Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 10 U 134/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 208/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 3/19 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 12.01.2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalles streitig.
Der 1979 geborene Kläger half dem Beigeladenen, dem privaten Bauherrn L. X., am 17.12.2012 beim Anbringen von Zierbalken in dessen zukünftigem Esszimmer. Beim Versuch, den Balken in die richtige Position zu schlagen, löste sich ein Eisenspan vom Meißel und traf den Kläger im linken Auge. Der Kläger erlitt hierbei eine perforierende Verletzung, die eine Operation erforderlich machte.
Das Eigenbauvorhaben und die Beteiligung privater Helfer waren gemäß § 192 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) vorab bei der Beklagten angemeldet worden. In der Unfallanzeige vom 28.12.2012 und einem am 17.01.2013 ausgefüllten Fragebogen teilte der Beigeladene mit, der Kläger habe ihm als Freundschaftsdienst beim Anbringen der Zierbalken geholfen. Er und der Kläger würden sich gegenseitig häufig Gefälligkeiten erweisen, wie z.B. Hilfe bei Renovierungsarbeiten oder Brennholz in Lagerraum schaffen. Zu dem Kläger bestehe seit ca. 20 Jahren eine freundschaftliche Beziehung (Freundeskreis, Kolping, Jugendferienlager als Teilnehmer/Leiter). Der Kläger habe ihm bis zum Unfall schon ca. 36 Stunden bei Trockenbauarbeiten geholfen. Wenn der Unfall nicht eingetreten wäre, wären voraussichtlich noch 10 Stunden Spachtelarbeiten angefallen. Die fachliche Leitung habe beim Kläger gelegen. Der Kläger sei gelernter Tischler, er selbst sei Energieanlagenelektroniker und Softwareentwickler. Das Arbeitsmaterial habe er gestellt und die Arbeitszeit bestimmt, der Kläger habe seine Zeit frei einteilen können. Die Fertigstellung der begonnenen Maßnahmen sei nach dem Unfall durch eine Firma erfolgt. Die im Vordruck im Wortlaut vorgegebene Frage, ob es sich um selbstverständliche, sich aus den konkreten sozialen Beziehungen ergebende gegenseitige Hilfsdienste gehandelt habe, bejahte der Beigeladene.
Mit Bescheid vom 28.05.2013 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Ereignisses vom 17.12.2012 ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger gehöre nicht zum versicherten Personenkreis. Er habe nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum Beigeladenen gestanden. Seine Mitarbeit habe auch nicht einer Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses geähnelt, weil sich seine Tätigkeit im Rahmen dessen bewegt habe, was üblicherweise unter engen, seit Jahren verbundenen Freunden als Unterstützung, Mithilfe oder Dienstleistung geleistet werde. Auch eine freiwillige Versicherung habe zum Unfallzeitpunkt nicht vorgelegen.
Der Kläger widersprach der Ablehnung von Leistungen und machte geltend, dass er laut Leistungskatalog der Bauhelferversicherung der Beklagten Anspruch auf Versicherungsschutz habe. Das Verhältnis zu dem Beigeladenen sei sporadisch zu sehen und die Arbeiten an dessen Baustelle in Höhe der geleisteten Stunden seien kein Freundschaftsdienst gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurück. Der Kläger habe keinen Versicherungsfall nach § 7 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), wozu u.a. Arbeitsunfälle gehörten, erlitten. Er sei sowohl im Rahmen einer freundschaftlichen Gefälligkeitsleistung als auch unternehmerähnlich tätig geworden. Aufgrund seiner langjährigen Freundschaft zu dem Beigeladenen seien gegenseitige Hilfsdienste als selbstverständliche Gefälligkeitsleistung anzusehen. Darüber hinaus habe der Kläger die fachliche Verantwortung der auszuführenden Arbeiten getragen und sich auch seine Zeit frei einteilen können. Eine freiwillige Versicherung sei nicht beantragt worden.
Am 09.04.2014 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Münster (SG) Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, er sei bei dem Unfall als sogenannter "Wie-Beschäftigter" versichert gewesen. Auf der Baustelle des Beigeladenen sei er vom 01.09.2012 bis zum Unfallzeitpunkt unentgeltlich beschäftigt gewesen. Er habe bereits 36 Stunden im Bereich Trockenbauarbeiten gearbeitet. Diese Tätigkeit habe bei dem Beigeladenen zu einer erheblichen Wertschöpfung geführt. Es sei unzutreffend, dass er seine Arbeitszeit habe frei einteilen können. Der Beigeladene habe ihn gebeten, der Beklagten mitzuteilen, dass er etwaige anderslautende Erklärungen widerrufe. Tatsächlich sei es so gewesen, dass der Beigeladene die Zeit vorgegeben habe. Richtig sei allerdings, dass dieser auf seine Belange und Interessen Rücksicht genommen habe. Sämtliches Werkzeug und Material sei ausschließlich vom Beigeladenen gestellt worden. Die ausgeführten Tätigkeiten hätten weit unter seinen fachlichen Möglichkeiten und Kompetenzen gelegen. Der Beigeladene habe ihm gegenüber auch insoweit eine Weisungsbefugnis gehabt und diese Kraft eigener Sachkompetenz auch ausgeführt. Richtig sei, dass er mit dem Bauherrn befreundet sei. Mitgliedschaftsrechtliche, gesellschaftsrechtliche oder familiäre Sonderbeziehungen bestünden jedoch nicht. Da die Wertschöpfung der entscheidende Anknüpfungspunkt für die Beurteilung einer "Wie-Beschäftigung" sei, sei die Frage eines freundschaftlichen Verhältnisses komplett irrelevant.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid vom 28.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 17.12.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm eine Entschädigung in gesetzlichem Umfang zu gewähren.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Außerdem hat sie ein an den Kläger gerichtetes Schreiben vom 13.05.2014 vorgelegt. Hierin hatte sie ausgeführt, dass private Bauhelfer, die im Rahmen einer im privaten Bereich üblichen Gefälligkeitsleistung tätig werden, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen seien, weil solche Handreichungen rechtlich nicht als arbeitnehmerähnlich gelten würden. Dasselbe gelte für Personen, die bei privaten Bauarbeiten unternehmerähnlich tätig würden.
Mit Beschluss vom 16.06.2014 hat das SG den Bauherrn L. X. beigeladen. Dieser hat keinen Antrag gestellt.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das SG in einer nichtöffentlichen Sitzung vom 05.11.2015 den Kläger sowie den Beigeladenen gehört. Wegen des Inhalts der Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 05.11.2015 verwiesen.
Das SG hat die Klage am 12.01.2017 durch Urteil - mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung - abgewiesen. Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, das Ereignis vom 17.12.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen, da der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls nicht zum versicherten Personenkreis der gesetzlichen Unfallversicherung gehört habe. Die Betätigung des Klägers, die Montage der Zierbalken, sei nicht einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich gewesen, sondern habe auf einer Sonderbeziehung zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen, nämlich einem Freundschaftsverhältnis bzw. einer guten Bekanntschaft beruht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.
Gegen das ihm am 15.02.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.03.2017 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem sozialgerichtlichen Verfahren.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 12.01.2017 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2014 zu verurteilen, das Ereignis vom 17.12.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist auf ihr bisheriges Vorbringen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Er gibt an, er sei davon ausgegangen, dass der Kläger aufgrund seiner Anzeige des Bauvorhabens als privater Bauhelfer versichert sei,
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Ihre Inhalte sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 28.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2014 nicht beschwert, da dieser nicht rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, das Ereignis vom 17.12.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Klage war auch als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig (§ 54 Abs. 1 Satz 1, § 56 SGG), weil die Beklagte in ihrem Bescheid nicht nur über die Ablehnung von Leistungen aus der Gesetzlichen Unfallversicherung entschieden, sondern - im Widerspruchsbescheid - auch eine Regelung i.S. des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) über das Nichtvorliegen eines Versicherungsfalls i.S. eines Arbeitsunfalls (§ 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch -SGB VII-) getroffen hat (vgl. BSG, Urteil vom 19.06.2018, B 2 U 32/17 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 43, Rn. 11)
Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Danach handelt es sich bei dem Unfall vom 17.12.2012 nicht um einen Arbeitsunfall, da er sich nicht bei einer versicherten Tätigkeit des Klägers ereignete. In Betracht kommt vorliegend als eine den Versicherungsschutz begründende Tätigkeit nur eine solche nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigter oder nach § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als "Wie-Beschäftigter". Solche Tätigkeiten hat der Kläger nicht verrichtet.
Eine Versicherung des Klägers kraft Gesetzes als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII scheidet aus, da kein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis zu dem Beigeladenen bestand. Dies ergibt sich schon daraus, dass zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen kein Rechtsverhältnis bestand, das den Kläger zu den von ihm verrichteten Tätigkeiten für den Beigeladenen verpflichtete (näher zu den Voraussetzungen Senatsurteil vom 26.03.2014 - L 17 U 370/12 -, www.sozialgerichtsbarkeit.de=juris Rn. 34; siehe zur Definition eines Beschäftigungsverhältnisses auch: Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 2, Rn. 6). Dementsprechend hat er dem Beigeladenen auch nur nach jeweiliger Absprache unter Berücksichtigung seiner eigenen zeitlichen Möglichkeiten und unentgeltlich geholfen.
Entgegen der Auffassung des Klägers bestand auch kein Versicherungsschutz kraft Gesetzes nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII, wonach Personen versichert sind, die "wie" nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherte tätig werden. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ist jede Verrichtung versichert, die der Ausübung einer Beschäftigung vergleichbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 15.06.2010, B 2 U 12/09 R). § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII erfasst tatbestandlich Tätigkeiten, die ihrer Art nach zwar nicht sämtliche Merkmale der Ausübung einer Beschäftigung i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer solchen ähneln, indem eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (ständige Rechtsprechung - vgl. BSG, Urteile vom 27.03.2012, B 2 U 5/11 R, und vom 05.07.2005, B 2 U 22/04 R, vgl. ebenso und zum Folgenden Senatsurteil vom 26.03.2014, a.a.O.). Dabei braucht weder eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit zu bestehen, noch sind die Beweggründe des Handelnden für sein Tätigwerden maßgebend (BSG, Urteile vom 05.03.2002, B 2 U 9/01 R und vom 17.03.1992, 2 RU 6/91, m.w.N.). Maßgeblich sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, unter denen sich die Tätigkeit vollzogen hat im Sinne einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalles. Die von den - unerheblichen - Beweggründen für den Entschluss, tätig zu werden zu unterscheidende objektivierbare Handlungstendenz zeigt an, welches Unternehmen in erster Linie und wesentlich unterstützt wird. Bei der unfallbringenden Tätigkeit muss diese Handlungstendenz wesentlich auf die Belange des als unterstützt geltend gemachten Unternehmens gerichtet sein, damit die Handlung als beschäftigtenähnliche Tätigkeit für dieses Unternehmen gewertet werden kann (BSG, Urteil vom 05.03.2002 - B 2 U 9/01 R).
Bei Anwendung dieser Grundsätze kommt der Senat zu der Überzeugung, dass die objektivierbare Handlungstendenz des Klägers bei der unfallbringenden Tätigkeit, also im Zeitpunkt des Unfalls, darauf gerichtet war, wie ein Bauhelfer auf der Baustelle des Beigeladenen untergeordnete Hilfstätigkeiten zu verrichten, nämlich im Rahmen der erforderlichen längerfristigen Gesamtschau (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 19.06.2018, a.a.O., Rn. 35) bei Trockenbau-, Befestigungs- und Spachtelarbeiten im Gesamtumfang von rund 50 Stunden (ca. 36 Stunden vor dem Unfall, am Unfalltag drei Stunden bei der Befestigung zuvor vom Beigeladenen abgenommener Zierbalken, sowie prognostisch ca. 10 Stunden bei später noch beabsichtigten Spachtelarbeiten, vgl. Fragebogen vom 17.01.2013) zu helfen. Dies ergibt sich aus den überzeugenden, widerspruchsfreien und auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben des Beigeladenen und des Klägers. Diese Tätigkeit war wesentlich dem Unternehmen des Beigeladenen (Bauherr als Unternehmer nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten, § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII) zu dienen bestimmt und hatte auch einen wirtschaftlichen Wert, da der Beigeladene anderenfalls hierfür hätte einen Werk- oder Dienstlohn entrichten müssen und nach dem Unfall die Arbeiten auch an ein Unternehmen vergeben musste.
Unabhängig davon, dass der Kläger insoweit nicht an Weisungen gebunden war, als er nur dann mithalf, wenn er Zeit hatte, war er dennoch nicht unternehmer- sondern beschäftigtenähnlich tätig (zu den Voraussetzungen und zum Folgenden vgl. im Einzelnen BSG, Urt. vom 19.06.2018, a.a.O., Rn. 23/24). Denn er verrichtete eine Arbeit, die grundsätzlich ihrer Art nach von einem Arbeitnehmer hätte verrichtet werden können und war außerdem in das Unternehmen des Beigeladenen eingegliedert, da der Beigeladene die durchzuführenden Arbeiten sowie die Art und Weise der Ausführung vorgab sowie Materialien und Werkzeuge zur Verfügung stellte. Es war dem Kläger gerade nicht wie einem selbständigen Handwerker überlassen, einen konkreten Auftrag eigenständig auszuführen, sondern er leistete dem Beigeladenen, mit dem er stets gemeinsam arbeitete, bei einfachen Gewerken Hilfestellung, wobei er sich jeweils dem aktuellen Bedarf unterordnete. Bei diesen handwerklich schlichten Tätigkeiten - vom Kläger im Erörterungstermin als "Kleinkram" bezeichnet - kam die fachliche Qualifikation des Klägers als Tischler, der üblicherweise anspruchsvollere Arbeiten verrichtete, nicht im Sinne einer unternehmerähnlichen Stellung zum Tragen. Dies steht für den Senat aufgrund der konsistenten, in der Berufungsverhandlung glaubhaft bekräftigten und auch von der Beklagten nicht in Frage gestellten Angaben des Klägers und des Beigeladenen im Erörterungstermin vor dem SG fest. Dass der Kläger dem Beigeladenen zugleich einen Freundschaftsdienst erweisen wollte, ist für die Frage der Handlungstendenz zunächst als dessen bloße Motivation unbeachtlich (vgl. Senatsurteil vom 26.03.2014, a.a.O.)
Die Ausübung einer beschäftigungsähnlichen Tätigkeit ist dennoch zu verneinen, wenn die Verrichtung wegen und im Rahmen einer Sonderbeziehung zum Unternehmer erfolgt, zum Beispiel als Familienangehöriger, aufgrund enger Freundschaft oder als Vereinsmitglied (vgl. Urteile des BSG vom 20.03.2018, B 2 U 16/16 R, und vom 19.06.2018, a.a.O., jeweils mit weiteren Nachweisen, Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28.02.2011, L 4 U 484/10, 03.09.2010, L 4 U 140/09, 02.03.2007, L 4 U 47/06, und des erkennenden Senats vom 24.04.2013, L 17 U 683/11). Handelt es sich um eine selbstverständliche Hilfeleistung oder ist die Tätigkeit durch die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft oder sozial geprägten Beziehung gekennzeichnet, so fehlt es regelmäßig an einer konkreten Arbeitnehmerähnlichkeit. Selbstverständliche Hilfeleistungen sind solche, die sich ausgehend von der sozial geprägten Sonderbeziehung in einem üblichen und zu erwartenden Rahmen bewegen. Wesentlich ist hierbei das Gesamtbild der den Einzelfall prägenden Umstände (siehe hierzu: Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., § 2 Rn. 34,18 ff.), insbesondere Art, Umfang und Zeitdauer der verrichteten Tätigkeit sowie die Intensität der tatsächlichen verwandtschaftlichen bzw. freundschaftlichen Beziehungen. Je intensiver und enger eine Sonderbeziehung geprägt ist, desto höher ist auch die Anforderung an die zu erwartende (unversicherte) Gefälligkeitsleistung hinsichtlich der Art, des Umfanges und der Zeitdauer, um die Schwelle zum Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII zu überwinden.
Unter Beachtung dieser Grundsätze stand der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Bei der zum Unfall führenden Tätigkeit des Klägers handelte es sich um eine die Versicherungspflicht ausschließende Gefälligkeitsleistung aufgrund einer Sonderbeziehung zu dem Beigeladenen. Die Motivation des Klägers, dem Beigeladenen bei der unfallbringenden Verrichtung zu helfen lag darin, die Freundschaft zu dem Beigeladenen zu pflegen und das System des gegenseitigen Helfens aufrechtzuerhalten. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Beigeladenen im Verwaltungsverfahren (Unfallanzeige vom 28.12.2012, Fragebogen vom 17.01.2013) und im sozialgerichtlichen Verfahren (Klagebegründung vom 06.05.2014, Aussagen in der nichtöffentlichen Sitzung des SG vom 05.11.2015). Der Kläger und der Beigeladene sind durch eine langjährige gute Freundschaft miteinander verbunden. Der Beigeladene hat das Verhältnis zum Kläger sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in dem Termin am 05.11.2015 als gutes freundschaftliches Verhältnis bezeichnet und ausgesagt, die freundschaftliche Beziehung (Freundeskreis, Kolping, Jugendferienlager) bestehe bereits seit ca. 20 Jahren. Dies hat der Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren inhaltlich bestätigt, auch wenn er vor dem SG das Verhältnis als "irgendwo zwischen Freundschaft und guter Bekanntschaft" bezeichnet hat. In der Klagebegründung hat er demgegenüber ausgeführt, es sei richtig, dass er mit dem Bauherrn, also dem Beigeladenen, befreundet sei. In dem Termin am 05.11.2015 hat er erklärt, er kenne den Beigeladenen schon seit ca. 20 Jahren aus der Jugendarbeit (Zeltlager), sie würden sich zu Geburtstagen sehen und 15-20 Mal im Jahr treffen, zufällig und auch verabredet, um Neuigkeiten auszutauschen. Aus den übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Beigeladenen im Verwaltungsverfahren und im sozialgerichtlichen Verfahren ergibt sich zudem, dass der Kläger und der Beigeladene sich auch schon vor dem Unfall gegenseitig bei von Art und Dauer unterschiedlichsten Verrichtungen (Renovierungs- und Aufräumarbeiten, Transporte, Elektroarbeiten) geholfen und dies übereinstimmend als eine auf dem freundschaftlichen Verhältnis beruhende Selbstverständlichkeit angesehen haben. Im Verwaltungsverfahren hat der Beigeladene in der Unfallanzeige vom 28.02.2012 und dem ausgefüllten Fragebogen vom 17.01.2013 angegeben, dass es sich auch bei der Anbringung der Zierbalken durch den Kläger um einen Freundschaftsdienst des Klägers gehandelt habe. Dies hat er im Termin beim SG bestätigt. Auf die Frage der Kammervorsitzenden, warum er dem Kläger schon mal geholfen habe, hat er erklärt: "Das macht man eben so. Ich kenne das auch nicht anders. Ich bin auf dem Gehöft groß geworden und da hilft man sich in der Nachbarschaft. Wenn mich ein guter Kumpel fragt, ob ich Zeit habe, dann helfe ich Beim Kläger habe ich gewusst, dass der mir hilft". Der Kläger hat zwar im Widerspruchsverfahren - nachdem ihm die Argumentation der Beklagten aus dem angefochtenen Bescheid bekannt geworden war - zunächst vorgetragen, die Arbeiten an der Baustelle des Beigeladenen seien in der geleisteten Höhe kein Freundschaftsdienst gewesen. Im Termin beim SG am 05.11.2012 hat er dann aber erklärt: "Ich habe Herrn X geholfen, weil er mir auch schon mal geholfen hat und weil ich mir sicher bin, dass, wenn ich ihn mal benötige, er dann auch da ist", woraus der Senat entnimmt, dass es sich eben doch um eine selbstverständliche Gefälligkeit im Rahmen der freundschaftlichen Beziehung zu dem Beigeladenen gehandelt hat.
Der Umfang der Hilfeleistung steht dem nicht entgegen. Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger dem Beigeladenen vor dem Unfall schon 36 Stunden geholfen hatte und etwa 10 weitere Stunden geplant waren. Dies rechtfertigt aber keine andere Entscheidung, da im Rahmen eines engen verwandtschaftlichen bzw. freundschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses auch Tätigkeiten von erheblichem Umfang und größerer Zeitdauer diesem Gemeinschaftsverhältnis ihr Gepräge geben können (Senatsurteil vom 24.04.2013, a.a.O., Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22.01.2009, L 31 U 369/08, m.w.N.). Es besteht keine feste Stundengrenze für die Beurteilung einer Versicherungspflicht bei Gefälligkeitsdiensten (Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28.05.2008, L 2 U 28/08). Zur Überzeugung des Senats ging die Dauer der bereits vor dem Unfall erbrachten Hilfeleistung und der noch beabsichtigten Hilfe des Klägers für den Beigeladenen unter Würdigung der Gesamtumstände nicht weit über das hinaus, was in deren gutem Freundschaftsverhältnis üblich war. Die vom Kläger verrichteten Tätigkeiten waren nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Beigeladenen jeweils auf ein paar Stunden abends nach der Arbeit und auf die Wochenenden verteilt ("hier mal drei Stunden und dort mal ein paar Stunden am Wochenende"). Dies ist auch bei einer objektiven Betrachtungsweise im Hinblick auf den Nutzen der bereits erfolgten und noch zu erwartenden gegenseitigen Hilfeleistungen in einer guten Freundschaft nicht außergewöhnlich. Der Kläger selbst und der Beigeladene haben die Hilfe als selbstverständlich angesehen.
Der Senat sieht sich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG (zuletzt Urteil des BSG vom 19.06.2018, a.a.O.). Denn das BSG hat zuletzt mehrfach seine bisherige ständige Rechtsprechung bestätigt, wonach das Vorliegen einer "Wie-Beschäftigung" zu verneinen ist, wenn die konkrete Tätigkeit durch eine Sonderbeziehung des Handelnden zu dem Unternehmer geprägt war. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine Sonderbeziehung, die bei der notwendigen Gesamtbetrachtung eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 2 SGB VII schon für sich betrachtet ausschließen könnte, vor "bei Erfüllung gesellschaftlicher, insbesondere familiärer, freundschaftlicher, nachbarschaftlicher, mitgliedschaftlicher, gesellschaftsrechtlicher oder körperschaftlicher Art" (Urteile des BSG vom 19.06.2018, a.a.O., juris, Rn. 28, 20.03.2018, B 2 U 16/16 R, SozR 4-1300 § 105 Nr.6, Rn. 28 und vom 20.03.2018, B 2 U 11/17 R, SozR 4-2700 § 80a Nr. 1, Rn. 19), wobei das in allen genannten Entscheidungen in diesem Zitat offenbar fehlende, sich auf "Erfüllung" rückbeziehende Hauptwort nach Sprachgebrauch und Zusammenhang nur "Pflichten" oder "Verpflichtungen" lauten kann. Dementsprechend verneint das BSG in der genannten Entscheidung vom 19.06.2018 eine durch die Sonderbeziehung geprägte Tätigkeit einer Ehefrau für das Unternehmen des Ehemannes sinngemäß, weil (Rn. 29) sie in Ansehung dessen, was familienrechtlich allgemein von einem Ehepartner erwartet werden dürfe, übergebührlich Beistand und Hilfe geleistet habe (vgl. ähnlich BSG, Urteil vom 24.03.1998, B 2 U 13/97 R, SozR 3-2200 § 539 Nr. 41, Rn. 21 - Erfüllung mitgliedschaftlicher Vereinspflichten). Allerdings reduziert das BSG den Begriff "Sonderbeziehung" nicht stets auf Fallgestaltungen, die bestimmte Verhaltenspflichten erzeugen und hat auch aktuell Sonderbeziehungen im Rahmen freundschaftlicher Beziehungen schon dann bejaht, wenn sich die durchgeführten Arbeiten nicht außerhalb dessen bewegen, was im Rahmen enger Verwandtschafts- oder Freundschaftsbeziehungen selbstverständlich getan oder erwartet wird. (BSG, Urteil vom 20.03.2018, B 2 U 16/16 R, SozR 4-1300 § 105 Nr. 6, Rn. 28: jahrelange freundschaftliche Beziehung, die zu regelmäßigen Freizeitkontakten und Besuchen führte, als Gepräge gebend für Dachreparatur).
So liegt aber der Fall hier. Die konkrete Tätigkeit des Klägers war von der Sonderbeziehung zu dem Beigeladenen geprägt, denn sie zielte darauf ab, die Freundschaft zu dem Beigeladenen zu pflegen und das System des sich gegenseitigen Helfens aufrechtzuerhalten.
Schließlich ergibt sich auch aus der Anmeldung der Arbeiten als nicht gewerbsmäßige Eigenbaumaßnahme unter Einbeziehung von privaten Bauhelfern bei der Beklagten kein Versicherungsschutz des Klägers, auch wenn er sich nach eigenen Angaben hierauf verlassen hat. Nach übereinstimmenden Angaben des Beigeladenen und des Vertreters der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 05.12.2018 - insoweit nicht protokolliert - war das Bauvorhaben des Beigeladenen der Beklagten vorab als nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten unter Inanspruchnahme privater Bauhelfer angezeigt worden. Die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Abgrenzung versicherter "Wie-Beschäftigungen" gegenüber unversicherten Gefälligkeitsleistungen gelten aber grundsätzlich auch bei Hilfeleistungen im Rahmen sogenannter nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten, für die gesonderte gesetzliche Regelungen zur Bescheiderteilung und zur Beitragserhebung bestehen (§§ 136 Abs. 1 Satz 3, 152 Abs. 2, 157 Abs. 2, 165 Abs. 2, 168 Abs. 4 SGB VII). Danach hat das Unternehmen "Bauherr" der Beklagten alle im zurückliegenden Abrechnungszeitraum arbeitnehmerähnlich tätig gewordenen Personen und deren jeweils geleistete Arbeitsstunden bzw. die Gesamtsumme der arbeitnehmerähnlich geleisteten Gesamtstunden zu melden, also nachträglich. Anhand dieser Meldungen ermittelt die Beklagte die zu entrichtenden Beiträge und setzt sie per Beitragsbescheid fest. Erst im Falle eines Unfalls prüft sie, ob tatsächlich eine versicherte "Wie-Beschäftigung" vorgelegen hat. Bis dahin überlässt es die Beklagte dem jeweiligen Bauherrn, die selbst für Fachleute schwierige Abgrenzung zwischen arbeitnehmerähnlicher Tätigkeit einerseits und reiner Gefälligkeitsleistung andererseits vorzunehmen. Sie gibt ihm dafür lediglich die Hinweise in ihrem jeweils überlassenen Merkblatt an die Hand, nach welchen unabhängig von der Bezahlung grundsätzlich alle Hilfskräfte einschließlich Verwandten, Bekannten, Nachbarn usw. versichert und damit auch beitragspflichtig sind und der Versicherungsschutz nur ausnahmsweise im Rahmen von Gefälligkeitsleistungen ausgeschlossen ist (vgl. die in der Berufungsverhandlung besprochenen Formulierungen in den Merkblättern 2007 und 2018). Diese Handhabung führt aber nicht dazu, dass Personen, die in Wirklichkeit nur unversicherte Gefälligkeitsleistungen erbracht haben, Versicherungsschutz genießen oder sich auf eine sogenannte Formalversicherung berufen könnten. Die Formalversicherung erstreckt sich zwar auch auf Fälle, in denen einzelne nicht versicherte Personen in die Meldung des Unternehmers aufgenommen und bei der Bemessung der Beiträge berücksichtigt worden sind. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass dem Unfallversicherungsträger gerade in Fällen der nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten regelmäßig die Möglichkeit fehlt, eine genaue Prüfung durchzuführen, ob die einzelnen gemeldeten Hilfskräfte auch tatsächlich versicherungspflichtige Tätigkeiten ausgeführt haben. Hier muss sich der Unfallversicherungsträger in der Regel darauf beschränken, den Bauherren die für die Versicherung in Betracht kommenden Grundsätze möglichst eingehend darzulegen. Der Irrtum über die Versicherungspflicht allein kann eine Versicherung nicht erzeugen (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, B 2 U 26/12 R, juris-Rn. 17/18).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Soweit ersichtlich, existiert bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der vom erkennenden Senat verneinten Frage, ob die rechtzeitige Anmeldung des nicht gewerbsmäßigen Bauvorhabens bei der Berufsgenossenschaft einer im Rahmen dieser Anmeldung erbrachten privaten Bauhelfertätigkeit durch einen Freund des Bauherrn, die wie hier - bei notwendiger Gesamtbetrachtung - auf knapp 50 Arbeitsstunden angelegt war, den Charakter einer unversicherten selbstverständlichen Hilfeleistung unter Freunden nimmt. Der Senat misst dieser Frage grundsätzliche Bedeutung zu, da der Bauherr und der Bauhelfer trotz der Anmeldung keine Rechtssicherheit über den Versicherungsschutz erlangen können. Die Beklagte weist noch in ihrem aktuellen Merkblatt - Stand Mai 2018 - darauf hin, dass eindeutige Definitionen den gesetzlichen Vorschriften und der sozialgerichtlichen Rechtsprechung nicht zu entnehmen seien.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalles streitig.
Der 1979 geborene Kläger half dem Beigeladenen, dem privaten Bauherrn L. X., am 17.12.2012 beim Anbringen von Zierbalken in dessen zukünftigem Esszimmer. Beim Versuch, den Balken in die richtige Position zu schlagen, löste sich ein Eisenspan vom Meißel und traf den Kläger im linken Auge. Der Kläger erlitt hierbei eine perforierende Verletzung, die eine Operation erforderlich machte.
Das Eigenbauvorhaben und die Beteiligung privater Helfer waren gemäß § 192 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) vorab bei der Beklagten angemeldet worden. In der Unfallanzeige vom 28.12.2012 und einem am 17.01.2013 ausgefüllten Fragebogen teilte der Beigeladene mit, der Kläger habe ihm als Freundschaftsdienst beim Anbringen der Zierbalken geholfen. Er und der Kläger würden sich gegenseitig häufig Gefälligkeiten erweisen, wie z.B. Hilfe bei Renovierungsarbeiten oder Brennholz in Lagerraum schaffen. Zu dem Kläger bestehe seit ca. 20 Jahren eine freundschaftliche Beziehung (Freundeskreis, Kolping, Jugendferienlager als Teilnehmer/Leiter). Der Kläger habe ihm bis zum Unfall schon ca. 36 Stunden bei Trockenbauarbeiten geholfen. Wenn der Unfall nicht eingetreten wäre, wären voraussichtlich noch 10 Stunden Spachtelarbeiten angefallen. Die fachliche Leitung habe beim Kläger gelegen. Der Kläger sei gelernter Tischler, er selbst sei Energieanlagenelektroniker und Softwareentwickler. Das Arbeitsmaterial habe er gestellt und die Arbeitszeit bestimmt, der Kläger habe seine Zeit frei einteilen können. Die Fertigstellung der begonnenen Maßnahmen sei nach dem Unfall durch eine Firma erfolgt. Die im Vordruck im Wortlaut vorgegebene Frage, ob es sich um selbstverständliche, sich aus den konkreten sozialen Beziehungen ergebende gegenseitige Hilfsdienste gehandelt habe, bejahte der Beigeladene.
Mit Bescheid vom 28.05.2013 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Ereignisses vom 17.12.2012 ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger gehöre nicht zum versicherten Personenkreis. Er habe nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum Beigeladenen gestanden. Seine Mitarbeit habe auch nicht einer Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses geähnelt, weil sich seine Tätigkeit im Rahmen dessen bewegt habe, was üblicherweise unter engen, seit Jahren verbundenen Freunden als Unterstützung, Mithilfe oder Dienstleistung geleistet werde. Auch eine freiwillige Versicherung habe zum Unfallzeitpunkt nicht vorgelegen.
Der Kläger widersprach der Ablehnung von Leistungen und machte geltend, dass er laut Leistungskatalog der Bauhelferversicherung der Beklagten Anspruch auf Versicherungsschutz habe. Das Verhältnis zu dem Beigeladenen sei sporadisch zu sehen und die Arbeiten an dessen Baustelle in Höhe der geleisteten Stunden seien kein Freundschaftsdienst gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurück. Der Kläger habe keinen Versicherungsfall nach § 7 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), wozu u.a. Arbeitsunfälle gehörten, erlitten. Er sei sowohl im Rahmen einer freundschaftlichen Gefälligkeitsleistung als auch unternehmerähnlich tätig geworden. Aufgrund seiner langjährigen Freundschaft zu dem Beigeladenen seien gegenseitige Hilfsdienste als selbstverständliche Gefälligkeitsleistung anzusehen. Darüber hinaus habe der Kläger die fachliche Verantwortung der auszuführenden Arbeiten getragen und sich auch seine Zeit frei einteilen können. Eine freiwillige Versicherung sei nicht beantragt worden.
Am 09.04.2014 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Münster (SG) Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, er sei bei dem Unfall als sogenannter "Wie-Beschäftigter" versichert gewesen. Auf der Baustelle des Beigeladenen sei er vom 01.09.2012 bis zum Unfallzeitpunkt unentgeltlich beschäftigt gewesen. Er habe bereits 36 Stunden im Bereich Trockenbauarbeiten gearbeitet. Diese Tätigkeit habe bei dem Beigeladenen zu einer erheblichen Wertschöpfung geführt. Es sei unzutreffend, dass er seine Arbeitszeit habe frei einteilen können. Der Beigeladene habe ihn gebeten, der Beklagten mitzuteilen, dass er etwaige anderslautende Erklärungen widerrufe. Tatsächlich sei es so gewesen, dass der Beigeladene die Zeit vorgegeben habe. Richtig sei allerdings, dass dieser auf seine Belange und Interessen Rücksicht genommen habe. Sämtliches Werkzeug und Material sei ausschließlich vom Beigeladenen gestellt worden. Die ausgeführten Tätigkeiten hätten weit unter seinen fachlichen Möglichkeiten und Kompetenzen gelegen. Der Beigeladene habe ihm gegenüber auch insoweit eine Weisungsbefugnis gehabt und diese Kraft eigener Sachkompetenz auch ausgeführt. Richtig sei, dass er mit dem Bauherrn befreundet sei. Mitgliedschaftsrechtliche, gesellschaftsrechtliche oder familiäre Sonderbeziehungen bestünden jedoch nicht. Da die Wertschöpfung der entscheidende Anknüpfungspunkt für die Beurteilung einer "Wie-Beschäftigung" sei, sei die Frage eines freundschaftlichen Verhältnisses komplett irrelevant.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid vom 28.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 17.12.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm eine Entschädigung in gesetzlichem Umfang zu gewähren.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Außerdem hat sie ein an den Kläger gerichtetes Schreiben vom 13.05.2014 vorgelegt. Hierin hatte sie ausgeführt, dass private Bauhelfer, die im Rahmen einer im privaten Bereich üblichen Gefälligkeitsleistung tätig werden, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen seien, weil solche Handreichungen rechtlich nicht als arbeitnehmerähnlich gelten würden. Dasselbe gelte für Personen, die bei privaten Bauarbeiten unternehmerähnlich tätig würden.
Mit Beschluss vom 16.06.2014 hat das SG den Bauherrn L. X. beigeladen. Dieser hat keinen Antrag gestellt.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das SG in einer nichtöffentlichen Sitzung vom 05.11.2015 den Kläger sowie den Beigeladenen gehört. Wegen des Inhalts der Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 05.11.2015 verwiesen.
Das SG hat die Klage am 12.01.2017 durch Urteil - mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung - abgewiesen. Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, das Ereignis vom 17.12.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen, da der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls nicht zum versicherten Personenkreis der gesetzlichen Unfallversicherung gehört habe. Die Betätigung des Klägers, die Montage der Zierbalken, sei nicht einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich gewesen, sondern habe auf einer Sonderbeziehung zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen, nämlich einem Freundschaftsverhältnis bzw. einer guten Bekanntschaft beruht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.
Gegen das ihm am 15.02.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.03.2017 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem sozialgerichtlichen Verfahren.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 12.01.2017 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2014 zu verurteilen, das Ereignis vom 17.12.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist auf ihr bisheriges Vorbringen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Er gibt an, er sei davon ausgegangen, dass der Kläger aufgrund seiner Anzeige des Bauvorhabens als privater Bauhelfer versichert sei,
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Ihre Inhalte sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 28.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2014 nicht beschwert, da dieser nicht rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, das Ereignis vom 17.12.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Klage war auch als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig (§ 54 Abs. 1 Satz 1, § 56 SGG), weil die Beklagte in ihrem Bescheid nicht nur über die Ablehnung von Leistungen aus der Gesetzlichen Unfallversicherung entschieden, sondern - im Widerspruchsbescheid - auch eine Regelung i.S. des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) über das Nichtvorliegen eines Versicherungsfalls i.S. eines Arbeitsunfalls (§ 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch -SGB VII-) getroffen hat (vgl. BSG, Urteil vom 19.06.2018, B 2 U 32/17 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 43, Rn. 11)
Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Danach handelt es sich bei dem Unfall vom 17.12.2012 nicht um einen Arbeitsunfall, da er sich nicht bei einer versicherten Tätigkeit des Klägers ereignete. In Betracht kommt vorliegend als eine den Versicherungsschutz begründende Tätigkeit nur eine solche nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigter oder nach § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als "Wie-Beschäftigter". Solche Tätigkeiten hat der Kläger nicht verrichtet.
Eine Versicherung des Klägers kraft Gesetzes als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII scheidet aus, da kein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis zu dem Beigeladenen bestand. Dies ergibt sich schon daraus, dass zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen kein Rechtsverhältnis bestand, das den Kläger zu den von ihm verrichteten Tätigkeiten für den Beigeladenen verpflichtete (näher zu den Voraussetzungen Senatsurteil vom 26.03.2014 - L 17 U 370/12 -, www.sozialgerichtsbarkeit.de=juris Rn. 34; siehe zur Definition eines Beschäftigungsverhältnisses auch: Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 2, Rn. 6). Dementsprechend hat er dem Beigeladenen auch nur nach jeweiliger Absprache unter Berücksichtigung seiner eigenen zeitlichen Möglichkeiten und unentgeltlich geholfen.
Entgegen der Auffassung des Klägers bestand auch kein Versicherungsschutz kraft Gesetzes nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII, wonach Personen versichert sind, die "wie" nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherte tätig werden. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ist jede Verrichtung versichert, die der Ausübung einer Beschäftigung vergleichbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 15.06.2010, B 2 U 12/09 R). § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII erfasst tatbestandlich Tätigkeiten, die ihrer Art nach zwar nicht sämtliche Merkmale der Ausübung einer Beschäftigung i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer solchen ähneln, indem eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (ständige Rechtsprechung - vgl. BSG, Urteile vom 27.03.2012, B 2 U 5/11 R, und vom 05.07.2005, B 2 U 22/04 R, vgl. ebenso und zum Folgenden Senatsurteil vom 26.03.2014, a.a.O.). Dabei braucht weder eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit zu bestehen, noch sind die Beweggründe des Handelnden für sein Tätigwerden maßgebend (BSG, Urteile vom 05.03.2002, B 2 U 9/01 R und vom 17.03.1992, 2 RU 6/91, m.w.N.). Maßgeblich sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, unter denen sich die Tätigkeit vollzogen hat im Sinne einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalles. Die von den - unerheblichen - Beweggründen für den Entschluss, tätig zu werden zu unterscheidende objektivierbare Handlungstendenz zeigt an, welches Unternehmen in erster Linie und wesentlich unterstützt wird. Bei der unfallbringenden Tätigkeit muss diese Handlungstendenz wesentlich auf die Belange des als unterstützt geltend gemachten Unternehmens gerichtet sein, damit die Handlung als beschäftigtenähnliche Tätigkeit für dieses Unternehmen gewertet werden kann (BSG, Urteil vom 05.03.2002 - B 2 U 9/01 R).
Bei Anwendung dieser Grundsätze kommt der Senat zu der Überzeugung, dass die objektivierbare Handlungstendenz des Klägers bei der unfallbringenden Tätigkeit, also im Zeitpunkt des Unfalls, darauf gerichtet war, wie ein Bauhelfer auf der Baustelle des Beigeladenen untergeordnete Hilfstätigkeiten zu verrichten, nämlich im Rahmen der erforderlichen längerfristigen Gesamtschau (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 19.06.2018, a.a.O., Rn. 35) bei Trockenbau-, Befestigungs- und Spachtelarbeiten im Gesamtumfang von rund 50 Stunden (ca. 36 Stunden vor dem Unfall, am Unfalltag drei Stunden bei der Befestigung zuvor vom Beigeladenen abgenommener Zierbalken, sowie prognostisch ca. 10 Stunden bei später noch beabsichtigten Spachtelarbeiten, vgl. Fragebogen vom 17.01.2013) zu helfen. Dies ergibt sich aus den überzeugenden, widerspruchsfreien und auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben des Beigeladenen und des Klägers. Diese Tätigkeit war wesentlich dem Unternehmen des Beigeladenen (Bauherr als Unternehmer nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten, § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII) zu dienen bestimmt und hatte auch einen wirtschaftlichen Wert, da der Beigeladene anderenfalls hierfür hätte einen Werk- oder Dienstlohn entrichten müssen und nach dem Unfall die Arbeiten auch an ein Unternehmen vergeben musste.
Unabhängig davon, dass der Kläger insoweit nicht an Weisungen gebunden war, als er nur dann mithalf, wenn er Zeit hatte, war er dennoch nicht unternehmer- sondern beschäftigtenähnlich tätig (zu den Voraussetzungen und zum Folgenden vgl. im Einzelnen BSG, Urt. vom 19.06.2018, a.a.O., Rn. 23/24). Denn er verrichtete eine Arbeit, die grundsätzlich ihrer Art nach von einem Arbeitnehmer hätte verrichtet werden können und war außerdem in das Unternehmen des Beigeladenen eingegliedert, da der Beigeladene die durchzuführenden Arbeiten sowie die Art und Weise der Ausführung vorgab sowie Materialien und Werkzeuge zur Verfügung stellte. Es war dem Kläger gerade nicht wie einem selbständigen Handwerker überlassen, einen konkreten Auftrag eigenständig auszuführen, sondern er leistete dem Beigeladenen, mit dem er stets gemeinsam arbeitete, bei einfachen Gewerken Hilfestellung, wobei er sich jeweils dem aktuellen Bedarf unterordnete. Bei diesen handwerklich schlichten Tätigkeiten - vom Kläger im Erörterungstermin als "Kleinkram" bezeichnet - kam die fachliche Qualifikation des Klägers als Tischler, der üblicherweise anspruchsvollere Arbeiten verrichtete, nicht im Sinne einer unternehmerähnlichen Stellung zum Tragen. Dies steht für den Senat aufgrund der konsistenten, in der Berufungsverhandlung glaubhaft bekräftigten und auch von der Beklagten nicht in Frage gestellten Angaben des Klägers und des Beigeladenen im Erörterungstermin vor dem SG fest. Dass der Kläger dem Beigeladenen zugleich einen Freundschaftsdienst erweisen wollte, ist für die Frage der Handlungstendenz zunächst als dessen bloße Motivation unbeachtlich (vgl. Senatsurteil vom 26.03.2014, a.a.O.)
Die Ausübung einer beschäftigungsähnlichen Tätigkeit ist dennoch zu verneinen, wenn die Verrichtung wegen und im Rahmen einer Sonderbeziehung zum Unternehmer erfolgt, zum Beispiel als Familienangehöriger, aufgrund enger Freundschaft oder als Vereinsmitglied (vgl. Urteile des BSG vom 20.03.2018, B 2 U 16/16 R, und vom 19.06.2018, a.a.O., jeweils mit weiteren Nachweisen, Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28.02.2011, L 4 U 484/10, 03.09.2010, L 4 U 140/09, 02.03.2007, L 4 U 47/06, und des erkennenden Senats vom 24.04.2013, L 17 U 683/11). Handelt es sich um eine selbstverständliche Hilfeleistung oder ist die Tätigkeit durch die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft oder sozial geprägten Beziehung gekennzeichnet, so fehlt es regelmäßig an einer konkreten Arbeitnehmerähnlichkeit. Selbstverständliche Hilfeleistungen sind solche, die sich ausgehend von der sozial geprägten Sonderbeziehung in einem üblichen und zu erwartenden Rahmen bewegen. Wesentlich ist hierbei das Gesamtbild der den Einzelfall prägenden Umstände (siehe hierzu: Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., § 2 Rn. 34,18 ff.), insbesondere Art, Umfang und Zeitdauer der verrichteten Tätigkeit sowie die Intensität der tatsächlichen verwandtschaftlichen bzw. freundschaftlichen Beziehungen. Je intensiver und enger eine Sonderbeziehung geprägt ist, desto höher ist auch die Anforderung an die zu erwartende (unversicherte) Gefälligkeitsleistung hinsichtlich der Art, des Umfanges und der Zeitdauer, um die Schwelle zum Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII zu überwinden.
Unter Beachtung dieser Grundsätze stand der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Bei der zum Unfall führenden Tätigkeit des Klägers handelte es sich um eine die Versicherungspflicht ausschließende Gefälligkeitsleistung aufgrund einer Sonderbeziehung zu dem Beigeladenen. Die Motivation des Klägers, dem Beigeladenen bei der unfallbringenden Verrichtung zu helfen lag darin, die Freundschaft zu dem Beigeladenen zu pflegen und das System des gegenseitigen Helfens aufrechtzuerhalten. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Beigeladenen im Verwaltungsverfahren (Unfallanzeige vom 28.12.2012, Fragebogen vom 17.01.2013) und im sozialgerichtlichen Verfahren (Klagebegründung vom 06.05.2014, Aussagen in der nichtöffentlichen Sitzung des SG vom 05.11.2015). Der Kläger und der Beigeladene sind durch eine langjährige gute Freundschaft miteinander verbunden. Der Beigeladene hat das Verhältnis zum Kläger sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in dem Termin am 05.11.2015 als gutes freundschaftliches Verhältnis bezeichnet und ausgesagt, die freundschaftliche Beziehung (Freundeskreis, Kolping, Jugendferienlager) bestehe bereits seit ca. 20 Jahren. Dies hat der Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren inhaltlich bestätigt, auch wenn er vor dem SG das Verhältnis als "irgendwo zwischen Freundschaft und guter Bekanntschaft" bezeichnet hat. In der Klagebegründung hat er demgegenüber ausgeführt, es sei richtig, dass er mit dem Bauherrn, also dem Beigeladenen, befreundet sei. In dem Termin am 05.11.2015 hat er erklärt, er kenne den Beigeladenen schon seit ca. 20 Jahren aus der Jugendarbeit (Zeltlager), sie würden sich zu Geburtstagen sehen und 15-20 Mal im Jahr treffen, zufällig und auch verabredet, um Neuigkeiten auszutauschen. Aus den übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Beigeladenen im Verwaltungsverfahren und im sozialgerichtlichen Verfahren ergibt sich zudem, dass der Kläger und der Beigeladene sich auch schon vor dem Unfall gegenseitig bei von Art und Dauer unterschiedlichsten Verrichtungen (Renovierungs- und Aufräumarbeiten, Transporte, Elektroarbeiten) geholfen und dies übereinstimmend als eine auf dem freundschaftlichen Verhältnis beruhende Selbstverständlichkeit angesehen haben. Im Verwaltungsverfahren hat der Beigeladene in der Unfallanzeige vom 28.02.2012 und dem ausgefüllten Fragebogen vom 17.01.2013 angegeben, dass es sich auch bei der Anbringung der Zierbalken durch den Kläger um einen Freundschaftsdienst des Klägers gehandelt habe. Dies hat er im Termin beim SG bestätigt. Auf die Frage der Kammervorsitzenden, warum er dem Kläger schon mal geholfen habe, hat er erklärt: "Das macht man eben so. Ich kenne das auch nicht anders. Ich bin auf dem Gehöft groß geworden und da hilft man sich in der Nachbarschaft. Wenn mich ein guter Kumpel fragt, ob ich Zeit habe, dann helfe ich Beim Kläger habe ich gewusst, dass der mir hilft". Der Kläger hat zwar im Widerspruchsverfahren - nachdem ihm die Argumentation der Beklagten aus dem angefochtenen Bescheid bekannt geworden war - zunächst vorgetragen, die Arbeiten an der Baustelle des Beigeladenen seien in der geleisteten Höhe kein Freundschaftsdienst gewesen. Im Termin beim SG am 05.11.2012 hat er dann aber erklärt: "Ich habe Herrn X geholfen, weil er mir auch schon mal geholfen hat und weil ich mir sicher bin, dass, wenn ich ihn mal benötige, er dann auch da ist", woraus der Senat entnimmt, dass es sich eben doch um eine selbstverständliche Gefälligkeit im Rahmen der freundschaftlichen Beziehung zu dem Beigeladenen gehandelt hat.
Der Umfang der Hilfeleistung steht dem nicht entgegen. Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger dem Beigeladenen vor dem Unfall schon 36 Stunden geholfen hatte und etwa 10 weitere Stunden geplant waren. Dies rechtfertigt aber keine andere Entscheidung, da im Rahmen eines engen verwandtschaftlichen bzw. freundschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses auch Tätigkeiten von erheblichem Umfang und größerer Zeitdauer diesem Gemeinschaftsverhältnis ihr Gepräge geben können (Senatsurteil vom 24.04.2013, a.a.O., Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22.01.2009, L 31 U 369/08, m.w.N.). Es besteht keine feste Stundengrenze für die Beurteilung einer Versicherungspflicht bei Gefälligkeitsdiensten (Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28.05.2008, L 2 U 28/08). Zur Überzeugung des Senats ging die Dauer der bereits vor dem Unfall erbrachten Hilfeleistung und der noch beabsichtigten Hilfe des Klägers für den Beigeladenen unter Würdigung der Gesamtumstände nicht weit über das hinaus, was in deren gutem Freundschaftsverhältnis üblich war. Die vom Kläger verrichteten Tätigkeiten waren nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Beigeladenen jeweils auf ein paar Stunden abends nach der Arbeit und auf die Wochenenden verteilt ("hier mal drei Stunden und dort mal ein paar Stunden am Wochenende"). Dies ist auch bei einer objektiven Betrachtungsweise im Hinblick auf den Nutzen der bereits erfolgten und noch zu erwartenden gegenseitigen Hilfeleistungen in einer guten Freundschaft nicht außergewöhnlich. Der Kläger selbst und der Beigeladene haben die Hilfe als selbstverständlich angesehen.
Der Senat sieht sich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG (zuletzt Urteil des BSG vom 19.06.2018, a.a.O.). Denn das BSG hat zuletzt mehrfach seine bisherige ständige Rechtsprechung bestätigt, wonach das Vorliegen einer "Wie-Beschäftigung" zu verneinen ist, wenn die konkrete Tätigkeit durch eine Sonderbeziehung des Handelnden zu dem Unternehmer geprägt war. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine Sonderbeziehung, die bei der notwendigen Gesamtbetrachtung eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 2 SGB VII schon für sich betrachtet ausschließen könnte, vor "bei Erfüllung gesellschaftlicher, insbesondere familiärer, freundschaftlicher, nachbarschaftlicher, mitgliedschaftlicher, gesellschaftsrechtlicher oder körperschaftlicher Art" (Urteile des BSG vom 19.06.2018, a.a.O., juris, Rn. 28, 20.03.2018, B 2 U 16/16 R, SozR 4-1300 § 105 Nr.6, Rn. 28 und vom 20.03.2018, B 2 U 11/17 R, SozR 4-2700 § 80a Nr. 1, Rn. 19), wobei das in allen genannten Entscheidungen in diesem Zitat offenbar fehlende, sich auf "Erfüllung" rückbeziehende Hauptwort nach Sprachgebrauch und Zusammenhang nur "Pflichten" oder "Verpflichtungen" lauten kann. Dementsprechend verneint das BSG in der genannten Entscheidung vom 19.06.2018 eine durch die Sonderbeziehung geprägte Tätigkeit einer Ehefrau für das Unternehmen des Ehemannes sinngemäß, weil (Rn. 29) sie in Ansehung dessen, was familienrechtlich allgemein von einem Ehepartner erwartet werden dürfe, übergebührlich Beistand und Hilfe geleistet habe (vgl. ähnlich BSG, Urteil vom 24.03.1998, B 2 U 13/97 R, SozR 3-2200 § 539 Nr. 41, Rn. 21 - Erfüllung mitgliedschaftlicher Vereinspflichten). Allerdings reduziert das BSG den Begriff "Sonderbeziehung" nicht stets auf Fallgestaltungen, die bestimmte Verhaltenspflichten erzeugen und hat auch aktuell Sonderbeziehungen im Rahmen freundschaftlicher Beziehungen schon dann bejaht, wenn sich die durchgeführten Arbeiten nicht außerhalb dessen bewegen, was im Rahmen enger Verwandtschafts- oder Freundschaftsbeziehungen selbstverständlich getan oder erwartet wird. (BSG, Urteil vom 20.03.2018, B 2 U 16/16 R, SozR 4-1300 § 105 Nr. 6, Rn. 28: jahrelange freundschaftliche Beziehung, die zu regelmäßigen Freizeitkontakten und Besuchen führte, als Gepräge gebend für Dachreparatur).
So liegt aber der Fall hier. Die konkrete Tätigkeit des Klägers war von der Sonderbeziehung zu dem Beigeladenen geprägt, denn sie zielte darauf ab, die Freundschaft zu dem Beigeladenen zu pflegen und das System des sich gegenseitigen Helfens aufrechtzuerhalten.
Schließlich ergibt sich auch aus der Anmeldung der Arbeiten als nicht gewerbsmäßige Eigenbaumaßnahme unter Einbeziehung von privaten Bauhelfern bei der Beklagten kein Versicherungsschutz des Klägers, auch wenn er sich nach eigenen Angaben hierauf verlassen hat. Nach übereinstimmenden Angaben des Beigeladenen und des Vertreters der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 05.12.2018 - insoweit nicht protokolliert - war das Bauvorhaben des Beigeladenen der Beklagten vorab als nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten unter Inanspruchnahme privater Bauhelfer angezeigt worden. Die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Abgrenzung versicherter "Wie-Beschäftigungen" gegenüber unversicherten Gefälligkeitsleistungen gelten aber grundsätzlich auch bei Hilfeleistungen im Rahmen sogenannter nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten, für die gesonderte gesetzliche Regelungen zur Bescheiderteilung und zur Beitragserhebung bestehen (§§ 136 Abs. 1 Satz 3, 152 Abs. 2, 157 Abs. 2, 165 Abs. 2, 168 Abs. 4 SGB VII). Danach hat das Unternehmen "Bauherr" der Beklagten alle im zurückliegenden Abrechnungszeitraum arbeitnehmerähnlich tätig gewordenen Personen und deren jeweils geleistete Arbeitsstunden bzw. die Gesamtsumme der arbeitnehmerähnlich geleisteten Gesamtstunden zu melden, also nachträglich. Anhand dieser Meldungen ermittelt die Beklagte die zu entrichtenden Beiträge und setzt sie per Beitragsbescheid fest. Erst im Falle eines Unfalls prüft sie, ob tatsächlich eine versicherte "Wie-Beschäftigung" vorgelegen hat. Bis dahin überlässt es die Beklagte dem jeweiligen Bauherrn, die selbst für Fachleute schwierige Abgrenzung zwischen arbeitnehmerähnlicher Tätigkeit einerseits und reiner Gefälligkeitsleistung andererseits vorzunehmen. Sie gibt ihm dafür lediglich die Hinweise in ihrem jeweils überlassenen Merkblatt an die Hand, nach welchen unabhängig von der Bezahlung grundsätzlich alle Hilfskräfte einschließlich Verwandten, Bekannten, Nachbarn usw. versichert und damit auch beitragspflichtig sind und der Versicherungsschutz nur ausnahmsweise im Rahmen von Gefälligkeitsleistungen ausgeschlossen ist (vgl. die in der Berufungsverhandlung besprochenen Formulierungen in den Merkblättern 2007 und 2018). Diese Handhabung führt aber nicht dazu, dass Personen, die in Wirklichkeit nur unversicherte Gefälligkeitsleistungen erbracht haben, Versicherungsschutz genießen oder sich auf eine sogenannte Formalversicherung berufen könnten. Die Formalversicherung erstreckt sich zwar auch auf Fälle, in denen einzelne nicht versicherte Personen in die Meldung des Unternehmers aufgenommen und bei der Bemessung der Beiträge berücksichtigt worden sind. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass dem Unfallversicherungsträger gerade in Fällen der nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten regelmäßig die Möglichkeit fehlt, eine genaue Prüfung durchzuführen, ob die einzelnen gemeldeten Hilfskräfte auch tatsächlich versicherungspflichtige Tätigkeiten ausgeführt haben. Hier muss sich der Unfallversicherungsträger in der Regel darauf beschränken, den Bauherren die für die Versicherung in Betracht kommenden Grundsätze möglichst eingehend darzulegen. Der Irrtum über die Versicherungspflicht allein kann eine Versicherung nicht erzeugen (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, B 2 U 26/12 R, juris-Rn. 17/18).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Soweit ersichtlich, existiert bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der vom erkennenden Senat verneinten Frage, ob die rechtzeitige Anmeldung des nicht gewerbsmäßigen Bauvorhabens bei der Berufsgenossenschaft einer im Rahmen dieser Anmeldung erbrachten privaten Bauhelfertätigkeit durch einen Freund des Bauherrn, die wie hier - bei notwendiger Gesamtbetrachtung - auf knapp 50 Arbeitsstunden angelegt war, den Charakter einer unversicherten selbstverständlichen Hilfeleistung unter Freunden nimmt. Der Senat misst dieser Frage grundsätzliche Bedeutung zu, da der Bauherr und der Bauhelfer trotz der Anmeldung keine Rechtssicherheit über den Versicherungsschutz erlangen können. Die Beklagte weist noch in ihrem aktuellen Merkblatt - Stand Mai 2018 - darauf hin, dass eindeutige Definitionen den gesetzlichen Vorschriften und der sozialgerichtlichen Rechtsprechung nicht zu entnehmen seien.
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