Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 1710/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1878/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. April 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1972 geborene Kläger hat den Beruf des Maurers erlernt und war im erlernten Beruf zuletzt als Vorarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 04.06.2012 erlitt der Kläger bei einem Arbeitsunfall eine Starkstromverletzung, bei der er sich zweit- bis drittgradige Verbrennungen des linken Armes und des linken Gesichts von ca. 10 % der Körperoberfläche zuzog. Wegen der Folgen des Unfalls gewährt die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) dem Kläger eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H. wegen einer teilursächlich durch diesen Unfall ausgelösten somatischen Belastungsstörung (Bescheid vom 07.08.2015). Nach Arbeitsunfähigkeit, mehreren Arbeitsversuchen und einer Praktikumsmaßnahme der BG Bau nahm der Kläger ab 01.09.2016 wieder eine Tätigkeit bei seinem früheren Arbeitgeber auf. Aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen wurde ein modifizierter Arbeitsplatz geschaffen und der Kläger in einem zeitlichen Umfang von drei Arbeitsstunden täglich vorrangig im Lager beschäftigt.
Am 13.03.2014 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte zog Befundberichte über die BG Bau bei und veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch MUDr. G., der in seinem Gutachten vom 07.05.2014 die Diagnosen Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion in Folge des Arbeitsunfalls vom 04.06.2012, chronische Kopfschmerzen psychovegetativ bedingt und Zustand nach Starkstromverletzung mit Verbrennungen von 10 % am linken Arm und Gesicht links, gut verheilt, angab. Aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen und der durchgeführten Untersuchung seien dem Kläger leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar. Möglich seien nur Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne besondere Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, ohne hohe Verantwortung, Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten und ohne besondere Anforderungen an Anpassungs- und Umstellungsfähigkeiten.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 13.05.2014 ab. Die Einschränkungen, die sich aus den Krankheiten oder Behinderungen ergeben, führten nicht zu einem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein.
Zur Begründung seines Widerspruchs vom 20.05.2014 verwies der Kläger u. a. auf Stellungnahmen des Dipl.-Psych. B.vom 15.08.2014 und der Dipl.-Psych. U. vom 28.11.2014 sowie ein Gutachten des Facharztes für Neurologie, Intensivmedizin und Geriatrie und Facharztes für Nervenheilkunde Prof. Dr. S. vom 28.01.2015. In seinem im Auftrag der BG Bau erstellten nervenheilkundlichen Gutachten führte Prof. Dr. S. aus, orientiere man sich an den konstant nachweisbaren Defiziten, ließen sich Beeinträchtigungen der Belastbarkeit, der Stimmung und der sprachlichen Kompetenz festmachen. Die wahrscheinlichste Diagnose sei die einer leicht bis mittelschwer ausgeprägten Depression mit kognitiven Defiziten, die sich überwiegend auf den sprachlichen Bereich beziehen. Auszuschließen seien organische Beeinträchtigungen des Gehirns. Gäbe es den Begriff der chronifizierten depressiven Anpassungsstörung, träfe dies den gegenwärtigen Zustand recht genau. Da für Anpassungsstörungen klare zeitliche Grenzen definiert seien, könne diese Diagnose nicht (mehr) gestellt werden. Vielmehr sei die früher vorhandene depressive Anpassungsstörung nun in eine depressive Episode übergegangen.
Die Beklagte veranlasste dann eine Begutachtung des Klägers durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. Dieser gab in seinem Gutachten vom 20.03.2015 an, bei dem Kläger bestehe ein Zustand nach Verbrennungsunfall ohne Anhalt für überdauernde, sozialmedizinisch richtungsweisende organ-neurologische Störungen, aber auch ohne Anhalt für eine richtungsweisende, etwa hirnorganisch begründete Leistungsstörung. Darüber hinaus bestehe ein chronifizierter psychoreaktiver Unfallfolgeschaden mit wahrscheinlich sowohl phobischer als auch konversionsneurotischer Symptomatik. Bei vorbestehend nur niedrigem Persönlichkeitsstrukturniveau seien testpsychologisch extrem introvertierte, auch extrem aggressionsgehemmte überangepasste Züge festzustellen. Von einer überdauernden quantitativen Leistungseinschränkung könne er sich nicht überzeugen; unter Inanspruchnahme intensivierter Behandlungsmaßnahmen, insbesondere einer stationär-psychosomatischen Behandlung, seien Arbeiten zu ebener Erde, ohne Zeitdruck, ohne nervöse Anspannung, ohne überdurchschnittlich fordernde soziale Interaktionen, ohne Anforderungen an die Konfliktfähigkeit, ohne andere Stressfaktoren wie Nacht- und Wechselschicht und nicht an gefährdenden Maschinen in absehbarer Zeit möglich. Mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien dem Kläger sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2015 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 22.05.2015 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, er sei nicht mehr in der Lage, vollschichtig einer Tätigkeit nachzugehen. Er hat einen Bericht des Klinikums am W. vom 18.06.2015 über eine teilstationäre Behandlung vom 22.04.2015 bis 19.06.2015 wegen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome, Spannungskopfschmerz und sonstiger Frühkomplikationen eines Traumas vorgelegt.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und den Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden Prof. Dr. S. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt.
Dipl.-Psych. U. teilte in ihrer Auskunft vom 09.09.2015 mit, der Kläger befinde sich seit August 2013 in ihrer ambulanten klinisch-neuropsychologischen Behandlung. Sie habe eine leicht- bis mittelschwer ausgeprägte Depression mit kognitiven Defiziten diagnostiziert. Der Kläger sei aktuell prinzipiell in der Lage, unter bestimmten Voraussetzungen, d. h. nicht am Stück und mit Unterbrechung, eine leichte körperliche Tätigkeit zu verrichten. In ihrer Auskunft vom 05.10.2015 gab die Fachärztin für Neurologie Dr. S. an, den Kläger zuletzt im Dezember 2013 behandelt zu haben. Nach dem Stromunfall seien Kurzzeitgedächtnisstörungen und im Verlauf eine depressive Entwicklung festzustellen gewesen. Mehrere Arbeitsversuche seien aufgrund der kognitiven Defizite gescheitert. Eine leichte körperliche Tätigkeit könne der Kläger noch sechs Stunden täglich verrichten. Der Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. führte unter dem 27.10.2015 aus, bzgl. der Verbrennung an der linken Hand bestehen im Moment keine wesentlichen qualitativen Einschränkungen. Die Leistungsfähigkeit könne er nicht beurteilen, da die berufliche Leistungsfähigkeit durch eine neurologisch-psychiatrische Erkrankung eingeschränkt sei. Dipl.-Psych. B. gab in seiner Auskunft vom 07.01.2016 als Diagnosen eine Hirnleistungsstörung nach Starkstromunfall, ein posttraumatisches Belastungssyndrom mit Übergang zur generalisierten Angst, zurzeit nahezu remittiert, eine Anpassungsstörung und eine Bewältigungsstörung der psychischen und sozialen Belastungen nach dem Unfall an. In Konzentrations- wie Hirnorganiktests habe der Kläger auffällige klinische Befunde gezeigt. Dr. K.-C., Klinik für Allgemeine Psychiatrie am Klinikum am W., teilte am 27.01.2016 mit, beim Kläger seien eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome, ein Spannungskopfschmerz beidseitig, sonstige Frühkomplikationen eines Traumas und ein Zustand nach Stromunfall 2012 diagnostiziert. Inwieweit nach dem Stromunfall durch die angegebenen Störungen des Kurzzeitgedächtnisses und einen Dauerkopfschmerz die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt sei, müsse gutachterlich nach vollständigem Abklingen der depressiven Symptomatik geklärt werden.
Prof. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 22.12.2016 nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 14. und 29.11.2016 als Diagnosen eine leichte depressive Störung und einen Kombinationskopfschmerz mit spannungs- und arzneimittelinduzierter Komponente angegeben. Eine leichte und einfache körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden am Tag verrichten. Es bestehe eine Minderung der psychovegetativen Stressbelastbarkeit. Berufliche Tätigkeiten mit erhöhter Stressbelastung, z. B. durch erhöhten Zeitdruck, wie Akkordarbeit, Arbeit mit enger Taktvorgabe, Terminarbeit oder Tätigkeiten mit unphysiologischen psychovegetativen Störungen, wie beispielsweise Nachtarbeit, seien nicht leidensgerecht. Auch Tätigkeiten, die zu erhöhter psychomentaler Inanspruchnahme führten, z. B. durch anhaltend hohe Anforderungen an das Aufmerksamkeits- und Konzentrationsvermögen, kämen nicht in Frage, hierzu gehörten etwa Tätigkeiten an gefährlichen laufenden Maschinen oder Tätigkeiten, die mit Kontrollfunktionen und Eingreifen im Indikationsfall einhergingen. Auch Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte kämen auf Grund der damit typischerweise verbundenen Aufmerksamkeitsleistung nicht in Frage. Körperlich schwere oder anhaltend mittelschwere Tätigkeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten von mehr als fünf Kilogramm kämen auf Grund des chronischen Spannungskopfschmerzes nicht in Frage.
Zu dem Gutachten von Prof. Dr. S. hat der Kläger einen klinisch-neuropsychologischen Bericht mit Stellungnahme zum Gutachten von Dipl.-Psych. U. vom 17.02.2017 und einen Bericht der Oberärztin Dr. B. und der Assistenzärztin S., Klinikum am W., vom 08.02.2017 vorgelegt.
Nach vorheriger Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.04.2017 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die – näher dargelegten – Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung lägen nicht vor. Der Kläger sei noch in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Gefährdung seiner Gesundheit mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Schwerpunkt des Leidens des Klägers liege auf psychiatrischem Fachgebiet. Er leide unter einer leichten depressiven Störung und einem Kombinationskopfschmerz mit spannungs- und arzneimittelinduzierter Komponente. Die Kriterien für das Vorliegen einer mittelgradigen oder gar schweren depressiven Störung ließen sich nicht nachweisen. Auf Grund der objektiv vorliegenden Befunde und insbesondere des bei Prof. Dr. S. festgestellten psychopathologischen Befundes ließen sich Leistungseinschränkungen in quantitativer Hinsicht nicht nachweisen. Die bei dem Kläger vorliegenden qualitativen Leistungseinschränkungen könnten zwar das Spektrum der für ihn in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründeten aber keinen Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Soweit die behandelnde Dipl.-Psych. U. von einem unter vollschichtigen Leistungsvermögen ausgehe und in der vom klägerischen Bevollmächtigten vorgelegten Stellungnahme vom 17.02.2017 Einwendungen gegen das von Prof. Dr. S. erstattete Gutachten vorbringe, sei dies anhand der vorliegenden Befunde nicht nachvollziehbar.
Gegen den ihm am 12.04.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10.05.2017 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, tatsächlich lägen Gesundheitsstörungen vor, die es ihm nicht mehr ermöglichten, eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Gefährdung seiner Gesundheit mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Das SG habe die Berichte von Dr. B./S. vom 08.02.2017 sowie den klinisch-neuropsychologischen Bericht mit Stellungnahme zum Gutachten des Prof. Dr. S. der Dipl.-Psych. U. vom 22.12.2016 offensichtlich vollkommen unberücksichtigt gelassen. Der Kläger hat einen Bericht des Klinikums am W. vom 19.07.2017 über die teilstationäre Behandlung vom 22.04.2015 bis 18.06.2015 und die ambulante Behandlung seit 01.07.2015, einen klinisch-neuropsychologischen Befundbericht der Dipl.-Psych. U. vom 07.11.2017, eine Stellungnahme des Klinikums am W. vom 07.06.2018 sowie ein ärztliches Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin H. vom 08.01.2019 vorgelegt. Er hat außerdem darauf hingewiesen, dass ihm zwischenzeitlich die Schwerbehinderteneigenschaft zuerkannt worden sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. April 2017 sowie des Bescheids der Beklagten vom 13. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. April 2015 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf Stellungnahmen des sozialmedizinischen Dienstes durch Dr. N. vom 28.09.2017, 12.01.2018, 21.06.2018 und 10.08.2018.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat der Senat zunächst bei der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. die sachverständige Zeugenauskunft vom 05.12.2017 eingeholt und dann den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Dr. W. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Nach ambulanter Untersuchung des Klägers hat Prof. Dr. Dr. W. in seinem Gutachten vom 08.05.2018 ausgeführt, bei dem Kläger bestehe eine psychische Fehlverarbeitung des Unfallereignisses vom Juni 2012 auf dem Boden einer einfach strukturierten, ängstlich-zwanghaften Persönlichkeit mit der Entwicklung einer Angst- und depressiven Störung sowie eines gemischten Kopfschmerzes. Es zeige sich das Bild einer malignen Regression, die dazu geführt habe, dass der Kläger mit seiner Situation seit dem Arbeitsunfall nicht mehr zu Recht komme. Aufgrund seiner Persönlichkeit habe er auch keine Zugangsfähigkeit, seine Situation zu ändern. Dies wirke sich auf seine geistige Leistungsfähigkeit, die psychische Belastbarkeit und Kompensationsfähigkeit von Veränderungen, insbesondere auch am Arbeitsplatz, negativ aus. Der Kläger sei auf Grund der verminderten psychischen Belastbarkeit und fehlender Kompensationsmöglichkeiten in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten ohne Zeitdruck, ohne besondere Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen und ohne erhöhte Verantwortung und vermehrten Publikumskontakt auszuüben. Diese Tätigkeiten könne der Kläger drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich ausüben. Der festgestellte Zustand bestehe seit dem gescheiterten Wiedereingliederungsversuch im Herbst 2012. Insgesamt habe sich die Leistungsfähigkeit auf niedrigem Niveau bis Mai 2016 verbessert, seit diesem Zeitpunkt sei der Kläger in der Lage, einer leichten Lagertätigkeit arbeitstäglich drei Stunden nachzugehen. Eine Erhöhung der Arbeitszeit sei mehrfach versucht worden, habe aber immer wieder abgebrochen werden müssen. Insgesamt zeige sich seit Mai 2016 keine weitere Besserung des Leistungsbildes. Sämtliche Behandlungsmaßnahmen seien entsprechend der Möglichkeiten des Klägers gemäß den vorliegenden Unterlagen bereits ausgeschöpft.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig. Die Berufungsausschließungsgründe gemäß § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist aber nicht begründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 13.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.04.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, da er in der Lage ist, zumindest leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden arbeitstäglich nachzugehen.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünftagewoche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert, dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben steht für den Senat aufgrund der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass der Kläger körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden im Rahmen einer Fünftagewoche verrichten kann.
Zur Überzeugung des Senats besteht bei dem Kläger auf dem hier für die Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens allein maßgeblichen neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet eine psychische Fehlverarbeitung des Unfallereignisses vom 04.06.2012 auf dem Boden einer einfach strukturierten, ängstlich zwanghaften Persönlichkeit mit der Entwicklung einer Angst- und depressiven Störung sowie eines gemischten Kopfschmerzes. Dies ergibt sich zuletzt aus dem Gutachten von Prof. Dr. Dr. W., aber auch aus der Gesamtschau der im gerichtlichen Verfahren eingeholten sowie der im Verwaltungsverfahren beigezogenen und erstatteten Gutachten, die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwerten konnte (vgl. etwa Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 14.11.2013 – B 9 SB 10/13 B –, Juris, Rdnr. 6; BSG, Urteil vom 05.02.2008 – B 2 U 8/07 R –, Juris, Rdnr. 51). Prof. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 28.01.2015 als "wahrscheinlichste Diagnose" eine leicht bis mittelschwer ausgeprägte Depression mit kognitiven Defiziten, die sich überwiegend auf den sprachlichen Bereich beziehen, angenommen und ausgeführt, gäbe es den Begriff der chronifizierten depressiven Anpassungsstörung, träfe dies den gegenwärtigen Zustand recht genau. Da für Anpassungsstörungen klare zeitliche Grenzen definiert seien, könne diese Diagnose nicht (mehr) gestellt werden. Vielmehr sei die früher vorhandene depressive Anpassungsstörung nun in eine depressive Episode übergegangen. Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 20.03.2015 angegeben, bei dem Kläger bestehe ein Zustand nach Verbrennungsunfall ohne Anhalt für überdauernde, sozialmedizinisch richtungsweisende organ-neurologische Störungen, aber auch ohne Anhalt für eine richtungsweisende, etwa hirnorganisch begründete Leistungsstörung. Darüber hinaus bestehe ein chronifizierter psychoreaktiver Unfallfolgeschaden mit wahrscheinlich sowohl phobischer als auch konversionsneurotischer Symptomatik. Prof. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 22.12.2016 als Diagnosen eine leichte depressive Störung und einen Kombinationskopfschmerz mit spannungs- und arzneimittelinduzierter Komponente angegeben. Wie Prof. Dr. Dr. W. zusammenfassend und zutreffend darlegt, bestehen hinsichtlich der testpsychologischen und neurologisch-psychiatrischen Untersuchungen zwischen den jeweiligen Gutachten keine wesentlichen Abweichungen.
Der Kläger ist trotz dieser Gesundheitsstörungen noch in der Lage, zumindest leichten Tätigkeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich nachzugehen. Der Senat folgt insoweit im Ergebnis der Einschätzung von Prof. Dr. S. und Dr. B. und vermochte sich von der von Prof. Dr. Dr. W. angenommenen auch zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens nicht zu überzeugen. Prof. Dr. S. begründet die von ihm getroffene Leistungseinschätzung, wonach der Kläger zumindest leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten kann, für den Senat schlüssig und überzeugend. Im Rahmen der von ihm durchgeführten Begutachtung waren keine grundsätzlichen Störungen basaler Motivations- und Antriebsfunktionen festzustellen, wie sie sich etwa in primär gemindertem Antrieb oder pathologisch erhöhter Ermüdbarkeit gezeigt hätte. Soweit der Gutachter ausführt, die Leistungsfähigkeit des Klägers sei in der zurückliegenden Zeit durch gravierende Erkrankungen schwergradig beeinträchtigt gewesen, so habe während der tagesklinischen Behandlung im Klinikum am W. von April bis Juni 2015 Arbeitsunfähigkeit bestanden, ist dies für den Senat nachvollziehbar, führt aber nicht zur Annahme einer dauerhaften Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens. Nicht anzuschließen vermochte sich der Senat insoweit der Einschätzung der behandelnden Ärzte des Klinikums am W. und des Prof. Dr. Dr. W. Prof. Dr. Dr. W. führt selbst aus, dass es allen Gutachtern schwerfällt, eine eindeutige und relevante depressive Störung zu diagnostizieren. Darüber hinaus legt er zutreffend dar, dass kein Gutachter erhebliche Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen feststellen konnte. Relevante kognitive Beeinträchtigungen hat kein Gutachter belegen können. Auch bei der Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. W. und den von ihm durchgeführten Testungen zeigten sich entsprechende Beeinträchtigungen gerade nicht. Es bestehen aufgrund der Ausführungen der behandelnden Neuropsychologin U. und der Psychiaterinnen Dr. B./S., denen Prof. Dr. Dr. W. im Wesentlichen folgt, durchaus Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, über die aktuelle berufliche Leistungsfähigkeit von drei Stunden im Lager einer Baufirma hinaus, tätig zu sein. Der Kläger hat nach dem Arbeitsunfall im Jahr 2012 mehrere Eingliederungsmaßnahmen durchgeführt, die über die jetzt ausgeübte dreistündige Tätigkeit hinaus keinen Erfolg hatten. Prof. Dr. Dr. W. hält die durch den Kläger geschilderte Leistungseinschränkung für glaubhaft und realistisch, allerdings teilt er keine Befunde und Diagnosen mit, die für den Senat im Ergebnis überzeugend sind, um diese Einschätzung zu belegen. Er weist selbst darauf hin, dass bei der Beurteilung der "harten" Fakten keine schwere (nach seiner Einschätzung auch keine leichte oder mittelschwere) Depression oder kognitive Beeinträchtigungen seit dem Arbeitsunfall vorliegen. Nachvollziehbar führt der Gutachter aus, dass das Unfallereignis eine primärpersönlich, einfach strukturierte, ängstlich-zwanghafte Persönlichkeit getroffen hat, die seit dem Unfall immer reibungslos "funktioniert" hat und über keine Ressourcen verfügt, um das Unfallereignis und die entwickelnden Beschwerden zu verarbeiten. Eine relevante depressive Störung konnte sich nach Einschätzung des Gutachters gar nicht entwickeln. Dies wird durch die von ihm mitgeteilte Diagnose – Angst und depressive Störung, gemischt – auch bestätigt. Diese Diagnose soll bei gleichzeitigem Bestehen von Angst und Depression nur dann Verwendung finden, wenn keine der beiden Störungen eindeutig vorherrscht und keine für sich genommen eine eigenständige Diagnose rechtfertigt. Treten ängstliche und depressive Symptome in so starker Ausprägung auf, dass sie einzelne Diagnosen rechtfertigen, sollen beide Diagnosen gestellt und auf diese Kategorie verzichtet werden (vgl. Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, Dilling/Freyberger, Hrsg., 7. Aufl., 2014, S. 167). Soweit Prof. Dr. Dr. W. eine Regression mit Passivität, fehlendem Selbstvertrauen, Verlust der Eigeninitiative und körperliche Beschwerden in Form von Kopfschmerzen beschreibt, genügt dies dem Senat nicht, eine zeitliche Leistungseinschränkung auf unter sechs Stunden arbeitstäglich zu begründen.
Darüber hinaus liegen bei dem Kläger keine Gesundheitsstörungen vor, die sich auf das quantitative oder qualitative Leistungsvermögen auswirken würden. Soweit bei dem Kläger, wie Prof. Dr. Dr. W. beschreibt, noch eine Gefühlsstörung im Verbrennungsbereich zwischen Daumen und Zeigefinger der linken Hand besteht, führt dies weder zu einer zeitlichen noch zu einer qualitativen Einschränkung des Leistungsvermögens. Bei der neurologischen Untersuchung durch Prof. Dr. Dr. W. war die Feinmotorik des Klägers, der Rechtshänder ist, unauffällig, es zeigte sich kein Tremor, die grobe Kraft war ungestört. Bis auf eine reduzierte Störung des Berührungsempfindens im Operationsbereich zwischen Daumen und Zeigefinger links waren keine Gefühlsstörungen im Seitenvergleich für Berührung und Schmerzempfinden nachweisbar.
Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung der festgestellten Gesundheitsstörungen damit grundsätzlich in der Lage, in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden im Rahmen einer Fünftagewoche zumindest körperlich leichte und geistig einfache Arbeiten zu verrichten. Da der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist, muss ihm weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, noch die Frage geprüft werden, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereiches geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, u. a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder Versicherte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z. B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nur unter betriebsunüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG, SozR 2200 § 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie § 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14). Für die Prüfung, ob eine schwere spezifische Leistungsbehinderung – oder im Übrigen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen – vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab; sie richtet sich vielmehr nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls (BSG, Urteile vom 09.05.2012 und 19.10.2011, a. a. O.). Maßgeblich sind vor allem Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Einschränkungen und die damit verbundene Frage, inwieweit diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten zu versperren (BSG, Urteile vom 09.05.2012 und 19.10.2011, a. a. O.). Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können vor allem besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 09.05.2012 – B 5 R 68/11 R –, Juris, Rdnr. 28 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 30.11.1982 – 4 RJ 1/82 -, SozR 2200 § 1246 Nr. 104, Juris). Unter den üblichen Bedingungen ist das tatsächliche Geschehen auf dem Arbeitsmarkt und in den Betrieben zu verstehen, d.h. unter welchen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt die Entgelterzielung üblicherweise tatsächlich erfolgt. Dazu gehören neben rechtlichen Bedingungen (Dauer und Verteilung der Arbeitszeit etc.) auch tatsächliche Umstände, wie z.B. die für die Ausübung einer Verweisungstätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistiger Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz, also kognitive Grundfähigkeiten, die krankheitsbedingt herabgesetzt sein können (vgl. BSG, Urteile vom 09.05.2012 - B 5 R 68/11 R - und vom 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R -, Juris).
Bei dem Kläger sind aufgrund der vorliegenden Gesundheitsstörungen qualitative Leistungseinschränkungen zu berücksichtigen. Ihm sind, wie Prof. Dr. S. überzeugend dargelegt hat, Tätigkeiten mit erhöhter Stressbelastung, wie z. B. durch erhöhten Zeitdruck, Akkordarbeit, enge Taktvorgabe, Terminarbeit oder mit unphysiologischen psychovegetativen Störungen, wie z. B. Nachtarbeit nicht mehr zumutbar. Auch Tätigkeiten, die zu erhöhter psychomentaler Inanspruchnahme führen, z. B. durch anhaltend hohe Anforderungen an das Aufmerksamkeits- und Konzentrationsvermögen, wie etwa Tätigkeiten an gefährlichen laufenden Maschinen oder Tätigkeiten, die mit Kontrollfunktionen und Eingreifen im Indikationsfall einhergehen, sind nicht mehr leidensgerecht. Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte kommen aufgrund der damit typischerweise verbundenen Aufmerksamkeitsleistung nicht in Frage. Körperlich schwere oder anhaltend mittelschwere Tätigkeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten von mehr als fünf Kilogramm sind aufgrund des chronischen Spannungskopfschmerzes nicht mehr leidensgerecht.
Ausgehend von den genannten Grundsätzen und trotz der beim Kläger zu berücksichtigenden Einschränkungen liegt bei ihm weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. So sind dem Kläger die durch das BSG (vgl. u. a. Urteil vom 09.05.2012 - B 5 R 68/11 R -, Juris) beispielhaft genannten Tätigkeiten, wie z. B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten, grundsätzlich noch zumutbar und mit den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen in Übereinstimmung zu bringen. Wie bereits dargelegt, besteht – trotz der noch feststellbaren Gefühlsstörungen im Verbrennungsbereich der linken Hand – insbesondere keine Einschränkung der Feinmotorik, die ggf. die beispielhaft genannten Tätigkeiten ausschließen könnte. Der Senat konnte sich auch nicht davon überzeugen, dass bei dem Kläger über die mit der Gewöhnung an einen neuen Arbeitsplatz stets verbundenen Anforderungen hinaus krankheitsbedingt besondere Schwierigkeiten bestehen. Entsprechende Einschränkungen werden durch die gehörten Sachverständigen nicht mitgeteilt. Der Kläger verfügt auch über die kognitiven Grundfähigkeiten, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich sind. Nach der Einschätzung von Prof. Dr. Dr. W. und Prof. Dr. Sch. sind lediglich Tätigkeiten, die besondere und anhaltende Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen stellen, nicht mehr leidensgerecht. Prof. Dr. Dr. W. weist auch zutreffend darauf hin, dass im psychischen Untersuchungsbefund von keinem Gutachter relevante kognitive Beeinträchtigungen beschrieben werden. Soweit Dipl.-Psych. U. in ihrem Befundbericht vom 07.11.2017 auf deutliche alltags- und berufsrelevante Beeinträchtigungen der kognitiven Funktionen hinweist und neben einer deutlich herabgesetzten konzentrativen Belastbarkeit eine Interferenzanfälligkeit, verminderte Aufmerksamkeitsdauer, Einschränkung der Flexibilität und Merkfähigkeit schildert, konnte dies durch die beauftragten Gutachter nicht bestätigt werden. Die darüberhinausgehenden Einschränkungen schränken zwar das Spektrum der für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten ein, führen aber nicht dazu, dass er unter den üblichen Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr einsetzbar ist.
Auch ist die Wegefähigkeit des Klägers nicht eingeschränkt; zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von mehr als 500 m mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann (vgl. nur BSG, Urteil vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 R -, Juris). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger hierzu nicht in der Lage sein könnte, bestehen nicht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1972 geborene Kläger hat den Beruf des Maurers erlernt und war im erlernten Beruf zuletzt als Vorarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 04.06.2012 erlitt der Kläger bei einem Arbeitsunfall eine Starkstromverletzung, bei der er sich zweit- bis drittgradige Verbrennungen des linken Armes und des linken Gesichts von ca. 10 % der Körperoberfläche zuzog. Wegen der Folgen des Unfalls gewährt die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) dem Kläger eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H. wegen einer teilursächlich durch diesen Unfall ausgelösten somatischen Belastungsstörung (Bescheid vom 07.08.2015). Nach Arbeitsunfähigkeit, mehreren Arbeitsversuchen und einer Praktikumsmaßnahme der BG Bau nahm der Kläger ab 01.09.2016 wieder eine Tätigkeit bei seinem früheren Arbeitgeber auf. Aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen wurde ein modifizierter Arbeitsplatz geschaffen und der Kläger in einem zeitlichen Umfang von drei Arbeitsstunden täglich vorrangig im Lager beschäftigt.
Am 13.03.2014 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte zog Befundberichte über die BG Bau bei und veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch MUDr. G., der in seinem Gutachten vom 07.05.2014 die Diagnosen Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion in Folge des Arbeitsunfalls vom 04.06.2012, chronische Kopfschmerzen psychovegetativ bedingt und Zustand nach Starkstromverletzung mit Verbrennungen von 10 % am linken Arm und Gesicht links, gut verheilt, angab. Aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen und der durchgeführten Untersuchung seien dem Kläger leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar. Möglich seien nur Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne besondere Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, ohne hohe Verantwortung, Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten und ohne besondere Anforderungen an Anpassungs- und Umstellungsfähigkeiten.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 13.05.2014 ab. Die Einschränkungen, die sich aus den Krankheiten oder Behinderungen ergeben, führten nicht zu einem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein.
Zur Begründung seines Widerspruchs vom 20.05.2014 verwies der Kläger u. a. auf Stellungnahmen des Dipl.-Psych. B.vom 15.08.2014 und der Dipl.-Psych. U. vom 28.11.2014 sowie ein Gutachten des Facharztes für Neurologie, Intensivmedizin und Geriatrie und Facharztes für Nervenheilkunde Prof. Dr. S. vom 28.01.2015. In seinem im Auftrag der BG Bau erstellten nervenheilkundlichen Gutachten führte Prof. Dr. S. aus, orientiere man sich an den konstant nachweisbaren Defiziten, ließen sich Beeinträchtigungen der Belastbarkeit, der Stimmung und der sprachlichen Kompetenz festmachen. Die wahrscheinlichste Diagnose sei die einer leicht bis mittelschwer ausgeprägten Depression mit kognitiven Defiziten, die sich überwiegend auf den sprachlichen Bereich beziehen. Auszuschließen seien organische Beeinträchtigungen des Gehirns. Gäbe es den Begriff der chronifizierten depressiven Anpassungsstörung, träfe dies den gegenwärtigen Zustand recht genau. Da für Anpassungsstörungen klare zeitliche Grenzen definiert seien, könne diese Diagnose nicht (mehr) gestellt werden. Vielmehr sei die früher vorhandene depressive Anpassungsstörung nun in eine depressive Episode übergegangen.
Die Beklagte veranlasste dann eine Begutachtung des Klägers durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. Dieser gab in seinem Gutachten vom 20.03.2015 an, bei dem Kläger bestehe ein Zustand nach Verbrennungsunfall ohne Anhalt für überdauernde, sozialmedizinisch richtungsweisende organ-neurologische Störungen, aber auch ohne Anhalt für eine richtungsweisende, etwa hirnorganisch begründete Leistungsstörung. Darüber hinaus bestehe ein chronifizierter psychoreaktiver Unfallfolgeschaden mit wahrscheinlich sowohl phobischer als auch konversionsneurotischer Symptomatik. Bei vorbestehend nur niedrigem Persönlichkeitsstrukturniveau seien testpsychologisch extrem introvertierte, auch extrem aggressionsgehemmte überangepasste Züge festzustellen. Von einer überdauernden quantitativen Leistungseinschränkung könne er sich nicht überzeugen; unter Inanspruchnahme intensivierter Behandlungsmaßnahmen, insbesondere einer stationär-psychosomatischen Behandlung, seien Arbeiten zu ebener Erde, ohne Zeitdruck, ohne nervöse Anspannung, ohne überdurchschnittlich fordernde soziale Interaktionen, ohne Anforderungen an die Konfliktfähigkeit, ohne andere Stressfaktoren wie Nacht- und Wechselschicht und nicht an gefährdenden Maschinen in absehbarer Zeit möglich. Mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien dem Kläger sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2015 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 22.05.2015 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, er sei nicht mehr in der Lage, vollschichtig einer Tätigkeit nachzugehen. Er hat einen Bericht des Klinikums am W. vom 18.06.2015 über eine teilstationäre Behandlung vom 22.04.2015 bis 19.06.2015 wegen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome, Spannungskopfschmerz und sonstiger Frühkomplikationen eines Traumas vorgelegt.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und den Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden Prof. Dr. S. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt.
Dipl.-Psych. U. teilte in ihrer Auskunft vom 09.09.2015 mit, der Kläger befinde sich seit August 2013 in ihrer ambulanten klinisch-neuropsychologischen Behandlung. Sie habe eine leicht- bis mittelschwer ausgeprägte Depression mit kognitiven Defiziten diagnostiziert. Der Kläger sei aktuell prinzipiell in der Lage, unter bestimmten Voraussetzungen, d. h. nicht am Stück und mit Unterbrechung, eine leichte körperliche Tätigkeit zu verrichten. In ihrer Auskunft vom 05.10.2015 gab die Fachärztin für Neurologie Dr. S. an, den Kläger zuletzt im Dezember 2013 behandelt zu haben. Nach dem Stromunfall seien Kurzzeitgedächtnisstörungen und im Verlauf eine depressive Entwicklung festzustellen gewesen. Mehrere Arbeitsversuche seien aufgrund der kognitiven Defizite gescheitert. Eine leichte körperliche Tätigkeit könne der Kläger noch sechs Stunden täglich verrichten. Der Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. führte unter dem 27.10.2015 aus, bzgl. der Verbrennung an der linken Hand bestehen im Moment keine wesentlichen qualitativen Einschränkungen. Die Leistungsfähigkeit könne er nicht beurteilen, da die berufliche Leistungsfähigkeit durch eine neurologisch-psychiatrische Erkrankung eingeschränkt sei. Dipl.-Psych. B. gab in seiner Auskunft vom 07.01.2016 als Diagnosen eine Hirnleistungsstörung nach Starkstromunfall, ein posttraumatisches Belastungssyndrom mit Übergang zur generalisierten Angst, zurzeit nahezu remittiert, eine Anpassungsstörung und eine Bewältigungsstörung der psychischen und sozialen Belastungen nach dem Unfall an. In Konzentrations- wie Hirnorganiktests habe der Kläger auffällige klinische Befunde gezeigt. Dr. K.-C., Klinik für Allgemeine Psychiatrie am Klinikum am W., teilte am 27.01.2016 mit, beim Kläger seien eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome, ein Spannungskopfschmerz beidseitig, sonstige Frühkomplikationen eines Traumas und ein Zustand nach Stromunfall 2012 diagnostiziert. Inwieweit nach dem Stromunfall durch die angegebenen Störungen des Kurzzeitgedächtnisses und einen Dauerkopfschmerz die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt sei, müsse gutachterlich nach vollständigem Abklingen der depressiven Symptomatik geklärt werden.
Prof. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 22.12.2016 nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 14. und 29.11.2016 als Diagnosen eine leichte depressive Störung und einen Kombinationskopfschmerz mit spannungs- und arzneimittelinduzierter Komponente angegeben. Eine leichte und einfache körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden am Tag verrichten. Es bestehe eine Minderung der psychovegetativen Stressbelastbarkeit. Berufliche Tätigkeiten mit erhöhter Stressbelastung, z. B. durch erhöhten Zeitdruck, wie Akkordarbeit, Arbeit mit enger Taktvorgabe, Terminarbeit oder Tätigkeiten mit unphysiologischen psychovegetativen Störungen, wie beispielsweise Nachtarbeit, seien nicht leidensgerecht. Auch Tätigkeiten, die zu erhöhter psychomentaler Inanspruchnahme führten, z. B. durch anhaltend hohe Anforderungen an das Aufmerksamkeits- und Konzentrationsvermögen, kämen nicht in Frage, hierzu gehörten etwa Tätigkeiten an gefährlichen laufenden Maschinen oder Tätigkeiten, die mit Kontrollfunktionen und Eingreifen im Indikationsfall einhergingen. Auch Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte kämen auf Grund der damit typischerweise verbundenen Aufmerksamkeitsleistung nicht in Frage. Körperlich schwere oder anhaltend mittelschwere Tätigkeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten von mehr als fünf Kilogramm kämen auf Grund des chronischen Spannungskopfschmerzes nicht in Frage.
Zu dem Gutachten von Prof. Dr. S. hat der Kläger einen klinisch-neuropsychologischen Bericht mit Stellungnahme zum Gutachten von Dipl.-Psych. U. vom 17.02.2017 und einen Bericht der Oberärztin Dr. B. und der Assistenzärztin S., Klinikum am W., vom 08.02.2017 vorgelegt.
Nach vorheriger Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.04.2017 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die – näher dargelegten – Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung lägen nicht vor. Der Kläger sei noch in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Gefährdung seiner Gesundheit mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Schwerpunkt des Leidens des Klägers liege auf psychiatrischem Fachgebiet. Er leide unter einer leichten depressiven Störung und einem Kombinationskopfschmerz mit spannungs- und arzneimittelinduzierter Komponente. Die Kriterien für das Vorliegen einer mittelgradigen oder gar schweren depressiven Störung ließen sich nicht nachweisen. Auf Grund der objektiv vorliegenden Befunde und insbesondere des bei Prof. Dr. S. festgestellten psychopathologischen Befundes ließen sich Leistungseinschränkungen in quantitativer Hinsicht nicht nachweisen. Die bei dem Kläger vorliegenden qualitativen Leistungseinschränkungen könnten zwar das Spektrum der für ihn in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründeten aber keinen Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Soweit die behandelnde Dipl.-Psych. U. von einem unter vollschichtigen Leistungsvermögen ausgehe und in der vom klägerischen Bevollmächtigten vorgelegten Stellungnahme vom 17.02.2017 Einwendungen gegen das von Prof. Dr. S. erstattete Gutachten vorbringe, sei dies anhand der vorliegenden Befunde nicht nachvollziehbar.
Gegen den ihm am 12.04.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10.05.2017 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, tatsächlich lägen Gesundheitsstörungen vor, die es ihm nicht mehr ermöglichten, eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Gefährdung seiner Gesundheit mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Das SG habe die Berichte von Dr. B./S. vom 08.02.2017 sowie den klinisch-neuropsychologischen Bericht mit Stellungnahme zum Gutachten des Prof. Dr. S. der Dipl.-Psych. U. vom 22.12.2016 offensichtlich vollkommen unberücksichtigt gelassen. Der Kläger hat einen Bericht des Klinikums am W. vom 19.07.2017 über die teilstationäre Behandlung vom 22.04.2015 bis 18.06.2015 und die ambulante Behandlung seit 01.07.2015, einen klinisch-neuropsychologischen Befundbericht der Dipl.-Psych. U. vom 07.11.2017, eine Stellungnahme des Klinikums am W. vom 07.06.2018 sowie ein ärztliches Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin H. vom 08.01.2019 vorgelegt. Er hat außerdem darauf hingewiesen, dass ihm zwischenzeitlich die Schwerbehinderteneigenschaft zuerkannt worden sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. April 2017 sowie des Bescheids der Beklagten vom 13. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. April 2015 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf Stellungnahmen des sozialmedizinischen Dienstes durch Dr. N. vom 28.09.2017, 12.01.2018, 21.06.2018 und 10.08.2018.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat der Senat zunächst bei der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. die sachverständige Zeugenauskunft vom 05.12.2017 eingeholt und dann den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Dr. W. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Nach ambulanter Untersuchung des Klägers hat Prof. Dr. Dr. W. in seinem Gutachten vom 08.05.2018 ausgeführt, bei dem Kläger bestehe eine psychische Fehlverarbeitung des Unfallereignisses vom Juni 2012 auf dem Boden einer einfach strukturierten, ängstlich-zwanghaften Persönlichkeit mit der Entwicklung einer Angst- und depressiven Störung sowie eines gemischten Kopfschmerzes. Es zeige sich das Bild einer malignen Regression, die dazu geführt habe, dass der Kläger mit seiner Situation seit dem Arbeitsunfall nicht mehr zu Recht komme. Aufgrund seiner Persönlichkeit habe er auch keine Zugangsfähigkeit, seine Situation zu ändern. Dies wirke sich auf seine geistige Leistungsfähigkeit, die psychische Belastbarkeit und Kompensationsfähigkeit von Veränderungen, insbesondere auch am Arbeitsplatz, negativ aus. Der Kläger sei auf Grund der verminderten psychischen Belastbarkeit und fehlender Kompensationsmöglichkeiten in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten ohne Zeitdruck, ohne besondere Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen und ohne erhöhte Verantwortung und vermehrten Publikumskontakt auszuüben. Diese Tätigkeiten könne der Kläger drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich ausüben. Der festgestellte Zustand bestehe seit dem gescheiterten Wiedereingliederungsversuch im Herbst 2012. Insgesamt habe sich die Leistungsfähigkeit auf niedrigem Niveau bis Mai 2016 verbessert, seit diesem Zeitpunkt sei der Kläger in der Lage, einer leichten Lagertätigkeit arbeitstäglich drei Stunden nachzugehen. Eine Erhöhung der Arbeitszeit sei mehrfach versucht worden, habe aber immer wieder abgebrochen werden müssen. Insgesamt zeige sich seit Mai 2016 keine weitere Besserung des Leistungsbildes. Sämtliche Behandlungsmaßnahmen seien entsprechend der Möglichkeiten des Klägers gemäß den vorliegenden Unterlagen bereits ausgeschöpft.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig. Die Berufungsausschließungsgründe gemäß § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist aber nicht begründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 13.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.04.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, da er in der Lage ist, zumindest leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden arbeitstäglich nachzugehen.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünftagewoche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert, dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben steht für den Senat aufgrund der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass der Kläger körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden im Rahmen einer Fünftagewoche verrichten kann.
Zur Überzeugung des Senats besteht bei dem Kläger auf dem hier für die Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens allein maßgeblichen neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet eine psychische Fehlverarbeitung des Unfallereignisses vom 04.06.2012 auf dem Boden einer einfach strukturierten, ängstlich zwanghaften Persönlichkeit mit der Entwicklung einer Angst- und depressiven Störung sowie eines gemischten Kopfschmerzes. Dies ergibt sich zuletzt aus dem Gutachten von Prof. Dr. Dr. W., aber auch aus der Gesamtschau der im gerichtlichen Verfahren eingeholten sowie der im Verwaltungsverfahren beigezogenen und erstatteten Gutachten, die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwerten konnte (vgl. etwa Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 14.11.2013 – B 9 SB 10/13 B –, Juris, Rdnr. 6; BSG, Urteil vom 05.02.2008 – B 2 U 8/07 R –, Juris, Rdnr. 51). Prof. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 28.01.2015 als "wahrscheinlichste Diagnose" eine leicht bis mittelschwer ausgeprägte Depression mit kognitiven Defiziten, die sich überwiegend auf den sprachlichen Bereich beziehen, angenommen und ausgeführt, gäbe es den Begriff der chronifizierten depressiven Anpassungsstörung, träfe dies den gegenwärtigen Zustand recht genau. Da für Anpassungsstörungen klare zeitliche Grenzen definiert seien, könne diese Diagnose nicht (mehr) gestellt werden. Vielmehr sei die früher vorhandene depressive Anpassungsstörung nun in eine depressive Episode übergegangen. Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 20.03.2015 angegeben, bei dem Kläger bestehe ein Zustand nach Verbrennungsunfall ohne Anhalt für überdauernde, sozialmedizinisch richtungsweisende organ-neurologische Störungen, aber auch ohne Anhalt für eine richtungsweisende, etwa hirnorganisch begründete Leistungsstörung. Darüber hinaus bestehe ein chronifizierter psychoreaktiver Unfallfolgeschaden mit wahrscheinlich sowohl phobischer als auch konversionsneurotischer Symptomatik. Prof. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 22.12.2016 als Diagnosen eine leichte depressive Störung und einen Kombinationskopfschmerz mit spannungs- und arzneimittelinduzierter Komponente angegeben. Wie Prof. Dr. Dr. W. zusammenfassend und zutreffend darlegt, bestehen hinsichtlich der testpsychologischen und neurologisch-psychiatrischen Untersuchungen zwischen den jeweiligen Gutachten keine wesentlichen Abweichungen.
Der Kläger ist trotz dieser Gesundheitsstörungen noch in der Lage, zumindest leichten Tätigkeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich nachzugehen. Der Senat folgt insoweit im Ergebnis der Einschätzung von Prof. Dr. S. und Dr. B. und vermochte sich von der von Prof. Dr. Dr. W. angenommenen auch zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens nicht zu überzeugen. Prof. Dr. S. begründet die von ihm getroffene Leistungseinschätzung, wonach der Kläger zumindest leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten kann, für den Senat schlüssig und überzeugend. Im Rahmen der von ihm durchgeführten Begutachtung waren keine grundsätzlichen Störungen basaler Motivations- und Antriebsfunktionen festzustellen, wie sie sich etwa in primär gemindertem Antrieb oder pathologisch erhöhter Ermüdbarkeit gezeigt hätte. Soweit der Gutachter ausführt, die Leistungsfähigkeit des Klägers sei in der zurückliegenden Zeit durch gravierende Erkrankungen schwergradig beeinträchtigt gewesen, so habe während der tagesklinischen Behandlung im Klinikum am W. von April bis Juni 2015 Arbeitsunfähigkeit bestanden, ist dies für den Senat nachvollziehbar, führt aber nicht zur Annahme einer dauerhaften Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens. Nicht anzuschließen vermochte sich der Senat insoweit der Einschätzung der behandelnden Ärzte des Klinikums am W. und des Prof. Dr. Dr. W. Prof. Dr. Dr. W. führt selbst aus, dass es allen Gutachtern schwerfällt, eine eindeutige und relevante depressive Störung zu diagnostizieren. Darüber hinaus legt er zutreffend dar, dass kein Gutachter erhebliche Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen feststellen konnte. Relevante kognitive Beeinträchtigungen hat kein Gutachter belegen können. Auch bei der Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. W. und den von ihm durchgeführten Testungen zeigten sich entsprechende Beeinträchtigungen gerade nicht. Es bestehen aufgrund der Ausführungen der behandelnden Neuropsychologin U. und der Psychiaterinnen Dr. B./S., denen Prof. Dr. Dr. W. im Wesentlichen folgt, durchaus Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, über die aktuelle berufliche Leistungsfähigkeit von drei Stunden im Lager einer Baufirma hinaus, tätig zu sein. Der Kläger hat nach dem Arbeitsunfall im Jahr 2012 mehrere Eingliederungsmaßnahmen durchgeführt, die über die jetzt ausgeübte dreistündige Tätigkeit hinaus keinen Erfolg hatten. Prof. Dr. Dr. W. hält die durch den Kläger geschilderte Leistungseinschränkung für glaubhaft und realistisch, allerdings teilt er keine Befunde und Diagnosen mit, die für den Senat im Ergebnis überzeugend sind, um diese Einschätzung zu belegen. Er weist selbst darauf hin, dass bei der Beurteilung der "harten" Fakten keine schwere (nach seiner Einschätzung auch keine leichte oder mittelschwere) Depression oder kognitive Beeinträchtigungen seit dem Arbeitsunfall vorliegen. Nachvollziehbar führt der Gutachter aus, dass das Unfallereignis eine primärpersönlich, einfach strukturierte, ängstlich-zwanghafte Persönlichkeit getroffen hat, die seit dem Unfall immer reibungslos "funktioniert" hat und über keine Ressourcen verfügt, um das Unfallereignis und die entwickelnden Beschwerden zu verarbeiten. Eine relevante depressive Störung konnte sich nach Einschätzung des Gutachters gar nicht entwickeln. Dies wird durch die von ihm mitgeteilte Diagnose – Angst und depressive Störung, gemischt – auch bestätigt. Diese Diagnose soll bei gleichzeitigem Bestehen von Angst und Depression nur dann Verwendung finden, wenn keine der beiden Störungen eindeutig vorherrscht und keine für sich genommen eine eigenständige Diagnose rechtfertigt. Treten ängstliche und depressive Symptome in so starker Ausprägung auf, dass sie einzelne Diagnosen rechtfertigen, sollen beide Diagnosen gestellt und auf diese Kategorie verzichtet werden (vgl. Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, Dilling/Freyberger, Hrsg., 7. Aufl., 2014, S. 167). Soweit Prof. Dr. Dr. W. eine Regression mit Passivität, fehlendem Selbstvertrauen, Verlust der Eigeninitiative und körperliche Beschwerden in Form von Kopfschmerzen beschreibt, genügt dies dem Senat nicht, eine zeitliche Leistungseinschränkung auf unter sechs Stunden arbeitstäglich zu begründen.
Darüber hinaus liegen bei dem Kläger keine Gesundheitsstörungen vor, die sich auf das quantitative oder qualitative Leistungsvermögen auswirken würden. Soweit bei dem Kläger, wie Prof. Dr. Dr. W. beschreibt, noch eine Gefühlsstörung im Verbrennungsbereich zwischen Daumen und Zeigefinger der linken Hand besteht, führt dies weder zu einer zeitlichen noch zu einer qualitativen Einschränkung des Leistungsvermögens. Bei der neurologischen Untersuchung durch Prof. Dr. Dr. W. war die Feinmotorik des Klägers, der Rechtshänder ist, unauffällig, es zeigte sich kein Tremor, die grobe Kraft war ungestört. Bis auf eine reduzierte Störung des Berührungsempfindens im Operationsbereich zwischen Daumen und Zeigefinger links waren keine Gefühlsstörungen im Seitenvergleich für Berührung und Schmerzempfinden nachweisbar.
Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung der festgestellten Gesundheitsstörungen damit grundsätzlich in der Lage, in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden im Rahmen einer Fünftagewoche zumindest körperlich leichte und geistig einfache Arbeiten zu verrichten. Da der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist, muss ihm weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, noch die Frage geprüft werden, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereiches geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, u. a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder Versicherte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z. B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nur unter betriebsunüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG, SozR 2200 § 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie § 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14). Für die Prüfung, ob eine schwere spezifische Leistungsbehinderung – oder im Übrigen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen – vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab; sie richtet sich vielmehr nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls (BSG, Urteile vom 09.05.2012 und 19.10.2011, a. a. O.). Maßgeblich sind vor allem Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Einschränkungen und die damit verbundene Frage, inwieweit diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten zu versperren (BSG, Urteile vom 09.05.2012 und 19.10.2011, a. a. O.). Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können vor allem besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 09.05.2012 – B 5 R 68/11 R –, Juris, Rdnr. 28 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 30.11.1982 – 4 RJ 1/82 -, SozR 2200 § 1246 Nr. 104, Juris). Unter den üblichen Bedingungen ist das tatsächliche Geschehen auf dem Arbeitsmarkt und in den Betrieben zu verstehen, d.h. unter welchen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt die Entgelterzielung üblicherweise tatsächlich erfolgt. Dazu gehören neben rechtlichen Bedingungen (Dauer und Verteilung der Arbeitszeit etc.) auch tatsächliche Umstände, wie z.B. die für die Ausübung einer Verweisungstätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistiger Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz, also kognitive Grundfähigkeiten, die krankheitsbedingt herabgesetzt sein können (vgl. BSG, Urteile vom 09.05.2012 - B 5 R 68/11 R - und vom 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R -, Juris).
Bei dem Kläger sind aufgrund der vorliegenden Gesundheitsstörungen qualitative Leistungseinschränkungen zu berücksichtigen. Ihm sind, wie Prof. Dr. S. überzeugend dargelegt hat, Tätigkeiten mit erhöhter Stressbelastung, wie z. B. durch erhöhten Zeitdruck, Akkordarbeit, enge Taktvorgabe, Terminarbeit oder mit unphysiologischen psychovegetativen Störungen, wie z. B. Nachtarbeit nicht mehr zumutbar. Auch Tätigkeiten, die zu erhöhter psychomentaler Inanspruchnahme führen, z. B. durch anhaltend hohe Anforderungen an das Aufmerksamkeits- und Konzentrationsvermögen, wie etwa Tätigkeiten an gefährlichen laufenden Maschinen oder Tätigkeiten, die mit Kontrollfunktionen und Eingreifen im Indikationsfall einhergehen, sind nicht mehr leidensgerecht. Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte kommen aufgrund der damit typischerweise verbundenen Aufmerksamkeitsleistung nicht in Frage. Körperlich schwere oder anhaltend mittelschwere Tätigkeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten von mehr als fünf Kilogramm sind aufgrund des chronischen Spannungskopfschmerzes nicht mehr leidensgerecht.
Ausgehend von den genannten Grundsätzen und trotz der beim Kläger zu berücksichtigenden Einschränkungen liegt bei ihm weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. So sind dem Kläger die durch das BSG (vgl. u. a. Urteil vom 09.05.2012 - B 5 R 68/11 R -, Juris) beispielhaft genannten Tätigkeiten, wie z. B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten, grundsätzlich noch zumutbar und mit den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen in Übereinstimmung zu bringen. Wie bereits dargelegt, besteht – trotz der noch feststellbaren Gefühlsstörungen im Verbrennungsbereich der linken Hand – insbesondere keine Einschränkung der Feinmotorik, die ggf. die beispielhaft genannten Tätigkeiten ausschließen könnte. Der Senat konnte sich auch nicht davon überzeugen, dass bei dem Kläger über die mit der Gewöhnung an einen neuen Arbeitsplatz stets verbundenen Anforderungen hinaus krankheitsbedingt besondere Schwierigkeiten bestehen. Entsprechende Einschränkungen werden durch die gehörten Sachverständigen nicht mitgeteilt. Der Kläger verfügt auch über die kognitiven Grundfähigkeiten, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich sind. Nach der Einschätzung von Prof. Dr. Dr. W. und Prof. Dr. Sch. sind lediglich Tätigkeiten, die besondere und anhaltende Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen stellen, nicht mehr leidensgerecht. Prof. Dr. Dr. W. weist auch zutreffend darauf hin, dass im psychischen Untersuchungsbefund von keinem Gutachter relevante kognitive Beeinträchtigungen beschrieben werden. Soweit Dipl.-Psych. U. in ihrem Befundbericht vom 07.11.2017 auf deutliche alltags- und berufsrelevante Beeinträchtigungen der kognitiven Funktionen hinweist und neben einer deutlich herabgesetzten konzentrativen Belastbarkeit eine Interferenzanfälligkeit, verminderte Aufmerksamkeitsdauer, Einschränkung der Flexibilität und Merkfähigkeit schildert, konnte dies durch die beauftragten Gutachter nicht bestätigt werden. Die darüberhinausgehenden Einschränkungen schränken zwar das Spektrum der für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten ein, führen aber nicht dazu, dass er unter den üblichen Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr einsetzbar ist.
Auch ist die Wegefähigkeit des Klägers nicht eingeschränkt; zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von mehr als 500 m mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann (vgl. nur BSG, Urteil vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 R -, Juris). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger hierzu nicht in der Lage sein könnte, bestehen nicht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved