L 12 KA 3/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KA 38/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 3/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 52/04 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26. November 2002 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat dem Beklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1937 geborene Kläger ist bzw. war seit 1. März 1977 ordentlicher Professor für Pädagogik an der Universität W. (vgl. Urkunde vom 1. Februar 1977). Er war seit 1977 im Bereich der KV Südwürttemberg und ist seit 1977 im Bereich der KV Bayern im Rahmen des Delegationsverfahrens als Psychologischer Psychotherapeut tätig.

Mit Formularantrag vom 4. November 1998 hat der Kläger Antrag auf bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Psychotherapeut gestellt. Mit Schreiben vom 4. November 1998 hat der Kläger um eine Lösung gebeten, die ihm bis zum Erreichen der Altersgrenze in ca. sechs Jahren die weitere Mitwirkung an der kassenärztlichen Versorgung erlaube. Laut einer Nebentätigkeitsgenehmigung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 23. Juni 1987 ist dem Kläger eine Tätigkeit als Psychotherapeut im Umfang von bis zu einem Arbeitstag je Woche erlaubt. In dem Genehmigungsbescheid wird davon ausgegangen, dass die Nebentätigkeit vorwiegend an Wochenenden oder an Werktagen in den späten Nachmittags- oder Abendstunden ausgeübt wird. Auf Art.73 Abs.3 BayBG, die Bayerische Nebentätigkeitsvorordnung sowie die Bayerische Hochschullehrernebentätigkeitsverordnung wurde Bezug genommen. Mit weiterem Schreiben vom 19. März 1999 hat der Kläger mitgeteilt, dass sich die von ihm nachgewiesenen 377 Behandlungsstunden innerhalb des gesetzlichen Drei-Jahres-Zeitraumes annähernd gleichmäßig auf diesen Zeitraum verteilen würden, sodass die geforderten 250 Stunden binnen eines Jahres nicht erreicht würden. Sollte eine Zulassung nicht möglich sein, bitte er zumindest um eine fallbezogene Ermächtigung, die es ihm erlaube, die bereits begonnenen Behandlungen zu Ende zu führen.

Der Zulassungsausschuss Ärzte Unterfranken hat mit Beschluss vom 4. Juni 1999 den Antrag des Klägers auf bedarfsunabhängige Zulassung abgelehnt. Der Kläger habe in dem maßgeblichen vom Gesetzgeber festgelegten Drei-Jahres-Zeitraum 377 psychotherapeutische Behandlungsstunden zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nachgewiesen (vgl. Häufigkeitsstatistiken der KVB). Innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von höchstens zwölf Monaten seien maximal (Quartale 2/96 bis 1/97) 152 psychotherapeutische Behandlungsstunden zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht worden. Damit liege eine ausreichende Teilnahme an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter im Sinne von § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V nicht vor. Im Übrigen stehe der Zulassung des Klägers auch § 20 Abs.1 Ärzte-ZV entgegen, da ihm als Nebentätigkeit eine psychotherapeutische Tätigkeit in eigener Praxis von maximal einem Arbeitstag pro Woche gestattet worden sei. Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 23. Juni 1999. Der Kläger hält die Übergangsvorschrift des § 95 Abs.10 SGB V für verfassungsrechtlich bedenklich und stützt sich dabei auf ein ihm allerdings nicht im Wortlaut vorliegendes Gutachten von Prof.Dr.R ... In anderen Bundesländern - wie z.B. Baden-Württemberg - würden die 250 Stunden nicht in einem Jahr, sondern für den gesamten Drei-Jahres-Zeitraum verlangt, sodass er mit seinen 377 Stunden ohne weiteres zugelassen worden wäre. Wenn diese strikte bayerische Auffassung Bestand haben sollte, würde eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte in den einzelnen Bundesländern die Folge sein. Die bayerische 250-Stunden-Hürde finde in den Motiven des Gesetzgebers gerade keine Stütze und werde auch vor den Sozialgerichten keinen Bestand haben. Im Übrigen stehe er trotz seiner Tätigkeit als Universitätsprofessor in ausreichendem Umfange als Psychologischer Psychotherapeut für die Behandlung von Patienten zur Verfügung. Die Beigeladene zu 1) hat zu dem Widerspruch mit Schriftsatz vom 20. März 2001 Stellung genommen. In dem Schriftsatz wurde insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 8. November 2000, Az.: B 6 KA 22/00 R hingewiesen, das das Erfordernis eines Behandlungsumfangs von 250 Stunden innerhalb eines halben bis zu einem Jahr bestätigt habe. Diesem Erfordernis komme der Kläger in dem für ihn günstigsten Jahreszeitraum (Quartale 2/96 bis 1/97) mit 152 psychotherapeutischen Behandlungsstunden zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht nach. Der Erteilung einer bedarfsunabhängigen Zulassung stehe des Weiteren entgegen, dass der Kläger derzeit an der Universität W. beschäftigt sei.

Der Beklagte hat mit Beschluss vom 29. März 2001/Bescheid vom 21. August 2001 den Widerspruch des Klägers gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses Ärzte-Unterfranken vom 10. April 1999 zurückgewiesen. Der Antrag der KVB-Bezirkstelle Unterfranken auf sofortige Vollziehung der Entscheidung wurde ebenfalls zurückgewiesen. Der Kläger weise bereits keinen ausreichenden Besitzstand gemäß § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V auf. Mit den im Delegationsverfahren erbrachten 377 Behandlungsstunden sei der vom BSG für erforderlich gehaltene Mindestumfang nicht erreicht. Bei der 129 Arbeitswochen (= 43 Arbeitswochen/Jahr in drei Jahren) umfassenden Behandlungstätigkeit betrage die durchschnittliche wöchentliche Behandlungszeit 2,92 Stunden, diese mache nicht annähernd eine Halbtagstätigkeit aus. Eine solche umfasse 17,5 bis 18 Wochenstunden. Das dabei erzielte GKV-Erwerbseinkommen von monatlich an die 1.048,00 DM (377 Behandlungsstunden x 100,00 DM: 36 Monate) übersteige zwar die durchschnittliche monatliche Geringfügigkeitsgrenze von 585,00 DM erheblich. Damit werde aber nicht 1/5 des Gesamterwerbseinkommens erreicht, denn dieses habe sicher mehr als 5.240,00 DM (= Summe des GKV-Erwerbseinkommens und des übrigen Erwerbseinkommens aus selbstständiger Tätigkeit wie aus der Behandlung von Privatzahlern und unselbstständiger Beschäftigung als ordentlicher Professor für Pädagogik an der Universität W.) betragen. Damit seien die Kriterien der Spruchpraxis des Beklagten nicht erfüllt. Auf die Frage der persönlichen Nichtverfügbarkeit im erforderlichen Maße für die Versorgung der Versicherten (§ 20 Abs.1 Ärzte-ZV) komme es nach alledem nicht mehr an. Hiergegen richtet sich die Klage vom 14. September 2001 zum Sozialgericht Nürnberg. Die vom BSG in den angesprochenen Urteilen vom 8. November 2000 entwickelten Grundsätze seien auf Grund der dort getroffenen Fallauswahl auf seinen Fall nicht anwendbar. Fünf der sechs entschiedenen Klagen von Psychothe- rapeuten hätten schon auf den ersten Blick erkennbar wenig "schützenswerte Substanz", da sie von mehr oder weniger Berufsanfängern stammten, die teils noch kaum in freier Praxis tätig gewesen seien. Es könne nicht der Sinn des Gesetzes sein, jemanden, der 30 Jahre kassentherapeutisch tätig gewesen sei, mit diesen Berufsanfängern auf die gleiche Stufe zu stellen. Zur Frage der "schützenswerten Substanz" in einem solchen Falle habe das BSG noch nicht Stellung genommen. Den Beklagten treffe der Vorwurf, dass er Erwägungen, für die das BSG-Urteil Spielraum geboten hätte, nicht angestellt habe. Er bitte das Gericht anzuerkennen, dass vor dem geschilderten individuellen Hintergrund 377 Behandlungsstunden im Zeitfenster ausreichten, um eine "schützenswerte Substanz" im Sinne des BSG-Urteils anzuerkennen. Im Übrigen hat der Kläger nochmals bekräftigt, dass seine Tätigkeit als Hochschullehrer einer Zulassung nach der Ärzte-ZV nicht in Wege stehe.

Zu der Klage hat sich die Beigeladene zu 1) mit Schriftsatz vom 12. Juni 2002 geäußert. Sowohl der Zulassungsausschuss Ärzte-Unterfranken als auch der Berufungsausschuss Ärzte Bayern hätten zu Recht festgestellt, dass der Umfang der Tätigkeit des Klägers im sog. Zeitfenster von insgesamt 377 Stunden den vom Bundessozialgericht gestellten Anforderungen an eine Teilnahme im Sinne von § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V nicht genüge. Des Weiteren werde auf das kürzlich ergangene Urteil des BSG vom 30. Januar 2002 (Az.: B 6 KA 20/01 R und B 6 KA 73/00 R) verwiesen, wonach nur eine Beschäftigung von höchstens einem Drittel der üblichen Wochenarbeitszeit, also ca. 13 Stunden wöchentlich, für vereinbar mit der Zulassung angesehen werde. Darüber hinaus genüge bereits die abstrakte Möglichkeit einer sog. Interessen- und Pflichtenkollision im Sinne des § 20 Abs.2 Ärzte-ZV in Bezug auf die Patienten, eine Unvereinbarkeit mit der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit anzunehmen. Indem der Kläger selbst vortrage, die psychotherapeutischen Behandlungen hätten ihm als zentrales Forschungsfeld gedient, räume er eine Vermischung seiner beiden Tätigkeitsbereiche im oben genannten Sinne sogar ausdrücklich ein. Hierzu hat nochmals der Kläger mit Schreiben vom 9. Juli 2002 Stellung genommen. Die ambulante Behandlungstätigkeit als Psychologischer Psychotherapeut habe - wie von der Beigeladenen zu 1) gefordert - einen von zwei gleich zu gewichtenden Schwerpunkten der beruflichen Tätigkeit gebildet. Dies sei bei ihm über einen Zeitraum von 30 Jahren so gewesen. Dabei müsse die besondere dienstrechtliche Stellung und die besonderen Arbeitsbedingungen eines Professors berücksichtigt werden. Die Beigeladene zu 1) wie schon der Beklagte hätten sich bislang nicht zu der Frage geäußert, ob die Ärzte-ZV ein geeignetes und verfassungsrechtlich zulässiges Instrument sei, um die Zulassungsfragen der Psychologischen Psychotherapeuten zu regeln, und ob die Übergangsregelungen in § 95 Abs.10 SGB V bzw. deren vom BSG bestätigte Konkretisierung durch die KVen mit Art.12 GG vereinbar seien. Zu dieser Frage habe das BSG mangels geeigneter Fälle noch nicht Stellung nehmen können. Der Kläger ist mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2002 bei seiner Auffassung geblieben, dass das Urteil des Bundessozialgerichts vom 8. November 2000 wie auch das jüngere Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. Januar 2002 mit seinem Fall nicht vergleichbar sei und auch der von der Beigeladenen zu 1) genannte Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 2001 nicht auf seinen Fall angewendet werden könne. Schon gar nicht habe das BVerfG der Spruchpraxis des BSG eine verfassungsrechtliche Blankovollmacht erteilt.

Das Sozialgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 26. November 2002 die Klage abgewiesen. Der Kläger erfülle zum einen das Erfordernis der Teilnahme im Sinne von § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V mit den von ihm erbrachten 377 Behandlungsstunden innerhalb des Zeitfensters nicht. Einer einschränkungslosen Zulassung des Klägers zur vertragstherapeutischen Versorgung stehe auch § 20 Abs.1 Ärzte-ZV entgegen. Weiter ergebe sich schon nach den eigenen Angaben des Klägers, dass die Tätigkeit an der Universität W. den Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit des Klägers darstelle. Der Kläger sei durch die Lehrverpflichtung von acht Wochenstunden in die Betriebsstruktur der Universität W. eingebunden.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 9. Januar 2003 zum Bayerischen Landessozialgericht. Das angefochtene Urteil beruhe auf einer Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Der Vorsitzende Richter habe den mündlichen Vortrag zwar zugelassen, aber durchblicken lassen, dass er seine Meinung bereits gebildet habe, die sich an den Vorgaben der genannten BSG-Urteile orientiere. Deswegen bestehe die Berufungsbegründung am zweckmäßigsten darin, dass er die Klagebegründung, die er dem SG mündlich vorgetragen habe, nochmals im Detail darlege. Die Ausführungen hätten sich auf zwei Fragen, nämlich die verfassungskonforme Auslegung der Überleitungsvorschriften zum Psychotherapeutengesetz in § 95 Abs.10 SGB V und die besondere Rechtstellung des Hochschullehrers im Hinblick auf seine Verfügbarkeit nach § 20 Ärzte-ZV, erstreckt. Der Gesetzeswortlaut würde seine bedarfsunabhängige Zulassung erlauben. Im Wege stehe allein die von der KBV und dem BSG vorgenommene Konkretisierung. Diese sei es, die die verfassungsmäßigen Rechte der bisherigen nebenberuflichen Leistungserbringer verletzen würden. Weiter vertrete er mit Entschiedenheit die Auffassung, dass die Ärzte-ZV auf seinen Fall nicht anwendbar sei. Abgesehen davon wäre bei der Frage der zureichenden "Verfügbarkeit" im Sinne des § 20 Ärzte-ZV die besondere Rechtstellung des Hochschullehrers zu berücksichtigen, der keiner Arbeitszeitregelung unterliege. Die Beigeladene zu 1) hat hierzu mit Schriftsatz vom 3. April 2003 Stellung genommen. Eine Verletzung formellen Rechts liege nicht vor. Soweit der Kläger von einer vorgefassten Meinung des Richters am SG ausgegangen sei, hätte er die Möglichkeit gehabt, einen Befangenheitsantrag zu stellen. Das angefochtene Urteil des SG Nürnberg sei zudem auch materiell-rechtlich zutreffend ergangen. Die Voraussetzungen der Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne des § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V lägen nicht vor. Der Kläger hat zuletzt mit Schriftsatz vom 12. April 2003 geltend gemacht, dass das rechtliche Gehör nicht nur die reine akustische Aufnahme des Vortrags, sondern auch die rechtliche Würdigung und Abwägung der vorgetragenen Argumente bedeute. Auch der letzte Schriftsatz der Beigeladenen zu 1) lasse jegliches Eingehen auf seine Argumente vermissen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 31. März 2004 hat der Kläger dem Senat die schriftliche Fixierung der von ihm zuvor erfolgten Ausführungen übergeben.

Der Kläger stellt den Antrag, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26. November 2002 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. August 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über den Widerspruch des Klägers vom 23. Juni 1999 gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses Ärzte-Unterfranken vom 4. Juni 1999 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

Die Beigeladene zu 1), 2) 4) und 5) stellen den Antrag, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat liegen die Akte des Zulassungsausschusses Ärzte-Unterfranken, die Akte des Beklagten, die Akten des Sozialgerichts Nürnberg mit den Aktenzeichen S 6 KA 38/01 und S 6 KA 3/00 ER sowie die Akte des Bayerischen Landessozialgerichts mit dem Aktenzeichen L 12 KA 3/03 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht Nürnberg hat mit dem angefochtenen Urteil vom 26. November 2002 die Klage des Klägers zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklag- ten vom 21. August 2001, der allein Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist (vgl. z.B. BSG SozR 3-2500 § 96 Nr.1, S.5 f.), ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf bedarfsunabhängige Zulassung als Psychologischer Psychotherapeut am Sitz seiner Praxis in V. , R. Straße, das in einem überversorgten Planungsbereich liegt, da er die Voraussetzungen des § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V nicht erfüllt.

Gemäß § 95 Abs.10 SGB V (eingefügt durch Art.2 Nr.11 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vom 16. Juni 1998 - BGBl.I S.1311 -) sind Psychologische Psychotherapeuten zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zuzulassen, wenn sie bis zum 31. Dezember 1998 die Voraussetzungen der Approbation nach § 12 des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) sowie des Fachkundenachweises nach § 95c Satz 2 Nr.3 SGB V erfüllt und den Antrag auf Erteilung der Zulassung gestellt haben (Satz 1 Nr.1), darüber hinaus müssen sie bis zum 31. März 1999 die Approbationsurkunde vorgelegt (Satz 1 Nr.2) und in der Zeit vom 25. Juni 1994 bis 24. Juni 1997 (sog. Zeitfenster) an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der GKV teilgenommen haben (Satz 1 Nr.3 a.a.O.). Zwischen den Beteiligten ist allein letztere Voraussetzung umstritten, die übrigen Voraussetzungen werden vom Kläger erfüllt. Die Auslegung des Merkmals der "Teilnahme" an der Versorgung im Sinne des § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V wird durch die Funktion der Vorschrift bestimmt, für Härtefälle eine Ausnahme von dem Grundsatz der bedarfsabhängigen Zulassung der Psychologischen Psychotherapeuten zu ermöglichen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.25 S.111 unter Hinweis auf BT-Drucksache 13/9212 S.40 und BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.25 S.103). Es geht dabei nicht um den Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der GKV als solchen, sondern lediglich um die Möglichkeit, sich an einem Ort niederzulassen, der auf der Grundlage der im Rahmen der Bedarfsplanung getroffenen Feststellungen bereits überversorgt ist, das heißt, für den Überkapazitäten auf Seiten der psychotherapeutischen Leistungserbringer bestehen. Zulassungsbewerbern, die sich bei der Auswahl des Praxissitzes typischerweise an ihrem bisherigen Lebensmittelpunkt orientieren, wird grundsätzlich zugemutet, dass sie den Ort ihrer Zulassung nicht nach eigenen Wünschen frei wählen können, sondern sich nach dem Versorgungsbedarf der Versicherten richten. Eine Ausnahme davon sieht § 95 Abs.10 SGB V nur für Zulassungsbewerber vor, die bereits im Zeitfenster an der Versorgung der Versicherten der GKV teilgenommen haben. Diese Begünstigung ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Betroffene bereits unter Einsatz von Arbeitskraft und finanziellen Mitteln eine eigene Praxis eingerichtet und in einem rechtlich erheblichen Umfang betrieben hat. Sowohl in Bezug auf die Inanspruchnahme der Arbeitskraft des Psychologischen Psychotherapeuten als auch im Hinblick auf den wirtschaftlichen Ertrag seiner Praxis muss dabei in eigener Praxis annähernd das für eine Berufstätigkeit typische Ausmaß erreicht worden sein. Daraus ergibt sich, dass der Begriff der "Teilnahme" die eigenverantwortliche Behandlung von Versicherten der GKV in anerkannten Behandlungsverfahren in eigener Praxis und mit einem bestimmten Behandlungsumfang erfordert. Die nachhaltig auf die ambulante psychotherapeutische Versorgung von Versicherten der GKV ausgerichtete Tätigkeit muss zudem zumindest einen von zwei gleich zu gewichtenden Schwerpunkten der beruflichen Tätigkeit des Betroffenen gebildet haben (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.25 S.126 sowie BSG, Urteil vom 11. September 2002, B 6 KA 41/01 R S.9). Vor diesem Hintergrund erfordert die "Teilnahme" im Sinne von § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V grundsätzlich eine Vortätigkeit, die sich auf 250 an Versi- cherten der GKV erbrachte Behandlungsstunden beläuft, welche - innerhalb des Zeitfensters - konzentriert in einem Halbjahreszeitraum erbracht wurden. Dieser Wert, der umgerechnet ca. 11,6 Behandlungsstunden wöchentlich ergibt, erreicht bei großzügiger Betrachtung unter Berücksichtigung des Begleitaufwandes ungefähr die Hälfte des zeitlichen Aufwandes, der in der gleichen Zeit von einem ausschließlich in eigener voll ausgelasteter Praxis tätigen Psychotherapeuten im Regelfall bewältigt wird.

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt beim Kläger keine ausreichende Teilnahme an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der GKV vor. Der Kläger weist auf der Grundlage der wegen der Teilnahme des Klägers am Delegati- onsverfahrens vorliegenden Häufigkeitsstatistiken - was zwischen den Beteiligten auch nicht mehr streitig ist - 377 erbrachte Behandlungsstunden im Zeitfenster auf (die Behandlungsstunden verteilen sich auf die Quartale wie folgt: 3/94: 24 Behandlungsstunden, Quartal 4/94: 26, Quartal 1/95: 27, Quartal 2/95: 21, Quartal 3/95: 14, Quartal 4/95: 36, Quartal 1/96: 39, Quartal 2/96: 44, Quartal 3/96: 23, Quartal 4/96: 38, Quartal 1/97: 47 und Quartal 2/97: 38). Es handelt sich im Wesentlichen um die aus der Gebührenordnung abgeleiteten besonderen Kennzeich- nungsziffern nach den Psychotherapie-Vereinbarungen 8720 (Kurzzeittherapie/Probatorische Sitzung entspricht 871 BMÄ/E-GO), 8722 (Einzeltherapie entspricht 872 BMÄ/E-GO) und 8725 (Einzeltherapie entspricht 877 BMÄ/E-GO). Wenn man die erbrachten Behandlungsstunden gleichmäßig auf den Drei-Jahres-Zeitraum des Zeitfensters verteilen würde, was nach der Rechtsprechung des BSG allerdings nicht zulässig ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 SGB V Nr.25 S.126), käme man bei einer angenommenen Arbeitszeit von 43 Wochen pro Jahr wegen Urlaubs- bzw. Krankheitszeit auf einen Stundenanteil pro Woche von 2,92 Behandlungsstunden. Abzustellen ist nach dem BSG allerdings auf einen Halbjahreszeitraum innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraumes (vgl. BSG a.a.O., S.126 sowie auch BSG, Urteil vom 11. September 2002, B 6 KA 41/01 R, MedR 2003, 359 ff.). Wenn man hier den für den Kläger günstigsten Halbjahreszeitraum heranzieht (Quartale 4/96 und 1/97 bzw. 1/97 und 2/97), kommt man auf 3,95 Stunden pro Woche. Auf der Grundlage des für den Kläger günstigsten Jahreszeitraums (Quartale 2/96 bis 1/97) kommt man auf 3,53 Behandlungsstunden pro Woche. Egal auf welchen Zeitraum man abstellt, erfüllt der Kläger nicht annähernd den vom BSG für erforderlich gehaltenen Behandlungsumfang von mindestens 11,6 Stunden pro Woche. Der Grund für den geringen Umfang an psychotherapeutischen Behandlungsstunden beim Kläger liegt im Wesentlichen darin, dass dieser hauptsächlich als Universitätsprofessor an der Philosophischen Fakultät III der Universität W. tätig war. Unabhängig von der vom Kläger immer wieder in den Vordergrund gerückten besonderen Rechtstellung des Hochschullehrers, die vom Senat in keiner Weise in Frage gestellt wird, ergibt sich aus der vom Kläger vorgelegten Nebentätigkeitsgenehmigung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 23. Juli 1987, dass dem Kläger eine psychotherapeutische Nebentätigkeit im Umfang von bis zu einem Arbeitstag je Woche genehmigt wurde. Das Ministerium ging dabei davon aus, dass die Nebentätigkeit vorwiegend an Wochenenden oder an Werktagen in den späten Nachmittags- oder Abendsstunden ausgeübt wird. Wie der Kläger vor dem Hintergrund seiner geringen Behandlungsstunden pro Woche und der zeitlich sehr eingeschränkten Nebentätigkeitsgenehmigung weiterhin behaupten kann, dass die psychotherapeutische Tätigkeit einer von zwei gleichgewichtigen Schwerpunkten seiner beruflichen Orientierung gewesen sein soll, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. (vgl. zum Ganzen auch BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.25 S.125 und BSG, Urteil vom 11. September 2002, B 6 KA 41/01 R, MedR 2003, S.359 ff.).

Diese Auslegung des § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht. Prüfungsmaßstab ist hierbei zu- nächst Art.12 Abs.1 GG, da es dem Kläger darum geht, seine psychotherapeutische Praxis in V. in der Zukunft - vorliegend allerdings nur mehr bis zur Altersgrenze von 68 Jahren für die vertragspsychotherapeutische Tätigkeit - weiter betreiben zu können, sodass die damit verbundenen Erwerbsmöglichkeiten im Vordergrund des Begehrens stehen (vgl. BVerfGE 30, 292, 334 f.; 85, 360, 383). Die Beschränkung der Zulassung zur vertragsärztlichen bzw. vertragspsychotherapeutischen Versorgung in überversorgten Gebieten stellt sich als eine Berufsausübungsregelung dar, die vor allem zur Sicherung einer gleichmäßigen Versorgung der Versicherten im gesamten Bundesgebiet gerechtfertigt ist (vgl. BSGE 82, 41, 44 = SozR 3-2500 § 103 Nr.2 S.13 für die vertragsärztliche Versorgung; BSGE 81, 207, 212 = SozR 3-2500 § 101 Nr.2 S.13 für die vertragszahnärztliche Versorgung; BSGE 87, 158, 163 = SozR 3-2500 § 95 Nr.25 S.110 für die vertragspsychotherapeutische Versorgung). Da der Kläger vor In-Kraft-Treten des Gesetzes vom 16. Juni 1998 keinen Anspruch auf Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung hatte, beseitigt dieses Gesetz keine von ihm schon innegehabte bzw. erworbene Rechtsposition, wenn es den auf einen bestimmten Ort bezogenen Zulassungsanspruch nur unter dem Vorbehalt der Gewährleistung einer annähernd gleichmäßigen Versorgung der Versicherten der GKV gewährt. Zwar ist der Gesetzgeber bei der Neuordnung von Berufsausübungsregelungen aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gehalten, Übergangsregelungen für solche Personen zu schaffen, welche die von der Neuregelung betroffene Tätigkeit in der Vergangenheit in erlaubter Weise ausgeübt haben (BVerfGE 98, 265, 309 f.). Solche Übergangsregelungen müssen aber nicht notwendig darauf hinauslaufen, dass die bisherige Tätigkeit in unveränderter Form beibehalten werden darf (BVerfGE 68, 277, 287). Ein Psychologischer Psychotherapeut hat daher nicht allein deswegen Anspruch auf eine Zulassung ohne Berücksichtigung des Bedarfs, weil er bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 16. Juni 1998 die nach damaligem Recht erforderliche Qualifikation zur Behandlung von Versicherten der GKV besaß (BVerfGE SozR 3-2500 § 95 Nr.24 S.103). Auf den Umstand, dass das Rechtsstaatsprinzip Vertrauensschutz auch im Hinblick auf Dispositionen gewährt, die der Bürger in der berechtigten Erwartung getätigt hat, dass sich bestimmte rechtliche Ausgangsbedingungen nicht ändern werden (BVerfGE 13, 39, 45 f.; 30, 367, 389), musste der Gesetzgeber übergangsrechtlich nur dadurch reagieren, dass Psychologische Psychotherapeuten, die eine eigene Praxis aufgebaut und in diese in der Erwartung investiert hatten, sie zu alten Bedingungen unverändert weiter zu führen, einen gewissen Schutz genießen. Die sich unter diesem Gesichtspunkt ergebenden verfassungsrechtlichen Erfordernisse hat § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V in angemessener Weise aufgenommen und verwirklicht (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.25 S.108 sowie BSG, Urteil vom 11. September 2002, B 6 KA 41/01 R, MedR 2003, S.359 ff.). Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung gemäß Art.5 Abs.3 GG durch die Regelung des § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V in keiner Weise angetastet wird.

Insgesamt ist festzustellen, dass die vom Kläger aufgeworfenen rechtlichen, insbesondere verfassungsrechtlichen Fragen bereits ausführlich durch die genannten Entscheidungen des Bundesso- zialgerichts, die auch vom Bundesverfassungsgericht (vgl. Beschluss vom 22. März 2001, Az.: 1 BVr 409/01) bestätigt wurden, geklärt sind. Auch aus der Tätigkeit des Klägers als Universitätsprofessor ergeben sich keine weitergehenden Fragestellungen, die durch die genannte Rechtsprechung des BSG bzw. BVerfG nicht bereits geklärt wären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1 und 4 SGG in der bis zum In-Kraft-Treten des 6. SGG-Änderungsgesetzes geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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