L 3 RS 16/17

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 8 RS 10/15
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 RS 16/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RS 20/18 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Feststellung weiterer Entgelte aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz in wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (im Folgenden: AVI) für die Zeit vom 21. September 1981 bis zum 30. Juni 1983 hat.

Die am ... 1950 geborene Klägerin, eine promovierte Diplomchemikerin, erhielt durch Urkunde der Staatlichen Versicherung der DDR vom 15. Januar 1985 die Zusage einer zusätzlichen Altersversorgung aus der AVI. Mit Feststellungsbescheid vom 29. Mai 2001 stellte die Beklagte den Zeitraum vom 1. Dezember 1977 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVI mit entsprechenden Entgelten fest.

Am 10. November 2014 beantragte die Klägerin eine Überprüfung der festgestellten Entgelte. Sie habe Unterlagen zu ihrer Delegierung als Dozentin an die Universität in Conakry von September 1981 bis Juli 1983 gefunden. Diese Tätigkeit sei bis jetzt noch nicht in ihrem Rentenkonto berücksichtigt. Zusätzlich zu dem von der Universität Halle. bestätigten Betrag habe sie vor Ort in Conakry 22.500,00 Sylis pro Monat (was etwa 2.250,00 M entspreche) erhalten. Üblicherweise sei die Zahlung in Guinea pro Ehepaar erfolgt. Deshalb seien die 2.250,00 M auf ihren Ehemann und sie zur Hälfte aufzuteilen. Außerdem machte sie weitere, inzwischen nicht mehr im Streit stehende Entgelte geltend. Mit Feststellungsbescheid vom 3. März 2015 stellte die Beklagte weitere Entgelte aufgrund von Prämienzahlungen fest. Die von der Klägerin von 1981 bis 1983 geltend gemachten Valutabeträge könnten dagegen nicht als zusätzliches Arbeitsentgelt berücksichtigt werden. Es habe sich dabei um Entschädigungszahlungen im Sinne des § 122 des Arbeitsgesetzbuches der DDR (AGB) zur Deckung des Lebensunterhaltes und dienstlichen Aufwandes gehandelt, aber nicht um Entgelt im Sinne von §§ 14, 15 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV). Dagegen legte die Klägerin am 19. März 2015 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, in den von ihr übersandten Verträgen zwischen der Universität Halle. bzw. Intercoop und ihr sei es um eine Delegierung gegangen, die in Mark und Valuta entlohnt worden sei. Von einer Entschädigungszahlung könne also überhaupt keine Rede sein. Sie fügte ihrem Widerspruch u.a. Bescheinigungen zur Regelung der Bezahlung von Parteibeiträgen des Volkseigenen Außenhandelsbetriebes (VE AHB) Intercoop vom 7. September 1981 über ein Mark-Bruttogehalt sowie einen Valutagrundbetrag bei. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der gezahlte Valutagrundbetrag im Auslandseinsatz habe der Deckung des Lebensunterhaltes, der Lebenshaltungskosten sowie des dienstlichen Aufwandes gedient und damit zu den so genannten Aufwands- bzw. Dienstaufwandsentschädigungszahlungen gemäß § 3 Einkommensteuergesetz (EStG) gezählt. Es sei kein Entgelt für erbrachte Arbeitsleistungen gewesen.

Dagegen hat die Klägerin am 15. Juni 2015 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben. Ihre Arbeit in Conakry als Universitätsdozentin in einer Fremdsprache rechtfertige durchaus eine höhere Bezahlung im Vergleich mit der Arbeit an der Universität Halle als wissenschaftliche Assistentin, einer geringer vergüteten Position. Diese Bezahlung hätte sicher auch in einem (Valuta-)Betrag am Arbeitsort erfolgen können. Allgemeine Praxis sei aber gewesen, eine Aufteilung in zwei Bestandteile vorzunehmen: erstens die Weiterzahlung des Gehaltes über die Universität, der zweite Teil sei in Valuta am Arbeitsort gezahlt worden. Dies sei im Vertrag mit Intercoop zu ersehen. Außerdem könne diese Praxis durch den Beleg vom 7. September 1981 bewiesen werden. Auf diesem Beleg stehe eindeutig "Vergütung". Es sei nirgends die Rede von einer Aufwandsentschädigung. Es komme allein auf das in der DDR tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt an. Unerheblich sei, ob dieses in der DDR einer Beitrags- oder Steuerpflicht unterlegen habe. In der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht am 22. August 2017 hat die Klägerin ergänzend erklärt, während ihrer Zeit in Guinea habe ihr Einkommen sozusagen aus zwei Teilen bestanden, und zwar aus dem Gehalt in Mark, welches auf das Konto gezahlt worden sei, das bei der Sparkasse geführt worden sei. Darüber hinaus habe es die Zahlung von Valuta in Höhe von ca. 22.000,00 Sylis gegeben. Diese seien auf ein Buch und nicht auf ein Konto gutgeschrieben worden. Von diesem Betrag seien dann vorab Beträge abgegangen, so die Kosten für Kfz, Energie, Lebensmittel oder auch die Einkäufe in Devisenläden in bestimmter Kontingenthöhe. Wenn sie vor Ort im Markt habe einkaufen wollen, habe sie einen Antrag auf Auszahlung bestimmter Sylis-Beträge stellen können. Mit diesen habe sie dann vor Ort bezahlt. Am Ende des Monats habe es dann eine Art Gehaltsstreifen gegeben. Auf diesem sei ersichtlich gewesen, was von den 22.000,00 Sylis noch übrig gewesen sei. Dieser Betrag sei dann in Dollar umgerechnet und auf ein Devisenkonto bei der Staatsbank der DDR transferiert worden. Sie habe erst in der DDR Zugriff auf dieses Konto gehabt. In ihrem Sozialversicherungsausweis (SV-Ausweis) sei nur der Betrag eingetragen worden, den sie von der Martin-Luther-Universität ausgezahlt bekommen habe. Der Valuta-Betrag vom Außenhandelsbetrieb sei dort nicht eingetragen gewesen. Ihr sei auch nicht bekannt, wie hoch der Betrag gewesen sei, der tatsächlich dem Außenhandelsbetrieb vorab gezahlt worden sei und ob davon eventuell noch Steuern abgeführt worden seien.

Mit Urteil vom 22. August 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die geltend gemachten Zahlungen seien kein durch die Beklagte festzustellendes Arbeitsentgelt im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 des Anspruchs-und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG). Bezogen auf die Valutabeträge sei ein erhebliches wirtschaftliches Interesse der Klägerin erkennbar. Diese gehörten damit zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 EStG in der am 1. August 1991 geltenden Fassung. Sie seien jedoch bei sinngemäßer Anwendung von § 3 EStG in der am 1. August 1991 geltenden Fassung steuerfrei. Danach sei der von einem inländischen Arbeitgeber gewährte Kaufkraftausgleich bei für einen begrenzten Zeitraum in ein Gebiet außerhalb des Inlands entsandten Arbeitnehmern steuerfrei, soweit er den für vergleichbare Auslandsdienstbezüge nach § 54 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) zulässigen Betrag nicht übersteige. Rechtsgrundlage für die Zahlung des Auslandszuschlages sei für die Zeit bis zum 30. Juni 2010 § 55 Abs. 5 Satz 1 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 gewesen. Der Auslandszuschlag habe materiellen Mehraufwand sowie allgemeine und dienstortbezogene immaterielle Belastungen der allgemeinen Verwendung im Ausland abgedeckt. Es habe sich damit um Einnahmen gehandelt, die für den Lebensunterhalt verbraucht würden oder verbraucht werden könnten. Als steuerfreie Zuwendung sei der Auslandszuschlag gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Sozialversicherungsentgeltverordnung dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen. Diese Regelungen entsprächen etwa gleichlautend dem Sinn und Zweck der DDR-Regelung. Somit seien nicht die konkret am Arbeitsplatz erbrachte Arbeitsleistung, sondern die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Anwesenheitspflicht im Ausland und die damit verbundenen wirtschaftlichen Mehrbelastungen für die Familie entscheidend für die Höhe der Valutabeträge gewesen. Denn jede Familie im Ausland, bezogen auf einen Haushalt von zwei erwachsenen Personen, und nicht der Arbeitnehmer bzw. Spezialist persönlich hätte den Valutagrundbetrag erhalten. Alleinstehende DDR-Bürger im Ausland hätten nur 70 Prozent des Valutabetrages erhalten. Sofern beide Ehepartner ein Arbeitsrechtsverhältnis im Ausland gehabt hätten, sei der Valutagrundbetrag an den DDR-Bürger gezahlt worden, dessen Delegierung den Auslandseinsatz der Familie begründet habe. Zur Deckung des höheren Aufwandes der Familie, der durch die Arbeitstätigkeit beider Ehepartner entstanden sei, sei ein Zuschlag in Höhe von 20 Prozent des Valutagrundbetrages gezahlt worden. Für jedes unterhaltsberechtigte Kind, das mit der DDR-Familie im Ausland gelebt habe, sei ein Kinderzuschlag in Höhe von 15 Prozent des Valutagrundbetrages gezahlt worden. Und DDR-Bürger, die mit repräsentativen Verpflichtungen im Ausland gelebt hätten, hätten Zuschläge für erhöhten dienstlichen Aufwand erhalten. Insoweit habe die Konzeption einer steuerfreien Aufwandsentschädigung entsprochen.

Gegen das ihr am 7. September 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 4. Oktober 2017 Berufung beim Sozialgericht Halle eingelegt, das diese an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt weitergeleitet hat. Ergänzend und vertiefend hat sie vorgetragen, die Valuta-Gehaltsbestandteile seien tatsächlich erarbeitet worden und geflossen. In den Verträgen, die der Tätigkeit von September 1981 bis Juni 1983 in Guinea zu Grunde gelegen hätten, sei an keiner einzigen Stelle zu erkennen, dass es sich um eine steuerfreie Zuwendung zusätzlich zum Gehalt gehandelt habe oder dass der aufgeführte Sylis-Betrag nach Abzug von Steuern zu Stande gekommen sei. Ebenso sei an keiner Stelle zu erkennen, dass es sich "nur" um eine Aufwandsentschädigung gehandelt habe. Ein Kaufkraftausgleich - wie das Sozialgericht Halle meine - könne ebenso nicht zutreffen, da die Versorgung in Conakry zu 95 Prozent oder sogar mehr über die DDR-Botschaft durch die Ost-B.er Firma V. erfolgt sei - und zwar zu in der DDR üblichen Preisen. Die Versorgung nur über die Märkte in Guinea - einem der ärmsten Länder der Welt - wäre absolut nicht möglich gewesen, schon gar nicht in gewohnter Weise und hinsichtlich notwendiger Hygiene. Die Zuschläge in Valuta für die Arbeit ihres Mannes sowie für die beiden mitreisenden Kinder zeigten ganz deutlich, dass dafür tatsächlich nur eine absolute Mindestvergütung herangezogen worden sei. Ihr Mann habe für seine Arbeit als Dozent an der Universität Conakry laut Vertrag mit Intercoop 3.000,00 Sylis pro Monat vergütet bekommen, was weniger als 300,00 M der DDR entsprochen habe. Die Festlegung, wer der delegierte Spezialist und wer der mitarbeitende Ehepartner gewesen sei, hätte auch genau andersrum lauten können, also ihr Mann als delegierter Spezialist und sie als mitarbeitende Ehefrau. Insofern wäre eine Aufteilung von 50:50 für die jeweiligen Rentenkonten gerechtfertigt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 22. August 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 3. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2015 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, für den Zeitraum vom 21. September 1981 bis zum 30. Juni 1983 höhere Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts Halle und trägt ergänzend vor, der Zahlungszweck von Valutabeträgen an die Klägerin während ihrer Auslandstätigkeit ergebe sich aus Art. 2 Nr. 1 der Anlage 1 zum Präsidiumsbeschluss des Ministerrates vom 17. Juli 1975. Valutabeträge seien kein Arbeitsentgelt gewesen. Diese Bewertung stütze sich auf die Regelung in Art. 2 Nr. 2 des vorgenannten Beschlusses.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese Akten haben bei der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung des Senats vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Entgelte aufgrund der während ihrer Entsendung nach Conakry (Guinea) gezahlten Valutabeträge.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R -, juris, Rdnr. 24 ff.; Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R -, juris, Rdnr. 15, 16; Urteil vom 23. Juli 2015 - B 5 RS 9/14 R -, juris, Rdnr. 13, 14; Urteil vom 29. Oktober 2015 - B 5 RS 7/14 R -, juris, Rdnr. 18) bestimmt sich der Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nach § 14 SGB IV. Bei Vorliegen von Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV ist im zweiten Prüfungsschritt festzustellen, ob sich insbesondere auf der Grundlage von § 17 SGB IV i.V.m. § 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) ausnahmsweise ein Ausschluss ergibt. Dieser kommt allein dann in Betracht, wenn u.a. "Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen" sowohl "zusätzlich" zu Löhnen oder Gehältern gezahlt werden als auch lohnsteuerfrei sind. Soweit es im letztgenannten Zusammenhang auf Vorschriften des Steuerrechts ankommt, ist das am 1. August 1991 - dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG - geltende Steuerrecht maßgeblich.

Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit gehören nicht solche Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinungen einer betriebsfunktionalen Zielsetzung erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der für die Zuwendung maßgebenden Umstände zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. Ist aber neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht in ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers und führt zur Bewertung als Lohnzuwendung (LSG B.-B., Urteil vom 31. Januar 2013 - L 22 R 449/11 -, juris, RdNr. 89 unter Hinweis auf Bundesfinanzhof, Urteil vom 21. Januar 2010 - VI R 51/08 -, juris).

Die gezahlten Valutabeträge sind kein Arbeitsentgelt in diesem Sinne, denn sie resultieren nicht aus dem Arbeitsverhältnis und wurden auch nicht von dem Arbeitgeber der Klägerin gezahlt. Gemäß Nr. 5 der Vereinbarung zwischen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Klägerin vom 28. August 1981 blieb während der Dauer des Auslandseinsatzes das Arbeitsverhältnis zwischen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Klägerin bestehen. Dies ergibt sich auch aus § 2 Nr. 2 des Vertrages zwischen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Entsendebetrieb), der Klägerin und dem VE AHB Intercoop vom 21. August 1981. Der VE AHB Intercoop verpflichtete sich gemäß § 4 Nr. 2 des Vertrages, die Voraussetzungen für die Weiterzahlung der monatlichen Netto-Vergütung einschließlich der Zuschläge entsprechend den Rechtsvorschriften des Beschlusses des Ministerrates der DDR vom 17. Juli 1975 über die Neuregelung der Valuta- und Gehaltszahlung an dienstlich im Ausland tätige Bürger der DDR zu schaffen. Den monatlichen Valutabetrag zahlte der VE AHB Intercoop dagegen gemäß § 4 Nr. 3 des Vertrages selbst. Das verdeutlicht die Differenzierung zwischen der Vergütung durch den Arbeitgeber (hier: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) - also dem Arbeitsentgelt - einerseits und der Valutazahlung durch den VE AHB Intercoop andererseits. Dementsprechend ist im SV-Ausweis der Klägerin der beitragspflichtige Gesamtarbeitsverdienst auch für die Jahre 1981 bis 1983 durch die Martin-Luther-Universität bescheinigt worden; Valutabeträge sind dort nicht aufgeführt.

Die Differenzierung zwischen Valutabeträgen und Gehalt ist bereits in dem Beschluss des Ministerrates der DDR vom 17. Juli 1975 über die Neuregelung der Valuta- und Gehaltszahlung angelegt. Schon in der Beschlussbezeichnung stehen Valuta- und Gehaltszahlung nebeneinander, was den unterschiedlichen Rechtscharakter dieser Zahlungen verdeutlicht. Artikel 2 Nr. 1 der Anlage 1 zu dem Ministerratsbeschluss beschreibt den Sinn und Zweck der Valutabeträge. Danach erhielten die DDR-Familien (also nicht der jeweilige Beschäftigte) für die Zeit der dienstlichen Tätigkeit im Ausland Valutabeträge zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten und ihres dienstlichen Aufwandes im Ausland. Die Einzelheiten zur Höhe sind in den Artikeln 3 bis 8 geregelt. Es handelte sich also gerade nicht um eine Gegenleistung des Arbeitgebers für eine geleistete Arbeit des Arbeitnehmers. Anspruchsinhaber der Valutabeträge war die jeweilige Familie und nicht der Arbeitnehmer. Die Regelung über die Vergütung in Artikel 2 Nr. 2 der Anlage 1 zu dem Ministerratsbeschluss verdeutlicht den Unterschied zu den Valutabeträgen. Danach erfolgte die materielle Anerkennung der Qualifikation, Verantwortung und Leistung der DDR-Bürger für die Zeit ihres Auslandseinsatzes durch die Zahlung von Gehalt oder Lohn in Mark der DDR entsprechend dem Beschluss des Präsidiums des Ministerrates über die Zahlung von Gehalt oder Lohn an dienstlich im Ausland tätige DDR-Bürger. Die Einzelheiten dieser Zahlungen sind in der Anlage 2 zu dem Ministerratsbeschluss geregelt, also in einer anderen Anlage als die Valutabeträge. Artikel 3 der Anlage 2 betont, dass das Bruttogehalt und der Bruttolohn in Mark der DDR der Lohnsteuer und der Beitragspflicht in der Sozialversicherung unterlagen. Artikel 4 besagt, dass die DDR-Bürger bei Auslandseinsatz unter erschwerten klimatischen Bedingungen (Hitze/Kälte) einen steuerfreien Klimazuschlag in Mark der DDR erhielten, der Klimazuschlag also zum Arbeitsentgelt zählte. Bei den Valutabeträgen fehlen dagegen Regelungen zur Lohnsteuer- und Beitragspflicht. Dies ist auch folgerichtig, weil es sich bei diesen Beträgen schon von vornherein nicht um Arbeitsentgelt handelte.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin vorgelegten Bescheinigungen zur Regelung der Bezahlung von Parteibeiträgen des Volkseigenen Außenhandelsbetriebes (VE AHB) Intercoop vom 7. September 1981. Diese haben für die Frage der Qualifizierung als Arbeitsentgelt keine Bedeutung, sondern deuten allenfalls darauf hin, dass bei der Berechnung der Parteibeiträge auch die erhaltenen Valutazahlungen berücksichtigt wurden.

Selbst wenn die umstrittenen Valutabeträge als Arbeitsentgelt zu qualifizieren wären, wäre eine entsprechende Verurteilung der Beklagten nicht möglich. Denn die Umrechnung der Syli-Beträge in Mark der DDR und deren Aufteilung auf die einzelnen Familienmitglieder wäre nur im Rahmen einer Schätzung möglich. Eine Schätzung der Höhe des Arbeitsentgeltes ist nicht zulässig (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 - juris, Rdnr. 17 ff. m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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