Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 14 AL 17/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 6/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 5. Februar 2018 aufgehoben. Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe:
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg. Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom 30. Dezember 2017 ist insgesamt unzulässig und daher zu verwerfen. Weder ist die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die vom Sozialgericht als "Bescheid" der Antragsgegnerin bezeichnete "Zuweisung in eine Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung" gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) vom 6. November 2017 und den Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2017 (S 14 AL 653/17) festzustellen, wie es das Sozialgericht zu Unrecht getan hat (dazu 2.), noch ein Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG (dazu 3.) noch ein solcher auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG (dazu 4). Schließlich ist der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bereits wegen durch Zeitablauf mittlerweile fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden (dazu 1.).
1. Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die "Zuweisung" zur beruflichen Eingliederung in die Maßnahme "Ganzheitliche Eingliederungsleistung mit integrativem Ansatz" bei der M. GmbH, die am 20. November 2017 begonnen hat und am heutigen Tag, dem 19. Februar 2018, endet. Sein Rechtsschutzziel besteht darin bzw. hat darin bestanden, die angetretene Maßnahme ohne das Risiko des Eintritts einer Sperrzeit nach § 159 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB III abbrechen zu können. Dieses Ziel kann er unabhängig davon, ob er die Maßnahme tatsächlich abgebrochen oder bis zum Ende durchgeführt hat, nach deren Ablauf nicht mehr erreichen, sodass es keiner Entscheidung des Gerichts (mehr) bedarf.
2. Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts ist unabhängig davon auch deshalb aufzuheben, weil der Klage des Antragstellers gegen die "Zuweisung" und den dessen Widerspruch hiergegen als unzulässig verwerfenden Widerspruchsbescheid der Beklagten (S 14 AL 653/17) keine aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 SGG zukommt. Entgegen der Auffassung des Antragstellers und des Sozialgerichts handelt es sich bei der "Zuweisung" nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), sodass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diese unzulässig sind. Auch wenn der Wortlaut missverständlich ist, handelt es sich bei der "Zuweisung" um das Angebot einer Maßnahme zur beruflichen Eingliederung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB III, das – unabhängig von dem überwiegend begünstigenden und nicht belastenden Charakter – bei fehlender Durchsetzbarkeit der Teilnahmeobliegenheit durch Verwaltungszwang noch keine auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Regelung im Sinne des § 31 SGB X trifft, sondern lediglich um eine behördliche Verfahrenshandlung, die der Vorbereitung der eigentlichen Sachentscheidung (Förderung bei Teilnahme an der Maßnahme oder Prüfung und ggf. Feststellung einer Sperrzeit bei Nichtteilnahme) dient (ebenso für das Angebot einer Trainingsmaßnahme nach §§ 48 ff. SGB III a.F.: Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Januar 2005 – B 11a/11 AL 39/04 R, SGb 2005, 594; für die Aufforderung zur Mitwirkung nach §§ 60 ff. Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) mit dem Hinweis auf eine ansonsten mögliche Versagung nach § 66 SGB I: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 5. Juni 2015 – L 4 AS 242/15 B ER, juris). Es liegt auch kein durch die missverständliche Wortwahl begründeter sogenannter formeller Verwaltungsakt vor. Spätestens mit dem Widerspruchsbescheid hat die Beklagte auch aus Sicht eines verständigen Empfängers klargestellt, dass das Schreiben vom 6. November 2017 noch keinen Regelungsgehalt mit unmittelbarer Rechtswirkung für sich in Anspruch nimmt.
3. Aus den unter 2. genannten Gründen kommt auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht in Betracht.
4. Auch die – hilfsweise – Umdeutung des Antrags des Antragstellers nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz (§ 123 SGG) in einen solchen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG in Gestalt einer Regelungsanordnung auf vorläufige Feststellung, dass keine Sperrzeit eintreten werde, wenn er an der angebotenen und angetretenen Maßnahme nicht bis zum Ende teilnehme, führt – unabhängig von dem durch Ablauf der Maßnahme weggefallenen Rechtsschutzbedürfnis – nicht zur Zulässigkeit seines Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Insoweit fehlt es an dem erforderlichen qualifizierten Rechtsschutzbedürfnis, das nur dann bejaht werden kann, wenn die Verweisung auf den nachträglichen Rechtsschutz unzumutbar ist, woran es regelmäßig fehlt, wenn der Antragsteller auf den allgemeinen Weg des nachträglichen Rechtsschutzes – hier gegen einen eventuellen Sperrzeitbescheid – zu verweisen ist (vgl. Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, a.a.o., m.w.N.). Auch mit einer etwaigen vorläufigen Feststellung im Sinne des Antragstellers könnte er keine Rechtssicherheit erlangen, weil die Antragsgegnerin angesichts der Vorläufigkeit unabhängig davon einen Sperrzeitbescheid erlassen könnte. Eine Bindung könnte allenfalls durch eine rechtskräftige Feststellung im Hauptsacheverfahren eintreten, sodass für diesbezüglichen einstweiligen Rechtsschutz kein Rechtsschutzbedürfnis besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg. Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom 30. Dezember 2017 ist insgesamt unzulässig und daher zu verwerfen. Weder ist die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die vom Sozialgericht als "Bescheid" der Antragsgegnerin bezeichnete "Zuweisung in eine Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung" gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) vom 6. November 2017 und den Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2017 (S 14 AL 653/17) festzustellen, wie es das Sozialgericht zu Unrecht getan hat (dazu 2.), noch ein Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG (dazu 3.) noch ein solcher auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG (dazu 4). Schließlich ist der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bereits wegen durch Zeitablauf mittlerweile fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden (dazu 1.).
1. Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die "Zuweisung" zur beruflichen Eingliederung in die Maßnahme "Ganzheitliche Eingliederungsleistung mit integrativem Ansatz" bei der M. GmbH, die am 20. November 2017 begonnen hat und am heutigen Tag, dem 19. Februar 2018, endet. Sein Rechtsschutzziel besteht darin bzw. hat darin bestanden, die angetretene Maßnahme ohne das Risiko des Eintritts einer Sperrzeit nach § 159 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB III abbrechen zu können. Dieses Ziel kann er unabhängig davon, ob er die Maßnahme tatsächlich abgebrochen oder bis zum Ende durchgeführt hat, nach deren Ablauf nicht mehr erreichen, sodass es keiner Entscheidung des Gerichts (mehr) bedarf.
2. Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts ist unabhängig davon auch deshalb aufzuheben, weil der Klage des Antragstellers gegen die "Zuweisung" und den dessen Widerspruch hiergegen als unzulässig verwerfenden Widerspruchsbescheid der Beklagten (S 14 AL 653/17) keine aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 SGG zukommt. Entgegen der Auffassung des Antragstellers und des Sozialgerichts handelt es sich bei der "Zuweisung" nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), sodass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diese unzulässig sind. Auch wenn der Wortlaut missverständlich ist, handelt es sich bei der "Zuweisung" um das Angebot einer Maßnahme zur beruflichen Eingliederung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB III, das – unabhängig von dem überwiegend begünstigenden und nicht belastenden Charakter – bei fehlender Durchsetzbarkeit der Teilnahmeobliegenheit durch Verwaltungszwang noch keine auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Regelung im Sinne des § 31 SGB X trifft, sondern lediglich um eine behördliche Verfahrenshandlung, die der Vorbereitung der eigentlichen Sachentscheidung (Förderung bei Teilnahme an der Maßnahme oder Prüfung und ggf. Feststellung einer Sperrzeit bei Nichtteilnahme) dient (ebenso für das Angebot einer Trainingsmaßnahme nach §§ 48 ff. SGB III a.F.: Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Januar 2005 – B 11a/11 AL 39/04 R, SGb 2005, 594; für die Aufforderung zur Mitwirkung nach §§ 60 ff. Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) mit dem Hinweis auf eine ansonsten mögliche Versagung nach § 66 SGB I: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 5. Juni 2015 – L 4 AS 242/15 B ER, juris). Es liegt auch kein durch die missverständliche Wortwahl begründeter sogenannter formeller Verwaltungsakt vor. Spätestens mit dem Widerspruchsbescheid hat die Beklagte auch aus Sicht eines verständigen Empfängers klargestellt, dass das Schreiben vom 6. November 2017 noch keinen Regelungsgehalt mit unmittelbarer Rechtswirkung für sich in Anspruch nimmt.
3. Aus den unter 2. genannten Gründen kommt auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht in Betracht.
4. Auch die – hilfsweise – Umdeutung des Antrags des Antragstellers nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz (§ 123 SGG) in einen solchen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG in Gestalt einer Regelungsanordnung auf vorläufige Feststellung, dass keine Sperrzeit eintreten werde, wenn er an der angebotenen und angetretenen Maßnahme nicht bis zum Ende teilnehme, führt – unabhängig von dem durch Ablauf der Maßnahme weggefallenen Rechtsschutzbedürfnis – nicht zur Zulässigkeit seines Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Insoweit fehlt es an dem erforderlichen qualifizierten Rechtsschutzbedürfnis, das nur dann bejaht werden kann, wenn die Verweisung auf den nachträglichen Rechtsschutz unzumutbar ist, woran es regelmäßig fehlt, wenn der Antragsteller auf den allgemeinen Weg des nachträglichen Rechtsschutzes – hier gegen einen eventuellen Sperrzeitbescheid – zu verweisen ist (vgl. Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, a.a.o., m.w.N.). Auch mit einer etwaigen vorläufigen Feststellung im Sinne des Antragstellers könnte er keine Rechtssicherheit erlangen, weil die Antragsgegnerin angesichts der Vorläufigkeit unabhängig davon einen Sperrzeitbescheid erlassen könnte. Eine Bindung könnte allenfalls durch eine rechtskräftige Feststellung im Hauptsacheverfahren eintreten, sodass für diesbezüglichen einstweiligen Rechtsschutz kein Rechtsschutzbedürfnis besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
HAM
Saved