Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 KR 3782/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1498/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 9. April 2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Krankengeld für die Zeit vom 1. Juli bis 18. November 2015.
Der Kläger war aufgrund versicherungspflichtiger Beschäftigung als Außendienstmitarbeiter Mitglied der Beklagten. Die versicherungspflichtige Beschäftigung endete zum 30. Juni 2015 aufgrund einer zwischen dem Kläger und dem Arbeitgeber geschlossenen "Aufhebungsvereinbarung" vom 19. Dezember 2014, wonach der Kläger vom 1. Januar bis 30. Juni 2015 unter Fortzahlung der Bezüge von der Erbringung der vertraglichen Arbeitsleistung freigestellt war.
Nach Bezug von Krankengeld vom 12. März bis 23. Mai 2014 verrichtete der Kläger ab 24. Mai 2014 wieder seine Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter. Mit der Erstbescheinigung vom 22. Juli 2014 bescheinigten Arzt für Allgemeinmedizin Dr. G. und Ärztin für Allgemeinmedizin W. Arbeitsunfähigkeit ab 21. Juli 2014 mit den Diagnosen F 33.2 (Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome), F 60.80 (Sonstige spezifische Persönlichkeitsstörungen) und F 10.2 (Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol, Abhängigkeitssyndrom). Diese Ärzte bescheinigten ferner Arbeitsunfähigkeit mit den Folgebescheinigungen vom 8. August 2014 bis voraussichtlich 17. August 2014 und 19. August 2014 bis voraussichtlich 2. September 2014 sowie den Erstbescheinigungen vom 24. November 2014 bis voraussichtlich 12. Dezember 2014 und. 3. November 2015 bis voraussichtlich 15. November 2015.
Vom 3. Februar bis 14. April 2015 befand sich der Kläger in einer von der Deutschen Rentenversicherung Bund bewilligten stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme zur Entwöhnungsbehandlung (Diagnosen: Alkoholabhängigkeit, Tabakabhängigkeit, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert, Zustand nach Alkoholentzugsdelir sowie alkohol-toxische Hepatopathie). Die Entlassung erfolgte als arbeitsfähig für die letzte Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter im Umfang von mehr als sechs Stunden täglich. Der Kläger bedürfe keiner Unterstützung in den Verrichtungen des alltäglichen Lebens (Entlassungsbericht des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. vom 21. April 2015).
Wegen des Endes des Beschäftigungsverhältnisses forderte die Beklagte den Kläger auf, zur Prüfung des Bestehens der Krankenversicherung ab 1. Juli 2015 weitere Angaben zu machen, und führte nach fruchtloser Mahnung vorübergehend die Mitgliedschaft ab 1. Juli 2015 als freiwillige Versicherung fort. Der Kläger unterrichtete die Beklagte im November 2015 darüber, ab 1. Juli 2015 über seine Ehefrau bei einer anderen gesetzlichen Krankenkasse familienversichert zu sein.
Ab 19. November 2015 bezog der Kläger Arbeitslosengeld I. Eine Klage auf Arbeitslosengeld I bereits für die Zeit vom 1. Juli bis 18. November 2015 nahm der Kläger zurück.
Mit Schreiben vom 15. Januar 2016, bei der Beklagten am 18. Januar 2016 eingegangen, beantragte der Kläger Krankengeld für die Jahre 2014 und 2015. Aufgrund seiner seit Februar 2013 bestandenen Erkrankung habe er versäumt, seine Ansprüche auf Krankengeld zu beantragen. Es handele sich bei ihm um einen Härtefall. Er fügte das Attest des Dr. G. vom 21. März 2016 bei. Der Kläger sei seit 2013 durchgehend krank und arbeitsunfähig. Durch die Schwere der Krankheit mit immer wiederkehrenden Zuständen, in denen es ihm besonders schlecht gegangen sei, sei es nicht möglich gewesen, festgesetzte Termine und Therapiepläne einzuhalten. Die Beklagte lehnte es ab, Krankengeld über das bereits (vom 12. März bis 23. Mai 2014) gewährte Krankengeld hinaus zu bewilligen (Bescheid vom 26. Januar 2016, ohne Rechtsbehelfsbelehrung).
Der Kläger erhob Widerspruch. Die Beklagte bewilligte Krankengeld von EUR 63,11 kalendertäglich für die Zeit vom 23. Juli bis 15. Oktober 2014 (Bescheid vom 17. Mai 2016, ohne Rechtsbehelfsbelehrung) und führte weiter aus, vom 16. Oktober bis 31. Dezember 2014 und 1. Juli bis 18. November 2015 sei der Kläger bei seiner Ehefrau mitversichert gewesen, weshalb ein Anspruch auf Krankengeld nicht bestehe. Auf die Aufforderung der Beklagten, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus dem Jahr 2015 einzureichen, übersandte der Kläger die Erstbescheinigungen vom 24. November 2014 und 3. November 2015.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 30. November 2016). Über den 15. Oktober 2014 hinaus könne Krankengeld nicht gewährt werden, da der Kläger über diesen Tag hinaus nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld bei ihr (der Beklagten) versichert, sondern vom 16. Oktober bis 31. Dezember sowie vom 1. Juli bis 18. November 2015 über seine Ehefrau familienversichert gewesen sei. Ferner sei bezüglich der übrigen Zeiträume von einem Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld auszugehen. Der Arbeitgeber habe vom 1. Januar bis 30. Juni 2015 eine Fortzahlung des Arbeitsentgelts gewährt. Für die vom 3. Februar bis 14. April 2015 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme hätte der Kläger gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund einen Anspruch auf Gewährung von Übergangsgeld anstelle auf Krankengeld. Hinsichtlich der eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 24. November 2014 und 3. November 2015 sei von einem Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld auszugehen, weil sie (die Beklagte) erst am 27. Juni 2016 hiervon Kenntnis erhalten habe. Zudem lägen die betreffenden Zeiten auch innerhalb jener Zeiträume, während der der Kläger über seine Ehefrau familienversichert gewesen sei. Das ärztliche Attest des Dr. G. vom 21. März 2016 sowie die sich aus der ärztlichen Karteikarte ergebende Übersicht über die zeitlichen Phasen der Arbeitsunfähigkeit des Klägers stellten weder hinsichtlich einer Handlungsunfähigkeit noch bezüglich der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit einen hinreichenden Nachweis dar, zumal sich aus der Karteikarte Lücken bezüglich der Zeiträume der Arbeitsunfähigkeit ergäben. Der Kläger sei seit 2013 zumindest phasenweise in der Lage gewesen, seiner Arbeit nachzugehen und er habe Arbeitsentgelt bezogen. Soweit das Sozialgericht Mannheim (SG) im Rechtsstreit wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld bereits ab 1. Juli 2015 auf die soziale Absicherung über einen Anspruch auf Krankengeld verwiesen habe, führe dies nicht automatisch zum Entstehen eines solchen Anspruchs, weil dieser unter anderem das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld voraussetze.
Der Kläger erhob am 15. Dezember 2016 Klage beim SG. Er begehrte zunächst Krankengeld vom 16. Oktober 2014 bis 18. November 2015, begrenzte den Antrag dann auf die Zeit vom 1. Juli bis 18. November 2015. Er sei aufgrund einer psychischen Erkrankung, welche sich unter anderem auch in Form von massivem Alkoholmissbrauch geäußert habe, im gesamten Zeitraum arbeitsunfähig sowie auch geschäfts- und handlungsunfähig gewesen. Auch sei die Beklagte ihren Beratungspflichten nur unzureichend nachgekommen. Sie hätte dahingehend tätig werden müssen, seinen ursprünglichen Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld aufrechtzuerhalten und nicht eine Änderung des Versicherungsverhältnisses (Familienversicherung ohne Anspruch auf Krankengeld) herbeizuführen. Bereits zwei Wochen nach der Entlassung aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme sei er erneut rückfällig geworden. Bis 13. November 2015 habe er sich nur in seiner Wohnung aufgehalten und ihm sei alles egal gewesen.
Die Beklagte verpflichtete sich in einem Teilvergleich Krankengeld vom 16. bis 24. Oktober 2014 zu zahlen. Hinsichtlich des (zuletzt) streitigen Zeitraums trat sie der Klage entgegen. Eine Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit des Klägers sei nicht nachgewiesen.
Der vom SG schriftlich als sachverständiger Zeuge gehörte Dr. G. gab an (Auskunft vom 29. Juli 2017), der Krankheitsverlauf des Klägers sei von einer jahrelangen existenziellen Krise gekennzeichnet. Kurze Phasen relativer Stabilität hätten mit teils lebensbedrohlichen Abstürzen mit rezidivierenden Alkoholexzessen und teilweise auch Tablettenintoxikationen mit totalen sozialem Rückzug sowie Nahrungs- und Kontaktverweigerung gewechselt. Zwischen dem 9. Dezember 2014 und 3. November 2015 bestehe eine Kontaktlücke, da der Kläger sich in dieser Zeit nicht in seinem Heimatort aufgehalten habe. Soweit bekannt, sei er auch in dieser Zeit mehrmals notfallmäßig in stationärer Krankenhausbehandlung wegen Alkoholexzessen und mindestens einmal auch wegen eines Verdachts auf einen Suizidversuch gewesen. Der Umkehrschluss, der Kläger sei in den Zeiten, in denen er (Dr. G.) keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt habe, arbeitsfähig gewesen, sei nicht zutreffend. Aufgrund seines zeitweise miserablen Zustandes sei der Kläger außer Stande gewesen, seine Angelegenheiten zu regeln, seinen Verpflichtungen nachzukommen und Verantwortung für sich zu übernehmen. Zumindest bis zur Entlassung aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme am 14. April 2015 habe durchgehende Arbeitsunfähigkeit bestanden. Aber auch ohne erneute Abstürze sei der Kläger darüber hinausgehend psychisch nicht stabil genug und belastbar gewesen, um sich eine neue Arbeit zu suchen, weshalb am 3. November 2015 nochmals Arbeitsunfähigkeit bis zum 15. November 2015 bescheinigt worden sei. Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit habe in den Zeiten massiver Krisen sicher bestanden. Eine durchgehende Beurteilung des gesamten Zeitraums sei jedoch nur eingeschränkt möglich, da zwischen den Kontakten oft Monate lang Lücken bestanden hätten. Seiner Auskunft fügte er Auszüge aus seiner Karteikarte sowie ihm zugegangene Arztberichte bei.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. April 2018 ab. Die durch die Beschäftigung begründete Mitgliedschaft habe am 30. Juni 2015 geendet. Sie habe wegen der fehlenden Voraussetzungen nicht fortbestanden. In der Zeit ab 30. Juni 2015 sei der Kläger nicht nachweislich arbeitsunfähig gewesen. Er habe sich in dem noch streitgegenständlichen Zeitraum in keiner ärztlichen Behandlung befunden. Aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme sei er am 14. April 2015 regulär arbeitsfähig entlassen worden. Nur ein Tag der Arbeitsfähigkeit am 1. Juli 2015 reiche aus, um in der Folgezeit den Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld entfallen zu lassen. Zudem sprächen auch die sich ständig wiederholenden, teilweise auch notfallmäßigen stationären Behandlungen im Jahre 2014 eher für eine Besserung des Zustandes des Klägers im Jahre 2015. Denn derartige Behandlungen hätten im streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr stattgefunden.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 13. April 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 25. April 2018 Berufung eingelegt. Die Gesamtschau der bekannt gewordenen Umstände ergebe den Beweis einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum. Als er zwei Wochen nach der Entlassung aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme erneut rückfällig geworden sei, sei er bei der Beklagten noch mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Bei ihm sei wieder eine Phase der alkoholbedingten Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit eingetreten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 9. April 2018 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Krankengeld vom 1. Juli bis 18. November 2015 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.
Die frühere Berichterstatterin hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten erörtert. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats und des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2016, soweit die Beklagte es ablehnte, dem Kläger für die Zeit vom 1. Juli bis 18. November 2015 Krankengeld zu zahlen. Nur für diesen Zeitraum verfolgte der Kläger zuletzt im gerichtlichen Verfahren einen Anspruch auf Krankengeld.
2. Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Der Kläger legte die Berufung nach § 151 SGG form- und fristgerecht ein. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 SGG. Der Beschwerdewert des §§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Bei dem streitigen Zeitraum von 141 Kalendertagen wäre der Beschwerdewert nur dann nicht erreicht, wenn das kalendertägliche Krankengeld weniger als EUR 5,32 betrüge. Es ist davon auszugehen, dass das kalendertägliche Krankengeld deutlich über diesem Betrag liegt. Denn die Höhe des dem Kläger für die Zeit vom 23. Juli bis 15. Oktober 2014 bewilligten Krankengelds betrug EUR 63,11 kalendertäglich.
3. Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2016 ist rechtmäßig, soweit es die Beklagte ablehnte, für den streitigen Zeitraum vom 1. Juli bis 18. November 2015 Krankengeld zu zahlen.
Nach § 44 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41 SGB V) behandelt werden. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestands für Krankengeld vorliegt (ständige Rechtsprechung, z.B. Bundessozialgerichts [BSG], Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 9; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – juris, Rn. 8; jeweils m.w.N.).
a) Am 1. Juli 2015 war der Kläger nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichertes Mitglied der Beklagten, sondern über seine Ehefrau familienversichert.
Die den Anspruch auf Krankengeld vermittelte Versicherung war die als versicherungspflichtig Beschäftigter (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Diese Mitgliedschaft als Versicherungspflichtiger endete am 30. Juni 2015 (§ 190 Abs. 2 SGB V). Nach der Aufhebungsvereinbarung endete mit Ablauf dieses Tages das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt. Zum 1. Juli 2015 trat keine Mitgliedschaft ein, die mit einem Anspruch auf Krankengeld verbunden war. Denn es bestand weder eine Mitgliedschaft als versicherungspflichtig Beschäftigter (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) noch als Bezieher von Arbeitslosengeld (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) – aufgrund der Rücknahme der Klage wegen der Ablehnung von Arbeitslosengeld I bereits ab 1. Juli 2015 steht dies fest – noch als freiwillig Versicherter hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger mit Anspruch auf Krankengeld (§§ 9, 44 Abs. 2 Nr. 2, 53 Abs. 6 SGB V).
Die Mitgliedschaft als versicherungspflichtig Beschäftigter nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses zum 30. Juni 2015 blieb nicht nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhalten. Danach bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht oder Krankengeld bezogen wird. Der Kläger bezog ab 1. Juli 2015 kein Krankengeld. Es bestand auch kein Anspruch auf Krankengeld am 1. Juli 2015. Es ist bereits fraglich, ob der Kläger am 1. Juli 2015 arbeitsunfähig war (dazu aa). Jedenfalls war am 1. Juli 2015 ein Anspruch auf Krankengeld nicht entstanden (dazu bb) und konnte deshalb auch für die nachfolgende Zeit bis 18. November 2015 nicht entstehen [dazu cc) und dd)]. Eine ausnahmsweise rückwirkende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit wegen Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit vermag der Senat nicht festzustellen (dazu ee). Weitere Ermittlungen sind insoweit nicht erforderlich (dazu ff). Ein Anspruch auf Krankengeld war am 1. Juli 2015 auch nicht wegen stationärer Behandlung entstanden (dazu gg).
aa) Der Senat lässt offen, ob der Kläger am 1. Juli 2015 arbeitsunfähig war. Da der Kläger am 1. Juli 2015 nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis stand, ist fraglich, ob als Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Klägers als Außendienstmitarbeiter maßgeblich ist. Bei Versicherten, die im Zeitpunkt der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit in einem Arbeitsverhältnis stehen und einen Arbeitsplatz innehaben, liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn diese Versicherten die an ihren Arbeitsplatz gestellten beruflichen Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen können (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004 – B 1 KR 5/03 R – juris, Rn. 15). Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers von diesem Maßstab ausgeht, ist eine Arbeitsunfähigkeit fraglich. Denn nach dem Entlassungsbericht des Dr. B. vom 21. April 2015 war der Kläger nach der Entwöhnungsbehandlung in der Lage, seine Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter auszuüben. Für die Zeit vom 1. Juli bis 3. November 2015 (erneute Erstbescheinigung der Arbeitsunfähigkeit durch Dr. G.) sind keinerlei ärztliche Behandlungen dokumentiert.
bb) Jedenfalls war am 1. Juli 2015 ein Anspruch auf Krankengeld nicht entstanden.
Der Anspruch auf Krankengeld entsteht nach § 46 Satz 1 SGB V in der vom 1. Januar 1989 bis 22. Juli 2015 geltenden Fassung des Art. 1 Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I, S. 2477) – und damit am 1. Juli 2015 noch maßgebenden Fassung – bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41 SGB V) von ihrem Beginn an (Nr. 1), im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (Nr. 2). Wird Krankengeld wegen ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit begehrt, ist für den Umfang des Versicherungsschutzes demgemäß grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit folgt (ständige Rechtsprechung zur bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V: BSG, Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 10 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – juris, Rn. 9 m.w.N.). Das BSG hat wiederholt entschieden, dass das Gesetz weder einen Anhalt für das Verständnis des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V in der bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung als bloßer Zahlungsvorschrift noch dafür, dass der Krankengeldanspruch gemäß § 44 SGB V schon bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entsteht, bietet (zuletzt BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 10 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – juris, Rn. 9 m.w.N.). Bei der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Feststellung sind deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen. Regelmäßig ist danach die Regelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V strikt zu handhaben (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R – juris, Rn. 20; BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 20/11 R – juris, Rn. 19; BSG, Urteil vom 8. November 2005 – B 1 KR 30/04 – juris, Rn. 17).
Ein Anspruch auf Krankengeld war am 1. Juli 2015 nicht entstanden, weil spätestens am 30. Juni 2015 eine Arbeitsunfähigkeit nicht ärztlich festgestellt war.
cc) Da am 1. Juli 2015 ein Anspruch auf Krankengeld nicht entstanden war, konnte auch für die nachfolgende Zeit bis 18. November 2015 ein Anspruch auf Krankengeld nicht entstehen, weil der Kläger ab dem 1. Juli 2015 nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert war. Der Kläger war ab diesem Tag über seine Ehefrau familienversichert [(siehe oben a) zu Beginn)]. Familienversicherte (§ 10 SGB V) haben keinen Anspruch auf Krankengeld (§ 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V). Deshalb besteht auch aufgrund der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit am 3. November 2015 für die Zeit bis 15. November 2015 kein Anspruch auf Krankengeld.
dd) Auch nach Änderung des § 46 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGB V durch Art. 1 Nr. 15 Buchst. a und b Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16. Juli 2015 (BGBl. I, S. 1211), die am 23. Juli 2015 in Kraft trat (Art. 20 Abs. 1 GKV-VSG), war ein Anspruch des Klägers auf Krankengeld nicht entstanden, weil der Kläger zum einen nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert war und zum anderen die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit fehlte. Nach der geänderten Fassung des § 46 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld – soweit keine stationäre Behandlung vorliegt – von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an (Satz 1 Nr. 2) und der Anspruch auf Krankengeld bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt, wobei Samstage insoweit nicht als Werktage gelten (Satz 2). Mit der Änderung ist weder das Erfordernis einer Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld noch das Erfordernis der ärztlichen Feststellung entfallen.
ee) Die Voraussetzungen einer ausnahmsweise rückwirkenden Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sind nicht gegeben. Die Rechtsprechung des BSG hat trotz der gebotenen grundsätzlich strikten Anwendung des § 46 SGB V in engen Grenzen Ausnahmen zugelassen, wenn die ärztliche Feststellung (oder die rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) durch Umstände verhindert oder verzögert worden ist, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkassen und nicht dem Verantwortungsbereich des Versicherten zuzurechnen sind. Derartiges hat das BSG unter anderem bei Fristversäumnissen wegen Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit des Versicherten bejaht (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R – juris, Rn. 22, m.w.N.).
Eine Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit des Klägers vermag der Senat nicht festzustellen. Der Kläger war nach der stationären Rehabilitationsbehandlung in der Lage, die Verrichtungen des alltäglichen Lebens ohne Unterstützung vorzunehmen (Entlassungsbericht des Dr. B. vom 21. April 2015). Für eine Änderung in der Folgezeit fehlen jegliche objektiven Anhaltspunkte. Der Kläger behauptete zwar, bereits zwei Wochen nach der Entlassung aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme wieder rückfällig geworden zu sein. Deswegen in Anspruch genommene Behandlungen sind allerdings nicht dokumentiert und vom Kläger auch nicht vorgetragen. Es liegen für die Zeit nach dem 14. April 2015 auch keinerlei Unterlagen vor, die medizinische Befunde enthalten, die Grundlage für eine solche Feststellung sein könnten. Insbesondere war der Kläger bis 3. November 2015 nicht in ärztlicher Behandlung des Dr. G. (Auskunft dieses Arztes vom 29. Juli 2017). Soweit Dr. G. in seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge auf Krankenhausbehandlungen, Alkoholexzesse und Suizidversuche verweist, trifft dies jedenfalls für die Zeit nach dem Ende der stationären Rehabilitationsmaßnahme am 14. April 2015 nicht zu. Stationäre Behandlungen erfolgten nach dem eigenen Vortrag des Klägers (Aufstellung Seite 2 der Klagebegründung vom 13. April 2017, Bl. 31 SG-Akte) nach der stationären Rehabilitationsmaßnahme nicht mehr.
ff) Zu einer Beweiserhebung hinsichtlich der Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit des Klägers sieht sich der Senat nicht gedrängt. Denn aufgrund der fehlenden medizinischen Unterlagen, fehlen jegliche Anknüpfungstatsachen für die Beurteilung dieser Frage durch einen Sachverständigen. Da diese Frage medizinische Sachkenntnis voraussetzt, können Zeugen ohne medizinische Sachkenntnis hierzu keine Angaben machen.
gg) Ein Anspruch auf Krankengeld war am 1. Juli 2015 auch nicht wegen stationärer Behandlung entstanden. Denn der Kläger befand sich an diesem Tag nicht in stationärer Behandlung.
b) Der Kläger kann einen Anspruch auf Krankengeld auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen.
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch fordert das Vorliegen einer Pflichtverletzung, die dem zuständigen Sozialleistungsträger (hier der Beklagten) zuzurechnen ist. Dadurch muss beim Berechtigten (hier dem Kläger) ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden eingetreten sein. Schließlich muss durch Vornahme einer Amtshandlung des Sozialleistungsträgers (hier der Beklagten) der Zustand wiederhergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – B 11 AL 2/14 R – juris, Rn. 39). Es fehlt bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten. Im Zusammenhang mit der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit obliegen der Beklagten keinerlei Beratungs- und/oder Aufklärungspflichten (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 16). Die Beklagte konnte auch keinen Einfluss darauf nehmen, dass nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses die Mitgliedschaft als versicherungspflichtiger Beschäftigter bei ihr endete und stattdessen die Familienversicherung über die Ehefrau eintrat. Denn der jeweilige Versicherungsstatus tritt kraft Gesetzes ein, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen eines Versicherungstatbestandes erfüllt sind, und endet kraft Gesetzes, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen eines Versicherungstatbestandes nicht mehr erfüllt sind.
c) Es bestand auch kein nachgehender Anspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V ab 1. Juli 2015 für einen Monat.
Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V besteht, wenn die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger endet, Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Ein solcher nachgehender Anspruch setzt voraus, dass kein anderweitiger aktueller Krankenversicherungsschutz besteht. Denn der aus der früheren Mitgliedschaft abgeleitete Versicherungsschutz ist gegenüber Ansprüchen aus einem aktuellen Versicherungsverhältnis grundsätzlich nachrangig (ständige Rechtsprechung z.B. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – juris, Rn. 31, m.w.N.). Der nachgehende Anspruch war nachrangig, weil der Kläger – wie dargelegt – ab 1. Juli 2015 familienversichert war.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
5. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Krankengeld für die Zeit vom 1. Juli bis 18. November 2015.
Der Kläger war aufgrund versicherungspflichtiger Beschäftigung als Außendienstmitarbeiter Mitglied der Beklagten. Die versicherungspflichtige Beschäftigung endete zum 30. Juni 2015 aufgrund einer zwischen dem Kläger und dem Arbeitgeber geschlossenen "Aufhebungsvereinbarung" vom 19. Dezember 2014, wonach der Kläger vom 1. Januar bis 30. Juni 2015 unter Fortzahlung der Bezüge von der Erbringung der vertraglichen Arbeitsleistung freigestellt war.
Nach Bezug von Krankengeld vom 12. März bis 23. Mai 2014 verrichtete der Kläger ab 24. Mai 2014 wieder seine Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter. Mit der Erstbescheinigung vom 22. Juli 2014 bescheinigten Arzt für Allgemeinmedizin Dr. G. und Ärztin für Allgemeinmedizin W. Arbeitsunfähigkeit ab 21. Juli 2014 mit den Diagnosen F 33.2 (Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome), F 60.80 (Sonstige spezifische Persönlichkeitsstörungen) und F 10.2 (Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol, Abhängigkeitssyndrom). Diese Ärzte bescheinigten ferner Arbeitsunfähigkeit mit den Folgebescheinigungen vom 8. August 2014 bis voraussichtlich 17. August 2014 und 19. August 2014 bis voraussichtlich 2. September 2014 sowie den Erstbescheinigungen vom 24. November 2014 bis voraussichtlich 12. Dezember 2014 und. 3. November 2015 bis voraussichtlich 15. November 2015.
Vom 3. Februar bis 14. April 2015 befand sich der Kläger in einer von der Deutschen Rentenversicherung Bund bewilligten stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme zur Entwöhnungsbehandlung (Diagnosen: Alkoholabhängigkeit, Tabakabhängigkeit, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert, Zustand nach Alkoholentzugsdelir sowie alkohol-toxische Hepatopathie). Die Entlassung erfolgte als arbeitsfähig für die letzte Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter im Umfang von mehr als sechs Stunden täglich. Der Kläger bedürfe keiner Unterstützung in den Verrichtungen des alltäglichen Lebens (Entlassungsbericht des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. vom 21. April 2015).
Wegen des Endes des Beschäftigungsverhältnisses forderte die Beklagte den Kläger auf, zur Prüfung des Bestehens der Krankenversicherung ab 1. Juli 2015 weitere Angaben zu machen, und führte nach fruchtloser Mahnung vorübergehend die Mitgliedschaft ab 1. Juli 2015 als freiwillige Versicherung fort. Der Kläger unterrichtete die Beklagte im November 2015 darüber, ab 1. Juli 2015 über seine Ehefrau bei einer anderen gesetzlichen Krankenkasse familienversichert zu sein.
Ab 19. November 2015 bezog der Kläger Arbeitslosengeld I. Eine Klage auf Arbeitslosengeld I bereits für die Zeit vom 1. Juli bis 18. November 2015 nahm der Kläger zurück.
Mit Schreiben vom 15. Januar 2016, bei der Beklagten am 18. Januar 2016 eingegangen, beantragte der Kläger Krankengeld für die Jahre 2014 und 2015. Aufgrund seiner seit Februar 2013 bestandenen Erkrankung habe er versäumt, seine Ansprüche auf Krankengeld zu beantragen. Es handele sich bei ihm um einen Härtefall. Er fügte das Attest des Dr. G. vom 21. März 2016 bei. Der Kläger sei seit 2013 durchgehend krank und arbeitsunfähig. Durch die Schwere der Krankheit mit immer wiederkehrenden Zuständen, in denen es ihm besonders schlecht gegangen sei, sei es nicht möglich gewesen, festgesetzte Termine und Therapiepläne einzuhalten. Die Beklagte lehnte es ab, Krankengeld über das bereits (vom 12. März bis 23. Mai 2014) gewährte Krankengeld hinaus zu bewilligen (Bescheid vom 26. Januar 2016, ohne Rechtsbehelfsbelehrung).
Der Kläger erhob Widerspruch. Die Beklagte bewilligte Krankengeld von EUR 63,11 kalendertäglich für die Zeit vom 23. Juli bis 15. Oktober 2014 (Bescheid vom 17. Mai 2016, ohne Rechtsbehelfsbelehrung) und führte weiter aus, vom 16. Oktober bis 31. Dezember 2014 und 1. Juli bis 18. November 2015 sei der Kläger bei seiner Ehefrau mitversichert gewesen, weshalb ein Anspruch auf Krankengeld nicht bestehe. Auf die Aufforderung der Beklagten, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus dem Jahr 2015 einzureichen, übersandte der Kläger die Erstbescheinigungen vom 24. November 2014 und 3. November 2015.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 30. November 2016). Über den 15. Oktober 2014 hinaus könne Krankengeld nicht gewährt werden, da der Kläger über diesen Tag hinaus nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld bei ihr (der Beklagten) versichert, sondern vom 16. Oktober bis 31. Dezember sowie vom 1. Juli bis 18. November 2015 über seine Ehefrau familienversichert gewesen sei. Ferner sei bezüglich der übrigen Zeiträume von einem Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld auszugehen. Der Arbeitgeber habe vom 1. Januar bis 30. Juni 2015 eine Fortzahlung des Arbeitsentgelts gewährt. Für die vom 3. Februar bis 14. April 2015 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme hätte der Kläger gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund einen Anspruch auf Gewährung von Übergangsgeld anstelle auf Krankengeld. Hinsichtlich der eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 24. November 2014 und 3. November 2015 sei von einem Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld auszugehen, weil sie (die Beklagte) erst am 27. Juni 2016 hiervon Kenntnis erhalten habe. Zudem lägen die betreffenden Zeiten auch innerhalb jener Zeiträume, während der der Kläger über seine Ehefrau familienversichert gewesen sei. Das ärztliche Attest des Dr. G. vom 21. März 2016 sowie die sich aus der ärztlichen Karteikarte ergebende Übersicht über die zeitlichen Phasen der Arbeitsunfähigkeit des Klägers stellten weder hinsichtlich einer Handlungsunfähigkeit noch bezüglich der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit einen hinreichenden Nachweis dar, zumal sich aus der Karteikarte Lücken bezüglich der Zeiträume der Arbeitsunfähigkeit ergäben. Der Kläger sei seit 2013 zumindest phasenweise in der Lage gewesen, seiner Arbeit nachzugehen und er habe Arbeitsentgelt bezogen. Soweit das Sozialgericht Mannheim (SG) im Rechtsstreit wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld bereits ab 1. Juli 2015 auf die soziale Absicherung über einen Anspruch auf Krankengeld verwiesen habe, führe dies nicht automatisch zum Entstehen eines solchen Anspruchs, weil dieser unter anderem das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld voraussetze.
Der Kläger erhob am 15. Dezember 2016 Klage beim SG. Er begehrte zunächst Krankengeld vom 16. Oktober 2014 bis 18. November 2015, begrenzte den Antrag dann auf die Zeit vom 1. Juli bis 18. November 2015. Er sei aufgrund einer psychischen Erkrankung, welche sich unter anderem auch in Form von massivem Alkoholmissbrauch geäußert habe, im gesamten Zeitraum arbeitsunfähig sowie auch geschäfts- und handlungsunfähig gewesen. Auch sei die Beklagte ihren Beratungspflichten nur unzureichend nachgekommen. Sie hätte dahingehend tätig werden müssen, seinen ursprünglichen Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld aufrechtzuerhalten und nicht eine Änderung des Versicherungsverhältnisses (Familienversicherung ohne Anspruch auf Krankengeld) herbeizuführen. Bereits zwei Wochen nach der Entlassung aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme sei er erneut rückfällig geworden. Bis 13. November 2015 habe er sich nur in seiner Wohnung aufgehalten und ihm sei alles egal gewesen.
Die Beklagte verpflichtete sich in einem Teilvergleich Krankengeld vom 16. bis 24. Oktober 2014 zu zahlen. Hinsichtlich des (zuletzt) streitigen Zeitraums trat sie der Klage entgegen. Eine Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit des Klägers sei nicht nachgewiesen.
Der vom SG schriftlich als sachverständiger Zeuge gehörte Dr. G. gab an (Auskunft vom 29. Juli 2017), der Krankheitsverlauf des Klägers sei von einer jahrelangen existenziellen Krise gekennzeichnet. Kurze Phasen relativer Stabilität hätten mit teils lebensbedrohlichen Abstürzen mit rezidivierenden Alkoholexzessen und teilweise auch Tablettenintoxikationen mit totalen sozialem Rückzug sowie Nahrungs- und Kontaktverweigerung gewechselt. Zwischen dem 9. Dezember 2014 und 3. November 2015 bestehe eine Kontaktlücke, da der Kläger sich in dieser Zeit nicht in seinem Heimatort aufgehalten habe. Soweit bekannt, sei er auch in dieser Zeit mehrmals notfallmäßig in stationärer Krankenhausbehandlung wegen Alkoholexzessen und mindestens einmal auch wegen eines Verdachts auf einen Suizidversuch gewesen. Der Umkehrschluss, der Kläger sei in den Zeiten, in denen er (Dr. G.) keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt habe, arbeitsfähig gewesen, sei nicht zutreffend. Aufgrund seines zeitweise miserablen Zustandes sei der Kläger außer Stande gewesen, seine Angelegenheiten zu regeln, seinen Verpflichtungen nachzukommen und Verantwortung für sich zu übernehmen. Zumindest bis zur Entlassung aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme am 14. April 2015 habe durchgehende Arbeitsunfähigkeit bestanden. Aber auch ohne erneute Abstürze sei der Kläger darüber hinausgehend psychisch nicht stabil genug und belastbar gewesen, um sich eine neue Arbeit zu suchen, weshalb am 3. November 2015 nochmals Arbeitsunfähigkeit bis zum 15. November 2015 bescheinigt worden sei. Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit habe in den Zeiten massiver Krisen sicher bestanden. Eine durchgehende Beurteilung des gesamten Zeitraums sei jedoch nur eingeschränkt möglich, da zwischen den Kontakten oft Monate lang Lücken bestanden hätten. Seiner Auskunft fügte er Auszüge aus seiner Karteikarte sowie ihm zugegangene Arztberichte bei.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. April 2018 ab. Die durch die Beschäftigung begründete Mitgliedschaft habe am 30. Juni 2015 geendet. Sie habe wegen der fehlenden Voraussetzungen nicht fortbestanden. In der Zeit ab 30. Juni 2015 sei der Kläger nicht nachweislich arbeitsunfähig gewesen. Er habe sich in dem noch streitgegenständlichen Zeitraum in keiner ärztlichen Behandlung befunden. Aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme sei er am 14. April 2015 regulär arbeitsfähig entlassen worden. Nur ein Tag der Arbeitsfähigkeit am 1. Juli 2015 reiche aus, um in der Folgezeit den Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld entfallen zu lassen. Zudem sprächen auch die sich ständig wiederholenden, teilweise auch notfallmäßigen stationären Behandlungen im Jahre 2014 eher für eine Besserung des Zustandes des Klägers im Jahre 2015. Denn derartige Behandlungen hätten im streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr stattgefunden.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 13. April 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 25. April 2018 Berufung eingelegt. Die Gesamtschau der bekannt gewordenen Umstände ergebe den Beweis einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum. Als er zwei Wochen nach der Entlassung aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme erneut rückfällig geworden sei, sei er bei der Beklagten noch mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Bei ihm sei wieder eine Phase der alkoholbedingten Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit eingetreten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 9. April 2018 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Krankengeld vom 1. Juli bis 18. November 2015 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.
Die frühere Berichterstatterin hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten erörtert. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats und des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2016, soweit die Beklagte es ablehnte, dem Kläger für die Zeit vom 1. Juli bis 18. November 2015 Krankengeld zu zahlen. Nur für diesen Zeitraum verfolgte der Kläger zuletzt im gerichtlichen Verfahren einen Anspruch auf Krankengeld.
2. Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Der Kläger legte die Berufung nach § 151 SGG form- und fristgerecht ein. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 SGG. Der Beschwerdewert des §§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Bei dem streitigen Zeitraum von 141 Kalendertagen wäre der Beschwerdewert nur dann nicht erreicht, wenn das kalendertägliche Krankengeld weniger als EUR 5,32 betrüge. Es ist davon auszugehen, dass das kalendertägliche Krankengeld deutlich über diesem Betrag liegt. Denn die Höhe des dem Kläger für die Zeit vom 23. Juli bis 15. Oktober 2014 bewilligten Krankengelds betrug EUR 63,11 kalendertäglich.
3. Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2016 ist rechtmäßig, soweit es die Beklagte ablehnte, für den streitigen Zeitraum vom 1. Juli bis 18. November 2015 Krankengeld zu zahlen.
Nach § 44 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41 SGB V) behandelt werden. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestands für Krankengeld vorliegt (ständige Rechtsprechung, z.B. Bundessozialgerichts [BSG], Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 9; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – juris, Rn. 8; jeweils m.w.N.).
a) Am 1. Juli 2015 war der Kläger nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichertes Mitglied der Beklagten, sondern über seine Ehefrau familienversichert.
Die den Anspruch auf Krankengeld vermittelte Versicherung war die als versicherungspflichtig Beschäftigter (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Diese Mitgliedschaft als Versicherungspflichtiger endete am 30. Juni 2015 (§ 190 Abs. 2 SGB V). Nach der Aufhebungsvereinbarung endete mit Ablauf dieses Tages das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt. Zum 1. Juli 2015 trat keine Mitgliedschaft ein, die mit einem Anspruch auf Krankengeld verbunden war. Denn es bestand weder eine Mitgliedschaft als versicherungspflichtig Beschäftigter (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) noch als Bezieher von Arbeitslosengeld (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) – aufgrund der Rücknahme der Klage wegen der Ablehnung von Arbeitslosengeld I bereits ab 1. Juli 2015 steht dies fest – noch als freiwillig Versicherter hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger mit Anspruch auf Krankengeld (§§ 9, 44 Abs. 2 Nr. 2, 53 Abs. 6 SGB V).
Die Mitgliedschaft als versicherungspflichtig Beschäftigter nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses zum 30. Juni 2015 blieb nicht nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhalten. Danach bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht oder Krankengeld bezogen wird. Der Kläger bezog ab 1. Juli 2015 kein Krankengeld. Es bestand auch kein Anspruch auf Krankengeld am 1. Juli 2015. Es ist bereits fraglich, ob der Kläger am 1. Juli 2015 arbeitsunfähig war (dazu aa). Jedenfalls war am 1. Juli 2015 ein Anspruch auf Krankengeld nicht entstanden (dazu bb) und konnte deshalb auch für die nachfolgende Zeit bis 18. November 2015 nicht entstehen [dazu cc) und dd)]. Eine ausnahmsweise rückwirkende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit wegen Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit vermag der Senat nicht festzustellen (dazu ee). Weitere Ermittlungen sind insoweit nicht erforderlich (dazu ff). Ein Anspruch auf Krankengeld war am 1. Juli 2015 auch nicht wegen stationärer Behandlung entstanden (dazu gg).
aa) Der Senat lässt offen, ob der Kläger am 1. Juli 2015 arbeitsunfähig war. Da der Kläger am 1. Juli 2015 nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis stand, ist fraglich, ob als Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Klägers als Außendienstmitarbeiter maßgeblich ist. Bei Versicherten, die im Zeitpunkt der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit in einem Arbeitsverhältnis stehen und einen Arbeitsplatz innehaben, liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn diese Versicherten die an ihren Arbeitsplatz gestellten beruflichen Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen können (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004 – B 1 KR 5/03 R – juris, Rn. 15). Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers von diesem Maßstab ausgeht, ist eine Arbeitsunfähigkeit fraglich. Denn nach dem Entlassungsbericht des Dr. B. vom 21. April 2015 war der Kläger nach der Entwöhnungsbehandlung in der Lage, seine Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter auszuüben. Für die Zeit vom 1. Juli bis 3. November 2015 (erneute Erstbescheinigung der Arbeitsunfähigkeit durch Dr. G.) sind keinerlei ärztliche Behandlungen dokumentiert.
bb) Jedenfalls war am 1. Juli 2015 ein Anspruch auf Krankengeld nicht entstanden.
Der Anspruch auf Krankengeld entsteht nach § 46 Satz 1 SGB V in der vom 1. Januar 1989 bis 22. Juli 2015 geltenden Fassung des Art. 1 Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I, S. 2477) – und damit am 1. Juli 2015 noch maßgebenden Fassung – bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41 SGB V) von ihrem Beginn an (Nr. 1), im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (Nr. 2). Wird Krankengeld wegen ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit begehrt, ist für den Umfang des Versicherungsschutzes demgemäß grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit folgt (ständige Rechtsprechung zur bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V: BSG, Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 10 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – juris, Rn. 9 m.w.N.). Das BSG hat wiederholt entschieden, dass das Gesetz weder einen Anhalt für das Verständnis des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V in der bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung als bloßer Zahlungsvorschrift noch dafür, dass der Krankengeldanspruch gemäß § 44 SGB V schon bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entsteht, bietet (zuletzt BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 10 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – juris, Rn. 9 m.w.N.). Bei der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Feststellung sind deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen. Regelmäßig ist danach die Regelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V strikt zu handhaben (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R – juris, Rn. 20; BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 20/11 R – juris, Rn. 19; BSG, Urteil vom 8. November 2005 – B 1 KR 30/04 – juris, Rn. 17).
Ein Anspruch auf Krankengeld war am 1. Juli 2015 nicht entstanden, weil spätestens am 30. Juni 2015 eine Arbeitsunfähigkeit nicht ärztlich festgestellt war.
cc) Da am 1. Juli 2015 ein Anspruch auf Krankengeld nicht entstanden war, konnte auch für die nachfolgende Zeit bis 18. November 2015 ein Anspruch auf Krankengeld nicht entstehen, weil der Kläger ab dem 1. Juli 2015 nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert war. Der Kläger war ab diesem Tag über seine Ehefrau familienversichert [(siehe oben a) zu Beginn)]. Familienversicherte (§ 10 SGB V) haben keinen Anspruch auf Krankengeld (§ 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V). Deshalb besteht auch aufgrund der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit am 3. November 2015 für die Zeit bis 15. November 2015 kein Anspruch auf Krankengeld.
dd) Auch nach Änderung des § 46 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGB V durch Art. 1 Nr. 15 Buchst. a und b Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16. Juli 2015 (BGBl. I, S. 1211), die am 23. Juli 2015 in Kraft trat (Art. 20 Abs. 1 GKV-VSG), war ein Anspruch des Klägers auf Krankengeld nicht entstanden, weil der Kläger zum einen nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert war und zum anderen die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit fehlte. Nach der geänderten Fassung des § 46 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld – soweit keine stationäre Behandlung vorliegt – von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an (Satz 1 Nr. 2) und der Anspruch auf Krankengeld bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt, wobei Samstage insoweit nicht als Werktage gelten (Satz 2). Mit der Änderung ist weder das Erfordernis einer Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld noch das Erfordernis der ärztlichen Feststellung entfallen.
ee) Die Voraussetzungen einer ausnahmsweise rückwirkenden Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sind nicht gegeben. Die Rechtsprechung des BSG hat trotz der gebotenen grundsätzlich strikten Anwendung des § 46 SGB V in engen Grenzen Ausnahmen zugelassen, wenn die ärztliche Feststellung (oder die rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) durch Umstände verhindert oder verzögert worden ist, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkassen und nicht dem Verantwortungsbereich des Versicherten zuzurechnen sind. Derartiges hat das BSG unter anderem bei Fristversäumnissen wegen Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit des Versicherten bejaht (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R – juris, Rn. 22, m.w.N.).
Eine Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit des Klägers vermag der Senat nicht festzustellen. Der Kläger war nach der stationären Rehabilitationsbehandlung in der Lage, die Verrichtungen des alltäglichen Lebens ohne Unterstützung vorzunehmen (Entlassungsbericht des Dr. B. vom 21. April 2015). Für eine Änderung in der Folgezeit fehlen jegliche objektiven Anhaltspunkte. Der Kläger behauptete zwar, bereits zwei Wochen nach der Entlassung aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme wieder rückfällig geworden zu sein. Deswegen in Anspruch genommene Behandlungen sind allerdings nicht dokumentiert und vom Kläger auch nicht vorgetragen. Es liegen für die Zeit nach dem 14. April 2015 auch keinerlei Unterlagen vor, die medizinische Befunde enthalten, die Grundlage für eine solche Feststellung sein könnten. Insbesondere war der Kläger bis 3. November 2015 nicht in ärztlicher Behandlung des Dr. G. (Auskunft dieses Arztes vom 29. Juli 2017). Soweit Dr. G. in seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge auf Krankenhausbehandlungen, Alkoholexzesse und Suizidversuche verweist, trifft dies jedenfalls für die Zeit nach dem Ende der stationären Rehabilitationsmaßnahme am 14. April 2015 nicht zu. Stationäre Behandlungen erfolgten nach dem eigenen Vortrag des Klägers (Aufstellung Seite 2 der Klagebegründung vom 13. April 2017, Bl. 31 SG-Akte) nach der stationären Rehabilitationsmaßnahme nicht mehr.
ff) Zu einer Beweiserhebung hinsichtlich der Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit des Klägers sieht sich der Senat nicht gedrängt. Denn aufgrund der fehlenden medizinischen Unterlagen, fehlen jegliche Anknüpfungstatsachen für die Beurteilung dieser Frage durch einen Sachverständigen. Da diese Frage medizinische Sachkenntnis voraussetzt, können Zeugen ohne medizinische Sachkenntnis hierzu keine Angaben machen.
gg) Ein Anspruch auf Krankengeld war am 1. Juli 2015 auch nicht wegen stationärer Behandlung entstanden. Denn der Kläger befand sich an diesem Tag nicht in stationärer Behandlung.
b) Der Kläger kann einen Anspruch auf Krankengeld auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen.
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch fordert das Vorliegen einer Pflichtverletzung, die dem zuständigen Sozialleistungsträger (hier der Beklagten) zuzurechnen ist. Dadurch muss beim Berechtigten (hier dem Kläger) ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden eingetreten sein. Schließlich muss durch Vornahme einer Amtshandlung des Sozialleistungsträgers (hier der Beklagten) der Zustand wiederhergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – B 11 AL 2/14 R – juris, Rn. 39). Es fehlt bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten. Im Zusammenhang mit der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit obliegen der Beklagten keinerlei Beratungs- und/oder Aufklärungspflichten (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 16). Die Beklagte konnte auch keinen Einfluss darauf nehmen, dass nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses die Mitgliedschaft als versicherungspflichtiger Beschäftigter bei ihr endete und stattdessen die Familienversicherung über die Ehefrau eintrat. Denn der jeweilige Versicherungsstatus tritt kraft Gesetzes ein, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen eines Versicherungstatbestandes erfüllt sind, und endet kraft Gesetzes, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen eines Versicherungstatbestandes nicht mehr erfüllt sind.
c) Es bestand auch kein nachgehender Anspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V ab 1. Juli 2015 für einen Monat.
Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V besteht, wenn die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger endet, Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Ein solcher nachgehender Anspruch setzt voraus, dass kein anderweitiger aktueller Krankenversicherungsschutz besteht. Denn der aus der früheren Mitgliedschaft abgeleitete Versicherungsschutz ist gegenüber Ansprüchen aus einem aktuellen Versicherungsverhältnis grundsätzlich nachrangig (ständige Rechtsprechung z.B. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – juris, Rn. 31, m.w.N.). Der nachgehende Anspruch war nachrangig, weil der Kläger – wie dargelegt – ab 1. Juli 2015 familienversichert war.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
5. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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