L 1 KR 386/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 KR 3533/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 386/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Juli 2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Beitragshöhe während des Bezugs von Krankengeld in der Zeit vom 26. September 2014 bis zum 18. Februar 2015.

Der 1971 geborene Kläger ist als Selbständiger freiwillig krankenversichert bei der Beklagten zu 1) und entsprechend Pflichtversicherter bei der Beklagten zu 2). Durch Beitragsbescheid vom 27. Dezember 2013 setzten die Beklagte die Beiträge auf der Grundlage von beitragspflichtigen Einnahmen von 1.382,50 EUR monatlich fest. Es ergaben sich monatliche Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 205,99 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 28,34 EUR.

Am 20. August 2014 legte der Kläger den Beklagten seinen Steuerbescheid für das Jahr 2013 vor. Danach hatte er Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von 3.008,- EUR. Der Kläger erklärte dazu, dass er bis Anfang Juni 2014 arbeitsunfähig gewesen sei und in der Zeit vom 5. Juni 2014 bis 14. August 2014 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 14.860,- EUR gehabt habe. Daraus ergebe sich ein monatliches Einkommen von 6.279,- EUR. Seit dem 15. August 2014 sei er wieder arbeitsunfähig, eine AU-Bescheinigung liege bei. Die Beklagte zu 1) gewährte dem Kläger ab dem 26. September 2014 Krankengeld, das auf der Basis eines Arbeitseinkommens von monatlich 302,29 EUR berechnet worden war.

Durch Beitragsbescheid vom 29. August 2014 berechneten die Beklagten die von dem Kläger zu zahlenden Beiträge ab dem 1. August 2014 auf der Grundlage von beitragspflichtigen Monatseinnahmen in Höhe von 2.073,75. Es ergab sich ein Krankenversicherungsbeitrag von 321,43 EUR und ein Pflegeversicherungsbeitrag von 42,51 EUR. Mit Schreiben vom 29. Dezember 2014, 21. Januar 2015 und 6. Februar 2015 teilten die Beklagte dem Kläger mit, dass sich die Beiträge wegen Änderung der Beitragssätze und Beitragsbemessungsgrundlagen seit dem 1. Januar 2015 auf 282,68 EUR in der Kranken- und 42,86 EUR in der Pflegeversicherung verändert hätten.

Mit Bescheid vom 6. Februar 2015 berechneten die Beklagten die von dem Kläger zu zahlenden Beiträge auf der Grundlage von Einnahmen in Höhe von 1.823,75 EUR. Ab dem 1. Oktober 2014 ergab sich ein monatlicher Beitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 282,68 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 42,86 EUR, für den Zeitraum vom 26. bis 30. September 2014 ein Teilbetrag von 53,44 EUR.

Der Kläger erhob mit Schreiben vom 13. Februar 2015 Widerspruch gegen den Beitragsbescheid vom 6. Februar 2015. Es dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen, dass er im letzten Jahr so wenig verdient habe, dass ein Aufstockungsbetrag zur Erreichung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage herangezogen worden sei. Es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, dass er für diesen Aufstockungsbetrag auch während des Krankengeldbezugs weiter Beiträge zahlen solle. Wenn die Höhe des Beitrages ab August 2014 von der aktuellen verbesserten Einkommenssituation abhängig gemacht werde, müsse das auch für die Berechnung der Beiträge während des Krankengeldbezugs gelten.

Mit Schreiben vom 19. Februar 2015 zeigte der Kläger der Beklagten an, dass er ab diesem Tag wieder erwerbstätig sei mit Einkünften in Höhe von voraussichtlich 1.300,- EUR im Monat.

Durch Bescheid vom 26. Februar 2015 setzten die Beklagten die Beiträge des Klägers ab dem 19. Februar 2015 auf der Grundlage von beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von 2.16,25 EUR monatlich fest. Es ergab sich ein monatlicher Beitrag von 329,57 EUR zur Kranken- und 49,97 EUR zur Pflegeversicherung.

Am 16. März 2015 ging bei der Beklagten der vom Kläger gestellte Antrag auf Beitragsentlastung für hauptberuflich Selbständige ein. Durch Bescheide vom 24. März 2015 setzten die Beklagten die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. Juli 2013 auf der Grundlage von beitragspflichtigen Einnahmen von 1.347,50 EUR, ab 3. Juni 2014 auf der Grundlage von 1382,50 EUR, ab 1. August 2014 auf der Grundlage von 2073,75 EUR, ab 26. September 2014 auf der Grundlage von 1.726,35 EUR, ab 1. Januar 2015 auf der Grundlage von 1781,85 EUR, ab dem 19. Februar 2015 auf der Grundlage von 2.126,25 EUR und ab dem 1. April 2015 auf der Grundlage von 1.417,50 EUR fest. Der Kläger ergänzte seinen Widerspruch dahingehend, dass er die Berechnung der Beitragssätze für Geringverdiener bereits ab dem Ende seiner Arbeitsunfähigkeit (19. Februar 2015) begehrte.

Die Beklagten gaben dem Widerspruch insoweit statt, als sie die Beiträge für den Kläger ab dem 1. August 2014 nunmehr durchgehend als Geringverdiener berechneten. Mit Bescheiden vom 4. Mai 2015 legten sie ab dem 1. August 2014 wieder beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 1.382,50 EUR, ab dem 26. September 2014 beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 1.080,21 EUR, vom 1. Januar 2015 bis 18. Februar 2015 beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 1.115,21 EUR und ab dem 19. Februar 2015 in Höhe von 1.417,50 EUR fest.

Durch Widerspruchsbescheid vom 11. August 2015 wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen zurück. Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig seien, gelte grundsätzlich als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze. Bei Nachweis niedrigerer Einnahmen gelte als beitragspflichtige Mindesteinnahme der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Bei freiwilligen Mitgliedern mit Anspruch auf einen Gründungszuschuss oder eine entsprechende Leistung sei beitragspflichtig mindestens der 60. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen könne für weitere Fälle unter Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen des Mitglieds und der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Menschen die Anwendung der niedrigen Mindestbeitragsgrenze von einem Sechzigstel der monatlichen Bezugsgröße bestimmen. Soweit das Gesetz die Beitragsfreiheit während des Bezugs von Krankengeld bestimme, gelte das nur für das Krankengeld selbst. Krankengeldbezieher, deren Arbeitseinkommen hinter den beitragspflichtigen Mindesteinnahmen zurückbleibe, müssten deswegen weiter Beiträge auf das fiktive Mindesteinkommen zahlen. Das ergebe sich so auch aus den vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen beschlossenen Beitragsverfahrensgrundsätzen für Selbstzahler und einer expliziten Klarstellung durch den Spitzenverband. Die Beiträge für den Kläger seien nach den für Selbständige geltenden Mindesteinnahmen erhoben worden, in der Zeit der Krankengeldzahlung nach der Differenz zwischen dem durch das Krankengeld ersetzte Arbeitseinkommen und den Mindesteinnahmen. Die für die Berechnung der Beiträge zur Krankenversicherung geltenden Grundsätze würden entsprechend auch für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung gelten.

Mit der am 10. September 2015 bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Erhebung von Beiträgen während der Zeit seines Krankengeldbezugs vom 26. September 2014 bis zum 18. Februar 2015 und begehrt die Erstattung der von ihm gezahlten Beiträge.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 12. Juli 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht auf die in einem vergleichbaren Fall ergangene Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg vom 16. März 2016 – L 9 KR 404/14 verwiesen, dem es sich anschließe. Das LSG hat in dem genannten Urteil ausgeführt, dass sich an der Verpflichtung zur Beitragszahlung während des Bezugs von Krankengeld nichts ändere, weil die gesetzlich angeordnete Beitragsfreiheit sich ausdrücklich auf das Krankengeld beschränke. Daran ändere sich nichts, wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kraft Gesetzes auf eine bestimmte Mindesthöhe fingiert werde. Nur das an die Stelle des Arbeitseinkommens tretende Krankengeld bleibe beitragsfrei, während im Übrigen Beiträge aufgrund der fingierten Mindesteinnahmen weiter zu entrichten seien. Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler stünden dem nicht entgegen. Soweit sie so zu verstehen sein könnten, dass während des Bezugs von Krankengeld der Beitragsbemessung keine Mindesteinnahmen zugrunde zu legen seien, seien sie wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig. Auch der allgemeine Gleichheitsgrundsatz sei nicht verletzt. Es werde nur die an sich verfassungsgemäße Ungleichbehandlung, Mindestbeiträge unabhängig von der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Versicherten zu erheben, auch für den Fall des Bezugs von Krankengeld fortgesetzt.

Gegen das ihm am 19. Juli 2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 1. August 2016 bei dem Landesozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers. Während des Krankengeldbezugs müsse seine tatsächlich bestehende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit stärker berücksichtigt werden. Für den Fall eine Notlage wegen einer länger andauernden Erkrankung müsse ein Versicherter entweder generell beitragsfrei bleiben oder es dürfe doch zumindest nur seine reale bestehende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden. Ein Kranker dürfe während seiner Krankheit keine ihn stark belastenden wirtschaftlichen Nachteile erfahren. Auch sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, dass freiwillig Versicherte mit geringem Einkommen gerade dann höhere Beiträge als freiwillig Versicherte mit hohem Einkommen zahlen müssten, wenn sie Krankengeld beziehen würden. Es verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, dass nur freiwillig versicherte Geringverdiener im Krankheitsfall weiter Beiträge zahlen müssten. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber gerade an diesen eher seltenen Fall gedacht hätte. Der Fall solle gegebenenfalls dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts vom 12. Juli 2016 sowie die Bescheide der Beklagten vom 4. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2015 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, die von ihm während seines Krankengeldbezuges in der Zeit vom 26. September 2014 bis zum 18. Februar 2015 gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Festsetzung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung zutreffend erfolgt.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Berechnung günstigerer Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in dem hier streitigen Zeitraum vom 26. September 2014 bis zum 18. Februar 2015. Nach § 240 Abs. 2 Satz 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der hier maßgeblichen Fassung vom 21. Juli 2014 sind nach § 223 Abs. 1 SGB V von freiwilligen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung Beiträge für jeden Tag der Mitgliedschaft zu zahlen, soweit das SGB V nichts Abweichendes bestimmt. Gemäß § 240 Abs. 1 SGB V wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Als beitragspflichtige Einnahmen gilt für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße (§ 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Für freiwillige Mitglieder, die einen Gründungszuschuss nach dem SGB III oder eine vergleichbare Leistung nach dem SGB II erhalten, gilt als tägliche Mindesteinnahme der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt, unter welchen Voraussetzungen darüber hinaus der Beitragsbemessung hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger niedrigere Einnahmen, mindestens jedoch der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße zugrunde gelegt werden. Der Kläger war in dem streitigen Zeitraum bei der Beklagten als hauptberuflich selbständiger Erwerbstätiger versichert. Daran ändert auch der Bezug von Krankengeld nichts. Demzufolge waren die Beiträge für ihn kalendertäglich mindestens auf der Grundlage eines Einkommens in Höhe eines Sechzigstels der monatlichen Bezugsgröße zu berechnen. Die monatliche Bezugsgröße gemäß § 18 Abs. 1 Sozialgesetzbuch / Viertes Buch betrug 2.765.- Euro im Jahr 2014 und 2.835.- Euro im Jahr 2015. Demnach musste für die Beitragsbemessung im Jahre 2014 ein Einkommen mindestens in Höhe von monatlich 1.382,50 EUR und für das Jahr 2015 mindestens in Höhe von monatlich 1.417,50 EUR zugrunde gelegt werden. Das haben die Beklagte in ihren Bescheiden vom 4. Mai 2015 auch getan, wobei sie für den hier streitigen Zeitraum noch niedrigere Beträge in Höhe von 1.080,21 EUR und 1.115,21 EUR berücksichtigt haben. Diese Beträge ergeben sich daraus, dass von der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage das Arbeitsentgelt in Höhe von 302,29 EUR abgezogen worden ist, dass Grundlage der Berechnung für das an den Kläger während dieser Zeit gewählten Krankengeldes gewesen ist. Zwar besteht die Pflicht zur Beitragszahlung nur, soweit im SGB V nicht anderes bestimmt ist. Aus dem Krankengeldbezug ergibt sich aber entgegen der Rechtsauffassung des Klägers weder eine völlige noch eine weitergehende Beitragsfreiheit. Nach § 224 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB V ist ein Mitglied für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld oder Mutterschaftsgeld oder des Bezugs von Elterngeld oder Betreuungsgeld beitragsfrei. Die Beitragsfreiheit erstreckt sich nur auf die in Satz 1 genannten Leistungen. Diese Vorschrift erfasst alle Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und ist daher auch auf freiwillig Versicherte anwendbar (BSG, Urteil vom 26. Mai 2004 – B 12 P 6/03 R –, juris, m.w.N.). Sie begründet indessen nach ihrem insoweit eindeutigen Wortlaut eine Beitragsfreiheit nur für das Krankengeld selbst (BSG a.a.O.). Nach Satz 2 beschränkt sich die "Beitragsfreiheit" während des Bezugs von Krankengeld ausdrücklich auf diese Leistung. § 224 Abs. 1 SGB V begründet damit weder generell eine Beitragsfreiheit für die Bezieher von Krankengeld noch enthält er sonst eine Aussage zur Beitragspflicht auf Einnahmen, die nicht zu den in der Vorschrift aufgezählten Sozialleistungen gehören. § 224 Abs. 1 SGB V erfasst deswegen nicht den Teil der der Beitragsbemessung unterliegenden Einnahmen eines hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigen, der nicht auf dem tatsächlichen Arbeitseinkommen, sondern auf dem kraft Gesetzes fingierten Arbeitseinkommen beruht. Der Bezug des Krankengeldes lässt die gesetzlich fingierten Einnahmen unberührt, so dass die Verpflichtung zur Entrichtung von Beiträgen aus dem Mindesteinkommen bestehen bleibt (LSG Berlin v. 16. März 2016 – L 9 KR 404/14). § 224 Abs. 1 SGB V ist selbst dann keine abschließende Sonderregelung gegenüber § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V, wenn tatsächliche Einnahmen vollständig fehlen (BSG a.a.O.). Deses Verständnis des § 224 Abs. 1 SGB V entspricht auch den in § 240 SGB V normierten Grundsätzen der Beitragsbemessung bei freiwilligen Mitgliedern. Denn es soll ein angemessenes Verhältnis von Leistungen und Beitragen hergestellt werden. Damit wäre unvereinbar, Mitglieder nur deshalb insgesamt beitragsfrei zu lassen, weil ein Teil der bisher maßgebenden Bemessungsgrundlage durch eine beitragsfreie Sozialleistung ersetzt worden ist (BSG a.a.O.). Auch bei freiwillig Versicherten ist daher nach § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V nur das an die Stelle des früher beitragspflichtigen Arbeitseinkommens tretende Krankengeld beitragsfrei, während auf der Grundlage des fingierten Mindesteinkommens nach § 240 Abs. 4 Satz 2 - 4 SGB V Beiträge weiter zu entrichten sind. An diesem Ergebnis ist auch in Anbetracht der vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen beschlossenen "Einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler)" (BVGrSz) festzuhalten. Diese sehen in § 8 Abs. 3 Satz 1 (in der seit 2014 geltenden Fassung) vor: (3) Der Bezug von Krankengeld nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder 3 SGB V oder Krankengeld im Wahltarif nach § 53 Abs. 6 SGB V begründet Beitragsfreiheit für vor dem Leistungsbezug beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, soweit und solange es entfällt; § 240 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 SGB V gelten in diesen Fällen für die Dauer des Leistungsbezugs nicht. § 8 Abs. 3 Satz 1, 1. Halbs. BVGrSz wiederholt deklaratorisch, was gemäß § 224 Abs. 1 SGB V ohnehin gilt. § 8 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. BVGrSz ist indessen missverständlich formuliert. Die Vorschrift ließe sich nach ihrem Wortlaut dahingehend auslegen, dass bei den hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigten im Falle des Krankengeldbezugs nicht nur das Arbeitseinkommen, sondern auch Mindesteinnahmen beitragsfrei werden. Bei dieser Interpretation würde § 8 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. BVGrSz aber gegen höherrangiges Recht verstoßen. Weder sieht das Gesetz eine über § 224 SGB V hinausgehende Ausnahme von dem in § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V statuierten Grundsatz vor, dass die Beitragsbemessung bei freiwillig Versicherten auf Mindesteinnahmen beruhen muss, noch gestattet es dem untergesetzlichem Normgeber, Ausnahmen hiervon zu regeln. § 8 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. BVGrSz ist daher so zu verstehen, dass die Vorschrift nur das während des Krankengeldbezugs entfallene Arbeitsentgelt betrifft (LSG Berlin v. 16. März 2016 – L 9 KR 404/14). Die fortbestehende Verpflichtung zur Beitragsentrichtung verstößt auch nicht gegen das verfassungsrechtliche aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz folgende Gebot der Gleichbehandlung (LSG Berlin v. 16. März 2016 – L 9 KR 404/14). Zwar führt die gesetzliche Regelung dazu, dass die während des Bezugs von Krankengeld noch weiter zuzahlenden Beiträge umso höher sind, je geringer das entfallene Arbeitseinkommen des freiwillig Versicherten war. Insoweit könnte ein Verstoß gegen das Gebot vorliegen, die Höhe der Beiträge an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Versicherten auszurichten. Die Geltung dieses Gebots ist aber bereits dadurch eingeschränkt, dass die Beitragsbemessung bei freiwillig versicherten hauptberuflich Selbständigen auf Mindesteinnahmen beruhen muss (§ 240 Abs. 4 Satz 2-3 SGB V). Dieser Grundsatz beinhaltet bereits eine Ungleichbehandlung und Abweichung von dem Grundsatz der Beitragsberechnung nach Leistungsfähigkeit, die aber verfassungsgemäß ist (BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvL 4/96 -, juris). Der Kläger vergleicht sich zu Unrecht mit einem freiwillig Versicherten, dessen Beiträge ausschließlich aus dem erzielten Arbeitseinkommen bemessen werden. Er steht aber in der Sache einem Versicherten viel näher, der überhaupt kein Arbeitseinkommen erzielt, aber gleichwohl Beiträge aus fingierten Mindesteinnahmen nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V) entrichten muss. Bei einem solchen Versicherten ohne jedes Arbeitseinkommen würde die Beitragspflicht in voller Höhe bestehen bleiben, selbst wenn er dem Grunde nach wegen Krankheit arbeitsunfähig werden würde. Für die Bemessung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung gilt das gleiche wie für die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung IV (§ 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI, § 240 SGB V, § 8 Abs. 3 Satz 1 BVGrSz). Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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