L 17 U 90/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 10 U 205/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 90/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 24.11.2016 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird endgültig für beide Rechtszüge auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin will ihre Beteiligung am Durchgangsarztverfahren (D-Arzt-Verfahren) erreichen.

Mit Bescheid vom 04.12.1991 wurde die Klägerin - Fachärztin für Chirurgie - am sogenannten H-Arzt-Verfahren beteiligt. Am 01.01.1998 begründete sie zusammen mit dem D-Arzt Dr. T eine Gemeinschaftspraxis in C im Landkreis C1. Da Dr. T als D-Arzt beteiligt war, konnte die Klägerin nicht mehr als H-Ärztin tätig sein, denn die Beteiligung von H-Ärzten war nach Ziff. 6.1 Abs. 2 der "Anforderungen der ges. UV-Träger nach § 34 SGB VII zur Beteiligung am H-Arzt-Verfahren", zuletzt in der Fassung vom 01.01.2006 ("H-Arzt-Anforderungen") in Praxisgemeinschaft oder Gemeinschaftspraxis mit einem D-Arzt unzulässig. Der Beklagte nahm in seinem Datenbestand bzgl. der H-Arzt-Beteiligung der Klägerin eine Stilllegung vor.

Am 07.01.2013 beantragte die Klägerin die Beteiligung am D-Arzt-Verfahren. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 14.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2013 ab. Die Beteiligung der Klägerin am H-Arzt-Verfahren habe am 31.12.1997 geendet. Die Anforderungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) zur Beteiligung am D-Arzt-Verfahren (D-Arzt-Anforderungen) seien nicht erfüllt. Die Klägerin verfüge weder über die Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" noch über die Zusatzbezeichnung "spezielle Unfallchirurgie".

Wegen dieser Entscheidung hat die Klägerin am 12.07.2013 Klage zum Sozialgericht Münster (SG) erhoben. Sie sei am D-Arzt-Verfahren zu beteiligen. Die Beteiligung am H-Arzt-Verfahren habe nicht geendet, sondern geruht. Da sie seit 1998 nicht als D-Ärztin habe tätig sein können, habe sie auch nicht 250 Arbeitsunfallverletzte als D-Ärztin erstversorgen können. Der Standort der Praxis verfüge über weit mehr als 250 Erstfälle für jeden D-Arzt. In C selbst gebe es lediglich drei Standorte für D-Ärzte. Ein durch einen Arbeitsunfall Verletzter werde nicht nach Isselburg oder nach C1 fahren, um sich dort behandeln zu lassen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 14.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie am D-Arzt-Verfahren in der Praxis L-straße 00, C, zu beteiligen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Klägerin erfülle nicht die fachlichen Voraussetzungen der D-Arzt-Anforderungen. Auch habe sie im letzten 5-Jahres-Zeitraum nicht mindestens 250 Arbeitsunfallverletzte erstversorgt. Es bestehe auch keine Gefährdung der Versorgung Arbeitsunfallverletzter in der Fläche, da es im Umkreis von 20 km der Praxis von der Klägerin ausreichend D-Ärzte gebe.

Mit Urteil vom 24.11.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die D-Arzt-Anforderungen (i.d.F. vom 01.01.2011) sähen unter Ziff. 2.1. vor, dass der D-Arzt zum Führen der Deutschen Facharztbezeichnung "Orthopädie und Unfallchirurgie" berechtigt sein muss. Ärzte mit der Facharztbezeichnung "Chirurgie" und der Deutschen Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" seien dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit der Zusatzbezeichnung "spezielle Unfallchirurgie" gleichgestellt (Ziff. 2.4). Die Klägerin verfüge weder über die Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" noch über die Zusatzbezeichnung "spezielle Unfallchirurgie". Die Klägerin verfüge zwar in Ermangelung eines Beendigungstatbestandes entgegen der Auffassung des Beklagten nach wie vor über den Status einer H-Ärztin. Sie habe jedoch im letzten 5-Jahres-Zeitraum nicht die für eine Beteiligung als D-Ärztin mindestens erforderliche Anzahl von 250 Arbeitsunfallverletzten erstversorgt. Es bestehe auch keine Gefährdung der Versorgung Arbeitsunfallverletzter in C in der Fläche.

Gegen das ihr am 23.12.2016 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 20.01.2017. Sie trägt vor, bei Abwesenheit von Herrn Dr. T habe sie diesen vertreten und sei demgemäß mit der Erstversorgung und Behandlung von Arbeitsunfällen vertraut. Die Praxis entspreche dem neuesten Stand der Technik. Ab 01.07.2008 habe sie zusammen mit Frau Dr. E eine ortsübergreifende chirurgische Praxis gegründet. Dr. E sei seit 2008 zum H-Arzt-Verfahren zugelassen, ihre H-Arzt-Zulassung sei 2012 in eine D-Arzt-Zulassung umgewandelt worden. Ab 01.08.2008 sei die angestellte Ärztin Dr. L in der Praxis in C am D-Arzt-Verfahren beteiligt worden. Diese sei bis 31.03.2013 in der Praxis in C tätig gewesen, seit 01.04.2013 sei Dr. T wieder als angestellter Arzt in C tätig und ab Oktober 2013 wieder am D-Arzt-Verfahren beteiligt worden. Die Praxis versorge jährlich etwa 900 bis 1000 Schul- und Arbeitsunfälle. In dem gesamten Zeitraum habe sie abwesende D-Ärzte vertreten. Sie sei seit über 25 Jahren mit der Versorgung von Unfällen im niedergelassenen Bereich vertraut. Nach Ziffer 2.5 der D-Arzt-Anforderungen würden H-Ärzte bis spätestens 31.12.2015 auf Antrag als D-Arzt beteiligt, wenn sie die unter Ziffer 3 bis 6 genannten Anforderungen erfüllt haben. Den bis zum 31.12.2014 zu stellenden Antrag habe sie rechtzeitig gestellt. Sie erfülle die Anforderungen und müsse deshalb auch am D-Arzt-Verfahren beteiligt werden. Die Anforderungen an die Praxisausstattung in personeller und sachlicher Hinsicht seien erfüllt. Auf Zusatzqualifizierungen oder Zusatzbezeichnungen stelle die Regelung nicht ab. Ein Tatbestand, der zur Beendigung der Zulassung führe (Ziffer 6.3 ff.) liege nicht vor. Sie sei noch nicht 68 Jahre alt, werde ihre Praxis weder verlegen noch aufgeben und scheide auch nicht aus den Diensten eines Krankenhauses aus. Die Ziffer 6.4, die regele, dass die Beteiligung jeweils nach 5 Jahren überprüft werde und der erste 5-Jahres-Zeitraum mit dem auf die Beteiligung folgenden Kalenderjahr beginne, sei nicht einschlägig, da diese Regelung in die Zukunft gerichtet sei. Ihr könne die Beteiligung am D-Arzt-Verfahren auch nicht mit Hinweis auf Ziffer 6.5.1 der D-Arzt-Anforderungen versagt werden, also mit dem Hinweis darauf, dass sie in der Vergangenheit nicht genügend Arbeitsunfallverletzte als Durchgangsarzt erstversorgt habe. Die Regelung stelle ausdrücklich darauf ab, dass in dem "5-Jahres-Zeitraum nach 6.4" eine bestimmte Anzahl von Arbeitsunfallverletzten von dem Durchgangsarzt erstzuversorgen sei. Dieser 5-Jahres-Zeitraum habe demgemäß bei ihr noch nicht begonnen. Der Beklagte könne die Beteiligung am D-Arzt-Verfahren auch nicht mit dem Hinweis darauf versagen, dass sie als H-Ärztin nicht ausreichend Arbeitsunfallverletzte erstversorgt habe, weil es genau der Beklagte sei, der geregelt habe, dass ein H-Arzt dann nicht Arbeitsunfallverletzte erstversorgen kann, wenn in derselben Praxis D-Ärzte tätig sind, wie dies in ihrer Praxis durchgängig der Fall sei. Es sei ihr also aufgrund von Vorschriften des Beklagten nicht möglich, in ihrer Eigenschaft als H-Ärztin selbständig Arbeitsunfallverletzte zu versorgen, weil in ihrer Praxis allein in C zwei D-Ärzte tätig seien und diese beiden D-Ärzte im Jahr 900-1000 Arbeitsunfallverletzte erstversorgten. Demgemäß müsse, wenn Ziffer 6.5.1 nicht angewendet werden solle, natürlich auch berücksichtigt werden, dass es gerade der Beklagte gewesen sei, die mit ihren eigenen Regeln verhindert habe, dass sie als H-Ärztin eigene Arbeitsunfallverletzte versorgt. Als Vertreterin für die D-Ärzte habe sie 2012 und 2013 je 144, 2014 171 und 2015 162 Erstversorgungen in BG-Fällen durchgeführt. Darüber hinaus habe sie in den Jahren 2010 bis 2013 jeweils über 300 Erstbehandlungen von Krankenversicherungspatienten vorgenommen. Eine Gefährdung der Versorgung Arbeitsunfallverletzter in der Fläche sei immer dann anzunehmen, wenn einer der in Ziffer 6.5.1 genannten Fälle gegeben sei, nämlich dass sich das Verhältnis von Durchgangsärzten zu Versicherten in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt schlechter als 1:30.000 darstelle oder in einer Region innerhalb von 30 Minuten kein Durchgangsarzt erreichbar sei. Soweit der Beklagte und das SG von einer Einwohnerzahl von etwas über 70.000 in "C und Umgebung" ausgingen, übersähen diese, dass auf das Verhältnis in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt abzustellen sei. Der Landkreis C1 habe zum 31.12.2015 369.666 Einwohner gehabt, woraus sich ein Bedarf an 13 Durchgangsärzten ergebe. Nach ihrer Kenntnis seien im Landkreis C1 genau 13 D-Ärzte zugelassen, darunter auch die beiden bei ihr angestellten. Somit könnte die Klägerin am D-Arzt-Verfahren beteiligt werden, wenn einer der bei ihr angestellten Ärzte auf seine Beteiligung verzichte, hierauf könne sie hinwirken.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil vom 24.11.2016 abzuändern und den Bescheid vom 14.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin am D-Arztverfahren in der Praxis L-straße 00, C, zu beteiligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, das Erfordernis der Mindestfallzahl ergebe sich aus Ziffer 2.5 i.V.m. Ziffer 6.5.1 der D-Arzt-Anforderungen in der Fassung vom 01.01.2011. Dass diese Mindestfallzahl auch für die als D-Ärzte zu übernehmenden ehemaligen H-Ärzte gelte, regele § 30 Abs. 4 des Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger in der bis zum 31.12 2015 geltenden Fassung. Danach habe der antragstellende Arzt in einem 5-Jahreszeitraum mindestens 250 Arbeitsunfallverletzte jährlich erstzuversorgen. Die Fallzahl gelte als erreicht, wenn sie im Jahresdurchschnitt oder in den letzten 3 Jahren des 5-Jahres-Zeitraumes jeweils erreicht wurde. Dieser Nachweis sei nicht erbracht, was die Klägerin ausdrücklich bestätige. Da in der Praxis der Klägerin bereits 2 Durchgangsärzte tätig seien, bestehe auch in dem Einzugsbereich der Praxis der Klägerin kein Engpass in der Versorgung.

Auf Nachfrage des Senats hat der Beklagte mitgeteilt, der Landkreis C1 gliederte sich in 17 kreisangehörige Städte und Gemeinden. In diesem Bereich seien 17 Durchgangsärzte tätig. Ein Zusammenhang mit der Praxis von Frau Dr. E und den im Landkreis C1 tätigen Durchgangsärzten sei für den Beklagten nicht erkennbar.

Die Klägerin beanstandet, dass in der von dem Beklagten überreichten Liste 2 Ärzte aus H, mithin aus Niedersachsen, aufgeführt seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätzen und den weiteren Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des SG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, denn der Bescheid vom 14.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2013 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Beteiligung als D-Ärztin.

Nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VII in der vom 08.11.2006 bis 04.04.2017 geltenden Fassung haben die Unfallversicherungsträger alle Maßnahmen zu treffen, durch die eine möglichst frühzeitig nach dem Versicherungsfall einsetzende und sachgemäße Heilbehandlung und, soweit erforderlich, besondere unfallmedizinische oder Berufskrankheiten-Behandlung gewährleistet wird. Sie können zu diesem Zweck die von den Ärzten und Krankenhäusern zu erfüllenden Voraussetzungen im Hinblick auf die fachliche Befähigung, die sächliche und personelle Ausstattung sowie die zu übernehmenden Pflichten festlegen. Sie können daneben nach Art und Schwere des Gesundheitsschadens besondere Verfahren für die Heilbehandlung vorsehen (Abs. 1). Die Unfallversicherungsträger haben an der Durchführung der besonderen unfallmedizinischen Behandlung die Ärzte und Krankenhäuser zu beteiligen, die den nach Abs. 1 Satz 2 festgelegten Anforderungen entsprechen (Abs. 2 Satz 1).

Die in Abs. 1 inhaltlich zum Ausdruck kommende Ermächtigung zur Regelung der Voraussetzungen für die Zulassung zum D-Arzt-Verfahren ist auch in der aktuellen Fassung der Vorschrift weiter enthalten. Solche Anforderungen haben die Träger der Gesetzlichen Unfallversicherung unter dem 01.01.2011 formuliert. Die Anforderungen sind gesetzeskonkretisierende Berufsausübungsregelungen zur Sicherung der Gleichbehandlung, die zur Qualitätssicherung gerechtfertigt sind (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.2005, L 2 U 1071/03). Legitimiert sind (nur) solche subjektiven Zugangsregelungen, die sich mit der Qualität der Leistungen befassen. Die Aufstellung objektiver Zugangsbeschränkungen wegen Überversorgung durch die Unfallversicherungsträger kommt nicht in Betracht (str., wie hier Welti in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 34 SGB VII, Rn.12 m.N. zur Gegenmeinung). Auf die Beteiligung als D-Arzt besteht nach § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VII bei Erfüllung der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch (Begründung des Gesetzentwurfs von 1995, BT-Drs. 13/2204, S. 84 zu § 34 Abs. 2; Nehls in Hauck/Noftz, Rn. 7/8 zu § 34 SGB VII; Welti in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 34 SGB VII; anders - kein Rechtsanspruch - die ältere Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 03.01.1978, 2 BU 199/77; Hess. LSG, Beschluss vom 22.08.2003, L 11 U 607/03 ER, juris).

Nach Ziff. 6.1 der D-Arzt-Anforderungen erfolgt die Beteiligung am D-Arzt-Verfahren auf Antrag des Arztes durch Verwaltungsakt des zuständigen DGUV-Landesverbandes, hier also des Beklagten. Nach Ziff. 1 der D-Arzt-Anforderungen hat der Antragsteller bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, von denen für den originären Anspruch auf Beteiligung nur die fachliche Befähigung sowie personelle und sächliche Ausstattung (Ziff. 1.2., 2 bis 5 der D-Arzt-Anforderungen) von Interesse sind.

Das SG hat richtig erkannt, dass ein unmittelbar auf diese Vorgaben gestützter Beteiligungsanspruch der Klägerin nicht besteht. Denn hierfür sind bestimmte, auf die Unfallchirurgie zugeschnittene Facharzt-, Zusatz- oder Schwerpunktbezeichnungen erforderlich, über die die Klägerin als Allgemeinchirurgin nicht verfügt.

Die Klägerin hat darüber hinaus auch keinen übergangsrechtlichen Anspruch auf Beteiligung aufgrund ihrer früher innegehabten Rechtsstellung als H-Ärztin. H-Ärzte wurden nach Ziff. 2.5 der D-Arzt-Anforderungen in der hier einschlägigen Fassung vom 01.01.2011 bis spätestens 31.12.2015 (dem Zeitpunkt der Abschaffung des H-Arzt-Verfahrens) auf Antrag als D-Arzt beteiligt, wenn sie die unter 3. bis 6. (der D-Arzt-Anforderungen) genannten Anforderungen erfüllt hatten und wenn, was hier der Fall ist, ein entsprechender Antrag bis spätestens 31.12.2014 gestellt war.

Es bestehen Zweifel, ob - wie das SG angenommen hat - die Beteiligung der Klägerin als H-Ärztin im Sinne der Übergangsvorschrift zuletzt zumindest noch ruhend fortbestand. Die Beteiligung von H-Ärzten war in Ziff. 6 der H-Arzt-Anforderungen geregelt. Nach deren Ziff. 6.1 Abs. 2 war die Beteiligung am H-Arzt-Verfahren gemeinsam mit einem D-Arzt in Praxisgemeinschaft oder Gemeinschaftspraxis unzulässig. Die Klägerin war ab 1998 mit jeweils mindestens einem D-Arzt in gemeinsamer Praxis tätig und deshalb seitdem nicht mehr als H-Ärztin tätig, weil sie - auch nach ihrer eigenen Rechtsauffassung - durch die Regelungen in den H-Arzt-Anforderungen zur Unzulässigkeit der Tätigkeit als H-Arzt in gleicher Praxis mit einem D-Arzt gehindert war, "eigene" BG-Patienten zu betreuen und dies auch seit 1998 nur noch vertretungsweise getan hat. Dann ist aber jedenfalls aus der Sicht des Senates kaum vertretbar, Ziff. 2.5 der D-Arzt-Anforderungen, die ihrem Wesen nach eine bloße Bestandsschutzregelung ist, so auszulegen, dass die deshalb bei Antragstellung 15 Jahre nicht mehr ausgeübte Rechtsposition als H-Ärztin nunmehr übergangsrechtlich zu einer stärkeren, die vorher geltende Unvereinbarkeitsregelung aushebelnde Rechtsposition als D-Ärztin erstarkt.

Unabhängig davon sind aber die übergangsrechtlichen Voraussetzungen für eine Beteiligung der Klägerin am D-Arzt-Verfahren als ehemalige H-Ärztin nicht gegeben. Denn sie erfüllt zwar wohl die Voraussetzungen der Ziff. 2.5 i.V.m. Ziff. 3 und 4 der D-Arzt-Anforderungen (personelle und sächliche Ausstattung der Praxis), nicht aber die der Ziff. 6.

Nach Ziff. 6.5 wird die Beteiligung als D-Arzt widerrufen, "6.5.1. wenn in dem 5-Jahres-Zeitraum nach 6.4 jährlich weniger als 250 Arbeitsunfallverletzte von dem Durchgangsarzt erstversorgt wurden. Die Fallzahl von 250 gilt als erreicht, wenn sie im Jahresdurchschnitt oder in den letzten drei Jahren des 5-Jahres-Zeitraums jeweils erreicht wurde. Von einem Widerruf der Beteiligung kann abgesehen werden, wenn dieser zu einer Gefährdung der Versorgung Arbeitsunfallverletzter in der Fläche führen kann."

Ziff. 6.4 lautet: "Die Beteiligung wird jeweils nach fünf Jahren überprüft. Der erste 5-Jahres-Zeitraum beginnt mit dem auf die Beteiligung folgenden Kalenderjahr"

Dem Bevollmächtigten der Klägerin ist Recht zu geben, wenn er vorträgt, dass die Regelung in Ziff 6.5.1 in die Zukunft gerichtet ist und dass sich dies aus der Bezugnahme auf Ziffer 6.4 ergibt. Seiner Schlussfolgerung, sie sei deshalb auf die Klägerin nur anzuwenden nach Ablauf eines ersten 5-Jahres-Zeitraums seit der Beteiligung als D-Ärztin, ist aber nicht zu folgen. Nach der Bestandsschutzregelung in Ziff. 2.5 müssen H-Ärzte, die als D-Ärzte beteiligt werden wollen, "die unter 3. bis 6. genannten Anforderungen erfüllt haben", also bereits bei der Entscheidung über den Bestandsschutz. Als Bestandsschutzregelung macht diese Vorschrift nur Sinn, wenn ein Bestand vorhanden ist, der geschützt werden soll. Die Regelung greift deshalb nur ein, soweit auch in der Funktion als H-Ärztin ein der Ziffer 6.5.1 entsprechender Patientenbestand vorhanden gewesen ist. Die Übergangsvorschrift beabsichtigt nicht die Ausweitung des Tätigkeitsumfangs des früheren H-Arztes, sondern den Schutz einer bisher vorhandenen Existenzgrundlage und bisher betreuter Patienten. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Die Praxis kann in gleicher Weise weiter betrieben werden wie zuvor.

Dieses Verständnis der Übergangsregelung stützt auch § 30 Abs. 4 Satz 1 bis 3 des Vertrages Ärzte / Unfallversicherungsträger in der Fassung bis 31.12.2015. Dieser lautet:

"(4) Ab 1. Januar 2011 werden keine Ärzte mehr als H-Ärzte beteiligt. H-Ärzte, die bis zum 31. Dezember 2010 beteiligt worden sind, werden auf Antrag nach Maßgabe der Durchgangsarzt-Anforderungen in der Fassung vom 1. Januar 2011 als Durchgangsarzt beteiligt. Wird die in den Anforderungen genannte Mindestfallzahl nicht erreicht, kann gleichwohl eine Beteiligung als Durchgangsarzt erfolgen, wenn dies zur Vermeidung der Gefährdung der Versorgung Arbeitsunfallverletzter in der Fläche erforderlich ist."

Die Formulierung lässt erkennen, dass die vertragschließenden Parteien gemeinsam davon ausgegangen sind, dass das Erreichen der Mindestfallzahl nach Ziff. 6.5.1 der Anforderungen Anspruchsvoraussetzung für den Bestandsschutz sein soll. § 34 Abs. 3 SGB VII ermächtigt zwar die Verbände der Unfallversicherungsträger sowie die Kassenärztliche Bundesvereinigung nur "unter Berücksichtigung der von den Unfallversicherungsträgern gemäß Absatz 1 Satz 2 und 3 getroffenen Festlegungen" mit Wirkung für ihre Mitglieder Verträge zu schließen über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte und Zahnärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung. Demnach haben über die Zugangsvoraussetzungen allein die UV-Träger zu entscheiden und sind sie vertraglicher Bindung möglicherweise nicht zugänglich. Da aber die UV-Träger Vertragspartner sind enthält § 30 Abs. 4 der Verträge jedenfalls eine authentische Interpretation durch den "Anforderungsgeber". Wie aus dem Verweis auf die Ziff. 6 in Ziff. 2.5 der Anforderungen folgt daraus, dass die in Ziff. 6.5.1 genannten Voraussetzungen bei der Entscheidung über den (erweiterten) Bestandsschutz zu berücksichtigen sein sollen.

Dieses Erfordernis ist von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt und insbesondere keine unzulässige Beteiligungsregelung in Abhängigkeit vom Bedarf. Die Regelung in Ziff. 6.5.1 der D-Arzt-Anforderungen und den dazu ergangenen Auslegungsgrundsätzen ist keine die Ermächtigung überschreitende und deshalb unzulässige Zugangsbeschränkung zum Zwecke rein zahlenmäßiger Begrenzung der D-Arzt-Zulassungen. Sie verfolgt ersichtlich das Ziel, bei den D-Ärzten Erfahrungswissen zu sichern, dient demnach der Qualitätssicherung im Patienteninteresse. Dies ist von der Ermächtigungsnorm gedeckt, ebenso wie die Zulassung von Ausnahmen bei zahlenmäßiger Unterversorgung in einer Region. Ein solcher Ausnahmefall ist aber bei der Klägerin nicht gegeben, so dass auch eine entsprechende Ermessensentscheidung des Beklagten nicht zu ergehen hatte. Weder in der Region C noch im Landkreis C1 - zu dem C gehört - hat sich eine Unterversorgung feststellen lassen. Wie der Beklagte entgegen der von ihm hervorgehobenen Regelung in § 30 Abs. 4 des Vertrages Ärzte / UV-Träger zu der Auffassung kommt, auf die Verhältnisse im Landkreis C1 komme es nicht an, ist zwar nicht nachvollziehbar. Die Ermittlungen haben jedoch ergeben, dass - auch von der Klägerin letztlich nicht in Abrede gestellt - kein Versorgungsengpass in der Region C oder im gesamten Landkreis C1 besteht oder bestand, da sowohl im Landkreis C1 mit 15 D-Ärzten der kritische Wert von einem D-Arzt auf 30.000 Einwohner eingehalten als auch mit zwei in C1 ansässigen D-Ärzten die Erreichbarkeit eines solchen binnen 30 Minuten (vgl. hierzu die ermessensbindenden Auslegungsgrundsätze zu den D-Arzt-Anforderungen Ziff. 6.5.1 in der Fassung vom 01.01.2011) sichergestellt sind.

Schließlich liegt das Argument der Klägerin, es sei ja gerade der Beklagte gewesen, der mit dem Verbot der parallelen Betätigung von D-Ärzten mit H-Ärzten in gemeinsamer Praxis verhindert habe, dass sie die notwendigen Patientenzahlen erreichen konnte, ersichtlich neben der Sache. Die Klägerin hat sich entschieden, mit D-Ärzten zusammenzuarbeiten, die in weitergehendem Umfang als H-Ärzte von dem Beklagten im Rahmen von § 34 Abs. 1 SGB VII aufgestellten Qualifikationsanforderungen unterliegen. Die Klägerin erfüllt diese Anforderungen nicht, weil sie nicht über die einschlägige unfallchirurgische Qualifikation verfügt. Wenn die UV-Träger sich dazu entschlossen haben, das H-Arzt-Verfahren auslaufen zu lassen, sind hierfür offenbar Gründe der Qualitätssicherung maßgeblich. Dasselbe muss für die Vorgabe angenommen werden, dass innerhalb einer Gemeinschaftspraxis neben D-Ärzten keine H-Ärzte tätig sein dürfen, denn für deren Beteiligung neben dem qualifizierteren D-Arzt besteht kein Bedarf. Es handelte sich demnach um eine sachlich gerechtfertigte allgemeine Regelung und natürlich nicht um eine speziell gegen die Klägerin als H-Ärztin gerichtete Maßnahme des Beklagten. Die Klägerin kann daraus keinen Vertrauensschutz ableiten, denn sie selbst hat in Kenntnis dieser Regelungen berufliche Dispositionen in eine Richtung getroffen, die ihr die Inanspruchnahme ihrer Rechtsposition als H-Ärztin 15 Jahre lang als entbehrlich erscheinen ließen. Die Abschaffung des H-Arzt-Verfahrens beeinträchtigt diese berufliche Disposition in keiner Weise. Ein schutzwürdiger Bestand ist nicht vorhanden. Dies gilt auch im Hinblick auf die von ihr übernommenen Vertretungen. Nach § 24 Abs. 5 des Vertrages Ärzte / Unfallversicherungsträger ist nur die - wohl nicht den Regelfall darstellende - Befugnis zur ständigen Vertretung des D-Arztes an die Erfüllung der Voraussetzungen nach den Anordnungen und der dazu ergangenen Auslegungsgrundsätze gebunden. Die Klägerin hat deshalb schon in der Vergangenheit die D-Ärzte laufend vertreten können. Eine nicht ständige Vertretung kann nämlich auch durch andere Chirurgen statt durch solche mit D-Arztqualifikation erfolgen, so die Auslegungsgrundsätze vom 01.01.2011 zu Ziff. 5.2. der Anforderungen. Hier ergibt sich also für die Klägerin keine Änderung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung, die Entscheidung über den Streitwert auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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