S 3 AL 48/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 3 AL 48/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Bewilligung von Arbeitslosengeld (ALG) für einen Zeitraum von einem Monat.

Der Kläger ist 00.00.0000 geboren und von Beruf Diplomkaufmann mit abgeschlossenem betriebswirtschaftlichem Studium. Er ist Mitglied eines Vereins, der sich in seiner Satzung als Religionsgemeinschaft (Kirche) bezeichnet. Der Zweck des Vereins ist die Pflege und Verbreitung der Scientology-Religion und ihrer Lehre (§ 2 Nr. 1 der Vereinssatzung). Seit 1991 ist der Kläger außerordentliches Mitglied und seit September 1998 hauptamtlich tätiges Mitglied.

Vom 1.8.1998 bis zum 30.6.2000 stand der Kläger in einem sozialversicherungspflichtlichen Beschäftigungsverhältnis. Im Anschluss daran war er sieben Monate, vom 1.7.2000 bis 31.1.2001 selbständig. Er führte Buchhaltungstätigkeiten für mehrere Firmen aus. Vom 1.2.2001 bis 15.11.2001 war der Kläger als Produktionsleiter in einer feuerwerkskörpervertreibenden Firma beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch eine Kündigung des Arbeitgebers beendet. Nach einer vierwöchigen freiberuflichen Tätigkeit bei einem Wirtschaftsprüfer meldete der Kläger sich am 18.12.2001 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von ALG. Seit dem 1.2.2002 steht der Kläger wieder in einem Arbeitsverhältnis.

Die Beklagte erhielt im Verwaltungsverfahren die Information, dass der Kläger eine selbständige Tätigkeit ausübe und beim D-Centre Rheinland Scientology Kirche e.V. (D-Centre) tätig sei. Auf die Rückfrage der Beklagten erklärte der Kläger, dass die Tätigkeit im D-Centre nicht den Charakter einer Arbeitsstelle habe. Er sei nun seit ca. drei Jahren in seiner Freizeit in diesem eingetragenen Verein tätig. Das D-Centre sei ein Idealverein, der seinen hauptamtlichen Mitgliedern eine geringe finanzielle Zuwendung zukommen lasse. In der Zeit vom 18.12.2001 bis Januar 2002 habe er insgesamt ca. 86,00 Euro an finanziellen Zuwendungen erhalten. Diese Tätigkeit übe er nicht zur Bestreitung seines Lebensunterhalts aus. Er engagiere sich im Rahmen seiner Freizeit am Abend in der Woche und am Wochenende in diesem Verein.

Das D-Centre bestätigte, dass der Kläger sich als hauptamtlich tätiges Mitglied im Rahmen seiner zeitlichen Möglichkeiten um die Buchführung des Hauses kümmere. Es handle sich dabei nicht um eine erwerbsmäßig betriebene Arbeit. Nach § 11 der Vereinssatzung werde an hauptamtliche (aktiv tätige) Mitglieder für ihre Tätigkeit für die Kirche unter Beachtung von § 7 der Satzung eine angemessene Zuwendung entsprechend den finanziellen Möglichkeiten der Kirche gezahlt. Der Kläger habe im Zeitraum vom 18.12.2001 bis 31.1.2002 85,87 Euro erhalten.

§ 7 der Satzung des Vereins lautet:

§ 7 Gemeinnützigkeit
1. Die Kirche verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts "steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung 1977.
2. Die Kirche ist selbstlos tätig und verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke.
3. Mittel der Kirche dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder dürfen keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen erhalten.
4. Es darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Kirche fremd sind oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden.

Die Beklagte erkundigte sich ergänzend beim D-Centre nach dem Zeitumfang, in dem der Kläger dort beschäftigt gewesen sei und bat um eine genaue Stundenaufstellung. Das Centre teilte mit, dass keine Stundennachweise geführt würden. Sie seien ein Idealverein, der gemeinnützige Zwecke verfolge. Die hauptamtlich tätigen Mitglieder setzten sich ausschließlich für die Erreichung der in der Satzung festgelegten Ziele ein. Die Tätigkeit innerhalb des Vereins sei keine Tätigkeit, die zum Erwerb des Lebensunterhalts diene. Lediglich ungefähr könne bestätigt werden, dass der Kläger in der Zeit vom 18.12.2001 bis 31.1.2002 schätzungsweise 240 Stunden (ca. 40 Stunden je Woche) im Hause hauptamtlich tätig gewesen sei.

Mit Bescheid vom 10.7.2002 lehnte die Beklagte die Bewilligung von ALG ab. Ein Leistungsanspruch bestehe nicht, da der Kläger bei der Scientology Kirche e.V. mehr als kurzzeitig (mindestens 15 Stunden wöchentlich) tätig gewesen sei. Der Kläger legte Widerspruch ein. Er wiederholte, er habe die Tätigkeit in seiner Freizeit als hauptamtliches Mitglied des eingetragenen Vereins ausgeführt. Diese Tätigkeit stelle kein arbeitsrechtliches Verhältnis dar. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.1.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, der Kläger sei nicht arbeitslos im Sinne des Leistungsrechtes der Arbeitslosenversicherung gewesen. Der Kläger stehe in einem mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigungsverhältnis. Ob es sich hierbei um ein arbeitsrechtliches Verhältnis handele, sei für die Beurteilung der Arbeitslosigkeit nicht von Bedeutung. Wesentlich sei, dass es sich um eine Beschäftigung oberhalb der Kurzzeitigkeitsgrenze handele.

Der Kläger hat am 00.00.0000 Klage erhoben. Er trägt vor, dass seine Tätigkeit für die Scientology Kirche e.V. eine rein ehrenamtliche Tätigkeit sei, die er nicht zu Erwerbszwecken ausübe. Seit dem 1.2.2002 stehe er in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis als Verbandsprüfer mit einer Arbeitszeit von 37 Stunden in der Woche. Daneben sei er weiterhin für das D-Centre Rheinland tätig. Er habe diese Tätigkeit zuvor neben seinen Arbeitsverhältnissen in seiner Freizeit ausgeführt und auch in der Zeit seiner Arbeitslosigkeit.

Der Kläger weist auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 26.9.2002 (Az.: 5 AZB 19/01 in NZA 2002, 1412 ff.) hin. Darin habe das BAG im Rahmen eines Beschlusses über die Zulässigkeit des Rechtswegs zum Ausdruck gebracht, dass der dortige Kläger als Mitglied der Scientology Kirche e.V. seine Dienstleistungen für diesen Verein nicht in einem Arbeitsverhältnis, sondern als vereinsrechtlichen Mitgliedsbeitrag erbracht habe. Der Kläger trägt vor, die Mitglieder seien für den Verein ausschließlich aus ihrer religiösen Überzeugung heraus tätig. Um sie in ihrem Engagement zu unterstützen erhielten die hauptamtlichen Mitglieder eine Alimentation, abhängig von den Möglichkeiten des Vereins. Ein Rechtsanspruch bestehe hierauf aber nicht. Diese Alimentation sei keine Gegenleistung für die Tätigkeit der Mitglieder.

Deshalb gingen die Mitglieder auch regelmäßig einer persönlichen Arbeit nach, um wirtschaftlich gesichert zu sein. Vor und nach seiner Arbeitslosigkeit habe er dies auch getan. Die hauptamtlichen Mitglieder könnten jederzeit mit ihrer Tätigkeit aufhören, diese einschränken oder bestimmte Zeit aussetzen, ohne dass sich hieraus rechtliche Konsequenzen ergäben. Es handle sich um eine nichtberufliche, private Tätigkeit. Die Mitglieder verfolgten alle das gleiche gemeinsame Ziel der spirituellen und moralischen Vervollkommnung von sich selbst, von anderen oder der Welt im allgemeinen. Es fehle deshalb an dem für ein Arbeitsverhältnis typischen Interessengegensatz zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Diesen Interessengleichlauf habe auch das BAG erkannt.

Der Kläger vertritt die Ansicht, das D-Centre sei kein wirtschaftliches Unternehmen, sondern verfolge religiöse Ziele. Es sei als rechtsfähiger Idealverein eingetragen. Dies setze gesetzlich voraus, dass keine unternehmerische Beschäftigung erfolge. Behördliche Versuche, dem Verein diesen rechtlichen Status wegen vermeintlicher wirtschaftlicher Betätigung zu entziehen, seien von Gerichten unterbunden worden. Der Kläger nimmt unter anderem Bezug auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vom 12.12.2003 (Az: 1 S 1972/00 GewArch 2004, 191 ff.). In diesem Urteil wurde die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt, nach der die Entziehung der Rechtsfähigkeit einer als Verein eingetragenen örtlichen Untergliederung der Scientology Organisation nach § 43 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht zulässig ist, weil der Verein keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne der Rechtsgrundlage verfolge.

Der Kläger zieht für seine Argumentation eine Vielzahl von behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen heran. Unter anderem hat er Bescheide verschiedener Krankenkassen vorgelegt, die eine Sozialversicherungspflicht der Tätigkeit einzelner hauptamtlicher Vereinsmitglieder verneinen. Es fehle an Merkmalen für das Bestehen eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, der Unterschied zwischen einem außerordentlichen Mitglied und einem hauptamtlich tätigen Mitglied des D-Centre bestehe darin, dass ein außerordentliches Mitglied Spenden leiste und Kurse besuche aber keinen aktiven Beitrag leiste. Als hauptamtlich tätiges Mitglied unterschreibe man eine Verpflichtungserklärung gegenüber dem Verein über eine aktive Tätigkeit für den Verein. Abgesehen von einem Grundbeitrag von etwa 15,00 Euro im Jahr müssten hauptamtliche Mitglieder an den Verein keine finanziellen Beiträge mehr leisten. So entfalle auch für die Teilnahme an Kursen die übliche Gebühr, die bei 2.500,00 Euro liege. Seine hauptamtliche Tätigkeit bestehe aus der Buchhaltung für den Verein und der Erstellung der Vereinsabrechnung zum Ende des Jahres. Damit sei er voll ausgelastet. Sonstige Aktivitäten für den Verein habe er nicht entfaltet. Er halte weder Kurse ab noch werbe er Mitglieder auf der Straße. Die erforderlichen Arbeiten könne er aufgrund seiner Berufsausbildung selber einschätzen. Er erhalte keine Anweisungen, welche Tätigkeiten er konkret auszuführen habe. Er habe ein Büro und einen PC in den Vereinsräumen. Meistens sei er abends dort in der Zeit von 19.00 bis 21.30 Uhr tätig. Am Wochenende arbeitete er dort sowohl Samstags als auch Sonntags von 13.00 bis 21.30 Uhr. Seine Arbeitszeiten teile er sich frei ein. Während der Zeit seiner Arbeitslosigkeit habe er für diese Tätigkeit mehr Zeit zur Verfügung gehabt. Oft sei er dann schon in der Woche am Nachmittag im Büro tätig gewesen. Anders als bei seiner selbständigen Tätigkeit habe er über den Umfang seiner Arbeitszeit keine Stundenaufstellung erstellt.

Der Kläger hat im Hinblick auf die ab dem 1.1.2002 erstmals eingeführte Regelung über eine ehrenamtliche Tätigkeit während der Zeit der Arbeitslosigkeit (§ 118 a Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III) sein Klagebegehren beschränkt.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 10.7.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.1.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1.1. bis einschließlich 31.1.2002 Arbeitslosengeld zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie sieht in der buchhalterischen Tätigkeit des Klägers für die Scientology Kirche e.V. keine ehrenamtliche Tätigkeit im Sinne von § 118 a SGB III. Nach der Verordnung über die ehrenamtliche Betätigung von Arbeitslosen vom 24.5.2002 (BGBl I S. 1783) setze eine ehrenamtliche Tätigkeit unter anderem voraus, dass diese bei einer Organisation erfolge, die ohne Gewinnerzielungsabsicht Aufgaben ausführe, welche im öffentlichen Interesse liegen oder gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke fördere. Die Zielsetzung der Scientology Organisation bestimme sich durch ein ausgeprägtes Interesse, sich auf die Wirtschaft und über die Wirtschaft hinaus Einflussmöglichkeiten zu schaffen (so BSG Urteil vom 14.12.2000 Az.: B 11/7 AL 30/99 R in BSGE 87, 208 ff.). Wegen der in erster Linie wirtschaftlichen Ausrichtung dieser Organisation könne eine ehrenamtliche Tätigkeit des Klägers nicht vorliegen. Die Beklagte verweist auf ein Urteil des Finanzgerichts Münster vom 25.5.1994 (Az.: 15 K 5247/87 U) nach der mangels Gemeinnützigkeit die von der Scientology Organisation gegen Entgelt abgehaltenen Kurse und Seminare sowie die Verkäufe von Druckerzeugnissen und sogenannten Elektrometern der Umsatzsteuer unterliegen. Der Kläger wendet demgegenüber ein, dass dieses Urteil vom Bundesfinanzhof aufgehoben worden sei (Gerichtsbescheid vom 21.8.1997 Az.: V R 65/94).

Zur Darstellung des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger ist durch den Bescheid der Beklagten vom 10.7.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.1.2003 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hat für den streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf die Bewilligung von ALG.

Die Voraussetzungen eines ALG-Anspruchs sind beim Kläger nicht erfüllt, da er im Januar 2004 nicht arbeitslos im Sinne der Regelungen der Arbeitslosenversicherung war (§§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 und 118 a SGB III). Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Eine Beschäftigungslosigkeit, die einen Leistungsanspruch gegenüber der Arbeitslosenversicherung nicht ausschließt, besteht noch bei Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung (§ 118 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Eine selbständige Tätigkeit und eine Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger stehen einer Beschäftigung gleich (§ 118 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Seit der am 1.1.2002 in Kraft getretenen Bestimmung des § 118 a SGB III schließt eine ehrenamtliche Betätigung Arbeitslosigkeit nicht aus, wenn dadurch die berufliche Eingliederung des Arbeitslosen nicht beeinträchtigt wird. Der ALG-Anspruch besteht in diesem Fall trotz einer über der Kurzzeitigkeitsgrenze von 15 Wochenstunden liegenden Tätigkeit. Die zuvor vom Bundessozialgericht (BSG) zum Teil verneinte Verfügbarkeit des Arbeitslosen für die Arbeitsvermittlung (BSG Urteil vom 29.9.1987 Az.: 7 RAr 15/86 in SozR 4100 § 103 Nr. 39; Urteil vom 29.11.1989 Az.: 7 RAr 8/89 in SozR 4100 § 103 Nr. 46; a.A. BSG Urteil vom 12.12.1990 Az.: 11 RAr 137/89 in SozR 3 - 4100 § 103 Nr. 4 und Urteil vom 25.4.1991 Az.: 11 RAr 9/90 in SozR 3 - 4100 § 134 Nr. 7) bleibt erhalten.

Der Kläger war im geltend gemachten Leistungszeitraum (Januar 2002) nicht beschäftigungslos im Sinne der genannten Vorschrift. Er hat für das D-Centre eine Arbeitszeit von etwa 40 Stunden in der Woche aufgewandt und dort Buchführungsarbeiten ausgeführt. Der Kläger übt buchhalterische Aufgaben üblicherweise mit Gewinnerzielungsabsicht zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes aus. Diese Art der Dienstleistung hat der Kläger anderen Auftraggebern als Selbständiger in Rechnung gestellt. Er hat seine geleisteten Arbeitsstunden in Aufstellungen erfasst und danach sein Entgelt bemessen. Die für das D-Centre im streitigen Zeitraum erbrachte Dienstleistung entspricht seiner selbständigen Tätigkeit. Seine Arbeitszeit konnte der Kläger sich frei einteilen. Er war nicht an Weisungen bezüglich seiner Arbeit gebunden. Für die Beurteilung der Arbeitslosigkeit kommt es nicht darauf an, ob der oberhalb der Kurzzeitigkeitsgrenze von 15 Stunden wöchentlich als Arbeitnehmer, Selbständiger oder mithelfender Familienangehörige Tätige ein Entgelt erhält. Bereits die Ausführung der Tätigkeit schließt die gleichzeitige Arbeitslosigkeit aus.

Der Verzicht auf die Auszahlung eines angemessenen Entgelts gegenüber dem D-Centre führt nicht dazu, dass die vom Kläger üblicherweise als Angestellter oder Selbständiger erbrachten Dienstleistungen als ehrenamtliche Tätigkeit im Sinne von § 118 a SGB III privilegiert sind. Eine ehrenamtliche Tätigkeit ist im Gesetz weder im Recht der Arbeitslosenversicherung (SGB III) noch in sonstigen Gesetzen definiert (vgl. Steinmeyer in Gagel SGB III, § 118 a Rz 13 zur Verwendung des Begriffs im Bereich des Sozialrechts). Der Gesetzgeber hat den Verordnungsgeber ermächtigt, das Nähere zur Abgrenzung der ehrenamtlichen Betätigung im Sinne von § 118 a SGB III und zu den dabei maßgebenden Erfordernissen der beruflichen Eingliederung zu bestimmen (§ 151 Abs. 2 Nr. 4 SGB III). Von der Ermächtigung hat das Bundesministerum für Arbeit und Sozialordnung (BMA) durch Erlass der Verordnung über die ehrenamtliche Betätigung von Arbeitslosen vom 24.5.2002 (BGBl. I S. 1783) Gebrauch gemacht.

In § 1 Abs. 1 dieser mit Wirkung zum 1.1.2002 in Kraft getretene Verordnung (VO) ist bestimmt:

Ehrenamtlich im Sinne des § 118 a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ist eine Betätigung, die 1. unentgeltlich ausgeübt wird, 2. dem Gemeinwohl dient und 3. bei einer Organisation erfolgt, die ohne Gewinnerzielungsabsicht Aufgaben ausführt, welche im öffentlichen Interesse liegen oder gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke fördern.

Die Tätigkeit des Klägers beim D-Centre war nicht unentgeltlich. Damit fehlt ein wesentliches Kriterium der ehrenamtlichen Tätigkeit. Durch die Übernahme der Buchführung für den Verein erzielte der Kläger finanzielle Vorteile. Er musste keine Zahlung mehr an das D-Centre leisten. Nach Angaben des Kläger erbringen außerordentliche Mitglieder nicht nur regelmäßig Spenden an den Verein. Sie zahlen auch Gebühren für die im Sinne der Lehre von Scientology zur geistigen Vervollkommnung erforderliche Teilnahme an Kursen des Vereins. Der Kläger hat Teilnahmegebühren von 500,00 oder 2.500,00 Euro für einen Kurs genannt. Durch seine buchhalterische Tätigkeit für den Verein erspart der Kläger somit die ansonsten für den Verein anfallenden Aufwendungen aus seinem Einkommen und seinem Vermögen. Es handelt sich um nicht unerhebliche finanzielle Mittel, die der Kläger durch seine Arbeitsleistung ersetzt.

Die Beweggründe des Klägers für seinen Verzicht auf Zahlungen des Vereins für seinen Lebensunterhalt sind nicht maßgebend. Ein Arbeitsloser kann nicht durch seine subjektive Entscheidung, einem Auftraggeber seine Arbeitsleistung nicht in Rechnung zu stellen, den Charakter einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Sinne der Ausnahmeregelung in § 118 a SGB III herbeiführen, sofern der Einsatz seiner Arbeitskraft ihm jedenfalls objektiv einen wirtschaftlichen Nutzen bringt. Der wirtschaftliche Ertrag liegt im Falle der Tätigkeit des Klägers darin, keine Geldleistungen für seine Mitgliedschaft beim D-Centre aufbringen zu müssen. Dadurch erhält der Kläger einen finanziellen Ausgleich für die aufgewandte Arbeitszeit. Eine unentgeltliche Arbeitsleistung ist folglich nicht gegeben.

Für den Ausgang des Rechtsstreits kommt es nicht darauf an, ob die von der Beklagten vorgetragene Rechtsauffassung zutrifft, eine ehrenamtiche Tätigkeit des Klägers für das D-Centre Rheinland sei ausgeschlossen, weil es sich um eine Organisation mit in erster Linie wirtschaftlicher Ausrichtung handele. Die Kammer hat nicht zu entscheiden, ob die religiösen oder weltanschaulichen Lehren im Sinne von Scientology nur als Vorwand für die Verfolgung wirtschaftlicher Ziele dienen (so BAG im Beschluss vom 22.3.1995 Az.: 5 AZB 21/94 in BAGE 79, 319 ff. = NZA 1995, 823 ff.). Es genügt, wenn eines der Merkmale der Begriffbestimmung der ehrenamtlichen Tätigkeit nicht erfüllt ist. Alle in § 1 Abs. 1 der VO genannten Voraussetzungen müssen kummulativ erfüllt sein.

Es ist rechtstaatlich bedenklich, wenn die Beklagte einen ALG-Anspruch bei unentgeltlichen und dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten auf ein eigenes Werturteil über eine Organisation stützt, das nicht der Rechtsprechung der zuständigen Fachgerichte entspricht. Solange die zuständige Behörde der als eingetragenem Idealverein organisierten regionalen Untergliederung der Scientology Organisation nicht die Rechtsfähigkeit entzogen hat, ist ein wirtschaftlicher Betrieb des Vereins nicht als Tatsache für eine Ablehnung des ALG-Anspruchs zu Grunde zu legen. Die Rechtsgrundlage für den Entzug der Rechtsfähigkeit in § 43 Abs. 2 BGB setzt die wirtschaftliche Betätigung des Vereins, mithin eine Gewinnerzielungsabsicht voraus. Steht der nichtwirtschaftliche Zweck im Vordergrund, so wird der Idealverein nicht zum wirtschaftlichen Verein, wenn er zur Erreichung seiner idealen Ziele unternehmerische Tätigkeiten entfaltet (vgl. BVerwG Urteil vom 6.11.1997 Az.: 1 C 18/95 in BVerwGE 105, 313 ff.). Dass ein Verein Entgelt für erbrachte Leistungen fordert, bildet allein kein Indiz für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (BVerwG aaO). Die wirtschaftliche Ausrichtung der Scientology Organisation ist umstritten. Darauf verweist der Kläger unter Bezugnahme auf unterschiedliche Gerichtsentscheidungen. Dieser Streit ist nicht im Rahmen individueller sozialrechtlicher Leistungsansprüche der Mitglieder zu entscheiden. Über die Frage der Gemeinnützigkeit einer Vereinigung entscheiden die Finanzbehörden- und gerichte. Die wirtschaftliche Betätigung (Gewinnerzielungsabsicht) ergibt sich aus der rechtlichen Form der Organisation und wird von den zuständigen Verwaltungsbehörden und -gerichten kontrolliert. Diese Entscheidungen hat die Beklagte zu berücksichtigen.

Im vorliegenden Fall kommt es auf die Gewinnerzielungsabsicht der Organisation nicht an, weil der Kläger in Folge ersparter Aufwendungen für den Verein nicht unentgeltlich arbeitet.

Da bereits ein ALG-Anspruch des Klägers im Januar 2002 dem Grunde nach nicht besteht, ist das eventuelle Ruhen des Anspruchs wegen des Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit - beginnend ab dem 16.11.2001 - wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den letzten Arbeitgeber nicht mehr zu prüfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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