S 12 KA 289/13

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 289/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 78/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Der Honorarbescheid vom 28.09.2012 für das Quartal II/12 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2013 wird insoweit aufgehoben, als Beiträgen für die EHV einbehalten wurden. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger über die Festsetzung der EHV-Beiträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 832,58 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Verpflichtung, Beiträge für die Erweiterte Honorarverteilung der Beklagten (EHV) abzuführen.

Der Kläger war vom 01.10.1980 bis zum 31.12.2002 zur vertragsärztlichen Versorgung in Hessen zugelassen. Er ist seit dem 12.04.2012 als hausärztlich tätiger Internist erneut zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in B-Stadt zugelassen. Seit dem 01.04.2003 nimmt er an der EHV teil.

Die Beklagte setzte mit Honorarbescheid vom 28.09.2012 das Nettohonorar des Klägers auf 15.250,63 EUR fest. Für die Zahlung im Rahmen der EHV ergaben sich einbehaltene Honoraranteile in Höhe von 832,32 EUR.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 10.12.2012 Widerspruch ein. Er trug vor, er wende sich insb. gegen die Verpflichtung, Beiträge für die EHV zu leisten. er sehe für sich keine finanziellen Vorteile bei weiteren Zahlungen an die EHV. 23 Jahre habe er bereits in die EHV einbezahlt und nehme nunmehr an der EHV teil. Wenn er sechs weitere Jahre arbeite, wäre er 84 Jahre alt. Falls er dann noch zwei Jahre leben würde, könne das bedeuten, dass seine weiteren Zahlungen nicht den gewünschten Effekt gebracht hätten.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung erläuterte sie die Berechnung des Regelleistungsvolumens und stellte fest, dass der Kläger die Obergrenze nicht überschritten habe. Nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen könnten auf Grund der ab Mai 2010 gültigen Satzungsänderung Ärzte, die das 65. Lebensjahr vollendet und damit Anspruch auf Teilnahme an der EHV hätten, nunmehr bereits an der EHV teilnehmen und dennoch weiterhin ihre vertragsärztliche Tätigkeit ausüben. Alle zugelassenen Vertragsärzte würden jedoch zur Finanzierung der EHV herangezogen. Eine Verletzung der EMRK sei nicht ersichtlich.

Hiergegen hat der Kläger am 25.04.2013 die Klage erhoben. Er verweist auf sein Widerspruchsvorbringen und trägt ergänzend vor, sein nach Art. 1 EMRK geschütztes Eigentum werde verletzt. Streitgegenstand sei auch der Abzug für die EHV. Die Beklagte gehe nicht auf seine persönliche Situation ein. Der Einbehalt bedeute eine Sondersteuer oder Enteignung. Er sei finanziell strafend und altersdiskriminierend.

Der Kläger beantragt,
den Honorarbescheid vom 28.09.2012 für das Quartal II/12 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2013 insoweit aufzuheben, als Beiträgen für die EHV einbehalten wurden und die Beklagte zu verpflichten, ihn über die Festsetzung der EHV-Beiträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, eine Verletzung der EMRK sei nicht ersichtlich. Der statusrechtliche Charakter der EHV lasse es nicht zu, über die Rechtmäßigkeit der EHV in einem Streitverfahren gegen die Honorarbescheide zu befinden. Die tatsächliche Belastung des Klägers betrage im streitbefangenen Quartal nur 5,3191 %. Der vom Kläger geltend gemachte fehlende Vorteil sei nicht Gegenstand des Verfahrens gegen den Honorarbescheid. In der ab dem 01.07.2012 gültigen Neuregelung der EHV erhalte der Vertragsarzt, der bereits an der EHV teilnehme, die Hälfte der für die Beitragsklasse festgeschriebenen Punkte. Für den Zeitraum ab III/12 sei die EHV insgesamt reformiert worden. Das Bundessozialgericht habe in seinem Urteil vom 16.07.2008 (B 6 KA 38/07 R) ausgeführt, dass eine Neuausrichtung der EHV nicht dadurch in Frage gestellt werde, dass einzelne Elemente anderer Grundsätze der EHV aufgegeben oder modifiziert würden. Die Änderungen zum Quartal ab III/12 könnten somit keine rückwirkenden Auswirkungen auf die im Gestaltungsspielraum der Beklagten erlassenen, vorliegend maßgeblichen Regelungen bis zum Quartal II/12 haben. Der Kläger nehme mit einen Anspruchssatz von 11,574 % an der EHV teil, der durchschnittliche Anspruchssatz betrage 11,579 %. Von daher liege ein Härtefall nicht vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 18.08.2014 angehört.

Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Ein Vertragsarzt, der geltend machen will, dass er ohne hinreichende rechtliche Grundlage an der EHV teilnehmen müsse, kann dies nicht im Rahmen eines Honorar- oder Beitragsstreits klären lassen, sondern muss die Beklagte in einem gesonderten Verfahren gerichtlich auf eine entsprechende Feststellung in Anspruch nehmen. Richtige Klageart ist dann die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (vgl. BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 8/13 R - juris Rdnr. 20). Von der Frage, ob die Rechtmäßigkeit der die Grundstrukturen der EHV regelnden Normen im hier anhängigen Honorarstreitverfahren überprüft werden kann, ist die Prüfung zu trennen, ob der Abzug von Beiträgen zur EHV in den streitigen Quartalen uneingeschränkt rechtmäßig war (BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 = BSGE 94, 50 = GesR 2005, 307 = MedR 2005, 538 = Breith 2005, 817, zitiert nach juris, Rdnr. 121 ff.).

Der Kläger hat sich von Anfang an mit seinem Widerspruch auf die Beitragsabführung zur EHV beschränkt. Lediglich die Beklagte hat die Widerspruchsgründe auch auf den Honorarbescheid ausgedehnt. Soweit sie hierzu möglicherweise Veranlassung sah, weil der Kläger am Ende seines Widerspruchsschreibens auch bat, die Frage der RLV-Grenze verbindlich zu beantworten, so hat sie jedenfalls den Kläger auch über seinen EHV-Abzug im angefochtenen Widerspruchsbescheid beschieden. Der Kläger machte auch bereits mit seinem Widerspruch insbesondere eine fehlende Beitragsäquivalenz aufgrund seiner besonderen Situation geltend, so dass nicht daraus geschlossen werden konnte, er lehne eine Heranziehung zur EHV grundsätzlich und generell ab.

Gegenstand des Klageverfahrens ist jedenfalls nur noch der Abzug von Beiträgen zur EHV im Quartal II/12. Insofern hat der Kläger auch klargestellt, dass er mit dieser Klage nicht evtl. Schadensersatzansprüche als Kompensation für die Aufgabe bzw. - nach Auffassung des Klägers - Enteignung seines Arztsitzes in A-Stadt geltend macht.

Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Honorarbescheid vom 28.09.2012 für das Quartal II/12 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2013 ist insoweit rechtswidrig, als er angefochten wurde. Er war daher insoweit aufzuheben. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, die Beklagte zu verpflichten, ihn über die Festsetzung der EHV-Beiträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Rechtsgrundlage für die Heranziehung von Vertragsärzten zur EHV waren im Quartal II/12 die ab 01.07.2006 gültigen Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der geänderten Fassung ab Oktober 2011, insb. auch mit der von der Vertreterversammlung der KV am 31.10. und 12.12.2009 beschlossenen und ab Mai und von dem aufsichtsführenden Ministerium des Landes Hessen am 26.02.2010 genehmigten Änderung (veröffentlicht in EHV Aktuell der KV Hessen, Sonderausgabe 1/2010 vom 11.05.2010) (im Folgenden: GEHV).

Diese Neufassung der GEHV steht mit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 8 des Gesetzes über die KV und die KZV Hessen vom 22.12.1953 (KVHG; Hessisches GVBl, 206) grundsätzlich in Einklang. Die Vorschrift des § 8 KVHG ist ihrerseits bundesrechts- und verfassungskonform und also uneingeschränkt wirksam (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43 = USK 2008-65, zitiert nach juris Rdnr. 20 ff.; BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 10/13 R - juris Rdnr. 24 ff.; BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 8/13 R - juris Rdnr. 32 ff.).

Zur Finanzierung der EHV wird ein Teil der von den Krankenkassen gezahlten Gesamtvergütungen von der Beklagten mit der Folge einbehalten, dass sich der von den aktiven Teilnehmern an der Honorarverteilung erzielte Punktwert entsprechend verringert. Der einbehaltene Betrag wird im Wege eines Umlageverfahrens an die Anspruchsberechtigten in der inaktiven Phase verteilt. Der Vertragsarzt erwirbt im Regelfall Ansprüche auf Teilnahme an der EHV in Form eines Anteils in einem bestimmten Vomhundertsatz des jeweiligen Durchschnittshonorars der aktiven Vertragsärzte. Die Höhe des Anteils richtet sich nach der Dauer der vertragsärztlichen Tätigkeit und dem Verhältnis des Abrechnungsvolumens des Vertragsarztes zum Durchschnitt aller hessischen Vertragsärzte. Für Vertragsärzte wird nach § 8 Abs. 1 GEHV die für die Finanzierung der nach §§ 3 ff. festgestellten EHV-Ansprüche notwendigen Mittel durch Quotierung der im Rahmen der Honorarverteilung festgestellten Punktwerte bereitgestellt. Die Quote darf dabei einen Wert von 5 % nicht überschreiten. Die festgestellten Ansprüche beziehen sich dabei auf das jeweils anerkannt durchschnittliche Honorar aus der Behandlung von Versicherten der Primär- und Ersatzkassen gemäß § 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 3. Sollten die erforderlichen Mittel (nach Abs. 1 Satz 2) für die Finanzierung der EHV-Ansprüche nicht ausreichen, sind alle Ansprüche über einen Nachhaltigkeitsfaktor zu quotieren. Die Quotierung durch den Nachhaltigkeitsfaktor darf die EHV-Ansprüche um bis zu maximal 20 % mindern. Soweit der Nachhaltigkeitsfaktor einen Wert von weniger als 80% der EHV-Ansprüche erreicht, wird die Belastungsgrenze der aktiven Vertragsärzte nach Satz 2 ausnahmsweise soweit erhöht, dass die Ansprüche bis zur Höhe von 80 % bedient werden können. Die quotenmäßigen Belastungen der Punktwerte der Honorarverteilung nach Satz 2 darf in diesem Fall aber einen Wert von 6 % nicht überschreiten. Soweit die quotenmäßige Belastung der Punktwerte den Wert von 6 % überschreitet, erfolgt eine weitere Absenkung des Nachhaltigkeitsfaktors. Nimmt ein Vertragsarzt nach Vollendung des 65. Lebensjahres an der EHV teil und ist er zugleich vertragsärztlich im Sinne von § 2 Abs. 2 GEHV tätig, erhöht sich der bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erworbene Anspruch auf Teilnahme an der EHV durch weitere vertragsärztliche Tätigkeit nicht.

Diese Vorschriften sind von der Beklagten korrekt angewandt worden, was der Kläger jedenfalls substantiiert nicht bestreitet.

§ 8 Abs. 1 Satz 5 GEHV, wonach für einen Vertragsarzt, der wie der Kläger nach Vollendung des 65. Lebensjahres an der EHV teilnimmt und zugleich vertragsärztlich im Sinne von § 2 Abs. 2 GEHV tätig ist, sich der bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erworbene Anspruch auf Teilnahme an der EHV durch weitere vertragsärztliche Tätigkeit nicht erhöht, ist aber nicht mehr vom Gestaltungsspielraum der Beklagten aufgrund der Ermächtigungsgrundlage in § 8 KVHG gedeckt. Die Bestimmung verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Von daher verstößt der EHV-Abzug gegenüber dem Kläger auch gegen den Grundsatz der Beitragsäquivalenz.

Die Beklagte ist grundsätzlich zur Reformierung der GEHV berechtigt, um zeitbedingte Anpassungen vorzunehmen oder strukturellen Umbrüchen zu begegnen (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 49 ff.). Aufgrund der Aufhebung der Altersgrenze in der vertragsärztlichen Versorgung ist es Vertragsärzten möglich, auch über die damalige Altersgrenze von 68 Jahren hinaus tätig zu sein. Durch die Änderung der GEHV können Ärzte, die das 65. Lebensjahr vollendet und damit Anspruch auf Teilnahme an der EHV haben, nunmehr bereits an der EHV teilnehmen und dennoch weiterhin ihre vertragsärztliche Tätigkeit ausüben (vgl. EHV-Aktuell, a.a.O., S. 1). Auch werden damit Anreize zur Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Hinblick auf einen möglichen Rückgang der vertragsärztlichen Tätigkeit gesetzt.

Eine Verletzung des Eigentumsschutzes nach Art. 14 Abs. 1 GG oder der EMRK, worunter Ansprüche nach den GEHV fallen (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 39 ff.), kommt nicht in Betracht. Mit der Änderung wurde es Vertragsärzten erstmals ermöglicht, nach Erreichen des 65. Lebensjahres ihre vertragsärztliche Tätigkeit bei gleichzeitigem EHV-Bezug fortzusetzen. Wie zuvor unterliegt aber die vertragsärztliche Tätigkeit der Heranziehung zur EHV. Ein Eingriff in bestehende Anwartschaften oder Rechte scheidet daher aus.

Mit § 8 Abs. 1 Satz 5 GEHV liegt aber eine Ungleichbehandlung vor. Der Kläger nimmt weiterhin an der vertragsärztlichen Versorgung teil und wird zur Finanzierung der EHV herangezogen, ohne dass er, obwohl er den Anspruchshöchstsatz noch nicht erreicht hat, auch bei Beendigung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit seinen Anspruch auf Teilnahme an der EHV noch erhöhen könnte. Damit wird er gegenüber den übrigen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Vertragsärzten benachteiligt. Wesentlich im Hinblick auf die Gleichbehandlung ist die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und die hieraus resultierende Heranziehung zur Finanzierung der EHV. Der Umstand, dass der Kläger nunmehr auch wegen Erreichen des 65. Lebensjahres an der EHV teilnehmen kann, beruht auf dem Erreichen der Altersgrenze und dem Umstand, dass er in der Vergangenheit seiner Heranziehung zur Finanzierung der EHV eine eigne Anwartschaft erzielt hat. Gründe dafür, weshalb wegen des nunmehr zulässigen Bezugs der EHV ohne Verzicht auf die Zulassung sich die weitere Heranziehung zur EHV nicht mehr auf die zukünftige Teilnahme an der EHV auswirken sollte, sind nicht ersichtlich.

Insofern hat die Kammer bereits mit Urteil vom 23.10.2013 - S 12 KA 226/12 -, Berufung anhängig beim LSG Hessen: L 4 KA 70/13, entschieden, dass immer dann, wenn Beiträge zur Finanzierung der EHV erfolgen, sich dies auf eine Anwartschaft auswirken muss. Dies gilt nur dann nicht, d. h. die Heranziehung zur EHV aus der vertragsärztlichen Tätigkeit erhöht den Anspruchsatz dann nicht mehr, wenn bereits der Höchstanspruchsatz von 18 % erreicht wurde (vgl. SG Marburg, Urt. v. 08.09.2010 - S 12 KA 507/09 - juris Rdnr. 23 = www.sozialgerichtsbarkeit.de, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Beschl. v. 14.12.2011 - L 4 KA 78/10 -). Dies ist bei dem Kläger aber nicht der Fall.

Die Beklagte hat auch zwischenzeitlich ihr Regelwerk geändert. Nach den durch Beschluss der Vertreterversammlung der KV Hessen vom 10.03.2012 und 12.05.2012 neugefassten Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung, vom Hessischen Sozialministerium mit Schreiben vom 25.05.2012 genehmigt und am 01.07.2012 in Kraft, ist nach § 3 Abs. 6 GEHV n. F. für den Fall des Bezugs von Leistungen der EHV nach Erreichen der - z. T. angehobenen - Regelaltersgrenze unter weiterer Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit der Vertragsarzt weiterhin zur Beitragszahlung in Höhe der zutreffenden Beitragsklasse verpflichtet. Nach § 4 Abs. 7 GEHV n. F. gilt, nimmt ein Vertragsarzt nach Erreichen der Regelaltersgrenze an der EHV teil und ist er zugleich vertragsärztlich tätig, dass er weiter zur Beitragsleistung verpflichtet ist. Er erwirbt ab dem Erreichen der Regelaltersgrenze abweichend von Abs. 1 die Hälfte der für die Beitragsklasse festgeschriebenen Punkte, sofern die in § 4 Abs. 2 Satz 3 festgelegte maximale Punktzahl von 14.000 Punkten noch nicht erreicht ist. Die seit dem Erreichen der Regelaltersgrenze erworbenen Punkte werden für die Berechnung des EHV-Anspruchs mit der endgültigen Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit wirksam. Hierüber erfolgt ein gesonderter Bescheid für die in diesem Zeitraum erworbenen Punkte.

Der Kläger kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass es im strittigen Zeitraum jedem Arzt frei stand, seinen Anspruchssatz weiterhin bis auf 18 % zu erhöhen, indem er an einer vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, ohne bereits an der EHV teilzunehmen. In diesem Fall konnte der Vertragsarzt auch nach dem 65. Lebensjahr wie vor Änderung der GEHV seine Anwartschaft bzw. seinen Anspruchsatz erhöhen. Dadurch aber, dass die Beklagte bei Erreichen der Altersgrenze für den EHV-Bezug von einem Verzicht auf die Zulassung absah, schuf die Beklagte keinen Grund, die weitere Heranziehung zur EHV von jeder Anspruchserhöhung in der Zukunft auszuschließen. Der Beklagten steht es zwar grundsätzlich frei, die Altersgrenze festzusetzen und für den EHV-Bezug einen Verzicht auf die Zulassung vorauszusetzen. Das Absehen vom Verzicht auf die Zulassung bildet aber kein Äquivalent zu einer weiteren Heranziehung zur EHV ohne Auswirkung auf die Anwartschaft.

Vor einer Neubescheidung hat die Beklagte daher die GEHV für den strittigen Zeitraum anzupassen. Im Rahmen ihres Gestaltungsspielraums steht es ihr frei, eine der Nachfolgeregelung entsprechende Regelung bereits für den hier strittigen Zeitraum einzuführen. Insofern hält es die Kammer für zulässig, dass die weitere vertragsärztliche Tätigkeit nicht vollständig, sondern nur noch hälftig zur Anspruchserhöhung führt. Die Beklagte kann aber auch von einer gänzlichen Anspruchserhöhung absehen, soweit sie von dem vertragsärztlichen Honorar keine Beiträge für die EHV abführt.

Nach allem war der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus der Höhe des EHV-Abzugs.
Rechtskraft
Aus
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