 EUR 19 % USt Nr, 7008 Vv RVG 169,10 EUR Gesamtbetrag 1059,10 EUR Davon 1/2 nach Kostenquote 529,55

Mit Beschluss vom 31.01.2018 setze die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die zu zah¬lenden Gebüh-ren und Auslagen auf 324,23 Euro fest: Verfahrensgebühr Sozialrecht 1. Rechtszug Nr. 3102 W RVG Abzüglich Vorb. 3 IV W RVG 300.0 EUR -75.00 EUR 225.0 EUR Einigungssgebühr Nr. 1006 W RVG 1 300,00 Ausiagenpauschale, Nr. 7002 W RVG 20,00 EUR Nettobetrag 545,00 EUR 19 % USt Nr. 7008 Vv RVG 103,55 EUR Gesamtbetrag 648,55 EUR Davon 1/2 nach Kostenquote 342,28

Die Terminsgebühr sei ersatzlos zu streichen. Eine originäre Terminsgebühr sei vorlie¬gend nicht entstanden. Eine Tätigkeit im Sinne der Vorbemerkung Abs. 3 VV RVG sei ebenfalls nicht vorgetragen noch aus der Akte ersichtlich. Es könne folglich lediglich eine fiktive Ter-minsgebühr im Sinne der Nr. 3106 Nr. 1 bis 3 W RVG entstanden sein. Von den dort genannten drei Varianten kommt hier lediglich die Nr. 3106 Nr. 1 2. Alt. VV RVG in Betracht, da weder eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erfolgt sei, noch durch Gerichts-bescheid entschieden worden sei oder das Verfahren durch angenommenes Anerkenntnis endete. Voraussetzung für die Entstehung einer fiktiven Terminsgebühr sei, dass ein schrift-licher Vergleich geschlossen worden sei. Ein schriftlicher Vergleich im Sinne der fiktiven Terminsgebühr liege nur vor, wenn dieser unter Mitwirkung oder auf Veranlassung des G-richts nach den §§ 202 SGG i.V.m. 278 Abs. 6 Zivilprozessordnung (ZPO) geschlossen worden ist {vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.01.2016, Az.: L 10 SB 57/15 B; Beschluss vom 11.03.2015, Az.: L 9 AL 277/14 B; Bayerisches Landessozi-algericht, Beschuss vom 22.05.2015, Az,: L 15 SF 115/14 E; Landessozialgericht Nieder-sachsen-Bremen, Beschluss vom 05.07.2015, Az.: L 7/14 AS 64/14 B). Erforderlich sei inso-fern, dass der Vergleich auf einem Beschlussvorschlag (§ 101 Abs. 1 Satz 2 SGG) oder ei-ner schriftlichen Initiative (§ 202 SGG i.V.m. § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO) mit nachfolgendem deklaratorischen Beschluss des Gerichts im Sinne von § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO beruhe. Nur ein schriftlicher Vergleich in diesem Sinne löse die Gebühr aus. Dies folge aus der Ent-stehungsgeschichte, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der Gebührenziffer. Da es vorliegend an einem entsprechenden Beschlussvorschlag des Gerichts oder einer schriftlichen Initiative mit nachfolgendem deklaratorischen Beschluss fehle, falle die fiktive Terminsgebühr im o.g. Sinne nicht an. Die Mitwirkung beim Vergleichsab-schluss könne nicht in der zuvor erfolgten Ermittlungstätigkeit des Gerichts gesehen werden. Erforderlich sei vielmehr die Mitwirkung unmittelbar bei Abschluss des Vergleichs. Der Beschluss mit Vergleichsvorschlag des Gerichts vom 02.01.2018 sei lediglich auf Bitte des Prozessbevollmächtigten vom 28.12.2017 erfolgt. Vergleichsverhandlungen hätten be-reits im Vorfeld zwischen den Beteiligten aufgrund der Vergleichsbereitschaft der Be¬klagten stattgefunden. Der Vergleich sei somit nicht auf Initiative des Gerichts geschlossen worden. Des Weiteren sei eine erhaltene Geschäftsgebühr W 2301 RVG gem. Vorb. 3 IV VV RVG zur Hälfte auf die Gebühren des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Die VV 2302 RVG sei im Rahmen der Kostenfestsetzung in Höhe von 150,00 Euro gegen die Be¬klagte geltend gemacht worden. Es seien folglich 75,00 Euro anzusetzen. Hiergegen hat der Erinnerungsführer am 15.02.2018 Erinnerung eingelegt. Es dürften keine 75,00 Euro auf die Verfahrensgebühr angerechnet werden. Gegenüber der Staatskasse würden ausschließlich die Gebühren des Klageverfahrens abgerechnet. Eine Zah¬lung der anderen nicht gegenüber der Beklagten abgerechneten 50 % der Kosten des Widerspruchs Verfahrens sei nicht erfolgt, da die Klägerin nicht zahlen könne und keine Beratungshilfe bewilligt worden sei. Es gelte daher der Grundsatz, dass Gebühren, die nicht gezahlt würden, nicht zur Anrechnung gelangen könnten, weshalb vorliegende keine Anrechnung einer Wi-derspruchsverfahrensgebühr auf das Klageverfahren bezüglich der Prozesskostenhilfe er-folgen könne. Gegenüber der Beklagten seien 300,00 Euro Geschäftsgebühr geltend ge-macht worden, nicht 150,00 Euro. Die Beklagte habe 150,00 Euro gezahlt, die anderen 150,00 Euro müsse die Klägerin zahlen, die diese nicht zahlen könne und auch nicht gezahlt habe. Im Rahmen der Prozesskostenhilfe sei Kostenschuldner die Oberjustizkasse in Vertretung für die Klägerin. Insoweit bestehe Zahlungsidentität, so dass nur angerechnet werden könne, was von der Klägerin gezahlt worden sei und dies sei eben nichts. Ferner sei eine fiktive Terminsgebühr entstanden. Es liege ein gerichtlicher Vergleichsvorschlag des Sozialgerichts vor, den beide Beteiligten angenommen hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Inhalte der Gerichtsakte und der Nebenakte zum Prozesskostenhilfe-Verfahren Bezug genommen, die Gegenstand der Entschei-dungsfindung waren.

II.

Die Erinnerung ist zulässig. Die gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG erfolgte Festsetzung der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung kann im Wege der Erinnerung gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG überprüft werden. Über die Erinnerung entscheidet das Gericht des Rechtszuges, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss, Diese Ersterinnerung ist weder an eine Form noch an eine Frist gebunden, § 56 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 7 Satz 1 und i.V.m. § 32lAbs. 3 Satz 3 RVG e contrario. Diese Vorschriften sind insofern tex speciales zu § 197 i.s. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). der die Kostenfestsetzung allein im Verhältnis der Beteiligten zueinander betrifft, nicht aber das Verhältnis zwischen dem Prozessbevollmächtigten und der Staatskasse über die Höhe der im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe von der Staatskasse zu gewährenden Gebühren und Auslagen. Die Erinnerung ist auch begründet. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, für die anwaltliche Tätigkeit Rahmengebühren. Diese Rahmengebühren bestimmt der Anwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierig-keit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen, § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, so ist die von dem Rechtsanwalt ge-troffene Bestimmung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Entspricht die Bestimmung der Rahmengebühr durch den Rechtsanwalt nicht der Billigkeit, ist sie richterlich zu korrigieren (Landessozialgericht Nordrhein- Westfalen, Beschluss vom 16.08.2006, Az.: L 10 B 7/06 SB). Dabei sind die vom Gesetzgeber vorgegebenen festen Anhaltspunkte (Mindest-, Mittel- und Höchstgebühr) sowie der in Rechtsprechung und Litera-tur akzeptierte Toleranzrahmen von bis zu 20% zu berücksichtigen, dementsprechend ist die Gebühr erst bei Überschreiten einer Toleranz¬grenze von 20% als unbillig zu qualifizieren (Bundessozialgericht, Urteil vom 01.07.2009, Az.: B 4 AS 21/09 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Unbilligkeit liegt somit vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinrei-chend beachtet; dann erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 06.11.2014, Az.: L 6 SF 1022/14 B, Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 15.01.2014, Az.: L 5 SF 12/13 E). Streitig ist vorliegend lediglich das Entstehen der fiktiven Terminsgebühr (dazu 1.) und die Anrechnung der Gebühr nach Nr. 2&02 W RVG von 75,00 Euro im Rahmen des § 15a RVG im Rahmen des Kostenfestsetzungsantrags gegenüber der Erinnerungsgegnerin. 1. Die fiktive Terminsgebühr ist entstanden. Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1 TV RVG entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außer-gerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Nach Nr. 3106 Satz 2 W RVG entsteht die Terminsgebühr auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne münd-liche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird (Nr. 1), nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann (Nr. 2) oder das Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet (Nr. 3). Für die Entstehung einer Terminsgebühr nach Nr. 3205 W RVG gilt Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 der Anmerkung zu Nr. 3106 W RVG entsprechend.

Im vorliegenden Fall endete das Klageverfahren, ohne dass zuvor eine mündliche Ver-handlung stattgefunden hatte. Die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Be-sprechungen durch den Erinnerungsführer wurde weder vorgetragen, noch ist sie ersichtlich. Für die Entstehung der Terminsgebühr ist hier daher allein eine Prüfung der Nr. 3205 W RVG i.V.m. Nr. 3106 Satz 2 W RVG maßgeblich. Von den dort genannten drei Varianten kommt lediglich Nr. 3106 Satz 2 Nr. 1, 2. Alt. W RVG in Betracht, da weder eine Entschedung ohne mündliche Verhandlung erfolgt ist noch das Verfahren durch an- genommenes Anerkenntnis endete. Voraussetzung für die Entstehung der Terminsgebühr ist damit, dass ein "schriftlicher Ver-gleich" geschlossen worden ist. Der Begriff des "schriftlichen Vergleichs" wird in Rechtsprechung und Literatur unter-schiedlich verstanden. Nach einer Ansicht ist ein privatschriftlicher (außergerichtlicher) Vergleich ausreichend (vgl. Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 14.03.2018, Az.: L 13 SB 1/17 B; Sozialgericht Dessau-Roßlau, Beschluss vom 15.03.2017, Az.: S 1 R 535/13; Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, (RVG, 23. Auflage 2017, W 3104 Rz. 69; Mayer in: Ge-rold/Schmidt, RVG, 23. Auflage 20 -7, § 3 Rz. 64a). Nach der überwiegenden Rechtsprechung ist ein "schriftlicher Vergleich" nur ein unter Mitwirkung oder auf Veranlassung des Gerichts geschlossener Vergleich nach § 202 SGG i.V.m, § 278 Abs. 6 ZPO und ab dem 25.10.2013 nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Wesfalen, Beschluss vom 11.03.2015, Az.; L 9 AL 277/14 B; Beschluss vom 04.01.2016, Az.1. L 10 SB 57/15 B; Bayerisches Landessozial-ge¬richt, Beschluss vom 22.05.2015, Az.; L. 15 SF 115/14 E; Landessozialgericht Nieder- sachsen-Brennen, Beschluss vom 20,07.2015, Az.; L 7/14 AS 64/14 B). Erforderlich sei insofern, dass der Vergleich auf einem Beschlussvorschlag (§ 101 Abs. 1 Satz 2 SGG) oder auf einer schriftlichen Initiative (§ 202 SGG i.V.m. § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO) mit nachfolgendem deklaratorischen Beschluss des Gerichts im Sinne von § 278 Abs, 6 Satz 2 ZPO beruhe. Nur ein schriftlicher Vergleich in diesem Sinne löse die Gebühr nach Nr. 3106 Satz 2 Nr. 1 2. Alt. W RVG aus. Dies folge aus der Entstehungsgeschichte, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der Gebührenziffer (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.01.2016, Az.; L 10 SB 57/15 B). Vorliegend hat das Gericht mit Beschluss vom 02.012018 den Beteiligten zur vollständi¬gen Er-ledigung des Rechtsstreits gemäß § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG einen Vergleichsvor- schlag unterbreitet, der von den Beteiligten angenommen worden ist. Damit liegt nach Ansicht des Gerichts ein schriftlicher Vergleich im Sinne von Nr. 3106 Satz 2 Nr. 1, 2. Alt. W RVG vor. Dass der vom Gericht unterbreitete Beschluss inhaltlich im Wesentlichen dem Ver-gleichsvorschlag des Beklagten und der Anregung des Bevollmächtigten zu einer Raten-zahlungsvereinbarung entsprach, ist dabei nach Ansicht des Gerichts unerheblich. Für die Zulässigkeit und Wirksamkeit eines Vergleichs gemäß § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG ist es unbeachtlich, ob die Initiative vom Gericht ausgeht oder nicht (vgl. Müller in; Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Auflage 2014, § 101 Rz. 20). Somit ist es nach Ansicht des Ge-richts für einen Vergleich im Sinne von § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG ausreichend, wenn - wie vor-liegend - der Inhalt des später gemäß § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG abgeschlossenen Vergleichs von einem Beteiligten unterbreitet wird, bevor dann der Vergleich als Ganzes vom Gericht (in Beschlussform) verbindlich vorgeschlagen wird, Eine Mitwirkung des Gerichts für die vergleichsweise Beendigung des Rechtsstreits in der Form, dass das Zustandekommen eines Vergleichs ausschließlich aufgrund des Tätigwerdens bzw. der Initiative des Gerichts erfolgt, hält das Gericht danach nicht für erforderlich. Schon Nr. 3106 Satz 2 Nr. 3 W RV-3, wonach die fiktive Terminsgebühr auch dann gewährt wird, wenn ein Verfahren nach angenommenem (vollem) Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet zeigt, dass sich der Systematik des Nr. 3106 W RVG nicht entnehmen lässt, dass für das Entstehen einer fiktiven Terminsgebühr eine maßgebliche gerichtliche Mitwirkung an der Erledigung erforderlich ist (vgl. Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 14 ...-3.2018, Az.: L 13 SB 1/17 B). Schließlich weist das Gericht darauf hin, dass mit einem "schriftlichen Vergleich" im Sinne i von Nr. 3106 W RVG nach wohl überwiegender Ansicht auch ein unter Mitwirkung oder auf Ver-anlassung des Gerichts geschlossener Vergleich nach § 202 SGG i.V.m. § 278 Abs. 6 ZPO ge-meint ist (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.01.2016, Az.: L 10 SB 57/15 B m.w.N.). Nach § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO kann ein ge¬richtlicher Vergleich auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag un-terbreiten, dessen Zustandekommen das Ge¬richt sodann gemäß § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO durch Beschluss feststellt. In diesem Fall beschränkt sich die Mitwirkung des Gerichts allein auf die de-klaratorische Feststellung, dass ein Vergleich zustande gekommen ist, dennoch löst das Vorgehen das Entstehen einer fiktiven Terminsgebühr aus. Die fiktive Terminsgebühr beträgt entsprechend Nr. 3106 W RVG 90 % der in derselben Angele-genheit dem Rechtsanwalt zustehenden Verfahrensgebühr und war daher vorlie¬gend wie bean-tragt mit 270,00 EUR festzusetzen.

2. Vorliegend hat keine Anrechnung von 75,00 Euro auf die Verfahrensgebühr Nr. 3102 W RVG in Höhe von 75,00 Euro stattzufinden.

Gemäß § 45 RVG erhält der im Wege der Prozesskostenhilfe bei geordnete Rechtsanwalt die Vergütung in Verfahren vor Gerichten eines Landes aus der Landeskasse. Nach § 15a RVG kann der Rechtsanwalt, wenn das Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vorsieht, beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren. Ein Dritter kann sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, we-gen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in dem-selben Verjähren gegen ihn geltend gemacht werden. Der Rechtsanwalt kann trotz der Anrech-nung wählen, welche Gebühr er bei seinem Auftrag¬geber Geltend macht. Hat er mehrere Schuld-ner, so kann er frei bestimmen, welchen er in Anspruch nimmt (Müller-Rabe in: Gerold Schmidt Kommentar zum RVG, § 15a Rn. 12), Die Gebühr gemäß Nr. 2302 W RVG entsteht -4 wie hier - als außergerichtliche Geschäftsgebühr u.a. in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betrags-rahmenge-bühren entstehe f {§ 3 RVG). Dabei kann eine Gebühr von mehr als 300,00 EUR nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Der Erinnerungsführer hat diese Gebühr vorliegend i.H.v. 300,00 EUR gegenüber der Beklagten, nicht aber gegenüber dem Erinnerungsgegner geltend gemacht. Weiter hat er in der Abrechnung vom 11.01,2013 auch die Verfahrensgebühr nach 3102 W RVG in Höhe von 300,00 Euro gegenüber de; Beklagten geltend gemacht. Sodann hat er ½ der Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 W RVG im Wege der Anrechnung zum Abzug gebracht. Dies entspricht den Vorgaben des § 15a Abs. 1 RVG. Der Rechtsanwalt kann beide Gebühren in voller Höhe fordern und hat das Wahlrecht, wo er die Anrechnung vornimmt. Dieses Wahlrecht besteht auch gegenüber dem Erinnerungsgegner (Mül-ler-Rabe in: Gerold/Schmidt, Kommentar zum RVG, 21. Auflage 2013, § 58 Rn. 33) Der Erinnerungsführer fordert von der Erinnerungsgegnerin auch nicht mehr, als den um den An-rechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag, den er an Gebühren fordern könnte. Insgesamt könnte er 1261,40 EUR fordern. Seine Gesamtgebührenforderungen aus dem Verfahren betragen nur 1160,25 EUR (630,73 EUR - Beklagte - und 529,55 EUR - Erinnerungsgeg¬ner-). Der Erinnerungsgegner kann sich hinsichtlich der ihm gegenüber geltend gemachten Ge¬bühren nicht auf die Anrechnung berufen. Denn weder hat er bislang den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt, noch besteht ein Vollstreckungstitel, noch werden beide Gebühren gegenüber dem Erinnerungsgegner geltend gemacht. Der Erinnerungsführer macht die Geschäftsgebühr nach Nr. 23 02 W RVG in dem streitgegenständlichen Kostenfestsetzungsantrag nicht gegenüber dem Erinnerungsgegner geltend, sondern nur ge¬genüber der Beklagten aus dem Hauptsachever-fahren. Im Übrigen lassen die vom Erinnerungsführer zum Ansatz gebrachten Gebühren keine Fehler er-kennen und entsprechen insbesondere ihrer Höhe nach auch den Voraussetzungen nach § 14 RVG. Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet, § 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG.
Rechtskraft
Aus
Saved