S 28 SO 18/16

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
28
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 28 SO 18/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 59/18 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 7/19 B
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer einmaligen Beihilfe zur Behebung einer finanziellen Notlage nach dem Sozialgesetzbuch – Zwölftes Buch – (SGB XII).

Der im Jahr 1940 geborene Kläger erhält Altersrente (seit Juli 2015 885,85 EUR monatlich). Daneben bezieht er ein Ruhegeld der C. Bausparkassen AG (seit Dezember 2014 339,60 EUR monatlich). Er ist privat bei der DKV Deutsche Krankenversicherung AG kranken- und pflegeversichert und dort seit dem 01.01.2015 in den sog. Basistarif eingruppiert (Monatsbeitrag ab dem 01.01.2015 390,33 EUR, ab dem 01.07.2015 368,16 EUR).

Auf seinen Antrag hin wurden ihm vom Beklagten durch Bescheid vom 16.04.2015 ergänzend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel SGB XII i.H.v. 204,83 EUR monatlich für den Zeitraum 01.04.2015 – 31.03.2016 gewährt. Bei der Leistungsberechnung wurde insbesondere der Beitrag zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt. Als Zahlungsempfänger wurde im Bescheid der Kläger persönlich bestimmt. Durch Änderungsbescheid vom 02.07.2015 passte der Beklagte die Leistungshöhe infolge einer Rentenerhöhung auf einen monatlichen Betrag von 186,63 EUR an.

Mit Schreiben vom 23.09.2015 teilte die DKV AG dem Beklagten mit, dass der Kläger schon seit Jahren keine Beiträge mehr entrichtet habe. Sie bat um Direktüberweisung der Leistungen des Klägers auf ihr Konto. Bei einem Gespräch am 16.10.2015 erklärte der Kläger die fehlende Beitragszahlung damit, dass er regelmäßig auf den Arztkosten "sitzenbleibe", weil die DKV AG eine Erstattung ablehne. Er reichte eine Beschwerde an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zur Akte, aus der sich ergibt, dass die DKV AG von ihm ausstehende Beiträge i.H.v. ca. 25.000 EUR fordert. Der Kläger erläutert dort weiter, er sei vom Sozialhilfeträger gezwungen worden, vom Standardtarif in den Basistarif zu wechseln, den jedoch die privaten Krankenversicherer von Anfang an abgelehnt hätten. Aus diesem Grund verweigere die DKV AG eine vollständige Übernahme seiner Arztrechnungen. Auch müsse er teilweise ärztliche Behandlungen zuvor von ihr genehmigen lassen. Er zahle deshalb nun keine Beiträge mehr, verlange von der DKV AG aber auch keine Leistungen mehr. Die Leistungsauszahlung durch den Beklagten wurde daraufhin ab November 2015 zunächst gestoppt.

Mit Schreiben vom 19.10. und 16.11.2015 führte der Kläger weiter aus, er zahle seine Krankheitskosten nunmehr selbst. Er bitte entweder um Weitergewährung der Grundsicherung oder um Übernahme der Krankheitskosten durch den Beklagten. Dieser teilte ihm schließlich mit Schreiben vom 16.12.2015 mit, die Leistungen für November und Dezember würden nunmehr direkt an die DKV AG ausgezahlt. Zugleich erließ sie einen Änderungsbescheid, mit dem für die Zeit ab dem 01.01.2016 ebenfalls eine Auszahlung an den Krankenversicherer bestimmt wurde.

Der Kläger reagierte hierauf zunächst mit Schreiben an einen Kreisbeigeordneten vom 12.12.2015, in dem er die Übernahme von Behandlungskosten verlangte. Er fügte einen "Kostenvoranschlag für die Krankenkasse" seiner behandelnden Internistin vom 07.12.2015 bei, in dem notwendige und empfehlenswerte Maßnahmen aufgezählt werden. Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 18.12.2015, dass von ihm keine solchen Kosten übernommen werden könnten, da der Kläger nach wie vor bei der DKV AG krankenversichert sei und daher dort die Übernahme beantragen könne.

Mit Schreiben vom 21.12.2015 legte der Kläger Widerspruch gegen das Schreiben vom 16.12.2015 und den Änderungsbescheid vom 16.12.2015 ein. Er sei mit der Auszahlung der Leistungen an die DKV AG nicht einverstanden. Er benötige diese selbst zur Zahlung seiner Krankheitskosten.

Der Widerspruch wurde durch Bescheid vom 06.01.2016 zurückgewiesen. Eine Auszahlung der Leistungen an den Kläger sei nicht möglich. Auch sei dies nicht notwendig, da seine Krankheitskosten bei der DKV AG geltend gemacht werden könnten.

Der Kläger hat am 01.02.2016 Klage beim Sozialgericht Darmstadt erhoben.

Er hat zunächst u.a. vorgetragen, die Leistungen müssten an ihn selbst ausgezahlt werden, da er sie für die Bezahlung von Behandlungen und Medikamenten benötige. Zum Beleg hat er insbesondere erneut den Kostenvoranschlag seiner Internistin, Kostenvoranschläge seiner Zahnärztin sowie diverse Leistungsanträge an die DKV AG vorgelegt.

Im Erörterungstermin am 05.10.2016 hat der Kläger jedoch erklärt, eine Auszahlung der Leistungen der Grundsicherung an ihn selbst nicht mehr geltend machen zu wollen.

Er beantragt nunmehr noch,
den Beklagten zu verurteilen, ihm sofort aus der vom Beklagten verschuldeten Notlage zu helfen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, der nunmehr noch gestellte Klageantrag sei unzulässig. Eine einmalige Beihilfe zur Behebung der Notlage des Klägers sei nicht Gegenstand der angefochtenen Bescheide gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht kann gem. § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da der Sachverhalt geklärt ist und die Sache keine wesentlichen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist.

Die Klage ist – hinsichtlich des verbliebenen Antrags - bereits unzulässig.

Es fehlt vorliegend schon an einem Rechtsschutzbedürfnis des Klägers. Er hat die Gewährung einer einmaligen Beihilfe zur Behebung einer finanziellen Notlage bislang in dieser Form nicht beim Beklagten beantragt. Lediglich in seinem Schreiben an den Kreisbeigeordneten vom 12.12.2015 forderte er die Übernahme von bestimmten Behandlungskosten, nämlich den im Kostenvoranschlag seiner Internistin benannten Kosten. Im Erörterungstermin vom 05.10.2016 hat der Kläger jedoch seinen verbliebenen Klageantrag damit begründet, er benötige die Beihilfe zur Behebung einer finanziellen Notlage, die "unter anderem" durch aufgelaufene Krankheitskosten bedingt sei. Dies kann nur so verstanden werden, dass er sich auch aufgrund sonstiger, ggf. auch nichtkrankheitsbedingter Ausgaben bzw. Bedarfe in einer generellen Notlage sieht. Zudem hat er bereits mit der Klageschrift zahlreiche Unterlagen über Krankheitskosten eingereicht, die dem Beklagten bislang nicht vorgelegen hatten, und deren Übernahme daher durch diese bislang nicht geprüft worden ist.

Ein Bedürfnis zur Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe kann aber regelmäßig nur dann bestehen, wenn der Bürger sich mit seinem hinreichend konkreten gefassten Anliegen zuvor erfolglos an die Verwaltung gewandt hat. Eine Prüfung der Frage, ob der Kläger Anspruch auf Übernahme der begehrten Beihilfe hat, ist dem Gericht schon aus diesem Grunde verwehrt.

Lediglich zur Information des Klägers sieht sich das Gericht noch zu den folgenden Ausführungen veranlasst, da seine finanzielle Notlage wohl im Wesentlichen auf selbst gezahlte Krankheitskosten zurückgeht:

Eine Sozialhilfegewährung hat stets zur Voraussetzung, dass der sozialhilferechtliche Bedarf des Antragstellers nicht anderweitig gedeckt ist oder von ihm gedeckt werden kann. Für hilfebedürftige privat kranken- und pflegeversicherte Menschen hat der Gesetzgeber aber die Möglichkeit geschaffen, bei ihrem bisherigen Versicherer im Basistarif versichert zu sein und auf diese Weise weiterhin über ein privates Krankenversicherungsunternehmen ihre Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Sofern der Betroffene diese Möglichkeit - aus welchen Gründen auch immer - nicht nutzen will, besteht kein ersatzweiser Anspruch auf Sozialhilfe.

Dem Kläger ist daher dringend zu raten, seine Behandlungs- und Medikamentenkosten weiterhin bei der DKV AG geltend zu machen. Zudem sollte er mit seinen behandelnden Ärzten vor Behandlungen und Verordnungen klären, ob eine Übernahme durch die private Krankenversicherung zu erwarten ist. Eine Antwort müsste den Ärzten schon deshalb möglich sein, weil der Leistungsumfang des Basistarifs der PKV kraft gesetzlicher Vorschriften mit dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung deckungsgleich ist.

Sofern das private Versicherungsunternehmen trotz korrekten Vorgehens des Versicherten seinen Leistungspflichten nicht nachkommt, muss sich dieser in erster Linie mit dem Versicherungsunternehmen auseinandersetzen. Nur äußerst hilfsweise erscheint im Einzelfall zur Überbrückung ein "Einspringen" des Sozialhilfeträgers überhaupt denkbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Das zulässige Rechtsmittel der Berufung ergibt sich aus den §§ 105 Abs. 2, 143 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved