Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 257/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Berücksichtigung von in Polen zurückgelegter Versicherungszeiten bei der Berechnung der Regelaltersrente gemäß dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 09.10.1975 (im Folgenden Abk Polen RV/UV).
Der 1946 in Polen geborene Kläger war vom 26.04.1966 bis zum 25.02.1988 in der polnischen staatlichen Rentenversicherung versichert. Seit 22.07.1987 lebt der Kläger zusammen mit seiner Familie in Deutschland, bezog vom 25.07.1987 bis 31.01.1992 Sozialhilfe und war hier seit 01.02.1992 bis zum 31.12.2011 pflichtversichert in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Ab dem 15.10.1987 wurden ihm und seiner Frau durch die Ausländerbehörde wiederholt Duldungen erteilt, am 24.03.1993 enthielt er eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 Ausländergesetz (AuslG in der ab 01.01.1991 gültigen Fassung) und ab dem 10.05.2002 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach § 35 AuslG (in der ab 01.11.1997 gültigen Fassung).
Am 22.08.2011 beantragte der Kläger die Gewährung der Regelaltersrente. Mit Bescheid vom 08.12.2011 bewilligte die Beklagte ihm daraufhin für die Zeit ab dem 01.01.2012 Regelaltersrente in Höhe von monatlich 435,55 EUR unter Zugrundelegung der in der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Pflichtbeitragszeiten ab dem 01.02.1992 und ohne Berücksichtigung polnischer Rentenversicherungszeiten. Der Rentenbescheid erhielt den Hinweis, die Rente sei eine vorläufige Leistung nach den europäischen Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, sich seit dem 22.07.1987 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten. Sein Antrag auf Erteilung eines Vertriebenenausweises vom 13.08.1987 sei durch die Ausländerbehörde abgelehnt worden, Widerspruchs- und Gerichtsverfahren hätten sich angeschlossen. Die Ausländerbehörde habe ihm während des laufenden Verfahrens eine Duldung erteilt, die jeweils ohne Unterbrechung verlängert worden sei. Im März 1993 sei ihm schließlich eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 AuslG ausgestellt worden, seit dem 10.05.2002 besitze er einen unbefristeten Aufenthaltstitel nach § 35 Abs. 5 AuslG. Bei der Berechnung der Regelaltersrente sei das Abk Polen RV/UV zu berücksichtigen. Gemäß Art. 27 Abs. 2 des Sozialversicherungsabkommens von 1990 gelten für Personen, die auch nach dem 31.12.1990 ihren Wohnort im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates beibehielten, die Bestimmungen des Abkommens von 1975. Der Begriff des Wohnorts bzw. des Wohnens bedeute in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland den Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes. Einen gewöhnlichen Aufenthalt habe im Geltungsbereich des Gesetzes nur, wer sich dort unbefristet rechtmäßig aufhalte. Ein bestimmter ausländerrechtlicher Aufenthaltstitel werde nach dem Wortlaut nicht verlangt. Vielmehr sei der Begriff im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) auszulegen, wonach jemand dort den gewöhnlichen Aufenthalt habe, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht vorübergehend verweile. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien in erster Linie alle Umstände zu berücksichtigen, die einen Schluss darauf zuließen, ob der Betreffende im Aufenthaltsgebiet nicht nur vorübergehend verweile. Ausschlaggebend sei die Gesamtwürdigung der entscheidungserheblichen Tatsachen, bezogen auf den maßgeblichen Stichtag. Insbesondere sei die damalige Praxis der Ausländerbehörde gegenüber polnischen Staatsangehörigen zu berücksichtigen. Vorliegend habe es sich um einen erlaubten Aufenthalt des Klägers in der Bundesrepublik gehandelt. Die Ausländerbehörde habe ausdrücklich auf die Durchführung von Ausweisungsmaßnahmen verzichtet. Der Kläger habe aufgrund der ausländerrechtlichen Übung die Gewissheit haben dürfen, in der Bundesrepublik Deutschland zu bleiben und nicht abgeschoben zu werden. In dem maßgeblichen Zeitraum habe das gerichtliche Verfahren über die Feststellung der Vertriebeneneigenschaft noch angedauert, die ablehnende Entscheidung der Ausländerbehörde sei nicht rechtskräftig gewesen. Es habe eine langjährige Aufenthaltskette vorgelegen. Auch habe der Kläger seit Februar 1992 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben können. Ein Ende dieses Aufenthaltes sei nicht absehbar gewesen. Vielmehr habe der Kläger faktisch den Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse im Inland gehabt.
Mit weiterem Rentenbescheid vom 01.03.2012 wurde die Rente (vorläufig) neu berechnet, nunmehr ohne Abzug von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung. Nachdem ab dem 01.05.2012 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bestand, erfolgte mit Bescheid vom 04.07.2012 erneut eine (vorläufige) Neuberechnung der Rente unter Abzug der jeweiligen Beiträge.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 08.12.2011 zurück mit der Begründung, die Anwendung des Abk Polen RV/UV setze voraus, dass Versicherte ihren Wohnort bis zum 31.12.1990 (in Ausnahmefällen bis zum 30.06.1991) in Deutschland begründet und beibehalten hätten. Hierunter sei der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts zu verstehen, der einen unbefristet rechtmäßigen Aufenthalt erfordere. Nach der Rechtsprechung des BSG zu § 30 Abs. 3 SGB I sei nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalls festzustellen, ob der Versicherte den örtlichen Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft in Deutschland begründet habe. Dauerhaft sei der Aufenthalt, wenn und solange er nicht von vornherein auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen sei. Bei ausländischen Staatsangehörigen müssten nach der Rechtsprechung des BSG rechtliche Erfordernisse hinzutreten. Da ein Ausländer grundsätzlich zur Ausreise verpflichtet sei, sei sein Aufenthalt in Deutschland nur dann zuverlässig dauerhaft und damit ein gewöhnlicher Aufenthalt, wenn er auf einem Aufenthaltstitel nach dem Ausländergesetz beruhe, der eine zukunftsoffene Berechtigung zum Aufenthalt vermittle. Davon zu unterscheiden seien Aufenthaltstitel, die von vornherein auf Beendigung angelegt seien, indem sie den Aufenthalt für eine begrenzte Zeit oder für einen vorübergehenden Zweck gestatteten. Eine Duldung nach § 17 AuslG (a.F. bis 31.12.1990) bzw. § 55 AuslG (n.F. ab 01.01.1991) verschaffe keine Berechtigung zum Daueraufenthalt in Deutschland. Ein zukunftsoffener Aufenthaltstitel liege beim Kläger erst seit dem 10.05.2002 vor.
Hiergegen hat der Kläger am 26.09.2012 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben mit der bereits zuvor abgegebenen Begründung. Ergänzend ist ausgeführt worden, dass die deutschstämmige Ehefrau des Klägers niemals nach Polen habe zurückkehren wollen. Sie habe mit ihren Söhnen auf die polnische Staatsangehörigkeit verzichtet. Die Familie habe sich seit der Einreise in Deutschland gut eingelebt. Dies zeige sich nicht nur in den guten Noten der Söhne insbesondere im Deutschunterricht, sondern auch in einem Freundeskreis und in dem persönlichen Einsatz in der kirchlichen Gemeinde. Eine Rückreise nach Polen sei dem Kläger nicht mehr möglich gewesen, vielmehr wäre mit fortdauernden Repressalien zu rechnen gewesen. Der Kläger habe feststellen müssen, dass seine Wohnung in Polen bereits kurz nach seiner Einreise in Deutschland konfisziert und Dritten zur Verfügung gestellt worden sei. Seine frühere gewerbliche Tätigkeit in Polen sei geschlossen worden, Freunde, die seinen Hund gepflegt hätten, seien von der Miliz aufgesucht worden und hätten sich für die Unterstützung des Klägers strafrechtlich rechtfertigen müssen. In Deutschland habe sich der Kläger schon früh um eine Erwerbsgrundlage bemüht. Bereits seit Juli 1989 habe er über eine Vielzahl von Arbeitszusagen verfügt, die an ihn herangetragen worden seien, weil der Kläger und seine Umgebung volles Vertrauen auf den positiven Ausgang des Vertriebenenverfahrens und auf die Anerkennung der deutschen Staatsangehörigkeit seiner Frau gehabt hätten. Noch vor 1991 habe der Kläger eine Tätigkeit bei der kirchlichen Gemeinde aufgenommen. Im Übrigen sollte das Abk Polen RV/UV sicherstellen, dass Personen, die den einen Staat (Polen oder Deutschland) verlassen und in den anderen einreisen, um sich dort dauernd aufzuhalten, dem letztgenannten System unterstehen und sozialrechtlich abgesichert sind. Der Kläger sei 1987 aus Polen endgültig ausgereist und habe sich bis zum 30.06.1991 ununterbrochen in Deutschland aufgehalten, also über einen Zeitraum von über drei Jahren und elf Monaten. Dies sei ein Zeitraum, der allein schon aufgrund seiner Dauer nicht mehr als vorübergehend angesehen werden könne. Allein mit einem pauschalen Verweis auf das maßgebliche innerstaatliche Ausländerrecht dürften die Vorschriften des deutsch-polnischen Rentenabkommens nicht umgangen werden. Im Bereich des Entsendungsrechtes sei der Zeitraum, in dem die entsandten Arbeitnehmer dem Sozialstatut ihres Ursprungslandes unterlägen, auf höchstens zwei Jahre beschränkt. Auch im Steuerrecht gebe es feste Grenzen, und zwar von einem halben Jahr. Halte sich ein Arbeitnehmer länger in Deutschland auf, unterliege er bereits nach einem halben Jahr dem deutschen Steuerrechtsstatut. Insofern stellte es einen Systembruch dar, wenn das deutsch-polnische Rentenabkommen nach einem Aufenthalt von drei Jahren und elf Monaten in Deutschland nicht angewandt würde. Zuletzt sei auch eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung darin zu sehen, dass auf die Ehefrau des Klägers das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen angewandt worden sei, auf den Kläger jedoch nicht. Es sei auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 04.11.1998 - B 13 RJ 9 / 98 R -, Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R -) zu verweisen, wonach nicht nur der konkrete ausländerrechtliche Aufenthaltstitel zu berücksichtigen sei, sondern alle rechtlichen Umstände, die den Kläger verpflichten könnten auszureisen oder ihm das Recht gewährten, in der Bundesrepublik Deutschland zu verbleiben. Der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts eines Ausländers stünden grundsätzlich keine Hindernisse entgegen, soweit keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen getroffen oder zu erwarten seien. Davon sei unter anderem auszugehen, wenn der Betroffene aufgrund besonderer ausländer- bzw. aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen oder behördlicher Praxis auch bei endgültiger Ablehnung eines Antrags auf ein dauerhaftes Bleiberecht mit einer Abschiebung nicht zu rechnen brauche. Hierbei könne auch die familiäre Situation, etwa der Aufenthaltsstatus des Ehegatten, eine Rolle spielen. Beim Kläger sei objektiv die Abschiebung aus vielerlei Gründen ausgeschlossen gewesen. Zum einen habe seine Ehefrau einen sehr langwierigen Rechtsstreit mit dem Ziel der Feststellung ihrer Deutschstämmigkeit geführt, der zeitlich ausgeufert sei, da sich die Beibringung von Beweisen äußerst schwierig gestaltet habe. Zum anderen habe sich die Familie zum Stichtag 30.06.1991 beinahe vier Jahre in Deutschland aufgehalten, die Kinder hätten sich eingelebt, die Gemeinde und der Bürgermeister hätten sich für den Verbleib der Familie in Deutschland eingesetzt. Die Abschiebung nach Polen sei zudem aus Gründen, die aus der politischen Lage in Polen herrührten, ausgeschlossen gewesen.
Mit Bescheid vom 27.12.2013 stellte die Beklagte die Rente endgültig fest unter Hinweis darauf, dass angesichts fehlender Mitwirkung des Klägers polnische Versicherungszeiten nicht hätten ermittelt werden können, so dass dem Kläger allein die aus den deutschen Versicherungszeiten nach deutschen Rechtsvorschriften berechnete Rente zustehe.
Mit Gerichtsbescheid vom 21.12.2016 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, eine Anwendung des Abk Polen RV/UV komme nur in Betracht, wenn der Kläger bis spätestens 31.12.1990 seinen Wohnort in der Bundesrepublik Deutschland begründet habe. Sei dies nicht der Fall gewesen, sei ergänzend zu untersuchen, ob er jedenfalls spätestens seit dem 30.06.1991 hier gewohnt habe. Für die Begriffe "Wohnort" und "wohnen" sei die Definition im Abk Polen RV/UV maßgeblich, hierunter verstehe man "den Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes" oder "sich gewöhnlich aufhalten". Nach der Rechtsprechung des BSG habe jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweile. Ob jemand sich gewöhnlich an einem Ort oder in einem Gebiet aufhalte oder nur vorübergehend dort verweile, lasse sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) entscheiden. Bei Ausländern sei im Rahmen der Gesamtwürdigung als ein rechtlicher Gesichtspunkt deren Aufenthaltsposition heranzuziehen, die wesentlich durch den Inhalt der von der Ausländerbehörde erteilten Bescheinigungen bestimmt werde, wie er sich nach der behördlichen Praxis und der gegebenen Rechtslage darstelle. Zu den Tatsachen, die bei der Prognose zu berücksichtigen seien, gehörten aber auch eventuelle Hindernisse, die der Abschiebung eines Ausländers entgegenstünden. Der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes stünden danach grundsätzlich keine Hindernisse entgegen, soweit keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen getroffen oder zu erwarten seien. Davon sei auszugehen, wenn der Betreffende aufgrund besonderer ausländer- bzw. aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen oder behördlicher Praxis auch bei endgültiger Ablehnung eines Antrags auf ein dauerhaftes Bleiberecht nicht mit einer Abschiebung zu rechnen brauche. Hierbei könne auch die familiäre Situation, etwa der Aufenthaltsstatus des Ehegatten, eine Rolle spielen. Vorliegend seien dem Kläger bis ins Jahr 1993 allenfalls Duldungen erteilt worden. Noch mit Verfügung vom 18.02.1991 der Stadt F. -Bürgermeisteramt- sei der Kläger zur Ausreise aufgefordert und die im März und Mai 1990 gestellten Anträge auf Duldung abgelehnt worden. Eine erneute Duldung sei am 04.04.1991 in Aussicht gestellt worden, weil die Stadt F. davon ausgegangen sei, der Kläger und seine Familie hätten einen Asylantrag gestellt. Der weitere Aufenthalt sei - nach Klarstellung, dass ein Asylantrag nicht gestellt werde - mit Verfügung vom 13.08.1991 lediglich bis zum Abschluss des Vertriebenenausweisverfahrens geduldet worden. Daraus ergebe sich, dass der Kläger vor dem Jahr 1993 und somit zu den Stichtagen 31.12.1990 bzw. 30.06.1991 keinen zukunftsoffenen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt habe. Vielmehr sei er zur Ausreise aufgefordert worden. Auch die am 13.08.1991 gemäß § 55 Abs. 3 AuslG erteilte Duldung setze voraus, dass der Kläger gemäß § 55 Abs. 1 AuslG grundsätzlich zur Ausreise verpflichtet sei. Lediglich aus humanitären Gründen sei die vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet geduldet gewesen. Dies ergebe sich auch aus dem Schreiben des Regierungspräsidiums vom 30.11.1995, worin die Auffassung vertreten werde, der Kläger sei im Jahr 1991 zur Ausreise verpflichtet gewesen. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen hätte auch von Polen aus betrieben werden können. Eine zukunftsoffene Aufenthaltsposition im Sinne des Abk Polen RV/UV und somit ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland habe an den Stichtagen somit nicht bestanden.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 29.12.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 20.01.2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt mit der bereits zuvor abgegebenen Begründung. Ergänzend ist dargelegt worden, es hätten eine gefestigte Rechtsposition bzw. Kettenduldungen vorgelegen, die gewissermaßen der später erteilten Aufenthaltserlaubnis vorausgegangen seien. Dem Rentenbescheid vom 08.12.2011 könne man zudem entnehmen, dass der Kläger schon am 01.02.1992 eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen habe. Das SG habe zu Unrecht die Frage des gewöhnlichen Aufenthaltes des Klägers aus heutiger Sicht betrachtet. Zur damaligen Zeit habe eine ganz andere Erlasslage bestanden. Der rechtmäßige Aufenthalt sei nicht im strengen ausländerrechtlichen Sinne zu verstehen, da es während der faktischen Behandlung als Deutscher am ausländerrechtlichen Aufenthaltstitel gefehlt habe. Nicht rechtmäßig wäre der Aufenthalt dann gewesen, wenn einer vollziehbaren Ausreiseaufforderung nicht Folge geleistet worden wäre und damit ein illegaler Aufenthalt bestanden hätte. Der Kläger habe einen Antrag nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG) gestellt. Man könne davon ausgehen, dass die Ausstellung des Vertriebenenausweises für den Kläger infolge der geänderten BVFG-Entscheidungspraxis abgelehnt worden sei.
Mit Bescheid vom 07.01.2019 wurde die Rente endgültig ab 01.01.2012 festgesetzt unter Berücksichtigung der europäischen Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Es erfolgte eine Nachzahlung in Höhe von 1434,16 EUR.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 7. Januar 2019 zu verurteilen, ihm ab dem 1. Januar 2012 eine höhere Regelaltersrente unter Berücksichtigung der in Polen zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach Maßgabe des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 9. Oktober 1975 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, die Anwendung des Abk Polen RV/UV komme nicht in Betracht, da der Kläger nicht über einen rechtmäßigen, dauerhaften Aufenthalt verfügt habe. Die erteilten Duldungen reichten als Aufenthaltstitel nicht aus. Die Stadt F. habe hier sogar die Abschiebung angedroht. Eine besondere Erlasslage für polnische Staatsangehörige habe nicht bestanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten, der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die beigezogenen Akten der Ausländerbehörde Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist gemäß § 96 SGG nur noch der Bescheid vom 07.01.2019, mit dem die vormals vorläufig bewilligte Rente nunmehr unter Berücksichtigung von polnischen Versicherungszeiten festgesetzt wurde. Hierdurch sind die vorangegangenen Bewilligungsbescheide und insbesondere der Bescheid vom 27.12.2013 vollständig ersetzt worden. Hierüber entscheidet der Senat auf Klage (Klein in: Schlegel/Voelzke, juris PK-SGG, § 96 Rdnr. 71). Die Klage ist unbegründet, da eine Berücksichtigung der in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung nach Maßgabe des Abk Polen RV/UV vom 09.10.1975 nicht zu erfolgen hat.
Als Rechtsgrundlage für den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch kommt nur Art. 4 Abs. 2 des Abk Polen RV/UV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes zu dem Abk Polen RV/UV (vom 12.03.1976 - BGBl II 393, insoweit zuletzt geändert durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zu dem Abkommen vom 08.12.1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 18.06.1991 – BGBl. II 741) in Betracht (s. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 13 R 36/13 R -, Juris). Nach Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes zu dem Abk Polen RV/UV sind Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 2 Abk Polen RV/UV in demselben zeitlichen Umfang in der deutschen Rentenversicherung in entsprechender Anwendung des Fremdrentengesetzes (FRG) und des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 02.10.1990 "wohnt". Das FRG bestimmt insoweit, dass Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichstehen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 FRG). Aufgrund dieser "Eingliederung" werden die Renten davon Begünstigter im Ergebnis so berechnet, als ob sie ihr gesamtes Erwerbsleben - also auch die in Polen absolvierten Zeiten - rentenrechtlich in Deutschland zurückgelegt hätten. Wie das BSG in ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteile vom 16.06.2015 a. a. O, und vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R, Juris), der sich der Senat anschließt, ausgeführt hat, wurde die Anwendung des Eingliederungsprinzips bei der Rentenberechnung auf Grundlage des Abk Polen RV/UV durch das spätere Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über soziale Sicherheit (Abk Polen SozSich) vom 08.12.1990 (BGBl. II 1991, 743), welches nunmehr auch im Verhältnis zwischen Polen und Deutschland das im Bereich des europäischen koordinierenden Sozialrechts seit jeher angewandte Leistungsexportprinzip (anteilige Rentenzahlung aus jeder nationalen Rentenkasse bei Zusammenrechnung der für eine Rentenleistung erforderlichen Versicherungszeiten) einführte, nicht ausnahmslos verdrängt. Nach den Übergangs- und Schlussbestimmungen des Abk Polen SozSich ist das Abk Polen RV/UV unter den Voraussetzungen des Art. 27 Abs. 2 bis 4 Abk Polen SozSich weiterhin anwendbar. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der mit Wirkung vom 01.05.2010 in Kraft getretenen EGV 883/2004 vom 29.04.2004 (ABl (EU) Nr L 166 vom 30.4.2004, zuletzt geändert durch EUV 517/2013 vom 13.05.2013, ABl (EU) Nr L 158 vom 10.6.2013; s. hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 10.12.2013 a. a. O. bzw. zur EWGV 1408/71 BSG, Urteil vom 16.06.2015 a. a. O.).
Nach der Übergangsbestimmung in Art. 27 Abs. 2 Satz 1 Abk Polen SozSich werden die vor dem 01.01.1991 aufgrund des Abk Polen RV/UV von Personen in einem Vertragsstaat erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch das Abk Polen SozSich nicht berührt, solange diese Personen auch nach dem 31.12.1990 ihren Wohnort im Hoheitsgebiet dieses Vertragsstaats beibehalten; für die Ansprüche dieser Personen in der Rentenversicherung gelten weiterhin die Be-stimmungen des Abkommens von 1975. Zudem können gemäß Art. 27 Abs. 3 Abk Polen SozSich Ansprüche und Anwartschaften nach dem Abk Polen RV/UV auch noch Personen erwerben, die zwar bis zum 31.12.1990 noch keinen Wohnort im anderen Vertragsstaat begründet haben, aber vor dem 01.01.1991 in den anderen Vertragsstaat eingereist sind, bis zu diesem Zeitpunkt die Verlegung des Wohnorts in den anderen Vertragsstaat beantragt haben und sich dort seitdem ununterbrochen aufhalten, sofern sie im Zeitpunkt des Versicherungsfalls, spätestens vom 30.06.1991 an, in diesem Vertragsstaat auch "wohnen". Schließlich können nach Art. 27 Abs. 4 Abk Polen SozSich Personen auch dann noch Ansprüche und Anwartschaften nach dem Abk Polen RV/UV erwerben, wenn sie zumindest vor dem 01.07.1991 ihren Wohnort in den anderen Vertragsstaat verlegt haben und eine Verlegung des Wohnorts vor dem 01.01.1991 aus Gründen unterblieben ist, die sie nicht zu vertreten haben. Damit hängt die Anwendung des Abk Polen RV/UV bei der Berechnung der Rente des Klägers zunächst entscheidend davon ab, ob dieser bis spätestens am 31.12.1990 seinen Wohnort in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) begründet hat. War dies nicht der Fall, ist ergänzend zu untersuchen, ob er jedenfalls spätestens seit dem 30.06.1991 hier gewohnt hat. Bejahendenfalls ist das Vorliegen der in Art. 27 Abs. 3 bzw. Abs. 4 Abk Polen SozSich genannten weiteren Voraussetzungen - im Fall des Abs. 3 ein Antrag auf Verlegung des Wohnorts in den anderen Vertragsstaat und die Einreise dort vor dem 01.01.1991 sowie seither ein ununterbrochener Aufenthalt, im Fall des Abs. 4 das "nicht vertreten müssen" des Unterbleibens einer Verlegung des Wohnorts bis zum 31.12.1990 - zu prüfen.
Dabei ist davon auszugehen, dass die in der Übergangsvorschrift des Art. 27 Abk Polen SozSich verwendeten Begriffe "Wohnort" und "wohnen" grundsätzlich mit der Bedeutung anzuwenden sind, wie sie in diesem Abkommen definiert ist, mithin nach Maßgabe des Art. 1 Nr. 10 Abk Polen SozSich unter Berücksichtigung des Umstands, dass es sich um einen unbefristeten rechtmäßigen Aufenthalt handeln muss. Da das Abk Polen RV/UV selbst die Begriffe "Wohnort" und "wohnen" nicht näher bestimmt, ist nach der Rechtsprechung des BSG in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland insoweit auf den innerstaatlichen (deutschen) Rechtsbegriff des gewöhnlichen Aufenthalts zu verweisen, wie er für die gesetzliche Rentenversicherung als Teil des SGB in § 30 Abs.3 Satz 2 SGB I geregelt ist (BSG, Urteile vom 10.12.2013 und 16.06.2015 a. a. O., st. Rspr). Danach hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Die Frage des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthalts nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I ist anhand einer dreistufigen Prüfung zu klären. Ausgangspunkt ist ein "Aufenthalt". Es sind sodann die mit dem Aufenthalt verbundenen "Umstände" festzustellen. Diese sind schließlich daraufhin zu würdigen, ob sie "erkennen lassen", dass der Betreffende am Aufenthaltsort oder im Aufenthaltsgebiet "nicht nur vorübergehend verweilt". Ob jemand sich gewöhnlich an einem Ort oder in einem Gebiet aufhält oder nur vorübergehend dort verweilt, lässt sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) entscheiden (BSG, Urteile vom 31.10.2012 - B 13 R 1/12 R -, Juris, und vom 10.12.2013 a.a.O.). Die Prognose hat alle mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände zu berücksichtigen; dies können subjektive wie objektive, tatsächliche wie rechtliche sein. Es kann demnach nicht allein auf den Willen des Betroffenen ankommen, einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen (sog. Domizilwille: BSG, Urteil vom 09.05.1995 - 8 RKn 2/94 -, Juris); dies gilt insbesondere dann, wenn er nicht mit den tatsächlichen objektiven Umständen übereinstimmt (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.1988 - 8/5a RKn 11/87 -Juris). Ist nach der Prognose davon auszugehen, dass die betreffende Person zukunftsoffen "bis auf Weiteres" an dem Ort oder in dem Gebiet verweilen wird, so hat sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt, wobei kein dauerhafter (unbegrenzter) Aufenthalt erforderlich ist. Dem vorübergehenden Aufenthalt wohnt dagegen als zeitliches Element eine Beendigung von vornherein inne. Bei Ausländern ist im Rahmen der Gesamtwürdigung als ein rechtlicher Gesichtspunkt deren Aufenthaltsposition heranzuziehen, ohne dass diese aber allein Grundlage einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts sein kann (vgl. auch BVerfG, Beschlüsse vom 06.07.2004 - 1 BvR 2515/95 - BVerfGE 111, 176, 185 und vom 10.07.2012 - 1 BvL 2/10 u. a. - BVerfGE 132, 72 RdNr 28). Dabei wird die Aufenthaltsposition wesentlich durch den Inhalt der von der Ausländerbehörde erteilten Bescheinigungen bestimmt, wie er sich nach der behördlichen Praxis und der gegebenen Rechtslage darstellt (BSG, Urteil vom 10.12.2013 a. a. O., m. w. N). Zu den Tatsachen, die bei der Prognose im Rahmen des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I zu berücksichtigen sind, gehören aber auch eventuelle Hindernisse, die der Abschiebung eines Ausländers entgegenstehen. Der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts eines Ausländers stehen danach grundsätzlich keine Hindernisse entgegen, soweit keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen getroffen oder zu erwarten sind. Davon ist unter anderem auszugehen, wenn der Betreffende aufgrund besonderer ausländer- bzw. aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen oder behördlicher Praxis auch bei endgültiger Ablehnung eines Antrags auf ein dauerhaftes Bleiberecht (z. B. Asyl) nicht mit einer Abschiebung zu rechnen braucht (vgl. BSG, Urteil vom 23.02.1988 - 10 RKg 17/87 -, Juris). Hierbei kann auch die familiäre Situation, etwa der Aufenthaltsstatus des Ehegatten, eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 17.05.1989 - 10 RKg 19/88 -, Juris). Verfahrensrechtlich bedeutet das Erstellen der erforderlichen Prognose die Feststellung einer hypothetischen Tatsache (BSG, Urteil vom 10.12.2013, a. a. O. , m. w. N.).
Vorliegend hat der Kläger weder zum 31.12.1990 noch spätestens vom 30.06.1991 an seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland begründet. Der Kläger verfügte zu diesen Zeitpunkten über keine zukunftsoffene Berechtigung zum Aufenthalt etwa in Form einer Aufenthaltsberechtigung oder einer befristeten oder unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (§ 8 bzw. §§ 2, 7 AuslG in der ab 28.04.1965 gültigen Fassung bzw. § 27, § 15 AuslG in der Fassung vom 09.07.1990), einer Aufenthaltsbefugnis (§ 30 AuslG in der Fassung vom 09.07.1990) oder nach dem Asylrecht. Wie sich der Akte der Ausländerbehörde seiner Ehefrau entnehmen lässt, wurde dieser – und parallel dazu wohl auch dem Kläger, Akten hierzu sind nicht vorhanden - eine Duldung gemäß § 17 AuslG (in der Fassung vom 28.04.1965) erteilt, wonach die Abschiebung bis zum 31.01.1990 ausgesetzt wurde (Bl. 26 Ausländerakte). Nachdem parallel hierzu die Anträge des Klägers und seiner Ehefrau nach dem BVFG (Ausstellung eines Vertriebenenausweises A) durch das Landratsamt B. am 29.01.1990 abgelehnt worden waren und der Kläger und seine Ehefrau hiergegen Widerspruch eingelegt hatten, beantragten beide bei der Stadt F. als Ausländerbehörde eine weitere Duldung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens, mindestens jedoch für die Dauer von weiteren acht Monaten (Schreiben vom 02.03.1990 und 11.05.1990). Dies wurde mit Bescheid vom 18.02.1991 (Bl. 39 Ausländerakte) abgelehnt. Die gesamte Familie des Klägers wurde unter Androhung einer Abschiebung aufgefordert, die Bundesrepublik bis zum 15.05.1991 zu verlassen. Gegen die Ablehnung der Duldung wurde Klage beim Verwaltungsgericht S. erhoben. Im Rahmen dieses Verfahrens wurde der Fall dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vorgelegt, um das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (in der ab 01.01.1991 gültigen Fassung; Verbot der Abschiebung politisch Verfolgter) zu prüfen. Die Stadt F. widerrief daraufhin mit Bescheid vom 04.04.1991 die Verfügung vom 18.02.1991 bezüglich der Ablehnung der Anträge auf Erteilung von Duldungen u. a. und wies darauf hin, bis zur Entscheidung des Bundesamtes könne die Familie nach asylrechtlichen Vorschriften eine Aufenthaltsgestattung erhalten. Über die Erteilung einer Duldung werde nach Erhalt des Bundesamtsbescheides von Neuem entschieden. Hierauf teilte die damalige Prozessbevollmächtigte mit, die Familie werde keinen Antrag auf Asyl stellen. Es werde weiterhin beantragt, den Aufenthalt der Familie in Deutschland bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens auf Anerkennung als Vertriebene zu dulden. Am 17.07.1991 erging dann eine Verfügung durch die Stadt F., in der wohl erneut eine weitere Duldung abgelehnt und die Ausreise verlangt wurde (Verfügung ist nicht in den Akten enthalten). Es kam im Anschluss hieran am 05.08.1991 zu einer Besprechung zwischen dem Ersten Bürgermeister der Stadt F., dem Kläger, seiner Rechtsanwältin, seinem Sohn und einem Vertreter des Ausländeramtes, im Rahmen derer der Erste Bürgermeister das Ausländeramt anwies, die Entscheidung vom 17.07.1991 zurückzunehmen und den Aufenthalt der Familie im Bundesgebiet aus humanitären Gründen bis zur Entscheidung des Regierungspräsidiums T. über den Widerspruch in der Vertriebenensache gemäß § 55 Abs. 3 AuslG (in der Fassung vom 09.07.1990) zu dulden. Es handele sich nach Auffassung des Bürgermeisters um einen atypischen Fall, da das Landratsamt fast vier Jahre gebraucht habe, um über die Vertriebenensache zu entscheiden, und der Sohn kurz vor dem Abitur stehe. In Ausführung dieser Anweisung erging am 13.08.1991 eine Verfügung, wonach die Verfügung vom 17.07.1991 widerrufen und der Aufenthalt der Familie bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens in der Vertriebenensache gemäß § 55 Abs. 3 AuslG geduldet wurde. In dem Verfahren nach dem BVFG wies das Regierungspräsidium mit Widerspruchsbescheiden vom 22.10.1992 die Widersprüche des Klägers und seiner Ehefrau gegen die Ablehnung der Ausstellung eines Vertriebenenausweises A zurück. Die hiergegen beim Verwaltungsgericht S. erhobene Klage wurde mit Schreiben vom 19.03.1993 zurückgenommen (2 K 1735/92).
Dieser Ablauf zeigt deutlich, dass eine Prognoseentscheidung, die auch maßgebend bleibt, wenn der gewöhnliche Aufenthalt rückblickend zu ermitteln ist (BSG, Urteil vom 10.12.2013, a. a. O.), über einen zukunftsoffenen Aufenthalt des Klägers weder zum 31.12.1990 noch zum 30.06.1991 zu einem positiven Ergebnis gekommen wäre. Zwar hielt sich der Kläger seit Juli 1987 ununterbrochen in Deutschland auf und hatte subjektiv auch die feste Absicht, hier zu bleiben. Aus den Akten ergibt sich, dass er sich integrierte und in der Kirchengemeinde engagierte, dass seine Kinder erfolgreich die Schule besuchten und er selbst Zusagen von Arbeitgebern vorweisen konnte, die ihn eingestellt hätten, wenn er eine Arbeitserlaubnis bekommen hätte. Wie oben dargelegt, ist jedoch bei Ausländern als ein rechtlicher Gesichtspunkt deren Aufenthaltsposition heranzuziehen, die wesentlich durch den Inhalt der von der Ausländerbehörde erteilten Bescheinigungen bestimmt wird, wie er sich nach der behördlichen Praxis und der gegebenen Rechtslage darstellt. Vorliegend wurden dem Kläger seit 1987 lediglich Duldungen erteilt. Bei einer Duldung handelt es sich um eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung eines Ausländers (§ 17 AuslG in der Fassung vom 28.04.1965 bzw. § 55 Abs. 1 AuslG in der Fassung vom 09.07.1990). Sie beseitigt weder die Ausreisepflicht noch deren Vollziehbarkeit (s. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 10.12.2013 a. a. O. m. w. N.). Der Aufenthalt eines Ausländers wird mit der Duldung zwar nicht rechtmäßig, jedoch entfällt mit ihr eine Strafbarkeit wegen illegalen Aufenthalts. Mithin erschöpft sich die Duldung in dem zeitlich befristeten Verzicht der Behörde auf die an sich gebotene Durchsetzung der Ausreisepflicht mittels Abschiebung. Nach Ablauf der Duldung ist die unverzügliche Abschiebung daher zwingend vorgeschrieben. Im Hinblick auf den Zweck der Duldung, einen nur vorübergehenden Abschiebungsstopp zu regeln, ist die Geltungsdauer der Duldung zeitlich zu beschränken. Der Sache nach kommt eine Duldung grundsätzlich nur als Reaktion auf das Auftreten vorübergehender (tatsächlicher oder rechtlicher) Abschiebungshindernisse in Betracht (vgl § 55 Abs. 2 bis 4 AuslG in der Fassung vom 09.07.1990; seit 01.01.2005 vgl. § 60a Abs.1 und 2 AufenthG); sie wird gewährt, solange die Abschiebung unmöglich ist. Für einen in Deutschland lediglich geduldeten Ausländer lässt sich eine Prognose dahingehend, dass er sich voraussichtlich auf Dauer in Deutschland aufhalten werde, nicht treffen. Der geduldete Ausländer befindet sich vielmehr in einer Situation, in welcher er nach Ablauf der Duldung jederzeit mit einer Abschiebung rechnen muss (BSG, Urteil vom 10.12.2013 a.a.O. m.w.N.). Hier verfügte der Kläger am 01.01.1991 nicht einmal mehr über eine Duldung. Seine vorherige Duldung war zum Ende Januar 1990 ausgelaufen, und seine Anträge auf Erteilung einer weiteren Duldung waren zum 31.12.1990 noch nicht beschieden worden. Zum 30.06.1991 hatte die Stadt F. zwar den Bescheid vom 18.02.1991 (Ablehnung der Duldung, Ausreiseaufforderung, Abschiebungsandrohung) zwischenzeitlich widerrufen (Bescheid vom 04.04.1991), doch gab es auch zu diesem Zeitpunkt keine Duldung – vielmehr hatte die Stadt lediglich angekündigt, über eine solche erneut zu entscheiden. Diese Sachlage änderte sich erst aufgrund einer Weisung des Ersten Bürgermeisters im Rahmen des Gesprächs am 05.08.1991. Erst anschließend wurde dem Kläger durch die Stadt eine Duldung – aber eben auch diesmal nur eine Duldung – aus humanitären Gründen bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides im BVFG-Verfahren erteilt. Insofern musste der Kläger in den "duldungsfreien" Zeiten jederzeit mit einer Abschiebung rechnen und hatte keinesfalls eine gefestigte Aufenthaltsposition inne.
Dass dies auch der behördlichen Praxis und damaligen Rechtslage entsprach, zeigt ein Blick auf die damalige Rechtsprechung und die Regelungen des Erlasses des Innenministeriums vom 04.12.1989 - sogenannter Ostblock-Erlass (3-660-4/85) -, wonach Polen nach Ablehnung eines Antrags auf Anerkennung als deutscher Volkszugehöriger keine weitere Duldung zur Durchführung eines Rechtsbehelfsverfahrens erhalten (Ziffer II 5.2). Wie im genannten Erlass weiter ausgeführt wird, genießen Polen (und Ungarn) weitgehende Ausreisefreiheit, die es ihnen ermöglicht, Verwaltungs- und Gerichtsverfahren im Bundesgebiet von ihrem Herkunftsland aus zu betreiben. Dementsprechend hatte die Stadt F. unter Berufung auf diesen Erlass (vgl. Schreiben an die Klägerbevollmächtigte vom 27.04.1990, Bl. 31 der Ausländerakte) letztlich die Erteilung einer weiteren Duldung mit Bescheid vom 04.04.1991 abgelehnt. Diese Verwaltungspraxis wurde auch durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Baden-Württemberg gebilligt (vgl. hierzu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 27.06.1991 - 11 S 1455/91 –, vom 14.03.1991 – 1 S 166/91 - und vom 15.04.1991 – 1 S 931/91 -, jeweils in Juris; s. hierzu auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 09.08.1990 – 2 BvR 1782/88 -, Juris). Dass kurzzeitig im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (in der ab 01.01.1991 gültigen Fassung) geprüft wurden, ändert an der Sach- und Rechtslage nichts, da der Kläger keinen Antrag auf Asyl gestellt hat. Ebensowenig ist von Belang, wie die rentenrechtlichen Zeiten der Ehefrau des Klägers von der Beklagten bewertet wurden, da es einen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht nicht gibt (BVerfGE 50, 142, 166; BVerwGE 34, 278, 283; BSG, Urteil vom 27.05.2014 – B 5 RE 6/14 R –, Juris). Wie ein mehrjähriger Aufenthalt einer Person nach arbeits- bzw. steuerrechtlichen Gesichtspunkten beurteilt wird, hat auf die rentenversicherungsrechtliche Beurteilung keine Auswirkung.
Im Ergebnis war die Aufenthaltsposition des Klägers zu den hier streitgegenständlichen Zeitpunkten auf Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet angelegt. Eine verfestigte Rechtsposition, dass er auf unbestimmte Zeit und nicht nur vorübergehend im Bundesgebiet bleiben würde, hatte der Kläger zum damaligen Zeitpunkt nicht. Insofern hatte er keinen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. d. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I in Deutschland mit der Folge, dass eine Anwendung des Abk Polen RV/UV nicht in Betracht kommt.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Berücksichtigung von in Polen zurückgelegter Versicherungszeiten bei der Berechnung der Regelaltersrente gemäß dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 09.10.1975 (im Folgenden Abk Polen RV/UV).
Der 1946 in Polen geborene Kläger war vom 26.04.1966 bis zum 25.02.1988 in der polnischen staatlichen Rentenversicherung versichert. Seit 22.07.1987 lebt der Kläger zusammen mit seiner Familie in Deutschland, bezog vom 25.07.1987 bis 31.01.1992 Sozialhilfe und war hier seit 01.02.1992 bis zum 31.12.2011 pflichtversichert in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Ab dem 15.10.1987 wurden ihm und seiner Frau durch die Ausländerbehörde wiederholt Duldungen erteilt, am 24.03.1993 enthielt er eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 Ausländergesetz (AuslG in der ab 01.01.1991 gültigen Fassung) und ab dem 10.05.2002 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach § 35 AuslG (in der ab 01.11.1997 gültigen Fassung).
Am 22.08.2011 beantragte der Kläger die Gewährung der Regelaltersrente. Mit Bescheid vom 08.12.2011 bewilligte die Beklagte ihm daraufhin für die Zeit ab dem 01.01.2012 Regelaltersrente in Höhe von monatlich 435,55 EUR unter Zugrundelegung der in der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Pflichtbeitragszeiten ab dem 01.02.1992 und ohne Berücksichtigung polnischer Rentenversicherungszeiten. Der Rentenbescheid erhielt den Hinweis, die Rente sei eine vorläufige Leistung nach den europäischen Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, sich seit dem 22.07.1987 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten. Sein Antrag auf Erteilung eines Vertriebenenausweises vom 13.08.1987 sei durch die Ausländerbehörde abgelehnt worden, Widerspruchs- und Gerichtsverfahren hätten sich angeschlossen. Die Ausländerbehörde habe ihm während des laufenden Verfahrens eine Duldung erteilt, die jeweils ohne Unterbrechung verlängert worden sei. Im März 1993 sei ihm schließlich eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 AuslG ausgestellt worden, seit dem 10.05.2002 besitze er einen unbefristeten Aufenthaltstitel nach § 35 Abs. 5 AuslG. Bei der Berechnung der Regelaltersrente sei das Abk Polen RV/UV zu berücksichtigen. Gemäß Art. 27 Abs. 2 des Sozialversicherungsabkommens von 1990 gelten für Personen, die auch nach dem 31.12.1990 ihren Wohnort im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates beibehielten, die Bestimmungen des Abkommens von 1975. Der Begriff des Wohnorts bzw. des Wohnens bedeute in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland den Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes. Einen gewöhnlichen Aufenthalt habe im Geltungsbereich des Gesetzes nur, wer sich dort unbefristet rechtmäßig aufhalte. Ein bestimmter ausländerrechtlicher Aufenthaltstitel werde nach dem Wortlaut nicht verlangt. Vielmehr sei der Begriff im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) auszulegen, wonach jemand dort den gewöhnlichen Aufenthalt habe, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht vorübergehend verweile. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien in erster Linie alle Umstände zu berücksichtigen, die einen Schluss darauf zuließen, ob der Betreffende im Aufenthaltsgebiet nicht nur vorübergehend verweile. Ausschlaggebend sei die Gesamtwürdigung der entscheidungserheblichen Tatsachen, bezogen auf den maßgeblichen Stichtag. Insbesondere sei die damalige Praxis der Ausländerbehörde gegenüber polnischen Staatsangehörigen zu berücksichtigen. Vorliegend habe es sich um einen erlaubten Aufenthalt des Klägers in der Bundesrepublik gehandelt. Die Ausländerbehörde habe ausdrücklich auf die Durchführung von Ausweisungsmaßnahmen verzichtet. Der Kläger habe aufgrund der ausländerrechtlichen Übung die Gewissheit haben dürfen, in der Bundesrepublik Deutschland zu bleiben und nicht abgeschoben zu werden. In dem maßgeblichen Zeitraum habe das gerichtliche Verfahren über die Feststellung der Vertriebeneneigenschaft noch angedauert, die ablehnende Entscheidung der Ausländerbehörde sei nicht rechtskräftig gewesen. Es habe eine langjährige Aufenthaltskette vorgelegen. Auch habe der Kläger seit Februar 1992 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben können. Ein Ende dieses Aufenthaltes sei nicht absehbar gewesen. Vielmehr habe der Kläger faktisch den Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse im Inland gehabt.
Mit weiterem Rentenbescheid vom 01.03.2012 wurde die Rente (vorläufig) neu berechnet, nunmehr ohne Abzug von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung. Nachdem ab dem 01.05.2012 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bestand, erfolgte mit Bescheid vom 04.07.2012 erneut eine (vorläufige) Neuberechnung der Rente unter Abzug der jeweiligen Beiträge.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 08.12.2011 zurück mit der Begründung, die Anwendung des Abk Polen RV/UV setze voraus, dass Versicherte ihren Wohnort bis zum 31.12.1990 (in Ausnahmefällen bis zum 30.06.1991) in Deutschland begründet und beibehalten hätten. Hierunter sei der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts zu verstehen, der einen unbefristet rechtmäßigen Aufenthalt erfordere. Nach der Rechtsprechung des BSG zu § 30 Abs. 3 SGB I sei nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalls festzustellen, ob der Versicherte den örtlichen Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft in Deutschland begründet habe. Dauerhaft sei der Aufenthalt, wenn und solange er nicht von vornherein auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen sei. Bei ausländischen Staatsangehörigen müssten nach der Rechtsprechung des BSG rechtliche Erfordernisse hinzutreten. Da ein Ausländer grundsätzlich zur Ausreise verpflichtet sei, sei sein Aufenthalt in Deutschland nur dann zuverlässig dauerhaft und damit ein gewöhnlicher Aufenthalt, wenn er auf einem Aufenthaltstitel nach dem Ausländergesetz beruhe, der eine zukunftsoffene Berechtigung zum Aufenthalt vermittle. Davon zu unterscheiden seien Aufenthaltstitel, die von vornherein auf Beendigung angelegt seien, indem sie den Aufenthalt für eine begrenzte Zeit oder für einen vorübergehenden Zweck gestatteten. Eine Duldung nach § 17 AuslG (a.F. bis 31.12.1990) bzw. § 55 AuslG (n.F. ab 01.01.1991) verschaffe keine Berechtigung zum Daueraufenthalt in Deutschland. Ein zukunftsoffener Aufenthaltstitel liege beim Kläger erst seit dem 10.05.2002 vor.
Hiergegen hat der Kläger am 26.09.2012 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben mit der bereits zuvor abgegebenen Begründung. Ergänzend ist ausgeführt worden, dass die deutschstämmige Ehefrau des Klägers niemals nach Polen habe zurückkehren wollen. Sie habe mit ihren Söhnen auf die polnische Staatsangehörigkeit verzichtet. Die Familie habe sich seit der Einreise in Deutschland gut eingelebt. Dies zeige sich nicht nur in den guten Noten der Söhne insbesondere im Deutschunterricht, sondern auch in einem Freundeskreis und in dem persönlichen Einsatz in der kirchlichen Gemeinde. Eine Rückreise nach Polen sei dem Kläger nicht mehr möglich gewesen, vielmehr wäre mit fortdauernden Repressalien zu rechnen gewesen. Der Kläger habe feststellen müssen, dass seine Wohnung in Polen bereits kurz nach seiner Einreise in Deutschland konfisziert und Dritten zur Verfügung gestellt worden sei. Seine frühere gewerbliche Tätigkeit in Polen sei geschlossen worden, Freunde, die seinen Hund gepflegt hätten, seien von der Miliz aufgesucht worden und hätten sich für die Unterstützung des Klägers strafrechtlich rechtfertigen müssen. In Deutschland habe sich der Kläger schon früh um eine Erwerbsgrundlage bemüht. Bereits seit Juli 1989 habe er über eine Vielzahl von Arbeitszusagen verfügt, die an ihn herangetragen worden seien, weil der Kläger und seine Umgebung volles Vertrauen auf den positiven Ausgang des Vertriebenenverfahrens und auf die Anerkennung der deutschen Staatsangehörigkeit seiner Frau gehabt hätten. Noch vor 1991 habe der Kläger eine Tätigkeit bei der kirchlichen Gemeinde aufgenommen. Im Übrigen sollte das Abk Polen RV/UV sicherstellen, dass Personen, die den einen Staat (Polen oder Deutschland) verlassen und in den anderen einreisen, um sich dort dauernd aufzuhalten, dem letztgenannten System unterstehen und sozialrechtlich abgesichert sind. Der Kläger sei 1987 aus Polen endgültig ausgereist und habe sich bis zum 30.06.1991 ununterbrochen in Deutschland aufgehalten, also über einen Zeitraum von über drei Jahren und elf Monaten. Dies sei ein Zeitraum, der allein schon aufgrund seiner Dauer nicht mehr als vorübergehend angesehen werden könne. Allein mit einem pauschalen Verweis auf das maßgebliche innerstaatliche Ausländerrecht dürften die Vorschriften des deutsch-polnischen Rentenabkommens nicht umgangen werden. Im Bereich des Entsendungsrechtes sei der Zeitraum, in dem die entsandten Arbeitnehmer dem Sozialstatut ihres Ursprungslandes unterlägen, auf höchstens zwei Jahre beschränkt. Auch im Steuerrecht gebe es feste Grenzen, und zwar von einem halben Jahr. Halte sich ein Arbeitnehmer länger in Deutschland auf, unterliege er bereits nach einem halben Jahr dem deutschen Steuerrechtsstatut. Insofern stellte es einen Systembruch dar, wenn das deutsch-polnische Rentenabkommen nach einem Aufenthalt von drei Jahren und elf Monaten in Deutschland nicht angewandt würde. Zuletzt sei auch eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung darin zu sehen, dass auf die Ehefrau des Klägers das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen angewandt worden sei, auf den Kläger jedoch nicht. Es sei auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 04.11.1998 - B 13 RJ 9 / 98 R -, Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R -) zu verweisen, wonach nicht nur der konkrete ausländerrechtliche Aufenthaltstitel zu berücksichtigen sei, sondern alle rechtlichen Umstände, die den Kläger verpflichten könnten auszureisen oder ihm das Recht gewährten, in der Bundesrepublik Deutschland zu verbleiben. Der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts eines Ausländers stünden grundsätzlich keine Hindernisse entgegen, soweit keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen getroffen oder zu erwarten seien. Davon sei unter anderem auszugehen, wenn der Betroffene aufgrund besonderer ausländer- bzw. aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen oder behördlicher Praxis auch bei endgültiger Ablehnung eines Antrags auf ein dauerhaftes Bleiberecht mit einer Abschiebung nicht zu rechnen brauche. Hierbei könne auch die familiäre Situation, etwa der Aufenthaltsstatus des Ehegatten, eine Rolle spielen. Beim Kläger sei objektiv die Abschiebung aus vielerlei Gründen ausgeschlossen gewesen. Zum einen habe seine Ehefrau einen sehr langwierigen Rechtsstreit mit dem Ziel der Feststellung ihrer Deutschstämmigkeit geführt, der zeitlich ausgeufert sei, da sich die Beibringung von Beweisen äußerst schwierig gestaltet habe. Zum anderen habe sich die Familie zum Stichtag 30.06.1991 beinahe vier Jahre in Deutschland aufgehalten, die Kinder hätten sich eingelebt, die Gemeinde und der Bürgermeister hätten sich für den Verbleib der Familie in Deutschland eingesetzt. Die Abschiebung nach Polen sei zudem aus Gründen, die aus der politischen Lage in Polen herrührten, ausgeschlossen gewesen.
Mit Bescheid vom 27.12.2013 stellte die Beklagte die Rente endgültig fest unter Hinweis darauf, dass angesichts fehlender Mitwirkung des Klägers polnische Versicherungszeiten nicht hätten ermittelt werden können, so dass dem Kläger allein die aus den deutschen Versicherungszeiten nach deutschen Rechtsvorschriften berechnete Rente zustehe.
Mit Gerichtsbescheid vom 21.12.2016 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, eine Anwendung des Abk Polen RV/UV komme nur in Betracht, wenn der Kläger bis spätestens 31.12.1990 seinen Wohnort in der Bundesrepublik Deutschland begründet habe. Sei dies nicht der Fall gewesen, sei ergänzend zu untersuchen, ob er jedenfalls spätestens seit dem 30.06.1991 hier gewohnt habe. Für die Begriffe "Wohnort" und "wohnen" sei die Definition im Abk Polen RV/UV maßgeblich, hierunter verstehe man "den Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes" oder "sich gewöhnlich aufhalten". Nach der Rechtsprechung des BSG habe jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweile. Ob jemand sich gewöhnlich an einem Ort oder in einem Gebiet aufhalte oder nur vorübergehend dort verweile, lasse sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) entscheiden. Bei Ausländern sei im Rahmen der Gesamtwürdigung als ein rechtlicher Gesichtspunkt deren Aufenthaltsposition heranzuziehen, die wesentlich durch den Inhalt der von der Ausländerbehörde erteilten Bescheinigungen bestimmt werde, wie er sich nach der behördlichen Praxis und der gegebenen Rechtslage darstelle. Zu den Tatsachen, die bei der Prognose zu berücksichtigen seien, gehörten aber auch eventuelle Hindernisse, die der Abschiebung eines Ausländers entgegenstünden. Der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes stünden danach grundsätzlich keine Hindernisse entgegen, soweit keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen getroffen oder zu erwarten seien. Davon sei auszugehen, wenn der Betreffende aufgrund besonderer ausländer- bzw. aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen oder behördlicher Praxis auch bei endgültiger Ablehnung eines Antrags auf ein dauerhaftes Bleiberecht nicht mit einer Abschiebung zu rechnen brauche. Hierbei könne auch die familiäre Situation, etwa der Aufenthaltsstatus des Ehegatten, eine Rolle spielen. Vorliegend seien dem Kläger bis ins Jahr 1993 allenfalls Duldungen erteilt worden. Noch mit Verfügung vom 18.02.1991 der Stadt F. -Bürgermeisteramt- sei der Kläger zur Ausreise aufgefordert und die im März und Mai 1990 gestellten Anträge auf Duldung abgelehnt worden. Eine erneute Duldung sei am 04.04.1991 in Aussicht gestellt worden, weil die Stadt F. davon ausgegangen sei, der Kläger und seine Familie hätten einen Asylantrag gestellt. Der weitere Aufenthalt sei - nach Klarstellung, dass ein Asylantrag nicht gestellt werde - mit Verfügung vom 13.08.1991 lediglich bis zum Abschluss des Vertriebenenausweisverfahrens geduldet worden. Daraus ergebe sich, dass der Kläger vor dem Jahr 1993 und somit zu den Stichtagen 31.12.1990 bzw. 30.06.1991 keinen zukunftsoffenen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt habe. Vielmehr sei er zur Ausreise aufgefordert worden. Auch die am 13.08.1991 gemäß § 55 Abs. 3 AuslG erteilte Duldung setze voraus, dass der Kläger gemäß § 55 Abs. 1 AuslG grundsätzlich zur Ausreise verpflichtet sei. Lediglich aus humanitären Gründen sei die vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet geduldet gewesen. Dies ergebe sich auch aus dem Schreiben des Regierungspräsidiums vom 30.11.1995, worin die Auffassung vertreten werde, der Kläger sei im Jahr 1991 zur Ausreise verpflichtet gewesen. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen hätte auch von Polen aus betrieben werden können. Eine zukunftsoffene Aufenthaltsposition im Sinne des Abk Polen RV/UV und somit ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland habe an den Stichtagen somit nicht bestanden.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 29.12.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 20.01.2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt mit der bereits zuvor abgegebenen Begründung. Ergänzend ist dargelegt worden, es hätten eine gefestigte Rechtsposition bzw. Kettenduldungen vorgelegen, die gewissermaßen der später erteilten Aufenthaltserlaubnis vorausgegangen seien. Dem Rentenbescheid vom 08.12.2011 könne man zudem entnehmen, dass der Kläger schon am 01.02.1992 eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen habe. Das SG habe zu Unrecht die Frage des gewöhnlichen Aufenthaltes des Klägers aus heutiger Sicht betrachtet. Zur damaligen Zeit habe eine ganz andere Erlasslage bestanden. Der rechtmäßige Aufenthalt sei nicht im strengen ausländerrechtlichen Sinne zu verstehen, da es während der faktischen Behandlung als Deutscher am ausländerrechtlichen Aufenthaltstitel gefehlt habe. Nicht rechtmäßig wäre der Aufenthalt dann gewesen, wenn einer vollziehbaren Ausreiseaufforderung nicht Folge geleistet worden wäre und damit ein illegaler Aufenthalt bestanden hätte. Der Kläger habe einen Antrag nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG) gestellt. Man könne davon ausgehen, dass die Ausstellung des Vertriebenenausweises für den Kläger infolge der geänderten BVFG-Entscheidungspraxis abgelehnt worden sei.
Mit Bescheid vom 07.01.2019 wurde die Rente endgültig ab 01.01.2012 festgesetzt unter Berücksichtigung der europäischen Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Es erfolgte eine Nachzahlung in Höhe von 1434,16 EUR.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 7. Januar 2019 zu verurteilen, ihm ab dem 1. Januar 2012 eine höhere Regelaltersrente unter Berücksichtigung der in Polen zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach Maßgabe des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 9. Oktober 1975 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, die Anwendung des Abk Polen RV/UV komme nicht in Betracht, da der Kläger nicht über einen rechtmäßigen, dauerhaften Aufenthalt verfügt habe. Die erteilten Duldungen reichten als Aufenthaltstitel nicht aus. Die Stadt F. habe hier sogar die Abschiebung angedroht. Eine besondere Erlasslage für polnische Staatsangehörige habe nicht bestanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten, der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die beigezogenen Akten der Ausländerbehörde Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist gemäß § 96 SGG nur noch der Bescheid vom 07.01.2019, mit dem die vormals vorläufig bewilligte Rente nunmehr unter Berücksichtigung von polnischen Versicherungszeiten festgesetzt wurde. Hierdurch sind die vorangegangenen Bewilligungsbescheide und insbesondere der Bescheid vom 27.12.2013 vollständig ersetzt worden. Hierüber entscheidet der Senat auf Klage (Klein in: Schlegel/Voelzke, juris PK-SGG, § 96 Rdnr. 71). Die Klage ist unbegründet, da eine Berücksichtigung der in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung nach Maßgabe des Abk Polen RV/UV vom 09.10.1975 nicht zu erfolgen hat.
Als Rechtsgrundlage für den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch kommt nur Art. 4 Abs. 2 des Abk Polen RV/UV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes zu dem Abk Polen RV/UV (vom 12.03.1976 - BGBl II 393, insoweit zuletzt geändert durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zu dem Abkommen vom 08.12.1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 18.06.1991 – BGBl. II 741) in Betracht (s. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 13 R 36/13 R -, Juris). Nach Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes zu dem Abk Polen RV/UV sind Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 2 Abk Polen RV/UV in demselben zeitlichen Umfang in der deutschen Rentenversicherung in entsprechender Anwendung des Fremdrentengesetzes (FRG) und des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 02.10.1990 "wohnt". Das FRG bestimmt insoweit, dass Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichstehen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 FRG). Aufgrund dieser "Eingliederung" werden die Renten davon Begünstigter im Ergebnis so berechnet, als ob sie ihr gesamtes Erwerbsleben - also auch die in Polen absolvierten Zeiten - rentenrechtlich in Deutschland zurückgelegt hätten. Wie das BSG in ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteile vom 16.06.2015 a. a. O, und vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R, Juris), der sich der Senat anschließt, ausgeführt hat, wurde die Anwendung des Eingliederungsprinzips bei der Rentenberechnung auf Grundlage des Abk Polen RV/UV durch das spätere Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über soziale Sicherheit (Abk Polen SozSich) vom 08.12.1990 (BGBl. II 1991, 743), welches nunmehr auch im Verhältnis zwischen Polen und Deutschland das im Bereich des europäischen koordinierenden Sozialrechts seit jeher angewandte Leistungsexportprinzip (anteilige Rentenzahlung aus jeder nationalen Rentenkasse bei Zusammenrechnung der für eine Rentenleistung erforderlichen Versicherungszeiten) einführte, nicht ausnahmslos verdrängt. Nach den Übergangs- und Schlussbestimmungen des Abk Polen SozSich ist das Abk Polen RV/UV unter den Voraussetzungen des Art. 27 Abs. 2 bis 4 Abk Polen SozSich weiterhin anwendbar. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der mit Wirkung vom 01.05.2010 in Kraft getretenen EGV 883/2004 vom 29.04.2004 (ABl (EU) Nr L 166 vom 30.4.2004, zuletzt geändert durch EUV 517/2013 vom 13.05.2013, ABl (EU) Nr L 158 vom 10.6.2013; s. hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 10.12.2013 a. a. O. bzw. zur EWGV 1408/71 BSG, Urteil vom 16.06.2015 a. a. O.).
Nach der Übergangsbestimmung in Art. 27 Abs. 2 Satz 1 Abk Polen SozSich werden die vor dem 01.01.1991 aufgrund des Abk Polen RV/UV von Personen in einem Vertragsstaat erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch das Abk Polen SozSich nicht berührt, solange diese Personen auch nach dem 31.12.1990 ihren Wohnort im Hoheitsgebiet dieses Vertragsstaats beibehalten; für die Ansprüche dieser Personen in der Rentenversicherung gelten weiterhin die Be-stimmungen des Abkommens von 1975. Zudem können gemäß Art. 27 Abs. 3 Abk Polen SozSich Ansprüche und Anwartschaften nach dem Abk Polen RV/UV auch noch Personen erwerben, die zwar bis zum 31.12.1990 noch keinen Wohnort im anderen Vertragsstaat begründet haben, aber vor dem 01.01.1991 in den anderen Vertragsstaat eingereist sind, bis zu diesem Zeitpunkt die Verlegung des Wohnorts in den anderen Vertragsstaat beantragt haben und sich dort seitdem ununterbrochen aufhalten, sofern sie im Zeitpunkt des Versicherungsfalls, spätestens vom 30.06.1991 an, in diesem Vertragsstaat auch "wohnen". Schließlich können nach Art. 27 Abs. 4 Abk Polen SozSich Personen auch dann noch Ansprüche und Anwartschaften nach dem Abk Polen RV/UV erwerben, wenn sie zumindest vor dem 01.07.1991 ihren Wohnort in den anderen Vertragsstaat verlegt haben und eine Verlegung des Wohnorts vor dem 01.01.1991 aus Gründen unterblieben ist, die sie nicht zu vertreten haben. Damit hängt die Anwendung des Abk Polen RV/UV bei der Berechnung der Rente des Klägers zunächst entscheidend davon ab, ob dieser bis spätestens am 31.12.1990 seinen Wohnort in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) begründet hat. War dies nicht der Fall, ist ergänzend zu untersuchen, ob er jedenfalls spätestens seit dem 30.06.1991 hier gewohnt hat. Bejahendenfalls ist das Vorliegen der in Art. 27 Abs. 3 bzw. Abs. 4 Abk Polen SozSich genannten weiteren Voraussetzungen - im Fall des Abs. 3 ein Antrag auf Verlegung des Wohnorts in den anderen Vertragsstaat und die Einreise dort vor dem 01.01.1991 sowie seither ein ununterbrochener Aufenthalt, im Fall des Abs. 4 das "nicht vertreten müssen" des Unterbleibens einer Verlegung des Wohnorts bis zum 31.12.1990 - zu prüfen.
Dabei ist davon auszugehen, dass die in der Übergangsvorschrift des Art. 27 Abk Polen SozSich verwendeten Begriffe "Wohnort" und "wohnen" grundsätzlich mit der Bedeutung anzuwenden sind, wie sie in diesem Abkommen definiert ist, mithin nach Maßgabe des Art. 1 Nr. 10 Abk Polen SozSich unter Berücksichtigung des Umstands, dass es sich um einen unbefristeten rechtmäßigen Aufenthalt handeln muss. Da das Abk Polen RV/UV selbst die Begriffe "Wohnort" und "wohnen" nicht näher bestimmt, ist nach der Rechtsprechung des BSG in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland insoweit auf den innerstaatlichen (deutschen) Rechtsbegriff des gewöhnlichen Aufenthalts zu verweisen, wie er für die gesetzliche Rentenversicherung als Teil des SGB in § 30 Abs.3 Satz 2 SGB I geregelt ist (BSG, Urteile vom 10.12.2013 und 16.06.2015 a. a. O., st. Rspr). Danach hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Die Frage des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthalts nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I ist anhand einer dreistufigen Prüfung zu klären. Ausgangspunkt ist ein "Aufenthalt". Es sind sodann die mit dem Aufenthalt verbundenen "Umstände" festzustellen. Diese sind schließlich daraufhin zu würdigen, ob sie "erkennen lassen", dass der Betreffende am Aufenthaltsort oder im Aufenthaltsgebiet "nicht nur vorübergehend verweilt". Ob jemand sich gewöhnlich an einem Ort oder in einem Gebiet aufhält oder nur vorübergehend dort verweilt, lässt sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) entscheiden (BSG, Urteile vom 31.10.2012 - B 13 R 1/12 R -, Juris, und vom 10.12.2013 a.a.O.). Die Prognose hat alle mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände zu berücksichtigen; dies können subjektive wie objektive, tatsächliche wie rechtliche sein. Es kann demnach nicht allein auf den Willen des Betroffenen ankommen, einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen (sog. Domizilwille: BSG, Urteil vom 09.05.1995 - 8 RKn 2/94 -, Juris); dies gilt insbesondere dann, wenn er nicht mit den tatsächlichen objektiven Umständen übereinstimmt (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.1988 - 8/5a RKn 11/87 -Juris). Ist nach der Prognose davon auszugehen, dass die betreffende Person zukunftsoffen "bis auf Weiteres" an dem Ort oder in dem Gebiet verweilen wird, so hat sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt, wobei kein dauerhafter (unbegrenzter) Aufenthalt erforderlich ist. Dem vorübergehenden Aufenthalt wohnt dagegen als zeitliches Element eine Beendigung von vornherein inne. Bei Ausländern ist im Rahmen der Gesamtwürdigung als ein rechtlicher Gesichtspunkt deren Aufenthaltsposition heranzuziehen, ohne dass diese aber allein Grundlage einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts sein kann (vgl. auch BVerfG, Beschlüsse vom 06.07.2004 - 1 BvR 2515/95 - BVerfGE 111, 176, 185 und vom 10.07.2012 - 1 BvL 2/10 u. a. - BVerfGE 132, 72 RdNr 28). Dabei wird die Aufenthaltsposition wesentlich durch den Inhalt der von der Ausländerbehörde erteilten Bescheinigungen bestimmt, wie er sich nach der behördlichen Praxis und der gegebenen Rechtslage darstellt (BSG, Urteil vom 10.12.2013 a. a. O., m. w. N). Zu den Tatsachen, die bei der Prognose im Rahmen des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I zu berücksichtigen sind, gehören aber auch eventuelle Hindernisse, die der Abschiebung eines Ausländers entgegenstehen. Der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts eines Ausländers stehen danach grundsätzlich keine Hindernisse entgegen, soweit keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen getroffen oder zu erwarten sind. Davon ist unter anderem auszugehen, wenn der Betreffende aufgrund besonderer ausländer- bzw. aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen oder behördlicher Praxis auch bei endgültiger Ablehnung eines Antrags auf ein dauerhaftes Bleiberecht (z. B. Asyl) nicht mit einer Abschiebung zu rechnen braucht (vgl. BSG, Urteil vom 23.02.1988 - 10 RKg 17/87 -, Juris). Hierbei kann auch die familiäre Situation, etwa der Aufenthaltsstatus des Ehegatten, eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 17.05.1989 - 10 RKg 19/88 -, Juris). Verfahrensrechtlich bedeutet das Erstellen der erforderlichen Prognose die Feststellung einer hypothetischen Tatsache (BSG, Urteil vom 10.12.2013, a. a. O. , m. w. N.).
Vorliegend hat der Kläger weder zum 31.12.1990 noch spätestens vom 30.06.1991 an seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland begründet. Der Kläger verfügte zu diesen Zeitpunkten über keine zukunftsoffene Berechtigung zum Aufenthalt etwa in Form einer Aufenthaltsberechtigung oder einer befristeten oder unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (§ 8 bzw. §§ 2, 7 AuslG in der ab 28.04.1965 gültigen Fassung bzw. § 27, § 15 AuslG in der Fassung vom 09.07.1990), einer Aufenthaltsbefugnis (§ 30 AuslG in der Fassung vom 09.07.1990) oder nach dem Asylrecht. Wie sich der Akte der Ausländerbehörde seiner Ehefrau entnehmen lässt, wurde dieser – und parallel dazu wohl auch dem Kläger, Akten hierzu sind nicht vorhanden - eine Duldung gemäß § 17 AuslG (in der Fassung vom 28.04.1965) erteilt, wonach die Abschiebung bis zum 31.01.1990 ausgesetzt wurde (Bl. 26 Ausländerakte). Nachdem parallel hierzu die Anträge des Klägers und seiner Ehefrau nach dem BVFG (Ausstellung eines Vertriebenenausweises A) durch das Landratsamt B. am 29.01.1990 abgelehnt worden waren und der Kläger und seine Ehefrau hiergegen Widerspruch eingelegt hatten, beantragten beide bei der Stadt F. als Ausländerbehörde eine weitere Duldung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens, mindestens jedoch für die Dauer von weiteren acht Monaten (Schreiben vom 02.03.1990 und 11.05.1990). Dies wurde mit Bescheid vom 18.02.1991 (Bl. 39 Ausländerakte) abgelehnt. Die gesamte Familie des Klägers wurde unter Androhung einer Abschiebung aufgefordert, die Bundesrepublik bis zum 15.05.1991 zu verlassen. Gegen die Ablehnung der Duldung wurde Klage beim Verwaltungsgericht S. erhoben. Im Rahmen dieses Verfahrens wurde der Fall dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vorgelegt, um das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (in der ab 01.01.1991 gültigen Fassung; Verbot der Abschiebung politisch Verfolgter) zu prüfen. Die Stadt F. widerrief daraufhin mit Bescheid vom 04.04.1991 die Verfügung vom 18.02.1991 bezüglich der Ablehnung der Anträge auf Erteilung von Duldungen u. a. und wies darauf hin, bis zur Entscheidung des Bundesamtes könne die Familie nach asylrechtlichen Vorschriften eine Aufenthaltsgestattung erhalten. Über die Erteilung einer Duldung werde nach Erhalt des Bundesamtsbescheides von Neuem entschieden. Hierauf teilte die damalige Prozessbevollmächtigte mit, die Familie werde keinen Antrag auf Asyl stellen. Es werde weiterhin beantragt, den Aufenthalt der Familie in Deutschland bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens auf Anerkennung als Vertriebene zu dulden. Am 17.07.1991 erging dann eine Verfügung durch die Stadt F., in der wohl erneut eine weitere Duldung abgelehnt und die Ausreise verlangt wurde (Verfügung ist nicht in den Akten enthalten). Es kam im Anschluss hieran am 05.08.1991 zu einer Besprechung zwischen dem Ersten Bürgermeister der Stadt F., dem Kläger, seiner Rechtsanwältin, seinem Sohn und einem Vertreter des Ausländeramtes, im Rahmen derer der Erste Bürgermeister das Ausländeramt anwies, die Entscheidung vom 17.07.1991 zurückzunehmen und den Aufenthalt der Familie im Bundesgebiet aus humanitären Gründen bis zur Entscheidung des Regierungspräsidiums T. über den Widerspruch in der Vertriebenensache gemäß § 55 Abs. 3 AuslG (in der Fassung vom 09.07.1990) zu dulden. Es handele sich nach Auffassung des Bürgermeisters um einen atypischen Fall, da das Landratsamt fast vier Jahre gebraucht habe, um über die Vertriebenensache zu entscheiden, und der Sohn kurz vor dem Abitur stehe. In Ausführung dieser Anweisung erging am 13.08.1991 eine Verfügung, wonach die Verfügung vom 17.07.1991 widerrufen und der Aufenthalt der Familie bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens in der Vertriebenensache gemäß § 55 Abs. 3 AuslG geduldet wurde. In dem Verfahren nach dem BVFG wies das Regierungspräsidium mit Widerspruchsbescheiden vom 22.10.1992 die Widersprüche des Klägers und seiner Ehefrau gegen die Ablehnung der Ausstellung eines Vertriebenenausweises A zurück. Die hiergegen beim Verwaltungsgericht S. erhobene Klage wurde mit Schreiben vom 19.03.1993 zurückgenommen (2 K 1735/92).
Dieser Ablauf zeigt deutlich, dass eine Prognoseentscheidung, die auch maßgebend bleibt, wenn der gewöhnliche Aufenthalt rückblickend zu ermitteln ist (BSG, Urteil vom 10.12.2013, a. a. O.), über einen zukunftsoffenen Aufenthalt des Klägers weder zum 31.12.1990 noch zum 30.06.1991 zu einem positiven Ergebnis gekommen wäre. Zwar hielt sich der Kläger seit Juli 1987 ununterbrochen in Deutschland auf und hatte subjektiv auch die feste Absicht, hier zu bleiben. Aus den Akten ergibt sich, dass er sich integrierte und in der Kirchengemeinde engagierte, dass seine Kinder erfolgreich die Schule besuchten und er selbst Zusagen von Arbeitgebern vorweisen konnte, die ihn eingestellt hätten, wenn er eine Arbeitserlaubnis bekommen hätte. Wie oben dargelegt, ist jedoch bei Ausländern als ein rechtlicher Gesichtspunkt deren Aufenthaltsposition heranzuziehen, die wesentlich durch den Inhalt der von der Ausländerbehörde erteilten Bescheinigungen bestimmt wird, wie er sich nach der behördlichen Praxis und der gegebenen Rechtslage darstellt. Vorliegend wurden dem Kläger seit 1987 lediglich Duldungen erteilt. Bei einer Duldung handelt es sich um eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung eines Ausländers (§ 17 AuslG in der Fassung vom 28.04.1965 bzw. § 55 Abs. 1 AuslG in der Fassung vom 09.07.1990). Sie beseitigt weder die Ausreisepflicht noch deren Vollziehbarkeit (s. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 10.12.2013 a. a. O. m. w. N.). Der Aufenthalt eines Ausländers wird mit der Duldung zwar nicht rechtmäßig, jedoch entfällt mit ihr eine Strafbarkeit wegen illegalen Aufenthalts. Mithin erschöpft sich die Duldung in dem zeitlich befristeten Verzicht der Behörde auf die an sich gebotene Durchsetzung der Ausreisepflicht mittels Abschiebung. Nach Ablauf der Duldung ist die unverzügliche Abschiebung daher zwingend vorgeschrieben. Im Hinblick auf den Zweck der Duldung, einen nur vorübergehenden Abschiebungsstopp zu regeln, ist die Geltungsdauer der Duldung zeitlich zu beschränken. Der Sache nach kommt eine Duldung grundsätzlich nur als Reaktion auf das Auftreten vorübergehender (tatsächlicher oder rechtlicher) Abschiebungshindernisse in Betracht (vgl § 55 Abs. 2 bis 4 AuslG in der Fassung vom 09.07.1990; seit 01.01.2005 vgl. § 60a Abs.1 und 2 AufenthG); sie wird gewährt, solange die Abschiebung unmöglich ist. Für einen in Deutschland lediglich geduldeten Ausländer lässt sich eine Prognose dahingehend, dass er sich voraussichtlich auf Dauer in Deutschland aufhalten werde, nicht treffen. Der geduldete Ausländer befindet sich vielmehr in einer Situation, in welcher er nach Ablauf der Duldung jederzeit mit einer Abschiebung rechnen muss (BSG, Urteil vom 10.12.2013 a.a.O. m.w.N.). Hier verfügte der Kläger am 01.01.1991 nicht einmal mehr über eine Duldung. Seine vorherige Duldung war zum Ende Januar 1990 ausgelaufen, und seine Anträge auf Erteilung einer weiteren Duldung waren zum 31.12.1990 noch nicht beschieden worden. Zum 30.06.1991 hatte die Stadt F. zwar den Bescheid vom 18.02.1991 (Ablehnung der Duldung, Ausreiseaufforderung, Abschiebungsandrohung) zwischenzeitlich widerrufen (Bescheid vom 04.04.1991), doch gab es auch zu diesem Zeitpunkt keine Duldung – vielmehr hatte die Stadt lediglich angekündigt, über eine solche erneut zu entscheiden. Diese Sachlage änderte sich erst aufgrund einer Weisung des Ersten Bürgermeisters im Rahmen des Gesprächs am 05.08.1991. Erst anschließend wurde dem Kläger durch die Stadt eine Duldung – aber eben auch diesmal nur eine Duldung – aus humanitären Gründen bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides im BVFG-Verfahren erteilt. Insofern musste der Kläger in den "duldungsfreien" Zeiten jederzeit mit einer Abschiebung rechnen und hatte keinesfalls eine gefestigte Aufenthaltsposition inne.
Dass dies auch der behördlichen Praxis und damaligen Rechtslage entsprach, zeigt ein Blick auf die damalige Rechtsprechung und die Regelungen des Erlasses des Innenministeriums vom 04.12.1989 - sogenannter Ostblock-Erlass (3-660-4/85) -, wonach Polen nach Ablehnung eines Antrags auf Anerkennung als deutscher Volkszugehöriger keine weitere Duldung zur Durchführung eines Rechtsbehelfsverfahrens erhalten (Ziffer II 5.2). Wie im genannten Erlass weiter ausgeführt wird, genießen Polen (und Ungarn) weitgehende Ausreisefreiheit, die es ihnen ermöglicht, Verwaltungs- und Gerichtsverfahren im Bundesgebiet von ihrem Herkunftsland aus zu betreiben. Dementsprechend hatte die Stadt F. unter Berufung auf diesen Erlass (vgl. Schreiben an die Klägerbevollmächtigte vom 27.04.1990, Bl. 31 der Ausländerakte) letztlich die Erteilung einer weiteren Duldung mit Bescheid vom 04.04.1991 abgelehnt. Diese Verwaltungspraxis wurde auch durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Baden-Württemberg gebilligt (vgl. hierzu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 27.06.1991 - 11 S 1455/91 –, vom 14.03.1991 – 1 S 166/91 - und vom 15.04.1991 – 1 S 931/91 -, jeweils in Juris; s. hierzu auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 09.08.1990 – 2 BvR 1782/88 -, Juris). Dass kurzzeitig im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (in der ab 01.01.1991 gültigen Fassung) geprüft wurden, ändert an der Sach- und Rechtslage nichts, da der Kläger keinen Antrag auf Asyl gestellt hat. Ebensowenig ist von Belang, wie die rentenrechtlichen Zeiten der Ehefrau des Klägers von der Beklagten bewertet wurden, da es einen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht nicht gibt (BVerfGE 50, 142, 166; BVerwGE 34, 278, 283; BSG, Urteil vom 27.05.2014 – B 5 RE 6/14 R –, Juris). Wie ein mehrjähriger Aufenthalt einer Person nach arbeits- bzw. steuerrechtlichen Gesichtspunkten beurteilt wird, hat auf die rentenversicherungsrechtliche Beurteilung keine Auswirkung.
Im Ergebnis war die Aufenthaltsposition des Klägers zu den hier streitgegenständlichen Zeitpunkten auf Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet angelegt. Eine verfestigte Rechtsposition, dass er auf unbestimmte Zeit und nicht nur vorübergehend im Bundesgebiet bleiben würde, hatte der Kläger zum damaligen Zeitpunkt nicht. Insofern hatte er keinen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. d. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I in Deutschland mit der Folge, dass eine Anwendung des Abk Polen RV/UV nicht in Betracht kommt.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved