L 1 KR 121/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 3 KR 331/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 121/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 14. Januar 2016 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.355,35 EUR nebst 2 vom Hundert Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 5. November 2011 zu zahlen. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind Kosten einer Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin ist Trägerin eines zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen Krankenhauses. Sie nahm den 1932 geborenen Versicherten der Beklagten W R vom 8. Januar 2010 bis 12. Februar 2010 zur stationären Behandlung auf, die Einweisung erfolgte durch den Notarzt wegen Verdachts auf Apoplex (Schlaganfall). Der Versicherte wurde zunächst auf der Stroke Unit behandelt und am 13. Januar 2010 auf die Allgemeinstation verlegt. Am 14. Januar 2010 wurde dort die neurologische Frührehabilitation begonnen, die bis zum 11. Februar 2010 fortgesetzt wurde. Der Versicherte wurde am 12. Februar 2010 in die Klinik für Gefäßchirurgie am Städtischen Klinikum B zur Operation einer Karotisstenose verlegt.

Am 11. Juni 2010 ging bei der Beklagten die (korrigierte) Rechnung der Klägerin vom 10. Juni 2010 für die Behandlung des Versicherten ein. Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst, beauftragte aber den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung am 22. Juni 2010 mit der Überprüfung der Abrechnung. Der MDK zeigte dem Krankenhaus der Klägerin mit Schreiben vom 28. Juni 2010 den Prüfauftrag an.

In seinem nach Krankenhausbegehung erstatteten Gutachten vom 20. Juli 2011 befand der MDK, dass für den Versicherten in der Zeit vom 5. Februar 2010 bis zum 12. Februar 2010 keine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit mehr bestanden hätte. Es sei bereits eine ambulante oder stationäre Rehabilitation möglich gewesen, der Versicherte sei unter Berücksichtigung der BAR-Empfehlung bereits der Phase C zuzuweisen gewesen. Die OPS 8-552.- (neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation) habe nur bis zum 4. Februar 2010 abgerechnet werden dürfen. Daraus ergebe sich die DRG B42B statt der von der Beklagten in Ansatz gebrachten DRG B43Z.

Die Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom 23. August 2011 auf das Ergebnis der Begutachtung durch den MDK hin und forderte zur Übersendung einer korrigierten Rechnung auf. Die Beklagte verrechnete den streitigen Betrag dann am 4. November 2011 mit einer anderen unstreitigen Forderung der Klägerin.

Mit der am 2. September 2013 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 10.355,35 EUR. Für die Beurteilung eines akutstationären Behandlungsbedarfs könne es nicht allein auf das Phasenmodell der BAR ankommen. Zudem sei der Versicherte nicht bereits am 5. Februar 2010 der Phase C zuzuordnen gewesen.

Das Sozialgericht hat den Chefarzt der Klinik für Neurologie des VKlinikums N Prof. Dr. N mit einem Gutachten über den streitigen Krankenhausaufenthalt beauftragt. In seinem Gutachten vom 14. Oktober 2014 kommt Prof. Dr. Nzu dem Ergebnis, dass die Kodierung der OPS-Ziffer 8-552.7 (neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation, mindestens 28 bis höchstens 41 Behandlungstage) als gerechtfertigt erscheint. Zur Abrechenbarkeit dieser Prozedur führt er aus, dass von den in der medizinischen Wissenschaft diskutierten Kriterien für das Fortbestehen von Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit bei Frührehabilitationspatienten bei dem Versicherten eine schwere Kommunikationsstörung und eine Hochrisikosituation wegen der hochgradigen Karotisstenose gegeben sein könnten. Zum Vorliegen einer schweren Kommunikationsstörung würden in der Fachliteratur zwei Definitionen angeboten, eine enge, wonach der Patient nicht in der Lage sei, einfache Instruktionen zu verstehen und/oder einfache Sachverhalte auszudrücken und eine etwas weitere, die darauf abstelle, dass die Kommunikation zeitaufwendig sei, um den Bedürfnissen des Patienten gerecht zu werden. Nach Auswertung der vorliegenden Behandlungsunterlagen sei davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der weiteren Definition erfüllt waren, nicht aber die der engeren. Aus der Karotisstenose habe sich eine Hochrisikosituation für das Auftreten weiterer Schlaganfälle ergeben. Einer solchen Risikosituation sei grundsätzlich möglichst zeitnah, innerhalb von 14 Tagen, durch einen operativen Eingriff zu begegnen. Das gelte aber nur für nicht behinderte Patienten. Für behinderte Patienten gebe es keine wissenschaftlich-medizinischen Vorgaben für den richtigen Zeitpunkt. Es sei üblich, zunächst für vier bis sechs Wochen den Rehabilitationsverlauf abzuwarten und dann zu operieren. Zudem könne ein etwaiger erneuter Schlaganfall in einem Krankenhaus deutlich besser behandelt werden als in einer Pflege- oder Rehabilitationseinrichtung. Damit sie die Fortsetzung der akut-stationären Behandlung über den 4. Februar 2010 hinaus gerechtfertigt.

Die Beklagte hat dazu ein von Frau Dr. W am 27. April 2015 erstelltes Gutachten des MDK vorgelegt, in dem für die Zeit vom 5. Februar 2010 bis 12. Februar 2010 wieder kein akutstationärer Behandlungsbedarf gesehen wird. Dort wird Bezug genommen auf eine Veröffentlichung im Ärzteblatt Sachsen, wonach neurologisch Erkrankte dann noch der akutstationären Behandlung bedürften, wenn von den vier Kriterien Monitoring, vitale Bedrohung, ärztliche Überwachung und Beatmung mindestens zwei erfüllt seien. Nach dem MDS sei der Anschluss der akutstationären Frührehabilitationsphase erreicht, wenn ein Patient überwiegen bewusstseinsklar und in der Lage sei, einfachen Aufforderungen nachzukommen und täglich an mehreren Therapiemaßnahmen von 30 Minuten Dauer mitzuwirken. Danach sei ein akutstationärer Behandlungsbedarf hier nicht mehr nachvollziehbar belegt. Seit dem 14. Januar 2010 habe die Behandlung des Versicherten ausschließlich das Ziel verfolgt, die Krankheitsfolgen zu mindern, sei keine engmaschige und aufwendige Diagnostik mehr durchgeführt und die Medikation nicht geändert worden. Der Zustand des Versicherten habe sich stabilisiert. Die schweren Kommunikationsstörungen und die Karotisstenose würden entgegen Prof. Dr. N keine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit begründen. Die Sprachstörung begründe keine akutstationäre Behandlungsnotwendigkeit sondern einen Versorgungsbedarf mit Logopädie. Es habe bereits ein stabiler Ja-Nein-Modus vorgelegen. Das Risiko eines erneuten Schlaganfalls begründe keine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit, weil keine entsprechende Überwachung dokumentiert sei. Prof. Dr. Nhat dazu in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 25. September 2015 ausgeführt, dass das Fehlen einer Dokumentation nicht die ex-ante zu beurteilende Behandlungsnotwenigkeit widerlegen könne. Die im Ärzteblatt Sachsen publizierte Auffassung habe sich in der medizinischen Wissenschaft nicht durchsetzen können. Auch halte er an der Einschätzung fest, dass eine Hochrisikosituation vorgelegen habe. Dem Eintritt eines erneuten Schlaganfalls hätte nur in einem Akutkrankenhaus mit angegliederter Stroke Unit angemessen begegnet werden können.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 14. Januar 2016 abgewiesen. Nach dem 4. Februar 2010 habe die Phase B einer stationären Behandlung nicht mehr bestanden. Vielmehr habe der Versicherte in einer Rehabilitationseinrichtung oder in einer Pflegeeinrichtung behandelt werden können. Dies ergebe sich aus den von Frau Dr. Wfür den MDK erstellten Gutachten vom 20. Juli 2011 und 27. April 2015, aber auch aus dem Gutachten von Prof. Dr. Nvom 14. Oktober 2014 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25. September 2015. Mit der notwendigen an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit lasse sich nicht feststellen, dass noch nach dem 4. Februar 2010 ein akut stationärer Behandlungsbedarf bestanden habe. Entscheidend für die Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung seien die medizinischen Erfordernisse im Einzelfall und nicht eine abstrakte Betrachtung. Die Sozialgerichte hätten uneingeschränkt zu überprüfen, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig gewesen sei, wobei sie von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissen- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen hätten. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung sei auch dann vollständig zu überprüfen, wenn eine Krankenkasse ihre Leistungspflicht erst nachträglich für einen bereits verstrichenen Zeitraum bestreite. Die Einschätzung des verantwortlichen Krankenhausarztes habe keinen Vorrang. Der gerichtlich bestellte Sachverständige habe dargelegt, dass bei dem Versicherten ein schwerstes Schlaganfallsyndrom vorgelegen habe, jedoch keine schwere Schluckstörung. Er habe auch bestätigt, dass die Mindestanforderungen einer neurologisch neurochirurgischen Frührehabilitation vorgelegen hätten. Während des gesamten streitgegenständlichen Krankenhausaufenthaltes habe der Versicherte nach Einschätzung des Sachverständigen sämtliche Eingangsvoraussetzungen für eine neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation erfüllt. Der Sachverständige habe weiter darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für eine akutstationäre Behandlungsbedürftigkeit in Deutschland nach den sogenannten G-AEP Kriterien geprüft würden, die sich aber nicht auf die Frage des Fortbestands des Behandlungsbedarfs beziehen würden. Unter der Prämisse, dass es für die Patientengruppe der akutstationären Frührehabilitation keine allgemeingültigen Kriterien zur Fortdauer der Behandlungsbedürftigkeit im Krankenhaus gebe, habe der Sachverständige dann das Fortbestehen einer schweren Verständigungsstörung bei dem Versicherten als wahrscheinlich bezeichnet und daraus abgeleitet, dass die weitere Behandlung im Krankenhaus über den 4. Februar 2010 hinaus als gerechtfertigte ärztliche Ermessensentscheidung anzusehen sei. Indessen könne eine ärztliche Ermessensentscheidung nicht die Behandlungsnotwendigkeit in einem Akutkrankenhaus begründen, weil es keine Einschätzungsprärogative des Krankenhausarztes gebe. Die Einräumung von Ermessen ergebe sich auch nicht aus der in den G-AEP vorgesehenen Override-Option. Denn die G-AEP Kriterien würden nicht für die Fortdauer der Behandlungsbedürftigkeit gelten. Zumindest sei eine getroffene Ermessensentscheidung zu dokumentieren, woran es hier aber fehle. Soweit der Sachverständige aus der Hochrisikosituation für das Auftreten weiterer Schlaganfälle eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit abgeleitet habe, fehle es an jeder Dokumentation einer stattgefunden habenden Abwägung zum optimalen Zeitpunkt für eine Verlegung zur Gefäßchirurgie. Nach dem 4. Februar 2010 habe nur ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit einer akut stationären Behandlungsbedürftigkeit bestanden. Auch die ergänzende Stellungnahme des gerichtlich bestellten Sachverständigen führe nicht zu einer anderen Einschätzung. Der Sachverständige habe zwar nochmals auf die Hochrisikosituation des Versicherten hingewiesen, aus der sich nach seiner Sichtweise ohne nennenswerte Restzweifel ein akutstationärer Behandlungsbedarf ergeben würde. Allerdings fehle eine medizinische Dokumentation auch hinsichtlich der Risikoeinschätzung der Karotisstenose und der entsprechenden Überwachung der Situation. Aus dem Fehlen der Dokumentation würden sich Restzweifel ergeben, denn die behauptete Hochrisikosituation habe gerade nicht zu der notwendigen Dokumentation geführt. Auch wenn eine Monitor-Überwachung nicht das einzige in Frage kommende Mittel war, sei festzustellen, dass sich weder in den ärztlichen Anordnungen noch in den Pflegeüberwachungsprotokollen irgendetwas für eine angeordnete und durchgeführte Überwachung finde. Die notwendige volle richterliche Überzeugung für die Notwendigkeit der stationären Behandlung habe die Kammer sich so nicht bilden können. Unerheblich seien auch die Ausführungen des Sachverständigen dazu, dass im Rahmen einer Rehabilitationseinrichtung auf eine aktuelle Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Versicherten nicht so schnell hätte reagiert werden können wie in einem Akutkrankenhaus. Denn allein maßgeblich sei, ob tatsächlich noch akutstationärer Krankenhausbehandlungsbedarf bestanden habe. Auf die Frage, ob in einer bestimmten Einrichtung zügiger reagiert werden konnte, komme es dagegen nicht an. Insgesamt bestünden Zweifel, die sich im wesentlichen aus der mangelnden Dokumentation der vom Sachverständigen dargelegten Hochrisikosituation begründen würden, so dass der eingeklagte Anspruch nicht mit der notwendigen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit habe nachgewiesen werden können. Die Nichterweislichkeit gehe zu Lasten der Klägerin.

Gegen das ihr am 11. Februar 2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. März 2016 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Klägerin. Zu Unrecht habe das Sozialgericht die Klageabweisung auf das von Prof. Dr. N erstattete Gutachten gestützt. Bei richtiger Wertung des Sachverständigengutachtens und der von dem Sachverständigen abgegebenen ergänzenden Stellungnahme müsse man zu dem Ergebnis kommen, dass ein akut-stationärer Behandlungsbedarf auch über den 4. Februar 2010 hinaus bei dem Versicherten bestanden habe. Die Argumentation des Sozialgerichts, dass die obergerichtliche Rechtsprechung keine Einschätzungsprärogative des Krankenhausarztes anerkenne, passe nicht. Nach dem Großen Senat des Bundessozialgerichts habe das Gericht von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen. Dieser Rechtssatz sei auch durch Urteil des 1. Senats vom 16. Dezember 2008 bestätigt worden. Zwar sei die Entscheidung eines Krankenhausarztes über die Durchführung einer stationären Behandlung im Rahmen eines Rechtsstreits durch die Gerichte überprüfbar. Der Sachverhalt dürfe jedoch dabei nicht aus der Ex-Post-Sicht, so wie er sich im Nachhinein darstelle, betrachtet werden. Vielmehr komme es auf die Sichtweise des Krankenhausarztes zum Zeitpunkt der Behandlung an. Zugrunde zu legen seien nur die Umstände, die der Krankenhausarztes in seiner damaligen Ex-Ante-Sicht kannte und in seine Entscheidung einbeziehen konnte. Der Sachverständige habe in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25. September 2015 ausgeführt, dass er mit der von Frau Dr. Walter gezogenen Schlussfolgerung nicht übereinstimme. Er habe die Fortsetzung der akutstationären Behandlung auch nach dem 4. Februar 2010 mehrmals für gerechtfertigt erklärt. Zu dem Vorliegen einer ausgeprägten Verständigungsstörung habe er ausgeführt, dass diese nach den strengeren Kriterien möglicherweise, nach der etwas weiter gefassten Definition aber in jedem Falle vorgelegen habe. Das Sozialgericht habe nicht dargelegt, warum es auf die strengeren Kriterien zurückgegriffen habe. Der Gutachter habe eindeutig gesagt, dass aus Ex-Ante-Sicht die Entscheidung, den Patienten wegen der Hochrisikosituation im Hinblick auf die hochgradige Karotisstenose im Krankenhaus zu belassen, richtig gewesen sei., dass der Versicherte nur in einer Akutklinik wegen der permanenten Verfügbarkeit von intensiv-medizinischen Maßnahmen und eines ständig rufbereiten Arztes adäquat und sofort versorgt werden konnte und dass zudem eine schwere Verständigungsstörung vorgelegen habe. Demnach sei nicht nachzuvollziehen, wie das Sozialrecht auf der Grundlage des Gutachtens zu dem Ergebnis kommen konnte, dass nach dem 4. Februar 2010 kein akutstationärer Behandlungsbedarf mehr bestanden habe. Maßgeblich für die Frage, ob der Versicherte auch über den 4. Februar 2010 hinaus akut-stationär behandlungsbedürftig gewesen sei, seien im Wesentlichen zwei Aspekte. Es komme darauf an, ob noch eine schwere Verständigungsstörung vorgelegen habe und ob die bestehende hochgradige Karotisstenose die weitere akutstationärer Behandlung rechtfertige. Da die diesbezüglichen Ausführungen des Sachverständigen von den Beteiligten unterschiedlich verstanden würden, müsse diesem Gelegenheit zur näheren Darlegung gegeben werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 14. Januar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 10.355,35 EUR nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 5. November 2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Die von dem gerichtlich bestellten Sachverständigen getroffenen Feststellungen hätten im Rahmen der vom Gericht vorzunehmenden freien Beweiswürdigung nicht überzeugen können. Das Gericht habe im Rahmen einer Gesamtbetrachtung dem Gutachten des Sachverständigen die MDK-Gutachten von Frau Dr. W sowie den Inhalt der Patientenakte gegenübergestellt. Soweit der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme geäußert habe, dass der Versicherte auf der Grundlage einer ex ante Einschätzung wegen der Hochrisikosituation nur im Krankenhaus adäquat und zeitlich angemessen hätte versorgt werden können, sei dies nicht entscheidungserheblich für die Beantwortung der Frage nach einer Behandlungsnotwendigkeit im Sinne des § 39 SGB V. Entscheidend sei allein, ob tatsächlich noch akut-stationärer Krankenhausbedarf bestand und nicht, ob der Versicherte zügiger behandelt werden konnte, weil er sich bereits im Krankenhaus befand. Auch habe der Sachverständige nicht abschließend aufklären können ob eine schwere Verständigungsstörung noch nach dem 4. Februar 2010 vorgelegen habe. Die Feststellung einer wahrscheinlichen Störung habe dem Sozialgericht nicht ausgereicht, um verbleibende Restzweifel auszuräumen. Darauf könne es aber ohnehin nicht ankommen, da entsprechenden Defiziten auch im Rahmen einer Rehabilitationsbehandlung hätte begegnet werden können. Es sei nicht Aufgabe, der Sachverständigen, unbestimmte Rechtsbegriffe auszulegen, dies gehöre allein in den Verantwortungsbereich des Sozialgerichts. Vorliegend habe kein einziger medizinischer Grund für stationäre Behandlungsnotwendigkeit im Rechtssinn vorgelegen. Der MDK habe mit weiterem Gutachten vom 31. August 2017 erneut das Vorliegen einer Sprachstörung mit einem Schweregrad verneint, der geeignet gewesen wäre, auch nach dem 4. Februar 2010 noch die Notwendigkeit einer akutstationären Versorgung zu begründen. Die Behandlung der Sprachstörung habe jedenfalls nicht die besonderen Mittel eines Krankenhauses und eine 24-stündige ärztliche Präsenz erfordert. Auch sei für den Versicherten bis zum 4. Februar 2010 eine kontinuierliche Verbesserung der Kommunikation dokumentiert. Für den Nachweis der behaupteten Hochrisikosituationen fehlt es insbesondere an einer nachvollziehbaren Dokumentation der engmaschigen Befundkontrolle im Rahmen einer kontinuierlichen Überwachung der Karotisstenose sowie zur Abwägung des geeigneten Zeitpunkts für die Verlegung zur Operation.

Der Senat hat den Sachverständigen Prof. Dr. Nbefragt, welcher Definition der schweren Sprachstörung üblicherweise in der medizinischen Wissenschaft der Vorzug gegeben wird. In seiner Stellungnahme vom 12. Juli 2017 hat der Sachverständige dazu ausgeführt, dass dies nicht eindeutig zu beantworten sei, jedoch von einer Dominanz der weiteren Definition im klinischen Alltag ausgegangen werden könne.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten, sowie die Patientenakte der Klägerin verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat Anspruch auf eine höhere Vergütung für die stationäre Behandlung des Versicherten der Beklagten in der Zeit vom 8. Januar 2010 bis 12. Februar 2010.

Die Klägerin verfolgt ihren Zahlungsanspruch zulässigerweise im Wege einer allgemeinen Leistungsklage. Er ergibt sich aus dem Zahlungsanspruch für eine andere unstreitige Forderung, gegen den die Beklagte zu Unrecht am 4. November 2011 mit einem vermeintlichen Erstattungsanspruch wegen der hier streitigen Behandlung aufgerechnet hat. Der Beklagten stand aber in der Höhe des streitigen Betrags kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu Die stationäre Behandlung des Versicherten der Beklagten ist von dieser nicht ohne Rechtsgrund zunächst in der ausgewiesenen Höhe vergütet worden. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte entsprechend der am 10. Juni 2010 gestellten Rechnung einen weiteren Vergütungsanspruch in Höhe von 10.355,35 EUR. Rechtsgrundlage für die Vergütung der Behandlung des Versicherten der Beklagten in der Zeit vom 8. Januar 2010 bis zum 12. Februar 2010 sind § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V, § 17b Abs. 1 Satz 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), § 7 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und der Brandenburger Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V) vom 8. Oktober 1996 in der Fassung vom 22. September 1997. Nach diesen Regelungen entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V objektiv erforderlich gewesen ist.

Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder einer ambulanten Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich ausschließlich nach medizinischen Erfordernissen (Urteil des BSG vom 25. September 2007 – GS 1/06 – und Urteil des BSG vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 26/14 R – zitiert jeweils nach juris). Die vollstationäre Behandlung als intensivste – und institutionell konstitutive Form der Krankenhausbehandlung wird in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V als Ultima Ratio normiert. Demgemäß muss die notwendige medizinische Behandlung in jeder Hinsicht und ausschließlich nur mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden können (Noftz in Hauck/Noftz SGB V § 39 RdNr. 72 m.w.Nachw.). Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht in Streit, dass bei der am 8. Januar 2010 erfolgten Aufnahme des Versicherten in das Krankenhaus der Klägerin jedenfalls zunächst eine medizinische Notwendigkeit für die Aufnahme einer Behandlung mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses bestand, so dass der Anspruch auf Klägerin auf Vergütung dem Grunde nach entstanden ist.

Der Höhe nach bestimmt sich der Anspruch der Klägerin nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i. V. m. § 7 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Gemäß § 7 Satz 1 KHEntgG werden die Leistungen der Krankenhäuser (u.a.) durch die Abrechnung von Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog abgerechnet. Diese Entgelte vergüten nach § 7 Satz 2 KHEntgG alle allgemeinen Krankenhausleistungen. Die Spitzenverbände der Krankenkassen bzw. seit dem 1. Januar 2008 der Spitzenverband Bund der Krankenkassen haben dazu nach §§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG, 17b Abs. 2 KHG Fallpauschalen und ein Vergütungssystem zu vereinbaren, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert und jährlich weiterzuentwickeln und anzupassen ist. Das Vergütungssystem der allgemeinen Krankenhausleistungen soll nach § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG durchgängig, leistungsorientiert und pauschalierend sein. Dieses auf Vereinbarungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der der Deutschen Krankenhausgesellschaft beruhende Vergütungssystem wurde nach § 17b Abs. 6 Satz 1 KHG verbindlich für alle Krankenhäuser zum 1. Januar 2004 eingeführt.

Der in Ausführung dieser gesetzlichen Verpflichtung vereinbarte Fallpauschalenkatalog sieht für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG zwei Schritte vor: Zunächst ist die durchgeführte Behandlung entsprechend ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen nach einem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information herausgegebenen Kode zu verschlüsseln. Dazu haben die Vertragspartner Kodierrichtlinien beschlossen, die ebenfalls jährlich überprüft und angepasst werden. Der sich ergebende Kode ist in zu diesen Zwecken entwickelte Computerprogramme (sog. Grouper) einzugeben, die nach bestimmten vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Kriterien die Zuordnung zu einer bestimmten DRG vornehmen. Aus dieser wird dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung berechnet (vgl. BSG Urt. v. 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R – juris Rn 17-21, Urt. v. 18. September 2008 – B 3 KR 15/07 R – juris Rn 16). Welche der über die Höhe der Vergütung entscheidenden DRG-Positionen abzurechnen ist, ergibt sich damit nicht aus einem abstrakten Tatbestand, sondern steht am Ende des Verarbeitungsprozesses der einzugebenden Daten. Nach § 1 Abs. 6 Satz 1 FPV sind zur Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer Fallpauschale Programme (sog. Grouper) einzusetzen, die von dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus zertifiziert sein müssen. Über die in das Programm einzugebenden Daten bestimmt der ICD-10 in der deutschen Fassung sowie der vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS). Die Klägerin hat ihre Rechnung grundsätzlich nach diesen Vorgaben erstellt. Streitig ist zwischen den Beteiligten ausschließlich, ob für die Behandlung des Versicherten (auch) die Prozedur 8-552.7 abzurechnen gewesen ist. Die Beteiligten sind sich im Übrigen darüber einig und ist von dem Sachverständigen Prof. Dr. N auch bestätigt worden, dass für diesen Fall dann die Behandlung auf der Grundlage der B43Z zu vergüten wäre. Damit hätte die Klägerin Anspruch auf Zahlung von weiteren 10.355,35 EUR.

Die Prozedur OPS 8-552.7 erfasst neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation, mindestens 28 und höchstens 41 Behandlungstage. Nicht streitig zwischen den Beteiligten und auch von dem Sachverständigen Prof. Dr. Nbestätigt ist, dass die Beklagte ab dem 14. Januar 2010 bis zum 11. Februar 2010 Leistungen der neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation erbrachte, die der Art nach gemäß der Prozedur OPS 8-552.- abrechnungsfähig waren. Streitig ist allein die Abrechnungsfähigkeit für die gesamte Dauer der erbrachten Leistungen. Diese setzt – wovon schon die Beklagte und das Sozialgericht zutreffend ausgehen - den Fortbestand der medizinischen Notwendigkeit für die Erbringung von Rehabilitationsleistungen gerade im Krankenhaus bis zum 11. Februar 2010 voraus.

Der Gesetzgeber zählt in § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V zur akutstationären Behandlung, zu der die Krankenhäuser berufen sind, auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. § 40 Abs. 2 SGB V erklärt dagegen zertifizierte Rehabilitationseinrichtungen für zuständig zur Erbringung von Leistungen der stationären Rehabilitation, woraus sich die Frage nach einer Abgrenzung der Leistungszuständigkeit von Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen ergibt.

Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts ergibt sich aus dem von Prof. Dr. N erstatteten Sachverständigengutachten, dass die Frührehabilitation des Versicherten in der Klinik der Klägerin bis zu seiner Verlegung am 12. Februar 2010 medizinisch notwendig gewesen ist. Maßgebend für die weitere Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung in der Form einer Frührehabilitation ist, dass die besonderen sachlichen und personellen Mittel eines Krankenhauses aus medizinischen Gründen erforderlich bleiben. Für den dazu maßgebenden Stand der medizinischen Wissenschaft nimmt der Senat Bezug auf das vom Sachverständigen Prof. Dr. N erstatten Gutachten. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass - soweit diese Frage überhaupt in der medizinischen Wissenschaft thematisiert werde - in Anlehnung an die G AEP (German Appropriateness Evaluation Protocol) Kriterien herangezogen würden, um den fortdauernden akut-stationären Behandlungsbedarf abzubilden. Es seien im Wesentlichen sieben medizinische Störungsbilder bzw. Zustände bei Frührehabilitationspatienten identifiziert, die mit einem entsprechenden G AEP Kriterium in Beziehung gesetzt werden könnten und eine akut-stationäre Behandlungsbedürftigkeit anzeigten:

- intensivmedizinisch überwachungspflichtiger Zustand bei lebensbedrohlicher Situation, - absaugpflichtiges Tracheostoma, - intermittierende Beatmungspflichtigkeit, - beaufsichtigungspflichtige Orientierungsstörung (schwere Verwirrtheit), - beaufsichtigungspflichtige Verhaltensstörung (mit Eigen- und/oder Fremdgefährdung), - schwere Verständigungsstörung, - beaufsichtigungspflichtige Schluckstörung.

Sobald eines dieser Kriterien vorliege, werde von vollstationärer Krankenhaus-Behandlungspflichtigkeit ausgegangen. Daneben gebe es den Ansatz, darauf abzustellen ob es sich um Hochrisiko Patienten handele, die durch auftretende Komplikationen jederzeit vital bedroht sein könnten. Der Senat hat keinen Anlass anzuzweifeln, dass der Sachverständige mit diesen Ausführungen den Stand der medizinischen Wissenschaft zutreffend wiedergibt. Auch der MDK und ihm folgend die Beklagte stellen dies letztlich nicht substantiiert unter Vorlage geeigneter Belege in Abrede, sondern weisen darauf hin, dass in der Beurteilungspraxis des MDK andere Maßstäbe herangezogen würden. Es gibt aber nicht den Grundsatz, dass die vom MDK herangezogenen Maßstäbe stets den Stand der medizinischen repräsentieren würden. Soweit die Beklagte auf eine Abhandlung im Sächsischen Ärzteblatt Bezug nimmt, ist sie den Nachweis schuldig geblieben, dass die dort formulierte Auffassung sich in der medizinischen Wissenschaft durchgesetzt hat. Der Sachverständige Prof. Dr. Nverweist dagegen auf das Standardlehrbuch von Rollnik zur neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation.

Der Senat folgt dem Sachverständigen in der Annahme, dass eine schwere Verständigungsstörung vorgelegen hat. Er nimmt Bezug auf die weitere Definition einer Verständigungsstörung, deren Voraussetzungen der Sachverständige in seinem Gutachten aufgrund der in den Akten der Klägerin vorhandenen Dokumentation sicher bejaht hat. Er hält die weitere Definition für maßgeblich, weil der Sachverständige in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 12. Juli 2017 ausgeführt hat, dass sie sich in der klinischen Praxis durchgesetzt habe. Für die Richtigkeit dieser Einschätzung spricht insbesondere, dass diese Definition in das Positionspapier der Kliniken des BDH-Bundesverbands Rehabilitation aufgenommen worden ist. Auf das beim MDK praktizierte Begriffsverständnis, wonach ein stabiler Ja-Nein-Modus entscheidend ist, kommt es danach nicht an. Die Beklagte verkennt im Übrigen, dass es in diesem Zusammenhang nicht um die Frage geht, ob die Behandlung der Verständigungsstörung der besonderen Mittel eines Krankenhauses bedarf, sondern maßgebend ist, ob wegen der Verständigungsstörung eine neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation im Krankenhaus und nicht in einer Rehabilitationseinrichtung durchgeführt werden muss.

Der Senat folgt dem Sachverständigen schließlich auch in der Annahme, dass eine Hochrisikosituation vorgelegen hat, die gleichermaßen Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit begründet hat. Schon das Risiko des Eintritts eines erneuten Schlaganfalls vermag Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit in der Form einer Überwachungsnotwendigkeit zu begründen, wenn es hinreichend konkret ist. Dies ist von dem Sachverständigen bestätigt worden mit dem Hinweis, dass bei dem Versicherten bis zu dem dann nach Verlegung in ein anderes Krankenhaus vorgenommenen operativen Eingriff jederzeit ein erneuter Schlaganfall zu befürchten gewesen sei. Der Senat hat keine Veranlassung, die Richtigkeit dieser Einschätzung in Frage zu stellen. Das Gutachten und die eingeholten ergänzenden Stellungnahmen zeichnen sich durch differenzierte Beantwortung der gestellten Fragen aus. Der Sachverständige hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25. September 2015 nachvollziehbar dargelegt, dass für diesen Fall eine adäquate Behandlung nur in einem akutstationären Krankenhaus möglich gewesen wäre. Dass es tatsächlich nicht zu einem Wiederauftreten eines Schlaganfalls gekommen ist, vermag nicht zu widerlegen, dass ein hohes Risiko bestanden hat.

Zu Unrecht meint das Sozialgericht, aus dem Fehlen der Dokumentation einer ausdrücklich in Bezug auf die Wiederholung eines Schlaganfalls stattgefunden habenden Beobachtung und Kontrolle ableiten zu können, dass eine stationäre Behandlung doch nicht erforderlich gewesen sein könne. Über die Erforderlichkeit einer stationären Behandlung ist bei Aufnahme des Patienten im Wege einer ex-ante-Prognose zu entscheiden. Selbst eine unzureichend umgesetzte Überwachung des Versicherten widerlegt deswegen nicht, dass aus medizinischer Sicht eine entsprechende Behandlungsnotwendigkeit bestand. Im Übrigen weist der Senat noch darauf hin, dass zumindest ein regelmäßiger Kontakt des Versicherten mit dem medizinischen Personal der Klinik der Klägerin dokumentiert ist. Die medizinisch geschulten Mitarbeiter hätte Anzeichen eines erneuten Schlaganfalls gegebenenfalls erkennen und unverzüglich entsprechende Behandlungsmaßnahmen einleiten können.

Nach alledem war auf die Berufung der Klägerin hin das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung zu verurteilen.

Der Zinsanspruch für die Forderung folgt aus § 18 Abs. 4 und 5 des Brandenburger Vertrags über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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