L 1 KR 51/17

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 25 KR 434/13
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 51/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob Leistungen aus einem Gruppenversicherungsvertrag, den die B. mit der G., unter anderem für die Mitglieder der Lotsenbrüderschaft N. (N.) vereinbart hat, zur Beitragsbemessung in der Kranken- und Pflegeversicherung heranzuziehen sind.

Der am xxxxx 1947 geborene Kläger war bis zum Eintritt in den Ruhestand am xxxxx 2012 als Lotse tätig und gehörte der Lotsenbrüderschaft N. an. Deren Mitglieder waren seit dem 1. Juli 1972 Versicherungsnehmer des zwischen der B. und dem G. abgeschlossenen Gruppenversicherungsvertrages vom 7. Juli/ 20. Juli 1972 (Nachtrag I vom 23./31. August 1972). Für sie wurden gemäß § 2 des Vertrages Anwartschaften auf Berufsunfähigkeits-, Alters-, Witwen- und Waisenrenten gebildet. Die Lotsenbrüderschaft zog die Versicherungsprämien von den Lotsgeldern ab. Die B. überwies die fälligen Prämien gemäß § 4 des Vertrages in einem Betrag kostenfrei an den G ... Dieser verpflichtete sich, für alle zur Versicherung anzumeldenden Mitglieder auf eine Gesundheitsprüfung zu verzichten. Während der Laufzeit des Vertrages waren stets alle Mitglieder der versicherten Lotsenbrüderschaften versichert. Versicherungsnehmer war gemäß § 6 des Vertrages das versicherte Mitglied. Die B. erklärte, von den Versicherten zur Wahrnehmung aller Rechte und Pflichten aus den Versicherungsverträgen bevollmächtigt zu sein, wobei sich die Vollmacht nicht auf die Entgegennahme von Versicherungsleistungen, die Änderung des Bezugsrechtes und die Beantragung der Aufhebung der Versicherung gemäß § 10 des Vertrages erstreckte. Danach wurde der Vertrag auf die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen und sollte sich stillschweigend um jeweils ein Jahr verlängern, wenn er nicht zum Ablauf der ersten fünf Jahre oder danach zum Ablauf eines jeden Versicherungsjahres von einer der beiden Vertragsparteien gekündigt wird. Der G. verpflichtete sich, die bei Erlöschen des Vertrages bestehenden Versicherungen unverändert fortzuführen, solange die Prämien gesammelt an ihn abgeführt würden. Andernfalls sollte § 7 des Vertrages sinngemäß Anwendung finden, wobei der Fortsetzungsantrag innerhalb eines Monats nach Erlöschen des Vertrages gestellt sein musste. Nach § 7 des Vertrages konnten die aus den Lotsenbrüderschaften austretenden Personen innerhalb von drei Monaten nach ihrem Austritt unter Einreichung des Versicherungsscheins vom G. die Fortsetzung der durch ihren Austritt erloschenen Versicherung ohne Gesundheitsprüfung nach dem entsprechenden Fortsetzungstarif des G.s verlangen.

Der Kläger bezieht seit dem xxxxx 2012 eine Altersrente und ist pflichtversichertes Mitglied der Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner. Neben der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht er seit Juni 2012 einen laufenden Versorgungsbezug der B. –G1 (G1).

Zum 1. Juli 2012 zahlte die H.-AG dem Kläger einen Betrag in Höhe von 183.901,66 EUR sowie 128.944,17 EUR, insgesamt also in Höhe von 312.845,83 EUR. Mit Bescheiden vom 17. Juli 2012 erhob die Beklagte hierauf Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung und setzte ab 1. Juli 2012 die Beiträge zur Krankenversicherung auf insgesamt 256,06 EUR und zur Pflegeversicherung auf insgesamt 36,34 EUR monatlich fest. Mit Bescheiden vom 20. Dezember 2012 setzte die Beklagte die Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung ab dem 1.1.2013 neu fest. Der Kläger erhob gegen beide Bescheide Widerspruch, welcher erfolglos blieb (Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2013).

Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 7. Juni 2017 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, nach § 237 Satz 1 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) werde bei versicherungspflichtigen Rentnern wie dem Kläger neben dem Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eventuellem Arbeitseinkommen auch der Zahlbetrag derjenigen Einnahmen zugrunde gelegt, die der Rente vergleichbar seien. Als der Rente vergleichbare Einnahme (Versorgungsbezug) gelte, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werde, auch eine Rente von Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet seien, § 229 Abs. 1 Nr. 3 SGB V. Trete an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung, gelte ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für einhundertzwanzig Monate (§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI seien diese Vorschriften für die Beitragsbemessung in der sozialen Pflegeversicherung entsprechend anwendbar.

Bei der streitigen Kapitalleistung in Höhe von insgesamt 312.845,83 EUR aus den beim G. abgeschlossenen Lebensversicherungen handele es sich um Renten einer Versicherungseinrichtung im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V. Dies habe das Bundessozialgericht (BSG) für den vorliegenden Gruppenversicherungsvertrag bereits zu der gleichlautenden Vorgängervorschrift § 180 Abs. 8 Satz 2 Nr. 3 Reichsversicherungsordnung mit Urteil vom 10.6.1988 (12 RK 35/86) entschieden. Das Urteil sei nicht veraltet, denn Gesetzeslage und hierzu getroffene Wertungen seien unverändert.

Danach sei eine Versicherungseinrichtung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V jede kollektive Maßnahme einer Berufsgruppe, die Leistungen zum Gegenstand habe, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der früheren Erwerbstätigkeit stünden und Einkommensersatzfunktion hätten. Der Begriff der "Versicherungseinrichtung" setze keine sächlichen oder personellen Vorkehrungen voraus, die in einer bestimmten Organisation oder Institution der Berufsgruppe in Erscheinung träten. Es komme nicht darauf an, ob sie von einer öffentlich-rechtlichen oder einer privat-rechtlichen Einrichtung bezogen würden; auch sei nicht entscheidend, ob die Einrichtung rechtlich selbständig oder unselbständig sei. Die Einrichtung brauche schließlich nicht über ein für die Berufsgruppe abgrenzbares Sondervermögen zu verfügen.

Eine solche kollektive Maßnahme stelle der Gruppenversicherungsvertrag zwischen der B. und dem G., dem die Lotsenbrüderschaft N. beigetreten sei, dar. Dabei sei es unerheblich, dass die Lotsenbrüderschaft nicht Arbeitgeber des Klägers gewesen sei, sondern der Kläger selbständig den freien und nicht gewerblichen Beruf des Seelotsen ausgeübt habe. Auch die Tatsache, dass der Kläger als Versicherungsnehmer die Prämien für die Versicherungen allein aus seinem bereits versteuerten und verbeitragten Einkommen gezahlt habe, sei nebensächlich. Denn die Leistungen aufgrund des Vertrages wiesen einen unmittelbaren Bezug zu seiner früheren Erwerbstätigkeit als Seelotse auf und hätten Einkommensersatzfunktion. Allein durch seine Bestallung zum Seelotsen, wodurch er Mitglied der Lotsenbrüderschaft N. geworden sei, sei der Kläger in den Kreis der Versicherten geraten (§§ 7, 27 SeeLG, § 1 des Vertrages). Mit dem Beitritt zu dem Gruppenversicherungsvertrag erfülle die Lotsenbrüderschaft ihre Obliegenheit aus § 28 Abs. 1 Nr. 6 SeeLG, wonach es ihr obliege, Maßnahmen zu treffen, die eine ausreichende Versorgung der Seelotsen und ihrer Hinterbliebenen für den Fall des Alters, der Berufsunfähigkeit und des Todes gewährleisteten, und die Durchführung dieser Maßnahmen zu überwachen. Der Kreis der Mitglieder sei im vorliegenden streitigen Versicherungsvertrag auch nicht für Dritte geöffnet, sondern beschränkt auf die Angehörigen eines Berufes, denn er sei auf die Angehörigen der dort genannten Lotsenbrüderschaften – Seelotsen und Hafenlotsen – begrenzt. Nicht erforderlich sei dabei, dass alle Angehörigen eines Berufes in der betreffenden Versicherungseinrichtung versichert seien. Entgegen der Auffassung des Klägers fehle es der Lotsenbrüderschaft nicht an einer Vollmacht. Vielmehr sei sie durchs Gesetz (§ 28 Abs. 1 Nr. 6 SeeLG) ermächtigt, verbindlich für alle ihr angehörenden Mitglieder Versicherungsverhältnisse zu begründen. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht eine Verbeitragung erst dann als unzulässig erachtet, wenn der Betroffene Versicherungsnehmer geworden sei und zusätzlich das Beschäftigungsverhältnis beendet sei (durch Ausscheiden aus dem Erwerbsleben oder Insolvenz des Arbeitgebers), wenn also der berufliche Bezug vollständig gelöst worden sei (BVerfG, Beschluss vom 28.9.2010, 1 BvR 1660/08). Das Bundesverfassungsgericht stelle dabei auf den institutionellen Rahmen ab, der vorliegend beim Kläger wie dargelegt durch seine Mitgliedschaft in der Lotsenbrüderschaft bis zu seinem Ruhestand gegeben gewesen sei.

Auch das Argument des Klägers einer unzulässigen Doppelbesteuerung führe nicht zu einem anderen Ergebnis. Ein Verbot einer "Doppelverbeitragung" (die Beitragserhebung auf Eigenleistungen), gelte unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten wegen der Besonderheit, die in der Finanzierung der Krankenversicherung liege, nicht (BSG, Urteil vom 12.11.2008, B 12 KR 9/08 R; BVerfG, Beschluss vom 6.9.2010, 1 BvR 739/08).

Soweit der Kläger darauf verweise, dass seine Altersversorgung bereits über die Rente und Zahlungen aus der Ausgleichskasse sichergestellt sei und die Kapitalleistung nicht ein Teil einer mehrgliedrigen Gesamtversorgung darstelle, sei darauf hinzuweisen, dass die Regelungen der §§ 226 ff SGB V und insbesondere § 229 SGB V nicht darauf abstellten, ob eine anderweitige ausreichende Versorgung vorliege, so dass der konkret zu betrachtende Versorgungsbezug außer Betracht bleiben könne. Dass Beiträge von der Beklagten nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 Abs. 3 SGB V) erhoben würden, sei dagegen unstreitig. Schließlich helfe dem Kläger auch der Verweis auf das Steuerrecht, hier § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a des Einkommenssteuergesetzes nicht. Die Regelung des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V sei weiter gefasst.

Die Beklagte hat am 6. September 2013, am 18. Dezember 2013, am 30. Juli 2014, am 18. Dezember 2014, am 15. Juli 2015, am 6. August 2015, am 17. Dezember 2015, am 8. Juli 2016, am 21. Dezember 2016, am 4. August 2017 und am 23. Dezember 2017 sowie am 6. Juli 2018 weitere Beitragsbescheide erlassen.

Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 6. Juli 2017 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 10. Juli 2017 Berufung eingelegt, mit welcher er seinen erstinstanzlichen Vortrag in Bezug nimmt und weiter vorträgt, er halte das BSG-Urteil aus dem Jahr 1988 für überholt, denn die damalige Abwägung erweise sich heute als unzutreffend. Für eine private Eigenvorsorge spreche insbesondere, dass der Kläger Versicherungsnehmer gewesen sei, die versicherte Person gewesen sei und aus eigenem bereits verbeitragtem Einkommen den Versicherungsbeitrag gezahlt habe. Dem stehe allein der Umstand gegenüber, dass die Versicherungsleistung ohne die Mitgliedschaft des Klägers in der Lotsenbrüderschaften nicht denkbar gewesen sei und daher ein ausreichender beruflicher Bezug gegeben gewesen sei. Diese Argumentation greife jedoch zu kurz, denn jeder könne mit dem G. einen Versicherungsvertrag abschließen, um daraus eine Leistung zu generieren. Der Vorteil des Klägers aus dem Rahmenvertrag beschränke sich auf einen Zugang zur Versicherung ohne Gesundheitsprüfung. Dieser Vorteil reiche nicht aus, um bei der Abwägung aller Umstände zu einem überwiegenden beruflichen Bezug zu führen. Es handele sich bei dem Versicherungsvertrag nicht um eine kollektive Maßnahme einer Berufsgruppe, die im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit stehe. Dies schon deshalb, da die B., die Vertragspartner des Rahmenvertrags sei, keinerlei Befugnisse habe, eine Versicherungseinrichtung zu etablieren. Zudem seien dem Rahmenvertrag nur sechs von neun Brüderschaften beigetreten. Der Vertrag habe auch keine Einkommensersatzfunktion. Als eine solche fungierten lediglich die Einnahmen des Klägers aus der gesetzlichen Altersversorgung sowie aus der G2 (G2) und der G1. Das Kriterium des Einkommensersatzes sei untauglich. Denn aufgrund der bestehenden Lücke zwischen dem Einkommen aus der Erwerbstätigkeit und den Einnahmen im Ruhestand hätte jede private Vorsorge die Funktion, eine Versorgungslücke zu schließen und sei danach als Versorgungsbezug anzusehen. Dies sei vom Gesetzgeber nicht gewollt. Würde man die Versicherung der Beitragspflicht unterwerfen, so bestünde eine sachwidrige Ungleichbehandlung gegenüber anderen Selbstständigen, die unter den gleichen Bedingungen einen Versicherungsvertrag abschließen, insbesondere in gleicher Weise Beiträge entrichteten, ohne dass die Leistungen indes Versorgungsbezüge seien. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Kläger einmal auf sein reguläres Einkommen Beiträge geleistet habe, aus diesem Nettoeinkommen die Beiträge zur Versicherung erbracht habe, damit dann die Leistungen aus der Versicherung erneut der vollen Beitragspflicht unterworfen würden. Damit habe der Kläger für jeden Euro seiner Einlage doppelt Beiträge gezahlt. Dies sei unverhältnismäßig und widerspreche dem Verbot der Doppelbesteuerung.

Darüber hinaus sei er, der Kläger, Versicherungsnehmer des Vertrages mit dem G. gewesen und damit sei unter Anwendung des zu § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ergangenen Beschlusses des BVerfG vom 28. September 2010 (1 BvR 1660/08) der betriebliche Bezug nicht gegeben gewesen. Es habe sich um individuelle Verträge zur privaten Eigenvorsorge gehandelt.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 7. Juni 2017 aufzuheben, sowie die Bescheide der Beklagten vom 17. Juli 2012 und vom 20. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2013 und die Bescheide vom 6. September 2013, 18. Dezember 2013, 30. Juli 2014, 18. Dezember 2014, 15 Juli 2015, 6. August 2015,17 Dezember 2015, 8. Juli 2016, 21. Dezember 2016, 4. August 2017, 23. Dezember 2017 und vom 6. Juli 2018 aufzuheben, soweit damit Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung aufgrund Einnahmen aus Kapitalzahlungen der G. erhoben worden sind.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Verbeitragung sei zu Recht und in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften erfolgt. Darauf, dass eine ausreichende Versorgung der Lotsen bereits über die gesetzliche Rentenversicherung und die G2 bzw. G1 sichergestellt sei, komme es nicht an, denn das Gesetz sehe keine betragsmäßige Begrenzung für eine ausreichende Versorgung vor, wobei der Betrag aus G1 und gesetzlicher Rentenversicherung im Falle des Klägers zwar sicher auskömmlich sei, von den Einkünften eines Kapitäns auf Großer Fahrt, denen die Lotsgelder entsprochen hätten, aber weit entfernt sei. Der Gruppenversicherungsvertrag habe anderen Bedingungen unterlegen als ein Einzelversicherungsvertrag und diese seien auch für den einzelnen Versicherungsnehmer nicht abänderbar gewesen. Er sei auch ausschließlich Mitgliedern einer Berufsgruppe vorbehalten gewesen und stelle daher eine kollektive Maßnahme dar.

Mit Schreiben vom 26. Juli 2018 hat das Gericht die Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – unter Fristsetzung bis zum 23. August 2018 dazu angehört, dass es erwäge, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, da es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben von einer weiteren Stellungnahme abgesehen.

Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung die Prozessakte und die Verwaltungsakte der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

II. Die Berufung ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Sie wird, nachdem die Beteiligten auf die beabsichtigte Verfahrensweise hingewiesen wurden, durch Beschluss zurückgewiesen, da das Gericht sie einstimmig für unbegründet und eine – weitere – mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG).

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, abgewiesen. Der Kläger hat im Berufungsverfahren keine Umstände vorgebracht, die zu einer abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen könnten. Der Senat hat sich bereits in einer früheren Entscheidung mit der mit dem vorliegenden Fall inhaltlich identischen Regelung für Hafenlotsen auseinandergesetzt und ausgeführt:

"Danach ist eine Versicherungseinrichtung im Sinne von § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V jede kollektive Maßnahme einer Berufsgruppe, die Leistungen zum Gegenstand hat, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der früheren Erwerbstätigkeit stehen und Einkommensersatzfunktion haben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie von einer öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Einrichtung bezogen werden. Der Begriff der Versicherungseinrichtung setzt ferner keine sächlichen oder personellen Vorkehrungen voraus, die in einer bestimmten Organisation oder Institution der Berufsgruppe in Erscheinung treten. Die Einrichtung braucht auch nicht über ein für die Berufsgruppe abgrenzbares Sondervermögen zu verfügen (BSG, Urteil vom 10.06.1988, a.a.O.). Die Leistungen an den Kläger aufgrund des Gruppenversicherungsvertrages mit dem G.-Konzern weisen einen unmittelbaren Bezug zu seiner früheren Erwerbstätigkeit als Hafenlotse auf und haben Einkommensersatzfunktion. Das Versicherungsverhältnis beruhte daher nicht lediglich auf berufsfremder Eigenvorsorge. Gemäß § 9 Hafenlotsgesetz i.V.m. § 28 Abs. 1 Nr. 6 Seelotsgesetz obliegt es der Hafenlotsenbrüderschaft, Maßnahmen zu treffen, die eine ausreichende Versorgung der Hafenlotsen und ihrer Hinterbliebenen für den Fall des Alters, der Berufsunfähigkeit und Todes gewährleisten, und die Durchführung dieser Maßnahmen zu überwachen. Sie hat ferner von den eingenommenen Lotsgeldern unter anderem die Beträge einzubehalten, die für die Versorgung der Hafenlotsen erforderlich sind und diese an die dafür zuständigen Stellen abzuführen (§ 9 Hafenlotsgesetz i.V.m. § 28 Abs. 1 Nr. 9 Seelotsgesetz). Der Abschluss des Gruppenversicherungsvertrages sowie der Einbehalt und die Weiterleitung der Prämien gehören somit zu den Maßnahmen, die gemäß § 9 Hafenlotsgesetz i.V.m. § 28 Abs. 1 Nr. 6 und 9 Seelotsgesetz den Mitgliedern der Hafenlotsenbrüderschaft und ihren Hinterbliebenen eine ausreichende Versorgung gewährleisten sollen. Die gesetzliche Ermächtigung und zugleich Verpflichtung der Hafenlotsenbrüderschaft, Maßnahmen dieser Art zu treffen, umfasst auch die Befugnis, für die Mitglieder der Lotsenbrüderschaften Gruppenversicherungsverträge mit privaten Versicherungsunternehmen abzuschließen und darin die Mitglieder nicht nur als Bezugsberechtigte, sondern als Versicherungsnehmer mit entsprechenden eigenen Beitragspflichten zu benennen. Zur Wirksamkeit eines solchen Vertrages bedarf es weder der Mitwirkung der einzelnen Hafenlotsen noch ihrer vorherigen oder nachträglichen Zustimmung. Die Lotsenbrüderschaft hat vielmehr allein aufgrund § 9 Hafenlotsgesetz i.V.m. § 28 Abs. 1 Nr. 6 Seelotsgesetz die rechtliche Macht, mit verbindlicher Wirkung für alle ihr angehörenden Mitglieder Versicherungsverhältnisse zu begründen und hat hiervon Gebrauch gemacht. Jedes Mitglied der Lotsenbrüderschaft ist für die Dauer seiner Mitgliedschaft an die Bestimmungen des Vertrages gebunden und insbesondere zur Entrichtung der vereinbarten Beiträge verpflichtet (§ 7 des Vertrages). Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist daher nicht erkennbar, dass die einzelnen Hafenlotsen die Wahlmöglichkeit gehabt hätten, sich für oder gegen den Vertragsbeitritt zu entscheiden. Letztlich kann dies jedoch dahin stehen, da auch Renten, die aufgrund freiwilliger Mitgliedschaft in einem Versicherungsverein für bestimmte Berufe erworben wurden, der Beitragspflicht unterliegen, denn § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V enthält keine Beschränkung auf Renten aus Pflichtversicherungen (BSG, Urteil vom 30.03.1995 – 12 RK 40/94 – Juris). Aus den gleichen Gründen ist es auch unerheblich, ob der einzelne Hafenlotse ein Tätigwerden der Hafenlotsenbrüderschaft nach § 9 Hafenlotsgesetz i.V.m. § 28 Abs. 1 Nr. 6 Seelotsgesetz einklagen könnte oder ob die Hafenlotsenbrüderschaft auch andere Maßnahmen zur Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung hätte ergreifen können. Die dem Hafenlotsen zufließenden Beträge aus dem Gruppenversicherungsvertrag sind somit Bestandteil einer mehrgliedrigen Gesamtversorgung, deren sämtliche Elemente von der Bestallung zum Hafenlotsen und der damit verbundenen Pflichtmitgliedschaft in der Hafenlotsenbrüderschaft abhängen (vgl. BSG, Urteil vom 10.06.1988, a.a.O.). Der erforderliche unmittelbare Bezug zu der früheren Erwerbstätigkeit des Klägers ist damit gegeben, denn seine berufliche Tätigkeit als Hafenlotse war Voraussetzung für die Versicherung. Die Leistungen aus dem Versicherungsverhältnis haben auch Einkommensersatzfunktion, denn sie dienen – vorliegend zusammen mit der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und den Versorgungsbezügen der FHH – dazu, nach Beendigung der Erwerbstätigkeit wegen Erreichens der Altersgrenze den Lebensunterhalt des Klägers sicherzustellen. Ob der Lebensunterhalt des Hafenlotsen auch schon ohne die Kapitallebensversicherungen, also allein durch die gesetzliche Rente und die Versorgungsbezüge, gesichert gewesen wäre, kann entgegen der Ansicht des Klägers keine Rolle spielen. Gemäß § 45 Abs. 3 S. 2 SeelotsG sind die Lotsgelder so zu bemessen, dass die Seelotsen bei normaler Inanspruchnahme ein Einkommen und eine Versorgung haben, die ihrer Vorbildung und der Verantwortung ihres Berufes entsprechen. Die Versorgung der Seelotsen soll sich daher an derjenigen eines Kapitäns auf Großer Fahrt ausrichten (BSG, Urteil vom 10.06.1988, a.a.O.) und somit das bisherige Einkommen auf relativ hohem Niveau ersetzen. Es gibt keine rechtlichen Anknüpfungspunkte dafür, Versorgungsbezüge von der Beitragspflicht auszunehmen, nur weil diese das zum Lebensunterhalt Unerlässliche übersteigen. Die Grenze bildet insoweit nur die Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 Abs. 3 SGB V), die vorliegend beachtet wurde. Entgegen der Auffassung des Klägers steht dieser Beurteilung nicht entgegen, dass nicht die Mitglieder aller Lotsenbrüderschaften von dem Versicherungsvertrag umfasst sind. Zwar gehört eine privatrechtliche Versicherungseinrichtung nur dann zu den in § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V genannten Versicherungseinrichtungen, wenn der Kreis der Mitglieder auf die Angehörigen eines oder mehrerer Berufe beschränkt ist (BSG, Urteil vom 30.03.1995, a.a.O.; BSG, Urteil vom 30.01.1997 – 12 RK 17/96; beide Juris), wenn also außer den Mitgliedern einer Berufsgruppe nicht auch Dritte als Versicherte in Betracht kommen. Dies ist indes der Fall, denn der Gruppenversicherungsvertrag ist auf die Angehörigen der dort genannten Lotsenbrüderschaften – also auf See- und Hafenlotsen – beschränkt. Nicht erforderlich ist demgegenüber, dass alle Angehörigen eines Berufes in der betreffenden Versicherungseinrichtung versichert sind. Die Einbeziehung der hier streitigen Versicherungsleistungen in die Beitragsbemessung zur Kranken- und Pflegeversicherung stellt auch keine sachwidrige Ungleichbehandlung gegenüber Selbständigen, die eine private Eigenvorsorge getroffen haben, dar. Der Gesetzgeber hat mit den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und den Versorgungsbezügen i.S.d. § 229 Abs. 1 S. 1 SGB V grundsätzlich und in typisierender Weise alle diejenigen Bezüge von Institutionen und aus Sicherungssystemen der Beitragspflicht unterworfen, bei denen ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit und einer Erwerbstätigkeit besteht und die nach Eintritt des Versicherungsfalles dazu dienen, Erwerbseinkommen zu ersetzen oder die Hinterbliebenenversorgung sicherzustellen. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, denn in der Krankenversicherung der Rentner sind Personen mit sehr unterschiedlicher beruflicher Herkunft in die Versicherungspflicht einbezogen worden. Eine niedrige Rente bedeutet aber nicht zwingend eine entsprechend geringe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, sofern andere Einkünfte zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehen. Es wäre daher unbillig, wenn derjenige, der neben seiner Rente weitere Einkünfte aus einer früheren beruflichen Betätigung hat, welche der Sicherstellung der Altersversorgung dienen, hierauf keine Beiträge zu entrichten hätte (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28.02.2008 – 1 BvR 2137/06 – Juris). Das Bundessozialgericht hat zwar eingeräumt, dass Renten aus berufsständischen Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen eine besondere Nähe zu den nicht beitragspflichtigen Renten aus privatrechtlichen Lebensversicherungen aufweisen, es hat jedoch betont, dass insoweit eher die Nichteinbeziehung der privaten Versicherungen der Rechtfertigung bedürfe (BSG, Urteil vom 30.03.1995, a.a.O.). Der Beitragspflicht steht auch nicht entgegen, dass der Kläger die Prämien für die Versicherungen aus seinem Einkommen gezahlt hat, für das er bereits Beiträge entrichtet hat. Insoweit hat das Sozialgericht bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass ein "Verbot der Doppelverbeitragung" auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht gilt (z.B. BSG, Urteil vom 12.11.2008 – B 12 KR 9/08 R - Juris). Schließich ergibt sich eine andere Beurteilung auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. September 2010 (a.a.O.), denn diese Entscheidung betrifft eine vom Arbeitgeber abgeschlossene Direktversicherung. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach mit dem Einrücken des Arbeitnehmers in die Stellung als Versicherungsnehmer nach Beendigung der Erwerbstätigkeit der betriebliche Bezug gelöst worden sei, ist auf den vorliegenden Fall nicht zu übertragen. Denn hier ergibt sich der Bezug zur früheren Erwerbstätigkeit von vornherein nicht aus der Stellung des Arbeitgebers als Versicherungsnehmer, sondern – wie ausgeführt – daraus, dass die Tätigkeit als Hafenlotse nach den Bestimmungen des Hafenlotsengesetzes und des Seelotsengesetzes unabdingbare Voraussetzung für den Abschluss der Versicherungen waren." (Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 24. April 2014 – L 1 KR 88/13 –, Rn. 17 - 27, juris)

Der Senat hält an dieser Rechtsprechung auch nach neuerlicher Überprüfung fest, weshalb die Berufung erfolglos bleiben muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Vorausset-zungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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