Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 2606/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 3718/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 19.09.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Bewegungseinschränkung am rechten Knie als Unfallfolge sowie die Gewährung einer Verletztenrente und weiterer Leistungen.
Bei dem 1982 geborenen Kläger wurden erstmalig im Jahr 2013 Beschwerden am rechten Kniegelenk aktenkundig. Der Orthopäde Dr. B. führte mit Arztbrief vom 09.04.2013 aus, die Kniebeschwerden seien seit einem Jahr vorhanden, die Beschwerden ließen sich ursächlich momentan nicht zuordnen, es sei ein Zusammenhang mit einer beim Kläger vorliegenden Psoriasis-Erkrankung möglich. Damals wurde durch den Radiologen Dr. Sch. am 12.08.2013 kernspintomographisch der Verdacht auf eine Partialruptur des vorderen Kreuzbands geäußert.
Am 08.03.2015 wollte der als Metallarbeiter beschäftigte Kläger in der Nachtschicht über ein Ablaufrohr steigen, blieb dabei hängen, rutschte aus und stürzte auf das rechte Knie. Er wurde mit dem Krankenwagen in das Z. Klinikum B. gebracht. Der Durchgangsarzt Dr. F. schloss in seinem Bericht vom 09.03.2015 eine Fraktur aus und diagnostizierte eine Prellung des Knies. Eine unmittelbare Weiterbehandlung fand nicht statt. Arbeitsunfähigkeit bestand bis 11.03.2015.
Am Montag, den 27.04.2015 stellte sich der Kläger in der orthopädischen Ambulanz der F. Kliniken A. vor und gab an, am vorausgegangenen Freitag sei es zu zunehmenden Schmerzen im rechten Knie ohne Trauma gekommen. Chefarzt Dr. W. diagnostizierte neben der Psoriasis eine Gonalgie und veranlasste eine Kernspintomographie. Der Kläger blieb im Nachgang bis Juli 2018 arbeitsunfähig. Der befristete Arbeitsvertrag des Klägers wurde nach Dezember 2015 nicht mehr verlängert.
Der Radiologe Dr. H. führte mit Arztbrief vom 26.05.2015 aus, die Kernspintomographie vom 22.05.2015 zeige eine deutliche Befundprogression zur Voruntersuchung vom August 2013 mit chronischer Irritation des vorderen und geringer des hinteren Kreuzbandes und leichter Paritairuptur des vorderen Kreuzbandes als Überlastungszeichen. Der Orthopäde Dr. B. führte mit Arztbrief am 17.06.2015 aus, der Kläger habe im Rahmen der Anamnese angegeben, erstmalig vor zwei Jahren und seit sieben Wochen verstärkte Schmerzen am rechen Kniegelenk zu haben.
Im September 2015 erlitt der Kläger eine Verletzung am linken Auge mit nachfolgender Erblindung.
Am 27.10.2015 führte Dr. B. eine Arthroskopie am rechten Kniegelenk durch und diagnostizierte eine Degeneration des vorderen Kreuzbandes, eine Reizsynovialitis und eine fragliche Arthritis psoriatica. Im Bericht über die morphologische Begutachtung des entnommenen Gewebes führten die Dres. G. und B. aus, diese habe keinen eindeutigen Hinweis auf ein abgelaufenes Trauma erbracht.
Ab März 2016 begab sich der Kläger zudem in Behandlung des Orthopäden Dr. B., der den Kläger unter der Diagnose eines chronischen Schmerzsyndroms am rechten Knie behandelte und den Verdacht auf eine Psoriasisarthritis äußerte.
In der Zeit von 06.04.2016 bis 19.04.2016 befand sich der Kläger in einer akutstationären Behandlung in der F.-Klinik B B ... Der dortige Entlassungsbrief führt aus, der Kläger habe über seit Januar 2015 bestehende massive Schmerzen im rechten Kniegelenk berichtet.
In der Zeit von 26.04.2016 bis 24.05.2016 befand sich der Kläger in einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in den Fachkliniken S ... Der dortige Entlassbericht führt aus, der Kläger habe Kniebeschwerden seit Anfang April 2015 bzw. (an anderer Stelle des Entlassberichts) "seit Jahren" angegeben.
In einem am 17.01.2017 durch Dr. K. erstellten MRT des rechten Kniegelenks zeigten sich u.a. ein deutlich ödematös verändertes vorderes Kreuzband, Zeichen einer chronischen Fehlbelastung und eine Degeneration am Innenmeniskus.
Mit Schreiben vom 08.03.2017 beantragte der Kläger u.a. die Anerkennung des Unfalls vom 09.03.2015 als Arbeitsunfall und führte aus, er habe vor dem Arbeitsunfall am rechten Knie überhaupt keine Beschwerden gehabt. Seit dem Arbeitsunfall habe er bis heute durchgehend Beschwerden.
Auf Nachfrage der Beklagten berichtete Dr. B. mit Schreiben vom 26.03.2017, von einem Unfall sei ihm nichts bekannt. Da der intraoperative Befund bei Dr. B. im Wesentlichen unauffällig gewesen sei, sei sehr unwahrscheinlich, dass die derzeitigen Beschwerden Folgen des Unfalls seien. Beim Kläger bestehe ein deutliches allgemeines Schmerzsyndrom auf dem Boden einer Depression. Möglicherweise habe sich eine Psoriasisarthropathie ausgebildet.
In der Zeit von 19.07.2017 bis 21.07.2017 befand sich der Kläger in einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Rehaklinik Ü. in I ... Die dortigen Ärzte diagnostizierten eine Minderbelastbarkeit des rechten Kniegelenks bei Reizzustand und chronisch entzündlichen Veränderungen des vorderen Kreuzbandes.
Der Beratungsarzt Prof. Dr. D. führte auf Nachfrage der Beklagten am 01.07.2017 aus, es lägen eine fortschreitende mukoide Degeneration mit chronischer Überlastung des vorderen Kreuzbandes und Läsionen des Innen- und Außenmeniskus vor. Verletzungsspezifische Begleitverletzungen würden fehlen. Deshalb, v.a. aufgrund des Verlaufs im Vergleich zur Voruntersuchung vom August 2013 seien alle Läsionen dem Unfallereignis vom März 2015 zeitlich vorzuordnen.
Mit Bescheid vom 15.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2017 erkannte die Beklagte den Unfall vom 08.03.2015 als Arbeitsunfall und als Unfallfolge eine folgenlos ausgeheilte Prellung des rechten Kniegelenks an. Keine Folgen des Unfalls seien die Beschwerden am rechten Kniegelenk nach operativ versorgten degenerativen Veränderungen am vorderen Kreuzband und Schädigung des Außen- und Innenmeniskus. Ein Anspruch auf Leistungen, insbesondere Heilbehandlung über den 05.04.2015 hinaus, bestehe nicht. Es bestehe kein Anspruch auf Rente und sonstige Rehabilitationsleistungen.
Hiergegen hat der Kläger am 26.10.2017 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und zur Begründung insbesondere vorgetragen, bei dem Arbeitsunfall habe er durch ein Verdrehtrauma eine Kreuzbandverletzung erlitten. Entgegen dem Bericht der F.-Klinik habe es im Januar 2015 keine massive Knieproblematik gegeben. Ferner hat der der Kläger einen Arztbrief des Rheumatologen Dr. J. vom 20.10.2017 vorgelegt, in dem dieser ausführt, die Problematik habe "2014 nach einem Arbeitsunfall" begonnen
Das SG hat Dr. F., den Facharzt für Allgemeinmedizin F. sowie Dr. B. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und im Anschluss hieran ein orthopädisches Gutachten bei dem Facharzt für Chirurgie und Orthopädie Dr. D. eingeholt. In seinem Gutachten vom 03.03.2018 hat Dr. D. ausgeführt, beim Kläger bestehe am rechten Kniegelenk eine Bewegungseinschränkung mit einer Streckhemmung von 20° und einer Beugeeinschränkung von 40°, in deren Zusammenhang auch eine im Seitenvergleich um 2cm verminderte Oberschenkelmuskulatur und eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Hüftgelenks zu sehen sei. Diese Bewegungseinschränkung sei jedoch nicht wahrscheinlich auf den Arbeitsunfall, sondern auf die unfallunabhängigen Veränderungen im rechten Kniegelenk zurückzuführen.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat das SG sodann Dr. Pf. mit der Erstellung eines weiteren chirurgisch-orthopädischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 25.07.2018 ausgeführt, der im Bereich der Kniegelenke beschriebene Schaden sei durch das versicherte (Unfall-)Ereignis wesentlich im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung verursacht. Die im Jahr 2013 kurzzeitig eingetretenen Kniegelenksbeschwerden hätten nicht im Sinne einer Brückensymptomatik bis zum Unfallereignis im Jahr 2015 angehalten, vielmehr habe bis 2015 keine Schmerzsymptomatik bestanden. Dr. Pf. hat eine MdE von 40 befürwortet. Auf die Frage nach der Abweichung von ärztliche Vorbeurteilungen hat er ausgeführt, eine ärztliche Vorbegutachtung liege nicht vor.
Mit Urteil vom 19.09.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sich das SG insbesondere auf das Gutachten des Dr. D. gestützt. Die Auffassung von Dr. D. decke sich nicht nur mit der beratungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. D., sondern auch mit der Auffassung des Dr. B ... Gegen einen Unfallzusammenhang spreche zudem, dass der Kläger bei der Behandlung in den F. Kliniken im April 2015 kein Trauma angegeben und gegenüber Dr. B. auf keinen Arbeitsunfall hingewiesen habe. Den seit Ende April 2015 dokumentierten Behandlungen und Verdachtsdiagnosen könne kein Hinweis auf einen Unfallzusammenhang entnommen werden. Es werde keine traumatische bedingte Schädigung des rechten Kniegelenks, die die fortdauernden Beschwerden erkläre, genannt. Das Gutachten des Dr. Pf. überzeuge nicht. Dieser habe zu Unrecht eine komplette Beschwerdefreiheit des Klägers vor dem Unfall als nachgewiesen zugrunde gelegt.
Hiergegen hat der Kläger am 18.10.2018 Berufung eingelegt. Zur Begründung der Berufung hat der Kläger insbesondere auf die Ausführungen des Dr. J. sowie des Gutachters Dr. Pf. Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 19.09.2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2017 zu verurteilen, beim Kläger als Unfallfolge eine massive Bewegungseinschränkung des rechten Knies anzuerkennen und hieraus Leistungen nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend und hat darauf verwiesen.
Mit Verfügung vom 03.12.2018, welche der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 06.12.2018 zuging, hat der Senat die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG angehört. Mit Schreiben vom 08.12.2018 hat der Kläger hieraufhin mitgeteilt, dass ein zunächst in der Berufungsschrift gestellter Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 109 SGG nicht mehr weiterverfolgt wird.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Nach § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat – nach vorheriger Anhörung der Beteiligten – in Ausübung seines richterlichen Ermessens die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Den Beteiligten wurde im Vorfeld der Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 15.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2017 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, aufgrund des Arbeitsunfalls vom 08.03.2015 die vom Kläger geltend gemachten weiteren Gesundheitsstörungen in Form von Bewegungseinschränkungen am rechten Knie als Folge des Arbeitsunfalls anzuerkennen und dem Kläger weitere Leistungen, insbesondere eine Verletztenrente zu gewähren.
Die erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf Feststellung von (weiteren) Unfallfolgen ist gemäß § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Denn der Verletzte kann seinen Anspruch auf Feststellung, dass eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls ist, nicht nur mit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG geltend machen. Er kann vielmehr wählen, ob er stattdessen sein Begehren mit einer Kombination aus einer Anfechtungsklage gegen den das Nichtbestehen des von ihm erhobenen Anspruchs feststellenden Verwaltungsakts und einer Verpflichtungsklage verfolgen will (BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R = BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 Rn 12 ff.). Beide Rechtsschutzformen sind grundsätzlich gleich rechtsschutzintensiv (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R = NZS 2012, 909).
Die Beklagte ist nicht verpflichtet weitere Gesundheitsstörungen in Form von Bewegungseinschränkungen am rechten Knie als Folge des Arbeitsunfalls vom 08.03.2015 anzuerkennen. Denn die genannten Gesundheitsstörungen sind keine Unfallfolgen dieses Arbeitsunfalls. Der Unfall vom 08.03.2015 hat ausschließlich zu einer Prellung des rechten Knies geführt, die nach längstens 4 bis 6 Wochen ausgeheilt war.
Ein Anspruch auf Feststellung bestimmter Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen kann aus § 102 SGB VII folgen. § 102 SGB VII ist Ermächtigungsnorm und zugleich Anspruchsgrundlage für den Versicherten. Die Regelung begründet einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, weil er nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen soll, sondern auch dem Interesse eines auch der Norm abgrenzbaren Kreises von Versicherten. Ermächtigung und Anspruchsgrundlage erfassen aber nicht nur die abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch, sondern ausnahmsweise auch die über einzelne Anspruchselemente. Auch § 55 Abs. 1 S. 3 SGG setzt die Möglichkeit voraus, dass ein Versicherungsträger über eine Gesundheitsstörung oder den Tod als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer BK entscheidet und der Versicherte hierauf zulässigerweise eine Feststellungsklage richten kann.
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Bei dem Unfall vom 08.03.2015 hat es sich, was zwischen den Beteiligten zurecht unstreitig ist, um einen Arbeitsunfall gehandelt. Jedoch führte dieser Versicherungsfall weder unmittelbar (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII) noch mittelbar (§ 11 SGB VII) zu den beim Kläger nachgewiesenen Bewegungseinschränkungen im Bereich des rechten Knies. Eine Gesundheitsstörung ist Unfallfolge (im engeren Sinne) eines Versicherungsfalls im Sinne des § 8 SGB VII, wenn sie spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Der Anspruch setzt grundsätzlich das "objektive", d.h. aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Beobachters gegebene Vorliegen einer Gesundheitsstörung voraus, die spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Da der Gesundheitserstschaden (Gesundheitsbeeinträchtigung, Tod oder Krankheit) eine den Versicherungsfall selbst begründende Tatbestandsvoraussetzung und damit keine Folge des Arbeitsunfalls ist, muss er grundsätzlich bei der Feststellung des Versicherungsfalls benannt werden.
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte - konkrete und klar definierte (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O) - Gesundheitsstörung müssen i.S. eines Vollbeweises erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84, SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt für die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rn. 20 m.w.N.). Ob ein Gesundheitsschaden dem Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls als Unfallfolge im engeren Sinne zuzurechnen ist (sog. haftungsausfüllende Kausalität), beurteilt sich nach der Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingung (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R = BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 Rn. 28 ff. m.w.N.). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das SG auf Basis dieser rechtlichen Grundlagen die Klage abgewiesen. Der Senat nimmt daher auf die Gründe des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug, macht sich die überzeugenden Ausführungen des SG vollständig zu Eigen und schließt sich ebenfalls der Bewertung des Gutachters Dr. D. an.
Mit Blick auf die Berufungsbegründung, in der sich der Kläger insbesondere auf das Gutachten des Dr. Pf. sowie auf die Stellungnahme des Dr. J. stützt, ist wiederholend und nur zum Teil ergänzend folgendes anzumerken:
Soweit zunächst Dr. J. in seinem Arztbrief vom 20.01.2017 anamnestisch ausführt, die Schmerzproblematik im rechten Kniegelenk habe "im Jahr 2014" nach einem Arbeitsunfall begonnen, ist darauf hinzuweisen, dass ein Unfall aus dem Jahr 2014 nicht aktenkundig ist und seit 2014 bestehende Beschwerden eindeutig gegen eine Beschwerdekausalität des Arbeitsunfalls vom 08.03.2015 sprechen. Sollte es sich bei der Formulierung Dr. J. hingegen um einen Schreibfehler handeln und der Kläger anamnestisch den hier streitigen Unfall vom 08.03.2015 benannt haben, so widersprechen diese Angaben deutlich den aktenkundigen Befunden und sonstigen Angaben des Klägers im Lauf des Verfahrens. Dieser war bereits 2013 wegen Beschwerden im rechten Knie bei Dr. B. in Behandlung und hat diesem im April 2013 davon berichtet, dass er schon seit einem Jahr über Schmerzen am rechten Kniegelenk hat.
Ebenso wie das SG erachtet der Senat auch das Gutachten des Dr. Pf. als nicht überzeugend. Soweit Dr. Pf. in seinem Gutachten argumentiert, die im Jahr 2013 kurzzeitig eingetretenen Kniegelenksbeschwerden hätten nicht im Sinne einer Brückensymptomatik bis zum Unfallereignis im Jahr 2015 angehalten, vielmehr habe bis 2015 keine Schmerzsymptomatik bestanden, vermag dies der Senat mit den aktenkundigen Befunden nicht in Einklang zu bringen. Dr. Pf. übergeht hierbei, den oben genannten Bericht des Dr. B. sowie den vom Radiologen Dr. Sch. im August 2013 nach durchgeführter Kernspintomographie geäußerten Verdacht auf eine Partialruptur des vorderen Kreuzbands. Demgegenüber hat Dr. D. in diesem Zusammenhang überzeugend herausgearbeitet, dass bereits im Rahmen der 2013 durchgeführten Kernspintomographie eine deutliche Signalanhebung in Form einer partiellen Auffaserung des vorderen Kreuzbandes (im Sinne einer Teilzerreißung) dokumentiert ist. Die Angabe des Klägers, er sei vor dem Unfall am rechten Knie beschwerdefrei gewesen, auf die sich Dr. Pf. stützt, ohne nachvollziehbar auf die dokumentierten Befunde einzugehen, erachtet der Senat daher als widerlegt. Auf Basis der dem Unfall nachfolgenden Arthroskopie des rechten Kniegelenks hat Dr. D. zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass dort intakte Knorpelverhältnisse im Femoropatellargelenk festgestellt wurden, so dass der Sturz auf die Streckseite des Kniegelenks zu keinen strukturellen Schäden an der Kniescheibengelenksfläche bzw. im Gleitlager der Kniescheibe am körperfernen Oberschenkel geführt hat. Zudem wurden im Rahmen dieser Arthroskopie Proben entnommen deren feingewebliche Untersuchung eine chronische Entzündung nachgewiesen haben. Veränderungen im Sinne einer unfallbedingten Verletzung (Blutung) konnten hingegen durch fehlende Eisenablagerungen ausgeschlossen werden. Auch hiermit setzt sich Dr. Pf. nicht überzeugend auseinander. Soweit Dr. Pf. zuletzt auf die Frage nach der Abweichung von ärztlichen Vorbeurteilungen ausgeführt hat, eine ärztliche Vorbegutachtung liege nicht vor, hat er aus nicht nachvollziehbaren Gründen das unmittelbar zuvor erstellte Gutachten des Dr. D. gänzlich ausgeblendet. Vor diesem Hintergrund erscheint die vollständige inhaltliche Durchdringung des zur Begutachtung übersandten Aktenmaterials durch Dr. Pf. zumindest fraglich, weshalb der Senat auch aus diesem Grund dessen Gutachten als nicht überzeugend erachtet.
Der Kläger hat aufgrund der damit allein als Unfallfolgen feststehenden Knieprellung schließlich auch keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztenrente oder sonstiger weiterer Leistungen. Nach § 26 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte wegen nachgewiesener Gesundheitsschäden, deren wesentliche Ursache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Versicherungsfall ist, Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld, § 45 SGB VII, und Rente, § 56 SGB VII). Nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente; die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern, § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII.
Im vorliegenden Fall hat der Unfall vom 08.03.2015 - wie oben dargelegt - ausschließlich zu einer Prellung des rechten Knies geführt, die nach längstens 4 bis 6 Wochen ausgeheilt war, so dass hier jedenfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus keine rentenrelevante MdE verblieben ist. Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass in Anbetracht der folgenlos ausgeheilten Knieprellung auch keine Ansprüche auf sonstige Leistungen, wie insbesondere Heilbehandlung, bestehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Bewegungseinschränkung am rechten Knie als Unfallfolge sowie die Gewährung einer Verletztenrente und weiterer Leistungen.
Bei dem 1982 geborenen Kläger wurden erstmalig im Jahr 2013 Beschwerden am rechten Kniegelenk aktenkundig. Der Orthopäde Dr. B. führte mit Arztbrief vom 09.04.2013 aus, die Kniebeschwerden seien seit einem Jahr vorhanden, die Beschwerden ließen sich ursächlich momentan nicht zuordnen, es sei ein Zusammenhang mit einer beim Kläger vorliegenden Psoriasis-Erkrankung möglich. Damals wurde durch den Radiologen Dr. Sch. am 12.08.2013 kernspintomographisch der Verdacht auf eine Partialruptur des vorderen Kreuzbands geäußert.
Am 08.03.2015 wollte der als Metallarbeiter beschäftigte Kläger in der Nachtschicht über ein Ablaufrohr steigen, blieb dabei hängen, rutschte aus und stürzte auf das rechte Knie. Er wurde mit dem Krankenwagen in das Z. Klinikum B. gebracht. Der Durchgangsarzt Dr. F. schloss in seinem Bericht vom 09.03.2015 eine Fraktur aus und diagnostizierte eine Prellung des Knies. Eine unmittelbare Weiterbehandlung fand nicht statt. Arbeitsunfähigkeit bestand bis 11.03.2015.
Am Montag, den 27.04.2015 stellte sich der Kläger in der orthopädischen Ambulanz der F. Kliniken A. vor und gab an, am vorausgegangenen Freitag sei es zu zunehmenden Schmerzen im rechten Knie ohne Trauma gekommen. Chefarzt Dr. W. diagnostizierte neben der Psoriasis eine Gonalgie und veranlasste eine Kernspintomographie. Der Kläger blieb im Nachgang bis Juli 2018 arbeitsunfähig. Der befristete Arbeitsvertrag des Klägers wurde nach Dezember 2015 nicht mehr verlängert.
Der Radiologe Dr. H. führte mit Arztbrief vom 26.05.2015 aus, die Kernspintomographie vom 22.05.2015 zeige eine deutliche Befundprogression zur Voruntersuchung vom August 2013 mit chronischer Irritation des vorderen und geringer des hinteren Kreuzbandes und leichter Paritairuptur des vorderen Kreuzbandes als Überlastungszeichen. Der Orthopäde Dr. B. führte mit Arztbrief am 17.06.2015 aus, der Kläger habe im Rahmen der Anamnese angegeben, erstmalig vor zwei Jahren und seit sieben Wochen verstärkte Schmerzen am rechen Kniegelenk zu haben.
Im September 2015 erlitt der Kläger eine Verletzung am linken Auge mit nachfolgender Erblindung.
Am 27.10.2015 führte Dr. B. eine Arthroskopie am rechten Kniegelenk durch und diagnostizierte eine Degeneration des vorderen Kreuzbandes, eine Reizsynovialitis und eine fragliche Arthritis psoriatica. Im Bericht über die morphologische Begutachtung des entnommenen Gewebes führten die Dres. G. und B. aus, diese habe keinen eindeutigen Hinweis auf ein abgelaufenes Trauma erbracht.
Ab März 2016 begab sich der Kläger zudem in Behandlung des Orthopäden Dr. B., der den Kläger unter der Diagnose eines chronischen Schmerzsyndroms am rechten Knie behandelte und den Verdacht auf eine Psoriasisarthritis äußerte.
In der Zeit von 06.04.2016 bis 19.04.2016 befand sich der Kläger in einer akutstationären Behandlung in der F.-Klinik B B ... Der dortige Entlassungsbrief führt aus, der Kläger habe über seit Januar 2015 bestehende massive Schmerzen im rechten Kniegelenk berichtet.
In der Zeit von 26.04.2016 bis 24.05.2016 befand sich der Kläger in einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in den Fachkliniken S ... Der dortige Entlassbericht führt aus, der Kläger habe Kniebeschwerden seit Anfang April 2015 bzw. (an anderer Stelle des Entlassberichts) "seit Jahren" angegeben.
In einem am 17.01.2017 durch Dr. K. erstellten MRT des rechten Kniegelenks zeigten sich u.a. ein deutlich ödematös verändertes vorderes Kreuzband, Zeichen einer chronischen Fehlbelastung und eine Degeneration am Innenmeniskus.
Mit Schreiben vom 08.03.2017 beantragte der Kläger u.a. die Anerkennung des Unfalls vom 09.03.2015 als Arbeitsunfall und führte aus, er habe vor dem Arbeitsunfall am rechten Knie überhaupt keine Beschwerden gehabt. Seit dem Arbeitsunfall habe er bis heute durchgehend Beschwerden.
Auf Nachfrage der Beklagten berichtete Dr. B. mit Schreiben vom 26.03.2017, von einem Unfall sei ihm nichts bekannt. Da der intraoperative Befund bei Dr. B. im Wesentlichen unauffällig gewesen sei, sei sehr unwahrscheinlich, dass die derzeitigen Beschwerden Folgen des Unfalls seien. Beim Kläger bestehe ein deutliches allgemeines Schmerzsyndrom auf dem Boden einer Depression. Möglicherweise habe sich eine Psoriasisarthropathie ausgebildet.
In der Zeit von 19.07.2017 bis 21.07.2017 befand sich der Kläger in einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Rehaklinik Ü. in I ... Die dortigen Ärzte diagnostizierten eine Minderbelastbarkeit des rechten Kniegelenks bei Reizzustand und chronisch entzündlichen Veränderungen des vorderen Kreuzbandes.
Der Beratungsarzt Prof. Dr. D. führte auf Nachfrage der Beklagten am 01.07.2017 aus, es lägen eine fortschreitende mukoide Degeneration mit chronischer Überlastung des vorderen Kreuzbandes und Läsionen des Innen- und Außenmeniskus vor. Verletzungsspezifische Begleitverletzungen würden fehlen. Deshalb, v.a. aufgrund des Verlaufs im Vergleich zur Voruntersuchung vom August 2013 seien alle Läsionen dem Unfallereignis vom März 2015 zeitlich vorzuordnen.
Mit Bescheid vom 15.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2017 erkannte die Beklagte den Unfall vom 08.03.2015 als Arbeitsunfall und als Unfallfolge eine folgenlos ausgeheilte Prellung des rechten Kniegelenks an. Keine Folgen des Unfalls seien die Beschwerden am rechten Kniegelenk nach operativ versorgten degenerativen Veränderungen am vorderen Kreuzband und Schädigung des Außen- und Innenmeniskus. Ein Anspruch auf Leistungen, insbesondere Heilbehandlung über den 05.04.2015 hinaus, bestehe nicht. Es bestehe kein Anspruch auf Rente und sonstige Rehabilitationsleistungen.
Hiergegen hat der Kläger am 26.10.2017 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und zur Begründung insbesondere vorgetragen, bei dem Arbeitsunfall habe er durch ein Verdrehtrauma eine Kreuzbandverletzung erlitten. Entgegen dem Bericht der F.-Klinik habe es im Januar 2015 keine massive Knieproblematik gegeben. Ferner hat der der Kläger einen Arztbrief des Rheumatologen Dr. J. vom 20.10.2017 vorgelegt, in dem dieser ausführt, die Problematik habe "2014 nach einem Arbeitsunfall" begonnen
Das SG hat Dr. F., den Facharzt für Allgemeinmedizin F. sowie Dr. B. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und im Anschluss hieran ein orthopädisches Gutachten bei dem Facharzt für Chirurgie und Orthopädie Dr. D. eingeholt. In seinem Gutachten vom 03.03.2018 hat Dr. D. ausgeführt, beim Kläger bestehe am rechten Kniegelenk eine Bewegungseinschränkung mit einer Streckhemmung von 20° und einer Beugeeinschränkung von 40°, in deren Zusammenhang auch eine im Seitenvergleich um 2cm verminderte Oberschenkelmuskulatur und eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Hüftgelenks zu sehen sei. Diese Bewegungseinschränkung sei jedoch nicht wahrscheinlich auf den Arbeitsunfall, sondern auf die unfallunabhängigen Veränderungen im rechten Kniegelenk zurückzuführen.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat das SG sodann Dr. Pf. mit der Erstellung eines weiteren chirurgisch-orthopädischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 25.07.2018 ausgeführt, der im Bereich der Kniegelenke beschriebene Schaden sei durch das versicherte (Unfall-)Ereignis wesentlich im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung verursacht. Die im Jahr 2013 kurzzeitig eingetretenen Kniegelenksbeschwerden hätten nicht im Sinne einer Brückensymptomatik bis zum Unfallereignis im Jahr 2015 angehalten, vielmehr habe bis 2015 keine Schmerzsymptomatik bestanden. Dr. Pf. hat eine MdE von 40 befürwortet. Auf die Frage nach der Abweichung von ärztliche Vorbeurteilungen hat er ausgeführt, eine ärztliche Vorbegutachtung liege nicht vor.
Mit Urteil vom 19.09.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sich das SG insbesondere auf das Gutachten des Dr. D. gestützt. Die Auffassung von Dr. D. decke sich nicht nur mit der beratungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. D., sondern auch mit der Auffassung des Dr. B ... Gegen einen Unfallzusammenhang spreche zudem, dass der Kläger bei der Behandlung in den F. Kliniken im April 2015 kein Trauma angegeben und gegenüber Dr. B. auf keinen Arbeitsunfall hingewiesen habe. Den seit Ende April 2015 dokumentierten Behandlungen und Verdachtsdiagnosen könne kein Hinweis auf einen Unfallzusammenhang entnommen werden. Es werde keine traumatische bedingte Schädigung des rechten Kniegelenks, die die fortdauernden Beschwerden erkläre, genannt. Das Gutachten des Dr. Pf. überzeuge nicht. Dieser habe zu Unrecht eine komplette Beschwerdefreiheit des Klägers vor dem Unfall als nachgewiesen zugrunde gelegt.
Hiergegen hat der Kläger am 18.10.2018 Berufung eingelegt. Zur Begründung der Berufung hat der Kläger insbesondere auf die Ausführungen des Dr. J. sowie des Gutachters Dr. Pf. Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 19.09.2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2017 zu verurteilen, beim Kläger als Unfallfolge eine massive Bewegungseinschränkung des rechten Knies anzuerkennen und hieraus Leistungen nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend und hat darauf verwiesen.
Mit Verfügung vom 03.12.2018, welche der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 06.12.2018 zuging, hat der Senat die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG angehört. Mit Schreiben vom 08.12.2018 hat der Kläger hieraufhin mitgeteilt, dass ein zunächst in der Berufungsschrift gestellter Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 109 SGG nicht mehr weiterverfolgt wird.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Nach § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat – nach vorheriger Anhörung der Beteiligten – in Ausübung seines richterlichen Ermessens die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Den Beteiligten wurde im Vorfeld der Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 15.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2017 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, aufgrund des Arbeitsunfalls vom 08.03.2015 die vom Kläger geltend gemachten weiteren Gesundheitsstörungen in Form von Bewegungseinschränkungen am rechten Knie als Folge des Arbeitsunfalls anzuerkennen und dem Kläger weitere Leistungen, insbesondere eine Verletztenrente zu gewähren.
Die erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf Feststellung von (weiteren) Unfallfolgen ist gemäß § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Denn der Verletzte kann seinen Anspruch auf Feststellung, dass eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls ist, nicht nur mit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG geltend machen. Er kann vielmehr wählen, ob er stattdessen sein Begehren mit einer Kombination aus einer Anfechtungsklage gegen den das Nichtbestehen des von ihm erhobenen Anspruchs feststellenden Verwaltungsakts und einer Verpflichtungsklage verfolgen will (BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R = BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 Rn 12 ff.). Beide Rechtsschutzformen sind grundsätzlich gleich rechtsschutzintensiv (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R = NZS 2012, 909).
Die Beklagte ist nicht verpflichtet weitere Gesundheitsstörungen in Form von Bewegungseinschränkungen am rechten Knie als Folge des Arbeitsunfalls vom 08.03.2015 anzuerkennen. Denn die genannten Gesundheitsstörungen sind keine Unfallfolgen dieses Arbeitsunfalls. Der Unfall vom 08.03.2015 hat ausschließlich zu einer Prellung des rechten Knies geführt, die nach längstens 4 bis 6 Wochen ausgeheilt war.
Ein Anspruch auf Feststellung bestimmter Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen kann aus § 102 SGB VII folgen. § 102 SGB VII ist Ermächtigungsnorm und zugleich Anspruchsgrundlage für den Versicherten. Die Regelung begründet einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, weil er nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen soll, sondern auch dem Interesse eines auch der Norm abgrenzbaren Kreises von Versicherten. Ermächtigung und Anspruchsgrundlage erfassen aber nicht nur die abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch, sondern ausnahmsweise auch die über einzelne Anspruchselemente. Auch § 55 Abs. 1 S. 3 SGG setzt die Möglichkeit voraus, dass ein Versicherungsträger über eine Gesundheitsstörung oder den Tod als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer BK entscheidet und der Versicherte hierauf zulässigerweise eine Feststellungsklage richten kann.
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Bei dem Unfall vom 08.03.2015 hat es sich, was zwischen den Beteiligten zurecht unstreitig ist, um einen Arbeitsunfall gehandelt. Jedoch führte dieser Versicherungsfall weder unmittelbar (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII) noch mittelbar (§ 11 SGB VII) zu den beim Kläger nachgewiesenen Bewegungseinschränkungen im Bereich des rechten Knies. Eine Gesundheitsstörung ist Unfallfolge (im engeren Sinne) eines Versicherungsfalls im Sinne des § 8 SGB VII, wenn sie spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Der Anspruch setzt grundsätzlich das "objektive", d.h. aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Beobachters gegebene Vorliegen einer Gesundheitsstörung voraus, die spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Da der Gesundheitserstschaden (Gesundheitsbeeinträchtigung, Tod oder Krankheit) eine den Versicherungsfall selbst begründende Tatbestandsvoraussetzung und damit keine Folge des Arbeitsunfalls ist, muss er grundsätzlich bei der Feststellung des Versicherungsfalls benannt werden.
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte - konkrete und klar definierte (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O) - Gesundheitsstörung müssen i.S. eines Vollbeweises erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84, SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt für die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rn. 20 m.w.N.). Ob ein Gesundheitsschaden dem Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls als Unfallfolge im engeren Sinne zuzurechnen ist (sog. haftungsausfüllende Kausalität), beurteilt sich nach der Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingung (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R = BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 Rn. 28 ff. m.w.N.). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das SG auf Basis dieser rechtlichen Grundlagen die Klage abgewiesen. Der Senat nimmt daher auf die Gründe des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug, macht sich die überzeugenden Ausführungen des SG vollständig zu Eigen und schließt sich ebenfalls der Bewertung des Gutachters Dr. D. an.
Mit Blick auf die Berufungsbegründung, in der sich der Kläger insbesondere auf das Gutachten des Dr. Pf. sowie auf die Stellungnahme des Dr. J. stützt, ist wiederholend und nur zum Teil ergänzend folgendes anzumerken:
Soweit zunächst Dr. J. in seinem Arztbrief vom 20.01.2017 anamnestisch ausführt, die Schmerzproblematik im rechten Kniegelenk habe "im Jahr 2014" nach einem Arbeitsunfall begonnen, ist darauf hinzuweisen, dass ein Unfall aus dem Jahr 2014 nicht aktenkundig ist und seit 2014 bestehende Beschwerden eindeutig gegen eine Beschwerdekausalität des Arbeitsunfalls vom 08.03.2015 sprechen. Sollte es sich bei der Formulierung Dr. J. hingegen um einen Schreibfehler handeln und der Kläger anamnestisch den hier streitigen Unfall vom 08.03.2015 benannt haben, so widersprechen diese Angaben deutlich den aktenkundigen Befunden und sonstigen Angaben des Klägers im Lauf des Verfahrens. Dieser war bereits 2013 wegen Beschwerden im rechten Knie bei Dr. B. in Behandlung und hat diesem im April 2013 davon berichtet, dass er schon seit einem Jahr über Schmerzen am rechten Kniegelenk hat.
Ebenso wie das SG erachtet der Senat auch das Gutachten des Dr. Pf. als nicht überzeugend. Soweit Dr. Pf. in seinem Gutachten argumentiert, die im Jahr 2013 kurzzeitig eingetretenen Kniegelenksbeschwerden hätten nicht im Sinne einer Brückensymptomatik bis zum Unfallereignis im Jahr 2015 angehalten, vielmehr habe bis 2015 keine Schmerzsymptomatik bestanden, vermag dies der Senat mit den aktenkundigen Befunden nicht in Einklang zu bringen. Dr. Pf. übergeht hierbei, den oben genannten Bericht des Dr. B. sowie den vom Radiologen Dr. Sch. im August 2013 nach durchgeführter Kernspintomographie geäußerten Verdacht auf eine Partialruptur des vorderen Kreuzbands. Demgegenüber hat Dr. D. in diesem Zusammenhang überzeugend herausgearbeitet, dass bereits im Rahmen der 2013 durchgeführten Kernspintomographie eine deutliche Signalanhebung in Form einer partiellen Auffaserung des vorderen Kreuzbandes (im Sinne einer Teilzerreißung) dokumentiert ist. Die Angabe des Klägers, er sei vor dem Unfall am rechten Knie beschwerdefrei gewesen, auf die sich Dr. Pf. stützt, ohne nachvollziehbar auf die dokumentierten Befunde einzugehen, erachtet der Senat daher als widerlegt. Auf Basis der dem Unfall nachfolgenden Arthroskopie des rechten Kniegelenks hat Dr. D. zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass dort intakte Knorpelverhältnisse im Femoropatellargelenk festgestellt wurden, so dass der Sturz auf die Streckseite des Kniegelenks zu keinen strukturellen Schäden an der Kniescheibengelenksfläche bzw. im Gleitlager der Kniescheibe am körperfernen Oberschenkel geführt hat. Zudem wurden im Rahmen dieser Arthroskopie Proben entnommen deren feingewebliche Untersuchung eine chronische Entzündung nachgewiesen haben. Veränderungen im Sinne einer unfallbedingten Verletzung (Blutung) konnten hingegen durch fehlende Eisenablagerungen ausgeschlossen werden. Auch hiermit setzt sich Dr. Pf. nicht überzeugend auseinander. Soweit Dr. Pf. zuletzt auf die Frage nach der Abweichung von ärztlichen Vorbeurteilungen ausgeführt hat, eine ärztliche Vorbegutachtung liege nicht vor, hat er aus nicht nachvollziehbaren Gründen das unmittelbar zuvor erstellte Gutachten des Dr. D. gänzlich ausgeblendet. Vor diesem Hintergrund erscheint die vollständige inhaltliche Durchdringung des zur Begutachtung übersandten Aktenmaterials durch Dr. Pf. zumindest fraglich, weshalb der Senat auch aus diesem Grund dessen Gutachten als nicht überzeugend erachtet.
Der Kläger hat aufgrund der damit allein als Unfallfolgen feststehenden Knieprellung schließlich auch keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztenrente oder sonstiger weiterer Leistungen. Nach § 26 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte wegen nachgewiesener Gesundheitsschäden, deren wesentliche Ursache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Versicherungsfall ist, Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld, § 45 SGB VII, und Rente, § 56 SGB VII). Nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente; die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern, § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII.
Im vorliegenden Fall hat der Unfall vom 08.03.2015 - wie oben dargelegt - ausschließlich zu einer Prellung des rechten Knies geführt, die nach längstens 4 bis 6 Wochen ausgeheilt war, so dass hier jedenfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus keine rentenrelevante MdE verblieben ist. Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass in Anbetracht der folgenlos ausgeheilten Knieprellung auch keine Ansprüche auf sonstige Leistungen, wie insbesondere Heilbehandlung, bestehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved