L 5 AS 828/18 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 12 AS 2439/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 828/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht S. wegen der Besorgnis der Befangenheit wird als unzulässig verworfen.

Die Beschwerden gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Magdeburg vom 3. und 4. Dezember 2018 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die vorläufige Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Der Antragsteller bezog letztmals im Januar 2015 vorläufige Leistungen nach dem SGB II. Er hat eine Rentenversicherung, die nach seinen Angaben im Jahr 2018 einen Rückkaufwert von 274.493,58 EUR hatte. Diese soll seit 2006 an einen Pfändungsgläubiger abgetreten sein. Der Antragsteller bezieht eine Opferrente i.H.v. 300 EUR/Monat.

Er hatte ein Girokonto bei der Stadtsparkasse M., das vom 16. Juni 2014 bis zum 8. August 2017 als "P-Konto" geführt wurde; die Bankverbindung soll nicht mehr bestehen. Nunmehr hat der Antragsteller ein Girokonto bei dem Institut "PayCenter", bei dem es sich ebenfalls um ein "P-Konto" handeln soll. Es ist ein Kontoauszug vom 14. Februar 2018 mit einem Guthaben von 380,98 EUR bekannt.

Die seit April 2014 bewohnte Mietwohnung mit einer Größe von ca. 70 qm wurde am 19. August 2017 an den Antragsteller verkauft; der - nicht bekannte - Kaufpreis wurde in zwei Teilzahlungen am 14. September und 29. November 2016 beglichen. Das Geld soll nach Angaben des Antragstellers aus Fremdmitteln stammen. Die Eintragung des Antragstellers ins Grundbuch ist nach seinen Angaben am 12. Februar 2019 erfolgt. Er hat nach seinen Angaben für das Wirtschaftsjahr 2019 ein Hausgeld i.H.v. 183,47 EUR/Monat zu zahlen.

Der Antragsgegner hatte - zum wiederholten Mal - mit Bescheid vom 24. Januar 2018 die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II abgelehnt, da das verwertbare Vermögen die Vermögensfreibeträge übersteige. Der am 29. Januar 2018 gestellte Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz und die dagegen gerichtete Beschwerde waren ohne Erfolg geblieben. Vom Senat angeforderte Unterlagen über seine Girokonten und eine Einwilligungserklärung in die Beiziehung von Kontoauszügen hatte der Antragsteller nicht vorgelegt. Er hatte auch keine Angaben zum Erwerb der Eigentumswohnung gemacht. Hinsichtlich der Einzelheiten der bisherigen Verwaltungsvorgänge und Gerichtsverfahren wird auf den Beschluss des erkennenden Senats vom 20. November 2018 (L 5 AS 633/18 B ER u.a.) verwiesen.

Am 19. März 2018 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner die Überprüfung des Bescheids vom 24. Januar 2018. Am 3. August 2018 hat er beim Sozialgericht M. im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die kurzfristige Bescheidung des Überprüfungsantrags begehrt (S 12 AS 2439/18 ER).

Der Beklagte hat den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 9. August 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. August 2018 abgelehnt. Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 4. Dezember 2018 abgelehnt, weil der Antragsgegner den Überprüfungsantrag beschieden habe. Dagegen hat der Antragsteller am 11. Dezember 2018 Beschwerde erhoben (L 5 AS 828/18 B ER).

Am 6. November 2018 hat der Antragsteller wiederum beim Beklagten die Überprüfung des Bescheids vom 24. Januar 2018 begehrt. Der Antragsgegner hat mit Bescheid nach § 44 SGB X vom 20. November 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. November 2018 den Überprüfungsantrag abgelehnt. Dagegen hat der Antragsteller mit der Begründung Widerspruch eingelegt, er habe eine Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben und keinen Antrag nach § 44 SGB X gestellt.

Gleichzeitig hat er beim Sozialgericht Magdeburg einen weiteren Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt (S 12 AS 2439/18 ER). Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 3. Dezember 2018 zurückgewiesen. Die Hilfebedürftigkeit sei weiterhin nicht geklärt. Der Antragsteller weigere sich, die Bank vom Bankgeheimnis zu befreien oder sämtliche vorliegenden Kontoauszüge vorzulegen. Der Hinweis auf ein P-Konto helfe bei der Ermittlung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht weiter. Es sei weiterhin ungeklärt, woher der Kaufpreis für die Wohnung stamme und ob weiteres Bargeld vorhanden sei. Auch eine nachvollziehbare Darlegung der Sicherungsabtretung der Rentenversicherung und zum Kaufvertrag der Eigentumswohnung fehlten. Angesichts der erheblichen Widersprüchlichkeit der Angaben des Antragstellers sei es unmöglich, von feststehenden Einkommens - und Vermögensverhältnissen auszugehen.

Dagegen hat der Antragsteller am 2. Januar 2019 Beschwerde erhoben. Er bestreite, dass er an den "Gerichtsdiener Ringhand" (= Verkäufer der Wohnung) eigene Geldzahlungen geleistet habe. Der Wohnungskauf sei im Schuldverhältnis erfolgt, die Kreditgeber müssten wegen des Datenschutzes nicht benannt werden. Die Altersversorgung liege unterhalb des Freibetrags und habe keine Relevanz für das Verfahren (L 5 AS 4/19 B ER).

Mit Schreiben vom 8. und 22. Februar 2019 ist der Antragsteller aufgefordert worden, Unterlagen über seine Girokonten und eine Einwilligungserklärung in die Beiziehung der Kontoauszüge vorzulegen sowie Angaben zum Erwerb der Eigentumswohnung zu machen.

Der Antragsteller hat daraufhin zu beiden Aktenzeichen unter dem 15. Februar 2019 acht "Beweisanträge zur Auflagenerfüllung" gestellt. Unter dem 8. März 2019 hat er in dem Verfahren L 5 AS 828/18 B ER mitgeteilt, den Senatsvorsitzenden nach wie vor für befangen zu halten. Dieser habe in der Vergangenheit nur gefordert, aber nicht das Jobcenter aufgefordert, die "Vermögensunterstellung unter Beweis zu stellen unter der Pflicht der Amtsermittlung".

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

1.

Das Ablehnungsgesuch gegen den Senatsvorsitzenden wegen der Besorgnis der Befangenheit ist rechtsmissbräuchlich und war daher zu verwerfen. Der Antragsteller wendet sich im Kern zum wiederholten Male gegen die ihm obliegende Mitwirkungspflicht, seine Hilfebedürftigkeit darzulegen und beweisen zu müssen. Insoweit verweist der Senat vollumfänglich auf den Beschluss vom 29. November 2018 (L 5 SF 31/18 AB).

2.a.

Die Beschwerden sind jeweils statthaft gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch sonst zulässig. Der Beschwerdewert des § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG von 750 EUR ist jeweils überschritten, denn der Antragsteller begehrt die Gewährung von SGB II-Leistungen jeweils für einen zwölfmonatigen Bewilligungszeitraum bzw. einen darauf gerichteten Überprüfungsbescheid. Zuletzt waren ihm für Januar 2015 vorläufige Leistungen i.H.v. 744 EUR gewährt worden.

b.

Die Beschwerden sind jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Anträge auf Erlass von einstweiligen Anordnungen zu Recht abgelehnt.

Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds, als auch eines Anordnungsanspruchs. Unter Anwendung dieser Maßstäbe sind die sozialgerichtliche Entscheidungen nicht zu beanstanden.

Der Beschluss des Sozialgerichts M. vom 3. Dezember 2018 ist nicht zu beanstanden. Soweit der Antragsteller am 3. August 2018 die rechtsbehelfsfähige Bescheidung seines Antrags vom 19. März 2018 beantragt hat, ist der Antragsgegner dem Begehren durch den erteilten Bescheid vom 9. August 2018 nachgekommen. Einwände in der Sache hat der Antragsteller nur in dem weiteren einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 12 AS 2439/18 ER erhoben.

Auch der Beschluss des Sozialgerichts M. vom 4. Dezember 2018 ist nicht zu beanstanden. Der Antragsteller hat unverändert keinen Anordnungsanspruch für die vorläufige Bewilligung von SGB II-Leistungen als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen glaubhaft gemacht. Insbesondere ist seine Hilfebedürftigkeit weiterhin nicht hinreichend wahrscheinlich. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Der Senat konnte sich unverändert nicht davon überzeugen, dass der Antragsteller über kein Einkommen verfügt, das er zur Sicherung seines Hilfebedarfs einsetzen könnte. Er hat weder gegenüber dem Sozialgericht noch auf die Anforderungen vom 8. und 22. Februar 2019 dem erkennenden Senat Kontoauszüge seiner Girokonten vorgelegt. Dem Gericht und dem Antragsgegner liegen lediglich ein einziger halbwegs aktueller Kontoauszug vom 14. Februar 2018 vor. Dem Antragsteller ist aber spätestens seit dem rechtlichen Hinweis vom 4. Juli 2017 im Verfahren L 5 AS 465/17 B ER u.a. bekannt, dass der Einwand, nicht zur Aufbewahrung von Kontoauszügen verpflichtet zu sein, nicht mehr berücksichtigt wird.

Hinsichtlich des Ansinnens, ihm seien vorab Gelder für die nachträgliche Beschaffung von Kontoauszügen zu überweisen, hält der Senat an der mehrfach dargelegten Auffassung fest. Die Beiziehung von Kontoauszügen würde für den Antragsteller kostenfrei im Rahmen der Amtsermittlung erfolgen. Die dafür erforderliche Erklärung über die Befreiung vom Bankgeheimnis hat dieser aber nicht vorgelegt. Einer nun geforderten gesonderten Erklärung der "Gerichtskasse Sachsen-Anhalt" bedarf es dafür nicht. Allein aus der behaupteten Existenz eines P-Kontos lässt sich kein Rückschluss auf die für die Bestreitung des Lebensunterhalts benötigten Geldmittel ziehen.

Die schon in früheren Verfahren bestehenden Zweifel am Fehlen eines weiteren Einkommens haben sich noch verstärkt. Eine Sachaufklärung hinsichtlich der Aufbringung des Kaufpreises für die Eigentumswohnung ist nach wie vor nicht möglich gewesen. Die Behauptung, die Wohnung sei mit Fremdmitteln finanziert, lässt sich nicht prüfen. Fest steht aber, dass der Antragsteller - entgegen früherer Behauptungen - Eigentümer der Wohnung geworden ist.

Im Übrigen verweist der Senat vollumfänglich auf die Ausführungen des Sozialgerichts M. zur Widersprüchlichkeit der Angaben des Antragstellers insgesamt. Obwohl alleine die bis zum Kauf der Wohnung beglichene Miete deutlich über der monatlichen Opferrente lag, weisen die spärlich vorliegenden Kontoauszüge jeweils ein Guthaben aus.

Es kann daher dahinstehen, ob der Antragsteller über zumutbar einzusetzendes Vermögen verfügt.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved