Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 4 R 762/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 1031/17
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre Kosten selbst.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin im Prüfzeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2014.
Die Klägerin betreibt unter der Firma "L. GmbH" ein Unternehmen, dessen Gegenstand Dachdeckerdienstleistungen wie beispielsweise Dachgeschossausbau, Dachreparaturen sowie Zimmereiarbeiten oder Denkmalschutzsanierungen umfasst. Geschäftsführer der Klägerin ist der Beigeladene zu 1). Dieser übernahm am 19.07.1999 als Gesellschafter mit Geschäftsführerfunktion 50 Prozent des Stammkapitals der Klägerin. Nach Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 17.12.2007 übertrug der Beigeladene zu 1) die Geschäftsanteile auf seine Ehefrau, V.L., mit der er am 19.12.2007 einen notariell beglaubigten Ehevertrag schloss. Inhalt war unter anderem, dass V.L. "bei Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe" verpflichtet sei, die Firma "nach Wahl ihres Ehemannes ganz oder teilweise unentgeltlich auf ihren Ehemann bzw. auf Dritte, natürliche oder juristische Personen, zu übertragen". Ferner wurde in einer (notariell nicht beglaubigten) Ergänzung zu diesem Vertrag mit gleichem Datum zwischen dem Beigeladenen zu 1) und seiner Ehefrau V.L. "eine Stimmrechtsbindung bei Entscheidungen der Gesellschafterversammlungen der L. Überdachung GmbH" vereinbart. Diese Stimmrechtsbindung beinhaltet entsprechend der Ausführungen des Vertrages vom 19.12.2007 eine vorherige Zustimmungseinholung durch V.L. bei J.L. hinsichtlich der in der Klägerin zu fassenden Gesellschafterbeschlüsse. Ebenfalls mit Datum vom 19.12.2007 übertrug der vormalige zweite Gesellschafter B.L. seinen Geschäftsanteil auf die Ehefrau des Beigeladenen zu 1, die von diesem Datum an Alleingesellschafterin der Klägerin war. Mit Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 22.12.2007 wurde der Beigeladene zu 1) zum 01.01.2008 zum Geschäftsführer bestellt. Der Vertrag enthält Regelungen hinsichtlich der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der monatlichen Vergütung in Höhe von 3.300,00 Euro, einer zu erhaltenden Tantieme von 30 Prozent bei Übersteigen eines Jahresüberschusses von 25.000 Euro, einen Anspruch auf Stellung eines Dienstwagen und Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen sowie der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Die Beklagte führte bei der Klägerin zunächst eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 01.12.2005 bis 31.12.2009 durch, die nach Ausführungen des Prüfberichts vom 20.02.2012 ohne Feststellungen blieb. In der Zeit vom 12.05.2014 bis 19.03.2015 führte sie eine Betriebsprüfung für den anschließenden Prüfzeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2014 durch. Mit Schreiben vom 22.05.2015 hörte die Beklagte die Klägerin hinsichtlich der letztgenannten Betriebsprüfung zu einer beabsichtigten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 69.131,89 Euro an. Die Klägerin habe im Prüfzeitraum den Geschäftsführer, den Beigeladenen zu 1), nicht zur Sozialversicherung angemeldet, obwohl es sich bei diesem um einen abhängig Beschäftigten gehandelt habe. Der Beigeladene zu 1) habe ab dem 17.12.2007 über keinen Anteil am Stammkapital der Klägerin verfügt und keinen maßgeblichen Einfluss auf deren Geschicke ausüben können. Ein maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft sei auch nicht dadurch gegeben, dass der Beigeladene zu 1) mit seiner Ehefrau, V.L., am 19.12.2007 einen Ehevertrag geschlossen habe. Dieser Ehevertrag regelte zwar, dass die Klägerin im Falle von Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe auf den Beigeladenen zu 1) zurückfalle. Dieser Vertrag sei jedoch lediglich zivilrechtlicher Natur und erstrecke sich nicht auf das Gesellschaftsrecht, zudem erhöhe er nicht das Stimmrecht des Beigeladenen zu 1) in Rahmen des aktiven Gesellschaftsgeschäfts. Auch die notariell nicht beglaubigte Stimmrechtsvollmacht als Ergänzung zum Notarvertrag vom 19.12.2007 habe keine Wirkung auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Stellung als Geschäftsführer ohne Gesellschaftsanteile der Klägerin. Ein unternehmerisches Risiko trage der Geschäftsführer nicht, da er eine monatliche erfolgsunabhängige Vergütung erhalte. Auch die seinerseitige Gewährung von Darlehen und Bürgschaften ändere diese Bewertung nicht. Weitere arbeitnehmertypische Indizien seien die Weiterzahlung der Vergütung für die Dauer von sechs Wochen im Falle einer Arbeitsunfähigkeit sowie ein Urlaubsanspruch von 30 Tagen. Einschlägige Branchenkenntnis des Beigeladenen zu 1) sei auch bei bestehenden engen familiären Bindungen nicht geeignet, auf eine selbständige Tätigkeit schließen zu lassen. Die für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2014 angefallenen Sozialversicherungsbeiträge seien nachzuzahlen.
Die Klägerin äußerte sich im Rahmen des Anhörungsverfahrens durch ihre Bevollmächtigte wie folgt: Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer der Klägerin sei nicht als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu qualifizieren. Die Gesamtschau der Kriterien des Auftragsverhältnisses zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin ergebe, dass Selbstständigkeit vorliege. So sei der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Er hafte hinsichtlich betrieblich verwendeter Darlehen in Höhe von 258.202,04 Euro (die über Grundschulden gesichert seien), einer Bürgschaft über 163.000 Euro sowie einer persönlichen Bürgschaft von weiteren 20.451,68 Euro. Zudem führe der Beigeladene zu 1), der über überlegenes technisches und kaufmännisches Fachwissen verfüge, die Geschäfte in tatsächlicher Hinsicht alleinbestimmt, entscheide beispielsweise allein hinsichtlich der Erschließung neuer Geschäftsfelder oder über Investitionen zur Anschaffung notwendiger Anlagegüter. Personalführungsaufgaben wie die Einstellung oder Entlassung von Mitarbeitern und Auszubildenden obliegen allein dem Geschäftsführer. Er unterliege keinem Weisungsrecht, gestaltet seine Arbeitszeit und den Zeitpunkt und Umfang seines Urlaubs frei. Der Ehevertrag vom 19.12.2007, der die Ehefrau V.L. zu einer Rückübertragung verpflichte, sei nicht in die Bewertung durch die Beklagte eingeflossen. Es bestehe zudem eine Stimmrechtsbindung dahingehend, dass keine Beschlüsse gegen den Willen des Geschäftsführers gefasst werden könnten.
Mit Bescheid vom 09.07.2015 forderte die Beklagte von der Klägerin für den Prüfzeitraum vom 01.01.2010 bis zum 31.12.2014 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 69.131,89 Euro.
Hiergegen erhob die Klägerin am 13.07.2015 Widerspruch. Sie begründete den Widerspruch damit, dass die Übertragung der Geschäftsanteile auf V.L. lediglich aus steuerlichen Motiven erfolgte. Die alleinige Verantwortung für die Klägerin als auch das finanzielle Risiko sollte, wie durch die Stimmrechtsbindungsvereinbarung verdeutlicht, bei dem Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer liegen.
Zudem beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 30.07.2015 die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 09.07.2015. Dem Antrag wurde mit Schreiben vom 14.08.2015 bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens stattgegeben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Am 23.10.2015 hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt, der durch Beschluss des erkennenden Gerichts vom 13.06.2016 unter Aktenzeichen S 4 R 761/15 ER und anschließend mit Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 31.08.2016 unter Aktenzeichen L 8 R 575/16 B ER zurückgewiesen wurde. Die Klägerin wiederholt ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt im Klageverfahren ergänzend vor, dass die Aufteilung zwischen einem Betriebsunternehmen und einem Besitzunternehmen nach dem Wiesbadener Modell erfolgte. In dem bestehenden Gesamtunternehmen sei der Beigeladene zu 1) weiterhin selbständig, weil im Rahmen eines Zerwürfnisses das Betriebsunternehmen vom Besitzunternehmen abhängig sei. Zudem seien die Bestimmungen im Anstellungsvertrag kein Indiz für oder gegen eine versicherungspflichtige Beschäftigung.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Beitragsbescheid vom 09.07.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hält ihre Verwaltungsentscheidung hinsichtlich der Feststellung der Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung weiterhin für rechtmäßig.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Die Beigeladene zu 3) schließt sich dem Vorbringen der Beklagten an.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts Münster zu dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter Aktenzeichen S 4 R 761/15 ER beigezogen. Mit Beschlüssen vom 24.01.2017 und 09.02.2017 hat das Gericht die Beigeladenen zu 1) bis 4) zu dem Verfahren beigeladen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Gerichtsakte des Sozialgerichts Münster zu dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter Aktenzeichen S 4 R 761/15 ER sowie der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen, der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 3) und 4) entscheiden können, da sie sie mit ordnungsgemäßen Terminnachrichten auf die Möglichkeit einer Entscheidung auch bei Abwesenheit hingewiesen hat, vgl. § 110 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. Abs. 1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 09.07.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Denn die Beklagte erhob zu Recht nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV bezüglich der von dem Beigeladenen zu 1) in dem maßgeblichen Prüfungszeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2014 ausgeübten Beschäftigungen als Geschäftsführer im Auftrag der Klägerin Versicherungspflichtbeiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Nach dieser Regelung erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern. Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag, das heißt die nach § 28d Satz 1 und 2 SGB IV für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung, hat der Arbeitgeber gemäß § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV zu entrichten. Bei versicherungspflichtig Beschäftigten wird der Beitragsbemessung in den Zweigen der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung (wie auch in den Zweigen der Kranken- und Pflegeversicherung) das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde gelegt (§ 162 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 342 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Die Ermächtigungsgrundlage ist formell ordnungsgemäß angewendet worden; insbesondere ist die Klägerin als Adressat vor Erlass des sie belastenden Bescheides durch Schreiben vom 22.05.2015 nach § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört worden.
Der Bescheid ist in materieller Hinsicht ebenfalls rechtmäßig.
Der Beigeladene zu 1) war in dem streitbefangenen Prüfungszeitraum im Auftrag der Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt; eine Versicherungsfreiheit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) oder Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in dieser Beschäftigung lag nicht vor.
Eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht grundsätzlich gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III für Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind.
Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. dazu statt vieler LSG NRW, Urteil vom 02.04.2014, Az.: L 8 R 530/13, juris). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (LSG NRW, Urteil vom 02.04.2014, Az.: L 8 R 530/13, Rn. 106, juris, unter Hinweis auf folgende Rechtsprechung jeweils m.w.N.: BSG, Urteil vom 30.12.2013, Az.: B 12 KR 17/11 R, juris; BSG, Urteil vom 30.04.2013, Az.: B 12 KR 19/11 R, juris; BSG, Urteil vom 29.08.2012, Az.: B 12 KR 25/10 R, juris; BSG, Urteil vom 25.04.2012, Az.: B 12 KR 24/10 R, juris; BSG, Urteil vom 11.03.2009, Az.: B 12 KR 21/07 R, juris; BSG, Urteil vom 18.12.2001, Az.: B 12 KR 10/01 R, juris; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss vom 20.05.1996, Az.: 1 BvR 21/96, juris).
Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012, Az.: B 12 KR 25/10 R, juris; BSG, Urteil vom 25.01.2006, Az.: B 12 KR 30/04 R, juris; BSG, Urteil vom 28.05.2008, Az.: B 12 KR 13/07 R, juris). Nach den durch die Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl. dazu statt vieler BSG, Urteile vom 11.11.2015, Az.: B 12 KR 2/14 R, B 12 KR 10/14 R, B 12 KR 13/14 R, B 12 KR 14/15 B). Die tatsächlichen Verhältnisse geben den Ausschlag, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 28.09.2011, Az.: B 12 R 17/09 R, juris).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in vertraglicher, vor allem aber in tatsächlicher Hinsicht sprechen nach der Überzeugung der Kammer die weit überwiegenden Gesichtspunkte dafür, dass der Beigeladene zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses für die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum tätig war und in der Folge der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Der Geschäftsführer-Dienstvertrag enthält zahlreiche arbeitnehmertypische Regelungen.
Die Regelungen des Vertrages sehen ein festes (arbeitnehmertypisches) monatliches Bruttogehalt des Geschäftsführers von zunächst 3.300,00 Euro vor. Auch die Stellung eines Dienstwagens und die Einräumung eines Anspruchs auf Erholungsurlaub von 30 Tagen sind arbeitnehmertypisch. Ingo Kornmüller erhält als Geschäftsführer neben dem festen Monatsgehalt eine jährliche Sonderzahlung in Form einer Tantieme, wenn der Jahresüberschuss einen Betrag von 25.000,00 Euro übersteigt. Diese Tantiemenzahlung ist auch für leitende Angestellte nicht untypisch. Der Geschäftsführer genoss zudem entsprechend der vertraglichen Regelungen den üblichen sozialen Schutz einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Eine Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin ergibt sich nicht daraus, dass die einzige Gesellschafterin der Klägerin, nämlich seine Ehefrau V.L., gegenüber dem Beigeladenen zu 1) auf Weisungen grundsätzlich verzichtete. Zwar unterlag der Beigeladene zu 1) nicht umfassend einem Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit. Jedoch werden gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie – wie hier – fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2006, Az.: B 12 KR 30/04 R m.w.N., juris). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 3 SGB VI, § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (BSG, Urteil vom 29.08.2012, Az.: B 12 KR 25/10 R, Rn. 23 m.w.N., juris). Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse, beispielsweise eines leitenden Angestellten, der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem modifizierten Weisungsrecht unterliegt, machen diese nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten würden (BSG, Urteil vom 29.08.2012, Az.: B 12 KR 25/10 R, Rn. 23, juris).
Eine derartige – einer abhängigen Beschäftigung zuzuordnende – Weisungsabhängigkeit liegt, wenn auch in abgeschwächter Form, bei dem Beigeladenen zu 1) vor. Er hatte in Ausübung seiner Tätigkeit Freiheiten, die einer Annahme der Tätigkeit im Rahmen abhängiger Beschäftigung nicht entgegensteht. Der Beigeladene zu 1) hatte jedoch keine Möglichkeiten, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern. Ihm fehlt in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden. Der Beigeladene zu 1) verfügte im streitgegenständlichen Prüfungszeitraum über keinerlei Anteil am Stammkapital der Klägerin.
Soweit die Klägerin auf die notariell nicht beurkundete Stimmbindungsvereinbarung zwischen der Alleingesellschafterin Ulrike Kornmüller und dem Beigeladenen zu 1) hinweist, ist diese nach Auffassung des Gerichts nicht geeignet, die Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1) zu begründen. Die getroffene Vereinbarung ist nicht notariell beurkundet und jederzeit – beispielsweise durch die Alleingesellschafterin – kündbar. Das Gericht verweist insoweit auf die Rechtsprechung durch das BSG in seinen Entscheidungen vom 11.11.2015 (vgl. BSG, Urteile vom 11.11.2015, Az.: B 12 KR 10/14 R, B 12 KR 13/14 R, B 12 KR 14/15 B, juris) und schließt sich dieser Rechtsprechung an. Das BSG führt aus, dass eine außerhalb des Gesellschaftsvertrages nur schuldrechtlich getroffene Stimmbindungsvereinbarung, die zumindest außerordentlich kündbar ist, (auch im Falle gesellschaftsrechtlicher Unbedenklichkeit) nicht geeignet ist, bei einem Geschäftsführer den sozialversicherungsrechtlichen Status als nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger zu begründen (BSG, Urteil vom 11.11.2015, Az.: B 12 KR 10/14 R, Rn. 29 m.w.N., juris). Nach Auffassung des BSG entfaltet nicht alles, was gesellschaftsrechtlich zulässig ist, im Sinne einer Automatik entsprechende Wirkungen im Rahmen der nach § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Abwägung. Auch wenn daher eine außerhalb des formgebundenen Gesellschaftsvertrags einfachschriftlich getroffene Stimmrechtsvereinbarung gesellschaftsrechtlich zulässig sein kann, ist sie jedenfalls nicht geeignet, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse ohne Weiteres mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben; denn der Stimmbindungsvertrag kann von jedem Gesellschafter – im vorliegenden Fall von der Alleingesellschafterin V.L. – gekündigt werden. Bei Eintreten eines Konfliktfalls zwischen den Ehepartnern käme es daher allein auf die den Beteiligten aufgrund des Kündigungsrechts zustehende Rechtsmacht an. (vgl. zur Argumentation des Bundessozialgerichts, Urteil vom 11.11.2015, Az.: B 12 KR 13/14 R, Rn. 31 m.w.N., juris).
Wesentliche Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen und im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, sind nicht ersichtlich.
Zunächst verfügt der Beigeladene zu 1) nicht über eine eigene, unabhängig von dem Betrieb der Klägerin bestehende Betriebsstätte, und er hat auch kein für eine selbstständige Tätigkeit sprechendes wesentliches Unternehmerrisiko zu tragen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 28.05.2008, Az.: B 12 KR 13/07 R, juris) ist maßgebliches Kriterium für ein wesentliches Unternehmerrisiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist, wobei dem Risiko unternehmerische Chancen in Form von Verdienstmöglichkeiten oder Gestaltungsspielräumen gegenüber stehen müssen (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.1998, Az.: B 12 KR 5/97 R, juris).
Eine solche Ungewissheit ist nicht festzustellen, soweit es um den Einsatz der Arbeitskraft des Beigeladenen zu 1) geht. Eine solche Ungewissheit bestand im maßgeblichen Zeitraum gerade nicht, soweit es um den Einsatz der Arbeitskraft des Geschäftsführers ging. Denn er erhielt einen erfolgsunabhängigen Stundenlohn in Höhe von 3.300,00 Euro brutto, der vertraglich in dem Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 22.12.2007 festgesetzt und der ihm – auch nach späteren Erhöhungen – ausweislicher der vorliegenden Lohnabrechnungen pro Jahr monatlich in gleicher Höhe ausbezahlt wurde.
Ein eigener Kapitaleinsatz erfolgte zwar dahingehend, dass allein der Beigeladene zu 1) Darlehen für die Klägerin stellte und Bürgschaften aufnahm. Diese Darlehens- und Bürgschaftsverpflichtungen rechtfertigen jedoch keine abweichende rechtliche Bewertung der Stellung des Beigeladenen zu 1). Denn er erhielt trotzdem seine feste monatliche Vergütung, was das von ihm eingegangene finanzielle Risiko deutlich schmälert. Überdies ist es im Geschäftsleben auch nicht unüblich, dass Arbeitnehmer, zumal dann, wenn die Gesellschaft mehrheitlich von Familienmitgliedern gehalten wird, dem Unternehmen persönliche Darlehen gewähren oder zu dessen Gunsten sonstige finanzielle Verbindlichkeiten eingehen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Kreditinstitute bei Familienunternehmen typischerweise auch auf einer finanziellen Beteiligung respektive Mithaftung von Ehepartnern oder anderen beteiligten Familienangehörigen bestehen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 19.08.2015, Az.: B 12 KR 9/14 R, Rn. 33, juris). Die Stellung eines Darlehens stellt keinen Kapitaleinsatz dar und begründet somit kein maßgebliches Unternehmerrisiko (vgl. zu Sicherheiten und Unternehmerrisiko LSG NRW, Urteil vom 03.09.2014, Az.: L 8 R 55/13, Rn. 110, juris).
Ein Vertrauensschutz ergibt sich für Klägerin nicht aus der vorangegangenen Prüfung nach § 28p SGB IV. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können aus Betriebsprüfungen grundsätzlich keine weitergehenden Rechte herleiten. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten nur den Zweck, die Beitragsentrichtung zu einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013, Az.: B 12 AL 2/11 R, Rn. 24 m.w.N., juris). Eine darüber hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu und kann ihnen schon deshalb nicht zukommen, weil die Betriebsprüfung nicht umfassend oder erschöpfend zu sein braucht und sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken darf. Betriebsprüfungen haben insbesondere nicht den Zweck, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa - mit Außenwirkung – "Entlastung" zu erteilen. Eine materielle Bindungswirkung kann sich lediglich dann und insoweit ergeben, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht (und Beitragshöhe) im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013, Az.: B 12 AL 2/11 R, Rn. 24 m.w.N., juris).
Die materielle Bindungswirkung nach § 77 SGG des durch die Beklagte erlassenen Prüfberichts vom 20.02.2012 aufgrund vorheriger Betriebsprüfung gemäß § 28p SGB IV für den Prüfzeitraum vom 01.12.2005 bis 31.12.2009 steht der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Prüfzeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2014 durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten nicht entgegen. Von der Bindungswirkung eines Bescheides erfasst ist grundsätzlich nur der Verfügungssatz, nicht jedoch die Gründe, die zu der Regelung geführt haben. Ein der Bestandskraft fähiger Verfügungssatz dahingehend, dass die Klägerin im Prüfzeitraum sämtliche nicht gesondert erwähnten Meldepflichten und sonstigen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt habe, lässt sich dem durch die Beklagte erlassenen Prüfbericht vom 20.02.2012 (unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem Prüfbericht um einen der Bestandskraft fähigen Bescheid handelt) nicht entnehmen.
Schließlich kann sich die Klägerin mit Blick auf die von der Beklagten nachgeforderten Sozialversicherungsbeiträge nicht auf ein schützenswertes Vertrauen ihrerseits berufen. Denn es fehlt an einem Anknüpfungspunkt für das von der Klägerin geltend gemachte Vertrauen, da sie insbesondere keinen Vertrauensschutz aus der landessozialgerichtlichen Rechtsprechung oder jener des Bundessozialgerichts herleiten kann. Zwar kann der aus Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes, obgleich höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch eine gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.01.2009, Az.: 2 BvR 2044/07, Rn. 85, juris; BSG, Urteil vom 16.12.2015, Az.: B 12 R 11/14 R, Rn. 31, juris; vgl. auch BAG, Urteil vom 10.06.2012, Az.: 9 AZR 652/10, Rn. 27, juris). Jedoch begründet die bloße Erwartung, ein oberstes Bundesgericht werde eine ungeklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne beantworten, kein verfassungsrechtlich gem. Art. 20 Abs. 3 GG geschütztes Vertrauen (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2015, Az.: B 12 R 11/14 R, Rn. 33, juris). Für die streitgegenständliche Frage der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Stimmbindungsvereinbarungen fehlte es gerade an einer gefestigten, einheitlichen Rechtsprechung der Landessozialgerichte bzw. des Bundessozialgerichts. Denn in der Vergangenheit ist die Frage, ob schuldrechtliche Stimmbindungsvereinbarungen, die nicht Bestandteil eines Gesellschaftsvertrages sind, unbeschadet ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit ebenso wie eine gesellschaftsvertraglich eingeräumte Sperrminorität eine abhängige Beschäftigung auszuschließen vermögen, in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte unterschiedlich beurteilt worden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.12.2015, Az.: L 1 KR 356/13, Rn. 24 m.w.N., juris). Darüber hinaus hatte das Bundessozialgericht bereits zum Fall der einem Fremd-Geschäftsführer einer GmbH erteilten Stimmrechtsvollmacht die Auffassung des LSG Hamburg gebilligt, dass diese Vollmacht jederzeit widerruflich war und ihr letztlich keine entscheidende Bedeutung für die Bestimmung des sozialversicherungsrechtlichen Status des betroffenen Fremd-Geschäftsführers beigemessen (BSG, Urteil vom 18.12.2001, Az.: B 12 KR 10/01 R, Rn. 18, juris). Mit Blick auf diese Entscheidung sowie auf die uneinheitliche Rechtsprechung der Instanzgerichte hat sich das Bundessozialgericht in zwei Entscheidungen vom 11.11.2015 erst klarstellend zu den Fragen der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung einer schriftlichen Vereinbarung über eine Stimmrechtsübertragung einerseits (BSG, Urteil vom 11.11.2015, Az.: B 12 R 2/14 R, juris) sowie eines (einfach-)schriftlich geschlossenen Stimmbindungsvertrages andererseits (BSG, Urteil vom 11.11.2015, Az.: B 12 KR 13/14 R, juris) geäußert. Vor dem Hintergrund der zuvor uneinheitlich beantworteten und erst mit Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 11.11.2015 letztinstanzlich geklärten Frage der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung einer Stimmbindungsvereinbarung konnte sich die Klägerin gerade nicht auf einen Tatbestand berufen, der ihr Vertrauensschutz dergestalt vermittelt hätte, dass das Bundessozialgericht in ihrem Sinne entschieden haben würde, sondern musste sie vielmehr auch die Möglichkeit einer Entscheidung des Inhalts in Betracht ziehen, wie sie das Bundessozialgericht am 11.11.2015 getroffen hat. Denn letztlich stellen die genannten Entscheidungen des Bundessozialgerichts keine Änderungen einer gefestigten Rechtsprechung dar, die einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin hätten begründen können.
Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Für Selbständigkeit sprechende Gesichtspunkte sind somit nur in derartig geringem Maße vorhanden, dass die maßgeblich für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale der Weisungsgebundenheit und Eingliederung in einen fremden Betrieb den Ausschlag geben für das Ergebnis der Gesamtabwägung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 ff. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Mangels Antragstellung sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht erstattungsfähig, § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin im Prüfzeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2014.
Die Klägerin betreibt unter der Firma "L. GmbH" ein Unternehmen, dessen Gegenstand Dachdeckerdienstleistungen wie beispielsweise Dachgeschossausbau, Dachreparaturen sowie Zimmereiarbeiten oder Denkmalschutzsanierungen umfasst. Geschäftsführer der Klägerin ist der Beigeladene zu 1). Dieser übernahm am 19.07.1999 als Gesellschafter mit Geschäftsführerfunktion 50 Prozent des Stammkapitals der Klägerin. Nach Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 17.12.2007 übertrug der Beigeladene zu 1) die Geschäftsanteile auf seine Ehefrau, V.L., mit der er am 19.12.2007 einen notariell beglaubigten Ehevertrag schloss. Inhalt war unter anderem, dass V.L. "bei Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe" verpflichtet sei, die Firma "nach Wahl ihres Ehemannes ganz oder teilweise unentgeltlich auf ihren Ehemann bzw. auf Dritte, natürliche oder juristische Personen, zu übertragen". Ferner wurde in einer (notariell nicht beglaubigten) Ergänzung zu diesem Vertrag mit gleichem Datum zwischen dem Beigeladenen zu 1) und seiner Ehefrau V.L. "eine Stimmrechtsbindung bei Entscheidungen der Gesellschafterversammlungen der L. Überdachung GmbH" vereinbart. Diese Stimmrechtsbindung beinhaltet entsprechend der Ausführungen des Vertrages vom 19.12.2007 eine vorherige Zustimmungseinholung durch V.L. bei J.L. hinsichtlich der in der Klägerin zu fassenden Gesellschafterbeschlüsse. Ebenfalls mit Datum vom 19.12.2007 übertrug der vormalige zweite Gesellschafter B.L. seinen Geschäftsanteil auf die Ehefrau des Beigeladenen zu 1, die von diesem Datum an Alleingesellschafterin der Klägerin war. Mit Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 22.12.2007 wurde der Beigeladene zu 1) zum 01.01.2008 zum Geschäftsführer bestellt. Der Vertrag enthält Regelungen hinsichtlich der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der monatlichen Vergütung in Höhe von 3.300,00 Euro, einer zu erhaltenden Tantieme von 30 Prozent bei Übersteigen eines Jahresüberschusses von 25.000 Euro, einen Anspruch auf Stellung eines Dienstwagen und Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen sowie der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Die Beklagte führte bei der Klägerin zunächst eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 01.12.2005 bis 31.12.2009 durch, die nach Ausführungen des Prüfberichts vom 20.02.2012 ohne Feststellungen blieb. In der Zeit vom 12.05.2014 bis 19.03.2015 führte sie eine Betriebsprüfung für den anschließenden Prüfzeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2014 durch. Mit Schreiben vom 22.05.2015 hörte die Beklagte die Klägerin hinsichtlich der letztgenannten Betriebsprüfung zu einer beabsichtigten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 69.131,89 Euro an. Die Klägerin habe im Prüfzeitraum den Geschäftsführer, den Beigeladenen zu 1), nicht zur Sozialversicherung angemeldet, obwohl es sich bei diesem um einen abhängig Beschäftigten gehandelt habe. Der Beigeladene zu 1) habe ab dem 17.12.2007 über keinen Anteil am Stammkapital der Klägerin verfügt und keinen maßgeblichen Einfluss auf deren Geschicke ausüben können. Ein maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft sei auch nicht dadurch gegeben, dass der Beigeladene zu 1) mit seiner Ehefrau, V.L., am 19.12.2007 einen Ehevertrag geschlossen habe. Dieser Ehevertrag regelte zwar, dass die Klägerin im Falle von Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe auf den Beigeladenen zu 1) zurückfalle. Dieser Vertrag sei jedoch lediglich zivilrechtlicher Natur und erstrecke sich nicht auf das Gesellschaftsrecht, zudem erhöhe er nicht das Stimmrecht des Beigeladenen zu 1) in Rahmen des aktiven Gesellschaftsgeschäfts. Auch die notariell nicht beglaubigte Stimmrechtsvollmacht als Ergänzung zum Notarvertrag vom 19.12.2007 habe keine Wirkung auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Stellung als Geschäftsführer ohne Gesellschaftsanteile der Klägerin. Ein unternehmerisches Risiko trage der Geschäftsführer nicht, da er eine monatliche erfolgsunabhängige Vergütung erhalte. Auch die seinerseitige Gewährung von Darlehen und Bürgschaften ändere diese Bewertung nicht. Weitere arbeitnehmertypische Indizien seien die Weiterzahlung der Vergütung für die Dauer von sechs Wochen im Falle einer Arbeitsunfähigkeit sowie ein Urlaubsanspruch von 30 Tagen. Einschlägige Branchenkenntnis des Beigeladenen zu 1) sei auch bei bestehenden engen familiären Bindungen nicht geeignet, auf eine selbständige Tätigkeit schließen zu lassen. Die für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2014 angefallenen Sozialversicherungsbeiträge seien nachzuzahlen.
Die Klägerin äußerte sich im Rahmen des Anhörungsverfahrens durch ihre Bevollmächtigte wie folgt: Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer der Klägerin sei nicht als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu qualifizieren. Die Gesamtschau der Kriterien des Auftragsverhältnisses zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin ergebe, dass Selbstständigkeit vorliege. So sei der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Er hafte hinsichtlich betrieblich verwendeter Darlehen in Höhe von 258.202,04 Euro (die über Grundschulden gesichert seien), einer Bürgschaft über 163.000 Euro sowie einer persönlichen Bürgschaft von weiteren 20.451,68 Euro. Zudem führe der Beigeladene zu 1), der über überlegenes technisches und kaufmännisches Fachwissen verfüge, die Geschäfte in tatsächlicher Hinsicht alleinbestimmt, entscheide beispielsweise allein hinsichtlich der Erschließung neuer Geschäftsfelder oder über Investitionen zur Anschaffung notwendiger Anlagegüter. Personalführungsaufgaben wie die Einstellung oder Entlassung von Mitarbeitern und Auszubildenden obliegen allein dem Geschäftsführer. Er unterliege keinem Weisungsrecht, gestaltet seine Arbeitszeit und den Zeitpunkt und Umfang seines Urlaubs frei. Der Ehevertrag vom 19.12.2007, der die Ehefrau V.L. zu einer Rückübertragung verpflichte, sei nicht in die Bewertung durch die Beklagte eingeflossen. Es bestehe zudem eine Stimmrechtsbindung dahingehend, dass keine Beschlüsse gegen den Willen des Geschäftsführers gefasst werden könnten.
Mit Bescheid vom 09.07.2015 forderte die Beklagte von der Klägerin für den Prüfzeitraum vom 01.01.2010 bis zum 31.12.2014 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 69.131,89 Euro.
Hiergegen erhob die Klägerin am 13.07.2015 Widerspruch. Sie begründete den Widerspruch damit, dass die Übertragung der Geschäftsanteile auf V.L. lediglich aus steuerlichen Motiven erfolgte. Die alleinige Verantwortung für die Klägerin als auch das finanzielle Risiko sollte, wie durch die Stimmrechtsbindungsvereinbarung verdeutlicht, bei dem Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer liegen.
Zudem beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 30.07.2015 die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 09.07.2015. Dem Antrag wurde mit Schreiben vom 14.08.2015 bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens stattgegeben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Am 23.10.2015 hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt, der durch Beschluss des erkennenden Gerichts vom 13.06.2016 unter Aktenzeichen S 4 R 761/15 ER und anschließend mit Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 31.08.2016 unter Aktenzeichen L 8 R 575/16 B ER zurückgewiesen wurde. Die Klägerin wiederholt ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt im Klageverfahren ergänzend vor, dass die Aufteilung zwischen einem Betriebsunternehmen und einem Besitzunternehmen nach dem Wiesbadener Modell erfolgte. In dem bestehenden Gesamtunternehmen sei der Beigeladene zu 1) weiterhin selbständig, weil im Rahmen eines Zerwürfnisses das Betriebsunternehmen vom Besitzunternehmen abhängig sei. Zudem seien die Bestimmungen im Anstellungsvertrag kein Indiz für oder gegen eine versicherungspflichtige Beschäftigung.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Beitragsbescheid vom 09.07.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hält ihre Verwaltungsentscheidung hinsichtlich der Feststellung der Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung weiterhin für rechtmäßig.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Die Beigeladene zu 3) schließt sich dem Vorbringen der Beklagten an.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts Münster zu dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter Aktenzeichen S 4 R 761/15 ER beigezogen. Mit Beschlüssen vom 24.01.2017 und 09.02.2017 hat das Gericht die Beigeladenen zu 1) bis 4) zu dem Verfahren beigeladen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Gerichtsakte des Sozialgerichts Münster zu dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter Aktenzeichen S 4 R 761/15 ER sowie der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen, der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 3) und 4) entscheiden können, da sie sie mit ordnungsgemäßen Terminnachrichten auf die Möglichkeit einer Entscheidung auch bei Abwesenheit hingewiesen hat, vgl. § 110 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. Abs. 1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 09.07.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Denn die Beklagte erhob zu Recht nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV bezüglich der von dem Beigeladenen zu 1) in dem maßgeblichen Prüfungszeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2014 ausgeübten Beschäftigungen als Geschäftsführer im Auftrag der Klägerin Versicherungspflichtbeiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Nach dieser Regelung erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern. Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag, das heißt die nach § 28d Satz 1 und 2 SGB IV für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung, hat der Arbeitgeber gemäß § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV zu entrichten. Bei versicherungspflichtig Beschäftigten wird der Beitragsbemessung in den Zweigen der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung (wie auch in den Zweigen der Kranken- und Pflegeversicherung) das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde gelegt (§ 162 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 342 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Die Ermächtigungsgrundlage ist formell ordnungsgemäß angewendet worden; insbesondere ist die Klägerin als Adressat vor Erlass des sie belastenden Bescheides durch Schreiben vom 22.05.2015 nach § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört worden.
Der Bescheid ist in materieller Hinsicht ebenfalls rechtmäßig.
Der Beigeladene zu 1) war in dem streitbefangenen Prüfungszeitraum im Auftrag der Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt; eine Versicherungsfreiheit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) oder Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in dieser Beschäftigung lag nicht vor.
Eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht grundsätzlich gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III für Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind.
Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. dazu statt vieler LSG NRW, Urteil vom 02.04.2014, Az.: L 8 R 530/13, juris). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (LSG NRW, Urteil vom 02.04.2014, Az.: L 8 R 530/13, Rn. 106, juris, unter Hinweis auf folgende Rechtsprechung jeweils m.w.N.: BSG, Urteil vom 30.12.2013, Az.: B 12 KR 17/11 R, juris; BSG, Urteil vom 30.04.2013, Az.: B 12 KR 19/11 R, juris; BSG, Urteil vom 29.08.2012, Az.: B 12 KR 25/10 R, juris; BSG, Urteil vom 25.04.2012, Az.: B 12 KR 24/10 R, juris; BSG, Urteil vom 11.03.2009, Az.: B 12 KR 21/07 R, juris; BSG, Urteil vom 18.12.2001, Az.: B 12 KR 10/01 R, juris; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss vom 20.05.1996, Az.: 1 BvR 21/96, juris).
Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012, Az.: B 12 KR 25/10 R, juris; BSG, Urteil vom 25.01.2006, Az.: B 12 KR 30/04 R, juris; BSG, Urteil vom 28.05.2008, Az.: B 12 KR 13/07 R, juris). Nach den durch die Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl. dazu statt vieler BSG, Urteile vom 11.11.2015, Az.: B 12 KR 2/14 R, B 12 KR 10/14 R, B 12 KR 13/14 R, B 12 KR 14/15 B). Die tatsächlichen Verhältnisse geben den Ausschlag, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 28.09.2011, Az.: B 12 R 17/09 R, juris).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in vertraglicher, vor allem aber in tatsächlicher Hinsicht sprechen nach der Überzeugung der Kammer die weit überwiegenden Gesichtspunkte dafür, dass der Beigeladene zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses für die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum tätig war und in der Folge der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Der Geschäftsführer-Dienstvertrag enthält zahlreiche arbeitnehmertypische Regelungen.
Die Regelungen des Vertrages sehen ein festes (arbeitnehmertypisches) monatliches Bruttogehalt des Geschäftsführers von zunächst 3.300,00 Euro vor. Auch die Stellung eines Dienstwagens und die Einräumung eines Anspruchs auf Erholungsurlaub von 30 Tagen sind arbeitnehmertypisch. Ingo Kornmüller erhält als Geschäftsführer neben dem festen Monatsgehalt eine jährliche Sonderzahlung in Form einer Tantieme, wenn der Jahresüberschuss einen Betrag von 25.000,00 Euro übersteigt. Diese Tantiemenzahlung ist auch für leitende Angestellte nicht untypisch. Der Geschäftsführer genoss zudem entsprechend der vertraglichen Regelungen den üblichen sozialen Schutz einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Eine Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin ergibt sich nicht daraus, dass die einzige Gesellschafterin der Klägerin, nämlich seine Ehefrau V.L., gegenüber dem Beigeladenen zu 1) auf Weisungen grundsätzlich verzichtete. Zwar unterlag der Beigeladene zu 1) nicht umfassend einem Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit. Jedoch werden gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie – wie hier – fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2006, Az.: B 12 KR 30/04 R m.w.N., juris). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 3 SGB VI, § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (BSG, Urteil vom 29.08.2012, Az.: B 12 KR 25/10 R, Rn. 23 m.w.N., juris). Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse, beispielsweise eines leitenden Angestellten, der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem modifizierten Weisungsrecht unterliegt, machen diese nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten würden (BSG, Urteil vom 29.08.2012, Az.: B 12 KR 25/10 R, Rn. 23, juris).
Eine derartige – einer abhängigen Beschäftigung zuzuordnende – Weisungsabhängigkeit liegt, wenn auch in abgeschwächter Form, bei dem Beigeladenen zu 1) vor. Er hatte in Ausübung seiner Tätigkeit Freiheiten, die einer Annahme der Tätigkeit im Rahmen abhängiger Beschäftigung nicht entgegensteht. Der Beigeladene zu 1) hatte jedoch keine Möglichkeiten, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern. Ihm fehlt in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden. Der Beigeladene zu 1) verfügte im streitgegenständlichen Prüfungszeitraum über keinerlei Anteil am Stammkapital der Klägerin.
Soweit die Klägerin auf die notariell nicht beurkundete Stimmbindungsvereinbarung zwischen der Alleingesellschafterin Ulrike Kornmüller und dem Beigeladenen zu 1) hinweist, ist diese nach Auffassung des Gerichts nicht geeignet, die Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1) zu begründen. Die getroffene Vereinbarung ist nicht notariell beurkundet und jederzeit – beispielsweise durch die Alleingesellschafterin – kündbar. Das Gericht verweist insoweit auf die Rechtsprechung durch das BSG in seinen Entscheidungen vom 11.11.2015 (vgl. BSG, Urteile vom 11.11.2015, Az.: B 12 KR 10/14 R, B 12 KR 13/14 R, B 12 KR 14/15 B, juris) und schließt sich dieser Rechtsprechung an. Das BSG führt aus, dass eine außerhalb des Gesellschaftsvertrages nur schuldrechtlich getroffene Stimmbindungsvereinbarung, die zumindest außerordentlich kündbar ist, (auch im Falle gesellschaftsrechtlicher Unbedenklichkeit) nicht geeignet ist, bei einem Geschäftsführer den sozialversicherungsrechtlichen Status als nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger zu begründen (BSG, Urteil vom 11.11.2015, Az.: B 12 KR 10/14 R, Rn. 29 m.w.N., juris). Nach Auffassung des BSG entfaltet nicht alles, was gesellschaftsrechtlich zulässig ist, im Sinne einer Automatik entsprechende Wirkungen im Rahmen der nach § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Abwägung. Auch wenn daher eine außerhalb des formgebundenen Gesellschaftsvertrags einfachschriftlich getroffene Stimmrechtsvereinbarung gesellschaftsrechtlich zulässig sein kann, ist sie jedenfalls nicht geeignet, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse ohne Weiteres mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben; denn der Stimmbindungsvertrag kann von jedem Gesellschafter – im vorliegenden Fall von der Alleingesellschafterin V.L. – gekündigt werden. Bei Eintreten eines Konfliktfalls zwischen den Ehepartnern käme es daher allein auf die den Beteiligten aufgrund des Kündigungsrechts zustehende Rechtsmacht an. (vgl. zur Argumentation des Bundessozialgerichts, Urteil vom 11.11.2015, Az.: B 12 KR 13/14 R, Rn. 31 m.w.N., juris).
Wesentliche Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen und im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, sind nicht ersichtlich.
Zunächst verfügt der Beigeladene zu 1) nicht über eine eigene, unabhängig von dem Betrieb der Klägerin bestehende Betriebsstätte, und er hat auch kein für eine selbstständige Tätigkeit sprechendes wesentliches Unternehmerrisiko zu tragen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 28.05.2008, Az.: B 12 KR 13/07 R, juris) ist maßgebliches Kriterium für ein wesentliches Unternehmerrisiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist, wobei dem Risiko unternehmerische Chancen in Form von Verdienstmöglichkeiten oder Gestaltungsspielräumen gegenüber stehen müssen (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.1998, Az.: B 12 KR 5/97 R, juris).
Eine solche Ungewissheit ist nicht festzustellen, soweit es um den Einsatz der Arbeitskraft des Beigeladenen zu 1) geht. Eine solche Ungewissheit bestand im maßgeblichen Zeitraum gerade nicht, soweit es um den Einsatz der Arbeitskraft des Geschäftsführers ging. Denn er erhielt einen erfolgsunabhängigen Stundenlohn in Höhe von 3.300,00 Euro brutto, der vertraglich in dem Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 22.12.2007 festgesetzt und der ihm – auch nach späteren Erhöhungen – ausweislicher der vorliegenden Lohnabrechnungen pro Jahr monatlich in gleicher Höhe ausbezahlt wurde.
Ein eigener Kapitaleinsatz erfolgte zwar dahingehend, dass allein der Beigeladene zu 1) Darlehen für die Klägerin stellte und Bürgschaften aufnahm. Diese Darlehens- und Bürgschaftsverpflichtungen rechtfertigen jedoch keine abweichende rechtliche Bewertung der Stellung des Beigeladenen zu 1). Denn er erhielt trotzdem seine feste monatliche Vergütung, was das von ihm eingegangene finanzielle Risiko deutlich schmälert. Überdies ist es im Geschäftsleben auch nicht unüblich, dass Arbeitnehmer, zumal dann, wenn die Gesellschaft mehrheitlich von Familienmitgliedern gehalten wird, dem Unternehmen persönliche Darlehen gewähren oder zu dessen Gunsten sonstige finanzielle Verbindlichkeiten eingehen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Kreditinstitute bei Familienunternehmen typischerweise auch auf einer finanziellen Beteiligung respektive Mithaftung von Ehepartnern oder anderen beteiligten Familienangehörigen bestehen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 19.08.2015, Az.: B 12 KR 9/14 R, Rn. 33, juris). Die Stellung eines Darlehens stellt keinen Kapitaleinsatz dar und begründet somit kein maßgebliches Unternehmerrisiko (vgl. zu Sicherheiten und Unternehmerrisiko LSG NRW, Urteil vom 03.09.2014, Az.: L 8 R 55/13, Rn. 110, juris).
Ein Vertrauensschutz ergibt sich für Klägerin nicht aus der vorangegangenen Prüfung nach § 28p SGB IV. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können aus Betriebsprüfungen grundsätzlich keine weitergehenden Rechte herleiten. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten nur den Zweck, die Beitragsentrichtung zu einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013, Az.: B 12 AL 2/11 R, Rn. 24 m.w.N., juris). Eine darüber hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu und kann ihnen schon deshalb nicht zukommen, weil die Betriebsprüfung nicht umfassend oder erschöpfend zu sein braucht und sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken darf. Betriebsprüfungen haben insbesondere nicht den Zweck, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa - mit Außenwirkung – "Entlastung" zu erteilen. Eine materielle Bindungswirkung kann sich lediglich dann und insoweit ergeben, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht (und Beitragshöhe) im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013, Az.: B 12 AL 2/11 R, Rn. 24 m.w.N., juris).
Die materielle Bindungswirkung nach § 77 SGG des durch die Beklagte erlassenen Prüfberichts vom 20.02.2012 aufgrund vorheriger Betriebsprüfung gemäß § 28p SGB IV für den Prüfzeitraum vom 01.12.2005 bis 31.12.2009 steht der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Prüfzeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2014 durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten nicht entgegen. Von der Bindungswirkung eines Bescheides erfasst ist grundsätzlich nur der Verfügungssatz, nicht jedoch die Gründe, die zu der Regelung geführt haben. Ein der Bestandskraft fähiger Verfügungssatz dahingehend, dass die Klägerin im Prüfzeitraum sämtliche nicht gesondert erwähnten Meldepflichten und sonstigen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt habe, lässt sich dem durch die Beklagte erlassenen Prüfbericht vom 20.02.2012 (unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem Prüfbericht um einen der Bestandskraft fähigen Bescheid handelt) nicht entnehmen.
Schließlich kann sich die Klägerin mit Blick auf die von der Beklagten nachgeforderten Sozialversicherungsbeiträge nicht auf ein schützenswertes Vertrauen ihrerseits berufen. Denn es fehlt an einem Anknüpfungspunkt für das von der Klägerin geltend gemachte Vertrauen, da sie insbesondere keinen Vertrauensschutz aus der landessozialgerichtlichen Rechtsprechung oder jener des Bundessozialgerichts herleiten kann. Zwar kann der aus Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes, obgleich höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch eine gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.01.2009, Az.: 2 BvR 2044/07, Rn. 85, juris; BSG, Urteil vom 16.12.2015, Az.: B 12 R 11/14 R, Rn. 31, juris; vgl. auch BAG, Urteil vom 10.06.2012, Az.: 9 AZR 652/10, Rn. 27, juris). Jedoch begründet die bloße Erwartung, ein oberstes Bundesgericht werde eine ungeklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne beantworten, kein verfassungsrechtlich gem. Art. 20 Abs. 3 GG geschütztes Vertrauen (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2015, Az.: B 12 R 11/14 R, Rn. 33, juris). Für die streitgegenständliche Frage der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Stimmbindungsvereinbarungen fehlte es gerade an einer gefestigten, einheitlichen Rechtsprechung der Landessozialgerichte bzw. des Bundessozialgerichts. Denn in der Vergangenheit ist die Frage, ob schuldrechtliche Stimmbindungsvereinbarungen, die nicht Bestandteil eines Gesellschaftsvertrages sind, unbeschadet ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit ebenso wie eine gesellschaftsvertraglich eingeräumte Sperrminorität eine abhängige Beschäftigung auszuschließen vermögen, in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte unterschiedlich beurteilt worden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.12.2015, Az.: L 1 KR 356/13, Rn. 24 m.w.N., juris). Darüber hinaus hatte das Bundessozialgericht bereits zum Fall der einem Fremd-Geschäftsführer einer GmbH erteilten Stimmrechtsvollmacht die Auffassung des LSG Hamburg gebilligt, dass diese Vollmacht jederzeit widerruflich war und ihr letztlich keine entscheidende Bedeutung für die Bestimmung des sozialversicherungsrechtlichen Status des betroffenen Fremd-Geschäftsführers beigemessen (BSG, Urteil vom 18.12.2001, Az.: B 12 KR 10/01 R, Rn. 18, juris). Mit Blick auf diese Entscheidung sowie auf die uneinheitliche Rechtsprechung der Instanzgerichte hat sich das Bundessozialgericht in zwei Entscheidungen vom 11.11.2015 erst klarstellend zu den Fragen der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung einer schriftlichen Vereinbarung über eine Stimmrechtsübertragung einerseits (BSG, Urteil vom 11.11.2015, Az.: B 12 R 2/14 R, juris) sowie eines (einfach-)schriftlich geschlossenen Stimmbindungsvertrages andererseits (BSG, Urteil vom 11.11.2015, Az.: B 12 KR 13/14 R, juris) geäußert. Vor dem Hintergrund der zuvor uneinheitlich beantworteten und erst mit Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 11.11.2015 letztinstanzlich geklärten Frage der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung einer Stimmbindungsvereinbarung konnte sich die Klägerin gerade nicht auf einen Tatbestand berufen, der ihr Vertrauensschutz dergestalt vermittelt hätte, dass das Bundessozialgericht in ihrem Sinne entschieden haben würde, sondern musste sie vielmehr auch die Möglichkeit einer Entscheidung des Inhalts in Betracht ziehen, wie sie das Bundessozialgericht am 11.11.2015 getroffen hat. Denn letztlich stellen die genannten Entscheidungen des Bundessozialgerichts keine Änderungen einer gefestigten Rechtsprechung dar, die einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin hätten begründen können.
Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Für Selbständigkeit sprechende Gesichtspunkte sind somit nur in derartig geringem Maße vorhanden, dass die maßgeblich für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale der Weisungsgebundenheit und Eingliederung in einen fremden Betrieb den Ausschlag geben für das Ergebnis der Gesamtabwägung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 ff. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Mangels Antragstellung sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht erstattungsfähig, § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO.
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