L 7 AS 3215/18 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 2489/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 3215/18 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts U. vom 23. August 2018 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller auch dessen außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe:

Die nach §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Gegenstand des am 13. August 2018 von dem Antragsteller beim Sozialgericht U. (SG) anhängig gemachten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (S 6 AS 2489/18 ER) war sein Begehren auf eine (vorläufige) Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ab 1. August 2018, nachdem der Antragsgegner zunächst über den Fortzahlungsantrag vom 26. Juni 2018 nicht entschieden hatte. Der Antragsgegner hat sodann durch Bescheid vom 15. August 2018 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab 1. August 2018 gem. § 66 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (SGB I) ganz versagt; diesen Bescheid hat der Antragsteller am 17. August 2018 durch Widerspruch angefochten. Das SG hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 23. August 2018 den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ab 13. August 2018 bis zum 31. Januar 2019 Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 879,00 EUR zu gewähren. Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde.

2. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1, für Vornahmesachen in Abs. 2. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Nach § 86b Abs. 3 SGG sind die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 schon vor Klageerhebung zulässig.

Hinsichtlich der begehrten vorläufigen Leistungsgewährung kommt allein der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG in Betracht. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass kein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, weil der Antragsteller sein Leistungsbegehren nicht durch die Feststellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Versagungsbescheid vom 15. August 2018 erreichen könnte (dazu Senatsbeschluss vom 8. April 2010 - L 7 AS 304/10 ER-B - juris Rdnr. 4). Die (deklaratorische) Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs (vgl. nur Senatsbeschluss vom 26. November 2015 - L 7 AS 4389/15 ER-B - juris Rdnr. 5; Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl.2017, § 86b Rdnrn. 5, 15) gegen den Bescheid vom 15. August 2018 ist vorliegend nicht erforderlich, weil der Antragsgegner die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragsstellers gegen den Versagungsbescheid vom 15. August 2018 nicht in Abrede stellt. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Widerspruch des Antragstellers gegen den Versagungsbescheid vom 15. August 2018 gem. § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung zukommt und ein Fall des § 86a Abs. 2 SGG nicht vorliegt. Insbesondere ist die aufschiebende Wirkung nicht aufgrund bundesgesetzlicher Anordnung gem. §§ 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG, 39 Nr. 1 SGB II entfallen. Danach haben Widerspruch und Anfechtungsklage u.a. gegen einen Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft oder entzieht, keine aufschiebende Wirkung. Von dieser Regelung wird die Leistungsversagung nach § 66 Abs. 1 SGB I (anders als die Leistungsentziehung) nicht erfasst (vgl. Senatsbeschluss vom 8. April 2010 - L 7 AS 304/10 ER-B - juris Rdnr. 4; Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 16. September 2014 - L 16 AS 649/14 B ER - juris Rdnr. 23; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. Juni 2014 - L 12 AS 5220/13 ER - juris Rdnr. 20; Aubel in jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015 (Stand 13. November 2017), § 39 Rdnr. 13).

Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zunächst die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund ab (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Eine einstweilige Anordnung darf nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).

3. Das SG hat im Ergebnis zutreffend die Anordnungsvoraussetzungen für das einstweilige Rechtsschutzgesuch bejaht.

a. Gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die 1. das 15 Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Hilfebedürftig ist gem. § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Als Vermögen sind gem. § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Nach § 12 Abs. 2 SGB II sind vom Vermögen abzusetzen 1. ein Grundfreibetrag in Höhe von 150,00 EUR je vollendetem Lebensjahr für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende volljährige Person und deren Partnerin oder Partner, mindestens aber jeweils 3.100,00 EUR; der Grundfreibetrag darf für jede volljährige Person und ihre Partnerin oder ihren Partner jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigen, 1a. ein Grundfreibetrag in Höhe von 3.100,00 EUR für jedes leistungsberechtigte minderjährige Kind, 2. Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge, soweit die Inhaberin oder der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwendet, 3. geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 750,00 EUR je vollendetem Lebensjahr der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person und deren Partnerin oder Partner, höchstens jedoch jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigt, 4. ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750,00 EUR für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigten. Bei Personen, die 1. vor dem 1. Januar 1958 geboren sind, darf der Grundfreibetrag nach Satz 1 Nr. 1 jeweils 9.750,00 EUR und der Wert der geldwerten Ansprüche nach Satz 1 Nr. 3 jeweils 48.750,00 EUR, 2. nach dem 31. Dezember 1957 und vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, darf der Grundfreibetrag nach Satz 1 Nr. 1 jeweils 9.900,00 EUR und der Wert der geldwerten Ansprüche nach Satz 1 Nr. 3 jeweils 49.500,00 EUR, 3. nach dem 31. Dezember 1963 geboren sind, darf der Grundfreibetrag nach Satz 1 Nr. 1 jeweils 10.050,00 EUR und der Wert der geldwerten Ansprüche nach Satz 1 Nr. 3 jeweils 50.250,00 EUR nicht übersteigen. Als Vermögen sind gem. § 12 Abs. 3 SGB II nicht zu berücksichtigen 1. angemessener Hausrat, 2. ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person, 3. von der Inhaberin oder dem Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, 4. ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung, 5. Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe bestimmt ist, soweit dieses zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde, 6. Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Für die Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Das Vermögen ist nach § 12 Abs. 4 SGB II mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen; für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs. Wesentliche Änderungen des Verkehrswertes sind zu berücksichtigen.

b. Der 1962 geborene Antragsteller hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht, er ist erwerbsfähig (vgl. § 8 SGB II) und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Nach der im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren durchzuführenden summarischen Prüfung spricht sehr viel dafür, dass der - einkommenslose - Antragsteller auch hilfebedürftig ist und seinen Bedarf (Regelbedarf für Alleinstehende 416,00 EUR + Kosten für Unterkunft und Heizung 463,00 EUR = 879,00 EUR) nicht aus verwertbarem Vermögen decken kann.

Als Vermögensgegenstand kommt allein der hälftige Miteigentumsanteil an der - mittlerweile lastenfreien - Eigentumswohnung Sudetenstr. 47/1 in Eschenbach (drei Zimmer, Dachgeschoss, ca. 73 m²; Verkehrswert der Eigentumswohnung lt. Auskunft des Gemeindeverwaltungsverbands Voralb vom 15. Dezember 2014 60.000,00 EUR) in Betracht, die von der getrennt lebenden Ehefrau, der hälftigen Miteigentümerin, mit den beiden gemeinsamen Kindern bewohnt wird. Dabei lässt der Senat offen, ob es sich bei dem Miteigentumsanteil des Antragstellers - wie das SG meint - um geschütztes Vermögen i.S. des § 12 Abs. 3 Nr. 5 SGB II handelt. Jedenfalls dürfte dieser Vermögensgegenstand derzeitig nicht verwertbar sein.

Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch den rechtlichen Verhältnissen (ständige Rechtsprechung; vgl. zuletzt etwa BSG, Urteil vom 12. Oktober 2017 - B 4 AS 19/17 R - juris Rdnr. 22 m.w.N.; Urteil vom 30. August 2017 - B 14 AS 30/16 R - juris Rdnr. 15; Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 10/13 R - BSGE 115, 148 - juris Rdnr. 22). Tatsächlich nicht verwertbar sind danach Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder weil sie über den Marktwert hinaus belastet sind. Rechtlich nicht verwertbar ist ein Vermögensgegenstand, für den Verfügungsbeschränkungen bestehen, deren Aufhebung der Inhaber nicht erreichen kann.

Zunächst spricht viel dafür, dass der Miteigentumsanteil des Antragstellers an der Eigentumswohnung weder im Wege des Verkaufs an einen Dritten noch durch eine Beleihung tatsächlich verwertet werden kann. Die Bemühungen des Klägers, seinen Miteigentumsanteil mit Hilfe eines Maklers oder einer Bank zu verkaufen oder zu beleihen, hatten allesamt keinen Erfolg. Diverse Banken haben auf jeweilige Anfrage des Antragstellers die Hingabe eines Darlehens ausdrücklich abgelehnt (zuletzt z.B. E-Mail der BBBank eG Baden-Baden vom 27. Dezember 2017 (Bl. 719 der Verwaltungsakten)). Außerdem hat sich der Kläger an verschiedene Makler gewandt, die eine Vermittlung abgelehnt haben, weil ein Miteigentumsanteil an einer durch den anderen Miteigentümer bewohnten Eigentumswohnung nicht marktgängig sei (z.B. Schreiben der Exactbau GmbH vom 20. März 2017 (Bl. 643 der Verwaltungsakten); E-Mail der Engel & Völkers GmbH vom 25. Februar 2017 (Bl. 636 der Verwaltungsakten); Schreiben der Volksbank Göppingen eG vom 28. September 2016 (Bl. 605 der Verwaltungsakten); Schreiben der Immobilien Hugo Baumann Göppingen vom 7. September 2015 (Bl. 518 der Verwaltungsakten)). Die getrennt lebende Ehefrau des Antragstellers hat mit Schreiben vom 20. September 2018 unmissverständlich erklärt, dass sie weder willens noch in der Lage sei, den Miteigentumsanteil des Antragstellers zu kaufen, und zudem die Wohnung gemeinsam mit den beiden Kindern weiter bewohnen wolle. Insoweit dürfte auch ein Verkauf des Miteigentumsanteils an die getrennt lebende Ehefrau derzeit tatsächlich nicht möglich sein. Wenn der Antragsgegner Zweifel an diesen Angaben der getrennt lebenden Ehefrau haben sollte, mag er diesen ggf. im Wege der Amtsermittlung (vgl. §§ 20 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X)) nachgehen. Dabei ist zu beachten, dass der Antragsteller sich das Verhalten seiner getrennt lebenden Ehefrau nicht zurechnen lassen muss (vgl. BSG, Urteil vom 20. September 2012 - B 8 SO 13/11 R - juris Rdnr. 15 bzgl. der Verwertbarkeit bei bestehender Einstands- bzw. Bedarfsgemeinschaft).

Schließlich hat der Senat erhebliche Zweifel, dass der Antragsteller seinen Miteigentumsanteil an der Eigentumswohnung durch Betreibung einer Teilungsversteigerung in absehbarer Zeit tatsächlich verwerten und ob er auf diesem Weg überhaupt einen die für ihn maßgeblichen Freibetragsgrenzen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 4 SGB II übersteigenden Erlös erzielen kann. Dabei beläuft sich der Grundfreibetrag bei dem im Mai 1962 geborenen Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung auf 8.400,00 EUR (150,00 EUR * 56 Lebensjahre) sowie der Freibetrag für notwendige Anschaffungen auf 750,00 EUR, mithin insgesamt 9.150,00 EUR. Ein Aspekt der tatsächlichen Verwertbarkeit ist die für sie benötigte Zeit, hinsichtlich der ggf. eine Prognose erforderlich und für die auf den bevorstehenden Bewilligungszeitraum abzustellen ist; eine Festlegung für darüberhinausgehende Zeiträume ist demgegenüber nicht erforderlich und wegen der Unsicherheiten, die mit einer langfristigen Prognose verbunden sind, auch nicht geboten (sog "Versilbern"; ständige Rechtsprechung des BSG: vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 30. August 2017 - B 14 AS 30/16 R - juris Rdnr. 15 und Urteil vom 24. Mai 2017 - B 14 AS 16/17 R - juris Rdnr. 22 jeweils m.w.N.). Zwar hat der Antragsteller die rechtliche Möglichkeit, die Miteigentümergemeinschaft mit seiner seit vielen Jahren getrennt lebenden Ehefrau, die einen freihändigen Verkauf der Eigentumswohnung ablehnt, im Wege der - zudem kostenpflichtigen (§§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 15 Abs. 1, 54 Gerichtskostengsetz (GKG)) - Teilungsversteigerung gem. §§ 180 Abs. 1, 15 ff. Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) aufzuheben, jedoch ist derzeit nicht absehbar, in welchem Zeitraum und mit welchem Ergebnis dies tatsächlich möglich ist. Unabhängig davon, dass die Ehefrau des Antragstellers als Miteigentümerin die Möglichkeit hat, die einstweilige Einstellung des Teilungsverfahrens zu erwirken (vgl. §§ 180 Abs. 2 und 3, 30a ZVG) und die Eigentumswohnung zunächst weiter zu benutzen (vgl. § 24 ZVG), ist prognostisch ausgehend von dem im August 2018 beginnenden Bewilligungsabschnitt nicht damit zu rechnen, dass das formalisierte und gegliederte Vollstreckungsverfahren (z.B. Anordnung der Versteigerung, Bestimmung des Versteigerungstermins, Feststellung des geringsten Gebots, Versteigerung) durch das Vollstreckungsgericht (vgl. § 35 ZVG) bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts (vgl. § 41 Abs. 3 SGB II) abgeschlossen sein wird.

Auch ist nicht erkennbar, in welcher Höhe im Wege der Teilungsversteigerung realistischer Weise ein Erlös erzielt werden kann. Zwar hat der Gemeindeverwaltungsverband Voralb im Dezember 2014 den Verkehrswert der Eigentumswohnung mit 60.000,00 EUR beziffert, jedoch bezieht sich dieser Verkehrswert offensichtlich auf den freihändigen Verkauf der Eigentumswohnung. Vorliegend hat der Antragsgegner aber den Antragsteller auf eine Verwertung im Wege der Teilungsversteigerung verwiesen, nachdem die Verwertung durch freihändigen Verkauf des Miteigentumsanteils sowie durch Beleihung des Miteigentumsanteils trotz nachgewiesener Bemühungen seitens des Antragstellers gerade gescheitert ist (vgl. zur Unterscheidung der verschiedenen Verwertungsarten BSG, Urteil vom 20. September 2012 - B 8 SO 13/11 R - juris Rdnrn. 14, 21; Urteil vom 30. August 2010 - B 4 AS 70/09 R - juris Rdnr. 19; Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14 AS 42/07 R - juris Rdnrn. 28 f., 42). In welcher Höhe nach Abzug der angefallenen Kosten ein Erlös in realistischer Weise erzielt werden kann, ist nicht ersichtlich.

Nachdem der Antragsgegner nicht ermittelt hat, in welcher Höhe der Kläger im Wege der Teilungsversteigerung derzeit einen Erlös zu erzielen vermag, kann auch nicht geprüft werden, ob die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II ("offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung") erfüllt sind. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BSG, Urteil 15. April 2008 - B 14/7b AS 68/06 R - BSGE 100, 196 - juris Rdnrn. 34 ff.; Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 10/13 R - BSGE 115, 148 - juris Rdnrn. 35 ff.), welcher sich der Senat angeschlossen hat (vgl. nur Senatsurteil vom 12. November 2015 - L 7 AS 228/12 - juris Rdnr. 29), liegt eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht; umgekehrt ist eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht. Bei einem Hausgrundstück oder einer Eigentumswohnung kommt eine solche Unwirtschaftlichkeit nach der Rechtsprechung des BSG (z.B. Urteil vom 30. August 2017 - B 14 AS 30/16 R - juris Rdnr. 20 und Urteil vom 24. Mai 2017 - B 14 AS 16/16 R - juris Rdnr. 28 jeweils m.w.N.) grundsätzlich in Betracht, wenn bei einer Veräußerung nach Abzug der verkaufsbedingten Aufwendungen vom erzielten Verkaufspreis wesentlich weniger als der zum Erwerb und zur Herstellung der Immobilie aufgewendete Gesamtbetrag erzielt werden könnte; gewisse Verluste - insbesondere unter dem Aspekt veränderter Marktpreise und des bisher in Anspruch genommenen Wohnwertes - können jedoch als zumutbar angesehen werden, eine absolute Grenze lässt sich nicht ziehen. Vorliegend ist zunächst zu beachten, dass der Antragsteller nicht Inhaber eines in seinem Alleineigentum befindlichen Grundvermögens ist, sondern lediglich über einen Miteigentumsanteil verfügt. Wie bereits dargelegt, ist nicht ersichtlich, in welcher Höhe der Antragsteller einen Erlös durch eine Teilungsversteigerung erzielen kann und welche Aufwendungen ihm dadurch entstehen (vgl. §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 15 Abs. 1, 54 GKG). Auch ist nicht erkennbar, in welcher Höhe dem Kläger anlässlich des Erwerbs der Eigentumswohnung Aufwendungen entstanden sind (vgl. BSG, Urteil vom 18. September 2014 - B 14 AS 58/13 R - juris Rdnr. 27).

Unter diesen Umständen spricht derzeit viel dafür, dass der Miteigentumsanteil des Antragstellers prognostisch bis zum Abschluss des Bewilligungsabschnitts nicht kapitalisiert werden kann. Zudem ist völlig offen, ob ein dem Antragsteller zustehender Erlös nach Abzug der Kosten die für ihn maßgebliche Vermögensfreigrenze übersteigt. Nachdem das SG im Ergebnis zutreffend einen Anordnungsanspruch und in der Sache zu Recht einen Anordnungsgrund bejaht hat, ist die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen. Damit hat sich auch der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung nach § 199 Abs. 2 SGG erledigt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

5. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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