Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 28 SF 4605/16 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 SF 294/18 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Ein schriftlicher Vergleich im Sinne der Nr. 3106 Nr. 1 VV RVG setzt den Abschluss eines Vergleichs im gerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften des SGG voraus, der den Rechtsstreit prozessual beendet.
2. Unter einem schriftlichen Vergleich im Sinne der Nr. 3106 Nr. 1 VV RVG wird nicht nur ein nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG geschlossenen Vergleich verstanden (entgegen Bayerisches LSG, Beschluss vom 29. November 2016 - L 15 SF 97/16 E).
3. Im Kostenfestsetzungsverfahren ist grundsätzlich die Verfahrensgestaltung durch das Prozessgericht zugrunde zu legen (vgl. Thüringer LSG, Beschlüsse vom 18. Oktober 2018 - L 1 SF 1302/17 B und 22. Januar 2019 - L 1 SF 1300/17 B).
4. Die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 1 2. Alt VV RVG fällt nicht bei einem schriftlichen außergerichtlichen Vergleich an (entgegen LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 14. März 2018 - L 13 SB 1/17 B).
2. Unter einem schriftlichen Vergleich im Sinne der Nr. 3106 Nr. 1 VV RVG wird nicht nur ein nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG geschlossenen Vergleich verstanden (entgegen Bayerisches LSG, Beschluss vom 29. November 2016 - L 15 SF 97/16 E).
3. Im Kostenfestsetzungsverfahren ist grundsätzlich die Verfahrensgestaltung durch das Prozessgericht zugrunde zu legen (vgl. Thüringer LSG, Beschlüsse vom 18. Oktober 2018 - L 1 SF 1302/17 B und 22. Januar 2019 - L 1 SF 1300/17 B).
4. Die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 1 2. Alt VV RVG fällt nicht bei einem schriftlichen außergerichtlichen Vergleich an (entgegen LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 14. März 2018 - L 13 SB 1/17 B).
Die Beschlüsse des Sozialgerichts Gotha vom 19. Februar 2018 werden wie folgt neu gefasst:
Auf die Erinnerungen werden die Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse vom 29. September und 8. Juni 2016 abgeändert. Die in den Verfahren S 28 AS 3804/15 und S 28 AS 3805/15 aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen werden auf einheitlich 648,55 Euro festgesetzt.
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung für zwei beim Sozialgericht Gotha anhängig gewesene Verfahren der von dem Beschwerdeführer vertretenen Kläger.
Durch Bescheid vom 10. März 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 3. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2015 bewilligte das Jobcenter im Landkreis G. den Klägern Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. bis 31. März 2015 in Höhe von insgesamt 914,69 Euro. Mit ihrer dagegen gerichteten Klage vom 28. September 2015 machten die Kläger einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II geltend.
Durch weiteren Änderungsbescheid vom 10. März 2015 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 4. Juni 2015 bewilligte das Jobcenter im Landkreis G. Leistungen nach dem SGB II für den Monat Dezember 2014 in Höhe von 758,17 Euro, für Januar 2015 in Höhe von 906,27 Euro und für Februar 2015 in Höhe von 709,93 Euro. Durch Widerspruchsbescheid vom 4. September 2015 wies das Jobcenter Landkreis G. nach Erlass der Änderungsbescheide vom 4. Juni 2015 und 3. September 2015 einen Widerspruch der Kläger für die Zeiträume vom 1. November 2014 bis 31. März 2015 zurück. Mit ihren Klagen vom 28. September 2015 begehren die Kläger für die Zeit vom 1. November 2014 bis 28. Februar 2015 höhere Leistungen wegen eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 7 SGB II.
Mit Beschlüssen vom 7. März 2016 bewilligte das Sozialgericht den Klägern jeweils Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Mit Beschlüssen vom 12. Mai 2016 stellte das Sozialgericht jeweils das Zustandekommen eines Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO fest. Danach verpflichtete sich die Beklagte im Verfahren S 28 AS 3804/15, den Klägern für den Zeitraum 1. - 31. März 2015 einen Betrag von insgesamt 3,98 Euro zu zahlen und erkannte im Verfahren S 28 AS 3805/15 für den Monat Dezember 2014 einen weiteren Leistungsanspruch wegen Heizkosten in Höhe von 2,67 Euro und für den Monat Februar 2015 einen weiteren Anspruch in Höhe von 10,35 Euro an.
Mit seiner Abrechnung vom 26. Mai 2016 beantragte der Beschwerdeführer in beiden Verfahren jeweils die Festsetzung folgender Gebühren:
Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG, §§ 45, 49 RVG 300,00 EUR Erhöhungsgebühr 2 weitere Auftraggeber der Bedarfsgemeinschaft gemäß § 38 SGB II, § 14 Nr. 1008 VV RVG 180,00 EUR Anrechnung Geschäftsgebühr gemäß Vorb. 3 (4) VV RVG - 175,00 EUR Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 (3) VV RVG, §§ 45, 49 RVG 280,00 EUR Einigungsgebühr gemäß Nr. 1006 VV RVG, §§ 45, 49 RVG 200,00 EUR Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 805,00 EUR 19 % Umsatzsteuer gemäß Nr 7008 VV RVG 152,95 EUR Gesamtbetrag 957,95 EUR.
Mit Vergütungsfestsetzungsbeschlüssen vom 8. Juni und 29. September 2016 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Vergütung in beiden Verfahren auf jeweils 648,55 EUR fest. Die Verfahrensgebühr sei auf 200,00 EUR festzusetzen. Die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG sei auf 90 % der zustehenden Verfahrensgebühr festzusetzen. Die Einigungsgebühr bestimme sich nach Nr. 1006 VV RVG und sei in Höhe der Verfahrensgebühr festzusetzen.
Gegen die Festsetzung der Gebühren im Verfahren S 28 AS 3804/15 hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und geltend gemacht, dass die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG auf 300,00 EUR sowie die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 280,00 EUR festzusetzen sei. Mit Schriftsatz vom 2. August 2017 hat die Staatskasse Anschlusserinnerung eingelegt. Es handle sich gebührenrechtlich um dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Beiden Klageverfahren liege ein einheitlicher Lebensvorgang zugrunde. Gegenstand beider Verfahren sei ein Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwassererzeugung gewesen. Gegenstand sei derselbe Widerspruchsbescheid vom 4. September 2015 gewesen. Die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG sei nicht entstanden. Diese könne nur für einen Vergleich nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG entstehen.
Im Verfahren S 28 AS 3805/15 hat die Staatskasse Erinnerung eingelegt und geltend gemacht, dass es sich gebührenrechtlich um dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG handele. Ebenso wie im Parallelverfahren sei auch die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG nicht entstanden.
Durch Beschlüsse vom 19. Februar 2018 hat das Sozialgericht die Vergütung in dem Verfahren S 28 AS 3805/15 unter Abänderung des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses vom 8. Juni 2016 auf 0,00 EUR und die Vergütung im Verfahren S 28 AS 3804/15 unter Zurückweisung der Erinnerungen auf 648,55 EUR festgesetzt. Die Verfahren S 28 AS 3805/15 und S 28 AS 3804/15 stellten dieselbe Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne nach § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG dar. Auch bei getrennten Klageverfahren könne dieselbe Angelegenheit vorliegen. Ein einheitlicher Lebenssachverhalt sei hier gegeben. Beide Verfahren hätten die Übernahme von Stromkosten zum Betrieb einer Gastherme zur Wasseraufbereitung zum Gegenstand gehabt. Eine sogenannte fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 1 Ziff. 1 VV RVG sei entstanden. Unerheblich sei, von wem die Initiative zum Vergleich ausgegangen sei. Ein Unterbreiten des Vergleichsvorschlags durch das Gericht sei nicht erforderlich, um die Gebühr nach Nr. 3106 Satz 1 Ziff. 1 VV RVG auszulösen. Die Verfahrensgebühr sei auf 2/3 der Mittelgebühr festzusetzen.
Gegen die am 26. bzw. 28. Februar 2018 zugestellten Beschlüsse haben sowohl der Beschwerdeführer als auch die Staatskasse Beschwerde beim Sozialgericht eingelegt. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass es sich bei den Verfahren S 28 AS 3804/15 und S 28 AS 3805/15 gebührenrechtlich nicht um dieselbe Angelegenheit handle. In den Verfahren sei es um unterschiedliche Änderungsbescheide mit verschiedenen Leistungszeiträumen gegangen. Außerdem habe das Sozialgericht Gotha in beiden Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt. Hieran seien sowohl die Urkundsbeamtin als auch im Festsetzungsverfahren das Gericht gebunden. Die fiktive Terminsgebühr entstehe auch bei einem Vergleich nach § 278 Abs. 6 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Staatskasse ist der Auffassung, dass die Vergütung für beide Verfahren einheitlich auf 434,35 EUR festzusetzen sei. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative VV RVG sei nicht entstanden. Ein Vergleich nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG sei gerade nicht abgeschlossen worden. Nach Nr. 3106 VV RVG sei die Mitwirkung des Gerichts für die Beendigung des Rechtsstreits konstitutiv. Ein solches konstitutives Handeln des Gerichts fehle jedoch bei einem Vorgehen nach § 278 Abs. 6 ZPO.
Das Sozialgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen (vgl. Verfügungen vom 5. und 13. März 2018) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt. Mit Beschluss vom 10. Januar 2019 hat der Berichterstatter beide Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und mit Beschluss vom 1. Februar 2019 wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat übertragen.
II.
Anzuwenden ist das RVG in der ab dem 1. August 2013 geltenden Fassung, denn die Beiordnung des Rechtsanwalts ist nach diesem Zeitpunkt erfolgt (§ 60 Abs. 1 Satz 1 RVG). Die Beschwerden sind nach § 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz RVG statthaft und zulässig. Der Beschwerdewert übersteigt jeweils 200,00 EUR.
Die Beschwerde des Rechtsanwalts als Beschwerdeführer hat in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat in seinem Beschluss vom 19. Februar 2018 zu Recht entschieden, dass es sich bei den beiden Hauptsacheverfahren S 28 AS 3804/15 und S 28 AS 3805/15 um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG handelt. Damit ist die Rechtsanwaltsvergütung für beide Verfahren einheitlich festzusetzen.
Von derselben Angelegenheit wird regelmäßig dann ausgegangen, wenn zwischen den wei-sungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen ein innerer Zusammenhang gegeben ist, also ein einheitlicher Auftrag und ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R m. w. N., nach Juris). Dies gilt auch für Individualansprüche nach dem SGB II; die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft löst lediglich eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG aus (vgl. BSG, Urteile vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R, 21. Dezember 2009 - B 14 AS 83/08 R, 27. September 2011 - B 4 AS 155/10 R, juris; a.A. Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Auflage 2017, § 15 Rn. 23). Ent-scheidend ist, ob ein einheitlicher Lebenssachverhalt vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 6. November 2014 - L 6 SF 1022/14 B). Entsprechend hat das BVerwG im Urteil vom 9. Mai 2000 (11 C 1/99, Juris) ausgeführt, "dieselbe Angelegenheit" komme vor allem in Fällen paralleler Verwaltungsver-fahren in Betracht, wenn dieselbe Behörde Verwaltungsakte aus einem gemeinsamen Anlass und Rechtsgrund in engem zeitlichen Zusammenhang objektbezogen erlässt, so dass einen Adressaten mehrere Verwaltungsakte erreichen, die auch zusammengefasst in einem einzigen Bescheid hätten ergehen können. Beauftrage dann der Adressat einen Rechtsanwalt damit, aus demselben rechtlichen Gesichtspunkt einheitlich gegen alle Verwaltungsakte vorzugehen, werde dieser, sofern keine inhaltliche oder formale Differenzierung zwischen den Verfahren geboten sei, in "derselben Angelegenheit" tätig. Unerheblich sei, ob der Rechtsanwalt die Widersprüche in einem einzigen, alle Verfahren betreffenden Schreiben oder in mehreren, die jeweiligen Einzelverfahren betreffenden Schreiben, die sich nur hinsichtlich der jeweiligen Verfahrensangabe (Objekt, Aktenzeichen) unterscheiden, einlege und begründe. Anders sei es allerdings, wenn der Rechtsanwalt auftragsgemäß unterschiedliche Einwände gegen die jeweiligen Verwaltungsakte vortrage oder nennenswert unterschiedliche verfahrensrechtliche Besonderheiten zu beachten habe. Fehle es an einem inneren Zusammenhang zwischen mehreren, an einen Adressaten gerichteten Verwaltungsakten, scheide schon aus diesem Grund die Annahme "derselben Angelegenheit" aus."
Der Rechtsprechung des BSG ist der 6. Senat des Thüringer Landessozialgerichts gefolgt und hat sie dergestalt weiterentwickelt, dass auch bei getrennten Klageverfahren "dieselbe Angelegenheit" vorliegen kann (vgl. Beschlüsse vom 15. April 2015 - L 6 SF 331/15 B, 6. Januar 2015 - L 6 SF 1221/14 B, 6. November 2014 - L 6 SF 1022/14 B). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an, denn es ist nicht einsichtig, formal selbständige Klageverfahren stets kostenrechtlich getrennt zu behandeln (so auch FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. Juni 2014 - 8 KO 1022/12, Juris).
Im vorliegenden Fall stellten sich nicht nur in beiden Klageverfahren die gleichen materiell-rechtlichen Probleme hinsichtlich der Berücksichtigung zusätzlicher Kosten für eine besondere Form der dezentralen Warmwassererzeugung, sondern es lag auch ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit vor. In beiden Klageverfahren ging es um die gleichen materiell-rechtlichen Probleme der Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 7 SGB II bei der Erzeugung des Warmwassers über eine Gastherme, welche durch Strom betrieben wird. Unerheblich ist, dass die Beklagte in zwei Änderungsbescheiden über die Problematik - im Bescheid vom 3. September 2015 für den Bewilligungszeitraum März 2015 und im Änderungsbescheid vom 4. Juni 2015 für den Zeitraum 1. Dezember 2014 bis 28. Februar 2015 - entschieden hat. Denn die Beklagte hat in der Angelegenheit einheitlich am 4. September 2015 hinsichtlich der Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. November 2014 bis 31. März 2015 einen Widerspruchsbescheid erlassen. Damit wäre es dem Prozessbevollmächtigten der Kläger unschwer möglich gewesen, nur eine Klage zu erheben. Der erforderliche einheitliche Lebenssachverhalt liegt vor. Damit kommen die Gebühren für beide Verfahren nur einmal in Betracht. Es liegt auch ein einheitlicher Auftrag für die anwaltliche Tätigkeit vor. Entgegen der Auffassung des Rechtsanwalts als Beschwerdeführer waren weder das Sozialgericht noch der Senat gehindert, im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen, ob dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG vorliegt, obwohl das Sozialgericht für beide Verfahren getrennt Prozesskostenhilfe bewilligt hat. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2018 - L 1 SF 1302/17 B, Juris) besteht an die Entscheidung des Prozessgerichts, PKH für beide Verfahren zu gewähren und nicht wegen mutwilliger Aufspaltung des Verfahrens zu versagen, keine Bindung im Festsetzungsverfahren, weil § 15 Abs. 2 RVG ausdrücklich bestimmt, dass der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann. Es handelt sich daher bei § 15 Abs. 2 RVG um eine gebührenrechtliche Vorschrift. Daher schließt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für beide Verfahren den Einwand der unnötigen Kostenverursachung und dessen Berücksichtigung im Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG nicht aus.
Die Beschwerde der Staatskasse gegen die durch das Sozialgericht vorgenommene Festsetzung der Gebühren des Rechtsanwalts auf 648,55 EUR hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Festsetzung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG auf 200,00 EUR und der Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG ebenfalls auf 200,00 EUR durch das Sozialgericht ist nicht zu beanstanden. Der Senat nimmt insoweit entsprechend § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug auf dessen Ausführungen.
Entgegen der Auffassung der Staatskasse ist für die Tätigkeit des Rechtsanwalts in den Klageverfahren auch eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 VV RVG in Höhe von 180,00 EUR entstanden.
Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1 VV RVG entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Nr. 3106 VV RVG sieht in Satz 1 vor, dass die Terminsgebühr auch entsteht, wenn 1. in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird, 2. nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann oder 3. das Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet.
Im vorliegenden Fall endete das Klageverfahren, ohne dass zuvor eine mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht stattgefunden hatte, durch einen schriftlichen Vergleich i. S. d Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 VV RVG
Ein schriftlicher Vergleich im Sinne der Nr. 3106 Nr. 1 VV RVG setzt den Abschluss eines Vergleichs im gerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften des SGG voraus, der den Rechtsstreit prozessual beendet. Dies folgt aus der Entstehungsgeschichte, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der Gebührenziffer. Die Verwendung des Begriffes "Vergleich" in Nr. 3104 Nr. 1 VV RVG und Nr. 3106 Nr. 12 VV RVG macht deutlich, dass die Gebührenziffer einen seiner äußeren Form nach als Vergleich erkennbaren Prozessvergleich voraussetzt, der in aller Regel einen Vollstreckungstitel darstellt (vgl. § 199 Abs. 1 Nr. 3 SGG). Damit wollte der Gesetzgeber vermeiden, dass Streit darüber entsteht, welche Vereinbarung noch und welche nicht mehr als gegenseitiges Nachgeben zu werten ist (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 19. Mai 2017 - L 8 R 682/15 BKO; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2018 - L 7AS 73/17 B, Juris). Dies entspricht auch der Doppelnatur eines Prozessvergleichs. Ein Prozessvergleich, sowohl nach § 101 SGG als auch nach § 202 SGG i. V. m. § 278 Abs. 6 ZPO, ist sowohl Prozesshandlung, deren Wirksamkeit sich nach den Grundsätzen des jeweiligen Prozessrechts richtet, als auch öffentlich rechtlicher Vertrag, für den die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 54 ff. des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gelten (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2017 – B 2 U 14/15 R, SozR 4-1200 § 44 Nr. 6; BVerwG, Urteil vom 10. März 2010 - 6 C 15/09; BGH, Urteil vom 19. April 2018 - IX ZR 222/17, Juris). Als Prozesshandlung führt der Vergleich zur Prozessbeendigung und als materiell-rechtlicher Vertrag legt er den Streit der Beteiligten endgültig bei. Entgegen der Auffassung des Bayerischen Landessozialgerichts in seinem Beschluss vom 29. November 2016 (L 15 SF 97/16 E, Juris) kann unter einem schriftlichen Vergleich im Sinne von Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 2. Alt VV RVG nicht nur ein nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG geschlossener Vergleich verstanden werden. Für die dort geforderte konstitutive Mitwirkung des Gerichts an der vergleichsweisen Beendigung des Rechtsstreits bietet die Gebührenziffer Nr. 3106 VV RVG keine Handhabe. Der Wortlaut der Gebührenziffer Nr. 3106 Nr. 1 2. Alternative VV RVG verlangt nur einen schriftlichen Vergleich. Diesen Anforderungen genügt aber sowohl ein Vergleichsschluss nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG als auch ein Vorgehen nach § 202 SGG i. V. m. § 278 Abs. 6 ZPO. In beiden Fällen ist die Schriftlichkeit gegeben. Der Streit darüber, ob § 278 Abs. 6 ZPO über § 202 SGG nach Einführung der neuen Regelung des § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG überhaupt noch anwendbar ist, kann im Kostenfestsetzungsverfahren keine Rolle spielen. Im Kostenfestsetzungsverfahren ist grundsätzlich die Verfahrensgestaltung durch das Prozessgericht zugrunde zu legen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 2018 - L 1 SF 1302/17 B bzw. 22. Januar 2019 - L 1 SF 1300/17 B, Juris). Ausschließlich das Prozessgericht hat zu entscheiden, ob die Vorschrift des § 278 Abs. 6 ZPO in einem sozialgerichtlichen Verfahren weiterhin Anwendung findet. Der Kostenrichter ist daher nicht berechtigt, seine möglicherweise materiell-rechtlich abweichende Auffassung zur Anwendung dieser Vorschrift im Rahmen der kostenrechtlichen Beurteilung "nachzuholen". Diese Auffassung wird auch der verminderten Prüfpflicht des Kostenbeamten im Kostenfestsetzungsverfahren gerecht, denn ob das Verfahren durch einen Vergleich nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG oder durch die Feststellung des Zustandekommens eines Vergleichs im Beschlusswege nach § 278 Abs. 6 ZPO beendet worden ist, lässt sich der jeweiligen Gerichtsakte unschwer entnehmen. Hingegen wäre es für die nach der Gegenauffassung festzustellende konstitutive Mitwirkung des Gerichts für die vergleichsweise Beendigung des Rechtsstreits (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 29. November 2016 - L 15 SF 97/16 E, Juris) für den jeweiligen Kostenbeamten nur schwer möglich, dies zu überprüfen.
Der Auffassung des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern in seinem Beschluss vom 14. März 2018 (L 13 SB 1/17 B, Juris), wonach die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 1 2. Alt VV RVG auch bei einem schriftlichen außergerichtlichen Vergleich anfällt, ist nicht zu folgen. Diese ist bereits mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar, welche verlangt, dass in einem Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen worden ist. Wie bereits dargelegt hat ein solcher Vergleich eine Doppelnatur, in dem er zum einen prozessual den Rechtsstreit beendet und zum anderen den materiell-rechtlichen Streit zwischen den Beteiligten beilegt. Für einen außergerichtlichen Vergleich kann daher eine fiktive Terminsgebühr nur unter den Voraussetzungen der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1 VV RVG entstehen.
Dieses Ergebnis entspricht auch Sinn und Zweck der Regelung. Dieser besteht nach übereinstimmender Auffassung nicht darin, einen Anreiz für ein Hinarbeiten des Rechtsanwaltes auf eine vergleichsweise Regelung zu setzen. Diesen Zweck verfolgen bereits die Nrn. 1000 ff. VV RVG mit der Gewährung einer Einigungsgebühr. Mit der fiktiven Terminsgebühr soll dem Rechtsanwalt das gebührenrechtliche Interesse an der Durchführung eines Termins in den Fällen genommen werden, in denen das Gericht von im Prozessrecht vorgesehenen Möglichkeiten Gebrauch macht, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung zu beenden (BT-Drs. 17/11471 S. 275). Die Gewährung der fiktiven Terminsgebühr soll dem Anwalt in diesen Fällen das Interesse daran nehmen, auf einer mündlichen Verhandlung zu bestehen, in welcher nur ein zu protokollierender Prozessvergleich geschlossen wird. Haben sich die Beteiligten ohne Mitwirkung des Gerichts durch außergerichtlichen Vergleich geeinigt, bedarf es keines gebührenrechtlichen Anreizes zur Vermeidung einer mündlichen Verhandlung, weil diese bereits aus Sicht der Beteiligten überflüssig ist. In diesen Fällen werden die beteiligten Rechtsanwälte durch die Gewährung einer Einigungsgebühr nach den Nrn. 1000 ff. VV RVG und die Gewährung einer fiktiven Terminsgebühr wegen einer außergerichtlichen Besprechung unter den Voraussetzungen der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG hinreichend honoriert. Die Steuerungswirkung der fiktiven Terminsgebühr ist daher nur in den Fällen erforderlich, in denen die Beteiligten einen gerichtlichen Vergleich wünschen, z.B. um einen vollstreckbaren Titel zu erhalten (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 19. Mai 2017 - L 8 R 682/15 BKO, Juris). Auch bei einem Vorgehen nach § 278 Abs. 6 ZPO wird dem Rechtsanwalt der Anreiz genommen, allein wegen einer Terminsgebühr die Protokollierung eines Vergleichs in einer mündlichen Verhandlung anzustreben.
Damit errechnet sich die Vergütung des Rechtsanwalts als Beschwerdeführer wie folgt:
Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 RVG-VV 200,00 EUR Erhöhungsgebühr für 2 weitere Auftraggeber nach Nr. 1008 RVG-VV 120,00 EUR Anrechnung der Geschäftsgebühr gem. Vorb. 3 Abs. 4 RVG-VV - 175,00 EUR Terminsgebühr nach Nr. 3106 RVG-VV 180,00 EUR Einigungsgebühr nach Nr. 1006 RVG-VV 200,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 RVG-VV 20,00 EUR 19 % Umsatzsteuer nach 7008 RVG-VV 103,55 EUR Summe: 648,55 EUR.
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Auf die Erinnerungen werden die Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse vom 29. September und 8. Juni 2016 abgeändert. Die in den Verfahren S 28 AS 3804/15 und S 28 AS 3805/15 aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen werden auf einheitlich 648,55 Euro festgesetzt.
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung für zwei beim Sozialgericht Gotha anhängig gewesene Verfahren der von dem Beschwerdeführer vertretenen Kläger.
Durch Bescheid vom 10. März 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 3. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2015 bewilligte das Jobcenter im Landkreis G. den Klägern Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. bis 31. März 2015 in Höhe von insgesamt 914,69 Euro. Mit ihrer dagegen gerichteten Klage vom 28. September 2015 machten die Kläger einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II geltend.
Durch weiteren Änderungsbescheid vom 10. März 2015 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 4. Juni 2015 bewilligte das Jobcenter im Landkreis G. Leistungen nach dem SGB II für den Monat Dezember 2014 in Höhe von 758,17 Euro, für Januar 2015 in Höhe von 906,27 Euro und für Februar 2015 in Höhe von 709,93 Euro. Durch Widerspruchsbescheid vom 4. September 2015 wies das Jobcenter Landkreis G. nach Erlass der Änderungsbescheide vom 4. Juni 2015 und 3. September 2015 einen Widerspruch der Kläger für die Zeiträume vom 1. November 2014 bis 31. März 2015 zurück. Mit ihren Klagen vom 28. September 2015 begehren die Kläger für die Zeit vom 1. November 2014 bis 28. Februar 2015 höhere Leistungen wegen eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 7 SGB II.
Mit Beschlüssen vom 7. März 2016 bewilligte das Sozialgericht den Klägern jeweils Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Mit Beschlüssen vom 12. Mai 2016 stellte das Sozialgericht jeweils das Zustandekommen eines Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO fest. Danach verpflichtete sich die Beklagte im Verfahren S 28 AS 3804/15, den Klägern für den Zeitraum 1. - 31. März 2015 einen Betrag von insgesamt 3,98 Euro zu zahlen und erkannte im Verfahren S 28 AS 3805/15 für den Monat Dezember 2014 einen weiteren Leistungsanspruch wegen Heizkosten in Höhe von 2,67 Euro und für den Monat Februar 2015 einen weiteren Anspruch in Höhe von 10,35 Euro an.
Mit seiner Abrechnung vom 26. Mai 2016 beantragte der Beschwerdeführer in beiden Verfahren jeweils die Festsetzung folgender Gebühren:
Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG, §§ 45, 49 RVG 300,00 EUR Erhöhungsgebühr 2 weitere Auftraggeber der Bedarfsgemeinschaft gemäß § 38 SGB II, § 14 Nr. 1008 VV RVG 180,00 EUR Anrechnung Geschäftsgebühr gemäß Vorb. 3 (4) VV RVG - 175,00 EUR Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 (3) VV RVG, §§ 45, 49 RVG 280,00 EUR Einigungsgebühr gemäß Nr. 1006 VV RVG, §§ 45, 49 RVG 200,00 EUR Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 805,00 EUR 19 % Umsatzsteuer gemäß Nr 7008 VV RVG 152,95 EUR Gesamtbetrag 957,95 EUR.
Mit Vergütungsfestsetzungsbeschlüssen vom 8. Juni und 29. September 2016 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Vergütung in beiden Verfahren auf jeweils 648,55 EUR fest. Die Verfahrensgebühr sei auf 200,00 EUR festzusetzen. Die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG sei auf 90 % der zustehenden Verfahrensgebühr festzusetzen. Die Einigungsgebühr bestimme sich nach Nr. 1006 VV RVG und sei in Höhe der Verfahrensgebühr festzusetzen.
Gegen die Festsetzung der Gebühren im Verfahren S 28 AS 3804/15 hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und geltend gemacht, dass die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG auf 300,00 EUR sowie die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 280,00 EUR festzusetzen sei. Mit Schriftsatz vom 2. August 2017 hat die Staatskasse Anschlusserinnerung eingelegt. Es handle sich gebührenrechtlich um dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Beiden Klageverfahren liege ein einheitlicher Lebensvorgang zugrunde. Gegenstand beider Verfahren sei ein Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwassererzeugung gewesen. Gegenstand sei derselbe Widerspruchsbescheid vom 4. September 2015 gewesen. Die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG sei nicht entstanden. Diese könne nur für einen Vergleich nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG entstehen.
Im Verfahren S 28 AS 3805/15 hat die Staatskasse Erinnerung eingelegt und geltend gemacht, dass es sich gebührenrechtlich um dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG handele. Ebenso wie im Parallelverfahren sei auch die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG nicht entstanden.
Durch Beschlüsse vom 19. Februar 2018 hat das Sozialgericht die Vergütung in dem Verfahren S 28 AS 3805/15 unter Abänderung des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses vom 8. Juni 2016 auf 0,00 EUR und die Vergütung im Verfahren S 28 AS 3804/15 unter Zurückweisung der Erinnerungen auf 648,55 EUR festgesetzt. Die Verfahren S 28 AS 3805/15 und S 28 AS 3804/15 stellten dieselbe Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne nach § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG dar. Auch bei getrennten Klageverfahren könne dieselbe Angelegenheit vorliegen. Ein einheitlicher Lebenssachverhalt sei hier gegeben. Beide Verfahren hätten die Übernahme von Stromkosten zum Betrieb einer Gastherme zur Wasseraufbereitung zum Gegenstand gehabt. Eine sogenannte fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 1 Ziff. 1 VV RVG sei entstanden. Unerheblich sei, von wem die Initiative zum Vergleich ausgegangen sei. Ein Unterbreiten des Vergleichsvorschlags durch das Gericht sei nicht erforderlich, um die Gebühr nach Nr. 3106 Satz 1 Ziff. 1 VV RVG auszulösen. Die Verfahrensgebühr sei auf 2/3 der Mittelgebühr festzusetzen.
Gegen die am 26. bzw. 28. Februar 2018 zugestellten Beschlüsse haben sowohl der Beschwerdeführer als auch die Staatskasse Beschwerde beim Sozialgericht eingelegt. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass es sich bei den Verfahren S 28 AS 3804/15 und S 28 AS 3805/15 gebührenrechtlich nicht um dieselbe Angelegenheit handle. In den Verfahren sei es um unterschiedliche Änderungsbescheide mit verschiedenen Leistungszeiträumen gegangen. Außerdem habe das Sozialgericht Gotha in beiden Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt. Hieran seien sowohl die Urkundsbeamtin als auch im Festsetzungsverfahren das Gericht gebunden. Die fiktive Terminsgebühr entstehe auch bei einem Vergleich nach § 278 Abs. 6 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Staatskasse ist der Auffassung, dass die Vergütung für beide Verfahren einheitlich auf 434,35 EUR festzusetzen sei. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative VV RVG sei nicht entstanden. Ein Vergleich nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG sei gerade nicht abgeschlossen worden. Nach Nr. 3106 VV RVG sei die Mitwirkung des Gerichts für die Beendigung des Rechtsstreits konstitutiv. Ein solches konstitutives Handeln des Gerichts fehle jedoch bei einem Vorgehen nach § 278 Abs. 6 ZPO.
Das Sozialgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen (vgl. Verfügungen vom 5. und 13. März 2018) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt. Mit Beschluss vom 10. Januar 2019 hat der Berichterstatter beide Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und mit Beschluss vom 1. Februar 2019 wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat übertragen.
II.
Anzuwenden ist das RVG in der ab dem 1. August 2013 geltenden Fassung, denn die Beiordnung des Rechtsanwalts ist nach diesem Zeitpunkt erfolgt (§ 60 Abs. 1 Satz 1 RVG). Die Beschwerden sind nach § 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz RVG statthaft und zulässig. Der Beschwerdewert übersteigt jeweils 200,00 EUR.
Die Beschwerde des Rechtsanwalts als Beschwerdeführer hat in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat in seinem Beschluss vom 19. Februar 2018 zu Recht entschieden, dass es sich bei den beiden Hauptsacheverfahren S 28 AS 3804/15 und S 28 AS 3805/15 um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG handelt. Damit ist die Rechtsanwaltsvergütung für beide Verfahren einheitlich festzusetzen.
Von derselben Angelegenheit wird regelmäßig dann ausgegangen, wenn zwischen den wei-sungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen ein innerer Zusammenhang gegeben ist, also ein einheitlicher Auftrag und ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R m. w. N., nach Juris). Dies gilt auch für Individualansprüche nach dem SGB II; die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft löst lediglich eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG aus (vgl. BSG, Urteile vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R, 21. Dezember 2009 - B 14 AS 83/08 R, 27. September 2011 - B 4 AS 155/10 R, juris; a.A. Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Auflage 2017, § 15 Rn. 23). Ent-scheidend ist, ob ein einheitlicher Lebenssachverhalt vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 6. November 2014 - L 6 SF 1022/14 B). Entsprechend hat das BVerwG im Urteil vom 9. Mai 2000 (11 C 1/99, Juris) ausgeführt, "dieselbe Angelegenheit" komme vor allem in Fällen paralleler Verwaltungsver-fahren in Betracht, wenn dieselbe Behörde Verwaltungsakte aus einem gemeinsamen Anlass und Rechtsgrund in engem zeitlichen Zusammenhang objektbezogen erlässt, so dass einen Adressaten mehrere Verwaltungsakte erreichen, die auch zusammengefasst in einem einzigen Bescheid hätten ergehen können. Beauftrage dann der Adressat einen Rechtsanwalt damit, aus demselben rechtlichen Gesichtspunkt einheitlich gegen alle Verwaltungsakte vorzugehen, werde dieser, sofern keine inhaltliche oder formale Differenzierung zwischen den Verfahren geboten sei, in "derselben Angelegenheit" tätig. Unerheblich sei, ob der Rechtsanwalt die Widersprüche in einem einzigen, alle Verfahren betreffenden Schreiben oder in mehreren, die jeweiligen Einzelverfahren betreffenden Schreiben, die sich nur hinsichtlich der jeweiligen Verfahrensangabe (Objekt, Aktenzeichen) unterscheiden, einlege und begründe. Anders sei es allerdings, wenn der Rechtsanwalt auftragsgemäß unterschiedliche Einwände gegen die jeweiligen Verwaltungsakte vortrage oder nennenswert unterschiedliche verfahrensrechtliche Besonderheiten zu beachten habe. Fehle es an einem inneren Zusammenhang zwischen mehreren, an einen Adressaten gerichteten Verwaltungsakten, scheide schon aus diesem Grund die Annahme "derselben Angelegenheit" aus."
Der Rechtsprechung des BSG ist der 6. Senat des Thüringer Landessozialgerichts gefolgt und hat sie dergestalt weiterentwickelt, dass auch bei getrennten Klageverfahren "dieselbe Angelegenheit" vorliegen kann (vgl. Beschlüsse vom 15. April 2015 - L 6 SF 331/15 B, 6. Januar 2015 - L 6 SF 1221/14 B, 6. November 2014 - L 6 SF 1022/14 B). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an, denn es ist nicht einsichtig, formal selbständige Klageverfahren stets kostenrechtlich getrennt zu behandeln (so auch FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. Juni 2014 - 8 KO 1022/12, Juris).
Im vorliegenden Fall stellten sich nicht nur in beiden Klageverfahren die gleichen materiell-rechtlichen Probleme hinsichtlich der Berücksichtigung zusätzlicher Kosten für eine besondere Form der dezentralen Warmwassererzeugung, sondern es lag auch ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit vor. In beiden Klageverfahren ging es um die gleichen materiell-rechtlichen Probleme der Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 7 SGB II bei der Erzeugung des Warmwassers über eine Gastherme, welche durch Strom betrieben wird. Unerheblich ist, dass die Beklagte in zwei Änderungsbescheiden über die Problematik - im Bescheid vom 3. September 2015 für den Bewilligungszeitraum März 2015 und im Änderungsbescheid vom 4. Juni 2015 für den Zeitraum 1. Dezember 2014 bis 28. Februar 2015 - entschieden hat. Denn die Beklagte hat in der Angelegenheit einheitlich am 4. September 2015 hinsichtlich der Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. November 2014 bis 31. März 2015 einen Widerspruchsbescheid erlassen. Damit wäre es dem Prozessbevollmächtigten der Kläger unschwer möglich gewesen, nur eine Klage zu erheben. Der erforderliche einheitliche Lebenssachverhalt liegt vor. Damit kommen die Gebühren für beide Verfahren nur einmal in Betracht. Es liegt auch ein einheitlicher Auftrag für die anwaltliche Tätigkeit vor. Entgegen der Auffassung des Rechtsanwalts als Beschwerdeführer waren weder das Sozialgericht noch der Senat gehindert, im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen, ob dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG vorliegt, obwohl das Sozialgericht für beide Verfahren getrennt Prozesskostenhilfe bewilligt hat. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2018 - L 1 SF 1302/17 B, Juris) besteht an die Entscheidung des Prozessgerichts, PKH für beide Verfahren zu gewähren und nicht wegen mutwilliger Aufspaltung des Verfahrens zu versagen, keine Bindung im Festsetzungsverfahren, weil § 15 Abs. 2 RVG ausdrücklich bestimmt, dass der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann. Es handelt sich daher bei § 15 Abs. 2 RVG um eine gebührenrechtliche Vorschrift. Daher schließt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für beide Verfahren den Einwand der unnötigen Kostenverursachung und dessen Berücksichtigung im Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG nicht aus.
Die Beschwerde der Staatskasse gegen die durch das Sozialgericht vorgenommene Festsetzung der Gebühren des Rechtsanwalts auf 648,55 EUR hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Festsetzung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG auf 200,00 EUR und der Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG ebenfalls auf 200,00 EUR durch das Sozialgericht ist nicht zu beanstanden. Der Senat nimmt insoweit entsprechend § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug auf dessen Ausführungen.
Entgegen der Auffassung der Staatskasse ist für die Tätigkeit des Rechtsanwalts in den Klageverfahren auch eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 VV RVG in Höhe von 180,00 EUR entstanden.
Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1 VV RVG entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Nr. 3106 VV RVG sieht in Satz 1 vor, dass die Terminsgebühr auch entsteht, wenn 1. in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird, 2. nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann oder 3. das Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet.
Im vorliegenden Fall endete das Klageverfahren, ohne dass zuvor eine mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht stattgefunden hatte, durch einen schriftlichen Vergleich i. S. d Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 VV RVG
Ein schriftlicher Vergleich im Sinne der Nr. 3106 Nr. 1 VV RVG setzt den Abschluss eines Vergleichs im gerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften des SGG voraus, der den Rechtsstreit prozessual beendet. Dies folgt aus der Entstehungsgeschichte, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der Gebührenziffer. Die Verwendung des Begriffes "Vergleich" in Nr. 3104 Nr. 1 VV RVG und Nr. 3106 Nr. 12 VV RVG macht deutlich, dass die Gebührenziffer einen seiner äußeren Form nach als Vergleich erkennbaren Prozessvergleich voraussetzt, der in aller Regel einen Vollstreckungstitel darstellt (vgl. § 199 Abs. 1 Nr. 3 SGG). Damit wollte der Gesetzgeber vermeiden, dass Streit darüber entsteht, welche Vereinbarung noch und welche nicht mehr als gegenseitiges Nachgeben zu werten ist (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 19. Mai 2017 - L 8 R 682/15 BKO; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2018 - L 7AS 73/17 B, Juris). Dies entspricht auch der Doppelnatur eines Prozessvergleichs. Ein Prozessvergleich, sowohl nach § 101 SGG als auch nach § 202 SGG i. V. m. § 278 Abs. 6 ZPO, ist sowohl Prozesshandlung, deren Wirksamkeit sich nach den Grundsätzen des jeweiligen Prozessrechts richtet, als auch öffentlich rechtlicher Vertrag, für den die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 54 ff. des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gelten (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2017 – B 2 U 14/15 R, SozR 4-1200 § 44 Nr. 6; BVerwG, Urteil vom 10. März 2010 - 6 C 15/09; BGH, Urteil vom 19. April 2018 - IX ZR 222/17, Juris). Als Prozesshandlung führt der Vergleich zur Prozessbeendigung und als materiell-rechtlicher Vertrag legt er den Streit der Beteiligten endgültig bei. Entgegen der Auffassung des Bayerischen Landessozialgerichts in seinem Beschluss vom 29. November 2016 (L 15 SF 97/16 E, Juris) kann unter einem schriftlichen Vergleich im Sinne von Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 2. Alt VV RVG nicht nur ein nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG geschlossener Vergleich verstanden werden. Für die dort geforderte konstitutive Mitwirkung des Gerichts an der vergleichsweisen Beendigung des Rechtsstreits bietet die Gebührenziffer Nr. 3106 VV RVG keine Handhabe. Der Wortlaut der Gebührenziffer Nr. 3106 Nr. 1 2. Alternative VV RVG verlangt nur einen schriftlichen Vergleich. Diesen Anforderungen genügt aber sowohl ein Vergleichsschluss nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG als auch ein Vorgehen nach § 202 SGG i. V. m. § 278 Abs. 6 ZPO. In beiden Fällen ist die Schriftlichkeit gegeben. Der Streit darüber, ob § 278 Abs. 6 ZPO über § 202 SGG nach Einführung der neuen Regelung des § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG überhaupt noch anwendbar ist, kann im Kostenfestsetzungsverfahren keine Rolle spielen. Im Kostenfestsetzungsverfahren ist grundsätzlich die Verfahrensgestaltung durch das Prozessgericht zugrunde zu legen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 2018 - L 1 SF 1302/17 B bzw. 22. Januar 2019 - L 1 SF 1300/17 B, Juris). Ausschließlich das Prozessgericht hat zu entscheiden, ob die Vorschrift des § 278 Abs. 6 ZPO in einem sozialgerichtlichen Verfahren weiterhin Anwendung findet. Der Kostenrichter ist daher nicht berechtigt, seine möglicherweise materiell-rechtlich abweichende Auffassung zur Anwendung dieser Vorschrift im Rahmen der kostenrechtlichen Beurteilung "nachzuholen". Diese Auffassung wird auch der verminderten Prüfpflicht des Kostenbeamten im Kostenfestsetzungsverfahren gerecht, denn ob das Verfahren durch einen Vergleich nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG oder durch die Feststellung des Zustandekommens eines Vergleichs im Beschlusswege nach § 278 Abs. 6 ZPO beendet worden ist, lässt sich der jeweiligen Gerichtsakte unschwer entnehmen. Hingegen wäre es für die nach der Gegenauffassung festzustellende konstitutive Mitwirkung des Gerichts für die vergleichsweise Beendigung des Rechtsstreits (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 29. November 2016 - L 15 SF 97/16 E, Juris) für den jeweiligen Kostenbeamten nur schwer möglich, dies zu überprüfen.
Der Auffassung des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern in seinem Beschluss vom 14. März 2018 (L 13 SB 1/17 B, Juris), wonach die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 1 2. Alt VV RVG auch bei einem schriftlichen außergerichtlichen Vergleich anfällt, ist nicht zu folgen. Diese ist bereits mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar, welche verlangt, dass in einem Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen worden ist. Wie bereits dargelegt hat ein solcher Vergleich eine Doppelnatur, in dem er zum einen prozessual den Rechtsstreit beendet und zum anderen den materiell-rechtlichen Streit zwischen den Beteiligten beilegt. Für einen außergerichtlichen Vergleich kann daher eine fiktive Terminsgebühr nur unter den Voraussetzungen der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1 VV RVG entstehen.
Dieses Ergebnis entspricht auch Sinn und Zweck der Regelung. Dieser besteht nach übereinstimmender Auffassung nicht darin, einen Anreiz für ein Hinarbeiten des Rechtsanwaltes auf eine vergleichsweise Regelung zu setzen. Diesen Zweck verfolgen bereits die Nrn. 1000 ff. VV RVG mit der Gewährung einer Einigungsgebühr. Mit der fiktiven Terminsgebühr soll dem Rechtsanwalt das gebührenrechtliche Interesse an der Durchführung eines Termins in den Fällen genommen werden, in denen das Gericht von im Prozessrecht vorgesehenen Möglichkeiten Gebrauch macht, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung zu beenden (BT-Drs. 17/11471 S. 275). Die Gewährung der fiktiven Terminsgebühr soll dem Anwalt in diesen Fällen das Interesse daran nehmen, auf einer mündlichen Verhandlung zu bestehen, in welcher nur ein zu protokollierender Prozessvergleich geschlossen wird. Haben sich die Beteiligten ohne Mitwirkung des Gerichts durch außergerichtlichen Vergleich geeinigt, bedarf es keines gebührenrechtlichen Anreizes zur Vermeidung einer mündlichen Verhandlung, weil diese bereits aus Sicht der Beteiligten überflüssig ist. In diesen Fällen werden die beteiligten Rechtsanwälte durch die Gewährung einer Einigungsgebühr nach den Nrn. 1000 ff. VV RVG und die Gewährung einer fiktiven Terminsgebühr wegen einer außergerichtlichen Besprechung unter den Voraussetzungen der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG hinreichend honoriert. Die Steuerungswirkung der fiktiven Terminsgebühr ist daher nur in den Fällen erforderlich, in denen die Beteiligten einen gerichtlichen Vergleich wünschen, z.B. um einen vollstreckbaren Titel zu erhalten (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 19. Mai 2017 - L 8 R 682/15 BKO, Juris). Auch bei einem Vorgehen nach § 278 Abs. 6 ZPO wird dem Rechtsanwalt der Anreiz genommen, allein wegen einer Terminsgebühr die Protokollierung eines Vergleichs in einer mündlichen Verhandlung anzustreben.
Damit errechnet sich die Vergütung des Rechtsanwalts als Beschwerdeführer wie folgt:
Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 RVG-VV 200,00 EUR Erhöhungsgebühr für 2 weitere Auftraggeber nach Nr. 1008 RVG-VV 120,00 EUR Anrechnung der Geschäftsgebühr gem. Vorb. 3 Abs. 4 RVG-VV - 175,00 EUR Terminsgebühr nach Nr. 3106 RVG-VV 180,00 EUR Einigungsgebühr nach Nr. 1006 RVG-VV 200,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 RVG-VV 20,00 EUR 19 % Umsatzsteuer nach 7008 RVG-VV 103,55 EUR Summe: 648,55 EUR.
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
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