Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 2 U 86/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 232/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 15. November 2018 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 25. Juni 2017 gegen die Beitragsänderungsbescheide der Antragsgegnerin betreffend die Jahre 2014, 2015 und 2016 vom 19. Juni 2017 angeordnet. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.216,75 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller meldete sein Unternehmen mit Schreiben vom 31. Oktober 2011 bei der Berufsgenossenschaft (BG) für Transport und Verkehrswirtschaft, die aus der Fusion der BG für Fahrzeughaltungen mit der See-BG zum 01. Januar 2010 hervorgegangenen war und zum 01. Januar 2016 mit der Unfallkasse Post zur BG Verkehr – Verkehrswirtschaft, Post-Logistik, Telekommunikation fusionierte (im Folgenden: Antragsgegnerin), als "Kurierdienstgeschäft (Paketdienst)" an. Im von der Antragsgegnerin ausgehändigten Betriebsfragenbogen gab er an, seit Oktober 2010 Kurierfahrten durchzuführen. Bei den Gewerbezweigen kreuzte er an "Kraftwagenspedition (Versendung von Gütern für Rechnung eines anderen im eigenen Namen)" und Postdienste, Transportlogistik (Mobile und stationäre Post- und Briefdienste, Fahrradkuriere; Transportlogistik ohne Fahrtätigkeit)" an. 100 % seines Arbeitsaufwands entfielen auf den Transport von Waren und Gütern. Mit Bescheid vom 19. November 2011 stellte die Antragsgegnerin ihre Zuständigkeit für das Unternehmen des Antragstellers fest und veranlagte ihn ab Juni 2010 zur damals nach dem 23. Gefahrtarif der BG für Fahrzeughaltungen bestehenden Tarifstelle 1 Schlüsselzahl 510 (Kaufmännischer und verwaltender Teil) mit der Gefahrklasse 1,0 und zur Tarifstelle 1a Schlüsselzahl 515 (Postdienste, Transportlogistik) mit der Gefahrklasse 4,98. Mit weiterem Bescheid vom 19. November 2011 veranlagte die Antragsgegnerin den Antragsteller nach dem ab dem 01. Januar 2011 geltenden 24. Gefahrtarif für den Zuständigkeitsbereich der ehemaligen BG für Fahrzeughaltungen zu den Gefahrtarifstellen 550 (Güterkraftverkehr (Transport von Gütern aller Art mit Kfz und Anhängern), Autokran, Abschleppdienst und dergleichen) mit der Gefahrklasse 10,29 und 515 (Postdienste, Transportlogistik (Mobile und stationäre Post- und Briefdienste; Fahrradkuriere; Transportlogistik ohne Fahrtätigkeit)) mit der Gefahrklasse 1,64. Entsprechend den vom Antragsteller jeweils für die Jahre 2014 bis 2016 vorgenommenen Meldungen der Arbeitsentgelte und deren Zuordnung ausschließlich zur Gefahrtarifstelle 515 - Postdienste, Transportlogistik - (vgl. Entgeltnachweise vom 23. Dezember 2014, 22. Februar 2016 und 24. Januar 2017) setzte die Antragsgegnerin die Beiträge für die Jahre 2014 bis 2016 jeweils unter Zugrundelegung der Gefahrklasse 1,64 fest, vgl. Bescheide der Antragsgegnerin vom 18. April 2015, 05. Mai 2015, 17. April 2016, 09. April 2017.
Nach Einführung des 25. Gefahrtarifs für den Zuständigkeitsbereich der ehemaligen BG für Fahrzeughaltungen mit Wirkung zum 01. Januar 2017 veranlagte die Antragsgegnerin das Unternehmen des Antragstellers ab dem 01. Januar 2017 zur Gefahrtarifstelle 550 im Gewerbezweig Güterverkehr (Transport von Gütern aller Art mit Kfz und Anhängern, Kurier-, Express-, Paketdienste einschließlich Fahrradkuriere), vgl. Veranlagungsbescheid vom 05. Dezember 2016. Der 25. Gefahrtarif für den Zuständigkeitsbereich der ehemaligen BG für Fahrzeughaltungen weist unter der Gefahrtarifstelle 516 daneben nunmehr Briefdienste (Mobile und stationäre Briefdienste) aus. In einem zwischenzeitlich ausgefüllten Fragebogen gab der Antragsteller an, dass in seinem Unternehmen im Jahr 2016 folgende Gewerbezweige bzw. gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt würden: Paketdienste 30 %, Briefdienste 50 %, Kataloge 10 % und Bürodienste 10 %. Hierbei würde er drei Pkw und 14 Kleintransporter einsetzen. Auftraggeber sei die G GmbH & Co. OHG (G).
Auf den Widerspruch des Antragstellers gegen die Veranlagung ab dem 01. Januar 2017 führte die Antragsgegnerin am 10. April 2017 in den Räumen des Unternehmens des Antragstellers einen Ortstermin durch, dessen Ergebnis die Antragsgegnerin dahingehend wertete, dass keine Briefdienste, sondern nur Paketzustell- und -sortierdienste erbracht würden, weil die G als einziger Auftraggeber eben nur ein reiner Paketdienst sei.
Bei einem weiteren Ortstermin in den Räumen des steuerlichen Vertreters des Antragstellers zur Überprüfung der Geschäftsunterlagen bzw. der Lohnbuchhaltung am 13. Juni 2017 kam die Antragsgegnerin zu dem Ergebnis, dass ein Briefdienst mit getrenntem Arbeitnehmerstamm nicht nachgewiesen werden könne und die Vorsortierer lediglich eine Hilfstätigkeit für den Paketdienst ausübten und ebenso wie das Büropersonal dem Unternehmensschwerpunkt Paketzustellung und damit der Gefahrtarifstelle 550 zuzuordnen seien (vgl. Prüfbericht vom 13. Juni 2017). Daraufhin setzte die Antragsgegnerin mit drei Änderungsbescheiden vom 19. Juni 2017 die Beiträge für die Jahre 2014 bis 2016 unter Zuordnung der gemeldeten Arbeitsentgelte jeweils zur Gefahrtarifstelle 550 - Güterkraftverkehr etc. - mit der Gefahrklasse 10,29 neu fest, was zu Nachforderungen von 8.735,06 EUR für 2014, 10.814,03 EUR für 2015 und 10.959,37 EUR für 2016, insgesamt von 30.433,50 EUR führte. Hiergegen erhob der Antragsteller unter dem 25. Juni 2017 Widerspruch, über welchen bislang noch nicht entschieden ist. Die Antragsgegnerin unternahm in der Folgezeit erste Vollstreckungsversuche, bis sie zwischenzeitlich die Vollstreckung aussetzte.
Den am 29. Mai 2018 zunächst zum Verwaltungsgericht Potsdam eingelegten Eilrechtsschutzantrag hat, nachdem das Verfahren mit Beschluss vom 23. Juli 2018 ans Sozialgericht Potsdam (SG) verwiesen worden war, dieses mit Beschluss vom 15. November 2018 abgelehnt. Es hat u.a. zur Begründung ausgeführt, dass die ursprünglich in den Beitragsbescheiden für die Jahre 2014 bis 2016 erfolgte Zuordnung der Entgelte allein zur Gefahrklasse 1,64 sich nach den im April und Juni 2017 erfolgten Prüfungen gemäß §§ 168 Abs. 2, 166 Abs. 1 und 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) als unrichtig erwiesen habe, da der Antragsteller die Erbringung von Briefdiensten bei den durchgeführten Betriebsprüfungen nicht habe beweisen können. Das Unternehmen des Antragstellers bestehe in der Erbringung von Paketdiensten, was auch die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, d.h. der Lohnfuhrvertrag mit der G sowie die überwiegende Zahl der für den streitigen Zeitraum maßgeblichen Arbeitsverträge (Zustell- und Fahrtätigkeiten), bestätigten. Daher seien die Beiträge zu Recht unter Zuordnung der Arbeitsentgelte zur Gefahrtarifstelle 550 – Güterverkehr - neu festgestellt worden. Der Antragsteller habe bei der Besprechung des Prüfergebnisses und der danach zu erfolgenden Beitragsnachforderung am 13. Juni 2017 auch Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt, so dass es keiner weiteren Anhörung bedurfte. Es sei auch nicht erkennbar, dass die Vollziehung der Beitragsänderungsbescheide eine unbillige Härte für den Antragsteller bedeuten würden, eine drohende Existenzgefährdung sei weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht worden.
Gegen den ihm am 20. November 2018 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 20. Dezember 2018 Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, dass die Antragsgegnerin die falsche Gefahrtarifstelle zugrunde gelegt habe, der Beitragsfuß nicht zutreffe und hier ebenso wie im parallelen Verwaltungsverfahren zwischen der J T und J I GbR und der Antragsgegnerin zu verfahren sei, wo dem Widerspruch bzgl. der Beitragsjahre 2015 und 2016 abgeholfen worden sei.
Der Antragsteller beantragt (sachdienlich) gefasst,
den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 15. November 2018 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 25. Juni 2017 gegen die Beitragsänderungsbescheide der Antragsgegnerin betreffend die Jahre 2014, 2015 und 2106 vom 19. Juni 2017 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
II.
Die nach § 172 Abs. 1 und 3 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§ 173 SGG) des Antragstellers ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG im angefochtenen Beschluss vom 15. November 2018 den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die o.g. Beitragsänderungsbescheide für die Jahre 2014 bis 2016 nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG abgelehnt.
Der Antrag ist zulässig. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Zwar haben Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 86a Abs. 1 S. 1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Gemäß Abs. 2 Nr. 1 der genannten Vorschrift entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch – wie hier - bei Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten.
Der Antrag ist begründet. In den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG hat der Gesetzgeber die sofortige Vollziehbarkeit erst einmal angeordnet und damit den grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses klargestellt. Bei der Entscheidung nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG hat das Gericht in diesen Fällen entsprechend der Konzeption des Gesetzgebers nach den Kriterien des § 86a Abs. 3 S. 2 SGG vorzugehen (Keller, in: Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt, SGG – Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 12b), wonach die Aussetzung der Vollziehung erfolgen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Vorliegend bestehen ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Beitragsänderungsbescheide. Sie können ihre rechtliche Grundlage nur in § 168 Abs. 2 SGB VII finden. Nach § 168 Abs. 2 S. 1 SGB VII ist ein Beitragsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zuungunsten der Beitragspflichtigen nur dann aufzuheben, wenn die Veranlagung des Unternehmens zu den Gefahrklassen nachträglich geändert wird (1.) oder die Meldung nach § 165 Abs. 1 SGB VII unrichtige Angaben enthält oder sich die Schätzung als unrichtig erweist (2.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Hier kommt bei unveränderter Veranlagung für die Jahre 2014 bis 2016 nach dem ab dem 01. Januar 2011 geltenden 24. Gefahrtarif für den Zuständigkeitsbereich der ehemaligen BG für Fahrzeughaltungen (Bescheid vom 19. November 2011) und fehlender Schätzung nur eine Änderung wegen unrichtiger Angaben bei der Meldung nach § 165 Abs. 1 SGB VII in Betracht. Nach den im Verwaltungsverfahren von der Antragsgegnerin am 10. April und 13. Juni 2017 vorgenommenen Überprüfungen vor Ort ergibt sich offenbar keine Unrichtigkeit bzgl. der Höhe der gemeldeten Lohnsummen. Eine Unrichtigkeit der Meldungen nach § 165 Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 28a Abs. 2a S. 2 Nr. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) kann sich daher allein aus der vom Antragsteller in den Entgeltnachweisen vom 23. Dezember 2014, 22. Februar 2016 und 24. Januar 2017 vorgenommenen Zuordnung der Arbeitsentgelte ausschließlich zur Gefahrtarifstelle 515 - Postdienste, Transportlogistik – ergeben.
Bei der im vorliegenden Eilverfahren anzustellenden summarischen Prüfung erweisen sich die vom Antragsteller für die Jahre 2014 bis 2016 vorgenommenen Meldungen nach § 165 Abs. 1 SGB VII und die darauf aufbauenden ursprünglichen Beitragsbescheide mit der nach §§ 153 Abs. 1, 167 SGB VII vorgenommenen Zuordnung aller Entgelte zur Gefahrtarifstelle 515 des 24. Gefahrtarifs mit der Gefahrklasse 1,64 allem Anschein nach als zutreffend. Der Unfallversicherungsträger hat bei der Auslegung des Gefahrtarifs – anders als bei der Erstellung der Satzung selbst – keinen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum. Der Bedeutungsgehalt der jeweiligen Tarifstellen ist daher nach den klassischen juristischen Auslegungsmethoden (Wortlaut, Systematik, Wille des Satzungsgebers) zu ermitteln (vgl. Spellbrink in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 102. Erg.-Lfg. Dezember 2018, SGB VII § 159 Rn. 4 unter Verweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 31. Januar 1981 - 2 RU 101/79 -, zitiert nach juris Rn. 24).
Dies zugrunde gelegt, erweisen sich die angefochtenen Beitragsänderungsbescheide nach der im vorliegenden Eilverfahren anzustellenden summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig. Nach dem für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 2014 bis 2016 geltenden 24. Gefahrtarif der Antragsgegnerin für den Zuständigkeitsbereich der ehemaligen BG für Fahrzeughaltungen ist der Güterverkehr mit der in Klammern dahinter gesetzten Erläuterung (Transport von Gütern aller Art mit Kfz und Anhängern) von der Gefahrtarifstelle 550 mit der Gefahrklasse 10,29 erfasst.
Bei isolierter Betrachtung der Gefahrtarifstelle 550 mag ihrem Wortlaut nach das Unternehmen des Antragstellers zwar subsumierbar sein. Es handelt sich bei vorläufiger Gesamtschau der ursprünglichen und späteren Unternehmensbeschreibung des Antragstellers und der Ermittlungen der Antragsgegnerin im Wesentlichen wohl um einen Paketzustelldienst. So ordnete die Antragsgegnerin ausweislich ihres Vermerks über den Ortstermin vom 10. April 2017 das Unternehmen des Antragstellers als Paketdienst (in Abgrenzung zu seinem Briefdienst) ein. Die Richtigkeit dieser Einschätzung belegen im Übrigen auch die vom SG im ausgangsgerichtlichen Verfahren angeforderten Arbeitsverträge, wonach überwiegend Auslieferungsfahrer, Paketzusteller und Vorsortierer beschäftigt sind. Ferner spricht der vom Antragsteller vorgelegte – allerdings erst ab dem 01. Januar 2017 geltende Lohnfuhrvertrag – mit der G dafür, dass wesentlicher Unternehmensgegenstand nach wie vor die Paketzustellung ist. Ob sich nach Vorlage von Auftragsunterlagen betreffend die Jahre 2014 bis 2016 etwas anderes ergeben könnte, kann gegenwärtig nicht beurteilt werden, erscheint aber bei der Unternehmensinfrastruktur unwahrscheinlich. So spricht auch der vom Unternehmen des Antragstellers unterhaltene Fuhrpark mit mittlerweile drei Pkw und 14 Kleintransportern für einen Paketzustelldienst.
Jedoch scheidet nach der Systematik und wohl auch nach dem in der Weiterentwicklung des Gefahrtarifs zum Ausdruck kommenden Willen des Satzungsgebers eine Zuordnung des Paketzustelldienstes des Antragstellers im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nach dem 24. Gefahrtarif der Antragsgegnerin für den Zuständigkeitsbereich der ehemaligen BG für Fahrzeughaltungen zur Gefahrtarifstelle 550 aus, weil er wohl richtigerweise zur Gefahrtarifstelle 515 mit der Gefahrklasse 1,64 zu veranlagen war. Unter die Gefahrtarifstelle 515 des 24. Gefahrtarifs für den Zuständigkeitsbereich der ehemaligen BG für Fahrzeughaltungen fielen Postdienste und Transportlogistik mit der in Klammern dahinter gesetzten Erläuterung (Mobile und stationäre Post- und Briefdienste, Fahrradkuriere, Transportlogistik ohne Fahrtätigkeit). Allein schon aus der begrifflichen Unterscheidung von Post- und Briefdiensten wird deutlich, dass gerade nicht nur die Briefversendung erfasst war. Dies verdeutlicht auch ein Blick auf den ab 01. Januar 2017 geltenden 25. Gefahrtarif, nach dessen neuer Gefahrtarifstelle 516 ausdrücklich nur noch Briefdienste erfasst sind, wohingegen nunmehr der von der Gefahrtarifstelle 550 erfasste Güterverkehr nach dem dahinter gesetzten Klammerzusatz neben dem Transport von Gütern aller Art mit Kfz und Anhängern ausdrücklich neuerdings auch Kurier-, Express-, Paketdienste einschließlich Fahrradkuriere enthält. Diese Neuregelung erschließt sich nach dem Willen des Satzungsgebers – vorbehaltlich der ggf. im Hauptsacheverfahren noch beizuziehenden Genehmigungsunterlagen (vgl. § 158 SGB VII) für den 24. und 25. Gefahrtarif der Antragsgegnerin – dem Senat nur, weil dieser allem Anschein nach verständlicherweise davon ausging, dass nach dem vorgehenden 24. Gefahrtarif Paketdienste unter die von der Gefahrtarifstelle 515 erfassten Postdiente fielen. Dass der Begriff Postdienste dem Wortlaut und dem allgemeinen Begriffsverständnis nach grundsätzlich auch Paketdienste, insbesondere Paketzustellungen umfasst, belegt u.a. auch die europarechtliche Nomenklatur. So werden in Anhang XIV der (Vergabe-) Richtlinie 2014/24/EU auch "Postdienste" und "Briefpostdienste" als besondere Dienstleistungen aufgezählt, wobei der Begriff Postdienste neben Fernmeldediensten, Post- und Kurierdiensten, Postdiensten im Zusammenhang mit Zeitungen und Zeitschriften, Briefpostdiensten, Post-Schalterdiensten, Vermietung von Postfächern, Diensten im Zusammenhang mit postlagernden Sendungen, internen Bürobotendiensten eben auch Paketpostdienste umfasst. Anhaltspunkte dafür, dass Unternehmensgegenstand des Antragstellers in den Jahren 2014 bis 2016 ein über den reinen Paketdienst hinausgehender Güterverkehr oder eine Kraftwagenspedition war, bestehen zur Zeit nicht. So entspricht der bereits oben angeführte Fuhrpark nicht etwa demjenigen eines klassischen Fuhrunternehmens, welches etwa, um wirklich Güter "aller Art" wie größeres Sperrgut und auf Holzpaletten zu liefernde Waren transportieren zu können, über größere Lieferfahrzeuge mit Hebebühnen bzw. Sattelschlepper oder Kipper verfügt.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung bestimmt sich nach § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 47, 52 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und trägt dem Umstand Rechnung, dass vorliegend nicht die Hauptsache, sondern eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren streitbefangen ist. Der Streitwert ergibt sich dementsprechend aus der Hälfte der Beitragsnachforderung für 2014 bis 2016 (30.433,50 EUR: 2 = 15.216,75 EUR).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller meldete sein Unternehmen mit Schreiben vom 31. Oktober 2011 bei der Berufsgenossenschaft (BG) für Transport und Verkehrswirtschaft, die aus der Fusion der BG für Fahrzeughaltungen mit der See-BG zum 01. Januar 2010 hervorgegangenen war und zum 01. Januar 2016 mit der Unfallkasse Post zur BG Verkehr – Verkehrswirtschaft, Post-Logistik, Telekommunikation fusionierte (im Folgenden: Antragsgegnerin), als "Kurierdienstgeschäft (Paketdienst)" an. Im von der Antragsgegnerin ausgehändigten Betriebsfragenbogen gab er an, seit Oktober 2010 Kurierfahrten durchzuführen. Bei den Gewerbezweigen kreuzte er an "Kraftwagenspedition (Versendung von Gütern für Rechnung eines anderen im eigenen Namen)" und Postdienste, Transportlogistik (Mobile und stationäre Post- und Briefdienste, Fahrradkuriere; Transportlogistik ohne Fahrtätigkeit)" an. 100 % seines Arbeitsaufwands entfielen auf den Transport von Waren und Gütern. Mit Bescheid vom 19. November 2011 stellte die Antragsgegnerin ihre Zuständigkeit für das Unternehmen des Antragstellers fest und veranlagte ihn ab Juni 2010 zur damals nach dem 23. Gefahrtarif der BG für Fahrzeughaltungen bestehenden Tarifstelle 1 Schlüsselzahl 510 (Kaufmännischer und verwaltender Teil) mit der Gefahrklasse 1,0 und zur Tarifstelle 1a Schlüsselzahl 515 (Postdienste, Transportlogistik) mit der Gefahrklasse 4,98. Mit weiterem Bescheid vom 19. November 2011 veranlagte die Antragsgegnerin den Antragsteller nach dem ab dem 01. Januar 2011 geltenden 24. Gefahrtarif für den Zuständigkeitsbereich der ehemaligen BG für Fahrzeughaltungen zu den Gefahrtarifstellen 550 (Güterkraftverkehr (Transport von Gütern aller Art mit Kfz und Anhängern), Autokran, Abschleppdienst und dergleichen) mit der Gefahrklasse 10,29 und 515 (Postdienste, Transportlogistik (Mobile und stationäre Post- und Briefdienste; Fahrradkuriere; Transportlogistik ohne Fahrtätigkeit)) mit der Gefahrklasse 1,64. Entsprechend den vom Antragsteller jeweils für die Jahre 2014 bis 2016 vorgenommenen Meldungen der Arbeitsentgelte und deren Zuordnung ausschließlich zur Gefahrtarifstelle 515 - Postdienste, Transportlogistik - (vgl. Entgeltnachweise vom 23. Dezember 2014, 22. Februar 2016 und 24. Januar 2017) setzte die Antragsgegnerin die Beiträge für die Jahre 2014 bis 2016 jeweils unter Zugrundelegung der Gefahrklasse 1,64 fest, vgl. Bescheide der Antragsgegnerin vom 18. April 2015, 05. Mai 2015, 17. April 2016, 09. April 2017.
Nach Einführung des 25. Gefahrtarifs für den Zuständigkeitsbereich der ehemaligen BG für Fahrzeughaltungen mit Wirkung zum 01. Januar 2017 veranlagte die Antragsgegnerin das Unternehmen des Antragstellers ab dem 01. Januar 2017 zur Gefahrtarifstelle 550 im Gewerbezweig Güterverkehr (Transport von Gütern aller Art mit Kfz und Anhängern, Kurier-, Express-, Paketdienste einschließlich Fahrradkuriere), vgl. Veranlagungsbescheid vom 05. Dezember 2016. Der 25. Gefahrtarif für den Zuständigkeitsbereich der ehemaligen BG für Fahrzeughaltungen weist unter der Gefahrtarifstelle 516 daneben nunmehr Briefdienste (Mobile und stationäre Briefdienste) aus. In einem zwischenzeitlich ausgefüllten Fragebogen gab der Antragsteller an, dass in seinem Unternehmen im Jahr 2016 folgende Gewerbezweige bzw. gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt würden: Paketdienste 30 %, Briefdienste 50 %, Kataloge 10 % und Bürodienste 10 %. Hierbei würde er drei Pkw und 14 Kleintransporter einsetzen. Auftraggeber sei die G GmbH & Co. OHG (G).
Auf den Widerspruch des Antragstellers gegen die Veranlagung ab dem 01. Januar 2017 führte die Antragsgegnerin am 10. April 2017 in den Räumen des Unternehmens des Antragstellers einen Ortstermin durch, dessen Ergebnis die Antragsgegnerin dahingehend wertete, dass keine Briefdienste, sondern nur Paketzustell- und -sortierdienste erbracht würden, weil die G als einziger Auftraggeber eben nur ein reiner Paketdienst sei.
Bei einem weiteren Ortstermin in den Räumen des steuerlichen Vertreters des Antragstellers zur Überprüfung der Geschäftsunterlagen bzw. der Lohnbuchhaltung am 13. Juni 2017 kam die Antragsgegnerin zu dem Ergebnis, dass ein Briefdienst mit getrenntem Arbeitnehmerstamm nicht nachgewiesen werden könne und die Vorsortierer lediglich eine Hilfstätigkeit für den Paketdienst ausübten und ebenso wie das Büropersonal dem Unternehmensschwerpunkt Paketzustellung und damit der Gefahrtarifstelle 550 zuzuordnen seien (vgl. Prüfbericht vom 13. Juni 2017). Daraufhin setzte die Antragsgegnerin mit drei Änderungsbescheiden vom 19. Juni 2017 die Beiträge für die Jahre 2014 bis 2016 unter Zuordnung der gemeldeten Arbeitsentgelte jeweils zur Gefahrtarifstelle 550 - Güterkraftverkehr etc. - mit der Gefahrklasse 10,29 neu fest, was zu Nachforderungen von 8.735,06 EUR für 2014, 10.814,03 EUR für 2015 und 10.959,37 EUR für 2016, insgesamt von 30.433,50 EUR führte. Hiergegen erhob der Antragsteller unter dem 25. Juni 2017 Widerspruch, über welchen bislang noch nicht entschieden ist. Die Antragsgegnerin unternahm in der Folgezeit erste Vollstreckungsversuche, bis sie zwischenzeitlich die Vollstreckung aussetzte.
Den am 29. Mai 2018 zunächst zum Verwaltungsgericht Potsdam eingelegten Eilrechtsschutzantrag hat, nachdem das Verfahren mit Beschluss vom 23. Juli 2018 ans Sozialgericht Potsdam (SG) verwiesen worden war, dieses mit Beschluss vom 15. November 2018 abgelehnt. Es hat u.a. zur Begründung ausgeführt, dass die ursprünglich in den Beitragsbescheiden für die Jahre 2014 bis 2016 erfolgte Zuordnung der Entgelte allein zur Gefahrklasse 1,64 sich nach den im April und Juni 2017 erfolgten Prüfungen gemäß §§ 168 Abs. 2, 166 Abs. 1 und 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) als unrichtig erwiesen habe, da der Antragsteller die Erbringung von Briefdiensten bei den durchgeführten Betriebsprüfungen nicht habe beweisen können. Das Unternehmen des Antragstellers bestehe in der Erbringung von Paketdiensten, was auch die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, d.h. der Lohnfuhrvertrag mit der G sowie die überwiegende Zahl der für den streitigen Zeitraum maßgeblichen Arbeitsverträge (Zustell- und Fahrtätigkeiten), bestätigten. Daher seien die Beiträge zu Recht unter Zuordnung der Arbeitsentgelte zur Gefahrtarifstelle 550 – Güterverkehr - neu festgestellt worden. Der Antragsteller habe bei der Besprechung des Prüfergebnisses und der danach zu erfolgenden Beitragsnachforderung am 13. Juni 2017 auch Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt, so dass es keiner weiteren Anhörung bedurfte. Es sei auch nicht erkennbar, dass die Vollziehung der Beitragsänderungsbescheide eine unbillige Härte für den Antragsteller bedeuten würden, eine drohende Existenzgefährdung sei weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht worden.
Gegen den ihm am 20. November 2018 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 20. Dezember 2018 Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, dass die Antragsgegnerin die falsche Gefahrtarifstelle zugrunde gelegt habe, der Beitragsfuß nicht zutreffe und hier ebenso wie im parallelen Verwaltungsverfahren zwischen der J T und J I GbR und der Antragsgegnerin zu verfahren sei, wo dem Widerspruch bzgl. der Beitragsjahre 2015 und 2016 abgeholfen worden sei.
Der Antragsteller beantragt (sachdienlich) gefasst,
den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 15. November 2018 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 25. Juni 2017 gegen die Beitragsänderungsbescheide der Antragsgegnerin betreffend die Jahre 2014, 2015 und 2106 vom 19. Juni 2017 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
II.
Die nach § 172 Abs. 1 und 3 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§ 173 SGG) des Antragstellers ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG im angefochtenen Beschluss vom 15. November 2018 den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die o.g. Beitragsänderungsbescheide für die Jahre 2014 bis 2016 nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG abgelehnt.
Der Antrag ist zulässig. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Zwar haben Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 86a Abs. 1 S. 1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Gemäß Abs. 2 Nr. 1 der genannten Vorschrift entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch – wie hier - bei Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten.
Der Antrag ist begründet. In den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG hat der Gesetzgeber die sofortige Vollziehbarkeit erst einmal angeordnet und damit den grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses klargestellt. Bei der Entscheidung nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG hat das Gericht in diesen Fällen entsprechend der Konzeption des Gesetzgebers nach den Kriterien des § 86a Abs. 3 S. 2 SGG vorzugehen (Keller, in: Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt, SGG – Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 12b), wonach die Aussetzung der Vollziehung erfolgen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Vorliegend bestehen ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Beitragsänderungsbescheide. Sie können ihre rechtliche Grundlage nur in § 168 Abs. 2 SGB VII finden. Nach § 168 Abs. 2 S. 1 SGB VII ist ein Beitragsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zuungunsten der Beitragspflichtigen nur dann aufzuheben, wenn die Veranlagung des Unternehmens zu den Gefahrklassen nachträglich geändert wird (1.) oder die Meldung nach § 165 Abs. 1 SGB VII unrichtige Angaben enthält oder sich die Schätzung als unrichtig erweist (2.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Hier kommt bei unveränderter Veranlagung für die Jahre 2014 bis 2016 nach dem ab dem 01. Januar 2011 geltenden 24. Gefahrtarif für den Zuständigkeitsbereich der ehemaligen BG für Fahrzeughaltungen (Bescheid vom 19. November 2011) und fehlender Schätzung nur eine Änderung wegen unrichtiger Angaben bei der Meldung nach § 165 Abs. 1 SGB VII in Betracht. Nach den im Verwaltungsverfahren von der Antragsgegnerin am 10. April und 13. Juni 2017 vorgenommenen Überprüfungen vor Ort ergibt sich offenbar keine Unrichtigkeit bzgl. der Höhe der gemeldeten Lohnsummen. Eine Unrichtigkeit der Meldungen nach § 165 Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 28a Abs. 2a S. 2 Nr. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) kann sich daher allein aus der vom Antragsteller in den Entgeltnachweisen vom 23. Dezember 2014, 22. Februar 2016 und 24. Januar 2017 vorgenommenen Zuordnung der Arbeitsentgelte ausschließlich zur Gefahrtarifstelle 515 - Postdienste, Transportlogistik – ergeben.
Bei der im vorliegenden Eilverfahren anzustellenden summarischen Prüfung erweisen sich die vom Antragsteller für die Jahre 2014 bis 2016 vorgenommenen Meldungen nach § 165 Abs. 1 SGB VII und die darauf aufbauenden ursprünglichen Beitragsbescheide mit der nach §§ 153 Abs. 1, 167 SGB VII vorgenommenen Zuordnung aller Entgelte zur Gefahrtarifstelle 515 des 24. Gefahrtarifs mit der Gefahrklasse 1,64 allem Anschein nach als zutreffend. Der Unfallversicherungsträger hat bei der Auslegung des Gefahrtarifs – anders als bei der Erstellung der Satzung selbst – keinen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum. Der Bedeutungsgehalt der jeweiligen Tarifstellen ist daher nach den klassischen juristischen Auslegungsmethoden (Wortlaut, Systematik, Wille des Satzungsgebers) zu ermitteln (vgl. Spellbrink in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 102. Erg.-Lfg. Dezember 2018, SGB VII § 159 Rn. 4 unter Verweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 31. Januar 1981 - 2 RU 101/79 -, zitiert nach juris Rn. 24).
Dies zugrunde gelegt, erweisen sich die angefochtenen Beitragsänderungsbescheide nach der im vorliegenden Eilverfahren anzustellenden summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig. Nach dem für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 2014 bis 2016 geltenden 24. Gefahrtarif der Antragsgegnerin für den Zuständigkeitsbereich der ehemaligen BG für Fahrzeughaltungen ist der Güterverkehr mit der in Klammern dahinter gesetzten Erläuterung (Transport von Gütern aller Art mit Kfz und Anhängern) von der Gefahrtarifstelle 550 mit der Gefahrklasse 10,29 erfasst.
Bei isolierter Betrachtung der Gefahrtarifstelle 550 mag ihrem Wortlaut nach das Unternehmen des Antragstellers zwar subsumierbar sein. Es handelt sich bei vorläufiger Gesamtschau der ursprünglichen und späteren Unternehmensbeschreibung des Antragstellers und der Ermittlungen der Antragsgegnerin im Wesentlichen wohl um einen Paketzustelldienst. So ordnete die Antragsgegnerin ausweislich ihres Vermerks über den Ortstermin vom 10. April 2017 das Unternehmen des Antragstellers als Paketdienst (in Abgrenzung zu seinem Briefdienst) ein. Die Richtigkeit dieser Einschätzung belegen im Übrigen auch die vom SG im ausgangsgerichtlichen Verfahren angeforderten Arbeitsverträge, wonach überwiegend Auslieferungsfahrer, Paketzusteller und Vorsortierer beschäftigt sind. Ferner spricht der vom Antragsteller vorgelegte – allerdings erst ab dem 01. Januar 2017 geltende Lohnfuhrvertrag – mit der G dafür, dass wesentlicher Unternehmensgegenstand nach wie vor die Paketzustellung ist. Ob sich nach Vorlage von Auftragsunterlagen betreffend die Jahre 2014 bis 2016 etwas anderes ergeben könnte, kann gegenwärtig nicht beurteilt werden, erscheint aber bei der Unternehmensinfrastruktur unwahrscheinlich. So spricht auch der vom Unternehmen des Antragstellers unterhaltene Fuhrpark mit mittlerweile drei Pkw und 14 Kleintransportern für einen Paketzustelldienst.
Jedoch scheidet nach der Systematik und wohl auch nach dem in der Weiterentwicklung des Gefahrtarifs zum Ausdruck kommenden Willen des Satzungsgebers eine Zuordnung des Paketzustelldienstes des Antragstellers im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nach dem 24. Gefahrtarif der Antragsgegnerin für den Zuständigkeitsbereich der ehemaligen BG für Fahrzeughaltungen zur Gefahrtarifstelle 550 aus, weil er wohl richtigerweise zur Gefahrtarifstelle 515 mit der Gefahrklasse 1,64 zu veranlagen war. Unter die Gefahrtarifstelle 515 des 24. Gefahrtarifs für den Zuständigkeitsbereich der ehemaligen BG für Fahrzeughaltungen fielen Postdienste und Transportlogistik mit der in Klammern dahinter gesetzten Erläuterung (Mobile und stationäre Post- und Briefdienste, Fahrradkuriere, Transportlogistik ohne Fahrtätigkeit). Allein schon aus der begrifflichen Unterscheidung von Post- und Briefdiensten wird deutlich, dass gerade nicht nur die Briefversendung erfasst war. Dies verdeutlicht auch ein Blick auf den ab 01. Januar 2017 geltenden 25. Gefahrtarif, nach dessen neuer Gefahrtarifstelle 516 ausdrücklich nur noch Briefdienste erfasst sind, wohingegen nunmehr der von der Gefahrtarifstelle 550 erfasste Güterverkehr nach dem dahinter gesetzten Klammerzusatz neben dem Transport von Gütern aller Art mit Kfz und Anhängern ausdrücklich neuerdings auch Kurier-, Express-, Paketdienste einschließlich Fahrradkuriere enthält. Diese Neuregelung erschließt sich nach dem Willen des Satzungsgebers – vorbehaltlich der ggf. im Hauptsacheverfahren noch beizuziehenden Genehmigungsunterlagen (vgl. § 158 SGB VII) für den 24. und 25. Gefahrtarif der Antragsgegnerin – dem Senat nur, weil dieser allem Anschein nach verständlicherweise davon ausging, dass nach dem vorgehenden 24. Gefahrtarif Paketdienste unter die von der Gefahrtarifstelle 515 erfassten Postdiente fielen. Dass der Begriff Postdienste dem Wortlaut und dem allgemeinen Begriffsverständnis nach grundsätzlich auch Paketdienste, insbesondere Paketzustellungen umfasst, belegt u.a. auch die europarechtliche Nomenklatur. So werden in Anhang XIV der (Vergabe-) Richtlinie 2014/24/EU auch "Postdienste" und "Briefpostdienste" als besondere Dienstleistungen aufgezählt, wobei der Begriff Postdienste neben Fernmeldediensten, Post- und Kurierdiensten, Postdiensten im Zusammenhang mit Zeitungen und Zeitschriften, Briefpostdiensten, Post-Schalterdiensten, Vermietung von Postfächern, Diensten im Zusammenhang mit postlagernden Sendungen, internen Bürobotendiensten eben auch Paketpostdienste umfasst. Anhaltspunkte dafür, dass Unternehmensgegenstand des Antragstellers in den Jahren 2014 bis 2016 ein über den reinen Paketdienst hinausgehender Güterverkehr oder eine Kraftwagenspedition war, bestehen zur Zeit nicht. So entspricht der bereits oben angeführte Fuhrpark nicht etwa demjenigen eines klassischen Fuhrunternehmens, welches etwa, um wirklich Güter "aller Art" wie größeres Sperrgut und auf Holzpaletten zu liefernde Waren transportieren zu können, über größere Lieferfahrzeuge mit Hebebühnen bzw. Sattelschlepper oder Kipper verfügt.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung bestimmt sich nach § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 47, 52 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und trägt dem Umstand Rechnung, dass vorliegend nicht die Hauptsache, sondern eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren streitbefangen ist. Der Streitwert ergibt sich dementsprechend aus der Hälfte der Beitragsnachforderung für 2014 bis 2016 (30.433,50 EUR: 2 = 15.216,75 EUR).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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